Baurecht

Nichtigkeit einer herangezogenen Verbesserungsbeitragssatzung

Aktenzeichen  AN 19 K 18.02409

Datum:
22.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16693
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4b, Nr. bb 1, Nr. cc 2
VwGO § 67 Abs. 2 S 2 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 6, Nr. 7, § 79 Abs. 1 Nr. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 1, Abs. 2
BGW-EWS 2013 § 3 Abs. 3
AGO § 169 Abs. 2 S. 1, § 170 Abs. 1
VES-EWS § 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung ist unwirksam, wenn sie keinen ordnungsgemäßen textlichen Beschrieb der Verbesserungsmaßnahme aufweist (vgl. hierzu BayVGH, U. v. 16.3.1988 – 23 CS 87.04228). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein auf eine unwirksame Verbesserungsbeitragssatzung gestützter Verbesserungsbeitragsbescheid kann als Herstellungsbeitragsbescheid aufrechterhalten werden (so BayVGH, U. v. 16.3.2005 -23 BV 04.2295, BeckRS 2010, 45325). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 15. November 2018 (Az. …*) wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die vorliegende Klage ist zulässig und begründet, weil der angefochtene Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … – … vom 15. November 2018 rechtswidrig ist und die Klägerin in eigenen Rechten verletzt, so dass der Klage stattzugeben und der Widerspruchsbescheid aufzuheben war, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
Gegenstand der Klage ist der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 15. November 2018 (AZ.: …), der den Verbesserungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 10. September 2015 für die öffentliche Entwässerungseinrichtung hinsichtlich des Grundstückes mit der Flurnummer … der Gemarkung … zum Gegenstand und diesen aufgehoben hatte, § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO.
II.
Der angefochtene Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig. Denn der gegen den Verbesserungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 10. September 2015 gerichtete Widerspruch der Beigeladenen vom 25. November 2015 ist zwar zulässig, insbesondere wurde er form- und fristgerecht eingereicht, erweist sich jedoch als unbegründet, weil der zugrunde liegende Bescheid rechtmäßig ist. Dies führt zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung des hier angefochtenen Widerspruchsbescheids.
1. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet.
Die Klägerin, ein Kommunalunternehmen in der Rechtsform der Anstalt des Öffentlichen Rechts, betreibt für die Marktgemeinde … auf der Grundlage der „Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Gemeindewerke … (Entwässerungssatzung EWS) vom 16. Juli 2012“ eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung (Entwässerungseinrichtung) für das Gemeindegebiet.
Die von der Klägerin im Verbesserungsbeitragsbescheid vom 10. September 2015 explizit herangezogene Rechtsgrundlage, nämlich die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (VES-EWS) vom 9. August 2012, stellt sich zwar nach Auffassung der erkennenden Kammer als unwirksam dar. So hat bereits die 1. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach in ihrem Urteil vom 25. Juli 2017 unter dem gerichtlichen Az.: AN 1 K 15.01781 festgestellt, dass die VES-EWS 2012 unwirksam sei, weil sie keinen ordnungsgemäßen textlichen Beschrieb der Verbesserungsmaßnahme aufweise, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dies fordere (unter Hinweis auf BayVGH, U.v.16.3.1988 – 23CS87.04228, GK 1989/9). Eine Feststellung der Nichtigkeit einer Satzung durch ein Verwaltungsgericht ist nicht allgemeinverbindlich, sondern bindet nur die Parteien des dem Urteil zugrundeliegenden Verfahrens. Allerdings schließt sich die erkennende Kammer den ausführlichen und überzeugenden Urteilsgründen der 1. Kammer an, sodass auch im vorliegenden Verfahren von einer Unwirksamkeit der VES-EWS 2012 ausgegangen wird.
Als Rechtsgrundlage für den Verbesserungsbeitragsbescheid vom 10. September 2015 kann jedoch die „Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) der Gemeindewerke … vom 10. Oktober 2013“ (im Folgenden: BGS-EWS 2013) herangezogen werden. Insoweit hatte die 1. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach in ihrem Urteil vom 25. Juli 2017 (a.a.O.) weiter ausgeführt, dass mit der BGS-EWS 2013 die Klägerin „erstmals gültiges Herstellungsbeitragsrecht geschaffen“ habe. Nachdem auch im vorliegenden Verfahren keine Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der BGS-EWS 2013 vorgetragen wurden oder ersichtlich sind, geht die erkennende Kammer hier ebenfalls von der Rechtswirksamkeit aus. Dieser Rechtsauffassung hat sich auch die Widerspruchsbehörde angeschlossen (vgl. u.a. Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 an die Widerspruchsführerin, Bl. 29 ff. der Widerspruchsakte).
