Baurecht

Unrichtige Bauvorlagen

Aktenzeichen  M 8 K 14.4953

Datum:
11.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauVorlV § 7 Abs. 3
BayBO BayBO Art. 59, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 71 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen vollständig, richtig und eindeutig sein, was insbesondere für die Darstellungen im Lageplan im Sinne von § 7 Abs. 3 BauVorlV gilt. Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. VG München BeckRS 2015, 45915). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Das Gericht konnte über die Klage ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 ihr Einverständnis zum Übergang in das schriftliche Verfahren erteilt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
II.
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Erteilung eines positiven Vorbescheides auf der Grundlage des Vorbescheidsantrages vom 4. September 2014, Pl.Nr. … gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat.
1. Gemäß Art. 71 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist vor der Erteilung des Bauantrages auf schriftlichen Antrag des Bauherren zu einzelnen, in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) zu erteilen. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherren gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von 3 Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren.
2. Gegenstand eines Vorbescheids können nach Art. 71 Satz 1 BayBO nur einzelne Fragen (auch eine Mehrzahl von Fragen) eines Bauvorhabens sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheids, bindende Wirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren zu erzeugen, sind einzelne Fragen solche, über die in der Baugenehmigung zu entscheiden ist. Die Fragen müssen danach zum einen einer gesonderten Beurteilung zugänglich sein und zum anderen ist zu fordern, dass diese sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – NVwZ-RR 2008, 391 m. w. N.; Decker in: Simon/Busse, BayBO 2008, Art. 71 Rn. 71 ff.).
Ob diese Voraussetzungen hier hinsichtlich der Einzelfrage vorliegen, ist zumindest im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zweifelhaft, da pauschal die planungsrechtliche Zulässigkeit des grenzständigen Erweiterungsanbaus abgefragt wird. Die Fragestellung stellt, sofern man sie auf die dargestellte Grundfläche in profilgleicher Höhe des bestehenden Gebäudes beschränkt, keinen konkreten Vorhabenbezug dar, da eine isolierte Beurteilung der Grundfläche und Wandhöhe des grenzständigen Erweiterungsanbaus vorliegend nicht möglich ist. Insoweit kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob das Vorhabengebäude unter Berücksichtigung des geplanten Erweiterungsanbaus sowie das in veränderter Form neu errichtete Nachbargebäude ein Doppelhaus im Sinne der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darstellen. Da die Klage jedenfalls aus anderen Gründen unbegründet ist, bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob hier eine zulässige Vorbescheidsfrage vorliegt.
3. Einer positive Beantwortung der mit Vorbescheidsantrag vom 4. September 2014 gestellten Frage stehen in jedem Fall die unzureichenden Planvorlagen entgegen, die mit dem Vorbescheidsantrag vorgelegt wurden.
3.1 Gemäß Art. 71 Satz 4, 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind mit dem Bauantrag bzw. Vorbescheidsantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Nach § 5 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) sind für einen Vorbescheid diejenigen Bauvorlagen vorzulegen, die zur Beantwortung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind.
Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen vollständig, richtig und eindeutig sein, was insbesondere für die Darstellungen im Lageplan im Sinne von § 7 Abs. 3 BauVorlV gilt (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Stand 116. EL Juli 2014, Art. 64 Rn. 75; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 8 K 13.5076 – juris Rn. 21). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Stand 116. EL Juli 2014, Art. 64 Rn. 80; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 8 K 13.5076 – juris Rn. 21).
3.2 Die Vorbescheidsfrage nimmt auf die „veränderte Form“ des neu errichteten Nachbargebäudes Bezug, ohne diese veränderte Form in den eingereichten Plänen genau darzustellen. Es wird abgefragt, ob die grenzständige Erweiterung des Gebäudes auf Fl.Nr. … (richtig wohl: Fl.Nr. …) mit der im beigefügten Plan dargestellten Grundfläche in profilgleicher Höhe des bestehenden Gebäudes auch noch planungsrechtlich zulässig ist, nachdem das im Lageplan dargestellte, kommun angebaute Nachbargebäude auf Fl.Nr. … (richtig wohl Fl.Nr. …) abgerissen und in veränderter Form neu errichtet wurde.
