Medizinrecht

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten – Rückforderungsanspruch des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber Verfügungsberechtigten

Aktenzeichen  L 3 R 119/18

Datum:
10.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 3. Senat
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:LSGST:2022:0210.L3R119.18.00
Normen:
§ 118 Abs 3 S 1 SGB 6
§ 118 Abs 3 S 2 SGB 6
§ 118 Abs 3 S 3 SGB 6
§ 118 Abs 4 S 1 SGB 6
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Verfügungsberechtigter als Verfügender iS von § 118 Abs 4 SGB VI anzusehen und dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung verpflichtet ist. (Rn.11)
(Rn.29)

Verfahrensgang

vorgehend SG Dessau-Roßlau, 23. Februar 2018, S 1 R 483/14, Urteil

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte gegen die am … 1970 geborene Klägerin einen Anspruch auf Erstattung einer für die Mutter der Klägerin (im Folgenden: Versicherte) über den Sterbemonat hinaus gezahlten Rentenleistung hat.
Die am … 1937 geborene Versicherte erhielt von der Beklagten aufgrund des Rentenbescheides vom 4. August 1997 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit mit einem Rentenbeginn am 1. August 1997. Am 27. September 2013 verstarb die Versicherte. Auf dem Antwortbogen zur Rückforderung gab die Beigeladene gegenüber der Beklagten unter dem 8. November 2013 an, dass die überzahlte Rentenzahlung am 30. September 2013 eingegangen sei. Die Rückforderung sei am 11. Oktober 2013 eingegangen. Der Kontostand vor Eingang dieser Rückforderung sei mit 1.017,47 € im Minus gewesen. Sie – die Beigeladene – habe am 8. Oktober 2013 Kenntnis vom Tod der Versicherten gehabt. Kontoverfügungsberechtigte Person und/oder neue Kontoinhaberin sei die Klägerin. Die Beigeladene gab zudem folgende tabellarische Aufstellung der Kontoverfügungen zwischen den Zeitpunkten „nach Eingang der überzahlten Geldleistung“ und „vor Eingang dieser Rückforderung“ ab:

Datum 
EUR     
KontoverfügungenEmpfänger(Name, vollständige Anschrift, ggf. Aktenzeichen)
01.10.13
361,05 €
Wohnungsgesellschaft mbHMiete
01.10.13
25,00 €
A. Lebensvers. AG
01.10.13
42,00 €
Y. Strom AbschlagB
01.10.13
12,52 €
ÖSA Versicherung7
07.10.13
5,00 €
PS-Los, DA-Nr. 0
07.10.13
12,99 €
Tele-C. 1

Auf dem Antwortbogen findet sich ein zusätzlicher Vermerk vom 15. November 2013, wonach die Beklagte von der Beigeladenen einen Betrag in Höhe von 326,00 € zurückerhielt.
Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 3. Februar 2014 zu einer beabsichtigten Rückforderung in Höhe von 405,46 € an. Nach Auskunft der Beigeladenen habe die Klägerin über einen Betrag in Höhe von 453,56 € verfügt. Dabei handelte es sich um die Summe der auf dem o.g. Vordruck angegebenen Kontoverfügungen vom 1. bis zum 7. Oktober 2013, allerdings ohne das PS-Los in Höhe von 5,00 €. Die zu Unrecht erbrachte Geldleistung habe 775,60 € betragen. Davon sei der von der Beigeladenen zurückzuüberweisende Betrag in Höhe von 370,14 € abzuziehen. Mit Schreiben vom 4. Februar 2014 machte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen einen weiteren Rückforderungsanspruch in Höhe von 44,14 € (370,14 € abzüglich der bereits zurücküberwiesenen 326,00 €) geltend. Dies lehnte Beigeladene mit Schreiben vom 21. Februar 2014 ab und führte zur Begründung aus, im Zeitraum zwischen der Kenntnisnahme des Todes der Versicherten und dem Eingang des Rückforderungsersuchens hätten keine Verfügungen stattgefunden. Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. März 2014 zu einer um den Betrag von 44,14 € höheren Rückforderungsabsicht an. Das Anhörungsschreiben vom 4. (gemeint 3.) Februar 2014 solle als gegenstandslos betrachtet werden. Hierauf reagierte die Klägerin nicht. Sodann forderte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2014 von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 449,60 € nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Anspruch auf Rente bestehe bis zum Ablauf des Sterbemonats. Die Versicherte sei am 27. September 2013 verstorben. Die Zahlung der Rente habe jedoch erst zum 31. Oktober 2013 eingestellt werden können. Daher seien die für die Zeit vom 1. bis zum 31. Oktober 2013 gezahlten Rentenleistungen in Höhe von 775,60 € zu Unrecht erbracht worden und somit zu erstatten. Nach Auskunft der Beigeladenen habe die Klägerin über eine Gesamtsumme von 453,56 € verfügt. Von der zu Unrecht erbrachten Geldleistung in Höhe von 775,60 € sei der von der Beigeladenen zurücküberwiesene Betrag in Höhe von 326,00 € abzuziehen. Damit verbleibe ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 449,60 €.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, sie habe kurz nach dem Sterbedatum das Erbe ausgeschlagen (Urkunde des Nachlassgerichts beim Amtsgericht Köthen vom 9. Oktober 2013, Az. 04 VI 678/13) und dies auch der Beigeladenen gemeldet, wo die Versicherte ihr Girokonto geführt habe. Sie habe also seitdem auch keinen Zugriff mehr auf das Girokonto gehabt und habe auch die Kontobewegungen nicht einsehen können. Sie sei der Auffassung, dass die Beklagte höchstens einen Anspruch gegenüber der Beigeladenen haben könne. Dies könne sie aber nur mutmaßen, weil sie von der Beigeladenen dazu keine abschließende Auskunft bekomme, denn sie sei keine Erbin. Sie habe jedenfalls über den geforderten Betrag nicht verfügt. Sie habe also keinen Vermögenszuwachs erlangt, sodass nicht einzusehen sei, auf welcher Grundlage sie hier eine Rückzahlung vornehmen solle. Insoweit habe sie kein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos der Versicherten vorgenommen oder zugelassen, sodass die Voraussetzungen des § 118 Abs. 4 SGB VI nicht erfüllt seien. Auf Nachfrage der Beklagten im Widerspruchsverfahren teilte die Klägerin mit, dass sie von dem Tod der Versicherten bereits am Todestag Kenntnis gehabt habe. Der Todestag – der 27. September 2013 – sei ein Freitag gewesen. Bereits am Montag, den 30. September 2013, habe sie kurz nach 9:00 Uhr bei einer J. der Beigeladenen in K. vorgesprochen und diese darüber informiert, dass die Versicherte am 27. September 2013 verstorben sei. Sie habe J. auch darüber informiert, dass sie das Erbe ausschlagen werde. J. habe sich sogleich den Todeszeitpunkt der Versicherten im Computer vermerkt und sie – die Klägerin – gebeten, sie möge die Sterbeurkunde nachreichen, sobald sie ihr vorliege. Die Beigeladene teilte im Widerspruchsverfahren auf Nachfrage der Beklagten mit, dass nach Prüfung ihrer Unterlagen festzustellen sei, dass die Klägerin erstmals am 8. Oktober 2013 in ihrer Filiale den Todesfall der Versicherten angezeigt habe. Dies sei anhand der vorliegenden eingereichten Unterlagen eindeutig nachweisbar. Die Klägerin erwiderte hierzu ihrerseits, sie bleibe dabei, dass sie am 30. September 2013 bei einer J., Mitarbeiterin der Beigeladenen, persönlich vorgesprochen und diese vom Tod der Versicherten in Kenntnis gesetzt habe. Die Sterbeurkunde sei der Beigeladenen in der Tat erst später eingereicht worden. Dies könne durchaus auch der 8. Oktober 2013 gewesen sein.
