Baurecht

Einstweilige Anordnung zur Gewährung von Akteneinsicht im Baugenehmigungsverfahren

Aktenzeichen  AN 17 E 21.00198

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 3875
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 44a, § 123
BayVwVfG Art. 29 Abs. 1 S. 1
BayBO Art. 66 Abs. 1 S. 1
BayDSG Art. 39

 

Leitsatz

1. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nicht, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile des Antragstellers unzumutbar sowie in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für einen Erfolg in der Hauptsache spricht. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 66 Abs. 1 S. 1 BayBO gewährt dem Nachbarn zwar formell das Recht auf Vorlage bestimmter Bauvorlagen, bevor der Bauantrag gestellt wird, um von einem ihn berührenden Vorhaben Kenntnis zu erlangen, doch gewährt die Norm keinen einklagbaren Anspruch auf Akteneinsicht. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch ein jenseits der Straße liegendes Grundstück kann benachbart sein, was sich nach verschiedenen Faktoren wie der Art des Gebiets, der Verkehrsbedeutung der Straße, der Art und der Auswirkungen des Vorhabens oder der Breite des trennenden Grundstücks richtet. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Verweigerung der Akteneinsicht ist eine nicht selbständig anfechtbare Verfahrenshandlung i.S.d. § 44a S. 1 VwGO. Es ist zumutbar, erst das Verfahrensergebnis, also die Erteilung oder Verweigerung der Baugenehmigung, abzuwarten und Rechtsschutz dagegen in Anspruch zu nehmen. (Rn. 29 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der allgemeine Auskunftsanspruch nach Art. 39 BayDSG wird durch die besonderen Auskunftsrechte wie Art. 29 BayVwVfG verdrängt. Die Regelung des § 44a VwGO ist auch auf den allgemeinen Informationsanspruch aus Art. 39 BayDSG anzuwenden. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die die Beigeladene selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Gewährung von Akteneinsicht in einem Baugenehmigungsverfahren.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, …, … … Die Beigeladene plant auf den benachbarten Grundstücken FlNrn. … und …, Gemarkung …, …, … …, den Neubau von zwei Doppelhäusern, laut Sachstand vom 5. Oktober 2020 mit jeweils vier Wohneinheiten. Die Vorhabengrundstücke befinden sich in südöstlicher Richtung gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin, getrennt durch den … Sämtliche Grundstücke befinden sich im Umgriff des maßgeblichen Bebauungsplanes Nr. … … der Stadt …, welche gemäß § 5 ZustVBau die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde nach Art. 53 Abs. 2 BayBO wahrnimmt.
Nachdem am 22. Juli 2020 bei der Antragsgegnerin eine, nach den Aussagen der Antragsgegnerin, formlose Bauvoranfrage einging, führte der Bau- und Verkehrsausschuss am … 2020 eine Ortsbegehung durch, an der auch Anwohner als Beobachter teilnahmen. In der anschließenden Ausschusssitzung stellte die Verwaltung die Bauvoranfrage vor, eine Beratung und Beschlussfassung erfolgte nicht.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 21. September 2020 forderte diese die Antragsgegnerin zur Gewährung von Akteneinsicht in die Bauantragsunterlagen sowie den maßgeblichen Bebauungsplan nebst Verfahrensakte auf. Die Antragsgegnerin antwortete, dass es keine förmliche Bauvoranfrage gebe und übersandte den maßgeblichen Bebauungsplan an die Antragstellerbevollmächtigten am 1. Oktober 2020 in digitaler Form. Nachfolgend wurden mit Emails vom 2. und 5. Oktober 2020 auch die Begründung zum Bebauungsplan sowie diverse Baupläne an die Antragstellerbevollmächtigte übermittelt mit dem Hinweis, dass aufgrund von Art. 29 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG nur die Antragsunterlagen übermittelt würden.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 reichte die Bevollmächtigte der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin eine Stellungnahme zur fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ein und monierte, dass die übermittelten Bauunterlagen unvollständig seien.
Am 7. Oktober 2020 beriet der Bau- und Verkehrsausschuss der Antragsgegnerin über das Bauvorhaben und beschloss, dem Vorhaben unter Einschluss einzelner Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „das gemeindliche Einvernehmen“ in Aussicht zu stellen.
