Baurecht

Normenkontrolle einer Beitragssatzung; Erhebung allgemeiner Herstellungsbeiträge und sog. besonderer Herstellungsbeiträge für die Herstellung einer zentralen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung

Aktenzeichen  4 K 127/21

Datum:
17.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 4. Senat
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0517.4K127.21.00
Normen:
Art 33 Abs 4 GG
§ 47 Abs 2 S 1 VwGO
§ 13b KAG ST
§ 18 Abs 2 KAG ST
§ 10 Abs 1 KAG ST
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Zur Prüfung eines Einwands im Normenkontrollverfahren, eine Beitragssatzung habe teilweise keinen Anwendungsbereich mehr und sei infolge dauernder Unerfüllbarkeit des Normzwecks obsolet geworden.(Rn.31)

2. § 10 Abs 1 S 1 KAG LSA (juris: KAG ST 1996) verstößt weder gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG noch ist die Regelung dahingehend auszulegen, dass nicht alle darin genannten Tätigkeiten kumulativ übertragen werden dürfen.(Rn.53)

3. § 10 Abs 1 S 2 KAG LSA (juris: KAG ST 1996) ist dahingehend auszulegen, dass die in § 10 Abs 1 S 1 KAG LSA (juris: KAG ST 1996) genannte Satzungsbestimmung nur erfolgen darf, wenn einerseits die ordnungsmäßige Erledigung der übertragenen Aufgaben nach den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt durch den Dritten und andererseits die Kontrolle dieser ordnungsgemäßen Erledigung durch die Kommune gewährleistet ist. Abzustellen ist dabei auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass der Satzungsbestimmung zur Übertragung der Aufgabe(n).(Rn.57)

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin, Eigentümerin eines Grundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, wendet sich mit ihrer Normenkontrolle gegen eine Beitragssatzung der Antragsgegnerin, aufgrund derer allgemeine Herstellungsbeiträge und sog. besondere Herstellungsbeiträge (Herstellungsbeiträge II) für die Herstellung einer zentralen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung der Antragsgegnerin erhoben werden.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 wurde die Antragstellerin für ihr Grundstück zu einem Herstellungsbeitrag II herangezogen. Rechtsgrundlage war eine Beitragssatzung der Antragsgegnerin vom 24. September 2015. Auf die Klage der Antragstellerin hob das Verwaltungsgericht Halle den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides auf, da die Satzung nichtig sei. Einen Berufungszulassungsantrag lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 4. Juni 2019 ab.
Am 29. Juni 2019 wurde eine Schmutzwasserbeitragssatzung der Antragsgegnerin – SBS 2019 – öffentlich bekannt gemacht, die rückwirkend ab 3. Oktober 2015 in Kraft treten sollte. Mit Bescheid vom 29. Juli 2019 wurde die Antragstellerin auf der Grundlage dieser Satzung für ihr Grundstück zu einem Herstellungsbeitrag II in Höhe von 13.441,12 € herangezogen. Nach dem Bescheid erfolge die Festsetzung innerhalb der durch die gerichtliche Kassation des vorherigen Bescheides verlängerten Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3a Satz 3 AO. Die Antragstellerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch.
Am 4. Juni 2020 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin eine neue Schmutzwasserbeitragssatzung – SBS 2020 -, die im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht wurde und am 28. Juni 2020 in Kraft treten sollte. Gegen diese Satzung hat die Antragstellerin am 10. Mai 2021 einen Normenkontrollantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Beitragsbescheid vom 29. Juli 2019 mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2021 zurückgewiesen. Darin hat sie aus Gründen der Billigkeit einen einzelfallbezogenen Doppelbelastungsausgleich vorgenommen und den im Bescheid festgesetzten Herstellungsbeitrag im Umfang der Differenz zur Beitragshöhe erlassen, die sich aus der für die Zukunft geltenden aktuellen Satzung ergeben würde, d.h. in Höhe von 4.512,38 €. Die Antragstellerin hat Anfechtungsklage erhoben, über die – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
Die Antragstellerin macht zur Begründung ihres Antrages geltend, dieser sei zulässig, weil die SBS 2020 aus verschiedenen Gründen Auswirkungen auf das Beitragsschuldverhältnis zwischen den Beteiligten habe.
Die SBS 2020 verstoße mit ihrem § 15 Abs. 1 hinsichtlich der Herstellungsbeiträge II gegen § 18 Abs. 2 i.V.m. § 13b KAG LSA, da ein Herstellungsbeitrag II auf Grund dieser Regelungen nach dem 31. Dezember 2015 nicht mehr festgesetzt werden könne. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 171 Abs. 3a AO berufen.
§ 1 Abs. 4 SBS 2020 sei nichtig. Eine vollständige Aufgabenübertragung verstoße gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG, so dass § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA dahingehend auszulegen sei, dass nur einzelne der dort genannten Aufgaben übertragen werden dürften, aber immer letzten Endes der Hoheitsträger selbst die Entscheidung über den Erlass der Abgabenbescheide treffen müsse. Die Ausführungen der Antragstellerin seien nicht geeignet, einen solchen Verstoß auszuschließen. Es werde nicht deutlich, dass es hier überhaupt noch eine Art von Kontrolle in dem gesamten Vorgang gebe. Dies stimme auch überein mit den fachlichen Problemen mit den Beitragsbescheiden. Die Widerspruchsverfahren würden völlig unzureichend bearbeitet werden. Es sei nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin fachlich qualifiziertes Personal und zudem noch Beamte für die Erstellung und den Erlass der Beitragsbescheide zur Verfügung stelle. Zudem liege ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA vor. Dazu sei es erforderlich, dass sich die von der Antragsgegnerin in § 1 Abs. 4 SBS 2020 beauftragten Dritten einer kommunalrechtlichen Rechnungsprüfung unterwerfen. Eine von der Antragsgegnerin genannte allgemeine Kontrollpflicht sei nicht ausreichend; zudem sei nicht nachvollziehbar, auf welche Art und Weise diese von der Antragsgegnerin durchgeführt worden sei. Die von ihr genannten Umstände seien nicht überzeugend, außerdem habe sie weder den Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke GmbH noch den Vertrag mit der W. Betriebsgesellschaft mbH vorgelegt.
