Baurecht

Erfolgloses Berufungszulassungsverfahren des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung (hier: Nicht genügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen)

Aktenzeichen  15 ZB 21.2428

Datum:
10.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3133
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 34 Abs. 2
BayBO Art. 6, Art. 63 Abs. 1 S. 1
BauNVO § 5, § 14 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Mit der bloßen Bezugnahme auf die dem Verwaltungsgericht mit der erstinstanzlichen Klagebegründung vorgelegten Lichtbilder und dem allgemeinen Hinweis, wie hoch, wie nah und wie massiv das genehmigte Vorhaben hiernach sei, wird der Kläger seinen Substantiierungsobliegenheiten zur Darlegung des Berufungszulassungsgrunds ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht gerecht. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das klägerische Vorbringen, der Beigeladene habe in der Vergangenheit keinerlei Rücksicht genommen, sondern ein Verhalten an den Tag gelegt, das dazu geführt habe, dass das Landratsamt im Anschluss an eine Baukontrolle die Baueinstellung verfügt habe, zielt auf persönliche Vorwürfe, die mit einem – städtebaulichen – Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nichts zu tun haben. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 20.1441 2021-06-15 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung E … (Baugrundstück). Für das darauf stehende Hauptgebäude existiert nach der insofern nicht bestrittenen Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des vorliegend angegriffenen erstinstanzlichen Urteils eine Baugenehmigung aus dem Jahr 2007 für den Umbau einer vormaligen Gastwirtschaft in ein Einfamilienhaus. Mit Bescheid vom 29. April 2019 erteilte das Landratsamt P … dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Umbau und die Dacherneuerung eines bestehenden, vor dem Zweiten Weltkrieg errichteten Nebengebäudes, das mit seiner Ostseite unmittelbar an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück des Klägers (FlNr. … derselben Gemarkung) errichtet war. Nachdem das Landratsamt bei einer Baukontrolle feststellte, dass über die erteilte Baugenehmigung hinaus die gesamte Holzkonstruktion, die Fundamentierung und Teile des Mauerwerks des betroffenen Gebäudes neu errichtet worden waren, erließ es am 14. Mai 2020 einen Bescheid, mit dem gegenüber dem Beigeladenen die Baueinstellung angeordnet und ferner aufgegeben wurde, für das tatsächlich umgesetzte bzw. noch umzusetzende Vorhaben bis zum 26. Juni 2020 einen Bauantrag vorzulegen. Mit dem in der Folge gestellten neuen Bauantrag wurde auch ein Antrag auf Zulassung einer Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO gestellt. Hierin heißt es zur Begründung:
„Da das Nebengebäude bereits vor ca. 80 Jahren errichtet wurde und jetzt teils baufällig wurde, müssen die vorhandenen, vom Käfer befallenen Hölzer ausgetauscht werden.
Mit einem Teilrückbau von 3,50 m soll das Gebäude an der Grenze zum Nachbarn verkürzt werden, sonst aber soll der Dachstuhl und die darunter liegende Holzkonstruktion wieder in der alten Form und den alten Maßen errichtet werden.
Nachdem das Nebengebäude bereits viele Jahren als Grenzbebauung akzeptiert wurde, bitten wir Sie, uns für die nicht vorhandenen Abstandsflächen Bestandsschutz zu gewähren.“
Das Landratsamt erteilte dem Beigeladenen sodann unter dem 13. Juli 2020 die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Baugenehmigung für das so im Bauantrag betitelte Vorhaben „Teilrückbau des best. Nebengebäudes, Erneuerung der Holzkonstruktion und des bestehenden Dachstuhles, Ausbesserung des best. Mauerwerks“ für das Baugrundstück. Nach den genehmigten Bauvorlagen handelt es sich um ein Gebäude mit einer Wandhöhe von 4,50 m, einer Firsthöhe von 6,50 m sowie den Flächenmaßen 5,115 m x 11,15 m. An seiner Ostseite (mit 11,15 m Länge) verläuft das Gebäude unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Klägers. Laut der Planzeichnung zum „Grundriss Erdgeschoss“ befinden sich hier ein „Abstellraum“ (26,26 m²) sowie ein Raum für „Gartengeräte“ (20,63 m²). Laut den im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen steht der Grundfläche des genehmigten Gebäudes von 57,03 m² eine Grundfläche des Hauptgebäudes (bestehendes Wohnhaus mit Anbau) von 157,25 m² gegenüber. Nach der zeichnerischen Darstellung im „Grundriss Erdgeschoss“ („Rückbau best. Nebengebäude 16,86 m²“) ist das von der Baugenehmigung umfasste Gebäude nach Süden hin um 3,50 m kürzer als das Altgebäude (mit den vormaligen Ausmaßen 5,115 m x 14,55 m) und weist mithin nach Süden hin zu der auch dort verlaufenden Grenze zum Grundstück des Klägers einen