Aktenzeichen 15 N 18.2488
Leitsatz
1. Bei der Überplanung bebauter Gebiete muss sich die Abwägung einerseits mit den privaten und öffentlichen Interessen an der Erhaltung der vorhandenen städtebaulichen Strukturen und andererseits mit den öffentlichen und privaten Interessen auf Veränderung dieser Strukturen auseinandersetzen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dabei muss nicht nur der Bestandsschutz, sondern auch eine künftige Entwicklung berücksichtigt werden, nämlich welche Neu-, Ersatz- und Erweiterungsbauten möglich sind. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es besteht keine Rechtsgrundlage für eine Festsetzung in einem Bebauungsplan, mit der die Nachtzeit um eine Stunde verschoben wird. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der am 1. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit Grünordnungsplan der Antragsgegnerin „N* … … …“ in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2020 ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 12. und 19. Januar 2021 zugestimmt haben.
I.
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den am 1. Dezember 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan „N* … … …“ in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2020. Beim ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB setzt die Gemeinde das von ihr ursprünglich eingeleitete Verfahren an der Stelle fort, an der ihr der zu korrigierende Fehler unterlaufen ist und mit einem neuen Satzungsbeschluss entsteht ein neuer Plan, der Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann (vgl. BVerwG, B.v.12.7.2017 – 4 BN 7.17 – BauR 2017, 1677 – juris Rn. 7). Der Antragsteller hat seinen Normenkontrollantrag auf den erneut bekannt gemachten Bebauungsplan erstreckt, sodass sich der Antrag nunmehr gegen den ursprünglichen Bebauungsplan in der Fassung vom 11. September 2020 richtet.
II.
Der Normenkontrollantrag ist zulässig, obwohl der Neubau des Kinos und der Parkplatz schon errichtet sind. Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan entfallen, wenn z.B. auf dessen Grundlage schon unanfechtbare Baugenehmigungen erteilt und ausgenutzt worden sind und der Antragsteller seine Rechtsstellung durch eine Unwirksamerklärung des Plans nicht verbessern kann (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 47 Rn. 55). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, denn der Antragsteller hat weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis, denn die Festsetzung eines Kerngebiets sowie die Verschiebung der Nachtzeit für alle gewerblichen Vorhaben im Plangebiet können ihn auch in Zukunft belasten.
III.
Der Normenkontrollantrag hat auch Erfolg, denn der Bebauungsplan leidet trotz der erneuten Bekanntmachung im Jahr 2020 weiterhin an Mängeln, die zu seiner Unwirksamkeit führen.
1. Die mit der ersten Ausfertigung und Bekanntmachung im Jahr 2017 verbundenen formellen Mängel sind nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB durch die zweite Ausfertigung und Bekanntmachung im Jahr 2020 behoben. Im ergänzenden Verfahren sind solche nach §§ 214, 215 BauGB oder nach Landesrecht beachtlichen Mängel behebbar, die nicht den Kern der Abwägungsentscheidung betreffen (Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 214 BauGB Rn. 24 m.w.N.). Das ergänzende Verfahren muss dabei die Identität des Plans wahren und darf ihn nicht grundlegend ändern (Battis a.a.O.). Im vorliegenden Fall wollte die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keinen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB beschließen, denn es existierte weder ein Vorhaben- und Erschließungsplan noch wurde ein entsprechender Durchführungsvertrag geschlossen, sondern der Bebauungsplan war offensichtlich falsch bezeichnet. Zwar hatten die Kinobetreiber mit einem städtebaulichen Vertrag die Kosten der Bauleitplanung übernommen, weitere Verpflichtungen sind sie aber nicht eingegangen. In sämtlichen Bekanntmachungen wurde der Bebauungsplan auch nicht als vorhabenbezogener Bebauungsplan bezeichnet. Deshalb konnte durch die zweite Bekanntmachung ohne nochmalige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung klargestellt werden, dass es sich nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handelt. Auch der Bekanntmachungsmangel hinsichtlich der Einsehbarkeit der technischen Vorschriften konnte bereinigt werden, denn in der Bekanntmachung vom 1. September 2020 ist darauf hingewiesen, dass die genannten DIN-Bestimmungen ab Veröffentlichung der Bekanntmachung zur Einsicht ausliegen. Dabei reicht es aus, wenn sich entweder aus dem Bebauungsplan selbst oder aus der Bekanntmachung ergibt, wo die Vorschriften eingesehen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2020 – 1 N 17.1019 – juris Rn. 16; U.v. 20.11.2020 – 15 N 20.220 – juris Rn. 11).
