Bankrecht

Ausnahmsweise fehlende Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses

Aktenzeichen  101 AR 64/21

Datum:
24.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16838
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 269, § 270
ZPO § 29 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Kfz-Leasingverträge mit Kilometer-Abrechnung sind unbeschadet des Umstands, dass sie seit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie in nationales Recht nicht mehr dem Schutz des Verbraucherkreditrechts unterstehen, typischerweise Verträge über Finanzdienstleistungen im Sinne des Kreditwesengesetzes mit der Folge, dass für eine zivilrechtliche Streitigkeit über Ansprüche aus einem solchen Vertragsverhältnis eine gesetzliche Spezialzuständigkeit gemäß § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG sowie eine originäre Kammerzuständigkeit gemäß § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO gegeben sind. (Rn. 28)
2. Ein einheitlicher Erfüllungsort für die wechselseitigen Ansprüche aus einem (vermeintlichen) Rückgewährschuldverhältnis nach Widerruf eines solchen Kfz-Leasingvertrags besteht nicht. (Rn. 60)
3. Die mit der Klageerhebung wirksam getroffene Wahl eines für einen prozessualen Anspruch zuständigen Gerichts kann auch dann binden, wenn bei diesem Gericht für die übrigen, im Wege der Klagehäufung geltend gemachten prozessualen Ansprüche keine örtliche Zuständigkeit gegeben ist, so dass in der Folge nur eine Teilverweisung des Rechtsstreits nach Trennung, nicht aber eine Gesamtverweisung in Betracht kommt. (Rn. 68 – 70)

Verfahrensgang

085 O 2249/20 2021-03-02 LGAUGSBURG LG Augsburg

Tenor

1. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 2. März 2021 ist nicht bindend.
2. Die Sache wird an das Landgericht Augsburg zur weiteren Behandlung des Rechtsstreits zurückgegeben.

Gründe

I.
Der in Augsburg wohnhafte Kläger schloss als Verbraucher mit der Beklagten durch Vermittlung eines Autohauses mit Zweigniederlassung in G. am 5. Juli 2017 einen Leasingvertrag über einen Vorführwagen des Modells Audi A3 Limousine sport 2.0 TDI S tronic. Der Vertrag sah 36 monatliche Leasingraten von 517,15 € brutto und eine jährliche Fahrleistung von 15.000 km vor. Mehr- bzw. Minderkilometer sollten unter Berücksichtigung der vereinbarten Toleranz vergütet werden. Weder eine Erwerbsverpflichtung des Leasingnehmers noch eine Befugnis des Leasinggebers, den Erwerb zu verlangen, noch eine Einstandspflicht für einen bestimmten Wert des Leasingfahrzeugs bei Ablauf der Vertragslaufzeit waren vereinbart.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 24. Januar 2018 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Leasingvertrags gerichteten Willenserklärung unter Hinweis auf eine vermeintlich nicht ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerrufsrecht. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 erhob er beim Landgericht Augsburg Klage mit den Anträgen,
1.festzustellen, dass die Klagepartei infolge ihrer Widerrufserklärung vom 24. Januar 2018 keine Leistungen aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Leasingvertrag (Vertragsnummer …) schulde,
2.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs … seit dem 7. Februar 2018 in Verzug befinde,
3.die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 18.100,25 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs … nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren zu bezahlen.
Am 15. Juli 2020, mithin nach Ablauf der regulären Vertragslaufzeit, gab er das Fahrzeug über das besagte Autohaus in G. zurück. Mit dem Klageantrag zu Ziffer 3) verlangt er nunmehr gemäß Klageänderung vom 19. Februar 2021,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 18.617,40 € zu bezahlen.
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründete der Kläger in der Klageschrift mit § 29 Abs. 1 ZPO. Bei einer negativen Feststellungsklage sei maßgeblich, an welchem Gerichtsort die vom Kläger negierte Leistungspflicht einzuklagen wäre, wo also der Erfüllungsort für die im Streit stehende Verpflichtung anzusiedeln sei. Zur Bestimmung des Leistungsorts sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf §§ 269, 270 BGB abzustellen. Danach habe die Leistung grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz habe. Dies gelte auch für Geldschulden. Auch wenn Leistungshandlung und -erfolg dabei häufig auseinanderfielen, ändere dies nichts daran, dass Leistungsort der Wohnort des Schuldners bleibe.
Die im Landgerichtsbezirk Braunschweig ansässige Beklagte rügte mit der Klageerwiderung das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg. Der Erfüllungsort für den gemäß Klageantrag zu 3) gegen sie gerichteten Anspruch auf Rückzahlung der Leasingraten liege nach materiellem Recht an ihrem Sitz. Aber auch für die negative Feststellungsklage bestehe kein besonderer Gerichtsstand beim angerufenen Gericht. Die sogenannte „Spiegelbildformel“ sei nicht anzuwenden; im Verhältnis zum Leistungsantrag gewähre der Feststellungsantrag keinen Mehrwert, weshalb es auch für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nicht maßgeblich auf das Feststellungsbegehren ankommen könne. Dieser Antrag sei ohnehin lediglich als Zwischenfeststellungsklage zum Leistungsbegehren einzustufen. Das angerufene Gericht sei daher für eine Entscheidung über den Klageantrag zu 1) – wie auch über diejenigen zu 2) und 3) – entgegen der Meinung des Klägers nicht unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsorts zuständig.
Der hierzu angehörte Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 19. Februar 2021 die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Braunschweig.
Mit dem Rechtsstreit war beim Landgericht Augsburg eine allgemeine Zivilkammer befasst, nachdem die für Bank- und Finanzgeschäfte i. S. d. § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG eingerichtete Spezialkammer (11. Zivilkammer), für die das Verfahren zunächst eingetragen worden war, ihre Zuständigkeit verneint und die Sache zur Neueintragung in den Turnus zurückgegeben hatte mit der Begründung, dass es sich beim Kilometerleasing nicht um eine Finanzierungshilfe i. S. d. § 506 BGB und daher nicht um einen Vertrag gemäß § 1 Abs. 1a Ziff. 10 KWG handele.
