Medizinrecht

Aufhebung des Vorbescheids einer Verwaltungsgemeinschaft wegen gravierender Mängel im Vorverfahren

Aktenzeichen  52 S 507/19

Datum:
23.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 22926
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG § 29 Abs. 1 S. 1, § 34 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 35 S. 1, S. 2
BayJG Art. 47a Abs. 1 S. 5
AVBayJG § 25 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 2 S. 1, § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 29 Abs. 1
GVG § 13
BGB § 121 Abs. 1 S. 1, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1, Abs. 2, § 839 Abs. 1
GG Art. 34
ZPO § 85 Abs. 2, § 172 Abs. 1 S. 1, § 174 Abs. 1, § 222 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Abs. 1, § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 513 Abs. 1, § 517 Abs. 1, § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, § 524 Abs. 1, Abs. 2, § 528 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Jedenfalls gravierende Mängel im Vorverfahren – hier: kein von der zuständigen Behörde unverzüglich bestimmter Schätzungstermin, sondern nur eine rund zehn Monate nach Erstattung der Schadenanzeige erfolgte Probenentnahme und eine hierauf aufbauende Begutachtung mit ihren Befundergebnissen als Grundlage für den Vorbescheid – haben grundsätzlich eine Aufhebung des Vorbescheids in toto zur Folge. (Rn. 32) (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 C 25/18 2019-02-08 Urt AGGEMUENDEN AG Gemünden

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
2. Die Anschlussberufung des Klägers wird verworfen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt der Kläger 80,3 % und der Beklagte 19,7 %. Von den Kosten der Nebenintervention in zweiter Instanz trägt der Kläger 80,3 %, im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.
4. Die Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts … vom 18.01.2019, Ziff. 2 des Tenors, wird wie folgt abgeändert: Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger 75,5 % und der Beklagte 24,5 %. Von den Kosten der Nebenintervention in erster Instanz trägt der Kläger 75,5 %, im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % aus für den Beklagten aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern dieser nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.507,59 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger ist Jagdpächter eines benachbarten Grundstücks, welches im Eigentum des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten steht. Im Januar 2016 meldete der Beklagte der örtlich zuständigen Gemeinde, der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn, einen Wildschaden. Nach Abschluss des jagdrechtlichen Vorverfahrens erließ diese als zwischenzeitlich beklagtenseitig dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin Beigetretene unter dem 14.12.2017 einen Vorbescheid, wonach sich die vom Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers an den Beklagten, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagten zu leistende Entschädigung auf 1.000,00 € belaufe.
Der Kläger begehrte vor dem Erstgericht, Amtsgericht …, mit seiner Klage die Aufhebung des Vorbescheids und Abweisung eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten gegenüber dem Kläger.
Mit Ersturteil des Amtsgerichts … vom 08.02.2019 (Bl. 216 ff.) gab dieses der Klage des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers, auf Aufhebung eines Vorbescheids der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn vom 14.12.2017 über die Regulierung eines Wildschadens insoweit statt, als dass der darin festgesetzte Schadensersatzanspruch des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten von vormals 1.000,00 € auf 385,85 € herabgesetzt wurde. Das Erstgericht wies die Klage, mit der eine Aufhebung des Vorbescheids sowie eine Abweisung jeglichen Schadensersatzanspruchs des Beklagten gegenüber dem Kläger begehrt worden war, im Übrigen ab.
Auf die erstinstanzlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts … vom 08.02.2019 wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Mit seiner Berufung vom 20.03.2019 (Bl. 233 f.) begehrt der Beklagte, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagte wie Wiederherstellung des vom Erstgericht teilweise aufgehobenen, richtigerweise, wenn auch schon vom Erstgericht insoweit unzutreffend tenoriert, teilweise abgeänderten, Vorbescheids der Verwaltungsgemeinschaft … vom 14.12.2017 (vgl. Bl. 238):
Das Endurteil des Amtsgerichts … vom 08.02.2019, Az. (V) 11 C 25/18, wird insoweit aufgehoben; als der Vorbescheid der Verwaltungsgemeinschaft … vom 14.12.2017 in Ziff. 1 insoweit aufgehoben wurde, soweit der Schadensersatzanspruch des Beklagten und Berufungsführers auf mehr als 385,85 € festgesetzt wurde.
In noch laufender, antragsgemäß verlängerten Berufungserwiderungsfrist begehrte der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger die vollständige Aufhebung des Vorbescheids und die Abweisung des Schadensersatzanspruchs des Beklagten, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagten gegenüber sich und beantragte im Wege der Anschlussberufung (vgl. Bl. 254):
Das Endurteil des Amtsgerichts … vom 08.02.2019, Az. (V) 11 C 25/18, wird dahingehend abgeändert, dass der Vorbescheid der Verwaltungsgemeinschaft … vom 14.12.2017 aufgehoben und der Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger abgewiesen wird.
