Baurecht

Nachbarklage gegen „Anbau einer landwirtschaftliche Gemüsehalle“ (Lager- und Verladehalle) – Zulassung der Berufung abgelehnt

Aktenzeichen  9 ZB 18.1493

Datum:
28.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9653
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2, § 152 Abs. 1, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3
BauNVO § 4, § 5 Abs. 2 Nr. 8
GKG § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO könnte die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht wegen der eingeschränkten Überprüfbarkeit der richterlichen Überzeugungsbildung nur dann begründen, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder etwa gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen. (Rn. 12) (red. LS Alexander Tauchert)
2. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen, wenn nach der Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne einer „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung ausgeht. Hauptkriterien sind dabei die Höhe des Bauvorhabens, seine Länge, sein Volumen sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. (Rn. 21) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

AN 3 K 18.513 2018-05-29 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich als Nachbar gegen die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 27. Februar 2018 für den „Anbau an eine landwirtschaftliche Gemüsehalle“ (Lager- und Verladehalle) auf den Grundstücken FlNr. … … und … (nach Teilung des Grundstücks FlNr. … jetzt FlNr. …) Gemarkung P… in F… Der Kläger ist Eigentümer des westlich an das Grundstück FlNr. … angrenzenden Grundstücks FlNr. … sowie des davon westlich gelegenen Grundstücks FlNr. … derselben Gemarkung; die beiden klägerischen Grundstücke sind mit einem Doppelhaus bebaut. Das Verwaltungsgericht hat die Nachbarklage mit Urteil vom 29. Mai 2018 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
a) Dies gilt zunächst für das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe die Baugrundstücke und die Grundstücke des Klägers unzutreffend verschiedenen Baugebieten zugeordnet, weshalb es fehlerhaft eine Verletzung eines Gebietserhaltungsanspruchs des Klägers von vornherein ausgeschlossen habe.
Der Gebietserhaltungsanspruch, auch Gebietsbewahrungsanspruch genannt, gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 16). Dieser Anspruch gilt auch im faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – juris Rn. 15). Es gibt ihn jedoch nicht gebietsübergreifend (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 22) oder in Gemengelagen (BayVGH, B.v. 12.2.2019 – 9 CS 18.177 – juris Rn. 19 m.w.N.), weil in solchen Fällen das typische Austauschverhältnis zwischen den Grundstücken fehlt, welches den bauplanungsrechtlichen Grund für ein nachbarliches – von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiges – Abwehrrecht gegen das Eindringen gebietsfremder Nutzung darstellt (BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – juris Rn. 6; B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – juris Rn. 5).
Bei der Bestimmung der für die Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung des Bauvorhabens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 BauGB, die das hinsichtlich eines Gebietserhaltungsanspruchs zu beurteilende Baugebiet bildet, ist darauf abzustellen, inwieweit sich einerseits das geplante Bauvorhaben auf die Umgebung und andererseits die Umgebung auf das Baugrundstück prägend auswirken kann (grundlegend dazu: BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – BVerwGE 55, 369). Die räumlichen Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B.v. 14.10.2019 – 4 B 27.19 – juris Rn. 8). Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen, wobei der Grenzverlauf der näheren Umgebung nicht davon abhängig ist, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2).
Das Verwaltungsgericht ist – nach Durchführung eines gerichtlichen Augenscheins – zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Verletzung des drittschützenden Anspruchs auf Wahrung der Gebietsart in Bezug auf den Kläger schon deshalb nicht in Betracht zu ziehen ist, weil sich seine Grundstücke und die Grundstücke FlNr. … … und … (bzw. jetzt …), die das vom Verwaltungsgericht betrachtete „Baugrundstück“ für das Vorhaben des Beigeladenen darstellen (vgl. UA, S. 3), nicht innerhalb eines Baugebiets befinden, sondern im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwei Nutzungsarten aufeinandertreffen würden. Das Gebiet, in dem die Grundstücke des Klägers liegen, sei als allgemeines Wohngebiet einzuordnen. Der Gebietscharakter des angrenzenden Bereichs, in dem das Baugrundstück liege, sei rein landwirtschaftlich bzw. durch gartenbauliche Erzeugung geprägt und unterscheide sich in der Nutzungsart so erheblich von dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet, dass ein einheitlicher Gebietscharakter offensichtlich nicht vorliege, wobei offenbleiben könne, ob das Baugrundstück dem Außenbereich nach § 35 BauGB oder dem Innenbereich zuzuordnen sei. An das Wohngebiet schlössen sich ausschließlich Anlagen und Gebäude an, die dem gartenbaulichen Betrieb des Beigeladenen angehörten. Schon bisher hätten sich unmittelbar östlich an das Grundstück des Klägers angrenzend das nun abgerissene, großdimensionierte Gewächshaus, im Süden des (ehemaligen) Grundstücks FlNr. … die alte Hofstelle des Betriebs des Beigeladenen, im Osten die bereits bestehende Lager- und Verpackungshalle, sowie auf der anderen Seite der S… Straße auf Höhe des Wohnhauses des Klägers Gewächshausanlagen, östlich anschließend ein Gebäude zur Unterbringung von Saisonarbeitskräften des Beigeladenen und weitere landwirtschaftliche Hallen bzw. Betriebsgebäude befunden.