Abstand von mindestens 3,50 m auf, der sich aufgrund der etwas schräg verlaufenden Grenzlinie in Richtung Westen etwas vergrößert. Im Baugenehmigungsbescheid wurde eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO zugelassen. Laut der Bescheidbegründung füge sich das Bauvorhaben, das sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befinde, hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksflächen in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Zwar liege die Mindestabstandsfläche von 3 m nicht auf dem Baugrundstück, es lägen aber die Voraussetzungen des Art. 63 BayBO für eine Abweichung vor. Das bestehende Gebäude werde laut Eingabeplanung in verkleinerter Form ersetzt (Verkürzung um 3,50 m). In der näheren Umgebung befänden sich in regelloser Weise eine Vielzahl von Gebäuden an den Grundstücksgrenzen. Die Schutzzwecke des Art. 6 BayBO seien weiterhin gewahrt. Eine rücksichtslose Einhausung des Nachbargrundstücks erfolge nicht. Durch die Errichtung einer Brandwand würden die Brandschutzanforderungen der Bayerischen Bauordnung erfüllt. Die Abweichung sei somit vertretbar.
Die vom Kläger auf Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 13. Juli 2020 gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 15. Juni 2021 ab. Laut den Entscheidungsgründen verletze der angefochtene Bescheid den Kläger nicht in eigenen Rechten. Der Gebietserhaltungsanspruch sei nicht verletzt. Das Vorhaben des Beigeladenen liege innerhalb eines faktischen Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO). Die genehmigte bauliche Anlage sei als Nebenanlage zu klassifizieren, die gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO auch in einem (faktischen) Dorfgebiet bauplanungsrechtlich zulässig sei. Auch liege keine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers unter dem Gesichtspunkt einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung vor. Da sich das zu erneuernde Nebengebäude direkt an der Grenze zum klägerischen Grundstück befinde, halte es zwar die gem. Art. 6 BayBO (sowohl in der alten als auch in der seit 1. Februar 2021 geltenden Fassung) erforderlichen Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst nicht ein, die Zulassung einer Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO sei aber rechtmäßig erteilt worden.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.
1. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der erstinstanzlichen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
a) Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass eine gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im faktischen Dorfgebiet zulässige Nebenanlage vorliegt und der Kläger deshalb nicht in seinem Gebietserhaltungsanspruch verletzt wird, wird durch die Antragsbegründung nicht ernstlich in Zweifel gezogen.
aa) Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen. Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 ff.; B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 6 m.w.N). Als Vorschrift zur Art der baulichen Nutzung gewährt § 14 BauNVO dem Nachbarn nach Maßgabe dieses Gebietserhaltungsanspruchs und damit unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen grundsätzlich ein Abwehrrecht gegen eine Baugenehmigung, wenn das genehmigte Vorhaben nicht die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt und sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit hinsichtlich der Nutzungsart nicht aus der im betroffenen (faktischen) Baugebiet vorgesehenen Regelnutzung sowie aus §§ 12, 13 BauNVO ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2004 – 4 C 10.03 – NVwZ 2004, 1244 = juris Rn. 28; Henkel in Spannowsky u.a., BauNVO-BeckOK, Stand: Januar 2022, § 14 Rn. 18; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 14 Rn. 50).
bb) Die seitens des Verwaltungsgerichts erfolgte Einordnung der näheren Umgebung des Bauvorhabens des Beigeladenen als faktisches Dorfgebiet gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO wird von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO (BVerwG, U.v. 28.4.2004 a.a.O. juris Rn. 18, 23 ff.; VGH BW, U.v. 26.6.1998 – 8 S 882/98 – NVwZ 1999, 548 = juris Rn. 23; Stock a.a.O. § 14 Rn. 5). Auch gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einordnung des streitgegenständlichen Gebäudes als „Nebenanlage“ i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO – und nicht als Bestandteil des unmittelbar § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO unterfallenden Haupt- (Wohn-) Gebäudes – sind keine Einwände erhoben worden (zur Abgrenzung vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 4 C 9.16 – NVwZ 2018, 1231 = juris Rn. 10; Stock a.a.O. § 14 Rn. 18 m.w.N.).