Ein auf eine unwirksame Verbesserungsbeitragssatzung gestützter Verbesserungsbeitragsbescheid kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als Herstellungsbeitragsbescheid aufrechterhalten werden (BayVGH, U.v.1.3.2007 – 23 B06.1668, Rn. 37 – juris, BayVGH, U.v.16.3.2005, 23 BV 04.2295, – juris). Dem BayVGH folgend ist im Falle einer nichtigen Verbesserungsbeitragssatzung die Heranziehung einer – rechtswirksamen – Herstellungsbeitragssatzung nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, „wenn er (gemeint ist der angefochtene Beitragsbescheid, Anm. der Kammer) sich aus anderen Gründen, als sie die Verwaltungsbehörde angegeben hat, als rechtmäßig erweist, ohne dass an dem Spruch etwas Wesentliches geändert zu werden braucht“ (BayVGH, U.v.16.3.2005, 23 BV 04.2295, Rn. 35, – juris). So liegt der Fall auch hier, weil für das Grundstück der Beigeladenen ein Beitrag in einer bestimmten Höhe festgesetzt worden ist, wobei die mit der VES-EWS 2012 angegebene Rechtsgrundlage nicht Bestandteil des „Spruchs“, also der Verfügung, sondern der Begründung ist. Maßgeblicher Bestandteil des verfügenden Teils der Beitragsfestsetzung ist hingegen die Umlegung der Verbesserungsmaßnahme auf das Grundstück der Beigeladenen. Die hier abgerechnete Verbesserungsmaßnahme ist jedoch auch in die nunmehr heranzuziehende BGS-EWS rechnerisch interniert, mithin einkalkuliert worden, um auf diese Weise eine abgabenrechtlich gebotene Gleichbehandlung von sog. Alt- und Neuanschließern sicherzustellen. Jedenfalls ist auch diesbezüglich nichts Gegenteiliges von den Beteiligten vorgetragen worden bzw. für das Gericht ersichtlich.
2. Entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde erweist sich der Verbesserungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 10. September 2015 in formeller und materieller Hinsicht als rechtmäßig.
Nach Mitteilung der Klägervertreterin durch Schriftsatz vom 31. März 2020 an das Gericht (Bl. 86f. der Gerichtsakte) erfolgte der Abschluss der Verbesserungsbeitragsmaßnahmen im September 2012 (vgl. Mitteilung des Ingenieurbüros an die Klägerin vom 1. Oktober 2012, wonach die Betriebsfähigkeit des Bauwerks in der letzten Septemberwoche 2012 fertiggestellt worden sei, Bl. 183 der Gerichtsakte), so dass die Beitragsschuld – im Zeitpunkt des Erlasses des dem Widerspruchsverfahren zugrundeliegenden Bescheids – entstanden war, § 3 Abs. 1 BGS-EWS 2013.
Die Summe aus bereits geleisteten Zahlungen der Beigeladenen auf den ursprünglichen Herstellungsbeitrag und dem nunmehr geforderten Verbesserungsbeitrag in Höhe von 968,88 Euro erreicht im Übrigen nicht die Höhe des Herstellungsbeitrages aufgrund der BGS-EWS 2013, so dass eine abgabenrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung von Alt- und Neuanschließern auch insoweit ausgeschlossen ist. Insgesamt hat die Beigeladene nämlich bereits 2592,10 Euro (entspricht 5184,20 DM) an Herstellungsbeiträgen entrichtet (vgl. Herstellungsbeitragsbescheid vom 27. Oktober 1994, Bl. 18 der Widerspruchsakte). Dies ergibt – zzgl. der nunmehr festgesetzten 968,88 Euro – eine Veranlagungssumme von insgesamt 3560,98 Euro. Auf der Grundlage der BGS 2013 (1,37 pro m² Grundstücksfläche und 12,05 Euro pro m² Geschossfläche) ergäbe sich für das Grundstück der Beigeladenen ein (fiktiver) Herstellungsbeitrag in Höhe von 6359,09 Euro ((1572 m² x 1,37 Euro)+(349 m² x 12,05 Euro)). Mithin war die Klägerin berechtigt, von der Beigeladenen, welche eine sog. Altanschließerin ist, einen Verbesserungsbeitrag in der geforderten Höhe geltend zu machen.