Die Erhebung des Herstellungsbeitrages II sei auch deshalb nicht möglich, da zum Stichtag 16. Juni 1991 das gesamte Satzungsgebiet nicht an eine zentrale Kläranlage der Antragsgegnerin angeschlossen gewesen sei und auch keine tatsächlich und rechtlich dauerhaft gesicherten Anschlüsse vorhanden gewesen seien. Das Klärwerk G. habe sich außerhalb des Gemeindegebiet befunden, so dass die Abwasserleitungen notwendigerweise über nicht der Antragsgegnerin gehörende Grundstücke verlaufen müssten; Nachweise über eine notwendige Sicherung seien nicht vorgelegt worden. Es sei nicht klar, ob die Antragsgegnerin überhaupt wirtschaftliche Trägerin (gewesen) sei. Es gebe keine Informationen, wer 1991 Rechtsträger des Klärwerks gewesen sei. Zudem seien auch keine wie auch immer geartete Nutzungsverträge mit der Gemeinde G. hinsichtlich der Nutzung des Klärwerks nachgewiesen worden. Letzten Endes sei noch nicht einmal bestätigt worden, dass das Klärwerk zu DDR-Zeiten überhaupt eine öffentliche Anlage gewesen und nicht dem VEB Hydrierwerk A-Stadt/H. A-Stadt zugeordnet gewesen sei. Eine neue Hauptabwasserleitung, die nach 1994 zum Klärwerk G. verlegt worden sei, verlaufe nicht in einer öffentlichen Straße. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Leitungsverlauf der alten Hauptabwasserleitung einen anderen Verlauf gehabt habe. Grundbuchrechtliche Sicherungen trage die Antragsgegnerin weder für die neue noch die alte Hauptabwasserleitung vor. Aus den von der Antragsgegnerin im Verfahren nunmehr vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass der zu DDR-Zeiten zuständige Planungsträger selbst – teilweise ausdrücklich – davon ausgegangen sei, dass es sich bis zum Bau einer vollbiologischen Reinigungsstufe bei der Anlage nur um ein Provisorium handele. Eine solche Reinigungsstufe sei aber, wie sich aus der vorgelegten Fotodokumentation ergebe, nicht errichtet worden. Im Übrigen habe die Nichterfüllung der zu DDR-Zeiten erteilten Auflagen und Bedingungen zur Herstellung der Vollbiologie durch den VEB W. H-Stadt wohl dazu geführt, dass die Anlage sogar ganz ohne die notwendigen Genehmigungen betrieben worden und also auch rechtlich nur ein Provisorium gewesen sei. Zudem spreche viel dafür, dass die Verbindungsleitungen vom Stadtgebiet der Antragsgegnerin zur Kläranlage schon lange dem Stand der Technik nicht entsprochen hätten und ebenfalls nur als Provisorium zu betrachten seien. Die fehlende Kapazität bzw. Überlastung des Hauptwassersammlers sei schon 1965 angenommen worden und im Ergebnis sei erst nach der Wiedervereinigung eine ordnungsgemäße Abwasserleitung errichtet worden. Unklar sei auch, welche Teile des Stadtgebietes der Antragsgegnerin überhaupt an diesen Hauptsammler angeschlossen gewesen seien und welche Abwässer in dem Klärwerk bis zum 15. Juni 1991 angekommen seien.
Daraus folge, dass die Satzung funktionslos sei, so dass nicht nur die Beitragserhebung selbst berührt sei. Bei der Funktionslosigkeit einer Satzung könne die Feststellung ihrer Nichtigkeit begehrt werden, um den dadurch gesetzten Rechtsschein zu beseitigen, analog der Rechtsprechung zu nichtigen Verwaltungsakten. Zudem fehle es auch an einer ordnungsgemäßen Beitragskalkulation, da der Umstand, dass die sogenannten Alt-Anschlussnehmer 1991 nicht an das Klärwerk tatsächlich und rechtlich gesichert angeschlossen gewesen seien, selbstverständlich beachtlich gewesen wäre.
Es sei auch davon auszugehen, dass die gerügten Mängel nicht nur zur Teilnichtigkeit der Satzung führten, sondern – insbesondere auch bei einer Nichtigkeit des § 1 Abs. 4 SB2020 – analog § 139 BGB zu deren Gesamtnichtigkeit. Denn die Antragsgegnerin hätte in Kenntnis der Nichtigkeit der Vorschriften bzw. der fehlenden gesetzlichen Grundlagen der Beitragserhebung bzw. Aufgabenübertragung, die restliche Satzung wohl kaum in dieser Form erlassen. Inzwischen sei § 6 KAG LSA auch geändert worden und eine ganz oder teilweise Finanzierung der Anlagen über Gebühren möglich. Dies mache auch eine erneute Entscheidung der Antragsgegnerin über die Schmutzwasserbeitragssatzung erforderlich.
Die Antragstellerin beantragt,
die Schmutzwasserbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 4. Juni 2020 mit Ausnahme von § 14 Abs. 1 und 2 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig, da der Antragstellerin die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fehle. Der ihr gegenüber erlassene Beitragsbescheid beruhe auf der SBS 2019 als der im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblichen satzungsrechtlichen Grundlage, so dass das Beitragsschuldverhältnis der Verfahrensbeteiligten durch die erst im Juni 2020 in Kraft getretene SBS 2020 gegenwärtig und auch in absehbarer Zeit nicht unmittelbar berührt sei.
Der Antrag sei auch unbegründet. Ob eine Abgabenfestsetzung nach § 18 Abs. 2 i.V.m. § 13b KAG LSA ausgeschlossen sei, sei eine Frage des konkreten Rechtsverhältnisses und betreffe damit von vornherein nicht die Satzung als solche. Es sei in diesem Zusammenhang außerdem auf § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i. V. m. § 171 Abs. 3a Satz 3 AO hinzuweisen. Selbst wenn eine Erhebung des Herstellungsbeitrages II im gesamten Satzungsgebiet mangels Vorliegens der Voraussetzungen der SBS 2020 nicht mehr in Betracht komme, führe das schließlich allenfalls zur Funktionslosigkeit der entsprechenden Regelung, weil es ihr an Anwendungsfällen mangele. Das allein mache sie aber nicht rechtswidrig, sondern lediglich überflüssig.