3.2.1 Im vorliegenden Fall nimmt der Vorbescheid bei einer positiven Beantwortung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des abgefragten Vorhabens das Baugenehmigungsverfahren faktisch vorweg, wenn der Bauherr bezüglich eines im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden Vorhabens die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit seines Vorhabens im Wege eines Vorbescheids geklärt haben möchte. In diesem Fall nimmt der Vorbescheid bereits die komplette Prüfung der Bauaufsichtsbehörde (verbindlich) vorweg; für das Baugenehmigungsverfahren bleibt dann regelmäßig nichts mehr zu prüfen, gleichwohl muss es durchgeführt werden (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung,120. EL Mai 2015, Art. 71 Rn. 78). Wegen der Bindungswirkung des Vorbescheids für das daran anschließende (vereinfachte) Baugenehmigungsverfahren sind daher bei einem Vorbescheidsverfahren, dass faktisch über das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren bindend entscheidet, hohe Anforderungen an die vorgelegten Bauvorlagen zu stellen. Deshalb ist es erforderlich, dass zum einen die zur Vorabentscheidung gestellte Frage so gefasst (bestimmt) sein muss, dass sie von der Baugenehmigungsbehörde mit Bindungswirkung entschieden werden kann und zum anderen die für eine positive Beantwortung notwendigen Bauvorlagen mit eingereicht werden. Dies folgt daraus, dass der Bauvorbescheid vorweggenommener Teil der Baugenehmigung ist; die in ihm verbindlich beantworteten Fragen benötigen dieselbe – bestimmte – Grundlage wie die Baugenehmigung selbst.
3.2.2 Diesen Anforderungen werden die eingereichten Bauvorlagen in mehrerer Hinsicht nicht gerecht, so dass schon allein aus diesem Grund eine positive Beantwortung der streitgegenständlichen Vorbescheidsfrage ausscheidet.
Zum einen fehlen sämtliche Ansichten der geplanten baulichen Anlage mit dem Anschluss an das Nachbargebäude, die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauVorlV darzustellen sind. Dies ist umso wichtiger als die Klägerin sich gerade darauf beruft, dass der zweigeschossige Anbau an ihr Bestandsgebäude unmittelbar auf der Grundstücksgrenze zum nördlichen Nachbargrundstück …straße 4 bauplanungsrechtlich zulässig sei, da im System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden werde, da ihr Bestandsgebäude mit dem unmittelbar nördlich angrenzenden Nachbargebäude auf der Fl.Nr. … trotz des grenzständiges Erweiterungsanbaus ein Doppelhaus sei. Nur wenn dies auch tatsächlich zutreffend ist, kann die Klägerin trotz offener Bauweise im streitgegenständlichen Bebauungsplangebiet wie geplant an die gemeinsame Grundstücksgrenze heranbauen. Der Beurteilung, ob das Vorhabengebäude und das daran angrenzende Nachbargebäude trotz des geplanten grenzständigen Erweiterungsanbaus sowie das abgerissene und „in veränderter Form“ neu errichtete Nachbargebäude ein Doppelhaus im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darstellen, kommt somit eine zentrale Bedeutung zu. Die zur Beurteilung und zur Beantwortung der Vorbescheidsfrage notwendigen Ansichten des Vorhabengebäudes sowie des in „veränderter Form“ neu errichteten Nachbargebäudes sind daher bereits im Vorbescheidsverfahren vorzulegen.
Zum anderen erfüllen die dem Antrag auf Vorbescheid beigefügten Lagepläne im Maßstab 1: 1000 nicht die Anforderungen im Hinblick auf die dargestellte Bebauung auf dem nördlich angrenzenden Nachbargrundstück …str. 4, Fl.Nr. ….
Nach § 7 Abs. 1 BauVorlV muss der Auszug aus dem Katasterwerk das Baugrundstück und die benachbarten Grundstücke im Umkreis von mindestens 50 m darstellen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 BauVorlV muss der Lageplan, soweit es zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlich ist, die vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und den benachbarten Grundstücken mit Angabe ihrer Nutzung, First- und Außenwandhöhe, Dachform und der Art der Außenwände und der Bedachung enthalten.
Die verfahrensgegenständlichen Lagepläne erfüllen diese Voraussetzungen nicht, obwohl es zur Beurteilung der streitgegenständlichen Vorbescheidsfrage entscheidend darauf ankommt, insbesondere, wenn man dem klägerischen Vorbringen folgen möchte.
