Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Wohn- und Geschäftshaus im faktischen Mischgebiet

Aktenzeichen  15 ZB 19.1349

Datum:
30.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9533
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 4, § 6

 

Leitsatz

1. Für den Baugebietstyp „Mischgebiet“ ist eine Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe kennzeichnend; keine der Nutzungsarten soll hier ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen. Für die quantitative Mischung kommt es darauf an, in welchem Verhältnis die dem Wohnen und die gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen im Baugebiet nach Anzahl und Umfang zueinanderstehen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die rechtlich nicht verbindlichen „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RASt 06“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2006), können als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf von Verkehrsflächen und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 17.1076 2019-05-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich als Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke (FlNr. … und … der Gemarkung …) gegen eine dem Beigeladenen unter dem 30. Mai 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Wohn- und Geschäftshaus mit Mittelgarage“ auf dem Baugrundstück (FlNr. … und FlNr. …2 sowie südlicher Teil der FlNr. …). Nach den genehmigten Bauvorlagen sind eine offene Parkgarage im Erdgeschoss, Ladennutzung im 1. Obergeschoss, ein Bürokomplex sowie ein „Fitness“-Bereich im 2. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss eine Wohnnutzung mit Dachterrasse vorgesehen.
Am 30. Juni 2017 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. Mai 2017 aufzuheben. Den Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 22. November 2017 ab. Die hiergegen vom Kläger erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 20. März 2018 zurück (Az. 15 CS 17.2423). Den vorhabenbezogenen Bebauungsplan … … … … … … … … …, in dessen Geltungsbereich das Baugrundstück liegt, erklärte der Senat mit Urteil vom 11. Mai 2018 (Az. 15 N 17.1175) für unwirksam. Der Beigeladene hat im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren ein Schallgutachten der … … GmbH vom 5. Juli 2018 vorgelegt. Mit E-Mail vom 16. August 2018 (Bl. 87 der VG-Akte RN 6 K 17.1076) gab die befasste Gutachterin ergänzende Erläuterungen ab. Die Umweltschutzingenieurin des Landratsamts … hat unter dem 17. August 2018 ebenfalls eine Stellungnahme zur Lärmbelastung abgegeben (Bl. 86 der VG-Akte RN 6 K 17.1076). Auf die genannten Unterlagen wird verwiesen.
Mit Urteil vom 28. Mai 2019 wies das Verwaltungsgericht die auf Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids gerichtete Anfechtungsklage ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 VwGO) nicht.
1. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 VwGO genügt.
a) Das Verwaltungsgericht hat ausführlich und nachvollziehbar begründet, dass und warum von einem sog. faktischen Mischgebiet auszugehen ist und sich deshalb die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO richtet. Schon auf Tatbestandsebene (Seite 3 des angegriffenen Urteils) listet das Verwaltungsgericht auf: „In der näheren Umgebung befindet sich ein Reisebüro (Dr.…Str., Grundstück FlNr. …/2), ein Lohnsteuerhilfeverein (B… 1), eine Zahnarztpraxis (B… 1), eine Freikirche (B… 1), eine Ergotherapiepraxis (B… 1), ein Versicherungsbüro (B… 1), ein Pilspub (B… 2), ein Dirndlgeschäft (Sch…straße 3, Grundstück FlNr. …/33) und eine Fahrschule (Sch…straße 3) sowie Wohnungen. Auf der anderen Seite der Sch…straße befindet sich zudem noch der städtische Schlachthof, ein Kino mit drei Kinosälen, das städtische E-Werk, eine Druckerei sowie ein Friseursalon.“ In der Entscheidungsgründen (Seiten 12 f. des Urteils vom 28. Mai 2019) führt das Verwaltungsgericht weiter aus, die nähere Umgebung des Vorhabenstandorts entspreche einem Mischgebiet, „da sich dort ausweislich der eingesehenen Luftbilder und der Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung neben Wohnungen auch Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für kirchliche Zwecke sowie Schank- und Speisewirtschaften“ befänden. Die gelte selbst dann, wenn man der Sch…straße trennende Wirkung beimessen würde und nur die Nutzungen im Bereich des B… selbst für die Beurteilung heranziehe. Die Annahme eines faktischen Allgemeinen Wohngebiets nach § 4 BauNVO erscheine allein aufgrund der Existenz des Pilspubs des Klägers fernliegend, da insoweit nicht anzunehmen sei, dass diese nur von 22:00 bis 7:00 Uhr geöffnete Schank- und Speisewirtschaft lediglich der Gebietsversorgung i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO diene. Auch die im Gebäude „B… 1“, auf dem klägerischen Grundstück sowie auf dem Grundstück FlNr. …/33 angesiedelten Nutzungen erstreckten sich denklogisch – aufgrund der räumlichen Begrenztheit des B… – über die Versorgung dieses Gebiets hinaus auf einen größeren Kundenkreis.
