Verwaltungsrecht

Voraussetzungen der Streitwertfestsetzung (hier verneint wegen Festgebühr)

Aktenzeichen  9 C 16.1684

Datum:
4.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 54919
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 63 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
RVG § 33 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Voraussetzung für die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ist, dass die in Betracht kommende (Gerichts-)Gebühr nach dem Kostenverzeichnis überhaupt von einem Kostenstreitwert abhängt. Daran fehlt es, wenn hinsichtlich des der Streitwertfestsetzung zugrunde liegenden Verfahrens (nur) eine Festgebühr anfällt (Anschluss an OVG Hamburg BeckRS 2016, 51162). (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch wenn die Streitwertfestsetzung in einem solchen Verfahren die Beteiligten nicht beschwert und keine Wirkungen gem. § 32 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren entfalten kann, muss der Rechtsschein beseitigt werden, die nicht veranlasste Streitwertfestsetzung sei vorliegend für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich (Anschluss an BayVGH BeckRS 2015, 40261). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 V 16.749 2016-07-26 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Ziffer IV. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Juli 2016 (Az …) wird aufgehoben.
II.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I. Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen hat das Verwaltungsgericht Würzburg das Vollstreckungsverfahren … am 26. Juli 2016 eingestellt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert „gem. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG“ auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
Mit einem am 2. August bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz legte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung Beschwerde ein. Das Verwaltungsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 18. August 2016 nicht ab legte das Rechtsmittel dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vor.
II. Die im eigenen Namen erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts Würzburg, über die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist zulässig (§ 68 Abs. 1 GKG) und führt zur Aufhebung der Streitwertfestsetzung.
1. Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg handelt es sich ersichtlich um keine Entscheidung nach § 33 Abs. 1 RVG, sondern um eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes.
Zum einen ergibt sich nämlich aus der Begründung des Streitwertbeschlusses, dass das Verwaltungsgericht den Streitwert „gem. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“ festsetzen wollte und nicht einen für die Anwaltsgebühren maßgeblichen Wert gem. § 33 Abs. 1 RVG. Zum anderen fehlt es an dem für eine Wertfestsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG erforderlichen Antrag.
2. Die Voraussetzungen für eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes waren nicht gegeben.
Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Voraussetzung für die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG ist, dass die in Betracht kommende (Gerichts-)Gebühr nach dem Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) überhaupt von einem Kostenstreitwert abhängt (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG: „Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten“; vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Auflage 2016, § 63 Rn. 8, 16). Daran fehlt es im vorliegenden Verfahren, weil hinsichtlich des der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts zugrunde liegenden Verfahrens auf Vollstreckung aus einem „gerichtlichen Vergleich“ entsprechend Nr. 2111 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (ebs. Nr. 5301 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) (nur) eine Festgebühr in Höhe von 20,– Euro anfällt (siehe auch OVG Hamburg, B. v. 7.7.2016 – 5 So 110/15 – juris Rn. 26).
3. Zwar beschwert die Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht die Verfahrensbeteiligten nicht, soweit es die Gerichtsgebühren betrifft, weil eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt (vgl. BayVGH, B. v. 22.12.2014 – 15 C 14.2515). Auch kann die Streitwertfestsetzung keine Wirkungen gem. § 32 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren entfalten, da mangels gerichtlicher Festsetzung der für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werte die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 32 RVG Rz.3). Es besteht aber zumindest der Rechtsschein, die nicht veranlasste Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht sei vorliegend auch für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich. Diesen Rechtsschein gilt es zu beseitigen (vgl. BayVGH, B. v. 22.12.2014 – 15 C 14.2514 – juris Rn. 4; B. v. 22.12.2014 – 15 C 14.2278 – juris Rn.16).
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Verfahren ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Absatz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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