Der hinsichtlich § 1 Abs. 4 SBS 2020 erhobene Vorwurf richte sich gegen die – vom Oberverwaltungsgericht bisher nicht beanstandete – Verfassungskonformität des § 10 Abs. 1 KAG LSA, der sie zu genau der in § 1 Abs. 4 SBS 2020 umgesetzten Einschaltung privater Verwaltungshelfer legitimiere. Die in der Satzung vorgenommene Zuordnung von einzelnen Aufgaben halte sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung und erfülle die Vorgaben, die das Oberverwaltungsgericht an eine entsprechende Satzungsregelung in der Vergangenheit aufgestellt habe. Es sei hier keine vollständige Aufgabenübertragung auf die W. Betriebsgesellschaft mbH oder die Stadtwerke A-Stadt GmbH vorgenommen worden. Beide seien lediglich als unselbständige Verwaltungshelfer mit Unterstützungsleistungen betraut/betraut gewesen. Darüber hinaus sei der Tatbestand von Art. 33 Abs. 4 GG bereits nicht erfüllt, weil der Funktionsvorbehalt nur für die „Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse“ gelte. § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA sei nicht dahingehend auszulegen, dass sich der jeweilig eingeschaltete Dritte der Vornahme von Prüfungen durch das Rechnungsprüfungsamt zu unterwerfen habe. Die Norm formuliere im Hinblick auf die Verwaltungshilfe durch den beauftragten Dritten eine Kontrollpflicht der Kommune, ohne zu regeln, wie diese erfolgen solle. Der Maßstab dafür, ob die Kommune die Kontrolle des Verwaltungshelfers ausreichend gewährleiste, sei, dass die „abschließende Entscheidungskompetenz“ bei ihr verbleiben müsse. Selbst wenn man eine weitergehende Anforderung in § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA hineinlesen wollte, wäre diese keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die entsprechenden Satzungsregelungen. Schließlich habe sie sichergestellt, dass die ordnungsgemäße Erledigung und Prüfung der Aufgaben des Dritten gewährleistet sei.
Weitere Gründe für die Unwirksamkeit der Satzung seien nicht ersichtlich. Insbesondere komme es für das vorliegende Verfahren nicht darauf an, ob zum Inkrafttreten des KAG LSA am 15. Juni 1991 im Satzungsgebiet eine nicht lediglich provisorische zentrale öffentliche Abwasserbehandlungsanlage existiert habe, zu der dauerhaft gesicherte Anschlüsse bestanden hätten. Auch dies sei eine Frage des Einzelfalls und der Anwendung der Norm; sie könne also allenfalls im Rahmen der Beitragsfestsetzung zur Überprüfung gelangen. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin insoweit ihrer Darlegungslast nicht genüge, lege die nochmal aufgearbeitete Klärwerkshistorie zudem zweifelsfrei dar, dass es sich bei der zum o.g. Stichtag vorhandenen Kläranlage G. nicht lediglich um eine Behelfslösung, sondern um eine nach dem Willen des maßgeblichen Planungsträgers im Zeitpunkt der Schaffung der Anlage dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit gehandelt habe, die über mehr als ein Jahrzehnt bis nach der politischen Wende auch so betrieben worden sei (vgl. auch VG Halle, Urt. v. 16. August 2018 – 4 A 278/16 -, UA S. 11). Nicht entscheidend sei, dass 1980 der ursprünglich geplante Ausbauzustand noch nicht vollständig geschaffen, sondern die als endgültige Lösung errichtete Kläranlage im Einvernehmen mit der Wasserwirtschaftsdirektion – ohne vollständige Biologie – zunächst erstmal als mechanische Kläranlage betrieben worden sei. Für die Einordnung der Kläranlage als nachweisbar bewusst-gewollte Dauerlösung zur Entsorgung der Abwässer der Stadt A-Stadt spiele das nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts keine Rolle. Darauf, wie gut die Zuleitung zur Kläranlage „in Schuss“ gewesen sei, komme es für die Frage Behelfs- oder Dauerlösung nicht an. Irrelevant sei hierfür auch, ob späterhin die Zuleitung ordnungsgemäß gesichert worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I. An der Zulässigkeit des Antrages bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Die streitgegenständliche Schmutzwasserbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 4. Juni 2020 – SBS 2020 – unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 10 AG VwGO LSA der Normenkontrolle, denn es handelt sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für die der Landesgesetzgeber die Möglichkeit der Normenkontrolle eröffnet hat. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt, wenn ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können. Zwischen der angegriffenen Rechtsvorschrift und der behaupteten Rechtsverletzung muss ein Zurechnungszusammenhang bestehen. Die behauptete Rechtsverletzung muss also auf die angegriffene Rechtsvorschrift zurückgehen (so BVerwG, Urteil vom 18. März 2021 – 7 CN 1.20 -, juris, Rdnr. 10, m.w.N.).
Die Antragstellerin wurde als Grundstückseigentümerin mit einem noch nicht bestandskräftigen Bescheid zwar auf der Grundlage der SBS 2019 zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen. Es ist aber nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die SBS 2019 im noch anhängigen Klageverfahren als nichtig erachtet wird. Da die Zulässigkeitsschranke des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Popularanträge ausschließen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2019 – 3 BN 2.18 -, juris, Rdnr. 12), müsste die Antragstellerin wohl für eine solche Nichtigkeit schon keine Anhaltspunkte benennen. Dies muss nicht abschließend geklärt werden, da sie mit ihren Einwendungen gegen § 1 Abs. 4 SBS 2020, der wortgleich mit § 1 Abs. 4 SBS 2019 ist, jedenfalls im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung hinreichend eine mögliche Gesamtnichtigkeit der SBS 2019 dargelegt hat. Eine prozessuale Handhabung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die im Ergebnis dazu führt, eine an sich gebotene Sachprüfung als Frage der Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags zu behandeln, verbietet sich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – 4 CN 2.98 -, juris, Rdnr. 8).