Mit Schreiben vom 16. November 2020 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerbevollmächtigten mit, dass bislang kein förmlicher Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids gestellt worden sei, so dass kein Verwaltungsverfahren vorliege. Insoweit liege nur eine unverbindliche Behandlung des Vorhabens im Bauausschuss vor. Ein Akteneinsichtsrecht gebe es daher nicht.
Am 25. November 2020 reichte die Beigeladene laut Mitteilung der Antragsgegnerseite mit Schriftsatz vom 15. Februar 2021 bei der Antragsgegnerin einen förmlichen Antrag auf Baugenehmigung für den Neubau von zwei Doppelhäusern auf den Vorhabengrundstücken ein. Infolge einer Planänderung sei der Antrag nochmals am 18. Januar 2021 förmlich eingereicht worden. Der neben der Antragsgegnerin einzige Grundstücksnachbar sei über das Bauvorhaben förmlich in Kenntnis gesetzt worden mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Über den Bauantrag sei bisher nicht entschieden worden.
Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerseite am 23. Dezember 2020 mitteilte, dass nunmehr die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß Art. 66 BayBO durchgeführt werde, forderte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 11. Januar 2021 erneut vollständige Akteneinsicht, da nun ein förmliches Baugenehmigungsverfahren eingeleitet werde.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2021 teilte die Antragsgegnerin mit, dass der Bauherr keine Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 66a BayBO oder von sonstigen Personen, die nicht Nachbarn im baurechtlichen Sinne sind, beantragt hat. Daher werde keine Akteneinsicht gewährt.
Daraufhin wies die Antragstellerseite mit Email vom 14. Januar 2021 darauf hin, dass die Antragstellerin Nachbarin im Sinne des Art. 66 BayBO sei und daher am Baugenehmigungsverfahren, Art. 71 BayBO, zu beteiligen sei. Der Begriff des Nachbarn umfasse hierbei nicht nur den unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücksnachbarn, sondern alle Grundstücke, die durch das Vorhaben in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Belangen berührt werden können und damit auch Grundstücke, die durch Verkehrsflächen oder andere Grundstücke vom Baugrundstück entfernt liegen.
Mit bei dem Verwaltungsgericht Ansbach am 2. Februar 2021 eingegangenem Schriftsatz beantragte die Antragstellerin die Gewährung von einstweiligem Rechtschutz nach § 123 VwGO. Die Antragstellerseite begründete den Anspruch mit Schriftsätzen vom 2. Februar 2021, 12. Februar 2021, 19. Februar 2021 und 2. März 2021. Es liege ein Anordnungsanspruch vor. Die Antragstellerin sei nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zur Akteneinsicht berechtigt. Akteneinsicht sei den am konkreten Verfahren Beteiligten i.S.v. Art. 13 BayVwVfG, für das die Akteneinsicht von Bedeutung sei, zu gewähren. Die Antragstellerin sei Nachbarin i.S.d. Art. 66 BayBO. Die Pflicht des Bauherrn zur Vorlage der Bauunterlagen an die Nachbarn sei obligatorisch ausgestaltet. Auch insoweit habe die Antragstellerin ein Recht auf Akteneinsicht gegen die Bauherrin, das von der Antragsgegnerin als Behörde zu wahren sei. Bereits die Nichtbeteiligung am Baugenehmigungsverfahren greife in die Rechte der Antragstellerin ein. Es genüge gerade nicht den gesetzlichen Anforderungen, den Nachbarn auf eine mögliche spätere Klage im Falle der Erteilung einer Baugenehmigung zu verweisen. Jedenfalls sei der Antragstellerin das Akteneinsichtsrecht analog Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zu gewähren, da sie ein berechtigtes Interesse an der Einsicht habe. Bereits mit Erhebung der Einwendungen habe die Antragstellerin ein Verwaltungsverfahren gegen das Vorhaben eingeleitet und bekundet, gegen das Vorhaben vorgehen zu wollen. Erst auf Grundlage der gewährten Akteneinsicht könne beurteilt werden, ob gerichtlicher Rechtschutz Erfolg haben könne. Dieses Interesse führe zu einer Ermessensreduktion auf Null. Weiter bestehe auch ein Akteneinsichtsrecht aus Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG. Insoweit sei bereits ausreichend, dass die begehrte vollständige Akteneinsicht zur Einordnung und Bewertung der behördlichen Entscheidung über den Bauantrag begehrt bzw. benötigt werde. Weiter sei die Antragstellerin von dem Bauvorhaben auch betroffen, da sie in unmittelbarer Nähe wohne. Sie sei Anwohnerin des …, der als Erschließungsstraße des Bauvorhabens dienen solle. Konkret seien durch das Bauvorhaben wenigstens 16 zusätzliche Fahrzeuge zu