2. Der Normenkontrollantrag ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil der Antragsteller ihn nicht in der Frist des § 6 Abs. 1 UmwRG begründet hat. § 6 UmwRG ist auf Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO nicht anwendbar (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2020 – 4 CN 9.19 – juris Leitsatz).
3. Der Bebauungsplan leidet aber an Abwägungsmängeln, die zu seiner Unwirksamkeit führen. § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – BayVBl 2018, 814 = juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, B.v. 12.06.2018 – 4 B 71/17 – juris Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind dabei nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Gemeinde muss die schutzwürdigen Eigentümerinteressen auf der einen und die mit den neuen Festsetzungen verfolgten Belange auf der anderen Seite unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes im Rahmen der Abwägung in ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfG, B.v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01 – NVwZ 2003, 727 = juris Rn. 13). Dabei muss sich die Abwägung bei der Überplanung bebauter Gebiete nach § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB einerseits mit den privaten und öffentlichen Interessen an der Erhaltung der vorhandenen städtebaulichen Strukturen und andererseits mit den öffentlichen und privaten Interessen auf Veränderung dieser Strukturen auseinandersetzen. Des Weiteren müssen Festsetzungen in die Abwägung einbezogen werden, die es ermöglichen, betroffenen Belangen differenziert Rechnung zu tragen. Auch das Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes ist von Bedeutung (vgl. zur Überplanung bebauter Gebiete: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand August 2020, § 1 BauGB Rn. 252). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen dafür entscheidet, den einen zu bevorzugen und damit notwendigerweise den anderen zurückzustellen.
Gemessen daran sind im vorliegenden Fall die Interessen der Grundeigentümer, insbesondere der Eigentümer von Wohnungen und Wohngebäuden im Plangebiet nicht fehlerfrei ermittelt und abgewogen worden. Die Antragsgegnerin hat gemäß der Begründung zum Bebauungsplan nicht erkannt, dass Wohnnutzung durch die Kerngebietsfestsetzung nur noch ausnahmsweise zulässig ist, sondern ist davon ausgegangen, dass es sich derzeit um ein Mischgebiet handelt (Nr. 3 der Begründung, S. 9 oben: „Hierbei handelt es sich gegenwärtig um ein Mischgebiet in direkter Nachbarschaft zur A* … Altstadt.“) und die aktuelle und zukünftige Entwicklung des betreffenden Planungsbereich weiterhin auf eine grundlegend gemischte Nutzung ausgerichtet ist. Das trifft aber aufgrund der Festsetzung eines Kerngebiets so nicht zu, denn nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind Wohnungen, die nicht unter § 7 Abs. 2 Nr. 6 und 7 BauNVO fallen, in einem Kerngebiet nur ausnahmsweise zulässig. Die Antragsgegnerin hat auch weder Festsetzungen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO noch nach § 1 Abs. 10 BauNVO getroffen oder die Möglichkeit solcher Festsetzungen erwogen. Die Interessen der Grundeigentümer an der Beibehaltung eines Mischgebiets sind nicht ermittelt und nicht in die Abwägung eingestellt worden. Nachdem das Plangebiet nach der Bestandsaufnahme zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie zentraler Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung oder der Kultur gemäß § 7 Abs. 1 BauNVO diente, sondern es sich um eine mischgebietstypische Nutzung mit umfangreicher Wohnnutzung handelte, wie die Antragsgegnerin selbst festgestellt hat, kann die Entwicklung hin zu einem § 7 BauNVO entsprechenden Kerngebiet aber nur dadurch erfolgen, dass die grundsätzlich kerngebietsuntypische Wohnbebauung zurückgedrängt wird. Dies hat die Antragsgegnerin nicht erkannt und nicht hinreichend berücksichtigt.
Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin in der Abwägung davon ausgegangen, dass es hinsichtlich der getroffenen Nutzungszuordnung des Gebietes für die einzelnen Bestandsanwesen im Geltungsbereich unerheblich sei, ob sich diese Flächen innerhalb eines Mischgebietes oder eines Kerngebiets befinden, da beide Gebietskategorien der gemischten Nutzung zuzuordnen seien und eine wesentliche Veränderung somit nicht zu erkennen sei. Es habe ausschließlich die zuständige Kommune zu entscheiden, in welche Gebietskategorie sich die jeweiligen Siedlungsbereiche einordnen lassen. Der Bestandsschutz sei bei der aktuellen Planung uneingeschränkt berücksichtigt worden (vgl. Abwägung im Stadtratsbeschluss vom 6. November 2017). Damit sind die Interessen der Grundeigentümer nicht hinreichend berücksichtigt, denn es geht nicht nur darum, ob Bestandsschutz für die bestehenden Gebäude besteht. Es muss auch eine künftige Entwicklung berücksichtigt werden, nämlich welche Neu-, Ersatz- und Erweiterungsbauten möglich sind. Es existieren im Plangebiet Grundstücke (z.B. FlNr. …, bebaut mit einem Einfamilienhaus in zweiter Reihe), bei denen nicht ersichtlich ist, welche kerngebietstypische Nutzung dort überhaupt sinnvollerweise verwirklicht werden könnte. In der Abwägung wäre es daher erforderlich gewesen, sich damit auseinanderzusetzen, aus welchen Gründen die Festsetzung eines Mischgebiets oder eines Urbanen Gebiets, in dem das hier geplante herkömmliche Kino als Anlage für kulturelle Zwecke (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 4 BauNVO Rn. 87) ebenfalls zulässig ist und dem die derzeitige Nutzungsmischung entspricht, nicht ebenso geeignet gewesen wäre, die Ziele der Planung umzusetzen.
Diese Mängel sind auch erheblich i.S.d. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, da sie offensichtlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Hätte die Antragsgegnerin die Interessen der Grundstückseigentümer am Bestehenbleiben des Vorhandenen zutreffend ermittelt und abgewogen, hätte sie möglicherweise eine andere Gebietsart gewählt. Die Mängel sind auch beachtlich nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB, da der Antragsteller sie fristgerecht geltend gemacht hat.
4. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan mit der generellen Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde in Nr. 12 der textlichen Festsetzungen eine Regelung, die weder in § 9 BauGB noch in der Baunutzungsverordnung eine Rechtsgrundlage findet. Die Nachtzeit kann zwar nach Nr. 6.4 Abs. 2 TA Lärm aus zwingenden betrieblichen Notwendigkeiten verschoben werden (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2020, TA Lärm Rn. 10). Damit ist es grundsätzlich möglich, in einer Baugenehmigung für ein konkretes Vorhaben, die Nachtzeit zu verschieben. Auf welcher Rechtsgrundlage dies für alle gewerblichen Betriebe im Geltungsbereich eines Bebauungsplans erfolgen können soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Weder wird dadurch das Gebiet nach § 1 Abs. 4 BauNVO gegliedert, noch handelt es sich um die Festsetzung einer technischen Vorkehrung zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB. Im Übrigen ist schon aus der Formulierung in Nr. 6.4 Satz 2 TA Lärm ersichtlich, dass es sich dabei um eine Ausnahmevorschrift handelt, die nur aus konkreten zwingenden betrieblichen Notwendigkeiten angewendet werden kann. Bei der Festsetzung eines Kerngebiets ist aber nicht ersichtlich, welche Betriebe sich in Zukunft dort ansiedeln werden und ob eine Nachtzeitverschiebung im Hinblick auf Lage und Emissionsgeschehen im konkreten Fall erforderlich und im Hinblick auf Gewerbebetriebe in angrenzenden Gebieten überhaupt zulässig ist. Z.B. befindet sich im Anschluss an das Plangebiet im Norden ein Lebensmittelmarkt und es ist nicht ermittelt worden, ob dort zwischen 6.00 und 7.00 Uhr Anlieferungsverkehr stattfinden kann. Wäre dies der Fall, wäre es wohl hinsichtlich des Wohngebäudes auf FlNr. … ausgeschlossen, dass für eine gewerbliche Nutzung auf FlNr. … eine Nachtzeitverschiebung erfolgen könnte, denn dann wäre dort voraussichtlich keine 8-stündige Nachtruhe gewährleistet.