Mit diesen Erwägungen hat sich die Klägerseite im Berufungszulassungsverfahren nicht im Detail auseinandergesetzt, sondern lediglich – ohne in der Sache über den Vortrag des erstinstanzlichen Verfahrens hinauszugehen – pauschal allgemein behauptet, es sei eine ruhige Insellage gegeben, die eine Qualifizierung des einschlägigen Gebiets als Wohngebiet rechtfertige, und hierzu – ebenfalls nur in sehr allgemeiner und unkonkreter Weise – ausführt, dass die gewerbliche Nutzung des B… in letzter Zeit deutlich zurückgegangen sei und dass die vom Verwaltungsgericht bzw. vom Lärmgutachten zugrunde gelegten Betriebe hinsichtlich des Fahrverkehrs nicht mit dem Bauvorhaben, das erheblich mehr Fahrverkehr verursache, verglichen werden könnten. Die Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO (hierzu im Einzelnen vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 14 m.w.N.) werden klägerseits nicht dadurch erfüllt, dass in der Antragsbegründung gerügt wird, es seien vom Verwaltungsgericht keine Feststellungen zu der nach der Rechtsprechung hierfür erforderlichen quantitativen und qualitativen Mischung getroffen worden. Zwar ist für den Baugebietstyp „Mischgebiet“ eine Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe kennzeichnend; keine der Nutzungsarten soll hier ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen. Für die quantitative Mischung kommt es darauf an, in welchem Verhältnis die dem Wohnen und die gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen im Baugebiet nach Anzahl und Umfang zueinanderstehen. Die Störung des gebotenen quantitativen Mischungsverhältnisses kann sich aus einem übermäßig großen Anteil einer Nutzungsart an der Grundfläche des Baugebiets, einem Missverhältnis der Geschossflächen oder der Zahl der eigenständigen gewerblichen Betriebe im Verhältnis zu den vorhandenen Wohngebäuden, oder auch erst aus mehreren solcher Merkmale zusammengenommen ergeben. Erforderlich ist stets eine Bewertung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2018 – 1 ZB 16.589 – juris Rn. 6 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Kläger gemessen hieran mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht tatsächlich zugrunde gelegte gemischt gewerbliche und wohnliche Nutzung im betroffenen Gebiet (s.o.) nicht substantiiert und konkret dargelegt, warum bezogen auf die hier relevante nähere Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB Wohnen und gewerbliche Nutzungen in einem derart unausgewogenen Verhältnis nach den vorgenannten Maßstäben zueinander stehen, dass sich die Annahme eines faktischen Mischgebiets verbiete (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51.96 – NVwZ-RR 1997, 463 = juris Rn. 5, 6). Auch der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht wäre im Falle der Durchführung eines in erstinstanzlichen Verfahren angeregten Augenscheins zu einer Gebietseinstufung als faktisches Wohngebiet (und nicht als faktisches Mischgebiet) gekommen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch diesbezüglich wird in der Antragsbegründung nicht substantiiert dargelegt, inwiefern eine Inaugenscheinnahme im Einzelnen hinsichtlich der für § 34 Abs. 2 BauGB relevanten Parameter – insbesondere hinsichtlich der genauen Gebietsabgrenzung der näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB sowie hinsichtlich der konkret prägenden dortigen Nutzungen – zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Gebietseinstufung hätte führen müssen und warum sich deshalb ein unterlassener gerichtlicher Augenschein trotz fehlenden förmlichen Beweisantrags aufgedrängt hätte (zu § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vgl. auch unten 3.).