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind außer den in §§ 2 bis 13 BauNVO genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke dienen [hierzu im Folgenden cc) ] und die der Eigenart des Baugebiets nicht widersprechen [unten dd) ].
cc) Zu den Wesensmerkmalen einer Nebenanlage i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gehört, dass die Anlage sowohl in ihrer Funktion als auch räumlich-gegenständlich dem primären Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Bebauung dienend zu- und untergeordnet ist (BVerwG, U.v. 17.12.1976 – IV C 6.75 – BRS 30 Nr. 117 = juris Rn. 28; U.v. 18.2.1983 – 4 C 18.81 – BVerwGE 67, 23 = juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 28.4.2004 a.a.O. Rn. 24; U.v. 14.12.2017 a.a.O. Rn. 9; OVG NW, U.v. 25.4.2005 – BauR 2005, 1431 = juris Rn. 55). Funktionell setzt eine Nebenanlage eine der Hauptanlage (hier: dem Wohngebäude) dienende Funktion voraus. Maßgebend ist, ob zwischen der Haupt- und der Nebenanlage ein Funktionszusammenhang gegeben ist; es kommt darauf an, ob die Anlage ihre „Daseinsberechtigung“ aus der Existenz der Hauptanlage – hier der Nutzung des Wohnhauses – bezieht (BVerwG, B.v. 9.1.1999 – 4 B 131.98 – NVwZ-RR 1999, 426 = juris Rn. 2; OVG NW, U.v. 25.4.2005 a.a.O. Rn. 59). Am Merkmal der räumlich-gegenständlichen Unterordnung fehlt es nur dann, wenn die Nebenanlage wegen ihrer Abmessungen als der Hauptanlage gleichwertig erscheint oder diese gar optisch verdrängt und damit den Eindruck einer dienenden Funktion gegenüber der Hauptanlage erst gar nicht erst aufkommen lässt (BVerwG, U.v. 18.2.1983 a.a.O.; B.v. 23.6.1993 – 4 B 7.93 – Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 8 = juris Rn. 3; OVG NW, U.v. 25.4.2005 a.a.O. Rn. 63; Henkel a.a.O. § 14 Rn. 23); das genehmigte Vorhaben darf das Orts- und Straßenbild im betroffenen Bereich nicht mindestens in demselben Maß wie das Wohngebäude auf dem Grundstück des Klägers bestimmen (BayVGH, U.v. 29.11.2010 – 1 B 09.1603 – BayVBl 2011, 538 = juris Rn. 32).
Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils genau diese Grundsätze herangezogen und hierauf aufbauend das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wie folgt begründet: Das streitgegenständliche Gebäude, dessen Mauerwerk und Dachstuhl nach der Eingabeplanung zu erneuern seien, ordne sich räumlich wie funktionell der am Grundstück vorhandenen Wohnnutzung unter. Aus den vorliegenden Lichtbildern sowie anhand von Luftaufnahmen sei ersichtlich, dass der Anlage trotz eines gewissen Umfangs im Vergleich zum Wohngebäude eine erkennbar untergeordnete optisch-gegenständliche Wirkung zukomme. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass auch ein Teilrückbau von der Genehmigung umfasst sei, durch den die Massivität der Anlage nochmals reduziert werde. Aufgrund des geringeren Ausmaßes im Vergleich zum Wohnhaus könne nicht davon gesprochen werden, dass das streitgegenständliche Nebengebäude in seiner optischen Wirkung dem Hauptgebäude gleichkomme oder es gar verdränge. Zudem sei festzustellen, dass sich das Gebäude in funktioneller Hinsicht in ausreichend deutlichem Maße von der Haupt- (Wohn-) Nutzung abgrenze. Es solle nach der zugehörigen, genehmigten Eingabeplanung sowie nach der Stellungnahme des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nach Fertigstellung der baulichen Maßnahmen wie schon in der Zeit zuvor als Lager- und Abstellraum für Gartengeräte und Brennholz dienen. Anhaltspunkte für eine tatsächlich andere Nutzung seien nicht ersichtlich; eine abweichende Nutzung wäre auch irrelevant, da die angefochtene Baugenehmigung vom 13. Juli 2020 insofern klar auf die beschriebene Abstellnutzung beschränkt sei. Sollte eine abweichende Nutzung ausgeübt werden, wäre dies allenfalls Anlass für ein potentielles bauaufsichtliches Einschreiten.