Nimmt man an, dass die SBS 2019 nichtig sein könnte, ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die SBS 2020 trotz deren fehlender Rückwirkung als Rechtsgrundlage für den Bescheid herangezogen wird und damit eine unmittelbare Betroffenheit der Antragstellerin gegeben sein könnte. Denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt es stets auf die erste wirksame Abgabensatzung an. Ob die hier gegenüber der Antragstellerin nach gerichtlicher Aufhebung des ersten Beitragsbescheides vorgenommene (zweite) Beitragsfestsetzung im Jahr 2019 gegen die §§ 13b, 18 Abs. 2 KAG LSA verstößt, weil der Verweis in § 13b Satz 2, § 13 Abs. 1 Nr. 4 KAG-LSA auf die Regelung des § 171 Abs. 3a Satz 3 AO und die damit verbundenen Rechtsfolgen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit nicht genügt, ist (noch) ungeklärt (vgl. dazu auch OVG Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. September 2020 – 4 L 202/19 -, juris, Rdnr. 20). Allerdings ist dies nicht derart offensichtlich und eindeutig, dass nach den oben dargestellten Maßgaben eine Antragsbefugnis der Antragstellerin entfällt. Dass die SBS 2019 und die SBS 2020 – bis auf die Festsetzung der Höhe der Beiträge – wortgleich sind, steht der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht entgegen.
Die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat auch in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich der Antrag nicht gegen die Ordnungswidrigkeitenbestimmungen in § 14 Abs. 1 und 2 SBS 2020 richtet (vgl. zur Unzulässigkeit eines solchen Antrages OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. August 2018 – 4 K 221/15 -, juris, Rdnr. 24, m.w.N.).
II. Der Antrag ist unbegründet.
1. Es bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtsmäßigkeit der Beitragssatzung. Soweit die Antragstellerin in der Antragsschrift noch eine Prüfung der Ordnungsgemäßheit des Beschlusses des Stadtrates der Antragsgegnerin angekündigt hatte, hat sie danach erklärt, dass sich keine Anhaltspunkte für formelle Mängel des Beschlusses ergeben hätten.
2. Die Satzung ist auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden.
a) Das Vorbringen der Antragstellerin, die Regelungen der SBS 2020 zur Festsetzung des Herstellungsbeitrages II bzw. § 15 Abs. 1 SBS 2020, wonach die Satzung am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft tritt, verstießen gegen die §§ 13b, 18 Abs. 2 KAG LSA, ist dahingehend zu verstehen, dass die SBS 2020 hinsichtlich des Herstellungsbeitrages II keinen Anwendungsbereich mehr habe und infolge dauernder Unerfüllbarkeit des Normzwecks obsolet geworden sei (vgl. Schoch/Schneider, VwGO, § 47 Rdnr. 111, m.w.N.), weil aufgrund der genannten Regelungen über die zeitliche Obergrenze für den Vorteilsausgleich des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens der SBS 2020 und für die Zukunft keine Herstellungsbeiträge II mehr erhoben werden könnten.
(1) Dieser Einwand ist nicht durchgreifend. Die Frage, ob eine sachliche Beitragspflicht entstanden ist, spielt ausschließlich in Anfechtungsverfahren gegen einen Beitragsbescheid eine Rolle, nicht bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Satzung. Die Wirksamkeit einer Satzung hängt nicht davon ab, ob auf ihrer Grundlage sachliche Beitragspflichten entstehen können (so OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2018 – 4 K 54/16 -, Rdnr. 29f.). Die Rechtsprechung zu funktionslos (gewordenen) Bebauungsplänen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 – 4 CN 3.15 -, juris, Rdnr. 7) und zu anderen auf Grundstücke bezogenen Normen, wie z.B. Baumschutzsatzungen, Sanierungssatzungen oder Landschaftsverordnungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2015 – 4 BN 31.14 -, juris; weitere Nachweise bei Schoch/Schneider, VwGO, § 47 Rdnr. 111) ist auf Herstellungsbeitragssatzungen nicht übertragbar. Normen, die unmittelbare Wirkung für die konkrete Nutzung von Grundstücken haben, sind nicht mit Beitragssatzungen vergleichbar, auf deren Grundlage bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen eine Beitragspflicht entsteht. Es besteht daher keine Notwendigkeit, mittels eines Normenkontrollverfahrens zu klären, ob ein in die (Fort-)Geltung der Beitragssatzung gesetztes Vertrauen Schutz verdient oder nicht.
(2) Selbst wenn man dies anders sähe, hätte die SBS 2020 noch in hinreichender Weise einen Anwendungsbereich.
(a) Dies ist schon deshalb der Fall, weil – was auch die Antragstellerin nicht bestreitet – auf der Grundlage der SBS 2020 (noch) allgemeine Herstellungsbeiträge entstehen können. Eine (teilweise) Unwirksamkeit der SBS 2020 aufgrund einer fehlenden Anwendbarkeit der Regelungen hinsichtlich des Herstellungsbeitrages II kann daher nicht angenommen werden. Denn bei dem sog. besonderen Herstellungsbeitrag bzw. Herstellungsbeitrag II handelt es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA a.F. bzw. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA von einem „normalen“ Herstellungsbeitrag unterscheidet (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juli 2006 – 4 L 127/06 -, juris, Rdnr. 4). Diese Regelung führt allein dazu, dass die Höhe des Herstellungsbeitrages niedriger ist. Dass in der Rechtsprechung sowie in § 1 Abs. 3 SBS 2020 eine begriffstechnische Unterscheidung vorgenommen wird, führt nicht dazu, dass auch materiell-rechtlich unterschiedliche Beitragsarten vorliegen. Es reicht daher für die Frage, ob eine Herstellungsbeitragssatzung einen Anwendungsbereich hat, aus, dass überhaupt sachliche Herstellungsbeitragspflichten entstehen können.