Der dem Vorbescheidsantrag beigefügte amtliche Lageplan stellt auf dem Nachbargrundstück …str. 4, Fl.Nr. … lediglich das abgerissene Bestandsgebäude dar, so dass die tatsächliche Bebauung zum Zeitpunkt des Vorbescheidsantrags nicht darstellt ist. Auch der mit den Bauvorlagen eingereichte Lageplan stellt für das Nachbargrundstück …tr. 4, Fl.Nr. … lediglich die Grundfläche des abgerissenen Bestandsgebäudes in dunkelgrau sowie die Grundfläche des Neubauvorhaben in hellgrau dar, ohne jede Angabe einer Geschoßzahl bzw. First- und Außenwandhöhe, die sich eindeutig auch auf den errichteten Neubau bezieht, § 7 Abs. 3 Nr. 4 BauVorlV. Lediglich im dunkelgrau hinterlegten Bestandsgebäude ist die Geschosszahl II eingetragen, im hellgrauen Neubaugebäude ist keine Geschosszahl angegeben. Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorbescheidsantrags, der am 4. September 2014 bei der Beklagten eingereicht wurde, war das Bestandsgebäude auf dem Nachbargrundstück …straße 4, Fl.Nr. … bereits beseitigt und das Neubauvorhaben zumindest im Rohbau realisiert. Der Nachbar hatte die Bauvorlagen für sein Bauvorhaben im Genehmigungsfreistellungsverfahren bereits im Vorjahr am 24. Juli 2013 bei der Beklagten eingereicht. Die Beklagte teilte dem Bezirksausschuss mit Schreiben vom 27. August 2013 mit, dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans nicht widerspreche und daher am 22. August 2013 als Freisteller genehmigt worden sei. Gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 3 BayBO darf einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde mit dem Bauvorhaben begonnen werden. Aus einer Aktennotiz, die von einer Mitarbeiterin der Beklagten am 24. Juni 2014 verfasst wurde, geht hervor, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks …straße 6, Fl.Nr. … davon ausgehe, dass die nördliche Wand des im Genehmigungsfreistellungsverfahren errichteten Gebäudes auf dem Grundstück …tr. 4, Fl.Nr. … zu hoch errichtet worden sei. Daraus lässt sich schließen, dass das im eingereichten Lageplan dargestellte Bestandsgebäude bereits abgerissen und der Neubau auf dem Nachbargrundstück zumindest im Rohbau, wenn nicht schon insgesamt fertig gestellt gewesen ist, als die Klägerin die Bauvorlagen für den streitgegenständlichen Vorbescheid einreichte. Ferner hatte die Klägerin dem Neubauvorhaben auf dem nördlichen Nachbargrundstück durch ihre Nachbarunterschrift auf den Bauvorlagen zugestimmt und insoweit auch Kenntnis davon. Daher stimmen die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Nachbargrundstück …tr. 4, Fl.Nr. … … mit den dargestellten baulichen Anlagen nicht überein. Soweit die dargestellte Grundfläche des nachbarlichen Neubauvorhabens zutreffend sein mag, ist diese Darstellung nicht ausreichend für die Beurteilung der Vorbescheidsfrage, da es an jeglicher Angabe zur First- und Außenwandhöhe des Neubauvorhabens auf dem Nachbargrundstück fehlt. Diese Angaben sind jedoch maßgeblich für die Beantwortung der Vorbescheidsfrage, da mit dem Vorbescheidsantrag nicht nur die Zulässigkeit der Grundfläche, sondern auch der geplanten Wandhöhe und somit die planungsrechtliche Zulässigkeit des grenzständigen Erweiterungsanbaus abfragt wird.
Die planerischen Darstellungen in den Bauvorlagen sind folglich nicht ausreichend, um abschließend beurteilen zu können, ob es sich bei dem Vorhabengebäude und dem verwirklichten Neubauvorhaben auf dem Nachbargrundstück …str. 4, Fl.Nr. … nach wie vor um ein Doppelhaus im Sinne der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung handelt. Dies ist allerdings vorgreiflich für die Beantwortung der abgefragten Vorbescheidsvariante.
3.2.3 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vorbescheidsfrage Bezug auf die „veränderte Form“ des neu errichteten Nachbargebäudes nimmt, ohne diese veränderte Form in den eingereichten Plänen genau darzustellen. Eine isolierte Beantwortung der Vorbescheidsfrage lediglich hinsichtlich der Grundfläche in profilgleicher Höhe zum klägerischen Bestandsgebäude ist nicht möglich, da durch die Grundfläche und die Wandhöhe die grenzständige Gesamtkubatur des geplanten Vorhabens für ein Baugenehmigungsverfahren bindend festgestellt ist, so dass bereits im Vorbescheidsverfahren die wechselseitige Verträglichkeit mit dem in veränderter Form neu errichten Nachbargebäude auf Fl.Nr. … für die Beurteilung der Vorbescheidsfrage maßgeblich ist und insoweit auch in den eingereichten Bauvorlagen darzustellen gewesen wäre.
Die eingereichten Bauvorlagen stellen danach keine geeignete Grundlage für eine zutreffende Beurteilung und Beantwortung der Vorbescheidsfrage dar.