Mit Beschluss vom 2. März 2021 hat sich das Landgericht Augsburg durch die Einzelrichterin der allgemeinen (achten) Zivilkammer für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Braunschweig verwiesen. Die Begründung beschränkt sich auf die Aussage, das angegangene Gericht sei örtlich unzuständig; der Gerichtsstand gemäß § 29 ZPO bestehe nicht, da die Pflicht aus dem behaupteten Rückgewährschuldverhältnis am Sitz der Beklagten zu erfüllen sei.
Das Landgericht Braunschweig hat sich mit Beschluss vom 30. März 2021 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt. Zugleich hat es die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt. Es hat die Auffassung vertreten, bei dem Landgericht Augsburg sei der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts eröffnet. Für den Klageantrag zu 1) ergebe sich dies bereits daraus, dass der streitige Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Leasingraten am Wohnsitz des Klägers zu erfüllen sei. Es komme daher nicht auf die Frage an, ob für eine negative Feststellungsklage gemäß dem sogenannten „Spiegelbildprinzip“ jedes Gericht zuständig sei, bei dem eine Leistungsklage umgekehrten Rubrums erhoben werden könnte. Für die Rückabwicklung der beiderseitigen Ansprüche nach Widerruf eines Kilometerleasingvertrags und somit für die Ansprüche gemäß Ziffern 2) und 3) der Klageanträge – ein Widerrufsrecht unterstellt – sei wegen der besonderen Ortsbezogenheit der Leistungen ein gemeinsamer Erfüllungsort am Wohnsitz des Leasingnehmers eröffnet. Die vertragsgemäße Beendigung des Leasingvertrags nach Klageerhebung und die darauf beruhende Klageerweiterung im Antrag zu 3) habe keinen Einfluss auf die örtliche Zuständigkeit. Eine Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig sei auch nicht durch die Verweisung begründet worden. Der Verweisungsbeschluss binde nicht, weil er nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen sei. Der Kilometerleasingvertrag sei als Finanzierungsleasing einzuordnen. Gegenständlich sei mithin eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften nach § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO, § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG, für die mangels Übertragung auf den Einzelrichter die Kammer zuständig sei.
Die Parteien haben im Bestimmungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Kläger hat die bereits im Hauptsacheverfahren gemachten Ausführungen zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei negativer Feststellungsklage wiederholt. Ergänzend hat er sich darauf berufen, die wegen der zwischenzeitlichen Beendigung des Vertrags vorgenommene Neufassung des Klageantrags zu 3) habe keine Auswirkung auf die örtliche Zuständigkeit, da eine Klageerweiterung den Streitgegenstand unberührt lasse. Die Beklagte hat ebenfalls auf ihre Ausführungen im Hauptsacheverfahren Bezug genommen und ergänzend geltend gemacht, dass der Wohnsitz des Leasingnehmers nicht der gemeinsame Erfüllungsort für die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen aus einem Kilometerleasingvertrag sei. Allerdings sei der durch die unzuständige Einzelrichterin ergangene Verweisungsbeschluss nicht als willkürlich zu werten, wenngleich die zuständige Spezialkammer des Landgerichts Augsburg in einem Parallelverfahren ihre Auffassung mittlerweile revidiert habe und die eigene Zuständigkeit für Streitigkeiten über Kfz-Leasingverträge mit Kilometerabrechnung bejahe.
II.
Auf die zulässige Vorlage des Landgerichts Braunschweig ist auszusprechen, dass der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 2. März 2021 keine Bindungswirkung entfaltet. Die Sache ist an das Landgericht Augsburg zurückzugeben, das zur weiteren Behandlung der Streitsache berufen, hierdurch allerdings nicht an einer Teilverweisung nach Trennung gehindert ist, falls die Beklagte sich nicht rügelos einlässt (§ 39 ZPO) und der Kläger einen entsprechenden Antrag stellt.
1. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Verfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO liegen vor.
a) Das Landgericht Augsburg hat sich nach Rechtshängigkeit der Streitsache durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 2. März 2021 für unzuständig erklärt, das Landgericht Braunschweig durch seinen Beschluss vom 30. März 2021. Beide Beschlüsse sind den Parteien bekanntgegeben worden. Eine solche Zuständigkeitsleugnung genügt den Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2017, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 12 m. w. N.; Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 34 f. m. w. N.).
Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht Braunschweig die Parteien vor seiner Entscheidung nicht angehört und dadurch deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, denn es hat seine Entscheidung den Parteien zumindest nachträglich bekannt gemacht, so dass diese nicht mehr als gerichtsinterner Vorgang angesehen werden kann, der die Anforderungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht erfüllte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 15. September 2020, 1 AR 88/20, juris Rn. 11 m. w. N.).
b) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung im Zuständigkeitsstreit berufen, weil die Bezirke der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte zu den Zuständigkeitsbereichen unterschiedlicher Oberlandesgerichte (München und Braunschweig) gehören, so dass das gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist. An dessen Stelle befindet gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht über die Vorlage, weil das mit der Rechtssache zuerst befasste Gericht in Bayern liegt.
2. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Augsburg entfaltet ausnahmsweise keine Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.
a) Der Gesetzgeber hat in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Dies hat der Senat im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung.
Die Bindungswirkung entfällt allerdings dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss (st. Rspr.; vgl. BGH NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15; Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 281 Rn. 17; Bacher in BeckOK ZPO, 40. Ed. 1. März 2021, § 281 Rn. 32.4; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16 f.).
b) Bei Anlegung dieses Maßstabs entfaltet der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Augsburg keine Bindungswirkung. Das Gericht war bei Erlass des Verweisungsbeschlusses nicht vorschriftsmäßig besetzt, weil eine Einzelrichterin ohne Übertragung anstelle des nach dem Gesetz zuständigen Kollegiums entschieden hat (dazu unter aa]); ob deshalb der Verweisungsbeschluss nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; dazu unter bb]), wie das Landgericht Braunschweig meint, kann im Ergebnis dahinstehen. Der Verweisungsbeschluss ist jedenfalls deshalb als objektiv willkürlich zu werten, weil er die eigene Zuständigkeit für abtrennbare Prozessgegenstände vollständig ignoriert und sich inhaltlich lediglich mit der eigenen Unzuständigkeit für den Klageantrag zu 3) befasst.
aa) Das Gericht war bei Erlass des Verweisungsbeschlusses nicht vorschriftsmäßig besetzt. Der Rechtsstreit, der Ansprüche aus einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung zum Gegenstand hat, betrifft eine Streitigkeit aus einem Bankoder Finanzgeschäft i. S. v. § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG und § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Dies hat zur Folge, dass für die Streitsache die gesetzliche Sonderzuständigkeit einer Spezialkammer begründet ist und es sich um eine originäre Kammersache handelt. Da keine Übertragung auf den Einzelrichter gemäß § 348a Abs. 1 ZPO erfolgt war, war der Spruchkörper bei Erlass des Verweisungsbeschlusses falsch besetzt (vgl. auch Krüger in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 547 Rn. 8).