(b) Darüber hinaus wären Anwendungsfälle der Regelungen hinsichtlich des Herstellungsbeitrages II trotz des Ablaufs der Frist des § 18 Abs. 2 KAG LSA und trotz der 10-Jahres-Regelung des § 13b Satz 1 KAG LSA nicht in solcher Weise von vornherein ausgeschlossen, dass ein in die (Fort-)Geltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdiente. Es erscheint jedenfalls im Fall der Antragstellerin nicht ausgeschlossen, dass auf Grund der Regelungen der §§ 13b Satz 2, 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 171 Abs. 3a Satz 3 AO nach der bereits erfolgten Beitragsfestsetzung noch eine Heranziehung der SBS 2020 erfolgt, falls die SBS 2019 für nichtig gehalten wird. Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung des § 171 Abs. 3a Satz 3 AO mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen sind nicht genügend, den Satzungsgeber an dem Erlass einer Beitragssatzung zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen II zu hindern. Es kann daher offenbleiben, ob noch weitere solcher Fälle möglich sind oder ob darüber hinaus hinsichtlich einer erstmaligen Festsetzung von Herstellungsbeiträgen II auf der Grundlage der Vorgängersatzung(en) sogar noch nicht abgeschlossene Widerspruchs- oder Klageverfahren anhängig sind, in denen – wie bereits vom erkennenden Senat gebilligt – auf Grund der Regelungen der §§ 13b Satz 2, 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 171 Abs. 3a Satz 1 AO noch Änderungen auf der Grundlage der SBS 2020 erfolgen können. Ebenfalls offenbleiben kann, ob es zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass noch durch einen innerhalb der letzten 10 Jahre erfolgten Anschluss von Grundstücken an die Einrichtung der Antragsgegnerin die 10-Jahres-Frist des § 13b Satz 1 KAG eingehalten ist. Dies könnte Grundstücke betreffen, die zu DDR-Zeiten schon einmal an eine zentrale Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten und diese Möglichkeit dann vor Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung zum allgemeinen Herstellungsbeitrag verloren haben.
b) Soweit die Antragstellerin sinngemäß geltend macht, die SBS 2020 sei hinsichtlich des Herstellungsbeitrages II deshalb ohne Anwendungsbereich, weil es keine Grundstücke im Satzungsgebiet gebe, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes am 15. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, hat sie ebenfalls keinen Erfolg.
(1) Wie oben dargelegt, kann eine Beitragssatzung mit einer Normenkontrolle von vornherein nicht mit dem Einwand angegriffen werden, dass sie keinen Anwendungsbereich (mehr) habe [a) (1)]. Zudem hat die SBS 2020 schon deshalb einen hinreichenden Anwendungsbereich, weil auf ihrer Grundlage (noch) allgemeine Herstellungsbeiträge entstehen können [a) (2) (a)].
(2) Im Übrigen wären auch hier Anwendungsfälle der Regelungen hinsichtlich des Herstellungsbeitrages II nicht in solcher Weise von vornherein ausgeschlossen, dass ein in die (Fort-)Geltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient.
Für Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes am 15. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, können allgemeine Herstellungsbeiträge aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA a.F. (= § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA) nicht erhoben werden. Insoweit sind verminderte Herstellungsbeiträge zu erheben. Sinn und Zweck dieses besonderen Herstellungsbeitrages bzw. Herstellungsbeitrages II ist es, die Grundstückseigentümer, denen bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes, vor allem zu DDR-Zeiten, schon einmal eine dem § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Sache nach gleichkommende Vorteilslage geboten worden ist, bei dem Anschluss oder der Einräumung einer Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht mit einem allgemeinen Herstellungsbeitrag zu belasten. Der Gesetzgeber hat mit § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA a.F. den faktischen Verhältnissen Rechnung getragen, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes und der Kommunalverfassung in der ehemaligen DDR geherrscht haben. Dazu musste es sich bei der vormals vorhandenen zentralen öffentlichen leitungsgebundenen Anlage nicht lediglich um eine Behelfslösung, sondern nach dem Willen des maßgeblichen Planungsträgers im Zeitpunkt der Schaffung der Anlage um eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit handeln (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Januar 2019 – 4 L 93/17 -, juris, Rdnr. 39, m.w.N.). Dementsprechend wird gem. § 1 Abs. 3 SBS 2020 der Herstellungsbeitrag I für Grundstücke erhoben, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG LSA am 15. Juni 1991 über keinen dauerhaft gesicherten Anschluss bzw. keine dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit an eine bestehende, nicht lediglich provisorische zentrale öffentliche Abwasserbehandlungsanlage verfügten (Satz 2) und der Herstellungsbeitrag II (besonderer Herstellungsbeitrag) wird für Grundstücke erhoben, die bis mindestens zum Inkrafttreten des KAG LSA am 15. Juni 1991 über einen dauerhaft gesicherten Anschluss an eine bestehende, nicht lediglich provisorische zentrale öffentliche Abwasserbehandlungsanlage verfügten bzw. die dauerhaft gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme hatten (Satz 3).
Es spricht alles dafür, dass die Kläranlage G. vor dem 15. Juni 1991 als zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage im vorgenannten Sinne anzusehen war und es Grundstücke im Satzungsgebiet gibt, die vor dem Stichtag an diese Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten.
(a) Ob sich aus den von der Antragsgegnerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen ergibt, dass der zu DDR-Zeiten zuständige Planungsträger selbst davon ausgegangen ist, dass es sich bis zum Bau einer vollbiologischen Reinigungsstufe bei der Anlage in G. nur um ein Provisorium handele, ist sehr fraglich. Dass eine neue Kläranlage an anderer Stelle oder eine andere Anlage an gleicher Stelle errichtet werden sollte, ist gerade nicht erkennbar. Es ist daher aller Voraussicht nach ausreichend, dass vor dem 15. Juni 1991 zu DDR-Zeiten eine zentrale Kläranlage bestand, in das die Grundstücke im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ihre Abwässer leiten konnten. Dass der ursprünglich geplante Ausbauzustand bis zu diesem Stichtag noch nicht vollständig umgesetzt worden war und die Kläranlage ohne biologische Reinigungsstufe betrieben wurde, dürfte dem nicht entgegenstehen. Eine zentrale Kläranlage war nicht deshalb eine Behelfslösung, weil ihr geplanter Ausbauzustand (noch) nicht erreicht war oder sie – gegebenenfalls auch dem technischen Fortschritt geschuldet – über die ursprünglichen Planungen hinaus verändert und erweitert werden sollte. Es kommt allein darauf an, dass an dem konkreten Standort mit der jeweiligen Anlage dauerhaft eine Abwasserbeseitigung stattfinden sollte (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Januar 2019, a.a.O., Rdnr. 41, 42).
