Arbeitsrecht

Lehrkraft an einer Grundschule (A 12)

Aktenzeichen  M 5 K 18.4519

Datum:
5.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20246
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280 Abs. 1
VwGO § 92 Abs. 3 S. 2,§ 161 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 2
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit die Hauptsache für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, also hinsichtlich des Beförderungsbegehrens in ein funktionsloses Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A12+AZ, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Zwar sieht das Gesetz insoweit eine Einstellung durch Beschluss vor. Bei einer nur teilweisen Erledigung der Hauptsache kann diese Entscheidung aber auch im Urteil getroffen werden (BVerwG, U.v. 6.2.1963 – V C 24/61 – NJW 1963, 923, juris).
2. Im Übrigen, also hinsichtlich des noch streitigen Teils betreffend das Schadensersatzbegehren, ist die Klage zum Teil unzulässig und ansonsten unbegründet und daher insgesamt ohne Erfolg.
a) Hinsichtlich des Schreibens vom … Januar 2018, dessen Aufhebung bis zuletzt unverändert beantragt wurde, ist die Klage unzulässig geworden, weil das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist. Denn dieses Schreiben hat sich mit der Beförderung der Klägerin zum … November 2018 erledigt. Zum Schadensersatzbegehren verhält sich das Schreiben nicht, weil ein solches erstmals mit dem Widerspruch des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin vom … Juni 2018 gegen das Schreiben vom … Januar 2018 geltend gemacht wurde.
b) Im damit noch verbliebenen streitigen Teil, also hinsichtlich des Begehrens, den Widerspruchsbescheid vom … Juli 2018 – der das Schadensersatzbegehren konkludent mit ablehnte – aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum *. August 2017 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 mit Amtszulage befördert worden, ist die Klage unbegründet, weil die Klägerin hierauf keinen Anspruch hat. Es liegt keine Pflichtverletzung durch den Beklagten als Dienstherrn der Klägerin darin, diese zum … August 2017 nicht von Amts wegen zu befördern, weil sie bereits keinen Anspruch auf eine solche Beförderung hatte.
(1) Das Rechtsinstitut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 24.8.1961 – 2 C 165.59 – BVerwGE 13, 17; U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – BVerwGE 151, 333 Rn. 9; U.v. 20.10.2016 – 2 C 30.15 – NVwZ-RR 2017, 736). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern „quasi-vertragliches“ Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung im Arbeitsrecht BVerfG, B.v. 13.1.2010 – 2 BvR 811/09 – BayVBl 2010, 303 Rn. 9; zum Ganzen: BVerwG, U.v. 15.6.2018 – 2 C 19/17 – BVerwGE 162, 253-266, Rn. 9). Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden, insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 51.86 – BVerwGE 80, 123; U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – BVerwGE 151, 333 Rn. 10). Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr durch die Nichtbeförderung seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten schuldhaft verletzt hat.
(2) Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung. Für die Besetzung von Beförderungsämtern ist das in Art. 33 Abs. 2 GG verbindlich und vorbehaltlos normierte Leistungsprinzip maßgeblich. Der Dienstherr ist bei der Anwendung des ihm im Rahmen des Leistungsgrundsatzes eingeräumten Beurteilungsspielraums allerdings verpflichtet, neben dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung einer Beförderungsstelle auch dem Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Aufstieg Rechnung zu tragen. Ein Beamter kann daher beanspruchen, dass über seine Bewerbung ohne Rechtsfehler vorrangig aufgrund leistungsbezogener Kriterien entschieden und von praktizierten, das Ermessen bindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird (BayVGH, B.v. 29.4.2015 – 3 ZB 12.1801 – juris Rn. 6). Ein Anspruch auf Beförderung kann in dem eng begrenzten Ausnahmefall bestehen, dass eine freie und besetzbare Beförderungsstelle vorhanden ist, die der Dienstherr im Zeitpunkt der Entscheidung über den Beförderungsantrag tatsächlich besetzen will und bei der er seine Beurteilungsermächtigung sowie sein Ermessen dahin ausgeübt hat, dass er jenen Beamten für den am besten Geeigneten hält (vgl. BVerwG, U.v. 24.1.1985 – 2 C 39.82; B. v. 15.7.1994 – 2 B 134.93 – jeweils juris).
