Verwaltungsrecht

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nutzungsuntersagung einer Forstscheune zu Jagdzwecken

Aktenzeichen  W 4 S 19.770

Datum:
19.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30298
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5, § 88
BayBO Art. 76 S. 2, S. 3
VwZVG Art. 18 Abs. 1, Art. 21a S. 2, § 31 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Die Begründung der sofortigen Vollziehung lässt einzelfallbezogene Element erkennen, so dass sie nicht zu beanstanden ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Anders als bei der Beseitigungsanordnung kommt es nicht darauf an, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein einheitliches Zwangsgeld darf nicht für mehrere unterschiedliche Anordnungen angedroht werden. Die Pflicht der Behörde zur Beschränkung einer Zwangsgeldandrohung auf jeweils eine einzelne, bestimmte Verpflichtung ergibt sich nicht nur aus Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, sondern auch aus Art. 18 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwZVG. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage W 4 K 19.762 wird wiederhergestellt, soweit mit dieser die Regelung in Ziffer I. des Bescheids vom 28. Mai 2019 insoweit angegriffen wird, dass die Nutzung der genehmigten „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) untersagt wird. Die aufschiebende Wirkung der Klage W 4 K 19.762 wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer III. des Bescheids vom 28. Mai 2019 richtet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Von den Verfahrenskosten hat der Antragsgegner 2/3 zu tragen, der Antragsteller 1/3.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung des Landratsamtes M.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2016 genehmigte das Landratsamt M. dem Antragsteller den Neubau einer Forstscheune zu Jagdzwecken auf dem Grundstück Fl.Nr. …1 der Gemarkung G. Aufgrund von Nachbarbeschwerden wurde am 14. Mai 2019 durch das Landratsamt M. eine Kontrolle durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Forstscheune zur Behandlung von erlegtem Wild benutzt wurde. Boden und Wände waren gefliest, die Möbel waren aus Edelstahl. In dem Gebäude befanden sich zwei Kühlräume.
Unter dem 28. Mai 2019 untersagte das Landratsamt M. dem Antragsteller die Nutzung der mit Bescheid des Landratsamtes M. vom 19. Mai 2016 genehmigten „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit (06:00 Uhr bis 22:00 Uhr) und zu anderen als diesen Zwecken, insbesondere die Behandlung von erlegtem Wild (aus der Decke schlagen, zerwirken, kühlen, lagern, …) (Ziffer I.). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer II.). Falls der Antragsteller der Verpflichtung aus Ziffer I. des Bescheides zuwiderhandele, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer III.).
Unter dem 26. Juni 2019 ließ der Antragsteller Klage erheben, die beim Verwaltungsgericht unter dem Az. W 4 K 19.762 geführt wird und über die noch nicht entschieden wurde.
Mit weiterem Schriftsatz vom 27. Juni 2019, bei Gericht eingegangen am 28. Juni 2019, ließ der Antragsteller zudem beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde erklärt, dass der Antragsteller in seinem Eigentumsrecht verletzt sei. Er sei verpflichtet, Abschusspläne zu erfüllen, die Erfüllung zu dokumentieren und der Jagdbehörde nachzuweisen. Er sei außerdem verpflichtet, Schlachterarbeiten durchzuführen, um den Kopfschmuck bei den Hegeschauen vorstellen zu können.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag des Antragstellers, der sachgerecht dahingehend auszulegen ist (§ 88 VwGO), die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage W 4 K 19.762 bezüglich der Verfügungen unter Ziffer I. des Bescheids vom 28. Mai 2019 wiederherzustellen und gegen Ziffer III. des Bescheids anzuordnen, hat nur teilweise Erfolg.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, soweit der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 28. Mai 2019 wiederherzustellen. Denn die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die insoweit vom Landratsamt M. getroffenen Anordnungen entfällt, weil dieses in Ziffer II. des Bescheids die unter Ziffer I. getroffenen Anordnungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hat. In diesem Fall kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung wiederherstellen.
Soweit der Antrag gegen die in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Zwangsgeldandrohung gerichtet ist, ist er – als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung – ebenfalls zulässig. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG entfaltet die Klage gegen die Zwangsgeldandrohung keine aufschiebende Wirkung. Gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG gelten § 80 Abs. 4, 5, 7 und 8 der VwGO entsprechend. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen.
2. Der Antrag ist jedoch nur teilweise begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl 1988, 369; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
3. Es bestehen zunächst keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs. Insbesondere hat das Landratsamt M. die Anordnung der sofortigen Vollziehung noch in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Erforderlich ist grundsätzlich eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehung notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85).