(b) Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Nichterfüllung der zu DDR-Zeiten erteilten Auflagen und Bedingungen zur Herstellung der Vollbiologie durch den VEB W. H-Stadt habe wohl dazu geführt, dass die Anlage sogar ganz ohne die notwendigen Genehmigungen betrieben worden und also auch rechtlich nur ein Provisorium gewesen sei, dürfte es darauf nicht ankommen. Entscheidend ist, ob den Grundstückseigentümern schon einmal eine dem § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Sache nach gleichkommende Vorteilslage geboten worden ist. Im Übrigen ist fraglich, ob sich aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ergibt, dass die vorgenommene Einleitung von Abwässern in das Klärwerk aufgrund des fehlenden Ausbaus der vollbiologischen Reinigungsstufe nach DDR-Recht unzulässig war. Zwar wurde die bauaufsichtliche Zustimmung zur Inbetriebnahme der Anlage in einem Prüfbescheid vom 24. November 1980 anscheinend von dem vollständigen Ausbau der vollbiologischen Reinigungsstufe abhängig gemacht. Allerdings wurde die Anlage auch nach Erlass des Prüfbescheides tatsächlich weiter auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Erlaubnis aus Februar 1978 betrieben, die vorläufige Grenzwerte bis zur Fertigstellung der vollbiologischen Reinigungsstufe enthielt.
(c) Dass die Verbindungsleitungen vom Stadtgebiet der Antragsgegnerin zur Kläranlage schon lange dem Stand der Technik nicht entsprochen hätten und es unklar sei, welche Teile des Stadtgebietes der Antragsgegnerin überhaupt an diesen Hauptsammler angeschlossen gewesen und welche Abwässer in der Kläranlage bis zum 15. Juni 1991 angekommen seien, spielt keine Rolle. Ob die Anlage schon zu DDR-Zeiten objektiv nicht dem damaligen Stand der Technik entsprochen hat und die eingeleiteten Abwässer nicht hinreichend reinigen konnte, ist unerheblich, solange sie funktionsfähig war und eine zumindest eine teilweise, wenn auch unzureichende Behandlung der eingeleiteten Abwässer vornahm. Weder quantitative noch qualitative Mängel in der Reinigungsleistung einer Kläranlage sind insoweit maßgeblich (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Januar 2019, a.a.O., Rdnr. 42f.). Dies gilt entsprechend für Mängel der Abwasserleitung(en). Dass die Verbindungsleitungen (völlig) funktionsunfähig waren und kein Grundstück Abwässer in die Kläranlage einleitete bzw. einleiten konnte, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
(d) Die Darlegungen der Antragstellerin zum Standort der Kläranlage G., zur Trägerschaft an der Anlage, zum Fehlen von Nutzungsverträgen mit der Gemeinde G., zur möglichen Zuordnung der Kläranlage zum VEB Hydrierwerk A-Stadt/H. A-Stadt sowie zum Verlauf und der grundbuchrechtlichen Sicherung der Abwasserleitungen zu DDR-Zeiten sind ebenfalls von vornherein unerheblich. Es wäre – wie oben dargelegt – allein ausreichend, dass vor dem 15. Juni 1991 zu DDR-Zeiten eine zentrale Kläranlage bestand, in das eine Einleitung von Abwässern stattfand oder stattfinden könnte. Diese Kläranlage wäre dann auch ohne weiteres als öffentliche leitungsgebundene Anlage einzustufen, die eine dem § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Sache nach gleichkommende Vorteilslage verschaffen konnte. Insbesondere käme es für den Anschluss bzw. das Bestehen einer Anschlussmöglichkeit an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage zu DDR-Zeiten nicht darauf an, ob Grundstücke eine solche Anschlussmöglichkeit hatten, wie sie sie für das Bestehen einer Vorteilslage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA an die (neu) geschaffene Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung der Antragsgegnerin gefordert ist.
d) Der Einwand der Antragstellerin, die neue Hauptabwasserleitung, die nach 1994 zur Kläranlage G. verlegt worden sei, verlaufe nicht in einer öffentlichen Straße und die Antragsgegnerin trage keine grundbuchrechtlichen Sicherungen vor, richtet sich darauf, dass (gegenwärtig) kein Grundstück rechtlich dauerhaft gesichert an die Einrichtung der Antragsgegnerin angeschlossen sei und deshalb weder der allgemeine noch der besondere Herstellungsbeitrag erhoben werden könnten. Auch dieser Umstand spielt aber ausschließlich in Anfechtungsverfahren gegen einen Beitragsbescheid eine Rolle, nicht bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Satzung (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2018 – 4 K 54/16 -, Rdnr. 29f.).
e) Dass beide Beitragssätze des § 5 SBS 2020 oder einer davon gegen höherrangiges Recht verstoßen und fehlerhaft sind, macht die Antragstellerin nicht hinreichend geltend. Sie legt insbesondere nicht substanziiert dar, dass ein Verstoß gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. April 2010 – 4 L 341/08 -, juris) vorliegt.
Selbst wenn man annimmt, sie wolle mit ihrem Vortrag zum Fehlen einer ordnungsgemäßen Beitragskalkulation aufgrund der teilweisen Funktionslosigkeit der SBS 2020 sowie mit ihren Darlegungen zum fehlenden Eigentum der Antragsgegnerin an der Kläranlage G. konkrete Kalkulationsrügen erheben, wären diese nicht durchgreifend.