Mit den hiergegen gerichteten Einwänden in der Antragsbegründung vermag der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Rechtsanwendung des Erstgerichts nicht zu begründen:
Mit der bloßen Bezugnahme auf die dem Verwaltungsgericht mit der erstinstanzlichen Klagebegründung vom 24. September 2020 vorgelegten Lichtbilder und dem allgemeinen Hinweis, wie hoch, wie nah und wie massiv das genehmigte Vorhaben hiernach sei, wird der Kläger seinen Substantiierungsobliegenheiten zur Darlegung des Berufungszulassungsgrunds ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht gerecht. Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Erstgerichts erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte – und auch in sich schlüssige – Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 1.2.2021 – 15 ZB 20.747 – juris Rn. 32). Gerade soweit der Kläger hierzu weiter ausführt, dass bei einem Ansatz einer Grundfläche des Hauptgebäudes von 157 m² die Grundfläche des streitgegenständlichen Gebäudes in Relation hierzu 36% betrage, wird nicht dargelegt, dass und warum es am Merkmal der räumlich-gegenständlichen Unterordnung fehlt resp. dass und warum die streitgegenständliche bauliche Anlage wegen ihrer Abmessungen als der Hauptanlage gleichwertig erscheint oder diese gar optisch verdrängt bzw. dass und warum sie das Orts- und Straßenbild im betroffenen Bereich in demselben Maß wie das Wohngebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen bestimmt. Der Senat weist diesbezüglich ergänzend darauf hin, dass sich der vorliegende Fall deutlich von der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 28. April 2004 (Az. 4 C 10.03 – NVwZ 2004, 1244) entschiedenen Fallgestaltung abgrenzt. Anders als dort (16 m lange und 13 m breite Schwimmhalle mit einer Grundfläche von 171 m², der ein 16 m langes und 11 m breites Wohnhaus mit einer Grundfläche von 200 m² gegenüberstand), bleibt die vorliegend genehmigte Anlage ersichtlich nach Grundfläche und Höhe deutlich unter den Maßen des auf dem Baugrundstück stehenden Wohnhauses des Beigeladenen (vgl. auch Stock a.a.O. § 14 Rn. 18a).
Soweit der Kläger darauf abstellt, dass das genehmigte Bauvorhaben aufgrund der neuen Fundamentierung und der vollständigen Erneuerung des Dachstuhls keine bloße Sanierung eines Nebengebäudes bzw. Renovierung sei, sondern vielmehr einen Neubau darstelle, erschließt sich für den Senat nicht, warum gerade deshalb – also aufgrund der (womöglich so richtigen) Einordnung als Neuerrichtung – die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht vorliegen sollen. Nicht nachvollziehbar erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere das klägerische Vorbringen, dass die „Beschaffungsweise“ der genehmigten Anlage gegen die Klassifizierung als bloßes – gemeint: untergeordnetes – Nebengebäude spreche. Der Kläger stellt hierzu die Gegenbehauptung auf, dass die Massivität der Anlage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durch den Teilrückbau gerade nicht reduziert werde. Die Erneuerung des Mauerwerks und des Dachstuhls führten – so die Antragsbegründung weiter – dazu, dass es sich um einen massiven Baukörper handele. Dies führe zur Vergleichbarkeit zwischen dem Wohngebäude und dem vermeintlichen Nebengebäude. Wie oben dargelegt sind für die Frage der räumlich-gegenständlichen Unterordnung aber in erster Linie die Abmessungen der (Neben-) Anlage in Relation zur Hauptanlage relevant. Welche Bedeutung gerade die baulichen Erneuerungen für die Einordnung als Nebenanlage bzw. deren bauplanungsrechtliche Rechtmäßigkeit haben könnte, wird mit den insofern pauschalen Ausführungen nicht schlüssig und substantiiert begründet.
dd) Mit seinen Einwendungen, das streitgegenständliche Gebäude reihe sich nicht nahtlos in die Umgebung ein und widerspreche daher der Eigenart des Baugebiets, richtet sich die Antragsbegründung gegen die Richtigkeit der Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts, wonach die bauliche Anlage der Eigenart des Baugebiets nicht widerspreche. Auch insofern ist die Berufung in Bezug auf den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zuzulassen.