aa) Abgesehen davon, dass der Kläger sich nicht näher zum Umgriff der aus seiner Sicht maßgeblichen näheren Umgebung des Bauvorhabens äußert und auch nicht substantiiert darlegt, weshalb bei Annahme eines die Baugrundstücke und seine Grundstücke umfassenden allgemeinen Wohngebiets nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO oder eines – von ihm außerdem noch in Erwägung gezogenen – Dorfgebiets nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO ein ihm zustehender Gebietserhaltungsanspruch im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Nr. 4 bzw. § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO überhaupt verletzt sein könnte, ist sein Vorbringen nicht geeignet, die vorstehende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu den beiden aufeinandertreffenden unterschiedlichen Baugebietstypen ernstlich zweifelhaft erscheinen zu lassen.
(1) Soweit der Kläger unter Zuhilfenahme von Luftbildaufnahmen aus den Jahren 2009 bis 2017 die Entwicklung an die Baugrundstücke angrenzender Grundstücke, insbesondere der im südlichen Teil des Grundstück FlNr. … östlich angrenzenden Grundstücke FlNr. … und …, zur Wohnnutzung hin skizziert, führt er etwas an, was das Verwaltungsgericht mit seinem Ansatz, die den Baugrundstücken benachbarten Wohngrundstücke nicht zur näheren Umgebung zu zählen, nicht in Frage gestellt hat. Vielmehr hat es die Sachlage, dass sich an den Gartenbaubetrieb des Beigeladenen Wohnnutzung anschließt, seinen Überlegungen zugrunde gelegt. Der Kläger weist im Zulassungsantrag selbst darauf hin, dass im Protokoll zur mündlichen Verhandlung (mit Beweisaufnahme durch Augenschein) vom 29. Mai 2018 die unter den Beteiligten übereinstimmend so gesehene Wohnnutzung der Grundstücke FlNr. … und … – im Übrigen auch der südwestlich davon gelegenen Grundstücke – festgehalten ist.
(2) Der Kläger greift zwar in gewisser Weise auch die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) an, indem er vorträgt, die gartenbauliche Nutzung auf den Baugrundstücken dränge sich in die westlich und östlich davon gelegene Wohnnutzung hinein. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO könnte die Beweiswürdigung wegen der eingeschränkten Überprüfbarkeit der richterlichen Überzeugungsbildung aber nur dann begründen, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder etwa gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung noch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 9 ZB 16.2300 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 11.2.2020 – 8 ZB 19.1481 – juris Rn. 14 m.w.N.). Ein solch gravierender Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung bei der Bestimmung der maßgeblichen näheren Umgebung wird vom Kläger jedoch nicht aufgezeigt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Aus dem Umstand, dass das Grundstück FlNr. …, welches mit dem nördlich davon gelegenen Grundstück FlNr. … ehemals das einheitliche Grundstück FlNr. … bildete, bis an die P… Straße reicht und im dortigen sowie in südlichen Bereich des Grundstücks FlNr. … – wie schon anhand des Lageplans ersichtlich – sowohl westlich als auch östlich davon eine wohngebietstypische Bau- und Nutzungsstruktur vorzufinden ist, lässt sich nicht ableiten, dass das Verwaltungsgericht fälschlich von zwei benachbarten faktischen Baugebieten mit einer gemeinsamen Grenze zwischen den Grundstücken des Klägers und dem Grundstück FlNr. … (jetzt …) ausgegangen ist. Denn es ist nicht fraglich, dass der nördliche Teil des ursprünglichen Grundstücks FlNr. … (jetzt …), auf dem im Wege eines Anbaus Lagerhalle und Verladehalle an Stelle eines dort zuvor befindlichen Gewächshauses neu errichtet werden sollen, sowie die östlich und nördlich davon gelegenen Grundstücke eine andere Bau- und Nutzungsstruktur aufweisen als die Wohnbebauung auf den westlichen Nachbargrundstücken. Ob das gesamte ehemalige Grundstück FlNr. … zur näheren Umgebung des Bauvorhabens gerechnet werden konnte, wozu das Verwaltungsgericht anscheinend tendierte, kann dabei offenbleiben. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass insoweit eine Rechtsposition des Klägers betroffen sein könnte. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Entkoppelung benachbarter einheitlich geprägter Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie nicht zu fordern.