(3) Es ist vom weiten Beförderungsermessen des Dienstherrn gedeckt, im Falle von regelmäßigen oder jedenfalls wiederkehrenden gleichzeitigen Beförderungen einer großen Anzahl von Beamten in – wie hier – funktionslose Beförderungsämter zu einheitlichen Terminen, quasi Sammelbeförderungen, im Vorfeld die Kriterien festzulegen, die Voraussetzung für eine solche Beförderung sein sollen. Gerade bei großen Personalkörpern sind solche Sammelbeförderungen erst dann verwaltungstechnisch überhaupt handhabbar.
Für die Beförderungen in ein funktionsloses Beförderungsamt A 12 + AZ zum … August 2017 hat das Staatsministerium die Kriterien in Anlage 3 zum KMS vom … Juni 2017 nach Maßgabe der zu diesem Zeitpunkt im Haushalt verfügbaren Beförderungsstellen allgemein festgelegt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass es dabei als quasi letztes Hilfskriterium auf ein Gesamtprädikat von mindestens „UB“ in der Beurteilung 2010 abgestellt hat.
Die Klägerin konnte demnach zum … August 2017 nicht befördert werden, weil bei ihr die Voraussetzungen für eine Beförderung nach A12 + AZ objektiv nicht erfüllt waren. Bei ihr lag – aus welchen Gründen auch immer – eine Beurteilung 2010 nicht vor. Die Klägerin damals nicht zu befördern war also rechtmäßig.
(4) Die Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs, wie insbesondere die rechtzeitige Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz im Vorfeld der Beförderungskampagne zum … August 2017, kann daher unterbleiben.
c) Von der Frage eines Anspruchs auf Beförderung zu trennen und hier weder streitgegenständlich noch entscheidungserheblich ist die Frage, ob die Klägerin in der Zeit zwischen ihrer Beurteilung 2006 (eigentlich 2007, da über den Beurteilungszeitraum vom …8.2006 bis …7.2007 – Schuljahr 2006/2007) und der Beurteilung 2014 (Beurteilungszeitraum vom …1.2011 bis …12.2014) hätte – u.U. nachgeholt – beurteilt werden müssen. Das gilt etwa im Rahmen der Anlassbeurteilung 2009 über den Beurteilungszeitraum … Januar 2007 bis … März 2009, innerhalb dessen sie sich vom … Januar 2007 bis inklusive 2. Dezember 2008 im Schuldienst befand – ab dem … August 2008 allerdings im Mutterschutz. Entsprechendes gilt für den Beurteilungszeitraum der dienstlichen Beurteilung 2009/2010 vom … April 2009 bis … Dezember 2010, in dem sie sich nur in der Zeit vom … September 2010 bis … Dezember 2010 im Schuldienst befand – ab dem … Oktober 2010 jedoch wiederum im Mutterschutz. Fraglich ist auch, ob für sie etwa im Hinblick auf die Beförderungsentscheidungen zum *. August 2017 mangels Beurteilung 2010 eine fiktive Laufbahnnachzeichnung nach dem zum … August 2015 in Kraft getretenen Art. 17a Abs. 1 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) hätte erstellt werden sollen oder sogar müssen.
Solches zu klären wäre Gegenstand eines jeweils eigenständigen Rechtsmittelverfahrens gewesen, welches die Klägerin bis heute nicht angestrengt hat. Die Klägerin hat sich stattdessen auf die Position zurückgezogen, dass für die fehlenden Beurteilung 2010 die Beurteilung 2006 als Surrogat hätte herangezogen werden müssen.
Mittlerweile stünde insofern wohl auch die Frage der Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der Verwirkung – spiegelbildlich zur Verwirkung des Rechts einer Klage gegen eine erteilte Beurteilung (BayVGH, B.v. 12.5.2020 – 3 ZB 19.1003 – juris; vorgehend: VG München, U.v. 3.4.2019 – M 5 K 18.2628 – nicht veröffentlicht) – im Raume, wenn sich die Relevanz der Beurteilung 2010 für die Klägerin nicht bereits erledigt hätte.
3. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten insoweit der Klägerin aufzuerlegen, weil diese mit ihrem Beförderungsbegehren mangels Anspruchs auf Beförderung zum *. August 2017 unterlegen wäre (s.o.). Auch im Übrigen hat die Klägerin als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Soweit das Verfahren aufgrund übereinstimmender Erklärungen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, einzustellen war, ist das Urteil unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog; Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 92 Rn. 25; Schübel-Pfister in: Eyermann, a.a.O., § 161 Rn. 14).
Im Übrigen ergeht folgende


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