Sodann wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2014 den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 24. April 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Rente für die Zeit vom 1. bis zum 31. Oktober 2013 in Höhe von 775,60 € sei zu Unrecht gezahlt worden. Aufgrund des eingeleiteten Rückforderungsverfahrens sei gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI die Beigeladene ihrer Erstattungspflicht von 326,00 € nachgekommen. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI seien, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden seien, die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt hätten, dem Rentenversicherungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. An weitere Voraussetzungen als die Empfangnahme oder die Verfügung über zu Unrecht erbrachte Leistungen sei die Erstattungspflicht nicht geknüpft. Anhand der Formulierung „zu Unrecht erbracht“ mache der Gesetzgeber deutlich, dass es sich hierbei um Beträge handele, auf die weder die Verstorbene noch andere Personen einen Anspruch hätten, sondern die vielmehr dem Rentenversicherungsträger und somit der Versichertengemeinschaft zustünden. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI normiere einen eigenständigen und originären öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber dem Empfänger der Geldleistung bzw. dem Kontoverfügenden. Verfügende im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI seien die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen hätten. Verfügungsberechtigt seien weitere Kontoinhaber, Inhaber einer Kontovollmacht sowie die Erben (da das Konto mit dem Tod auf diese übergehe). Ein Verfügender könne nur hinsichtlich solcher banküblicher Zahlungsgeschäfte in Anspruch genommen werden, die nach seiner Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers ausgeführt worden seien. Nach vorliegender Bestätigung der Beigeladenen sei die Klägerin kontoverfügungsberechtigte Person gewesen. Nach Mitteilung der Klägerin habe diese am 27. September 2013 und damit zum Zeitpunkt der Ausführung der Verfügungen vom 1. und 7. Oktober 2013 Kenntnis vom Tod der Rentenberechtigten gehabt. Gemäß § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei die zu Unrecht gezahlte Rente daher von der Klägerin als Kontoverfügender in Höhe von 449,60 € zu erstatten. Belege, dass die Beigeladene am 30. September 2013 Kenntnis vom Tod der Rentenberechtigten gehabt habe, seien nicht vorgelegt worden. Eine vor den Abbuchungen liegende wirksame Auflösung bzw. Kündigung des Kontos sei von der Klägerin nicht vorgenommen worden. Durch die Ausschlagung der Erbschaft sei der Rückforderungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht ausgeschlossen.
Darüber hinaus kam es auch zu einer Überzahlung der von der Versicherten von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland bezogenen Witwenrente auf ein Konto der T-Bank in Höhe von 597,58 €. Die T-Bank zahlte hiervon 544,48 € an die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland zurück. Den Restbetrag in Höhe von 53,10 € forderte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland mit Bescheid vom 21. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2014 von der Klägerin zurück. Die dagegen erhobene Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (S 1 R 54/14) endete im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 27. Februar 2015 mit einem Anerkenntnis der dortigen Beklagten.
Gegen den Rückforderungsbescheid der Beklagten hat die Klägerin am 14. November 2014 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie habe am 1. Oktober 2013 keinen Zugriff mehr auf das Konto der Versicherten gehabt. Über den geforderten Betrag in Höhe von 449,60 € habe sie nicht verfügt. Sie habe kurz nach Versterben der Versicherten das Erbe ausgeschlagen und dies auch der Beigeladenen gemeldet. Sie habe also keinen Zugriff mehr auf das Girokonto gehabt und habe Kontobewegungen nicht mehr einsehen können.
Das Sozialgericht hat am 8. September 2017 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift über die nicht-öffentliche Sitzung verwiesen. Im Anschluss hat das Sozialgericht eine Auskunft der Beigeladenen vom 17. Oktober 2017 eingeholt. Darin hat diese mitgeteilt, dass es sich bei den sechs in ihrer Auskunft vom 8. November 2013 genannten Verfügungen ausschließlich um Lastschriften bzw. Daueraufträge gehandelt habe. Die im Formular gemachten Angaben zur Verfügungsberechtigung der Klägerin auf dem Girokonto (laut Girokontovertrag) seien korrekt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2018 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2014 aufgehoben und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei gegenüber der Beklagten nicht gemäß § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zur Erstattung überzahlter Rentenleistungen verpflichtet. Einem Erstattungsanspruch gegen die Klägerin stehe zwar nicht der vorrangig geltend zu machende Rücküberweisungsanspruch gegen die Beigeladene in ihrer Funktion als Zahlungsmittlerin gemäß § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI entgegen. Denn der Rentenversicherungsträger könne und dürfe gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erst und nur dann vorgehen, wenn die Geldleistung berechtigt nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen werde. Insofern bestehe ein