Bei der Frage, ob die Nebenanlage i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. BauNVO der Eigenart des Baugebiets widerspricht oder nicht, kommt es neben der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets – hier: faktisches Dorfgebiet gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO – auf die tatsächlich vorhandene Bebauung der Umgebung an. Es muss sich um eine Nutzung handeln, die ihrem Umfang nach nicht über das hinausgeht, was nach der Verkehrsanschauung in dem jeweiligen Baugebiet üblich ist. Die Eigenart des Gebiets wird durch Lage, Größe und Zuschnitt des Baugrundstücks sowie Weiträumigkeit oder Dichte der Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 18.2.1983 – 4 C 18.81 – BVerwGE 67, 23 = juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 25.4.2005 a.a.O. Rn. 65) ebenso bestimmt wie durch die Siedlungsweise und die konkrete Art der Nutzung der Grundstücke (VGH BW, U.v. 26.6.1998 – 8 S 882/98 – NVwZ 1999, 548 = juris Rn. 23; Arnold in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, § 14 Rn. 22; Stock a.a.O. § 14 Rn. 23a). Das schließt die Berücksichtigung von „Vorbelastungen“ des Gebiets ein (Stock a.a.O.; Henkel a.a.O. § 14 Rn. 29). In den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils stellt das Erstgericht zur Begründung, warum die genehmigte Anlage der Eigenart des Baugebiets in diesem Sinn nicht widerspricht, darauf ab, dass nach Luftaufnahmen und nach den Angaben des Beigeladenen und des Beklagten in der mündlichen Verhandlung festzustellen sei, dass sich in näherer Umgebung einige (Neben-) Gebäude befänden, die zudem auch grenzständig errichtet seien (so z.B. auf den FlNrn. … … und …). Allgemein – so die Entscheidungsgründe weiter – bestehe eine Bebauungsdichte von einem gewissen Ausmaß. Das streitgegenständliche Nebengebäude sei unter Berücksichtigung der übrigen Bebauung nicht als Fremdkörper einzuordnen, sondern reihe sich in eine Reihe vergleichbarer Gebäude in der Umgebung ein. Zudem stimme die Anlage auch mit der Zweckbestimmung des vorhandenen Gebietstyps (faktisches Dorfgebiet) überein.
Soweit der Kläger hiergegen vorbringt, dass sich durch die Erneuerungen, die an dem Gebäude vorgenommen werden sollen, das Nebengebäude in einen Fremdkörper der Umgebung „verwandele“, wird auch dies nicht substantiiert und schlüssig begründet. Es erschließt sich dem Senat nicht, warum gerade der bauliche Zustand als alt oder neu – unabhängig von der Frage, ob die genehmigte Maßnahme als Sanierung / Renovierung oder wertungsmäßig als Neubau einzuordnen ist – Auswirkungen auf die städtebauliche, im Zusammenhang mit der Nutzungsart stehenden Frage haben kann, ob eine Nebenanlage der Eigenart des vorliegenden Gebiets entspricht oder nicht. Dasselbe gilt hinsichtlich des nicht näher konkretisierten Einwands, dass es sich bei den vorhandenen anderen Nebengebäuden im betroffenen Ortsteil um ältere Gebäude handele, die mit dem Vorhaben des Beigeladenen nicht vergleichbar seien. Auch insofern ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, warum – aus relevanter städtebaulicher resp. nutzungsbezogener Sicht – gerade nur ältere Gebäude der Eigenart des vorliegenden Baugebiets entsprechen sollen, Neuanlagen aber nicht. Soweit der Kläger in der Antragsbegründung vorbringt, das streitgegenständliche Vorhaben weiche hinsichtlich der Massivität und der Fundamentierung von sämtlichen Nebengebäuden ab, wird dies zum einen nicht näher anhand einzelner Gebäude und deren Beschaffenheit konkretisiert, zum andern bleibt auch diesbezüglich im Dunkeln, welchen genauen Einfluss die nicht näher ausgeführte verminderte Massivität der sonstigen Nebengebäude auf die Eigenart des Baugebiets haben soll.
Soweit das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Prüfung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BauNVO ergänzend darauf verweist, dass einzelne Nebengebäude in der näheren Umgebung grenzständig errichtet seien, spielt im Übrigen gerade die Lage des Nebengebäudes auf den einzelnen Grundstücken keine entscheidungstragende Rolle für die Frage, ob dies der Eigenart des Baugebiets ent- oder widerspricht. Ob es möglicherweise nach dem bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsmaßstab des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB allgemein an einem Einfügen nach der Grundfläche, die überbaut werden soll, fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 4 C 9.16 – NVwZ 2018, 1231 = juris Rn. 12), ist für sich unter dem Gesichtspunkt des Gebietserhaltungsanspruchs, der sich auf die Art der baulichen Nutzung bezieht, irrelevant. Insofern vermag dem Kläger bauplanungsrechtlich nur das Gebot der Rücksichtnahme Nachbarschutz zu vermitteln [hierzu im Folgenden unter b) ]. Die Einwendung, dass es in Bezug auf ebenso grenzständig errichtete Nebengebäude in der Umgebung keine Gleichbehandlung im Unrecht gebe, geht insofern ins Leere.