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger mit dem Vorbringen, es sei von einem faktischen Wohngebiet und nicht von einem faktischen Mischgebiet auszugehen, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei von keiner Verletzung des sog. Gebietserhaltungsanspruchs auszugehen (hierzu z.B. BayVGH, B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 6 m.w.N.) und es seien bei der Beurteilung der Vorgaben des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots (hierzu vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2020 – 15 CS 20.57 – juris Rn. 20 ff.) die Immissionsrichtwerte für Mischgebiete gem. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d), Satz 2 TA Lärm zugrunde zu legen [60 dB(A) tags, 45 dB(A) nachts, Spitzenpegel max. 90 dB(A) tags, 65 dB(A) nachts], nicht begründen.
b) Soweit der Kläger in der Antragsbegründung zur Begründung eines nachbarschutzrelevanten Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot zu seinen Lasten vorbringt, die ungünstige Anlage der durch Säulen unterbrochenen Einstellplätze sei unberücksichtigt geblieben, es werde aufgrund der beengten Verhältnisse zu zahlreichen Rangiervorgängen kommen und es sei bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass Hup- und sonstige Geräusche stattfänden, wiederholt er lediglich im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren und vermag auch insofern den Anforderungen an die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht gerecht zu werden.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. März 2018 im Eilverfahren (15 CS 17.2523) bereits umfangreich ausgeführt, dass und warum die Einschätzung des Klägers, es komme zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und es sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mit unzumutbarem „Rangierlärm“ zu rechnen, nicht geteilt wird. Der Senat hat insofern wörtlich ausgeführt (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 36):
„(…) Insbesondere nach den vorliegenden Planzeichnungen zur Baugenehmigung ermöglichen die örtlichen Verhältnisse problemlos Ein- und Ausparkvorgänge im geplanten Neubau. Für die in einem Einfahrtswinkel von 90˚ zu den westlich und östlich des Bauvorhabens gelegenen Fahrgassen angeordneten Stellplätze im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen genügt nach § 4 Abs. 2 GaStellV eine Fahrgassenbreite ab 6,50 m, bei Stellplätzen der vorliegenden Art mit einer Breite von 2,50 m ist hiernach sogar eine Fahrgassenbreite im unmittelbaren Zu- bzw. Abfahrtsbereich von 6 m ausreichend. Diese Anforderungen sind nach den vorliegenden Plänen erfüllt. Östlich des Neubaus hält das streitgegenständliche Gebäude zum bestehenden Gebäude B… 1 Abstände von 6,50 m (Norden) bis 10,30 m (Süden) sowie im Westen zum bestehenden Gebäude B… 7 zwischen 11 und 12 m ein. Soweit die öffentlichen Parkplätze westlich des Gebäudes belegt sind, verbleibt immer noch eine mehr als ausreichende Fahrgassenbreite von etwa 9 m. Ferner sehen die rechtlich nicht verbindlichen „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RASt 06“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2006), die – soweit ihre Vorgaben eingehalten sind – als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden können (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2013 – 8 S 1694/11 – BauR 2014, 1120 = juris Rn. 22 m.w.N.; VGH BW, B.v. 9.8.2016 – 5 S 437/16 – BauR 2016, 2073 = juris Rn. 37), in Nr. 6.1.1.2 i.V. mit Tabelle 7 für die Errichtung von schlichten zweistreifigen Erschließungsstraßen eine Fahrbahnbreite ab 4,50 m als ausreichend an. Diese Breite weist der Zu- und Abfahrtsbereich des B… im Bereich des Platzes zwischen den Anwesen des Antragstellers und dem Baugrundstück sowie im Verbindungsbereich nach Osten zur Dr.