prozessuales und materielles Vorrangverhältnis des Rücküberweisungsanspruchs gegen das Geldinstitut gegenüber dem in § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI normierten Erstattungsanspruch gegen die dort genannten Empfänger und Verfügenden. Ein vorrangiger Anspruch der Beklagten gegen die Beigeladene gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI über die von dieser zurücküberwiesenen 326,00 € hinaus bestehe nicht. Denn insoweit könnte sich die Beigeladene wirksam auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen. Den nach Abzug des von der Beigeladenen zurücküberwiesenen Betrages verbleibenden Rückforderungsbetrag in Höhe von 449,60 € könne die Beklagte jedoch nicht von der Klägerin fordern. Insoweit sei diese weder „Empfänger“ noch „Verfügender“ im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI. Denn sie habe aus den nach dem Tod der Versicherten zu Unrecht erbrachten Geldleistungen weder einen entsprechenden Betrag unmittelbar in Empfang genommen, noch sei ein solcher Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ihr Konto weitergeleitet worden. Die Klägerin sei entgegen der Ansicht der Beklagten kein „Verfügender“ im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI. Denn sie habe als Verfügungsberechtigte weder über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen noch zugelassen. Die Klägerin sei nach Auskunft der Beigeladenen zwar verfügungsberechtigt im Hinblick auf die das Konto betreffenden banküblichen Zahlungsgeschäfte gewesen. Allerdings habe sie bereits in dem Verfahren S 1 R 54/14 (Parallelverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland) bestritten, von ihrer Mutter eine Kontovollmacht über die Konten bei der T-Bank und bei der Beigeladenen eingeräumt erhalten zu haben. Eine Klärung im Hinblick auf die Bevollmächtigung habe in dem vorliegenden Verfahren nicht herbeigeführt werden können. Jedenfalls habe die Klägerin bankübliche Zahlungsgeschäfte weder vorgenommen noch zugelassen. Denn die nach dem Tod der Versicherten ausgeführten monatlichen Daueraufträge, welche das Guthaben auf dem Konto der Versicherten gemindert hätten, seien der Klägerin nicht zuzurechnen. Diese seien weder von ihr als mögliche Verfügungsberechtigte eingerichtet worden, denn sie hätten noch von der Versicherten hergerührt, noch habe sie die Ausführung der Daueraufträge dadurch zugelassen, dass sie diese nach dem Tod der Versicherten nicht unterbunden habe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Begriff des Verfügenden im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI (Hinweis auf das Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 105/11 R -, juris, RdNr. 29 f.) habe die Klägerin allein wegen einer Verfügungsberechtigung über das Konto der Versicherten aufgrund der ihr – hier als erteilt unterstellten – Bankvollmacht die erfolgten Zahlungsgeschäfte in Form der Daueraufträge nicht zugelassen. Nach der zitierten Rechtsprechung des BSG mache das Bestehen einer Verfügungsberechtigung als solcher deren Inhaber noch nicht zum Verfügenden. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, welcher neben der Verfügungsberechtigung noch die Verfügung selbst in Form der Vorname oder der Zulassung eines banküblichen Zahlungsgeschäftes verlange. Eine Erstattungspflicht allein kraft Verfügungsberechtigung lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Zwar mache auch das Zulassen eines banküblichen Zahlungsgeschäftes durch einen Dritten den Verfügungsberechtigten zum Verfügenden. Diesem Zulassen müsse jedoch die Qualität eines Duldens oder Unterlassens im Rechtssinne zukommen. Dies setzte zum einen ein Bewusstsein über die eigene Verfügungsberechtigung und über die Verfügungsmöglichkeit des Dritten voraus. Zum anderen erfordere das Zulassen eines banküblichen Zahlungsgeschäfts nach der Rechtsprechung des BSG aber auch ein „pflichtwidriges Unterlassen“ durch „vorwerfbar unterlassene Handlungen“, wie etwa die Kontosperrung oder andere gebotene Handlungen, durch die Verfügungen Dritter über das Konto verhindert werden könnten. Das durch den Dritten vorgenommene Zahlungsgeschäft müsse letztendlich dem Verantwortungsbereich des Verfügungsberechtigten zuzurechnen sein. Diese begrenzende Definition des Zulassens eines Zahlungsgeschäftes rechtfertige sich daraus, dass nach der Rechtsprechung des BSG für Geldleistungsempfänger nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nur dann die „verschärfte bereicherungsrechtliche Haftung“ gelten solle, wenn sie an den Vermögensverschiebungen auf dem Konto des Versicherten zumindest mittelbar beteiligt gewesen seien, wofür beispielsweise eine ererbte Kontoinhaberschaft allein nicht ausreichend sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 10. Juli 2012, a.a.O., RdNr. 28). Hierfür sei aber auch eine vom Kontoinhaber erteilte bloße Kontovollmacht ohne eine darüber hinaus bestehende Verpflichtung des Kontobevollmächtigten zur Sorge um das auf dem Konto befindliche Guthaben des Kontoinhabers nicht ausreichend. Denn mit der Erteilung einer Kontovollmacht als solcher sei nicht auch ohne Weiteres die Verpflichtung für den Bevollmächtigten verbunden, nach dem Ableben des Kontoinhabers alle das Kontoguthaben vermindernden Verfügungen verhindern zu müssen. Aus der allein hierzu bestehenden rechtlichen Möglichkeit folge nicht auch ohne Weiteres die rechtliche Verpflichtung hierzu.