Die in erster Instanz dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin hat in der zweiten Instanz keinen Antrag gestellt. Mit Schriftsatz vom 10.08.2019 stimmte die Nebenintervenientin einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu.
Der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger stimmte mit Schriftsatz vom 10.08.2019 (vgl. Bl. 266) sowie der Beklagte mit Schriftsatz vom 06.08.2019 (Bl. 263) einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu. Mit Beschluss vom 13.08.2019 leitete das Gericht sodann in das schriftliche Verfahren über und bestimmte als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, den 21.08.2019 bestimmt (vgl. Bl. 267 f.).
II.
Die Berufung des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.). Die Anschlussberufung des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufurigsklägers ist unzulässig (3.).
1. Die Berufung des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten ist zulässig.
Die Berufung des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 517 Abs. 1 Hs. 1, § 519 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Die Berufungsbegründung des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten wurde ihrerseits form- und fristgerecht eingereicht und genügt den gesetzlichen Anforderungen (§ 520 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO).
2. Die Berufung des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten ist unbegründet.
Der Beklagte, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagte kann auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Satz 1 BJagdG derzeit keinen höheren Schadensersatz als denjenigen nach der Festsetzung des verfahrensgegenständlichen Vorbescheids der Verwaltungsgemeinschaft … vom 14.12.2017 in der nach dem Urteil des Amtsgerichts … vom 08.02.2019 gegenwärtigen Fassung gegenüber dem Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers verlangen.
a) Die Anspruchsgrundlage für Wildschäden aller Art findet sich in der spezialgesetzlichen Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 BJagdG. Nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 Satz 1 BJagdG unterliegt der Schadensersatzanspruch zunächst einer Ausschlussfrist in Gestalt einwöchigen Meldefrist. Zumindest diese ist seitens des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten vorliegend – unstreitig – gewahrt (vgl. Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 Rn. 42; Kern, Pachtrecht, 1. Aufl. 2012, Anhang 4 zu § 581 BGB, Rn. 26).
b) Auf der Grundlage der bundesgesetzlichen Ermächtigung zum Erlass landeseigener Regelungen über ein fakultatives Vorverfahren im Sinne des § 35 Satz 1 BJagdG (vgl. hierzu Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 Rn. 43 f.) hat der Freistaat Bayern entsprechend § 35 Satz 2 BJagdG mit der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) vom 01.03.1983 (GVBl. 1983, S. 51), zuletzt geändert durch Landesverordnung vom 14.07.2016 (GVBl. 2016, S. 240) in den §§ 25 ff. AVBayJG das Vorverfahren zur Bestimmung eines Wild- oder Jagdschadens im Sinne der §§ 29, 32 BJagdG geregelt. Der Umstand, dass die AVBayJG auf die landesgesetzliche Ermächtigungsvorschrift des Art. 47a Abs. 1 BayJG gestützt ist, steht dem nicht entgegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 AVBayJG bestimmt insoweit, dass eine gerichtliche Geltendmachung von Wild- oder Jadgschäden erst nach Abschluss des Vorverfahrens im Sinne des § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG eröffnet ist. Vor dem Hintergrund der bundesgesetzlich den Ländern eingeräumten Regelungskompetenz des § 35 Satz 1 BJagdG sowie des Umstands, dass durch die landesverordnungsrechtliche Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 1 AVBayJG nur eine vorübergehende und keine dauerhafte Verschließung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten nach Maßgabe von § 13 GVG erfolgt, bestehen für das erkennende Gericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Zugang zu den Gerichten als von Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes grundrechtsgleiches Recht gerade nicht dauerhaft ausgeschlossen wird. Die Bestimmung einer Wochenfrist in § 34 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, deren Wahrung vorliegend unstreitig ist, begegnet ihrerseits keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 216/09 -, juris, Rn, 8 ff., m.w.N.).
c) Von zentraler Bedeutung ist vorliegend die Vorschrift des § 26 AVBayJG und insbesondere dessen Vorgaben in § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG gegenüber der örtlich zuständigen Gemeinde (vgl. Insoweit auch AG Neuburg, Urt. v. 03.09.2014 – 2 C 193/14 -, juris, Rn. 13 ff.):
aa) Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG sind ersatzpflichtige Wild- und Jagdschäden bei der für das beschädigte Grundstück zuständigen Gemeinde schriftlich oder zur Niederschrift anzumelden (§ 34 BJagdG). Die Gemeinde prüft sodann die Rechtzeitigkeit der Schadensmeldung. Ist diese gegeben, hat die Gemeinde unverzüglich einen Schätzungstermin am Schadensort anzuberaumen, um auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinzuwirken (§ 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG), andernfalls hat sie den Anspruch als verspätet zurückzuweisen (§ 25 Abs. 3 Satz 1 AVBayJG). Die Gemeinde hat zum Schätzungstermin den Geschädigten und die Ersatzpflichtigen zu laden (§ 26 AVBayJG). Sie hat darauf hinzuweisen, dass im Fall des Nichterscheinens mit der Ermittlung des Schadens dennoch begonnen werden kann. Zu dem anberaumten Schätzungstermin hat die Gemeinde einen Schätzer zu laden, wenn ein Beteiligter dies beantragt, wenn eine gütliche Einigung nicht zu erwarten ist oder wenn andere Gründe es erfordern. Über den Schätzungstermin ist eine Niederschrift aufzunehmen (§ 26 Abs. 2 Satz 4 AVBayJG). Das Vorverfahren endet durch gütliche Einigung (§ 26 Abs. 3 AVBayJG), ansonsten durch Zurückweisungsbescheid (§ 25 Abs. 3 AVBayJG) oder Vorbescheid (§ 27 Abs. 3 AVBayJG).