3. Die Widerspruchsbehörde ist richtigerweise davon ausgegangen, dass die Festsetzungsverjährungsfrist im vorliegenden Fall nicht abgelaufen ist. Diese beträgt für Kommunalabgaben grundsätzlich 4 Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 3. Spiegelstrich KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO). Gemäß § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabenschuld entstanden ist, im Falle der Ungültigkeit der Beitragssatzung jedoch erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die gültige Beitragssatzung bekanntgemacht worden ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) 2. Spiegelstrich KAG). Demnach begann der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2013 und endete am 31. Dezember 2017. Die Festsetzung erfolgte jedoch bereits durch Bescheid vom 10. September 2015, sodass eine Verjährung nicht eingetreten ist.
4. Entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde ist allerdings auch die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG festgelegte Höchstfrist von 20 Jahren, die aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BVR 2457/08 – juris) Eingang in das Gesetz gefunden hat, wonach eine Beitragserhebung mehr als 20 Jahre nach Eintritt der „Vorteilslage“ ausgeschlossen ist, im vorliegenden Fall nicht überschritten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die daraufhin eingefügte Regelung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG knüpft an die Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) 2. Spiegelstrich KAG an, „dass im Fall der Ungültigkeit einer Beitragssatzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Beitragssatzung bekanntgemacht worden ist“. Diese Regelung führte nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu folgendem Problem: „Der Gesetzgeber hat jedoch in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) 2. Spiegelstrich KAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Eine zeitliche Obergrenze für den Beginn der Verjährungsfrist fehlt; der Interessenkonflikt ist einseitig zu Lasten des Bürgers aufgelöst.“ (BVerfG, aaO, Orientierungssatz 2b).
Maßgeblich ist demnach der Eintritt der Vorteilslage. Abzustellen ist insoweit auf die durch die inmitten stehende Verbesserungsmaßnahme entstandene Vorteilslage, welche in der Betriebsfähigkeit des Verbesserungsbauwerks im September 2012 (s.o.) zu sehen ist.
Denn der Begriff des Vorteils ist nach der Rechtsprechung des BayVGH rein tatsächlich zu verstehen (so z.B. BayVGH, U.v. 20.5.2019, 20 B 18.1431, Rn. 40, – juris). Vorliegend geht es gerade nicht mehr um den Vorteil, der einst aus der ursprünglichen Herstellung erwachsen ist, sondern um denjenigen, welcher aus der Verbesserungsmaßnahme resultiert. In diesem Sinne führt der BayVGH (a.a.O., Rn. 41 – juris) aus: „Bei der Bestimmung des Vorteils kann allerdings nicht alleine auf die erstmalige Anschlussmöglichkeit an die leitungsgebundene Einrichtung abgestellt werden, sondern es ist zu differenzieren. Denn der Eintritt einer neuen Vorteilslage setzt hinsichtlich des neu hinzukommenden Vorteils die Ausschlussfrist gesondert in Gang (LT-Drs. 17/370 S. 13 Nr. 1 a).“
Demgegenüber hat die Widerspruchsbehörde für das Entstehen der hier maßgeblichen Vorteilslage auf die Fertigstellung der Entwässerungsanlage im Jahre 1993 abgestellt. Denn nach Auskunft der Klägerin ist die Schlussrechnung über die Kanalarbeiten bereits im Jahre 1993 ergangen, sodass die Ausschlussfrist bereits im Jahre 2013 geendet habe und der Bescheid vom 10. September 2015 daher zu spät ergangen sei.