Sofern die Beklagte die Auffassung vertrete, dass aus einer Kontobevollmächtigung generell gewisse Pflichten erwachsen würden, zu denen insbesondere die Pflicht gehöre, dafür Sorge zu tragen, dass Dritte nicht über das Konto verfügten oder Beträge in Empfang nähmen, weil anderenfalls weder die Ausführungen des BSG Sinn ergäben noch ersichtlich sei, welchen Anwendungsbereich der im Gesetz genannte Tatbestand des „Zulassens“ eines Zahlungsgeschäftes haben sollte, wenn nicht für diejenigen Personen, welche die Empfangnahme oder Verfügungen durch Dritte nicht verhindert hätten, obwohl sie eine Berechtigung dafür gehabt hätten, sei dem nicht zu folgen. Denn insofern differenziere das BSG klar zwischen bloßer Kontoverfügungsberechtigung auf der einen und dem für eine Haftung nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI aufgrund Zulassens eines Bankgeschäftes erforderlichen pflichtwidrigen Unterlassen durch vorwerfbar unterlassene Handlungen auf der anderen Seite. Dies bedeute, dass auch eine Verfügungsberechtigung bestehen könne, aus der aber keine Haftung folge, weil das Unterlassen der Verhinderung Verfügungen Dritter durch den Verfügungsberechtigten nicht pflichtwidrig und diesem nicht vorwerfbar gewesen sei. Auch laufe die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in seiner Variante des Zulassens eines Zahlungsgeschäftes nicht vollständig ins Leere, wenn sie nicht für all diejenigen Personen gelte, welche die in Empfangnahme oder Verfügungen durch Dritte nicht verhindert hätten, obwohl sie eine Berechtigung hierzu gehabt hätten. Denn die Vorschrift sei einschränkend nur auf die Fälle anwendbar, in denen die genannten Personen nicht nur eine Berechtigung zur Verhinderung bestimmter Zahlungsgeschäfte gehabt hätten, sondern auch eine Verpflichtung hierzu. Eine solche könne sich aus der Art der erteilten Vollmacht ergeben, aber auch aus den Absprachen mit dem Vollmachtgeber über den Zweck der erteilten Vollmacht oder aus sonstigen Umständen, wie etwa einem bestimmten rechtlichen oder familiären Näheverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer. Damit verbleibe für die Vorschrift ein Anwendungsbereich, auch wenn man sie nicht pauschal – wie die Beklagte es vertrete – für alle Personen gelten lasse, die eine Berechtigung zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte gehabt und diese nicht verhindert hätten. Es sei nicht zu verkennen, dass im vorliegenden Fall ein familiäres Näheverhältnis zwischen der Klägerin und der Versicherten bestanden habe und dass bei Konstellationen eines rechtlichen und/oder familiären Näheverhältnisses des Kontobevollmächtigten zum Rentenberechtigten bestimmte Pflichten anzunehmen sein könnten, welche ein Unterlassen der Verhinderung von Verfügungen Dritter vorwerfbar erscheinen ließen, sodass in diesen Fällen eine Haftung als Verfügender geboten sein könne. Allerdings sei im vorliegenden Fall zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie das Erbe am 9. Oktober 2013 ausgeschlagen habe und sie durch Mitteilung der Ausschlagung gegenüber der Beigeladenen zu erkennen gegeben habe, dass sie keine Verantwortung über die finanziellen Angelegenheiten der Versicherten habe übernehmen wollen. Zudem habe sie bereits in dem Verfahren S 1 R 54/14 vorgetragen, keine Vollmacht über das Konto besessen zu haben, sondern lediglich in Einzelfällen und in Absprache mit der Versicherten Abhebungen mit der EC-Karte zu Lasten des Kontos für die Versicherte vorgenommen zu haben. Anhand dieser Umstände sei keine Verpflichtung der Klägerin anzunehmen, welche auf ein Unterlassen der Verhinderung von Verfügungen Dritter gerichtet gewesen sei.