(1) Bei der in § 72a Abs. 1 GVG getroffenen Regelung hat sich der Gesetzgeber an den in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO genannten Sachgebieten und deren Begriffsverständnis orientiert (vgl. BT-Drs. 18/11437, S. 45). Von den in § 72a Abs. 1 Nr. 1 GVG korrespondierend mit § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO genannten Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften werden nach den Gesetzgebungsmaterialien Streitigkeiten umfasst, an denen eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut beteiligt ist, sofern Ansprüche aus den in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG (Bankgeschäfte) und § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG (Finanzdienstleistungen) genannten Geschäften betroffen sind (vgl. Feldmann in BeckOK GVG, 11. Ed. 15. Mai 2021, § 72a Rn. 13; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 72a Rn. 5; BT-Drs. 18/11437, S. 45).
Ob daneben auch Streitigkeiten über Ansprüche aus den in § 1 Abs. 3 KWG aufgezählten Geschäften in die gesetzliche Sonderzuständigkeit fallen können (zum Meinungsstreit: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20. Juni 2018, 11 SV 25/18, NJW-RR 2018, 1274 Rn. 18), bedarf im Streitfall keiner Erörterung.
Gleichfalls ohne Bedeutung ist in diesem Kontext der Meinungsstreit darüber, ob das in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG ausdrücklich zu den Finanzdienstleistungen gezählte Finanzierungsleasing nach materiellem Recht zugleich als Finanzdienstleistung gemäß der unionsrechtlich geprägten Legaldefinition in § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB (vgl. Art. 2 Buchst. b der RL 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher sowie Art. 2 Nr. 12 der RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher) aufzufassen ist, so dass bei einem Abschluss außerhalb von Geschäftsräumen oder als Fernabsatzgeschäft die Informationspflichten gemäß § 312g Abs. 1, § 312d Abs. 2 BGB zu erfüllen wären (so: OLG München, Urt. v. 18. Juni 2020, 32 U 7119, NJW-RR 2020, 1248 Rn. 63 bis 66; ablehnend: Graf von Westphalen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 7. Aufl. 2015, M – Verbraucherleasing Rn. 509 bis 512; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355 [364 ff.]).
(2) Die hier von der Streitigkeit betroffenen Ansprüche der Beklagten auf Zahlung der Leasingraten sowie des Klägers auf Rückgewähr der bereits entrichteten Raten beruhen auf einem – aus Sicht der Klage in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelten – Finanzierungsleasingvertrag, den die Beklagte als Leasinggeberin im Rahmen ihres Gewerbebetriebs abgeschlossen hat, so dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a Satz 1 und Satz 2 Nr. 10 KWG erfüllt sind. Denn der Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung ist als Finanzierungsleasing anzusehen.
Als Finanzierungsleasing werden diejenigen Leasingverträge angesehen, bei denen der Leasingnehmer dem Leasinggeber Amortisation des vom Leasinggeber für die Gebrauchsverschaffung eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns schuldet; der Annahme eines Finanzierungsleasingvertrags steht es nicht entgegen, wenn das Amortisationsziel durch die laufenden Zahlungen des Leasingnehmers und durch die Verwertung der zurückgegebenen Leasingsache erreicht wird, selbst wenn das Verwertungsrisiko durch den Leasinggeber zu tragen ist (vgl. BGH, Urt. v. 11. März 1998, VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637 [juris Rn. 31] – unter Verweis auf ältere Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes; Urt. v. 24. April 1996, VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033 [juris Rn. 14]; Weidenkaff in Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, vor § 535 Rn. 39; Graf von Westphalen in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, Leasing Rn. 17; Stoffels in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Updatestand: 16. April 2021, LEASING Rn. 12, 93; Graf von Westphalen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, A – Rechtliche Qualifizierung von Leasingverträgen Rn. 3, 22).
Demgegenüber zählen zum Operating-Leasing, das in erster Linie der Absatzförderung von Investitionsgütern dient, diejenigen Verträge, bei denen der Leasinggeber die Amortisation seines Anschaffungsaufwands nicht bereits durch einmaliges, sondern erst durch mehrfaches Überlassen des Leasinggegenstands an verschiedene Leasingnehmer erstrebt (vgl. BGH NJW 1998, 1637 [juris Rn. 29]; Weidenkaff in Palandt, BGB, vor § 535 Rn. 40; Graf von Westphalen in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, Leasing Rn. 15; Stoffels in Staudinger, BGB, LEASING Rn. 16; Graf von Westphalen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, A – Rechtliche Qualifizierung von Leasingverträgen Rn. 86).
Diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für das Vertragsrecht entwickelten Kriterien sind auch im Rahmen des § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG relevant (vgl. BT-Drs. 16/11108 S. 54 f.; zur aufsichtsrechtlichen Sicht auch: BaFin-Merkblatt Finanzierungsleasing vom 19. Januar 2009; kritisch: Lüdicke, DStR 2009, 709 [714]), in dessen Anwendungsbereich nur die Finanzierungsleasinggeschäfte fallen (vgl. Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, KWG mit ZAG, 4. Aufl. 2021, KWG § 1 Rn. 146 f., 149; Martinek/Omlor in Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 101 Rn. 33a; Mühl, WM 2011, 871).