-S…Straße durchgehend auf, sodass auch insofern besondere Probleme bei der Abwicklung des Parkverkehrs nicht erkennbar sind. Aus der Einhaltung der Anforderungen des für sich nicht nachbarschützenden § 4 Abs. 2 GaStellV sowie der nicht rechtsverbindlichen Vorgaben der Nr. 6.1.1.2 RASt 06 kann abgeleitet werden, dass besondere Probleme für die Nutzung der Parkflächen aufgrund ihrer Lage und ihrer Anfahrbarkeit nicht bestehen. Dasselbe gilt – ohne dass dies gesondert im Beschwerdeverfahren gerügt wurde – im Übrigen auch für das zu prognostizierende Parkverkehrsaufkommen. Der Bedarf an 10 Stellplätzen für das streitgegenständliche Vorhaben, von denen sich 9 Stellplätze im Erdgeschossbereich des streitgegenständlichen Neubaus und ein Stellplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft auf FlNr. … (B… 1) befinden, wurde anhand der im Internet abrufbaren Satzung der Stadt … über die Herstellung und Ablösung von Stellplätzen (Stellplatzsatzung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 2002 ermittelt (Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO, vgl. Bl. 92 der Baugenehmigungsakte des Landratsamts Az. 00315-Z16). Unabhängig davon, dass diese Berechnung vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht infrage gestellt wurde, und unabhängig davon, dass bauordnungsrechtliche Regelungen über die erforderliche Anzahl von Stellplätzen als solche nicht drittschützend sind (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; B.v. 9.5.2016 – 2 AS 16.420 – juris Rn. 7; B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 17; OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 8 ff.), sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der zugrunde gelegte Bedarf zu niedrig sein könnte und dass es wegen eines tatsächlich zu prognostizierenden höheren Parkverkehrsaufkommens zu einem erheblichen Park- und Parksuchverkehr mit der Folge einer für den Antragsteller möglicherweise unzumutbaren Lärmbelastung oder Verschlechterung der Erschließungssituation, die die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigen würde, kommen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.8.2009 a.a.O.; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 10.1.2008 – 3 S 2773/07 – NVwZ-RR 2008, 600 = juris Rn. 13; OVG LSA, B.v. 5.9.2016 – 2 M 49/16 – NVwZ-RR 2017, 283 = juris Rn. 25 f.; VG München, B.v. 7.2.2017 – M 8 SN 16.4986 – juris Rn. 82; VG Augsburg, B.v. 22.2.2017 – Au 4 K 16.816 – juris Rn. 35; U.v. 13.12.2017 – Au 4 K 17.1431 – juris Rn. 73). (…)“
Das Verwaltungsgericht hat die voranstehende Argumentation übernommen und ist hierüber in seiner Entscheidung (vgl. dort Seiten 16 ff.) zum Ergebnis gekommen, dass besondere Umstände, die die Regelung der Parksituation im Erdgeschossbereich des Bauvorhabens und die Zufahrt als unzumutbar erscheinen lassen, hier nicht ersichtlich seien (zu – aus Sicht des Senats unproblematischen – Rangiervorgängen von größeren Fahrzeugen, z.B. Anlieferungsverkehr, Müllabfuhr, Winterdienst, vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 a.a.O. Rn. 37). Dem hat der Kläger im Berufungsverfahren mit seiner Antragsbegründung, die insofern im Wesentlichen die Argumente des erstinstanzlichen Verfahren wiederholt (vgl. insofern Seite 2 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 23. Oktober 2018), nichts Neues und nichts Substantielles entgegengesetzt.