erwarten. Der … als schmale, auf die 17 vorhandene Grundstücke ausgelegte Erschließungsstraße sei jedoch nicht geeignet, eine derartige zusätzliche Fahrzeugmenge aufgrund der nun beabsichtigten Verdichtung aufzunehmen. Wenn die Gegenseite ausführt, dass die Antragstellerin nicht benennen könne, welche wirksamen Einwendungen die Antragstellerin gegen das Vorhaben erheben werde, so greife dies schon deshalb nicht, weil die Antragstellerin diese Einwendungen deshalb nicht darlegen könne, weil ihr keine Akteneinsicht gewährt werde. Das Recht auf Akteneinsicht umfasse im Übrigen, dass der Antragstellerin die vollständigen Bauantragsunterlagen zur Einsicht zu geben seien. Entgegen der Auffassung der Gegenseite sei dieses Recht nicht nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG (gemeint ist wohl Art. 29 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) ausgeschlossen. Art. 29 BayVwVfG und Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG seien selbständig nebeneinanderstehende Anspruchsgrundlagen. Selbst bei einer Konkurrenz der Normen habe die Antragstellerin entweder ein Recht aus Art. 29 BayVwVfG, weil sie Nachbarin, oder jedenfalls aus Art. 39 BayDSG, weil sie von dem Bauvorhaben faktisch betroffen sei. Rechtschutz gegen die Verweigerung des Akteneinsichstrechts sei nicht erst mit dem Rechtschutz in der Hauptsache zu gewähren, denn dies würde die eigenständige Bedeutung des Akteneinsichtsrechts nicht hinreichend berücksichtigen. § 44a VwGO stehe dem Anspruch bereits deshalb nicht entgegen, weil der Antragstellerin das Akteneinsichtsrecht auch unabhängig von Art. 29 BayVwVfG und dem Baugenehmigungsverfahren nach einer eigenständigen Rechtsgrundlage zustehe, Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG.
Ebenso sei ein Anordnungsgrund gegeben. Es bestehe besondere Eilbedürftigkeit, da ein gerichtliches Verfahren gegen die Genehmigung des Vorhabens nur eingeschränkt möglich sei, §§ 74, 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Akteneinsicht sei zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage zwingend erforderlich. Eine Hauptsacheentscheidung zur Gewährung der Akteneinsicht könne nicht vor Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung mit Ablauf der Klagefrist gegen das Bauvorhaben erwartet werden. Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung würden irreversible Fakten in Form eines Baugenehmigungsbescheides geschaffen. Das Rechtsstaatprinzip verbiete es, die Antragstellerin auf ein Klagerecht gegen die bereits erteilte Baugenehmigung zu verweisen. Erhalte die Antragstellerin die Möglichkeit nach erfolgter Akteneinsicht im Baugenehmigungsverfahren qualifizierte Einwendungen zu erheben, müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Baugenehmigungsbehörde mit diesen konkret auseinandersetze. Es müsse weiter davon ausgegangen werden, dass eine Baugenehmigung nur erteilt werden würde, wenn diese rechtmäßig sei und nicht in Rechte Drittbetroffener eingreife. Eine Klage gegen die Baugenehmigung hätte keine aufschiebende Wirkung. Die Bauarbeiten würden bis zur Hauptsacheentscheidung ungehindert voranschreiten. Zwar bestünde auch die Möglichkeit, einstweiligen Rechtschutz gegen die Baugenehmigung zu beantragen, doch hiermit würde die Antragstellerin zu weiteren gerichtlichen Verfahren gezwungen, die ggf. entbehrlich wären. Die Akteneinsicht sei erforderlich, um das eigene Prozessrisiko einzuschätzen sowie aus prozessökonomischen Gründen zur Vermeidung eines gegebenenfalls unnötigen Gerichtsverfahrens. Überdies werde die Antragstellerin entgegen der gesetzlichen Vorschriften nicht an dem Baugenehmigungsverfahren beteiligt. Die Baugenehmigung werde nur Nachbarn zugestellt, die ihre Zustimmung zu dem Vorhaben verweigert hätten, Art. 66 Abs. 4 BayBO. Gleichwohl wäre die Antragstellerin gehalten, nach Baubeginn fristwahrend, § 58 VwGO analog, Klage zu erheben. Das Akteneinsichtsrecht habe eine eigenständige Bedeutung im Baugenehmigungsverfahren. Eine Kompensation durch den später möglichen Rechtschutz in der Hauptsache gegen eine Baugenehmigung sei nicht möglich. Es würde das Gebot des effektiven Rechtschutzes verletzt. Gerade weil der Erlass der Baugenehmigung zeitlich unmittelbar bevorstehe, würde ein Zeitverlust einen unwiederbringlichen Rechtsverlust bedeuten. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Antragstellerin auch nach Erteilung der Baugenehmigung eine Akteneinsicht nicht gewährt werde, insbesondere nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist.
