Arbeitsrecht

Kostenerstattung nach erfolgreichem Abänderungsantrag iSd § 80 Abs. 7 VwGO

Aktenzeichen  W 2 M 18.30718

Datum:
25.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18687
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 15 Abs. 2 S. 1, § 16 Nr. 5
VwGO § 80 Abs. 7

 

Leitsatz

Die anwaltsgebührenrechtliche Zusammenfassung der Verfahren nach 80 Abs. 5 und 7 VwGO schließt nicht aus, nach einem erfolgreichen Abänderungsantrag iSd § 80 Abs. 7 VwGO die Kostenerstattung vom hier unterlegenen Beteiligten zu verlangen. (Rn. 7 – 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. In Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 3. April 2018 werden die außergerichtlichen Aufwendungen des Antragstellers auf 334,75 EUR festgesetzt.
II. Die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

1. Der Antragsteller begehrt die Festsetzung von außergerichtlichen Aufwendungen auf der Grundlage eines auf seinen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO hin ergangenen gerichtlichen Beschlusses zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine Abschiebungsandrohung.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und drohte seine Abschiebung nach Griechenland an. Dagegen erhob der Antragsteller am 7. Februar 2017 Klage im Verfahren W 2 K 17.31031 und beantragte zugleich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung, was mit Beschluss vom 8. März 2017 im Verfahren W 2 S 17.31032 abgelehnt wurde.
Auf seinen Antrag vom 1. März 2018 auf Abänderung des Beschlusses vom 8. März 2017 änderte das Gericht mit Beschluss vom 12. März 2018 im Verfahren W 2 S 18.30408 den Beschluss vom 8. März 2017 dahin gehend ab, dass es die aufschiebende Wirkung der Klage vom 7. Februar 2017 gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 30. Januar 2017 nunmehr anordnete.
Auf den im Verfahren W 2 S 18.30408 gestellten Kostenfestsetzungsantrag des Antragsteller vom 16. März 2018 lehnte die Urkundsbeamtin des Gerichts mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. April 2018 die Festsetzung der außergerichtlichen Aufwendungen der Antragsteller zu Lasten der Antragsgegnerin ab. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 3. April 2018 verwiesen.
Dagegen beantragte der Antragsteller am 12. April 2018 eine Entscheidung des Gerichts. Den Antrag legte die Urkundsbeamtin des Gerichts dem Gericht mit Nichtabhilfeentscheidung vom 13. April 2018 zur Entscheidung vor.
2. Die zulässige Erinnerung ist auch begründet.
Die geltend gemachten Gebühren und Auslagen des für den Antragsteller im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO tätig gewordenen Prozessbevollmächtigten sind erstattungsfähig.
Dem Erstattungsanspruch des Antragstellers steht nicht entgegen, dass sein Prozessbevollmächtigter gem. § 15 Abs. 2 RVG Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal einfordern darf (so auch OVG Münster, B.v. 13.2.2017 – 11 B 769/15.A – juris; VG Bremen, B.v. 8.3.2018 – 6 E 2954/17; VG Magdeburg, B.v. 14.8.2017 – 3 E 187/17 – juris; VG München, B.v. 11.9.2015 – M 17 15.50729 – juris; VG Stuttgart, B.v. 29.4.2014 – A 7 K 226/14 – juris; VG Halle, B.v. 11.1.2011 – 3 B 128/10 – juris).
Nach § 16 Nr. 5 RVG sind das Verfahren über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung „dieselbe Angelegenheit“. Daraus folgt, dass ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und anschließend im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO von seinem Mandanten nur einmal eine Verfahrensgebühr nebst Auslagen verlangen darf.
Hintergrund der Regelung des § 16 Nr. 5 RVG ist, dass ein Rechtsanwalt, der bereits in einem Verfahren über einen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung tätig war, in einem Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit benötigt, sondern vielmehr ohne Weiteres auf seine frühere Arbeit zurückgreifen kann (BayVGH, B.v. 24.4.2007 – 22 M 07.4006 – juris).
Der Umstand, dass daher ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nur einmal eine Vergütung verlangen kann, besagt jedoch nichts darüber, wer diese Gebühren zu erstatten hat. Es ist nicht ersichtlich, dass Zweck des § 16 Nr. 5 RVG auch die Freistellung des in einem der beiden Verfahren unterlegenen anderen Beteiligten entgegen der dort gerichtlich getroffenen Kostengrundentscheidung ist (OVG Münster, B.v. 13.2.2017 – 11 B 769/15.A – juris).
Die Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 80 Abs. 7 VwGO sind prozessual selbstständig und weisen unterschiedliche Verfahrensgegenstände auf. Gegenstand des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO ist eine Neuregelung der Vollziehung für die Zukunft, nicht aber die Überprüfung der auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 VwGO getroffenen Entscheidung. Deshalb bleibt die Kostengrundentscheidung des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO bestehen. In beiden Verfahren können jedoch – wie hier – entgegengesetzte Entscheidungen ergehen. Das kann dazu führen, dass in derselben Angelegenheit ein Beteiligter aufgrund der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO und der andere Beteiligte aufgrund der entgegengesetzten Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO einen Kostenerstattungsanspruch hat. In einem solchen Fall kann jeder Beteiligte aus der für ihn günstigen Entscheidung vom Gegner Kostenerstattung bis zur Höhe der ihm insgesamt – einmalig – in beiden Verfahren erwachsenen Kosten verlangen (OVG Münster, B.v. 13.2.2017 – 11 B 769/15.A – juris).
Dass ein Rechtsanwalt die Gebühren wegen der gebührenrechtlichen Zusammenfassung beider Verfahren in § 16 Nr. 5 RVG als eine Angelegenheit gegenüber seinem Mandanten nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG nur einmal geltend machen kann, steht dem nicht entgegen. Die Rechtsanwaltsgebühren fallen mit jeder Tätigkeit, die Voraussetzung für ihr Entstehen ist, erneut an. Ob sie tatsächlich auch gegenüber dem Mandanten geltend gemacht werden können oder ob dem etwa der Grundsatz der Einmalvergütung des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG entgegensteht, ist eine hiervon zu trennende Frage und für die Kostenerstattung im Verhältnis der Beteiligten untereinander ohne Belang (VG Magdeburg, B.v. 14.8.2017 – 3 E 187/17 – juris).
Der Erinnerung war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO stattzugeben.


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