bb) Der Hinweis des Klägers auf den Flächennutzungsplan, der im Bereich des Baugrundstücks „Wohnnutzung“ darstelle, ist unbehelflich. Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass sich der Kläger nicht auf die Darstellungen des Flächennutzungsplans berufen kann, sondern die Eigenart der näheren Umgebung nach den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung zu bestimmen ist (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 9 ZB 16.2300 – juris Rn. 6).
cc) Auch das Vorbringen, die vielfach eingeholten schall-schutztechnischen Untersuchungen und die daraus resultierende Notwendigkeit von Lärmschutzwänden zugunsten der sowohl westlich als auch östlich des Baugrundstücks FlNr. … (bzw. …) gelegenen Wohnbebauung bestätigten die Prägung durch Wohnbebauung, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Die betreffenden Maßnahmen sind hier vielmehr dem Umstand geschuldet, dass unabhängig von der fehlenden gegenseitigen Prägung aufgrund der aufgezeigten städtebaulichen Strukturunterschiede zwischen den Baugebieten, denen die Baugrundstücke und die Grundstücke des Klägers jeweils angehören, von einer Drittschutz vermittelnden Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme auszugehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7.10 – juris Rn. 23). Dem ist auch in Bezug auf den erforderlichen Schallschutz für benachbarte Wohnbebauung Rechnung zu tragen.
b) Das Zulassungsvorbringen weckt aber auch im Hinblick auf die ebenfalls geltend gemachte Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris Rn. 17 m.w.N.).
aa) In Bezug auf den vom Bauvorhaben ausgehenden Lärm ist mit dem Zulassungsvorbringen nicht substantiiert dargelegt, warum entgegen den vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Ergebnissen der schalltechnischen Begutachtungen im Baugenehmigungsverfahren und trotz der in der Baugenehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz (Auflagen und Hinweise A160, H161 bis H163), u.a. betreffend die Errichtung einer Lärmschutzwand zu den Grundstücken des Klägers hin (s. H162), unzumutbare Belästigungen für ihn hervorgerufen werden würden. Allein der Hinweis auf Störungen anderer Intensität als von dem vorher benachbarten Gewächshaus, etwa im Hinblick auf maschinelle Verarbeitung und Lieferverkehr, reicht hierfür nicht aus.
bb) Soweit der Kläger vortragen lässt, dass das Vorhaben rücksichtslos sei, weil es sich zwischen die vorhandene Wohnbebauung dränge, lässt er außer Betracht, dass das Verwaltungsgericht die Baugrundstücke einem anderen, nämlich landwirtschaftlich bzw. gartenbaulich geprägten Baugebiet zugeordnet hat, weshalb ein Gebietserhaltungsanspruch, den der Kläger unter dem Deckmantel des Rücksichtnahmegebots hier wiederum geltend macht, nicht greifen kann.
cc) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Verwaltungsgericht die einmauernde Wirkung des genehmigten Hallenanbaus und der Lärmschutzwand mit einem Abstand von 3 m zur östlichen Grundstücksgrenze des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen, wenn nach der Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne einer „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung ausgeht. Hauptkriterien sind dabei die Höhe des Bauvorhabens, seine Länge, sein Volumen sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 – 9 CS 17.361 – juris Rn. 22; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 28).