Auch liege keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor, denn diese Vorwegnahme sei im Interesse des Rechtschutzes erforderlich. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung würden irreversible Fakten in Form einer Baugenehmigung geschaffen. Die Rechtsverletzung würde durch die Verweigerung der Akteneinsicht durch den später möglichen Rechtschutz in der Hauptsache nicht kompensiert. Im Rahmen einer Abwägung überwiege das Interesse der Antragstellerin. Worin das Interesse der Antragsgegnerin an der Zurückhaltung der Akten liege, sei fraglich. Geheimhaltungsinteressen seien es jedenfalls nicht.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vollständige Akteneinsicht durch Übersendung der der Antragsgegnerin vorliegenden Bauunterlagen zu dem Bauvorhaben der Beigeladenen auf den Vorhabengrundstücken zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß:
Der Antrag wird abgelehnt.
Mit Schriftsätzen vom 12. Februar 2021 und vom 15. Februar 2021 trug die Antragsgegnerseite zur Begründung im Wesentlichen vor: Dem Antrag fehle bereits der Anordnungsanspruch. Auf Art. 29 Abs. 1 BayVwVfG könne sich die Antragstellerin schon deshalb nicht berufen, weil ihr das Anordnungsziel auch in der Hauptsache, nämlich einer denkbaren Klage auf Akteneinsicht, nicht zustehen könne. Einer isolierten Geltendmachung einer Verfahrenshandlung wie der Akteneinsicht stehe insoweit § 44a VwGO mit der Folge entgegen, dass Rechtschutz erst gegen die Sachentscheidung, d.h. erst gegen die später zu erteilende Baugenehmigung möglich sei. Als Rechtsbehelf im Sinne des § 44a VwGO sei auch der Antrag nach § 123 VwGO zu sehen, weil nicht im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gewährt werden könne, was im Klageweg nicht erreicht werden könne. Auch aus Art. 39 BayDSG ergebe sich kein Anordnungsanspruch. Es fehle schon an der Glaubhaftmachung des berechtigten Interesses. Ein solches könne nur ein rechtliches Interesse und nicht ein allgemeines Informationsbedürfnis sein. Bei Art. 39 BayDSG handele es sich um die Kodifikation des zuvor tradierten Auskunftsrechts nach Treu und Glauben. Aus den Ausführungen der Antragstellerseite sei nicht ersichtlich, in welcher Weise das Bauvorhaben, so es denn errichtet sei, zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin führen könne. Weder entfalte der Bebauungsplan drittschützende Wirkung noch sei eine Verletzung der Vorschriften über die Art der baulichen Nutzung denkbar. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass durch Art. 39 BayDSG in den Fällen, in denen bereits Art. 29 BayVwVfG ein Akteneinsichtsrecht regele, keine weitergehenden Akteinsichtsrechte geschaffen werden. Auch hier greife die Wirkung des § 44a VwGO. Die Norm würde leerlaufen, wenn sie nicht auch ein allgemeines Akteneinsichtsrecht erfassen würde.