bb) Vorliegend wurde nach der Schadensmeldung vom 14.01.2016 – wie auch der späteren Schadensanzeige vom 28.04.2016 – entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG kein unverzüglicher Schätzungstermin durch die zuständige Gemeinde, hier die Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn, bestimmt.
(1) Aus dem vorliegenden Vorbescheid der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn vom 14.12.2017 (Anlage K1 ) lässt sich entnehmen, dass über mehrere Schreiben ab dem 19.01.2016 hinaus erst für den 16.11.2016 ein Termin zur Probenentnahme bestimmt worden ist. Diesem ging nach eigenem erstinstanzlichen Vortrag der Nebenintervenientin mit Schriftsatz vom 18.07.2018 unter Bezugnahme auf eine entsprechende Äußerung vom 10.07.2018 (Anlage B1a ) nur ein Schreiben derselben vom 27.04.2016 mit Fristsetzung bis zum 20.05.2016 zur Mitteilung einer gütlichen Einigung voraus (vgl. Anlage B7 ). Ob es bei dem Termin zur Probenentnahme – rund zehn Monate nach Erstattung der Schadensanzeige durch den Beklagten, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagten – um einen Schätzungstermin im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG gehandelt hat, kann dahingestellt bleiben. Eine Niederschrift hierüber, die Angaben über die Wildart, die den Schaden verursacht hat (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 AVBayJG) oder die Streitpunkte eingeht, die einer gütlichen Einigung entgegenstehen (§ 27 Abs. 2 S. 2 AVBayJG), liegt nicht vor. Eine unter dem 27.01.2016 gefertigte Dokumentation der VOK (Anlage B8 ) erfolgte offensichtlich wiederum nicht im Zuge eines nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG von der zuständigen Gemeinde bestimmten Termins, zu dem die nachfolgenden Verfahrensbeteiligten mit den Hinweisen des § 26 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG zu laden gewesen wären.
(2) Soweit der Beklagte, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagte sodann unter dem 28.04.2016, bei der Nebenintervenientin am 29.04.2016 eingegangen, eine weitere Wildschadensanzeige erstattete (vgl. Anlage B9 ), folgte hierauf ebenfalls nur eine allgemein gehaltene Mitteilung der Nebenintervenientin vom 04.05.2016 an den Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger mit Setzung einer Frist bis zum 23.05.2016 (vgl. Anlage B10 ).
(3) Vor dem Hintergrund des Fehlens eines von der zuständigen Behörde unverzüglich bestimmten Schätzungstermins und der damit verbundenen Verletzung der verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG kann die Probenentnahme im November 2016 und die hierauf aufbauende Begutachtung mit ihren Befundergebnissen vom 25.11.2016 ist (vgl. Anlagen B16-18a
cc) Weder § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG noch in der AVBayJG, dem BayJG oder dem BJagdG ist der unbestimmte Rechtsbegriff „unverzüglich“ – wie mit Ausnahme von § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB im gesamten übrigen Bundes- und Landesrecht – legaldefiniert. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt insoweit seinerseits auch nur, dass „unverzüglich“ ohne schuldhaftes Zögern bedeutet (so schon RGZ 124, 115 ; pars pro toto, statt vieler etwa nur BAG, Urt. v. 21.04.2005 – 2 AZR 255/04 -, juris, Rn. 28, m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.06.2012 – VII ZR 130/11 -, juris, Rn. 20, m.w.N.; BSG, Urt. v. 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/14 R -, juris, Rn. 27, m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 10.03.2010 – 6 C 15/09 -, juris, Rn. 21 ff., m.w.N.).