Ferner führt der Einwand des Klägers nicht zur Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, das Verwaltungsgericht hätte seine Annahme hinsichtlich der Vergleichbarkeit in Bezug auf weitere Nebengebäude in der Umgebung durch einen – unterbliebenen – Augenschein bestätigen müssen, weil anhand der Luftbilder, die auch in der mündlichen Verhandlung eingesehen worden seien, lediglich Abstände, jedoch nicht der Zustand der jeweiligen Gebäude erkennbar gewesen seien. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die – wie vorliegend – ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26; B.v. 12.2.2019 – 15 ZB 18.255 – juris Rn. 22; B.v. 18.2.2019 – 15 ZB 18.2509 – juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 57 m.w.N.). Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Juni 2021 wurde in der mündlichen Verhandlung ein Luftbild übergeben und anhand dessen die Verhältnisse vor Ort thematisiert (zur grundsätzlichen Möglichkeit der Verwertung von Lichtbilder vgl. BVerwG, B.v. 30.06.2014 – 4 B 51.13 – BauR 2014, 1763 = juris, Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.2.2019 a.a.O.; OVG NRW, B.v. 17.7.2018 – LKV 2018, 470 = juris Rn. 12). Ein Beweisantrag wurde von dem in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretenen Kläger laut Protokoll nicht gestellt. Insofern hat der Kläger im Berufungszulassungsverfahren auch nicht substantiiert dargelegt, warum sich eine Beweiserhebung trotz unterlassenen Beweisantrags aufgedrängt haben soll. Vorliegend kommt hinzu, dass in der Zulassungsbegründung nicht ausgeführt wird, warum und inwiefern konkret eine Inaugenscheinnahme durch das Gericht das Ergebnis erbracht hätte, dass sonstige in der Umgebung befindliche Nebenanlagen (welche genau?) aufgrund ganz konkreter Umstände (welcher genau?) mit dem streitgegenständlichen Nebengebäude nicht vergleichbar seien und gerade deswegen Letzteres der Eigenart des Baugebiets widerspreche.
b) Die in der Zulassungsbegründung vorgebrachten Einwände des Klägers hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht abgelehnten subjektiven Rechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme sind ebenfalls nicht stichhaltig.
aa) Das klägerische Vorbringen, der Beigeladene habe in der Vergangenheit keinerlei Rücksicht genommen, sondern ein Verhalten an den Tag gelegt, das dazu geführt habe, dass das Landratsamt im Anschluss an eine Baukontrolle im Mai 2020 die Baueinstellung verfügt habe, zielt auf persönliche Vorwürfe, die mit einem – städtebaulichen – Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nichts zu tun haben.
bb) Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen umfassend und überzeugend begründet, warum keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung zulasten des Klägers vorliegt. Es hat hierzu in Übereinstimmung mit der gefestigten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass eine erdrückende Wirkung ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung nur bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht komme und dass als Hauptkriterien bei der Beurteilung einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung heranzuziehen seien. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze sei – so das Verwaltungsgericht – eine erdrückende Wirkung des streitgegenständlichen Gebäudes mit einer Traufhöhe von 4,50 m und einer Länge der grenzständigen Wand von 11,15 m auf das klägerische Anwesen resp. auf das Wohngebäude des Klägers, das in einer Entfernung von mehr als 11 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehe, nicht zu befürchten. Durch die Erneuerung des Nebengebäudes des Beigeladenen solle ein Bauvorhaben realisiert werden, das von seinem Umfang her trotz einer gewissen Massivität in ausreichendem Maße davon entfernt sei, eine unzumutbare einmauernde oder erdrückende Wirkung auf das auf dem klägerischen Grundstück befindliche Gebäude auszuüben. Die nicht geringe Entfernung zum Haus des Klägers unterstreiche dies nochmals. Hinzukomme, dass das Nebengebäude in seinen Ausmaßen im Vergleich zum vorhandenen Bestand nicht erweitert werde. Durch den Teilrückbau werde das Gebäude sogar verkleinert, im Übrigen blieben die Maße gleich.