Mit der Anordnung würde auch die Entscheidung in der Hauptsache in unzulässiger Weise vorweggenommen. Die Vorwegnahme sei nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Hier fehle es schon daran, dass der Antragstellerin bei Nichtgewähr des einstweiligen Rechtschutzbegehrens kein unzumutbarer, nicht wiedergutzumachender Nachteil drohe. Im gegenwärtigen Verfahrensstadium könnten keine Behördenentscheidungen ergehen, die mit rechtlicher Wirkung zum Nachteil der Antragstellerin ausgestattet wären und die, getreu dem Grundsatz des nachträglichen Rechtschutzes, keiner späteren vollumfänglichen und die Rechte der Antragstellerin wahrenden gerichtlichen Kontrolle unterlägen. Ein baurechtlicher Vorbescheid (ohne Nachbarbeteiligung) entfalte gegenüber den Nachbarn keine Regelungs- oder Bindungswirkung, würde dieser den Nachbarn (bei Nachbarbeteiligung) zugestellt, könnten diese mit einer Drittanfechtungsklage dagegen vorgehen. Nichts anders gelte bei der Baugenehmigung. Auch sei einstweiliger Rechtschutz über § 80a Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO möglich. Schließlich bestünde auch ein Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, sollte ein Vollzug unter Verletzung der Rechte der Antragstellerin stattfinden. Eines vorbeugenden Rechtschutzes gegen nicht erteilte Baugenehmigungen bedürfe es nicht, zumal derzeit unklar sei, ob eine Baugenehmigung überhaupt erteilt werde, auch wenn dies möglich erscheine. Aus einer Nichtzustellung der Baugenehmigung erwachse der Antragstellerin auch kein rechtlicher Nachteil, denn in diesem Falle laufe keine Klagefrist, noch nicht einmal die einjährige Frist des § 58 Abs. 2 VwGO. Die Klage müsse, unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung, innerhalb eines Jahres ab zuverlässiger Kenntnis oder Kennenmüssen der Baugenehmigung erfolgen. Ebenso bestehe die Möglichkeit, dass der Antragstellerin nach Erteilung der Baugenehmigung Akteneinsicht gewährt werde. Es sei spekulativ zu behaupten, dass die Antragstellerin gezwungen wäre, fristwahrend „ins Blaue hinein“ Klage zu erheben. Damit bestehe auch kein Anordnungsgrund, da der Antragstellerin kein Rechtsverlust drohe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO; sog. Regelungsanordnung). Der streitige Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und den Antragstellern nicht schon in vollem Umfang, das gewähren, was sie nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnten. Im Hinblick auf das Gebot eines wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gilt dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache dann nicht, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile des Antragstellers unzumutbar sowie in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3/13 – juris Rn. 5,7).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
1.
Ein Anordnungsanspruch wurde nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage in der Hauptsache keinen Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht. Offenbleiben kann, ob die Akteneinsicht in Form einer Übersendung der der Antragsgegnerin vorliegenden Bauunterlagen (Wortlaut des Antrages in der Antragsschrift) zu erfolgen hätte oder aber nur Einsicht bei der Behörde genommen werden kann (Wortlaut Art. 29 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG). Offenbleiben kann schließlich auch, ob nur die vorliegenden Bauunterlagen vom Gesuch erfasst werden (so der explizite Antragswortlaut) oder die vollständige Einsicht in die zu dem Bauvorhaben der Beigeladenen bei der Antragsgegnerin geführten Akten (so Seite 5 der Antragsschrift) begehrt ist.
a)
Der Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO, wonach den Eigentümern der benachbarten Grundstücke vom Bauherrn oder seinen Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen sind. Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO gewährt dem Nachbarn zwar formell das Recht auf Vorlage bestimmter Bauvorlagen, bevor der Bauantrag oder Vorbescheidsantrag gestellt wird, um von einem ihn berührenden Vorhaben Kenntnis zu erlangen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 139. EL Oktober 2020, Art. 66 Rn. 5), doch gewährt die Norm keinen einklagbaren Anspruch auf Akteneinsicht. Art. 66 BayBO ist nicht so zu verstehen, dass der Nachbar diesen Anspruch gegebenenfalls vor Gericht isoliert durchsetzen könnte. Auch wirken sich Fehler, die insoweit gemacht werden, nicht unmittelbar auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung aus. Dabei ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass Art. 66 BayBO mit seinen Verpflichtungen nicht nur den Interessen des Nachbarn dienen will, sondern zumindest gleichrangig auch die Belange des Bauherrn im Auge hat (vgl. hierzu: Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 139. EL Oktober 2020, Art. 66 Rn. 5). Die Nachbarbeteiligung ist zudem ein Mittel für die Behörde, sich möglichst umfassend über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu unterrichten. Der Schutzzweck liegt aber nicht in der Wahrung der Beteiligungsrechte selbst (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 9 C 17.88 – juris Rn. 3).