dd) Für den vorliegenden Fall bedarf es sodann seinerseits keiner absoluten und aufgrund der rein retrospektiven Festlegung ohnehin zu keinerlei (Erkenntnis-)Mehrwert führenden Definition von „unverzüglich“ im Sinne einer nach Tagen, Wochen oder Monaten exakt zu bestimmenden Frist, da unter jedem denkbaren tatsächlichen wie auch rechtlichen Aspekt die Bestimmung eines Schätzungstermins im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG, der ausweislich von § 26 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG unter anderem auch der Herbeiführung einer gütlichen Einigung dienen soll, mehr als sechs Monate nach der Schadensanzeige – und erst recht mehr als zehn Monate nach derselben – nicht mehr „unverzüglich“ sein kann. Dies ergibt sich schon allein aus dem Sinn und Zweck der Regelung, die – auch – im Lichte des § 34 Satz 1 BJagdG gesehen und ausgelegt werden muss. Der Regelungszweck dieser Bestimmung und die damit einhergehende Verpflichtung des Geschädigten, innerhalb von einer Woche nach Kenntnisnahme oder der Möglichkeit einer Kenntnisnahme bei Einhaltung der gehörigen Sorgfalt einen bemerkten Schaden zur Anzeige zu bringen, liegt gerade darin, dass Feststellungen über die Schadensursache schnell getroffen werden müssen (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 216/09 -, juris, Rn. 10). Der Umstand, dass für Schäden an forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken nach § 34 Satz 2 BJagdG für den Ersatzberechtigten eine Privilegierung dahingehend gibt, dass diese – nur – zu bestimmten Stichtagen, 01.05. und 01.10., von diesem in der Form des § 34 Satz 1 BJagdG gemeldet werden müssen, führt nicht dazu, dass die nachfolgend für die zuständige Gemeinde geltende Unverzüglichkeits-Vorgabe ihrerseits relativiert werden würde (vgl. Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 Rn. 42; Gies, in: Düsing/Martinez, Agarrecht, § 34 BJagdG Rn. 31).
(1) Das Gericht kann auch ohne eigene Wildschadenskenntnisse aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung unschwer nachvollziehen, dass die Frage, ob überhaupt ein Wildschaden im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 BJagdG – das heißt ein Schaden, der durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasane verursacht wurde – vorliegt, sich in vielen Fällen nur unmittelbar nach seiner Entstehung zuverlässig beantworten lässt (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 216/09 -, juris, Rn. 10, m.w.N.). Je später es zur Prüfung kommt, desto schwieriger ist sie. Häufig ist es dann unmöglich festzustellen, ob und inwieweit (ganz oder zumindest teilweise) der Schaden nicht auch auf Witterungseinflüsse (z.B. Frost, Regen, Hagel, Hitze), Bestellungs- oder Düngungsfehler, Schädlinge Fauna und Flora oder andere menschliche oder nicht unter § 29 Abs. 1 Satz 1 BJagdG fallende tierische Einwirkungen zurückzuführen ist. Da schnell vergängliche Merkmale wie Fährten, Spuren oder Geläuf, Losung oder Gestüber, Verbissstellen sowie Zahriabdrücke eine Rolle spielen und sich das äußere Bild, welches maßgebliche Anhaltspunkte für den Schaden und seine Verursachung gerade durch Schadwild (§ 29 Abs. 1 Satz 1 BJagdG) gibt, rasch ändern kann, ist ein beschleunigtes Verfahren mit der kurzen Wochenfrist des § 34 Satz 1 BJagdG nötig. Insoweit besteht auch ein staatliches Interesse an einer schnellen und reibungslosen Erledigung zwecks Vermeidung späterer aufwendiger Beweisaufnahmen (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 216/09 -, juris, Rn. 10, m.w.N.).
(2) Diese Überlegungen und Vorgaben gelten indessen nicht nur für die initiale Schadenanzeige nach Maßgabe von § 34 Satz 1 BJagdG selbst. Sie müssen vielmehr auch bei einem von den Ländern fakultativ dem gerichtlichen Schadensersatzprozess vorgelagerten Vorverfahren Beachtung finden (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.2013 – III ZR 360/12 -, juris, Rn. 28, m.w.N.). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zudem bereits eine „Hinauszögerung“ eines nach einschlägigem Landesrecht ebenfalls „unverzüglich“ anzuberaumenden Ortstermins auf einen Zeitpunkt erst vier Wochen nach Eingang der Schadensanzeige auf wenn auch nicht entscheidungserhebliche Vorbehalte gestoßen (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.2011 – III ZR 91/10 -, juris, Rn. 19). Zwar kann es im Einzelfall, namentlich wegen absehbarer Ausweitung des Schadensbildes, angezeigt sein, eine solche – vierwöchige – Verzögerung zum Zwecke einer möglichst abschließenden Klärung hinzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 216/09 -, juris, Rn. 20). Im vorliegenden Fall ist aber weder eine solche – zeitnahe – Weiterentwicklung des im Januar und sodann – erst wieder – im April zur Anzeige gekommenen Schadens einerseits sowie das Zuwarten bis in den November hinein andererseits auch nur ansatzweise nachvollziehbar.