5. Der Bebauungsplan ist angesichts dieser Mängel insgesamt unwirksam. Die Unwirksamkeit eines Teils eines Bebauungsplans hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit zur Folge, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den ungültigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2007 – 4 BN 44.07 – juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 19.2.2019 – 1 N 16.350 – juris Rn. 20; U.v. 5.2.2016 – 1 N 11.766 – juris Rn. 16). Eine Teilunwirksamkeit nur bezüglich der textlichen Festsetzung in Nr. 12 des Bebauungsplans scheidet aus, da der Abwägungsmangel den gesamten Bebauungsplan erfasst.
6. Es kann daher offenbleiben, ob der Bebauungsplan überhaupt erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB ist, da ihm möglicherweise keine nachvollziehbare Planungskonzeption zugrunde liegt, es sich um eine bloße Gefälligkeitsplanung zu Gunsten des Kinos handelt oder er aus tatsächlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, da in einer Gemeinde von der Größe der Antragsgegnerin kein Bedarf für ein weiteres Kerngebiet besteht und der bisherige Umfang der Wohnnutzung eine Entwicklung zu einem Kerngebiet im Plangebiet unmöglich macht (vgl. zur Überplanung vorhandener Stadtteile als Kerngebiet: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 7 BauNVO Rn. 16). Jedenfalls erschließt sich aus der Begründung des Bebauungsplans und den übrigen Verwaltungsvorgängen nicht, aus welchen städtebaulichen Gründen die Antragsgegnerin im Plangebiet ein Kerngebiet festgesetzt hat. Ein herkömmliches Kino ist als Anlage für kulturelle Zwecke sowohl in einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO als auch in einem Urbanen Gebiet nach § 6a Abs. 2 Nr. 5 BauNVO zulässig. Die Immissionswerte nach Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm sind für ein Kern- und ein Mischgebiet identisch (60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts). Welche kerngebietstypischen Handelsbetriebe oder zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung oder der Kultur sich im Plangebiet ansiedeln wollen oder nach Vorstellung der Antragsgegnerin in Zukunft ansiedeln sollen, ist nicht ersichtlich, sondern es wird nur allgemein auf eine zukünftige Neuordnung Bezug genommen, ohne dass diese konkrete Konturen annimmt. Auch entsprechen weder die festgesetzten maximalen Grundflächenzahlen noch die maximalen Geschossflächenzahlen den für Kerngebiete maximal zulässigen Werten des § 17 Abs. 1 BauNVO, sondern bewegen sich im Bereich der für Mischgebiete oder Urbane Gebiete zulässigen Obergrenzen.
7. Die weiteren Einwände des Antragstellers greifen aber voraussichtlich nicht durch. Gegen das Lärmgutachten bestehen keine Bedenken. Das Gutachten kommt nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der vom Kino und dem zugehörigen An- und Abfahrtsverkehr ausgehende (Anlagen-)lärm mit 54 dB(A) tagsüber insgesamt nicht relevant ist, da er 6 dB(A) unter dem Grenzwert von 60 dB(A) liegt, der sowohl für ein Mischgebiet als auch für ein Kerngebiet gilt. Schlüssig geht das Gutachten dann davon aus, dass bei einer Nachtzeitverschiebung um eine Stunde nach Nr. 6.4 Abs. 2 TA Lärm der Konflikt mit den betroffenen Wohngrundstücken in der unmittelbaren Nachbarschaft des Kinos und des dazugehörigen Parkplatzes gelöst werden kann.
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Konfliktbewältigung ist nicht ersichtlich. Hinsichtlich des nicht vom Kino ausgelösten allgemeinen Verkehrslärms sind für künftige Neubauten passive Schallschutzmaßnahmen vorgesehen. Der Konflikt der bestehenden Wohnbebauung mit dem vorhandenen Verkehrslärm muss in dem Bebauungsplan keiner Lösung zugeführt werden, da er von der Planung nicht hervorgerufen wird, sondern schon vorher bestanden hat (vgl. Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 1 Rn. 216, 234, 240 f.).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
V.
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.