b)
Die Antragstellerin kann sich weiter nicht auf einen Anspruch aus Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG stützen, wonach die Behörde den Beteiligten, Art. 13 BayVwVfG, Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten hat, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Zwar ist die Antragstellerin Beteiligte im Sinne der Norm. Ebenso handelt es sich spätestens mit der Bauantragstellung durch die Beigeladene um ein laufendes Verfahren, nämlich ein Baugenehmigungsverfahren, jedoch steht dem Anspruch § 44a VwGO entgegen.
Die Antragstellerin ist Beteiligte, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG, denn sie ist Nachbarin i.S.d. Art. 66 BayBO, Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Zwar grenzen die Vorhabengrundstücke und das Grundstück der Antragstellerin nicht aneinander an. Vielmehr werden sie durch den …, einer ca. 5,50 m breiten Straße in dem Wohngebiet getrennt. Auch wenn vertreten wird, dass bei einer üblichen Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern in offener Bauweise die Beteiligung der direkt angrenzenden Grundstücke in der Regel ausreicht (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 139. EL Oktober 2020, Art. 66 Rn. 65), ist die Antragstellerin Nachbarin, denn auch ein jenseits der Straße liegendes Grundstück kann benachbart sein, was sich nach verschiedenen Faktoren wie der Art des Gebietes, der Verkehrsbedeutung der Straße, der Art und der Auswirkungen des Vorhabens oder der Breite des trennenden Grundstücks richtet. So hat der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof die Nachbareigenschaft für den Eigentümer eines durch eine 5,50 m breite Straße getrennten gegenüberliegenden Grundstücks bejaht (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 139. EL Oktober 2020, Art. 66 Rn. 65 ff. mit Verweis auf VGH BW, U.v. 5.12.1960, BBauBl. 1961, 573). Zwar wird sich die Antragstellerin auf die Verletzung von Vorschriften zum Abstandsflächenrecht wohl nicht berufen können, jedoch sind die Vorhabengrundstücke so zum Grundstück der Antragstellerin gelegen, dass sich das Bauvorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin und dessen Nutzung unmittelbar und tatsächlich auswirken kann.
Einem Anspruch aus Art. 29 BayVwVfG steht jedenfalls § 44a VwGO entgegen, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, § 44a Satz 1 VwGO (vgl. auch: Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bank/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 87 ff.). Durch § 44a VwGO soll verhindert werden, dass der Abschluss von noch bei den Behörden anhängigen Verwaltungsverfahren durch Rechtsbehelfe verzögert und erschwert werden und die Gerichte mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen und noch offen ist, ob die Betroffenen überhaupt durch das Ergebnis des Verfahrens in der Sache beschwert bzw. in ihren Rechten betroffen sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 44a Rn. 1).
Der Antrag nach § 123 VwGO ist ein Rechtsbehelf i.S.d. Norm (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.1995 – 7 CE 95.1069 – juris Rn. 7). Die Verweigerung der Akteneinsicht ist außerdem eine nicht selbständig anfechtbare Verfahrenshandlung i.S.d. § 44a Satz 1 VwGO. Unter Verfahrenshandlung ist jede behördliche Maßnahme zu verstehen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren steht und die der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dient. Hier wird gerade Akteneinsicht von einem Beteiligten in einem laufenden Verwaltungsverfahren und für dieses begehrt (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.1978 – VIII C 7.77 – juris Rn. 14). Der Auskunftsanspruch steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem behördlich noch anhängigen Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung als im Sinne des § 44a VwGO führendes, auf den Erlass einer Sachentscheidung gerichtetes Verfahren (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 16/15 – juris Rn. 18 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 44a Rn. 5).