(3) Das erstinstanzliche Vorbringen der Nebenintervenientin, das ebenso wie das Vorbringen des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten im Kern dahin geht, dass es maßgeblich der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger gewesen sei, der die Anberaumung eines Schätz- oder Ortstermins im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG verzögert habe, geht jedenfalls im vorliegenden Verfahren über die Überprüfung des Vorbescheids nach Maßgabe von Art. 47a Abs. 1 Satz 5 BayJG i.V.m. § 29 Abs. 1 AVBayJG schon aus rechtlichen Gründen gänzlich ins Leere – und dürfte auch in einem Verfahren über die Amtshaftung der Nebenintervenientin gem. § 839 Abs. 1 BGB kaum mehr Gehör finden. Diese verkennt schon ausweislich der vorliegenden Schreiben an den Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger ersichtlich, dass die Durchführung eines Schätztermins ausweislich § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG gerade die Herbeiführung einer gütlichen Einigung – vor Ort – zum Ziel hat. Ein Vorgehen wie das der Nebenintervenientin, nach Möglichkeit eine selbständige gütliche Einigung der Beteiligten „von sich aus“ abzuwarten, mag zwar für sich genommen unter personalbewirtschaftungs- und haushalterischen Gesichtspunkten rechtfertigbar erscheinen, es steht allein in diametralem Widerspruch zu der ausdrücklichen Vorgabe des § 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG und überdies auch recht eindeutig im offenen Widerspruch zum Regelungszweck des gesamten Wild- und Jagdschadensrechts. Ob und inwieweit die vorliegende – beträchtliche – Verletzung dieser Vorgaben zu Gunsten des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten gegenüber der Nebenintervenientin gegebenenfalls einen Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet, falls dieser gegenüber dem Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers seinerseits keinen Schadensersatzanspruch mehr durchsetzen können sollte, bedarf vorliegend keiner weitergehenden Würdigung.
(4) Abschließend weist das Gericht vor dem Hintergrund des vorliegenden beklagtenseitigen Vorbringens wie auch desjenigen der beklagtenseitigen Nebenintervenientin darauf hin, dass gerade in Ansehung von § 26 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG und der dortigen Hinweispflicht der zuständigen Gemeinde der Einwand eines „unverschuldeten“ Versäumnisses der Nebenintervenientin als ladungsbefugte wie aber auch ladungsverpflichteten Gemeinde in keiner Weise Bestand haben kann. Der Landesverordnungsgeber hat ausdrücklich die „Belehrung“ der Beteiligten im Zuge deren Ladung dahingehend vorgesehen, dass „(…) im Fall des Nichterscheinens mit der Ermittlung des Schadens dennoch begonnen werden kann.“. Der Regelungswille des Verordnungsgebers wie auch der Regelungszweck dieser Vorschrift gehen unmissverständlich dahin, dass die zuständige Gemeinde in gleichermaßen hoheitlichem, einseitig-verbindlichen, Vorgehen in Reaktion auf eine ordnungsgemäß und jedenfalls nicht von vornherein verfristete Schadensanzeige von sich aus – und ohne besondere Rücksichtnahme auf etwaig entgegenstehende Belange der Beteiligten – unverzüglich und zeitnah einen Termin zur Schadensermittlung festsetzt. Damit korrespondiert auch, dass es sich insoweit um zwingendes Recht handelt, das sich selbst einer einverständlichen Vorgehensweise und gleich wie auch immer gearteten Übereinkunft der Beteiligten hinsichtlich einer hiervon abweichenden Verfahrensweise entzieht (vgl. Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 Rn. 43, m.w.N.).
ee) In keiner Weise kann somit das vorliegend vorzufindende Vorgehen, wonach erst dem mutmaßlichen Schadensersatzpflichtigen eine mehrwöchige Frist zur Mitteilung einer etwaigen gütlichen Einigung zugestanden worden ist und sodann dessen – bewusst oder unbewusst zu weiteren Verzögerungen führenden – Vorbringen seinerseits terminsverzögernd berücksichtigt worden ist, mit deh gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Handlungspflichten in Einklang gebracht werden. Ob und inwieweit es der Beklagte, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagte seinerseits vorwerfbar unterlassen hat, nach dem auch für ihn erkennbaren Nichthandeln der zuständigen Behörde, hier der Nebenintervenientin, den wiederum dagegen eröffneten Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zu beschreiten (vgl. Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 BGB Rn. 43, m.w.N.) bedarf im vorliegenden Verfahren seinerseits keiner weiteren Würdigung.
d) In der Sache erweist sich der vom Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger angegriffene Vorbescheid als verfahrensfehlerhaft und hätte folglich vom Erstgericht bei rechtlich zutreffender Vorgehensweise bereits gänzlich aufgehoben werden müssen. Durch die indessen lediglich erfolgte Teilabänderung, die ihrerseits einer (berufungs-)gerichtlichen Kontrolle nicht Stand gehalten hätte, wenn von einem ordnungsgemäß zu Stande gekommenen Vorbescheid auszugehen gewesen wäre, ist indessen durch die Teilrechtskraft des Ersturteils im Umfange der Zurückweisung der Klage des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers, zu Gunsten des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten insoweit ein durch das Verbot der reformatio in peius geschützter Rechtsbestand eingetreten, der auf die allein zulässige Berufung des Beklagten als Rechtsmittelführers hin nicht zu seinem Nachteil abgeändert werden kann, § 528 Abs. 1 Satz 2 ZPO (vgl., statt vieler, Rimmelspacher, in: MK-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 528 Rn. 32; Wulf, in: BeckOK-ZPO, 33. Edition, § 528 Rn. 13 ; jew. m.w.N.).
Allein die eingetretene Teilrechtskraft des angegriffenen Ersturteils, durch welche vom Erstgericht allein die aus dem verfahrensgegenständlichen Vorbescheid in dessen Ziff. 1 ableitbare Schadensersatzforderung von vormals 1.000,00 € auf nunmehr 385,85 € reduziert worden ist, verhindert es im vorliegenden Fall, dass dem Berufungsgericht eine dem Grunde nach gebotene Entscheidung darüber eröffnet wird, ob und inwieweit die bei der Nebenintervenientin angefallenen Nebenkosten des Vorbescheids, die Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.507,59 €, anstelle einer der beiden Hauptparteien der absehbar schuldhaft die ihr obliegenden Handlungs- und Amtspflichten verletzenden Nehenintervenientin selbst aufzuerlegen wären, indem der Vorbescheid jedenfalls insoweit ersatzlos aufzuheben gewesen wäre. Letzteres würde schon allein daraus folgen, dass jedenfalls gravierende Mängel im Vorverfahren eine Aufhebung des Vorbescheids in toto zur Folge haben (vgl. LG Lüneburg, Urt. v. 25.02.2019 – 4 S 9/18 -, juris, Rn. 17 f.; AG Winsen, Urt. v. 05.06.2018 – 24 C 693/17 -, juris, Rn. 24; AG Neuburg, Urt. v. 10.05.2017 – 2 C 66/17 -, juris, Rn. 18; jew. m.w.N.; Bernau, in: Staudinger, 2018, BGB, § 835 Rn. 43 ff., m.w.N.; eher nur als obiter dictum auch OLG Köln, Urt. v. 12.01.2016 – 7 U 105/05 -, juris, Rn. 9). Das Vorliegen eines gravierenden Mangels des verfahrensgegenständlichen Vorverfahrens, hier die massive Verletzung der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AVBayJG ergebende Handlungspflicht der Nebenintervenientin als nach § 35 BJagdG i.V.m. § 25 zuständige Gemeinde als Verwaltungsbehörde im vorliegenden Fall, wie bereits ausgeführt, hätte unzweifelhaft die Aufhebung des Vorbescheids insgesamt zur Folge haben müssen, womit zugleich auch die in Ziff. 3 desselben vorgesehene Erstattungspflicht der Gebühren und Auslagen gegenüber dem Kläger gegenstandslos geworden wäre. Die entgegenstehende Teilrechtskraft verhindert dies nunmehr.
Anzumerken ist allein nur noch das Folgende:
aa) Der Tatrichter ist dabei im Rahmen des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang eine Beweisaufnahme über die Schadenshöhe durchzuführen ist, freier gestellt (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2012 – VI ZR 316/11 -, juris, Rn. 13). Denn die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches, auf die sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht auswirken kann, ist berufungsgerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.2019 – VI ZR 402/17 -, juris, Rn. 9; BGH, Urt. v. 25.09.2018 – VI ZR 65/18 -, juris, Rn. 7; jew. m.w.N.).
bb) Nach diesem Maßstab ist die vom Erstgericht mit denkbar knapper – und insuffizienter – Begründung vorgenommene und vom verfahrensgegenständlichen Vorbescheid rein betragsmäßig abweichende Schadensermittlung im Wege der Schätzung weder nachvollziehbar noch hinnehmbar, Schon die verwendete Formulierung, wonach ein Schadensersatzanspruch einen „Strengbeweis“ voraussetze, womit das Erstgericht mutmaßlich einen „Vollbeweis“ im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO in Abgrenzung zur Beweiserleichterung des § 287 Abs. 1 ZPO meint, den es seinerseits verkennt, kann so nicht mehr als zumindest auf berufungsgerichtlicher Sicht „vertretbar“ angesehen werden. Im Kern vermischt unbeschadet der terminologischen Unschärfe das Erstgericht hier die Frage der haftungsbegründenden Kausalität, für welche die normalen bzw. höheren Beweisanforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO gelten, mit der Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, für die zu Gunsten des Geschädigten nur die reduzierten Anforderungen des § 287 Abs. 1 ZPO gelten. Das Begriffspaar „Strengbeweis – Freibeweis“ wiederum ist im normalen und dem Beibringungsgrundsatz unterliegenden Zivilprozess eher ungebräuchlich, allenfalls im eher amtsermittlungsmäßig geprägten Verfahren des FamFG (§ 26 FamFG, vgl. BGH, Beschl. v. 19.08.2015 – XII ZB 610/14 -, juris, Rn. 32, m.w.N.) und sodann natürlich im Strafprozess zu finden, wo es um die Frage der Statthaftigkeit von Erkenntnismitteln im Zusammenhang mit der Klärung von Tat- und Schuldfragen einerseits und Verfahrensfragen andererseits geht.