(1) Auch wenn man – dem Vorbringen der Antragstellerin insoweit folgend – davon ausginge, dass kein Grundstück im Stadtgebiet der Antragsgegnerin vor dem 15. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Kläranlage angeschlossen war oder eine Anschlussmöglichkeit hätte, hätte dies auf den Beitragssatz für den dann allein maßgeblichen allgemeinen Herstellungsbeitrag keine Auswirkungen.
(2) Der Einwendung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, die Kläranlage G. stehe nicht im Eigentum der Antragsgegnerin, ist die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis entgegengetreten, die Kläranlage befinde sich auf Grundstücken der Antragstellerin und sei deren Eigentum. Dem muss aber nicht weiter nachgegangen werden. Für eine Einbeziehung von Aufwendungen für den Bau der Kläranlage in die Herstellungsbeitragskalkulation(en) ist es lediglich erforderlich, dass die Anlage zur Abwasserbeseitigungseinrichtung der Antragsgegnerin gehört und die eingestellten Aufwendungen der Antragsgegnerin auch entstanden sind. Dass dies nicht der Fall ist, ist weder von der Antragstellerin substanziiert geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. In wessen Anlagevermögen die Kläranlage geführt wird bzw. ob die Antragsgegnerin wirtschaftliche Eigentümerin ist, ist unerheblich, solange die Anlage als Teil der Einrichtung der Antragsgegnerin gewidmet ist. Davon ist nach § 2 Abs. 2 Buchst. a der Abwasserbeseitigungssatzung der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2017 i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 26. Oktober 2017 auszugehen, wonach zur zentralen öffentlichen Abwasseranlage u.a. alle Einrichtungen zur Behandlung des Abwassers gehören, die im Eigentum der Stadt A-Stadt stehen bzw. von Dritten hergestellte, betriebene und unterhaltene Anlagen, deren sich die Stadt A-Stadt bedient und zu deren Betrieb und Unterhaltung sie beiträgt.
f) Durchgreifende Bedenken an der Wirksamkeit des § 1 Abs. 4 SBS 2020 bestehen entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht.
Die Abwasserbeseitigung in den Gemarkungen D., L., N., T., Z. und A-Stadt der Stadt A-Stadt wird nach § 1 Abs. 1 der Betriebssatzung des Eigenbetriebes Abwasserbeseitigung A-Stadt vom 29. Januar 2015 als Eigenbetrieb auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften und den Bestimmungen dieser Betriebssatzung geführt. Zweck des Eigenbetriebes ist es, die öffentliche Abwasserbeseitigung der Stadt A-Stadt sicherzustellen und durchzuführen sowie die Behandlung von Abwässern umliegender Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung durchzuführen (§ 1 Abs. 3 der Betriebssatzung). Zur Aufgabenerledigung kann sich der Eigenbetrieb eines privaten Dritten bedienen (§ 1 Abs. 4 der Betriebssatzung). Gemäß § 1 Abs. 2 der Abwasserbeseitigungssatzung der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2017 i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 26. Oktober 2017 bedient sie sich auf der Grundlage eines Betriebsführungsvertrages der Stadtwerke A-Stadt GmbH (Betriebsführer) als Dritte i.S.v. § 151 Abs. 7 WG LSA zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht.
Nach § 1 Abs. 4 SBS 2020 überträgt die Stadt A-Stadt bzgl. der Herstellungsbeiträge I der Stadtwerke A-Stadt GmbH (SWZ) die Befugnis zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen, zur Beitragsberechnung sowie zur Versendung von Beitragsbescheiden (Satz 1). Die Stadt A-Stadt überträgt bzgl. der Herstellungsbeiträge II der W. Betriebsgesellschaft mbH die Befugnis zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen, zur Beitragsberechnung sowie zur Ausfertigung von Beitragsbescheiden (Satz 2).
(1) Die in § 1 Abs. 4 SBS 2020 genannten Tätigkeiten halten sich im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA. Danach können die Gemeinden und Landkreise in der Satzung bestimmen, dass die Ermittlung von Berechnungsgrundlagen, die Abgabenberechnung, die Ausfertigung und Versendung von Abgabebescheiden sowie die Entgegennahme der zu entrichtenden Abgaben von einem damit beauftragten Dritten wahrgenommen werden.
(a) Diese Gesetzesregelung (vergleichbare Bestimmungen enthalten § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG BW; § 12e Abs. 1 Satz 1 KAG BB; § 12 Abs. 1 Satz 1 NKAG; § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG Hessen; § 12a Abs. 1 Satz 1 KAG MV, § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG Saar sowie Art. 7 Abs. 5 Nr. 6 BayAbfG) verstößt weder gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG noch ist sie dahingehend auszulegen, dass nicht alle darin genannten Tätigkeiten kumulativ übertragen werden dürfen. Es handelt sich nicht – wie in dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (- 2 BvR 133/10 -, juris, Rdnr. 135ff. zu privaten Maßregelvollzugseinrichtungen) – um die Übertragung einer hoheitlichen Aufgabe auf Private, sondern um die Übertragung von Tätigkeiten im Rahmen der Abgabeverwaltung auf Private, deren Handeln lediglich Hilfszwecken dient und wobei die abschließende Entscheidungskompetenz der abgabenerhebenden Körperschaft vorbehalten bleibt (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 10 KAG LSA, LT-DrS 1/204 vom 21. März 1991, S. 51f.). Die Tätigkeiten werden weitestgehend verwaltungsintern ausgeführt und soweit der Dritte unmittelbar mit den Abgabeschuldnern Kontakt hat, handelt es sich klar erkennbar um reine Hilfsfunktionen. Es geht gerade nicht um eine Art der Aufgabenerledigung, mit der sich die abgabenerhebende Körperschaft ihrer Handlungsfähigkeit weitgehend entkleidet (vgl. dazu OVG Thüringen, Urteil vom 14. Dezember 2009 – 4 KO 482/09 -, juris, Rdnr. 31ff.). Danach besteht auch – was im Übrigen durch den klaren Wortlaut der Norm ausgeschlossen ist – aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Notwendigkeit für eine Auslegung dahingehend, dass nur einzelne der in § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA genannten Aufgaben übertragen werden dürfen. Ob faktisch noch weitergehende Tätigkeiten von den beauftragten Dritten ausgeführt werden, hat für die Prüfung der Gesetzesregelung oder der Satzung keine Bedeutung. Auch in der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt ist die Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in dieser Auslegung bislang nicht angezweifelt worden. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vergleichbaren Normen in anderen Landesgesetzen.