Die Anwendung des § 44a VwGO ist auch nicht im Einzelfall ausgeschlossen. Ein Fall des § 44a Satz 2 VwGO liegt nicht vor, auch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet aus Gründen effektiven Rechtschutzes keinen Ausschluss. Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Baubehörde bei bereits vor Erlass der Baugenehmigung vorhandener Kenntnis von (qualifizierten) Einwendungen seitens möglicher Betroffener die Möglichkeit hat, diese vor Bescheidserlass zu würdigen. Dennoch führt die Verweigerung der Akteneinsicht als behördlicher Verfahrenshandlung i.S.d. § 44a VwGO zu keinem rechtlichen Nachteil der Antragstellerin, welcher sich in einem die abschließende Entscheidung betreffenden Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben lässt (siehe hierzu: BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 16/15 – juris Rn. 25 m.w.N., BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 3 B 16.335 – juris Rn. 13) und nur darauf kommt es an. Ein solcher Rechtsverlust steht nicht im Raum. Es ist der Antragstellerin zumutbar, erst das Verfahrensergebnis, also die Erteilung oder aber Verweigerung der Baugenehmigung, abzuwarten und Rechtschutz erst dagegen in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.1978 – VIII C 7.77 – juris Rn. 16). Zwar hat die Drittanfechtungsklage gegen eine erteilte Baugenehmigung keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 212a Abs. 1 BauGB. Jedoch kann bei Gericht beantragt werden, die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, so dass die Vollziehung der Baugenehmigung wirksam verhindert werden kann. Vollendete Tatsachen werden gerade nicht geschaffen. Auch sind einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter möglich, § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Dass die Erhebung der Klage an die Klagefrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Baugenehmigungsbescheides (§ 74 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO, § 212 a BauGB) gebunden ist, führt ebenso wenig zur Unzumutbarkeit. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, den gerichtlichen Rechtschutz von Fristen abhängig zu machen (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, 25. Aufl. 2019, § 74 Rn 1 mit weiteren Nachweisen). Im Falle der fehlenden Bekanntgabe des Baugenehmigungsbescheides an die Antragstellerin bleibt die Klage ohne Einhaltung einer Klagefrist möglich, wobei das Klagerecht nicht verwirkt sein darf. Analog § 58 Abs. 2 VwGO ist die Verwirkung vor Ablauf eines Jahres ab Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Baugenehmigung in der Regel nicht anzunehmen (vgl. Kopp/ Schenke, 25. Aufl. 2019, § 74 Rn. 18 ff. mit weiteren Nachweisen). Auch dies begegnet keine Bedenken.
Spätestens nach Klageerhebung bzw. Antragstellung nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO wird der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt werden. Es ist ihr zuzumuten, fristgerecht gerichtlich gegen die Baugenehmigung vorzugehen und dies selbst dann, wenn ihr bis dahin keine Akteneinsicht gewährt wurde und das eigene Prozessrisiko bei Klageerhebung/Antragstellung nicht konkret abzuschätzen ist. Auch muss die Erwägung der Antragstellerin, dass durch die frühzeitige Gewährung von Akteneinsicht ein gerichtliches Verfahren ggf. vermieden wird, hinter den Rechtsgedanken des § 44a VwGO zurücktreten. § 44a VwGO ist gerade Folge des Grundsatzes, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich nachträglichen Rechtschutz, nicht jedoch verfahrensbegleitenden Rechtschutz gewähren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 44a Rn. 1).
c)
Es besteht kein Anspruch aus Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG analog. Soweit ein Anspruch auf Akteneinsicht nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (und aus anderen Normen) nicht gegeben ist, steht die Entscheidung über die Gewährung der Akteneinsicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht. Der Anspruch muss jedoch unabhängig bzw. außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens gestellt werden (vgl. OVG NRW, B.v. 23.4.1979 – I B 391/78 – juris Rn. 13 ff.; Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bank/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 13, 18; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 139. EL Oktober 2020, Art. 66 Rn. 76 mit Verweis auf OVG NRW, Urt. v. 22.7.1988 – 20 A 1063/87 – juris), was schon nicht der Fall ist. Vielmehr wird Akteneinsicht als Beteiligte im Baugenehmigungsverfahren in die Akten des laufenden Baugenehmigungsverfahrens und für dieses begehrt. Im Übrigen gilt die Regelung des § 44a VwGO auch hier (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bank/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 88), so dass der Anspruch auch aus diesem Grunde scheitert.
