Verwaltungsrecht

Verwaltungsgerichte, Beseitigungsanordnung, Zwangsgeldandrohung, Antragsgegner, Aufschiebende Wirkung, Antragstellers, Duldungsverpflichtung, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Kostenentscheidung, Bestandskräftiger Bescheid, Vorläufiger Rechtsschutz, Beschwerdevorbringen, Leistungsbescheid, Bestandsschutz, Bauliche Anlage, Beseitigungspflicht, Beseitigungsverpflichtung, Festsetzung des Streitwerts, Sach- und Rechtslage, Aufhebung

Aktenzeichen  9 CS 20.1771

Datum:
18.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1721
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 38 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 4 S 20.554 2020-05-28 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine ihr gegenüber verfügte Zwangsgeldandrohung.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. November 2008 hatte die Antragsgegnerin den damaligen Ehemann der Antragstellerin zur vollständigen Beseitigung sämtlicher auf den der Antragstellerin gehörenden Grundstücken FlNr. … und … Gemarkung L … befindlichen baulichen Anlagen verpflichtet (Nr. 1). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, diese Anordnung zu dulden (Nr. 2). Abweichend von den sonstigen baulichen Anlagen sollte die Beseitigung des „bewohnbaren Gartenhauses“ mitsamt Keller, Kellerabgang, Kellerabgangsüberdachung und Wintergarten erst sechs Monate nach Aufgabe der persönlichen Nutzung durch die Antragstellerin und ihren damaligen Ehemann durchgeführt werden (Nr. 3).
Nachdem bereits im Laufe des Jahres 2015 erfolgten Auszug ihres Ex-Ehemanns zog auch die Antragstellerin ausweislich eines Auszugs aus dem Melderegister im Oktober 2018 aus dem Anwesen aus. Sie vermietete das Anwesen mit Mietvertrag vom 3. Oktober 2018 zu einer monatlichen Netto-Miete von 720,- Euro an Dritte.
Nach Aufforderung an den Ex-Ehemann der Antragstellerin, seiner Beseitigungspflicht aus dem Bescheid vom 24. November 2008 nachzukommen und Anhörung der Antragstellerin zum Erlass einer Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung ihrer diesbezüglichen Duldungsverpflichtung gegen sie, verfügte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19. März 2020 an die Antragstellerin, dass ihr gegenüber ein Zwangsgeld von 2.000,- Euro ohne weitere Fristsetzung zur Zahlung fällig werde, sollte sie der in „Ziffer“ 2 des Bescheids vom 24. November 2008 festgesetzten Pflicht (Duldung der Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen) zuwiderhandeln. Insoweit sei dieser Bescheid gleichzeitig Leistungsbescheid (Nr. 1). Als Veranlasserin der Amtshandlung habe die Antragstellerin die Kosten des Bescheids zu tragen (Nr. 2).
Gegen die Zwangsgeldandrohung hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 28. Mai 2020 abgelehnt. Die Zwangsgeldandrohung sei formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere stehe außer Frage, dass die persönliche Nutzung im Sinne der „Ziffer“ 3 des Bescheids vom 24. November 2008 durch den Auszug der Antragstellerin im Oktober 2018 und ihres Ex-Ehemanns im Jahre 2015 aufgegeben wurde. Dass die Antragstellerin nach ihren Angaben beabsichtige, irgendwann wieder auf das hier streitgegenständliche Anwesen zurückzukehren, sei daher insoweit unbehelflich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Antragstellerin vor, die Zwangsgeldandrohung sei nicht rechtmäßig, weil die Beseitigungsanordnung nicht das Wohngebäude umfasse, das dort seit 1945 stehe und Bestandsschutz genieße. Dieses Wohngebäude störe niemand und sei bewohnt. Es sei weder einsturzgefährdet noch gehe irgendeine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Umwelt von ihm aus. Ungeachtet der nur vorübergehenden Vermietung sei es stets die Absicht der Antragstellerin gewesen, zu dem Objekt zurückzukehren und ihren Lebensabend dort zu verbringen. Nach ihrem Tod könne auch ein Abriss des Wohngebäudes erfolgen. Die vollständige Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen sei rechtswidrig und greife unverhältnismäßig in das Eigentumsrecht der Antragstellerin nach Art. 14 GG ein.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Mai 2020 und den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. März 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. März 2020 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht sei zutreffend von der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung ausgegangen. Dass sich die Antragstellerin auf einen Bestandsschutz für Wohnobjekt berufe, sei infolge der Bestandskraft der Beseitigungsanordnung vom 24. November 2008 unerheblich. Die Argumentation der Antragstellerin richte sich nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung, sondern ziele auf die Verhinderung der bestandskräftigen Beseitigungsanordnung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren des Verwaltungsgerichts W 4 K 20.553 und W 4 K 08.2251 sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
Soweit im Beschwerdevorbringen Einwendungen gegen die der hier streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung zugrundeliegende bestandskräftige Beseitigungsanordnung vom 24. November 2008 erhoben werden, ist die Antragstellerin damit schon nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG ausgeschlossen, der die Anfechtung isolierter Zwangsgeldandrohungen wesentlich einschränkt. Diese könnte nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen die unanfechtbare Beseitigungsanordnung als Grundverwaltungsakt sind damit ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.4.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 53 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.3222 – juris Rn. 8 und B.v. 7.11.2018 – 9 ZB 15.943 – juris Rn. 9 und 21). Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten der Antragstellerin, die einer Vollstreckung der Beseitigungsanordnung entgegenstehen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2014 – 9 B 13.1401 – juris Rn. 34 m.w.N.), hat sie auch nicht ansatzweise dargelegt.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich die Beseitigungsverpflichtung für den Ex-Ehemann der Antragstellerin aus dem Bescheid vom 24. November 2008 – und damit auch die Duldungsverpflichtung der Antragstellerin – entgegen dem Beschwerdevorbringen zweifelsfrei auf das seit 1945 bestehende Wohngebäude.
Das Verwaltungsgericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die persönliche Nutzung im Sinne der Nr. 3 der Beseitigungsanordnung vom 24. November 2008 durch den Auszug der Antragstellerin im Oktober 2018 und ihres ExEhemanns im Jahre 2015 aufgegeben wurde. Wie den Gründen dieses Bescheids entnommen werden kann, bezog sich diese Regelung nur auf die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses tatsächlich ausgeübte Nutzung des Wohnhauses durch die Antragstellerin und ihren Ex-Ehemann, um damit diese Wohnnutzung trotz der Beseitigungsanordnung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit bis zu deren tatsächlichen Beendigung weiter zu ermöglichen. Davon wird die Absicht der Antragstellerin, irgendwann wieder auf das Anwesen zurückzukehren und dort ihren Lebensabend zu verbringen, nicht umfasst.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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