Kfz-Leasingverträge mit Kilometerabrechnung zählen zu den Finanzierungsleasinggeschäften, weil auch diese Vertragsvariante, die bei planmäßigem Verlauf zur Vollamortisation des vom Leasinggeber eingesetzten Kapitals zuzüglich des kalkulierten Gewinns führt, durch ihre leasingtypische Finanzierungs- und Amortisationsfunktion gekennzeichnet ist, wenngleich der Leasingnehmer nicht in jeder Hinsicht für die Vollamortisation einzustehen hat (vgl. BGH, Urt. v. 24. April 2013, VIII ZR 336/12, NJW 2013, 2421 Rn. 16 f. m. w. N.; Stoffels in Staudinger, BGB, LEASING Rn. 35 ff.; Graf von Westphalen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, O – Pkw-Leasing Rn. 22 bis 26; auch BaFinMerkblatt Finanzierungsleasing vom 19. Januar 2009 unter II.; ablehnend: Herresthal, ZVertrR 2020, 355 ff.).
(3) Ob ein solcher Finanzierungsleasingvertrag weiterhin den Schutz des Verbraucherkreditrechts genießt, ist für die Einordnung als Finanzierungsleasing (i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG) hingegen nicht maßgeblich.
Im Streitfall erfüllt der im Juli 2017 geschlossene Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung nicht die Voraussetzungen, die nach § 506 Abs. 2 BGB (in der seit 11. Juni 2010 unveränderten Fassung) an eine entgeltliche Finanzierungshilfe bei Nutzungsverträgen zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 2021, VIII ZR 36/20, juris Rn. 24 ff., Rn. 57). Vielmehr ist der Vertrag unter dem Aspekt des kreditrechtlichen Verbraucherschutzes als bloße entgeltliche Gebrauchsüberlassung zu werten (BGH a. a. O. Rn. 47).
Unabhängig von dieser verbraucherkreditrechtlichen Einordnung ist der Abschluss von Finanzierungsleasingverträgen allerdings in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG als Finanzdienstleistung definiert. Diese aufsichtsrechtliche Bestimmung umfasst – wie dargestellt – auch Kilometerleasingverträge. Die Änderung des verbraucherkreditrechtlichen Schutzniveaus, die mit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Kreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates, ABL EU L 133 S. 66) in das nationale Recht durch den deutschen Gesetzgeber verbunden ist (dazu ausführlich BGH a. a. O. Rn. 22 ff.), bewirkt keinen Bedeutungswandel hinsichtlich des Begriffs der Finanzierungsleasingverträge in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG.
Zwar wurden zur Rechtslage vor der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie auch typische Kilometerleasingverträge von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Finanzierungsleasingverträge im Sinne des Verbraucherkreditrechts, § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 1 Abs. 2 VerbrKrG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung bzw. § 499 Abs. 2, § 500 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung, angesehen (vgl. BGH NJW 1998, 1637 [juris Rn. 31]; NJW 1996, 2033 [juris Rn. 14 bis 16]). Dass der Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie den zuvor noch in § 499 Abs. 2 sowie § 500 BGB, jeweils in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung, verwendeten Begriff der „Finanzierungsleasingverträge“ in diesem Zusammenhang aufgegeben und stattdessen in Übereinstimmung mit der Verbraucherkreditrichtlinie eine neue Nomenklatur geschaffen hat (vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 2021, VIII ZR 36/20, juris Rn. 46), ist Ausdruck und Folge dessen, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht vollumfänglich bei dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Finanzierungsleasingverträgen erreichten Schutzniveau des Verbrauchers bleiben sollte (vgl. BGH a. a. O. Rn. 57).
An der Einordnung auch der Kilometerleasingverträge unter den (von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten) Begriff des Finanzierungsleasing, wie er § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG zugrunde liegt, ändert dies nichts. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Verbraucherschutz bei Leasingverträgen unabhängig hiervon ausgestaltet (vgl. BGH a. a. O. Rn. 59).
(4) Die gesetzlich begründete Spezialzuständigkeit für Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften führt gemäß § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO weiter dazu, dass die in § 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Regelzuständigkeit des Einzelrichters (originärer Einzelrichter) nicht gegeben ist. Stattdessen hat grundsätzlich und jedenfalls bis zu einer Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 348a Abs. 1 ZPO) die Kammer in voller Besetzung mit drei Berufsrichtern zu entscheiden (vgl. Feldmann in BeckOK GVG, § 72a Rn. 5).
bb) Nicht jede fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen bewirkt eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG). Eine Entziehung des gesetzlichen Richters durch die Rechtsprechung liegt aber vor, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 2020, 1 BvR 495/19, NJW 2021, 1156 Rn. 10; Beschluss vom 28. September 2017, 1 BvR 1510/17, NJW 2018, 40 Rn. 16; Beschluss vom 2. Juni 2009, 1 BvR 2295/08, NJW-RR 2010, 268 Rn. 21 f.; Beschluss vom 10. Juli 1990, 1 BvR 984/87 – Richterbesetzung, Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, BVerfGE 82, 286 [299, juris Rn. 62]; Beschluss vom 31. Mai 1990, 2 BvL 12/88 – Absatzfonds, BVerfGE 82, 159 [194, juris Rn. 142]; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2021, XII ZB 446/20, NJW 2021, 1247 Rn. 4 f.; Beschluss vom 3. Februar 2016, XII ZB 221/15, NJW-RR 2016, 510 Rn. 6 f.; Beschluss vom 25. November 2015, XII ZB 105/13, NJW-RR 2016, 388 Rn. 8 f.; Beschluss vom 20. Oktober 2003, II ZB 27/02, BGHZ 156, 320 [322, juris Rn. 6; Beschl v. 13. März 2003, IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200 [202, juris Rn. 6 ff.]; OLG Düsseldorf, Beschl v. 17. März 2016, 18 W 81/15, juris Rn. 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. November 2017, 4 B 891/17, juris Rn. 16 ff.; Jachmann-Michel in Maunz/Dürig, 93. EL Oktober 2020, Grundgesetz-Kommentar, Art. 101 Rn. 77). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2021, 1 BvR 526/19, juris Rn. 22).