d)
Die Antragstellerin kann sich nicht auf Art. 39 BayDSG berufen, der ein allgemeines Auskunftsrecht gibt. Danach hat jeder das Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien oder Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird (…), Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayDSG. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Norm gegeben sind, vor allem, ob die Antragstellerin das erforderliche berechtigte Interesse glaubhaft gemacht hat, scheitert der Anspruch an der Subsidiarität der Norm, Art. 39 Abs. 2 BayDSG. Der allgemeine Auskunftsanspruch wird durch die besonderen Auskunftsrechte wie Art. 29 BayVwVfG verdrängt (vgl. Schmieder in: BeckOK, Informations- und Medienrecht – BayDSG, 30. Ed., 1.11.2020, Art. 39 Rn. 29). Art. 39 Abs. 2 BayDSG enthält eine eigenständige Regelung zum Konkurrenzverhältnis zwischen dem allgemeinen Auskunftsrecht und der Vielzahl bereichsspezifischer Informationszugangsrechte. Diese bereichsspezifischen Regelungen verdrängen gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDSG das allgemeine Auskunftsrecht, soweit sie eigenständige Voraussetzungen für die Gewährung, die Art und Weise oder den Umfang einer Auskunfts- oder sonstigen Form der Informationsgewährung enthalten. Die Anforderungen des Art. 39 Abs. 1 BayDSG finden dadurch gegenüber Regelungen anderer Rechtsvorschriften über Auskunftsbegehren keine Anwendung, womit sichergestellt wird, dass für Verfahrensbeteiligte während eines entsprechenden Verfahrens Art. 39 BayDSG keine Anwendung findet, sondern diese sich allein auf die insoweit bestehenden Sonderregelungen berufen können (vgl. Geiger in PdK Bayern C-9, Zweiter Teil, § 9, 5.). Im Übrigen ist die Regelung des § 44a VwGO auch auf den allgemeinen Informationsanspruch aus Art. 39 BayDSG anzuwenden, denn nur so wird der Zweck des § 44a VwGO, nämlich eine Verzögerung von laufenden Verfahren aufgrund von Rechtsbehelfen gegen Verfahrenshandlungen im laufenden Verfahren zu verhindern, erreicht und zwar unabhängig von der einschlägigen Anspruchsgrundlage. Der Auskunftsanspruch steht, wie bereits ausgeführt, in unmittelbaren Zusammenhang zu dem behördlich noch anhängigen Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung als im Sinne des § 44a VwGO führendes, auf den Erlass einer Sachentscheidung gerichtetes Verfahren.
2.
Es fehlt auch an der Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes. Die erforderliche Dringlichkeit ist nicht gegeben, auch wenn eine Entscheidung in der Hauptsache zum begehrten Akteneinsichtsgesuch voraussichtlich erst nach Erteilung der Baugenehmigung fallen würde. Dann hätte sich das Akteneinsichtsgesuch im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zwar erledigt, jedoch steht der Antragstellerin jedenfalls ein Akteneinsichtsrecht im Rahmen der Drittanfechtungsklage bzw. -eilantrages zu. Dies ist ihr zumutbar, wie sich aus den obigen Ausführungen unter 1 b) ergibt. Durch eine Baugenehmigung werden gerade keine irreversiblen Fakten geschaffen.
Zudem begehrt die Antragstellerin mit ihrem Antrag keine vorläufige Maßnahme. Würde der Antragsgegnerin antragsgemäß im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die gewünschten Auskünfte zu erteilen, würde der Antragstellerin im Eilverfahren bereits das gewährt, was sie nur einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Die diesbezügliche Hauptsache würde sich damit erledigen (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3/13, B.v. 13.10.1999 – 2 VR 1.99, B.v. 10.2.2011 – 7 VR 6.11 – juris). Solchen, die Hauptsache vorwegnehmenden Anträgen ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache besteht (was hier zu verneinen ist, siehe 1.) und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 19.10.1977 – 2 BvR 42/76 – juris, BVerwG, B.v. 10.2.2011 – 7 VR 6.11 – juris). Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 16.5.1995 – 1 BvR 1087/91; 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris). Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin entgegen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, wie bereits dargelegt, nicht glaubhaft gemacht, dass ihr bei einem Abwarten auf die Entscheidung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren unzumutbare, auch nach einem Erfolg in diesem Verfahren nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen.
3.
Der Antrag ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt diese selbst. Mangels Antragstellung sind diese der unterliegenden Antragstellerin nicht aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, § 162 Abs. 3 VwGO.
4.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben