Baurecht

Verletzung des Rücksichtnahmegebots bei Nichteinhaltung der Abstandsflächen

Aktenzeichen  15 ZB 17.36

Datum:
6.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6995
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BayBO Art. 6

 

Leitsatz

1 Allein aus einer (unterstellten) Verletzung des Art. 6 BayBO und aus den speziell von diesem anvisierten Schutzzielen (Belichtung, Belüftung und – str. – Wohnfrieden) kann – auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich für einen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis sorgen sollen – nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch ggf. rechtswidrigen) Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (hier unzumutbare Beeinträchtigung verneint).  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 K 14.832 2016-11-24 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück FlNr. … der Gemarkung R. Er wendet sich als Nachbar gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Sanierung des Bestandes und Neubau eines Wohnhauses“ (Bescheide vom 11. April 2014 und 2. Mai 2014) auf dem an das im rückwärtigen Bereich seines Grundstücks südlich angrenzenden Baugrundstück der Beigeladenen (FlNr. …).
Im Bereich der ca. 20 m langen gemeinsamen Grenze des Baugrundstücks (Nordbereich) und des klägerischen Grundstücks (Südbereich / Gartengelände; das Wohnhaus des Klägers situiert um einige Meter weiter westlich) befand sich auf Seiten des Baugrundstücks ein Altgebäude, dessen nördliche Außenwand nach Abbruch an der gemeinsamen Grenze teilweise verblieb und nunmehr mit Blick auf das auf Seiten des Baugrundstücks um ca. 1,70 – 1,80 m gegenüber dem klägerischen Grundstück erhöhte Gelände als Stützmauer mit Brüstung fungiert. Ob bzw. inwiefern der Geländesprung an der gemeinsamen Grenze als natürliches Gelände anzusehen ist und ob bzw. inwiefern der stehengebliebene Teil der Außenwand des Altgebäudes in Richtung des klägerischen Grundstücks bereits vor dem Abbruch ausschließlich oder weitgehend bloße Stützfunktion aufgrund des Geländesprungs zwischen dem Baugrundstück und dem klägerischen Grundstück hatte, ist zwischen den Parteien umstritten (vgl. hierzu bereits die Beschwerdeentscheidung des Senats im vorausgegangenen Eilverfahren BayVGH, B.v. 17.4.2015 – 15 CS 14.2612 – juris Rn. 5 ff.).
Der Kläger erhob am 12. Mai 2014 beim Verwaltungsgericht Regensburg (Nachbar-) Anfechtungsklage mit dem Antrag, den Baugenehmigungsbescheid vom 11. April 2014 in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 2. Mai 2014 aufzuheben. Der Kläger brachte u.a. vor, die Bauvorlagen seien unbestimmt, weil das ursprüngliche Gelände nicht dargestellt sei. Das Vorhaben verletze das Rücksichtnahmegebot, weil die Planung zum einen ihm gegenüber einmauernd wirke und zudem vielfältige neue Einsichtmöglichkeiten in sein Grundstück ermögliche. Die dominante Wirkung des Neubaus werde durch den Geländesprung an der gemeinsamen Grenze verstärkt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 1. Oktober 2015 wurde Folgendes protokolliert:
„Der Klägervertreter stellt folgende bedingte Beweisanträge:
1. Zum Beweis für die Tatsache, dass das angefochtene Bauvorhaben unzumutbare Einsichtnahmemöglichkeiten gegenüber dem klägerischen Grundstück verschafft und auch sonst rücksichtslos ist, wird die Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins beantragt.
2. Soweit es für das Gericht bei seiner Entscheidung hierauf ankommt, regt der Kläger außerdem eine Grenzfeststellung zum Beweis der Tatsache an, dass die streitgegenständliche Mauer nicht an der Grundstücksgrenze steht, sondern einige Meter abgerückt im Baugrundstück der Beigeladenen.
3. Zum Beweis der Tatsache, dass hinter dieser Mauer kein gewachsener Grund vorhanden war in Höhe der verbliebenen Mauer, sondern dass das Baugrundstück ursprünglich auf Ebene des Klägergrundstücks lag, regt der Kläger außerdem die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Ein Gutachter wird durch Abgrabungen und weitere Untersuchungen feststellen können, ob die Mauer auf Seiten des Baugrundstücks erdberührt war oder nicht.
4. Ebenfalls zum Beweis für die Tatsache, dass sich jenseits der Mauer bis zu den Bauarbeiten kein gewachsener Grund befand, sondern Kellerräume und niedrigeres Gelände als heute, regt der Kläger außerdem an, der Beklagten die Vorlage der denkmalschutzrechtlichen Abgrabungsberichte (zur Erfüllung der Auflagen aus der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis) aufzugeben, ferner der Beigeladenen die Vorlage der Abrechnungen der Baufirmen. Hieraus wird sich ergeben, ob entsprechender Baugrund ausgehoben und abgefahren wurde, oder nicht (weil hier vormals Kellerräume vorhanden waren oder niedrigeres Gelände als heute).“