c) Auch soweit in der Antragsbegründung die Nutzungsfrequenz der Parkplätze und der Anlieferverkehr thematisiert wird, vermag der Kläger hierüber eine Berufungszulassung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht substantiiert zu begründen. Mit dem – so schon im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 23. Oktober 2018 erfolgten – pauschalen Vortrag, dass entgegen der Aussage des Gutachtens kein geringes vorhabenbezogenes Fahraufkommen vorliege und dass die neu angelegten Parkplätze für das streitgegenständliche Vorhaben stoßweise genutzt würden, wird nicht konkret dargelegt, weshalb aus der Parksituation für die Nutzung seiner Grundstücke eine unzumutbare Beeinträchtigung resultieren könnte. Das Verwaltungsgericht ist im Übrigen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 28. Mai 2019 (ab Mitte der Seite 15 bis Seite 16 oben) auf die Problematik des Ansatzes der Nutzungsfrequenz vertieft eingegangen und hat hierbei auch eine Stellungnahme des Technischen Umweltschutzes des Landratsamts … vom 17. August 2018 (Bl. 86 der VG-Akte RN 6 K 17.1076) sowie eine ergänzende Erläuterung des Gutachterbüros (E-Mail vom 16. August 2018, Bl. 87 ff. der VG-Akte RN 6 K 17.1076) verwertet, wonach der gewählte Ansatz auf der sicheren Seite liege und wonach selbst eine Verdopplung der Bewegungshäufigkeiten bezogen auf die für die Büro- / Gewerbenutzung zugewiesenen Stellplätze unter Lärmschutzgesichtspunkten unproblematisch sei. Hiermit setzt sich die Antragsbegründung nicht auseinander. Zwar wird im Baugenehmigungsbescheid keine nähere Regelung des Anlieferungsverkehrs getroffen, insofern hat sich das Verwaltungsgericht aber auf die Expertise der Umweltschutzingenieurin des Landratsamts gestützt, wonach sich im Stadtgebiet … der An- und Ablieferungsverkehr für Läden auf die Tageszeit beschränkt – nächtlicher Anlieferungsverkehr dort also nicht zu prognostizieren sei – und dass „nach den vorliegenden Berechnungen zu diesen Zeiten die Differenz zwischen Beurteilungs- und Immissionsrichtwerten so groß“ sei, dass auch üblicher Anlieferverkehr – selbst bei einer worst-case-Betrachtung – noch problemlos möglich sei. Auch hiermit hat sich die Antragsbegründung nicht detailliert und substantiiert auseinandergesetzt, zumal ein innenstadttypischer Laden mit einer Verkaufsfläche in einer Größenordnung – wie hier – von 150 – 200 m² anders einzuschätzen sein dürfte als z.B. ein Lebensmittelmarkt mit mehreren hundert Quadratmetern Verkaufsfläche. Sollte sich entgegen der (vom Kläger nicht erschütterten) Prognose des Beklagten und des Gerichts die Anlieferung in der praktischen Umsetzung tatsächlich als rücksichtslos erweisen, verbliebe im Übrigen die Möglichkeit des Erlasses nachträglicher immissionsschutzrechtlicher Anordnungen (§ 24, § 25 Abs. 2 BImSchG). Im Übrigen ist nicht ersichtlich bzw. nicht substantiiert ausgeführt, inwiefern eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers daraus resultieren könnte, soweit (wie vom Kläger behauptet) einzelne Anlieferungen außerhalb des B… stattfinden sollten.
2. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich schon aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.
3. Aufgrund des Einwands des Klägers, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt hinsichtlich der von ihm fälschlicherweise durchgeführten Gebietseinstufung als faktisches Mischgebiet (statt als faktisches Wohngebiet) unter Missachtung von § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend ermittelt, weil es den klägerseits angeregten Augenschein nicht durchgeführt habe, ist die Berufung nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die – wie vorliegend – ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Die bereits erstinstanzlich anwaltlich vertretenen Kläger ließen aber ausweislich des in den Akten vorhandenen Protokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28. Mai 2019 keinen Beweisantrag auf Durchführung einer gerichtlichen Inaugenscheinnahme stellen. Sie haben auch in der Zulassungsbegründung (Schriftsatz vom 6. August 2019 im vorliegenden Verfahren) nicht näher dargelegt, warum sich eine Beweiserhebung trotz der in den Akten befindlichen Lichtbilder und der Angaben der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren [worauf das Verwaltungsgericht als ausreichend abgestellt hat, vgl. Seite 12 des angefochtenen Urteils unter 4. a) der Entscheidungsgründe] aufgedrängt haben soll (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2019 – 15 ZB 18.2509 – juris Rn. 18 m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang bei Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt in der Sache der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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