4. Einer positiven Beantwortung des Antrags steht aber auch entgegen, dass es – den klägerischen Sachverhalt zugrunde gelegt – keines Vorbescheidsverfahrens bedürfte, da es sich danach um ein Vorhaben im Genehmigungsfreistellungsverfahren handelt.
Die Klägerin hat im Antrag auf Vorbescheid angegeben, dass das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liege und alle Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … vom 31. August 1966 einhalte (Genehmigungsfreistellungsverfahren). Der Vorbescheid als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung kommt nur für Bauvorhaben in Betracht, die der Baugenehmigung bedürfen (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung – 121. EL September 2015 – Art. 71 Rn. 64). Das folgt aus Art. 71 Satz 1 BayBO, wonach der Vorbescheid in Frage kommt „vor Einreichung des Bauantrags“, also vor Einreichung eines Antrags auf Baugenehmigung. Vorbescheidsfähig sind hiernach nur solche Fragen, die sich für das Bauvorhaben in einem Baugenehmigungsverfahren stellen können (vgl. Molodovsky, in: Molodovsky/Farmers/Kraus, BayBO 118. EL Oktober 2015, Art. 71 Rn. 20; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue BayBO, 63. EL 2015, Art. 71 Rn. 22). Voraussetzung für einen Vorbescheid ist daher zunächst, dass es sich bei dem geplanten Vorhaben um ein nach Art. 55 Abs. 1, Art. 56, Art. 57 BayBO baugenehmigungspflichtiges Vorhaben handelt. Ist das Vorhaben verfahrensfrei, kann über Einzelfragen nicht in der Form eines Vorbescheides nach Art. 71 BayBO entschieden werden (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung – 121. EL September 2015 – Art. 71 Rn. 64; m. w. N.: BVerwG v. 6.7.1977, Buchholz 11 Art. 19 GG Nr. 55; OVG Saarlouis v. 8.6.1993, BRS 55 Nr. 142; OVG Saarlouis v. 25.10.1982, DÖV 1983, 821), sondern nur als Rechtsauskunft, als Zusage oder Zusicherung. Der Bauherr kann daher nicht durch einen Vorbescheid (Art. 71 BayBO) einzelne Fragen seines Vorhabens, das von einer Baugenehmigungspflicht, wenn auch unter gewissen Voraussetzungen freigestellt ist, klären lassen (vgl. Taft, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 120. EL Mai 2015, Art. 58 Rn. 14). Der Bauherr hat, sofern das Vorhaben nach Art. 58 Abs. 1 BayBO genehmigungsfrei ist, kein Wahlrecht zwischen dem gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsfreistellungsverfahren und dem Baugenehmigungsverfahren (vgl. Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue BayBO, 63. EL 2015, Art. 58 Rn. 96). Das sieht das Gesetz bewusst nicht vor. Die Einführung eines Wahlrechtes wurde im Novellierungsverfahren verschiedentlich, insbesondere auch von Investorenseite gefordert, aber von der Staatsregierung abgelehnt. Der Bauherr muss also, sofern sein Vorhaben Art. 58 Abs. 1 BayBO entspricht, ein Freistellungsverfahren beginnen (vgl. Taft, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 120. EL Mai 2015, Art. 58 Rn. 13; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue BayBO, 63. EL 2015, Art. 71 Rn. 22). Für Vorhaben, die nicht genehmigungs- oder zustimmungsbedürftig sind, können daher keine verbindlichen Entscheidungen in Form eines Vorbescheids ergehen (vgl. Molodovsky, in: Molodovsky/Farmers/Kraus, BayBO 118. EL Oktober 2015, Art. 71 Rn. 21; BVerwG, B.v. 6.7.1977 – IV B 118.77 – juris). Für Vorhaben, die unter die Genehmigungsfreistellung (Art. 58 BayBO) fallen können, ist der Vorbescheid nicht möglich. Ein Antrag auf Vorbescheid kommt folglich nur dann in Betracht, wenn der Bauherr vom maßgeblichen Bebauungsplan abweichend bauen und dies vorab geklärt haben möchte.
5. Die Klägerin hat auch dann keinen Anspruch auf eine positive Beantwortung ihrer Vorbescheidsfrage, wenn man den Sachvortrag der Beklagten zugrunde legt, wonach der geplante Anbau nicht mehr wechselverträglich im Sinne der Doppelhausrechtsprechung ist und deshalb eine grenzständige Errichtung unzulässig ist.
6. Danach hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf den begehrten positiven Vorbescheid und mithin auch keinen Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen „negativen“ Vorbescheids, da die Ablehnung rechtmäßig gewesen ist und die Klägerin daher dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wird.
7. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
8. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000;- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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