Ob im Streitfall die fehlerhafte Auslegung einfachrechtlicher Zuständigkeitsregeln nach diesen Maßstäben das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters deshalb verletzt hat, weil nach zutreffendem Rechtsverständnis eine Spezialkammer in der Besetzung mit drei Richtern zuständig gewesen wäre (so in einem ähnlich gelagerten Fall: KG, Beschluss vom 17. März 2020, 2 AR 5/20, NJW-RR 2020, 696 Rn. 16), mag angesichts der Schwierigkeit und Komplexität der dargestellten Rechtslage zweifelhaft erscheinen, wenngleich aus dem Akteninhalt kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass die allgemeine Kammer ihre Zuständigkeit und die ordnungsgemäße Besetzung des Spruchkörpers der sich im Streitfall aufdrängenden (vgl. BVerfGE 82, 286 [298, juris Rn. 59]) eigenständigen Prüfung unterzogen hätte.
cc) Eine Entscheidung über die unter bb) aufgeworfene Frage ist jedoch nicht erforderlich, weil der Verweisungsbeschluss auch gegen das Willkürverbot verstößt, Art. 3 Abs. 1 GG, und bereits deshalb keine Bindungswirkung entfaltet.
(1) Ein Verweisungsbeschluss kann als objektiv willkürlich (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9 m. w. N.) zu beurteilen sein, wenn das verweisende Gericht eine seine Zuständigkeit begründende Norm nicht zur Kenntnis genommen oder sich ohne Weiteres darüber hinweggesetzt hat.
Für die Bewertung als willkürlich genügt es dabei nicht, dass der Verweisungsbeschluss inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Es bedarf vielmehr zusätzlicher Umstände, die die getroffene Entscheidung als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. BGH NJW-RR 2015, 1016 Rn. 11 m. w. N.). Solche sind etwa gegeben, wenn sich eine Befassung mit dem Gerichtsstand nach den Umständen, insbesondere dem Parteivortrag dazu, derart aufdrängt, dass die getroffene Verweisungsentscheidung als nicht auf der Grundlage von § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (vgl. BGH NJW-RR 2015, 1016 Rn. 11 u. 15; Beschluss vom 17. Mai 2011, X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 12).
Gleichfalls als objektiv willkürlich ist es anzusehen, wenn der Verweisungsbeschluss auf einer evident einseitigen oder sonst offensichtlich falschen Erfassung des Sachverhalts beruht (BGH, Beschluss vom 24. Juli 1996, X ARZ 683/96, NJW 1996, 3013 [juris Rn. 7]; BayObLG, Beschl v. 28. Oktober 2020, 101 AR 114/20, juris Rn. 22; KG, Beschluss vom 20. Mai 1998, 28 AR 34/98, MDR 1999, 56 [juris Rn. 18]).
(2) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist der Verweisungsbeschluss wegen evident unvollständiger Erfassung des Sachverhalts und infolgedessen evident unvollständiger Prüfung der Verweisungsvoraussetzungen als objektiv willkürlich zu bewerten.
Bei objektiver Klagehäufung, § 260 ZPO, ist die örtliche Zuständigkeit für jeden der Streitgegenstände zu prüfen (vgl. Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, § 29 Rn. 22; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 29 Rn. 8). Der Kläger hatte sich bereits in der Klageschrift mit ausführlicher Begründung darauf berufen, dass bei dem Landgericht Augsburg eine örtliche Zuständigkeit für die negative Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsorts gemäß § 29 ZPO gegeben sei. Hierüber setzt sich der Verweisungsbeschluss ohne jede Würdigung hinweg.
Es ist auch sonst nicht zu erkennen, dass das verweisende Gericht eine Prüfung seiner eigenen Unzuständigkeit, die Voraussetzung jeder Verweisung ist, hinsichtlich sämtlicher Streitgegenstände vorgenommen hätte. Die im Verweisungsbeschluss gegebene Begründung dafür, dass der Gerichtsstand des § 29 ZPO nicht bestehe, stellt vielmehr allein darauf ab, dass die Pflicht aus dem behaupteten Rückgewährschuldverhältnis am Sitz der Beklagten zu erfüllen sei. Die negative Feststellungsklage betrifft jedoch nicht Ansprüche aus Rückgewährschuldverhältnis, sondern Ansprüche aus Leasingvertrag. Seine jedenfalls insoweit gegebene eigene Zuständigkeit hat das Landgericht im Verweisungsbeschluss übergangen, obwohl sich eine Befassung angesichts der Ausführungen in der Klageschrift aufdrängen musste. Dass es seine örtliche Zuständigkeit insoweit mit einer Leerformel ohne jede inhaltliche Begründung verneint hat, lässt seine Entscheidung als nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen.
Dahinstehen kann, ob das verweisende Gericht damit zugleich gegen das Gebot rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen hat, wonach das Gericht verpflichtet ist, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen.
3. Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann in der Streitsache nicht erfolgen, weil für den Rechtsstreit mit Blick auf die eingetretenen verfahrensrechtlichen Bindungen weder beim Landgericht Augsburg noch beim Landgericht Braunschweig ein einheitlicher Gerichtsstand besteht.
a) Nach den zivilprozessrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften besteht bei dem mit der Klageerhebung gewählten Landgericht Augsburg ein (besonderer) Gerichtsstand für die Feststellungsanträge (dazu unter aa] und bb]), nicht aber für den Anspruch auf Rückgewähr der Leasingraten; für letzteren ist vielmehr das Landgericht Braunschweig örtlich zuständig (dazu unter cc]), das zudem für die Feststellungsklage als Gericht am allgemeinen Gerichtsstand nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig gewesen wäre. Da allerdings der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Augsburg – wie ausgeführt – verfahrensrechtlich keine Bindungswirkung entfaltet und der Kläger mit der Klageerhebung zum Landgericht Augsburg hinsichtlich eines abtrennbaren Teils der Prozessgegenstände eine bindende Wahl getroffen hat, kann ein für den gesamten Rechtsstreit zuständiges Gericht nicht bestimmt werden.
aa) Mit seinem Antrag zu Ziffer 1) begehrt der Kläger die Feststellung, zur Erfüllung der primären Leistungspflichten aus dem Leasingvertrag nicht mehr verpflichtet zu sein. Bei diesem vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit erhobenen Antrag handelt es sich nicht lediglich um eine Zwischenfeststellungsklage zu dem auf Rückzahlung der bereits erbrachten Leasingraten gerichteten Leistungsantrag mit der Folge, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Gerichtsstand für den Klageantrag zu Ziffer 3) richtete (vgl. auch BGH, Urt. v. 15. Mai 2017, XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340 Rn. 16; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. April 2020, 6 U 316/19, juris Rn. 29). Vielmehr ist hinsichtlich des Streitgegenstands der negativen Feststellungsklage beim Landgericht Augsburg der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts, § 29 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 1 BGB, eröffnet.