Mit dem Gegenvorbringen in der Antragsbegründung,
– dass aus den im erstinstanzlichen Verfahren als Anlage K7 vorgelegten Lichtbildern zu erkennen sei, dass es sich bei der streitgegenständlichen baulichen Anlage um einen übergroßen Baukörper handele, der unmittelbar der Grundstücksgrenze entlang verlaufe,
– dass eine Fundamentierung über die komplette Fläche des vermeintlichen Nebengebäudes stattgefunden habe,
– dass er – der Kläger – bei Betretung seines eigenen Hauses immer das Gebäude des Beigeladenen betrachten müsse sowie
– dass die Art der Bebauung für ein massives Vorhaben spreche und deshalb das Argument des Erstgerichts, durch den Teilrückbau finde eine Verkleinerung statt, nicht greife,
kann die Richtigkeit der Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht nicht substantiiert infrage gestellt werden. Hiermit wird nicht dargelegt, dass das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladenen dem Anwesen des benachbarten Klägers im Sinne einer erdrückenden Wirkung förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Wohngebäude auf dem Nachbargrundstück nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2020 – 15 CS 20.57 – BayVBl 2020, 340 = juris Rn. 23 f. m.w.N.; B.v. 24.7.2020 – 15 CS 20.1332 – NVwZ-RR 2020, 961 = juris Rn. 32 m.w.N.; Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung: BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück). Hinsichtlich des Einwands, dass es zur diesbezüglichen Beurteilung eines gerichtlichen Augenscheins bedurft hätte, gilt dasselbe wie oben [a) dd) ]: Auch insofern hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, warum sich eine Beweiserhebung – trotz unterlassenen Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung – aufgedrängt haben soll. Dies ist angesichts der Gebäudeabstände und der überschaubaren Höhe des streitgegenständlichen Gebäudes auch nicht ansatzweise ersichtlich.
c) Mit dem Vorbringen zu der aus seiner Sicht rechtswidrig erteilten Abweichung von den Abstandsflächen, vermag der Kläger nicht darzulegen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine diesbezügliche Verletzung seiner Nachbarrechte verneint hat.
Dabei kommt es nicht auf die vom Verwaltungsgericht ohne nähere Begründung verneinte Frage an, ob es der Abweichungszulassung womöglich wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gar nicht bedurft hätte, weil aufgrund der Existenz weiterer Grenzbauten in der Umgebung ggf. nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werde darf (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 23.3.2010 – 1 BV 07.2363 – BayVBl 2011, 81 = juris Rn. 25; B.v. 25.11.2013 – 9 B 09.952 – juris Rn. 46 ff.; Kraus in Busse/Kraus, BayBO, Stand: Sept 2021, Art. 6 Rn. 46 ff.; Mitschang/Reidt im Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 34 Rn. 26; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2021, § 34 Rn. 46).
aa) Es ist umstritten, ob die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO in der seit dem 1. September 2018 geltenden Fassung und nach Einfügung des heutigen Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO noch eine atypische Situation voraussetzt (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 34; VG Augsburg, B.v. 19.11.2019 – Au 4 S 19.1926 – juris Rn. 29). Das Verwaltungsgericht hat dies in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils dahinstehen lassen, indem es die Voraussetzungen einer Atypik jedenfalls unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – NVwZ-RR 2008, 84 = juris Rn. 16 ff.) mit folgenden Erwägungen (UA Seite 14) bejaht hat: Eine Atypik könne sich aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation sowie aus der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern ergeben. Vorliegend habe bereits an der konkreten Stelle am Vorhabenstandort – d.h. an der Grenze zum Klägergrundstück – ein Nebengebäude gestanden. Für den Beigeladenen stelle diese Bausubstanz einen wirtschaftlichen Wert dar, den er berechtigterweise durch Erneuerungsmaßnahmen, insbesondere an Dachstuhl und Mauerwerk, erhalten wolle. Zudem sei auch an dieser Stelle mit in die Betrachtung einzubeziehen, dass sich in direkter Umgebung einige, ebenfalls grenzständig errichtete (Neben-) Gebäude befänden.