Gegen das ihr am 26. März 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. April 2018 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Bestehen des Erstattungsanspruchs gegenüber der Klägerin hänge davon ab, ob die Beigeladene sich hinsichtlich dieses Betrages wirksam auf Auszahlung berufen könne. Sie – die Beklagte – gehe davon aus, dass die Beigeladene insoweit zutreffende Angaben gemacht habe. Allerdings habe die Klägerin behauptet, die Beigeladene bereits am 30. September 2013 und damit vor den hier in Rede stehenden Verfügungen vom Tode der Versicherten in Kenntnis gesetzt zu haben. Träfe dies zu, wäre die Beigeladene nach § 118 Abs. 3 SGB VI erstattungspflichtig, da ihr ab Kenntnis vom Tod der „Entreicherungseinwand“ nicht mehr möglich sei. Des Weiteren stütze sie – die Beklagte – sich im vorliegenden Verfahren auf das Bestehen einer Kontobevollmächtigung für die Klägerin und insoweit auf die entsprechende Angabe der Beigeladenen. Diese habe jedoch trotz Anfrage der Beklagten sowie des Sozialgerichts eine Vorlage der Kopie der Kontovollmacht verweigert. Das Sozialgericht habe diesen Punkt zu Unrecht als ungeklärt dahinstehen lassen. Denn von seinem Rechtsstandpunkt aus, wonach es für die Prüfung einer Verpflichtung zum Handeln auch auf den Inhalt der Vollmacht ankomme, hätte das Sozialgericht diesen ermitteln müssen. Der Argumentation des Sozialgerichts, wonach bei bestehender Kontovollmacht die Voraussetzungen des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht erfüllt seien, sei nicht zu folgen. Denn hinsichtlich der ausgeführten Lastschriften und Daueraufträge, die den Auszahlungseinwand der Beigeladenen nach § 118 Abs. 3 SGB VI begründet hätten, liege ein Zulassen banküblicher Geschäfte durch pflichtwidriges Unterlassen vor. Nach den Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 10. Juli 2012 (B 13 R 105/11 R) habe der Kontobevollmächtigte gegebenenfalls die Pflicht, z.B. durch Kontosperrung oder andere gebotene Handlungen, Verfügungen Dritter über das Konto zu verhindern. Diese Pflicht habe die Klägerin verletzt, indem sie die Verfügungen Dritter nicht verhindert habe, obwohl sie dies hätte tun können und müssen. Denn von einem pflichtwidrigen Unterlassen sei jedenfalls dann auszugehen, wenn die Kontobevollmächtigte sich – wie hier – ihrer Verfügungsberechtigung bewusst gewesen sei und sie diese auch regelmäßig genutzt habe. Die Erteilung einer Vollmacht über den Tod hinaus ziele zudem gerade darauf ab, dass der Vollmachtnehmer seine Befugnisse auch nach dem Tod des Kontoinhabers behalten solle. Darüber hinaus würden keine Anforderungen an eine Haftung des Kontoinhabers einer Kontovollmacht gestellt. Ausweislich der Urteilsgründe sei nicht erkennbar, dass, wovon das Sozialgericht aber ausgehe, ein rechtliches und/oder familiäres Näheverhältnis entscheidungserheblich gewesen wäre. Die Klägerin habe ein familiäres Näheverhältnis zu der Versicherten, ihrer Mutter, gehabt. Sie habe für diese nach eigenem Bekunden Barabhebungen vorgenommen und dabei die Konto- bzw. EC-Karte ihrer Mutter benutzt. Die Klägerin habe ebenfalls vorgetragen, das Erbe ausgeschlagen und „seitdem“, also nach Ausschlagung des Erbes bzw. der entsprechenden Mitteilung an die Bank, keinen Zugriff mehr auf das Konto gehabt zu haben. Daraus lasse sich entnehmen, dass die Klägerin zuvor von einer entsprechenden Zugriffsberechtigung ausgegangen sei. Dies entspreche der Darstellung der Beigeladenen, wonach eine Kontovollmacht bestanden habe. Bei diesem Sachverhalt hätte die Klägerin bei der Beigeladenen vorstellig werden müssen, um aus der Rente gespeiste Abbuchungen zu verhindern. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Soweit das Sozialgericht meine, § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei einschränkend nur auf die Fälle anwendbar, in denen die genannten Personen nicht nur eine Berechtigung zur Verhinderung bestimmter Zahlungsgeschäfte gehabt hätten, sondern auch eine Verpflichtung hierzu, die sich aus der Art der erteilten Vollmacht, aber auch aus Absprachen mit dem Vollmachtgeber oder aus sonstigen Umständen ergeben könne, sei aus ihrer – der Beklagten – Sicht Folgendes anzumerken: Gehe man vom Erfordernis eines rechtlichen Näheverhältnisses aus, sei dieses in Fällen einer Kontobevollmächtigung gerade gegeben. Soweit es um das Erfordernis eines familiären Näheverhältnisses gehe, ließen sich weder dem Gesetz noch der bisherigen Rechtsprechung des BSG entsprechende Anhaltspunkte entnehmen. Abgesehen von der fraglichen Bestimmtheit einer solchen zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzung sei im konkreten Fall, wie bereits ausgeführt, ein familiäres Näheverhältnis gegeben. Hinsichtlich etwaiger Absprachen mit dem Vollmachtgeber über den Zweck der erteilten Vollmacht stelle sich die Frage, wie der Rentenversicherungsträger an entsprechende, gesicherte Informationen gelangen solle. Sinn und Zweck des § 118 Abs. 4 SGB VI sei es, dass Geldleistungen, die nach dem Tode des Rentenberechtigten auf dessen Konto überwiesen worden seien, als zu Unrecht erbrachte Leistungen schnell und vollständig zurückerstattet würden, um die Solidargemeinschaft vor finanziellen Verlusten zu bewahren. Dem entspreche es nicht, jede Kontobevollmächtigung dahingehend zu untersuchen, ob sie im „Innenverhältnis“ Beschränkungen unterlegen habe. Dies würde einen hohen verwaltungsmäßigen Aufwand und Interpretationen individueller Absprachen zwischen Rentenempfänger und Bevollmächtigten bedeuten. Insbesondere das Ziel der schnellen Rückerstattung werde nicht erreicht, wenn jede Kontobevollmächtigung einer genauen Untersuchung im Sinne des vom Sozialgericht aufgestellten Maßstabes zu unterziehen wäre. Soweit das Sozialgericht in Bezug auf das familiären Näheverhältnis ausgeführt habe, dass zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sei, dass sie das Erbe ausgeschlagen und dies zu erkennen gegeben habe, sei dem entgegenzuhalten, dass die hier im Raum stehenden Verfügungen im Zeitraum vom 1. bis zum 10. Oktober 2013 ausgeführt worden seien, also vor der Ausschlagung des Erbes.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2018 zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Mit Beschluss vom 31. Mai 2018 hat der Senat die Beiladung bewirkt.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie hat ausgeführt, die Behauptungen der Klägerin, bereits am 30. September 2013 in ihrer Filiale in K. vorgesprochen und dort gegenüber einer Mitarbeiterin, J., das Ableben der Versicherten angezeigt zu haben, und dass J. die Information im Computer festgehalten habe, seien unzutreffend. Richtig sei allein, dass bei ihr – der Beigeladenen – derartige Informationen unverzüglich im Computersystem, dem sogenannten Ereignissystem für Kunden, hinterlegt würden. Dies handhabe auch J. regelmäßig in der beschriebenen Weise. Ein solcher Eintrag im Hinblick auf den Tod der Versicherten finde sich in ihrem System jedoch nicht für den 30. September 2013, sondern erstmals für den 8. Oktober 2013. An diesem Tag habe die Klägerin das Original der Sterbeurkunde für die Versicherte vom 1. Oktober 2013 vorgelegt. Eine Kopie der Urkunde sei sodann mit dem Vermerk „Original hat vorgelegen – 8. Oktober 2013“ zur Akte genommen worden. J. könne sich auch nicht daran erinnern, mit der Klägerin bereits am 30. September 2013 gesprochen zu haben. In diesem Falle hätte sie mit Sicherheit umgehend einen Vermerk im System hinterlegt. Vor diesem Hintergrund stehe fest, dass sie – die Beigeladene – frühestens am 8. Oktober 2013 vom Tod der Versicherten Kenntnis erlangt habe. Ein vorrangiger Erstattungsanspruch der Beklagten ihr gegenüber gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI bestehe wegen des Entreicherungseinwandes des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht. Die Beigeladene hat den Girovertrag vom 23. August 2005 über das verfahrensgegenständliche Privatgirokonto der verstorbenen Versicherten übersandt. Hieraus werde ersichtlich, dass die Klägerin (seinerzeit noch unter ihrem Geburtsnamen) zeichnungsberechtigt gewesen sei. Unter Ziffer 3 sei darüber hinaus die Verfügungsberechtigung der zeichnungsberechtigten Klägerin geregelt, welche im Übrigen nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlösche. Eine vollständige Auflösung des Girokontos durch die Klägerin allein aufgrund der bestehenden Kontovollmacht wäre allerdings nicht möglich gewesen.