Nach § 29 Abs. 1 ZPO ist, wenn – wie hier – über eine Verpflichtung aus einem Vertragsverhältnis gestritten wird, das Gericht des Orts zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dieser Erfüllungsort bestimmt sich – sofern keine gesetzlichen Sonderregelungen eingreifen – nach dem Leistungsort, der sich aus § 269 Abs. 1 und 2 BGB ergibt (BGH, Beschluss vom 11. November 2003, X ARZ 91/03, BGHZ 157, 20 [juris Rn. 12]).
Das negative Feststellungsbegehren hat den Anspruch der Beklagten auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Leasingraten zum Gegenstand. Der Erfüllungsort dieses im Streit stehenden Anspruchs liegt nach den Regelungen des § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 4 BGB in Augsburg, wo der Kläger und Schuldner des streitigen Anspruchs bereits zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Umstände, welche zu einem abweichenden Erfüllungsort für den Anspruch auf Zahlung der Leasingraten führen könnten, werden von den Parteien nicht geltend gemacht. Aus der Natur des Schuldverhältnisses folgt kein abweichender Leistungsort (KG, Urt. v. 21. Januar 2021, 4 U 1033/20, juris Rn. 44 bis 46; Urt. v. 21. Januar 2021, 4 U 1048/20, juris Rn. 82 bis 85, 89 bis 91; NJW-RR 2020, 696 Rn. 12 f.; Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, § 29 Rn. 66; Krüger in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 269 Rn. 41; Bittner/Kolbe in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 269 Rn. 23).
Aus dem Umstand, dass über die Ansprüche der Beklagten im Rahmen einer negativen Feststellungsklage zu entscheiden ist, ergeben sich keine Besonderheiten in Bezug auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts. Vielmehr ist nach einhelliger Auffassung bei einer negativen Feststellungsklage, deren Gegenstand das Nichtbestehen einer vertraglichen Verpflichtung ist, Leistungsort im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO derjenige Ort, an dem der Kläger im Falle des Bestehens des Vertrags seine Leistung zu erfüllen hätte. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich diejenige Verpflichtung, deren Nichtbestehen festgestellt werden soll (vgl. KG NJW-RR 2020, 696 Rn. 13; OLG Celle, Urt. v. 22. Juli 2020, 3 U 3/20, juris Rn. 53; Urt. v. 26. Februar 2020, 3 U 157/19, juris Rn. 39 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. April 2020, 6 U 316/19, juris Rn. 30 und Urt. v. 2. Juli 2019, 6 U 312/18, NJW-RR 2019, 1067 Rn. 21 f.; OLG Hamm, Urt. v. 16. Dezember 2019, 31 U 90/19, juris Rn. 58; OLG München, Beschluss vom 22. Juni 2017, 34 AR 97/17, juris Rn. 4; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16. Januar 2014, 11 SV 110/13, juris Rn. 11; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 29 Rn. 31; Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, § 29 Rn. 4, 70; Schultzky in Zöller, ZPO, § 29 Rn 25.43; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 29 Rn. 7; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 29 Rn. 20).
Deshalb kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob ein Gerichtsstand der negativen Feststellungsklage immer auch dort gegeben ist, wo die gegenläufige Leistungsklage erhoben werden könnte (vgl. Foerste in Musielak/Voit, ZPO, § 256 Rn. 36; Greger in Zöller, ZPO, § 256 Rn. 20; Roth in Stein/Jonas, ZPO, § 256 Rn. 73; kritisch: Thole, NJW 2013, 1192 [1193]).
bb) In Bezug auf den Ort der Fahrzeugrückgabe bei Vertragsende ist im Vertrag (Ziff. XVI. der von der Beklagten vorgelegten PrivatLeasing-Bedingungen) geregelt, dass die Rückgabe an den ausliefernden Händler in Gersthofen zu erbringen sei.
Mit Blick auf diese Regelung einerseits und den Wohnsitz des Klägers in Augsburg andererseits liegt der Erfüllungsort des streitigen Anspruchs, der dem Klageantrag zu 2) – Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs im Rückgewährschuldverhältnis nach erklärtem Widerruf – zugrunde liegt, ebenfalls im Bezirk des Landgerichts Augsburg, ohne dass es darauf ankommt, ob aufgrund der vertraglichen Regelung der Erfüllungsort am Ort der Niederlassung des Autohauses oder am Wohnsitz des Leasingnehmers liegt (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 2017, VIII ZR 263/15, BGHZ 213, 302 Rn. 21 bis 23 mit Anm. Martens in NJW 2017, 1301; Kerwer in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. Stand: 1. Februar 2020, § 269 Rn. 23; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 29 Rn. 29; Bittner/Kolbe in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 269 Rn. 23).
cc) Hinsichtlich des Leistungsbegehrens gemäß Klageantrag zu 3) ist allerdings kein besonderer Gerichtsstand beim Landgericht Augsburg festzustellen.
(1) Aus § 29c Abs. 1 ZPO lässt sich keine örtliche Zuständigkeit am Wohnsitzgericht des Klägers herleiten, da die tatsächlichen Voraussetzungen eines Geschäftsabschlusses außerhalb von Geschäftsräumen nicht vorgetragen sind.
(2) Der Erfüllungsort, § 29 Abs. 1 ZPO, für den aus dem Widerruf des Leasingvertrags resultierenden (streitigen) Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der erbrachten Leasingraten, eines bloßen Zahlungsanspruchs nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB, liegt gleichfalls nicht am Wohnsitz des Klägers.
Im Streit steht das aus dem (vermeintlichen) Rückgewährschuldverhältnis resultierende eigene Leistungsinteresse des Klägers (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 2017, XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 16 in Bezug auf eine – wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässige – positive Feststellungsklage des Verbrauchers nach Widerruf eines Darlehensvertrags).
Ob für die wechselseitigen Rückgewähransprüche nach Widerruf eines Leasingvertrags ein einheitlicher Gerichtsstand besteht, ist – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschieden. Allgemein gilt im Rückgewährschuldverhältnis aufgrund Widerrufs, dass jeder Rückgewährschuldner die empfangene Leistung an dem Ort zurückzugeben hat, an dem er zum Zeitpunkt der Entstehung des Rückgewährschuldverhältnisses, mithin zur Zeit des Zugangs der Widerrufserklärung beim Unternehmer, seinen Wohnsitz (Verbraucher) oder seinen Geschäftssitz (Unternehmer) hatte (vgl. OLG Celle, Urt. v. 26. Februar 2020, 3 U 157/19, juris Rn. 46; OLG Hamm, Urt. v. 14. Dezember 2016, 31 U 257/15, juris Rn. 59 mit Rn. 65; KG, Beschluss vom 18. Februar 2016, 2 AR 6/16, juris Rn. 11; MüllerChristmann in BeckOK BGB, 58. Ed. 1. Mai 2021, § 355 Rn. 38; Kaiser in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 357 Rn. 9; offenlassend: BayObLG, Beschluss vom 24. Mai 2002, 1Z AR 52/02, NJW-RR 2002, 1502 [juris Rn. 11]).
Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung für die beiderseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis nach Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags teilweise ein einheitlicher Gerichtsstand an demjenigen Ort bejaht, an dem sich die darlehensfinanzierte Kaufsache im Zeitpunkt des Zugangs der Widerrufserklärung vertragsgemäß befindet (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 20. Januar 2021, 17 U 492/19, juris Leitsatz 1, Rn. 46 ff.; OLG Dresden, Urt. v. 5. November 2020, 8 U 1084/20, juris Rn. 51 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 13. August 2020, 4 U 100/19, juris Leitsatz 1, Rn. 174 ff.; OLG Celle, Urt. v. 22. Juli 2020, 3 U 3/20, juris Rn. 64 ff.; OLG Hamm, Urteil vom  27. November 2019, 31 U 114/18, juris Rn. 78 f.; ablehnend: KG, Urt. v. 21. Januar 2021, 4 U 1048/20, juris Rn. 271 bis 279; OLG Brandenburg, Urt. v. 20. Januar 2021, 4 U 94/20, juris Rn. 87 ff.; noch offenlassend: OLG Brandenburg, Urt. v. 24. Juni 2020, 4 U 215/19, juris Rn. 52 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. April 2020, 6 U 316/19, juris Rn. 37 ff.).
Diese auf die Besonderheiten eines verbundenen Geschäfts abstellende Herleitung eines einheitlichen Erfüllungsorts im Rückabwicklungsverhältnis ist auf die wechselseitigen Verpflichtungen nach Widerruf eines Kfz-Leasingvertrags jedoch nicht übertragbar. Auch sonst liegen keine Besonderheiten vor, die es mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 11. November 2003, X ARZ 91/03, BGHZ 157, 20 [juris Rn. 16]) umständegerecht erscheinen ließen, einen anderen Leistungsort als den Sitz des Leasinggebers für die von diesem zu erbringende Rückgewähr von Geldleistungen anzunehmen (str.; so bereits LG Lübeck, Beschluss vom 10. Dezember 2019, 10 O 123/19, juris Rn. 4; LG Kiel, Beschluss vom 23. Mai 2018, 12 O 32/18, juris Rn. 4 f.; vgl. Mörsdorf in BeckOGK, Stand: 1. Juni 2021, BGB § 355 Rn. 108; Schultzky in Zöller, ZPO, § 29 Rn. 25.50 a. E.; EymeltNiemann in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 29 Rn. 34; Kaiser in Staudinger, BGB, § 357 Rn. 9; auch Heinrich in Musielak, ZPO, Rn. 37 [„Zugum-Zug-Leistung“]; a. A. LG Essen, Urt. v. 5. November 2020, 6 O 270/20, juris Rn. 43).
(3) Ein besonderer Gerichtsstand nach § 21 ZPO beim Landgericht Augsburg ist ebenfalls nicht gegeben, denn für eine Niederlassung der Beklagten, mithin nicht lediglich des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses, im Bezirk dieses Gerichts ist nichts vorgetragen. Eine Vermittlung von Leasingverträgen durch Autohäuser ohne eigene Entscheidungsbefugnis reicht für die Annahme einer Niederlassung der Leasinggesellschaft am Sitz des Autohauses nicht aus (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 16. Dezember 2019, 31 U 90/19, juris Rn. 56 zur Vermittlung von Darlehensverträgen durch Autohäuser unter Verweis auf BGH, Urt. v. 13. Juli 1987, II ZR 188/86, NJW 1987, 3081 [juris Rn. 17 ff.]).
b) Aus diesen Gründen kann das angerufene Landgericht Augsburg nicht als für den Rechtsstreit insgesamt zuständiges Gericht bestimmt werden. Ein Gerichtsstand des Sachzusammenhangs ist – jedenfalls de lege lata – abzulehnen und kann nicht unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen bejaht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1996, XII ARZ 13/96, FamRZ 1997, 488; auch Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, § 29 Rn. 22).
c) Mit Blick auf die eingetretenen verfahrensrechtlichen Bindungen scheidet auch eine Bestimmung des Landgerichts Braunschweig als für den Rechtsstreit zuständiges Gericht aus, obgleich dort für sämtliche Klageansprüche der allgemeine Gerichtsstand eröffnet gewesen wäre.
aa) Unter mehreren örtlich zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl, § 35 ZPO, die er mit der Klageerhebung zu einem zuständigen Gericht unwiderruflich und bindend ausübt. Für eine nachträgliche Änderung der Gerichtsstandswahl durch Stellen eines Verweisungsantrags ist in einem solchen Fall kein Raum. Keine Bindungswirkung entfaltet hingegen die unwirksame Ausübung der Wahl, was etwa dann der Fall ist, wenn der Kläger beim örtlich unzuständigen Gericht Klage erhebt.
bb) Die Frage der Bindungswirkung bei objektiver Klagehäufung mit fehlerbehafteter Wahl für einzelne Streitgegenstände ist allerdings streitig (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10. Februar 2021, 101 AR 154/20, juris Rn. 37 ff.).