3. Die Anschlussberufung des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers ist unzulässig.
a) Die Anschlussberufung des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers wurde zwar form- und fristgerecht während der noch laufenden; antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingelegt (§ 524 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 517 Abs. 1 Hs. 1, § 519 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Die mit der Anschlussberufungsschrift sodann sogleich eingereichte Anschlussberufungsbegründung des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers wurde ihrerseits sodann zwar ebenfalls form- und fristgerecht eingereicht (§ 524 Abs. 3 i.V.m. § 520 Abs. 1 ZPO).
b) Allein, sie genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 524 Abs. 3 i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
aa) Die Anschlussberufung ist durch § 524 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO lediglich in Bezug auf die Möglichkeit ihre Einlegung auch noch nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist des § 517 ZPO im Falle einer rechtzeitig eingelegten Berufung des Gegners sowie sodann im Hinblick auf die für sie, die Anschlussberufung, nicht notwendigen Beschwer und deren Überschreiten des in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genannten Betrags privilegiert. Ausweislich § 524 Abs. 3 ZPO muss die Anschlussberufung sodann aber, unbeschadet ihrer Unselbstständigkeit und Abhängigkeit vom Hauptrechtsmittel der Berufung des Gegners, insbesondere hinsichtlich ihrer eigenen Begründung auch die Anforderungen an eine „normale“ Berufungsbegründung nach Maßgabe von § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfüllen (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2011 – VII ZB 27/11 -, juris, Rn. 6). Im vorliegenden Fall ergibt sich auch insoweit nichts anderes, da die Anschlussberufung ausdrücklich allein mit der im gleichen Schriftsatz erfolgten Berufungserwiderung – abschließend – begründet worden ist, insoweit auch kein Rückgriff über das erstinstanzliche Vorbringen hinaus anderweitig in Betracht kommt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.01.2009 – XII ZR 119/07 -, juris, Rn. 30 f.).
bb) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.2019 – III ZR 83/18 -, juris, Rn. 20). Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Urt. v. 10.03.2015 – VI ZR 215/14 -, juris, Rn. 7, jew. m.w.N.).
cc) Gemäß § 520 Abs. 3 2 Nr. 3 i.V.m. § 513 Abs. 1 Var. 2 ZPO hat der Berufungsführer konkrete Anhaltspunkte zu bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Da das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), muss die Berufung, die den festgestellten Sachverhalt angreifen will, eine Begründung dahin enthalten, warum die Bindung an die festgestellten Tatsachen ausnahmsweise nicht bestehen soll (BGH, Urt. v. 10.03.2015 – VI ZB 28/14 -, juris, Rn. 9).
dd) Diesen Anforderungen wird die vorliegende Berufungsbegründung nicht gerecht.
Die Anschlussberufung verfolgt das bereits erstinstanzlich verfolgte Begehren, „(…) den Schadensersatzanspruch de Beklagten gegen den Kläger abzuweisen (…)“ unbeirrt weiter, obgleich das Erstgericht, insoweit völlig zutreffend, in der von der Anschlussberufung ebenfalls angegriffenen Entscheidung dargelegt hat, dass ein rein prozessual betrachtet ohnehin nur im Zuge einer nicht vorliegenden Widerklage des Beklagten, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagten gegenüber dem Kläger; Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger verfolgbarer Schadensersatzanspruch vorliegend nicht verfahrensgegenständlich sei und somit auch nicht „abgewiesen“ werden könne. Hierzu verhält sich die Anschlussberufungsbegründung mit keinem einzigen Wort, weder unmittelbar noch mittelbar. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass der anwaltlich beratene und vertretene Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger oder eben auch dessen Prozessbevollmächtigter, wobei dessen Verschulden sodann dem Kläger wiederum über § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist – immer noch dem Rechtsirrtum unterliegen, dass selbst bei vollständiger Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Vorbescheids allein hierdurch per se einem Schadensersatzanspruch des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten jegliche Rechtsgrundlage entzogen wäre, was indessen weder im BJagdG noch im BayJG und erst recht nicht in der AVBayJG eine erkennbare Grundlage findet. Zwar mag dies rein tatsächlich dadurch der Fall sein, dass im Abstand von über drei Jahren nach den allein dem Geschädigten obliegenden rechtzeitigen Schadensanzeigen im Sinne des § 34 Satz 1 BJagdG ein letztlich dann auch im Zivilprozess von diesem zu führender Schadensverursachungsnachweis nicht mehr geführt werden kann (vgl. hierzu Bernau, in: Staudinger, BGB, 2018, § 835 RN. 45, m.w.N.), weil, von ihm absehbar zumindest nicht unmittelbar verschuldet, das verwaltungsbehördliche Feststellungsverfahren an schweren Mängeln gelitten hat Dies allein entbindet, weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau, indessen den Rechtsmittelführer, hier der Anschlussberufung, nicht, sein ersichtlich jedenfalls nicht ausdrücklich als Feststellungsantrag gestellten, sondern expressis verbis als „Abweisungsahtrag“ formulierten Antrag in Ziff. 2 der ursprünglichen Klageschrift vom 12.01.2018 (Bl. 2) bzw. in der Fassung der Antragstellung der Anschlussberufung vom 17.06.2019 (Bl. 254) entsprechend der Vorgaben der § 524 Abs. 3 i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO ordnungsgemäß zu begründen.