Die Klägerin hat mitgeteilt, dass es sich wohl um ihre Unterschrift auf dem Girovertrag vom 23. August 2005 handele. Sie habe sich selbst nicht mehr daran erinnert, eine solche Unterschrift geleistet zu haben. Sie habe auch zu keiner Zeit wissentlich von der Kontovollmacht Gebrauch gemacht, da ihr gar nicht bewusst gewesen sei, dass sie eine solche Kontovollmacht über das Konto der Versicherten, ihrer Mutter, gehabt habe. Daher habe sie – die Klägerin – auch nur in Einzelfällen Geldabhebungen vom Konto der Versicherten getätigt, und zwar immer mit deren Konto- bzw. EC-Karte, die ihr – der Klägerin – jeweils dafür zu diesem Zweck von ihrer Mutter, der Versicherten, übergeben worden sei. Nach Erledigung der von der Versicherten beauftragten Barabhebungen habe sie – die Klägerin – das Geld bei ihrer Mutter abgeliefert und ihr gleichzeitig die EC-Karte wieder zurückgegeben. Sie – die Klägerin – habe auch keinerlei Verfügungen zulasten des Kontos ihrer Mutter, der Versicherten, zugelassen oder selbst vorgenommen. Bei den Verfügungen ab dem 1. Oktober 2013 handele es sich sämtlich um laufende Abbuchungen bzw. Daueraufträge. Sie – die Klägerin – habe diese Abbuchungen bzw. Daueraufträge nicht eingerichtet und habe von diesen Kontobewegungen auch keine Kenntnis gehabt. Sie habe die Daueraufträge daher auch nicht persönlich zugelassen, denn sie habe davon nichts gewusst. Sie habe durch keinerlei eigene Handlungen dazu beigetragen, dass diese Abbuchungen vom Konto der Versicherten nach deren Ableben noch erfolgt seien. Es treffe daher nicht zu, dass sie in Höhe von 453,56 € über das Konto der Versicherten verfügt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beigeladenen vom 7. Februar 2022, Schriftsatz der Klägerin vom 8. Februar 2022, Schriftsatz der Beklagten vom 9. Februar 2022).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der beigezogenen Gerichtsakte des Verfahrens S 1 R 54/14 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau) sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Senat durfte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 SGG).
Das Sozialgericht hat zu Recht unter Heranziehung der zutreffenden Rechtsgrundlage des § 118 SGB VI entschieden, dass die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung einer für die Versicherte über den Sterbemonat hinaus gezahlten Rentenleistung hat. Der Senat verweist zwecks Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Urteil vom 23. Februar 2018 und macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Klägerin hat nicht pflichtwidrig durch vorwerfbar unterlassene Handlungen, wie z.B. eine Kontosperrung oder andere gebotene Handlungen, die Verfügungen Dritter nicht verhindert. Denn sie hätte allein aufgrund der bestehenden Kontovollmacht keine Möglichkeit gehabt, das in Rede stehende Girokonto vollständig aufzulösen. Das hat die Beigeladene bestätigt. Hinzu kommt, dass der Klägerin eine gewisse Handlungsfrist einzuräumen war. Der Todestag, der 27. September 2013, war ein Freitag. Es konnte von ihr nicht verlangt werden, die bis zum 7. Oktober 2013 erfolgten Kontoverfügungen zu verhindern, bei denen es sich sämtlich um von der Versicherten zu deren Lebzeiten veranlasste Daueraufträge zur Begleichung von Forderungen aus bis dahin ungekündigten Schuldverhältnissen handelte. Um die Ausschlagung der Erbschaft kümmerte sich die Klägerin unverzüglich, so dass diese ausweislich der Urkunde des Nachlassgerichts beim Amtsgericht Köthen vom 9. Oktober 2013 zeitnah erfolgte. Insoweit stellt sich die Frage, warum die Beklagte nicht vorrangig versucht hat, die Empfänger der Kontoverfügungen vom 1. bis zum 7. Oktober 2013 in Anspruch zu nehmen, was im vorliegenden Fall naheliegend gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Kosten sind der Beigeladenen, die keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben hat, nicht zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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