Ein Teil der Kommentarliteratur vertritt – zumeist unter Hinweis auf die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juli 2018, 6 O 73/18, NJW-RR 2018, 1216 Rn. 7 – die Auffassung, die Wahl des Gerichtsstands sei bei objektiver Klagehäufung nur dann wirksam ausgeübt, wenn das Gericht für alle in einer Klage verbundenen Ansprüche zuständig sei. Sei dies nicht der Fall, könne die Klage nach § 281 ZPO insgesamt an ein für alle verbundenen Ansprüche zuständiges Gericht verwiesen werden (vgl. Toussaint in BeckOK ZPO, § 35 Rn. 12; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 35 Rn. 3; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 42. Aufl. 2021, § 35 Rn. 2; Schultzky in Zöller, ZPO, § 35 Rn. 3; Chasklowitz in Kern/Diehm, ZPO, § 35 Rn. 3; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 35 Rn. 2; Rücker/Bell, NJW 2021, 821 Rn. 18 und 20; auch LG Berlin, Beschluss vom 16. September 2020, 2 O 426/19, juris Rn. 27; offenlassend: Fischer, MDR 2020, 75 Rn. 17 ff.).
Nach anderer Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung gibt es auch in einem solchen Fall keine Verweisungsmöglichkeit hinsichtlich des gesamten Rechtsstreits, insbesondere nicht – was unzweifelhaft zutrifft – unter dem Gesichtspunkt eines Gerichtsstands „kraft Sachzusammenhangs“ oder der „Prozessökonomie“. Der Kläger könne – vorbehaltlich der hier nicht gegebenen Fallkonstellation, dass er das Wahlrecht nicht habe kennen können – eine einmal ausgeübte Wahl nicht nachträglich ändern. Der Zweck des § 281 ZPO gebiete in einem solchen Fall eine – die Verfahrenstrennung einschließende – Teilverweisung (vgl. BayObLG, Beschluss vom 8. April 2020, 1 AR 23/20, juris Rn. 28; OLG Hamm, Beschluss vom 23. November 2018, 32 SA 51/18, NJW-RR 2019, 408 Rn. 14).
cc) Der Senat entscheidet die Frage jedenfalls für den hier vorliegenden Fall dahingehend, dass der Kläger an seine Wahl, die er mit der Klageerhebung hinsichtlich des negativen Feststellungsbegehrens getroffen hat, gebunden ist. Der Kläger hätte die ihm insoweit nach § 35 ZPO gegebene Möglichkeit, unter mehreren Gerichtsständen (§§ 12, 17 sowie § 29 Abs. 1 ZPO) zu wählen, bereits bei Klageerhebung unter Berücksichtigung des Umstands ausüben können, dass für die gleichzeitig rechtshängig gemachten eigenen Rückgewähransprüche nach der von ihm selbst zitierten Rechtsprechung der Erfüllungsort regelmäßig am Schuldnersitz, somit hier nicht am Klägerwohnsitz, liegt. Dies hat er nicht getan, sondern sich für ein Verfahren am Klägergerichtsstand entschieden, zutreffend darauf abstellend, dass der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach materiellem Recht zu bestimmen sei und hinsichtlich des vom negativen Feststellungsbegehren betroffenen Anspruchs der Beklagten auf Zahlung der Leasingraten am Wohnsitz des Klägers liege.
Die Wahl des für ihn günstigen Klägergerichtsstands in Kenntnis dessen, dass mit der Klage weitere Ansprüche verfolgt werden, für die die zutreffend als relevant bezeichneten Gesichtspunkte zum Beklagtenwohnsitz führen, bindet im entsprechenden Umfang. Es besteht keine Veranlassung, der Klägerseite ein umfassendes Wahlrecht für den Fall zu belassen, dass sich die beklagte Partei nicht rügelos am Klägergerichtsstand auf den gesamten Rechtsstreit einlässt (§ 39 ZPO) und keinen Verzicht auf die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit erklärt (hierzu: BGH, Beschluss vom 27. August 2013, X ARZ 425/13, NJW-RR 2013, 1398 Rn. 10; Beschluss vom 19. März 2013, X ARZ 622/12, juris Rn. 10; Beschluss vom 19. Februar 2013, X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 11; Schultzky in Zöller, ZPO, § 39 Rn. 8 und 12). Der Kläger wäre nicht daran gehindert gewesen, sämtliche Ansprüche einheitlich am Sitz der Beklagten geltend zu machen. Eine dennoch bezogen auf einen Teil der Streitgegenstände zutreffend ausgeübte Wahl bindet auch dann, wenn sie sich – wie hier – als prozesstaktisch wenig sinnvoll erweist (vgl. OLG Köln, Urt. v. 8. Juli 2020, 13 U 20/19, juris Rn. 35; ebenso: OLG Stuttgart, Urt. v. 2. Juli 2019, 6 U 312/18, juris Rn. 33).
d) Die lediglich partielle Unzuständigkeit berechtigt zur Verweisung allerdings insoweit, als sie für einen abtrennbaren (§ 145 ZPO) prozessualen Anspruch besteht (vgl. Voit in Musielak/Foerste, ZPO, § 281 Rn. 7; Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, § 281 Rn. 27; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 8). Der Rechtsstreit ist – unter deklaratorischer Feststellung der fehlenden Bindung des Verweisungsbeschlusses – an das verweisende Gericht zurückzugeben, damit dieses die verfahrensrechtlich gebotene Behandlung in Bezug auf die gesetzliche Spezialzuständigkeit herbeiführen und sodann erforderlichenfalls nach Trennung des Verfahrens über eine Teilverweisung entscheiden kann.


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