c) Im vorliegenden Fall kann auch die vorliegende und ausdrücklich als solche bezeichnete Anschlussberufung nicht in eine selbstständige Berufung des Klägers und Berufungsbeklagten gegen das Ersturteil des Amtsgerichts … umgedeutet werden (zum umgekehrten Fall BGH, Beschl. v. 02.02.2016 – VI ZB 33/15 -, juris, Rn. 5 f.; BGH, Beschl. v. 13.10.2011 – VII ZB 27/11 -, juris, Rn. 5 f.; BGH, Urt. v. 13.10.2011 – VII ZB 27/11 -, juris, Rn. 6), weil die dafür notwendige Wahrung der Berufungseinlegungsfrist des § 517 ZPO nicht gewahrt wäre. Das Ersturteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 174 Abs. 1 ZPO am 27.02.2019 zugestellt. Die einmonatige Berufungsfrist des § 517 Abs. 1 Hs. 1 ZPO lief somit gem. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB nach Ablauf des 27.02.2019 an und endete gem. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Mittwochs, 27.03.2019. Die Anschlussberufungsschrift ist erst am 17.06.2019 bei Gericht eingegangen.
III.
Das Berufungsgericht hat gem. § 308 Abs. 2 i.V.m. § 525 ZPO von Amts wegen sowohl über die Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug als auch den des zweiten Rechtszugs zu entscheiden, ohne dass es insoweit auf den Erfolg des eingelegten Rechtsmittels oder das in der Hauptsache bestehende Verbot einer reformatio in peius ankommt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.09.2016 – V ZB 125/15 -, juris, Rn. 20; BGH, Urt. v. 05.10.2005 – XII ZR 131/03 -, juris, Rn. 2; BGH, Urt. v. 09.02.1993 – XI ZR 88/92 -, juris, Rn. 46; jew. M.w.N.).
Nicht zuletzt aufgrund der rechtsfehlerhaften Auferlegung der Kosten der Nebenintervention auch auf den von der Nebenintervenientin unterstützten Hauptpartei, hier des Beklagten, entgegen der eindeutigen Vorgäbe des § 101 Abs. 1 Hs. 2 ZPO, war im vorliegenden Fall auch die Kostenentscheidung des Erstgerichts im angegriffenen Urteil unbeschadet der Erfolglosigkeit der Berufung wie auch der Anschlussberufung hiergegen wie geschehen neu zu fassen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz beruht auf § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 i. V, m. § 101 Abs. 1 ZPO. Für die Kostenverteilung war unter Abkehr vom Additionsverbot des § 5 ZPO für die Streitwertfestsetzung das Begehren des Klägers auf vollständige „Abweisung“ jeglichen Schadensersatzanspruchs und damit auch auf „Freistellung“ von jeglichen Kosten des Vorverfahrens, die sich auf 1.507,59 € belaufen, und das Begehren des Beklagten auf Wiederherstellung des Vorbescheids in Höhe von 614,15 € zu addieren und sodann in Relation zu dem jeweiligen Unterliegen der Parteien zu setzen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 ZPO. Für die Kostenverteilung war insoweit das Teilobsiegen des Klägers in Gestalt der erzielten Reduktion der Haftung von vormals 1.000,00 € auf nur noch 385,85 €, mithin also ein Teilobsiegen in Höhe von 614,15 € bei einem insgesamt dem Betrage nach verfolgten Begehren in Höhe von 2.507,59 €, ins Verhältnis zu setzen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Klägers beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Beklagten beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 2-5 ZPO i.V.m. §§ 40, 43 Abs. 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist weder nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO noch nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO geboten.


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