Diesen Anforderungen wird die Begründung der sofortigen Vollziehung im streitgegenständlichen Bescheid vom 28. Mai 2019 noch gerecht. Das Landratsamt führt aus, es könne nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller ohne eine erforderliche Baugenehmigung die Forstscheune zu Jagdzwecken tagsüber und auch in der Nachtzeit tatsächlich zur Behandlung des erlegten Wilds nutze. Dies gelte umso mehr, als die Anfahrt mit mehreren Fahrzeugen, der Betrieb des Krans in dem Gebäude und der Aufenthalt in dem Gebäude mit mehreren Personen mit einer Geräuschkulisse verbunden sei, die vollkommen atypisch für ein allgemeines Wohngebiet sei und somit die Nachbarn vor allem in ihrer Nachtruhe unzumutbar belästige. Diese Begründung lässt einzelfallbezogene Elemente erkennen, so dass sie seitens der Kammer nicht zu beanstanden ist.
4. Inhaltlich allerdings liegt teilweise ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers vor. Die Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 28. Mai 2019 wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit teilweise erfolgreich sein.
Im Anfechtungsprozess gegen eine Nutzungsuntersagung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts bzw. wenn eine solche nicht stattfindet, der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich, da es sich bei der Nutzungsuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.1988 – 14 B 86.2382 – BayVBl 1989, 534).
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung bestehen nicht. Das Landratsamt hat den Antragsteller mit Schreiben vom 24. Mai 2019 angehört. Selbst wenn diese Anhörung nicht ordnungsgemäß gewesen sein sollte, wie der Antragstellervertreter behauptet, wäre dieser Fehler nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt.
In materieller Hinsicht jedoch hat die Kammer durchaus Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung.
Der Antragsgegner hat im Rahmen der streitgegenständlichen Nutzungsuntersagung vom 28.05.2019 unter Ziffer I. zwei Regelungen getroffen. Zum einen hat er dem Antragsteller die Nutzung der genehmigten „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) untersagt, zum anderen hat er angeordnet, dass der Antragsteller die genehmigte „Forstscheune zu Jagdzwecken“ nicht zu anderen Zwecken, insbesondere zum Zweck der Behandlung von erlegtem Wild nutzen dürfe.
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Anerkanntermaßen genügt für die Nutzungsuntersagung grundsätzlich die formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung (vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2015 – 2 ZB 15.61 – juris; OVG NW, B.v. 25.6.2015 – 7 B 583/15 – juris; Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 282 m.w.N.).
Eine Anlage ist formell rechtswidrig, wenn sie Verfahrensvorschriften widerspricht, insbesondere ohne die erforderliche Baugenehmigung oder Zustimmung oder abweichend von ihr oder ohne das sonst erforderliche bauaufsichtliche Verfahren errichtet oder geändert worden ist (Molodovsky/Farmers/Waldmann, Stand: 131. EL 2019, Art. 76 Rn 29 m.w.N.). Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Anders als bei der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO kommt es nicht darauf an, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Damit ist es grundsätzlich unerheblich, ob die untersagte Nutzung auch gegen materielles Recht verstößt.
Die bloße formelle Illegalität kann eine Nutzungsuntersagung – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – allerdings nur dann rechtfertigen, wenn die ausgeübte Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 8.6.2015 – 2 ZB 15.61 – juris; Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 282). Denn es ist im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher – vergeblich – aufgefordert zu haben, einen Bauantrag nach Art. 76 Satz 3 BayBO zu stellen bzw. ohne über einen bereits gestellten Bauantrag entschieden zu haben (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2014 – 9 CS 14.451 – juris, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – BayVBl 2012, 86).
Die Entscheidung über eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO stellt dabei eine Ermessensentscheidung dar. Allerdings ist zu beachten, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Nutzungsuntersagung gebietet. Die Behörde macht daher im Regelfall von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie bei rechtswidrig errichteten oder genutzten Anlagen die unzulässige Nutzung untersagt, weil nur so die Rechtsordnung wiederhergestellt werden kann. Dem Ermessen in Art. 76 Satz 2 BayBO ist deshalb die Tendenz zu eigen, die der Natur der Sache nach gebotene Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen (so genanntes intendiertes Ermessen, vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 301).
5. Nach diesen Maßstäben begegnet die hier streitgegenständliche Nutzungsuntersagung des Landratsamts M. vom 28. Mai 2019 rechtlichen Bedenken, soweit mit ihr dem Antragsteller die Nutzung der genehmigten „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) untersagt wird, denn insoweit kann die Kammer eine formelle Illegalität nicht erkennen.
Dem Antragsteller wurde durch das Landratsamt M. mit Bescheid vom 19. Mai 2016 die Genehmigung für den „Neubau einer Forstscheune zu Jagdzwecken“ erteilt. In dieser Genehmigung wurde mit keinem Wort eine zeitliche Beschränkung verfügt. Wenn der Antragsteller somit die Forstscheune außerhalb der von dem Antragsgegner genannten Tagzeit zu Jagdzwecken benutzt, verhält er sich nicht formell baurechtswidrig, da die Nutzung der Forstscheune zu Jagdzwecken ihm ohne jede zeitliche Beschränkung genehmigt wurde. Die aufschiebende Wirkung der Klage W 4 K 19.762 war demnach insoweit wiederherzustellen.