Die hiergegen gerichtete Kritik des Klägers, die vom Verwaltungsgerichts angenommene Atypik des Bauvorhabens sei nicht nachvollziehbar, bleibt zu pauschal und unkonkret, um dem Darlegungsgebot gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerecht werden zu können. Das gilt auch, soweit er erläuternd ausführt, es werde im Urteil vom 15. Juni 2021 nicht ausgeführt, welche weiteren Grundstücke des betroffenen Gebiets eine sanierte, renovierte oder eben gerade neubauartige Grenzbebauung vorwiesen. Welche Relevanz es für die Ablehnung einer Atypik in Bezug auf Art. 63 i.V. mit Art. 6 BayBO haben soll, dass es sich – wie der Kläger „betont“ – bei den anderen Nebengebäuden in der Umgebung um alte Bauten handele, die zudem hinsichtlich Art und Massivität mit dem streitgegenständlichen Baukörper nicht vergleichbar seien, ergibt sich nicht von selbst und wird auch nicht näher erläutert.
bb) Das weitere Vorbringen des Klägers, mit dem in der Sache ein sachgerechter Interessenausgleich zwischen ihm und dem Beigeladenen infrage gestellt wird, nämlich
– dass eine unmittelbare Grenzbebauung nicht gerechtfertigt und nicht rechtmäßig sei,
– dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung sowie ein ausreichender Sozialabstand nicht mehr gesichert sei, weil sich seine eigene Garage direkt an der Grenze befinde sowie
– dass als Alternativen ein kleineres Nebengebäude, mit dem die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen hätten eingehalten werden können, oder eine bloß teilweise Abweichung von der Abstandsfläche in Betracht gekommen wären,
bleibt ebenfalls zu pauschal, um den Erwägungen des Erstgerichts hinreichend Substantielles entgegenzusetzen: Das Verwaltungsgericht ist in den Entscheidungsgründen (UA Seiten 14 f.) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte sein ihm im Rahmen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eingeräumtes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und in angemessenem Umfang sowie sachgerecht und einzelfallbezogen zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn abgewogen habe. Dies hat das Erstgericht wie folgt begründet: Der Beklagte habe bereits im streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Juli 2020 Ermessenserwägungen angestellt, deren Kerngedanken er im Rahmen der Ausführungen in der Klageerwiderung vom 27. November 2020 und in der mündlichen Verhandlung weiter untermauert und nicht im Sinne einer Wesensveränderung entstellt habe. In der Gesamtschau sei der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass im Hinblick auf die abstandsflächenrechtlich relevanten Gesichtspunkte der Belichtung, Belüftung sowie eines ausreichenden Sozialabstandes durch die Baumaßnahmen i m V e r g l e i c h z u m V o r z u s t a n d keine Verschlechterung eintrete – da durch die Verkleinerung durch den Teilrückbau im Gegenteil sogar eine Verbesserung erreicht werde und im Übrigen die Maße des Baukörpers unverändert blieben – und dass insofern das Interesse des Beigeladenen an der Erhaltung des wirtschaftlichen Wertes der vorhandenen Bausubstanz und das öffentliche Interesse an der Vermeidung dessen Verfalles höher zu werten seien. Auch ein Vergleich mit der umliegenden, von einigen grenzständig errichteten Gebäuden geprägten Umgebung habe hierbei mit einbezogen werden dürfen.
Mit diesen Erwägungen, mit den ursprünglichen Ermessenserwägungen im angefochtenen Bescheid sowie mit den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen ergänzenden Erwägungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren hat sich der Kläger nicht im Einzelnen auseinandergesetzt. Im Übrigen bleibt auch insofern unklar, inwiefern sich andere grenzständige bzw. grenznahe Nebengebäude – wie der Kläger pauschal behauptet – hinsichtlich „Art und Massivität“ derart unterscheiden, dass dies im Rahmen der Ermessensausübung bzw. im Rahmen der Würdigung nachbarlicher Belange (Art. 63 Abs. 1 BayBO) von Bedeutung sein könnte. Dasselbe gilt für den ebenso pauschal vorgebrachten Umstand, dass es sich bei den sonstigen Nebengebäuden in der Umgebung ohne ausreichende Abstandsfläche um „alte Bauten“ handele.
2. Die Voraussetzungen einer Berufungszulassung wegen besonderer tatsächlicher und / oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (hierzu vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.) sind ebenfalls nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.
3. Die Berufung ist ferner nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Auch insofern genügt der Kläger seinen Darlegungsobliegenheiten nicht. In der Antragsbegründung wird schon keine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert, die der Senat im Berufungsverfahren beantworten soll; der Kläger legt auch der Sache nach nicht dar, welche entscheidungstragende Frage des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreits im Berufungsverfahren beantwortet werden müsste und warum diese Frage über den Einzelfall hinausgehend im Dienste der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer Klärung über ein Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 15 ZB 20.96 – juris Rn. 15 m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat und keinen sachdienlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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