Dieser Auffassung liegt letztlich ein falsches Verständnis von dem hier maßgeblichen Begriff der „Vorteilslage“ zugrunde: Die Widerspruchsbehörde geht offenbar davon aus, dass durch den Rückgriff auf die BGS-EWS 2013 die ursprüngliche Herstellungsmaßnahme, das heißt die erstmalige Herstellung der Entwässerungsanlage im Jahre 1993, sozusagen „wiederauflebt“.
Dabei wird jedoch verkannt, dass die Kanalarbeiten im Jahre 1993 längst abgerechnet sind und für die Festsetzung des nunmehr geltend gemachten Verbesserungsbeitrages nur noch insoweit eine Rolle spielen, als die Summe der bereits geleisteten Herstellungsbeiträge und dem Verbesserungsbeitrag nicht die Höhe des nunmehr im Falle einer Neuanschließung fälligen Herstellungsbeitrages, in den kalkulatorisch auch die Verbesserungsmaßnahme aus dem Jahre 2012 eingeflossen ist, erreichen darf. Dies ist jedoch nicht der Fall (siehe oben).
Vorliegend steht daher allein die Vorteilslage inmitten, wie sie sich aufgrund der Verbesserungsmaßnahme des Jahres 2012 darstellt. Würde man der Rechtsauffassung der Widerspruchsbehörde folgen, dass nämlich auf die ursprüngliche Herstellungsmaßnahme und deren Abschluss abzustellen sei, würde dies zu dem – vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewünschten – Ergebnis führen, dass sogenannte Altanschließer nach Ablauf von 20 Jahren nach der Fertigstellung der Herstellungsmaßnahme nicht mehr zu einem Verbesserungsbeitrag herangezogen werden könnten. Dies wiederum würde eine nicht begründbare und daher willkürliche Ungleichbehandlung zwischen Alt- und Neuanschließern nach sich ziehen. Der Gesetzgeber hat jedoch in Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 KAG zum Ausdruck gebracht, dass die Gemeinden berechtigt sind, auch für Verbesserungsmaßnahmen kostendeckende Beiträge zu erheben.
Im vorliegenden Falle ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Beigeladene mit den bisher geleisteten Herstellungsbeiträgen und dem nunmehr festgesetzten Verbesserungsbeitrag deutlich unter dem bleibt, was ein (fiktiver) Neuanschließer zu zahlen hätte.
Dass der Verbesserungsbeitrag aufgrund der Nichtigkeit der VES-EWS 2012 auf der Grundlage der BGS-EWS 2013 erhoben wird, führt demnach nicht dazu, dass auf die im Jahre 1993 eingetretene Vorteilslage abzustellen wäre.
Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG wurde aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) in das Gesetz eingefügt, um zu verhindern, dass der grundsätzlich abgabenpflichtige Bürger ohne für ihn erkennbaren Grund, nämlich aufgrund fehlenden wirksamen Satzungsrechts, jahrzehntelang nicht zu einem Beitrag herangezogen wird, obwohl die Erschließungsanlage bereits seit mehr als 20 Jahren ersichtlich fertiggestellt und benutzbar ist. Vergleichbarer Vertrauensschutz liegt dem vorliegenden Fall jedoch gerade nicht zugrunde: Denn die Kanalarbeiten aus dem Jahre 1993 sind – jedenfalls für das Grundstück der Beigeladenen – längst abgerechnet (durch Bescheide aus dem Jahre 1994) und spielen für die hiesige Vorteilslage ersichtlich keine Rolle mehr.
Nach alledem ist die zwanzigjährige Ausschlussfrist im vorliegenden Fall bei Weitem noch nicht abgelaufen. Weitere Gründe, die den Bescheid der Klägerin vom 10. September 2015 rechtswidrig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Der von der Beigeladenen angeführte teilweise feuchte Keller ist nicht geeignet, eine teilweise Rechtswidrigkeit des festgesetzten Betrages zu begründen. Etwaige Probleme mit der Nutzbarkeit an die Entwässerungseinrichtung angeschlossener Räumlichkeiten liegen in der Sphäre des Abgabenschuldners und können sich nicht abgabenmindernd auswirken.
III.
Der Bescheid der Klägerin vom 10. September 2015 erweist sich daher als rechtmäßig, sodass der angefochtene Widerspruchsbescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in eigenen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klage ist daher begründet und der Widerspruchsbescheid vom 15. November 2018 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.


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