Verwaltungsrecht

Widerruf des Vorbescheids zum Neubau im Außenbereich

Aktenzeichen  1 ZB 17.2320

Datum:
8.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26749
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48 Abs. 4, Art. 49 Abs. 2 Nr. 3
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

Wird ein Vorbescheid über ein im Außenbereich geplantes Wohnbauvorhaben aufgrund eines aus dem landwirtschaftlichen Betrieb resultierender Bedarfs genehmigt, kann der Vorbescheid hinsichtlich der Wohnbebauung Widerrufen werden, wenn im Laufe des Verfahrens der landwirtschaftliche Betrieb aufgegeben wird. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 K 16.1857 2017-07-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger – ein haupterwerblicher Landwirt – wendet sich gegen den Widerruf eines Vorbescheids zum Neubau einer Betriebsleiterwohnung auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung P … Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. Juli 2017 abgewiesen. Das Gericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerruf des Vorbescheids rechtmäßig sei. Die vollständige Aufgabe der Pensionspferdehaltung stelle eine nachträglich eingetretene Tatsache dar, so dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids berechtigt gewesen wäre, den Vorbescheid nicht zu erlassen. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da es sich um ein sonstiges Vorhaben im Außenbereich handle, das öffentliche Belange beeinträchtige. Der Widerruf sei rechtzeitig im Sinn des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sowie ermessensfehlerfrei erfolgt.
In einem Parallelverfahren hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein Betriebsleiterwohnhaus am Vorhabenstandort erhoben, die das Verwaltungsgericht ebenfalls mit Urteil vom 13. Juli 2017 (M 11 K 15.5811) abgelehnt hat. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt (1 ZB 17.2319).
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor bzw. wird nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen‚ sind zu bejahen‚ wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG‚ B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011‚ 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG‚ B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004‚ 838). Das ist hier nicht der Fall.
1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf der Grundlage des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG erfolgte Widerruf des Vorbescheids rechtmäßig ist. Aufgrund des nach Erlass des Vorbescheids geänderten landwirtschaftlichen Betriebskonzepts ist das im Außenbereich geplante (sonstige) Wohnbauvorhaben nicht mehr privilegiert und beeinträchtigt öffentliche Belange (§ 35 Abs. 2, 3 BauGB). Der Vorbescheid erfolgte unter der Annahme, dass der Kläger den damals bestehenden Pensionspferdebetrieb erweitert. Auf der Grundlage dieses Betriebskonzepts hat das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine zusätzliche Wohneinheit bzw. ein zusätzliches Wohnhaus aus der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs für begründbar erachtet. Nachdem der Kläger dieses Betriebskonzept nicht weiterverfolgt hat, sondern die Pensionspferdehaltung vollständig aufgegeben hat, besteht ein aus dem landwirtschaftlichen Betrieb resultierender Bedarf für eine zusätzliche Betriebsleiterwohneinheit nicht, mithin dient das Vorhaben nicht mehr einem landwirtschaftlichen Betrieb. Ohne den Widerruf droht aufgrund der Bindungswirkung des Vorbescheids die Gefahr der Zersiedelung des Außenbereichs nach § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB, so dass ein öffentliches Interesse im Sinn des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG gefährdet wäre. Der Verwaltungsgerichtshof verweist vollumfänglich auf die Ausführungen zur fehlenden bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des sich im Außenbereich befindlichen Vorhabens im Nichtzulassungsbeschluss vom heutigen Tag (1 ZB 17.2319).
2. Hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Widerruf innerhalb der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG erklärt worden sei, sind ernstliche Zweifel nicht hinreichend dargelegt, § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 1 ZB 14.1681 – juris Rn. 4; B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 – juris Rn. 22). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es beschränkt sich darauf, Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts anzumelden, ohne sich mit der ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts zum Wesen der Frist des Art. 48 Abs. 4 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG auseinanderzusetzen.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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