(b) Die Vorgaben des OVG Sachsen-Anhalt an die Formulierung der Satzungsbestimmung werden eingehalten. Die Tätigkeiten im Rahmen der Abgabenverwaltung müssen danach in der Satzung aufgezeigt werden, in der zudem im Einzelnen angegeben sein muss, welcher Dritte beauftragt ist und welche konkreten Aufgaben er wahrzunehmen befugt sein soll (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. August 2009 – 4 L 173/07 -, juris, Rdnr. 4, m.w.N.)
(2) Die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA, wonach die Ermächtigung nur erteilt werden darf, wenn die ordnungsgemäße Erledigung und Prüfung nach den für die Landkreise und Gemeinden geltenden Vorschriften gewährleistet sind, ist ebenfalls erfüllt.
Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut, ihrem Sinn und Zweck sowie der Normsystematik dahingehend auszulegen, dass die in § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA genannte Satzungsbestimmung nur erfolgen darf, wenn einerseits die ordnungsmäßige Erledigung der übertragenen Aufgaben nach den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt durch den Dritten und andererseits die Kontrolle dieser ordnungsgemäßen Erledigung durch die Kommune gewährleistet ist. Abzustellen ist dabei auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass der Satzungsbestimmung zur Übertragung der Aufgabe(n), die tatsächliche Durchführung der Aufgabenerledigung sowie der Kontrolle der Aufgabenerledigung ist zumindest im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA unerheblich. Denn § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA dient dazu sicherzustellen, dass die Kommune vor Übertragung der Aufgabe prüft, ob der beauftragte Dritte die Aufgabe(n); ordnungsgemäß erledigen kann und sie selbst über ausreichende Kontrollmöglichkeiten verfügt. Daher war auch der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag abzulehnen. Die Gewährleistung der ordnungsmäßigen Erledigung der übertragenen Aufgaben ist dann gegeben, wenn der beauftragte Dritte dafür nicht von vornherein ersichtlich ungeeignet ist. Ausreichende Kontrollmöglichkeiten liegen dann vor, wenn die Kommune tatsächlich in der Lage ist, durch eigene Bedienstete – was entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin gem. § 140 Abs. 2 KVG LSA auch durch ein Rechnungsprüfungsamt erfolgen kann – die Aufgabenerledigung des Dritten zu überprüfen, wobei stichprobenartige Kontrollen ausreichen. Dass sich der Dritte gegenüber der Kommune einer noch weitergehenden Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt unterwirft, ist nicht ausgeschlossen, allerdings zur Erfüllung der Vorgabe des § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht zwingend erforderlich (a.M. wohl Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NKAG, § 12 Rdnr. 12f.).
Nach diesen Maßgaben ist sowohl die Aufgabenübertragung auf die Stadtwerke A-Stadt GmbH als auch die Aufgabenübertragung auf die W. GmbH in § 1 Abs. 4 SBS 2020 nicht zu beanstanden.
Dass die Stadtwerke A-Stadt GmbH oder die W. GmbH zur Erledigung der übertragenen Aufgaben nicht hinreichend geeignet waren, ist weder substanziiert geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Zudem wurde die W. GmbH nach Durchführung eines Auswahlverfahrens beauftragt. Dass nach Darlegung der Antragstellerin Beitragsverfahren, insbesondere Widerspruchsverfahren, von der Antragsgegnerin unzureichend bearbeitet würden, lässt schon keine Rückschlüsse auf die Aufgabenerledigung der beauftragten Dritten zu.
Weiterhin hatte die Antragsgegnerin allein deshalb ausreichende Kontrollmöglichkeiten, weil sie in der Lage war, durch eigene Bedienstete die korrekte Erledigung der übertragenen Aufgaben durch die Stadtwerke A-Stadt GmbH und die W. GmbH stichprobenartig zu kontrollieren. Diese Bediensteten konnten in Einzelfällen die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen, die Beitragsberechnung sowie die Versendung von Beitragsbescheiden bzw. die Ausfertigung von Beitragsbescheiden überprüfen. Dass eine solche Überprüfung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen war, ist weder substanziiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die pauschale Behauptung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin verfüge über zu wenig Personal, ist angesichts des Umstandes, dass die Antragsgegnerin – eine Kommune mit fast 30.000 Einwohnern – nicht nur über einen Eigenbetrieb zur Abwasserbeseitigung, sondern auch ein eigenes Rechnungsprüfungsamt verfügt, nicht ausreichend. Ebenfalls genügt nicht der Hinweis auf eine unzureichende Bearbeitung von Beitragsverfahren durch die Antragsgegnerin. Im Übrigen ist die Antragsgegnerin zu 50,5 % Anteilseignerin der Stadtwerke A-Stadt GmbH, so dass bei diesem Unternehmen sogar noch weitergehende Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bestehen (vgl. auch § 53 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz und § 140 Abs. 3 KVG LSA).
g) Dass sonstige Regelungen der SBS 2020 nichtig sind, ist weder hinreichend substanziiert geltend gemacht noch sonst nach dem im Normenkontrollverfahren anwendbaren Prüfungsmaßstab (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Mai 2019 – 4 K 215/16 -, juris, Rdnr. 46) ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 8.928,74 € festgesetzt.

Gründe:
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG. In Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, S. 57ff.) Nr. 3.3. ist in Normenkontrollverfahren im Abgabenrecht mindestens der Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG) als Streitwert festzusetzen. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an dem Normenkontrollverfahren ist mit dem ihr gegenüber erhobenen Herstellungsbeitrag II zu bemessen, soweit er nicht mit dem Widerspruchsbescheid vom 13. September 2021 erlassen worden ist. Dieser Betrag übersteigt den Auffangstreitwert und war daher als Streitwert festzusetzen. Dass eine Rückzahlung des erlassenen Beitrages bislang noch nicht erfolgt ist, hat für die Streitwertfestsetzung keine Bedeutung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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