Das Verwaltungsgericht hat hier die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und eine erdrückende bzw. einmauernde Wirkung verneint. Es hat dabei die räumlichen Ausmaße des Hallenanbaus und der Lärmschutzwand mit 3,50 m über GOK auf einer Länge von 29 m entlang der östlichen Grundstücksgrenze des Klägers einbezogen und außerdem in seine Überlegungen eingestellt, dass – auch im Zulassungsverfahren nicht (substantiiert) bestritten – die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen eingehalten seien, die eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung gewährleisteten und deren Einhaltung eine Indizwirkung gegen das Vorliegen einer erdrückenden Wirkung zukomme (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 9 ZB 18.912 – juris Rn. 10). Insoweit ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Lärmschutzwand im Westen des Baugrundstücks FlNr. … nach der Baugenehmigung mit einem Abstand von 3,70 m zur Grundstücksgrenze des Klägers zu errichten ist und im Übrigen selbst eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften allein keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme indizieren würde (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2019 – 9 ZB 17.1335 – juris Rn. 13 m.w.N.). Hinsichtlich des geplanten Hallenanbaus hat das Verwaltungsgericht dessen Dimensionierung mit einer Firsthöhe von 8,38 m und einer Dachneigung von 12% in seine Sachverhaltswürdigung einbezogen. In Bezug auf die Lärmschutzwand sei zu berücksichtigen, dass das abgerissene Gewächshaus komplett in die Tiefe des Grundstücks FlNr. … (jetzt …) hineingereicht und bei einer Höhe von ca. 3,50 m und ohne Einhaltung der Abstandsflächen an den westlichen Grundstücksgrenzen eine erhebliche optische Vorbelastung mit sich gebracht habe. Da das Grundstück des Klägers nach dem Ergebnis des Augenscheins ca. 80 cm höher liege, werde die Lärmschutzwand das Grundstück des Klägers mit einer Höhe von 2,70 m belasten. Eine durchgezogene Mauer gegen Lärm sei im Verfahren klägerseits zudem gefordert worden.
(1) Die aus Sicht des Klägers nicht ausreichend berücksichtigten Aspekte, dass das Gewächshaus aus Glas und durchscheinend sowie nur 2,0 bis 3,50 m hoch gewesen sei, während der Hallenanbau und die Lärmschutzwand massive, lichtundurchlässige sowie höhere Bauten darstellten, betreffen das Ausmaß der vom Verwaltungsgericht angenommenen Vorbelastung, auf welche das Verwaltungsgericht im Rahmen der beschriebenen Gesamtbetrachtung ersichtlich nicht tragend, sondern nur ergänzend abgestellt hat (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 28). Die Annahme einer Vorbelastung erscheint im Hinblick auf die Nähe des im Zuge der Verwirklichung des Bauvorhabens abgerissenen Gewächshauses zur gemeinsamen Grundstücksgrenze unabhängig von dessen Beschaffenheit und genauer Höhe zudem nicht unplausibel. Die betreffenden Einwände des Klägers genügen aufgrund der vom Verwaltungsgericht insgesamt angeführten Umstände, insbesondere der Höhe der zu betrachtenden Baukörper des Bauvorhabens, nicht, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2019 – 9 ZB 17.1335 – juris Rn. 13 m.w.N.).
(2) Letzteres gilt auch für das Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht die jeweilige Länge des Hallenanbaus auf der Westseite mit insgesamt ca. 50 m und der Lärmschutzmauer mit über 70 m sowie die optischen Wirkungen in ihrer gegenseitig verstärkenden Kombination nicht ausreichend berücksichtigt habe. Es ist damit weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Doppelhaus des Klägers nur noch oder überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene bauliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris Rn. 22 m.w.N.; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 31).
2. Die geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, wie die vorstehenden Ausführungen zum Zulassungsvorbringen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zeigen, ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren klären. Die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger genügt nicht, besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2019 – 9 ZB 16.2615 – juris Rn. 13).
3. Soweit die im Rahmen ernstlicher Zweifel geltend gemachten Ausführungen einer – jedoch nicht ausdrücklich geltend gemachten – Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zugeordnet werden können, lässt sich dem Zulassungsantrag jedenfalls nicht entnehmen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- und Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2020 – 8 ZB 19.1481 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene im Zulassungsverfahren einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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