6. Soweit der Antragsteller sich mit seiner Klage gegen die Anordnung des Landratsamts M. richtet, wonach ihm die Nutzung der „Forstscheune zu Jagdzwecken“ zu anderen Zwecken, insbesondere zur Behandlung von erlegtem Wild untersagt wird, wird die von ihm erhobene Anfechtungsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben.
Auch von Antragstellerseite wird offensichtlich nicht bestritten, dass die genehmigte „Forstscheune zu Jagdzwecken“ derzeit vom Antragsteller planabweichend genutzt wird. Sie ist, wie die Kontrolle des Landratsamts am 14. Mai 2019 gezeigt hat, gefliest, mit Edelstahlmöbeln eingerichtet, ein Kran ist montiert. Ferner sind eine Toilette und zwei Kühlhäuser eingebaut. Dies entspricht nicht der Baugenehmigung vom 19. Mai 2016, denn gemäß der Baubeschreibung sollte die Forstscheune genutzt werden als Lagerfläche von diversen Materialien und Gegenständen, wie beispielsweise Zaunanlagen, Traktor/Anhänger, Hochsitzreparatur, Winterfutter und Werkzeug (vgl. E-Mail des Architekturbüros … v. 18.8.2015 an das Landratsamt M.).
Berücksichtigt man zudem, dass im deutschen Sprachgebrauch dem Begriff „Scheune“ die Bedeutung eines landwirtschaftlichen Gebäudes allein zum Aufbewahren von Gütern zukommt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 8. Aufl. 2015), vorliegend das Gebäude allerdings offensichtlich und ausschließlich zur Behandlung von erlegtem Wild genutzt wird, ist zweifellos insoweit von der formellen Illegalität auszugehen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Antragsteller, wie der Antragsgegner vorgetragen hat, nunmehr einen Bauantrag beim Landratsamt M. eingereicht hat. Vielmehr zeigt dies, dass der Antragsteller die Forstscheune zu anderen Zwecken verwendet bzw. verwenden will, als von ihm ursprünglich beantragt und mit Bescheid des Landratsamts M. vom 19. Mai 2016 genehmigt.
Die nicht genehmigte Nutzung der Scheune ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig, denn es kann vorliegend jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, sollte es sich um ein Vorhaben gemäß § 34 BauGB handeln, dass es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Sollte es sich um ein Vorhaben nach § 35 BauGB handeln, wofür die dem Gericht im Rahmen seiner Entscheidung vorliegenden Luftaufnahmen sprechen, kann ebenso nicht ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben öffentliche Belange nicht beeinträchtigt.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung war demnach insoweit abzulehnen, zumal unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen die Nutzungsuntersagung auch nicht unverhältnismäßig ist.
7. Voraussichtlich erfolgreich sein wird die Anfechtungsklage gegen Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheids und die dort verfügte Zwangsgeldandrohung. Dieser fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es kann der Regelung nicht mit ausreichender Sicherheit entnommen werden, auf welche der in Ziffer I. des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochenen Verfügungen sie bezogen ist, nachdem es insoweit an einer Differenzierung fehlt. Für den Antragsteller ist unklar, ob das angedrohte Zwangsgeld schon fällig wird, wenn er die „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit benutzt oder ob die Fälligkeit des Zwangsgelds erst dann eintritt, wenn er die „Forstscheune zu Jagdzwecken“ außerhalb der Tagzeit und zu anderen Zwecken benutzt. Der Antragsteller kann deshalb nicht absehen, in welchen Fällen mit der Fälligstellung eines Zwangsgeldes in nicht unerheblicher Höhe zu rechnen ist. Ein einheitliches Zwangsgeld darf aber nicht für mehrere unterschiedliche Anordnungen angedroht werden. Die Pflicht der Behörde zur Beschränkung einer Zwangsgeldandrohung auf jeweils eine einzelne, bestimmte Verpflichtung ergibt sich im Übrigen nicht nur aus Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, sondern auch aus Art. 18 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwZVG. Wird nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG die Pflicht zu einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung nicht, nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten. Dies setzt jedoch voraus, dass die Behörde die jeweils in Rede stehende Pflicht genau, d.h. unabhängig von etwaigen weiteren Pflichten, bezeichnet hat, woran es vorliegend fehlt. Nach alldem wird die Anfechtungsklage insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, sodass nach Einschätzung der erkennenden Kammer insoweit das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse des Antragsgegners überwiegt.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.


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