Aufgrund der mündlichen Verhandlung beschloss das Verwaltungsgericht am 1. Oktober 2015, der Beklagten aufzugeben, die Grenze zwischen dem Baugrundstück und dem klägerischen Grundstück durch Vermessung festzustellen oder feststellen zu lassen sowie die bestehende Mauer in Bezug zu dieser Grenze einzumessen (Ziffer I), und der Beklagten zudem aufzugeben, die Abgrabungsberichte der Denkmalschutzbehörde im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben dem Gericht vorzulegen (Ziffer II).
In der Folgezeit wurden dem Verwaltungsgericht die Abgrabungsberichte der Denkmalschutzbehörde vorgelegt. Unter dem 16. November 2015 teilte die Beklagte mit, dass ihr mangels abgemarkter Punkte und Grenzsteine die Feststellung der genauen Grenze zwischen den Grundstücken des Klägers und der Beigeladenen nicht möglich sei; eine Grenzfeststellung dürfe als hoheitliche Maßnahme nur vom Staatlichen Vermessungsamt durchgeführt werden.
Nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung am 24. November 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers laut Niederschrift an den Beweisanträgen gemäß Niederschrift vom 1. Oktober 2015 festgehalten, soweit diesen noch nicht nachgegangen worden sei. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisbeschluss vom 1. Oktober 2015 in Ziffer I mit der Begründung aufgehoben, dass es nach den vorliegenden Unterlagen über die Dokumentation der Abgrabungen auf dem streitgegenständlichen Baugrundstück für das vorliegende Verfahren nicht auf die Lage der bestehenden Stützbzw. Einfassungsmauer in Bezug zur Grundstücksgrenze ankomme.
Mit Urteil vom 24. November 2016 wies das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage ab. Das Verwaltungsgericht verneinte eine Nachbarrechtsverletzung zulasten des Klägers. Die Bauvorlagen seien nicht in der Weise unbestimmt, dass eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden könne. Es liege ferner weder im Hinblick auf Einblickmöglichkeiten noch auf eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers vor.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Soweit im erstinstanzlichen Verfahren (nach Klageerweiterung) auch Klageanträge dahingehend gestellt worden waren, die Beklagte zum bauordnungsrechtlichen Einschreiten (Anordnung der Beseitigung der an der gemeinsamen Grundstücksgrenze verbliebenen Mauer) zu verpflichten bzw. hilfsweise hierüber nach der Rechtsauffassung zu entscheiden, hat der Kläger schon im erstinstanzlichen Verfahren diese wieder zurückgenommen, sodass dieser Teil des erstinstanzlichen Verfahrens im vorliegenden Zulassungsverfahren keine Rolle mehr spielt.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substanziierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
a) Soweit der Kläger einwendet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) sowie (deswegen) auch des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots abgelehnt, bringt er keine hinreichenden Gründe vor, um eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu rechtfertigen.
Der Kläger trägt insofern vor, die freistehende Mauer stelle sowohl statisch als auch nachbarrechtlich etwas völlig anderes als das Altgebäude dar. Es handele sich um ein „aliud“. Die Annahmen des Verwaltungsgerichts zur Abstandsflächenberechnung seien mit Blick auf die von ihm angenommene natürliche Geländeoberfläche als Bezugspunkt spekulativ. Aus der Darstellung der heutigen Stützwand an der gemeinsamen Grenze als herkömmliche Hauswand in früheren Plänen sei zu folgern, dass auf Höhe ihrer Sohle (auf seinem Grundstück) das Urgelände verlaufe; hierauf müsse die Abstandsflächenberechnung bezogen werden. Aus seinem Blickwinkel als Nachbarn spiele es keine Rolle, ob hinter der Mauer ein ggf. verfüllter Hohlraum sei, d.h. ob vor langer Zeit innerhalb des Altgebäudes auf dem Baugrundstück eine Aufschüttung auf das Urgelände eingebracht worden sei. Entscheidend sei, dass die Wand für ihn gebäudegleiche Wirkung habe und dass die Baumaßnahme zu einer völligen Umgestaltung der Wand geführt habe, die auch eine Neubewertung aus abstandsflächenbzw. bauplanungsrechtlicher Sicht veranlasse. Zudem sei die vom Erstgericht als Bezugspunkt der Abstandsflächenberechnung herangezogene Aufschüttung im Zuge der aktuellen Baumaßnahme sogar noch bis 1 m unter der Ebene seines Grundstücks abgetragen worden. Hinsichtlich der nunmehr als Stützwand fungierenden Wand als Teil der Nordwand des im Übrigen abgerissenen Altgebäudes liege keine bloße Nutzungsänderung, sondern eine „veritable“, „ganz massive“ Veränderung vor. Eben hierdurch komme es zu neuen Eingriffen in seine Rechte. Ähnlich wie bei einer Dachterrasse hätte der Zielkonflikt z.B. durch ein zurückversetztes Geländer harmonisch aufgelöst werden können. Soweit das Verwaltungsgericht aus der früheren Gebäudewand des Altbestands eine Vorbelastung gegenüber der heute bestehenden Absturzsicherung ableite, werde verkannt, dass sich die Situation tatsächlich verschlechtert habe. Die Außenwand des Altgebäudes sei fensterlos gewesen, sodass vormals eine Möglichkeit der Einsichtnahme auf sein Grundstück oder sonstige „unverträgliche Nachbarverhältnisse“ nicht bestanden hätten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht von einer Verbesserung der Verhältnisse rede, ohne sich die Örtlichkeiten angesehen zu haben.
Aus diesen Einwendungen können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht gefolgert werden. Ein Nachbar – wie hier der Kläger – kann sich als Dritter mit einer Anfechtungsklage nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade auch seinem Schutz als Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Es ist auf Basis des klägerischen Vortrags im Zulassungsverfahren nicht ersichtlich, dass die Baugenehmigung wegen Verletzung des Art. 6 BayBO oder des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots rechtswidrig sein und den Kläger in subjektiven Rechten verletzen könnte, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Auch wenn die Qualität des Art. 6 BayBO als Schutznorm zugunsten des unmittelbar angrenzenden Nachbarn außer Frage steht (Dohm/Franz/Rauscher, in: Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 6 Rn. 604 ff.; Molodovsky/ Waldmann, in: Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2017, Art. 6 Rn. 17 ff.), kann sich der Kläger zur Begründung eines Genehmigungsabwehranspruchs nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn die Feststellungswirkung einer – wie hier – im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilten Baugenehmigung umfasst Art. 6 BayBO nicht, weil im Genehmigungsverfahren eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO nicht beantragt wurde. Da Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO, wonach die Genehmigungsbehörde den Bauantrag im Falle eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Prüfprogramms des Genehmigungsverfahrens ablehnen darf, nicht dazu bestimmt ist, nachbarlichen Interessen zu dienen, kann sich auch hieraus kein erweiterter Nachbarschutz ergeben (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 16; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3; B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 10 f.; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – noch unveröffentlicht). Ob das Vorhaben der Beigeladenen die nicht vom sog. Prüfprogramm des Art. 59 BayBO umfasste Regelung des Art. 6 BayBO – sei es hinsichtlich der an bzw. in der Nähe der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden Stützmauer mit Brüstung, sei es hinsichtlich des 6 – 7 m weiter südlich stehenden Neubaus – verletzt, ist für die Frage der Begründetheit der hier zugrundeliegenden Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung mithin irrelevant. Damit kann auch in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob und ggf. welche Abstandsflächen durch das streitgegenständliche Vorhaben im Detail materiell-rechtlich einzuhalten sind.
Soweit der Kläger sich zur Untermauerung seiner im Klageverfahren geltend gemachten und vom Erstgericht nicht zugesprochenen Abwehransprüche auf die Verletzung des – im unbeplanten Innenbereich über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder über den Begriff des „Einfügens“ (§ 34 Abs. 1 BauGB) Anwendung findenden – Rücksichtnahmegebots beruft, hat er den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 24. November 2016 nichts Substanziiertes entgegenzusetzen, was in Erfüllung der Anforderungen an das Gebot der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO die Richtigkeit der dortigen Rechtsfindung in Frage stellen könnte. Das Darlegungsgebot im Berufungszulassungsverfahren erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.). Dem werden die Ausführungen des Klägers im vorliegenden Zulassungsverfahren mit Blick auf das als verletzt behauptete Rücksichtnahmegebot nicht gerecht.
Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).
In der Sache begrenzt sich der Kläger auch insofern im Wesentlichen auf die Behauptung einer (potenziellen) Verletzung des Art. 6 BayBO, indem er die Rechtsfindung des Verwaltungsgerichts schwerpunktmäßig dahingehend kritisiert, dieses sei vom falschen natürlichen Geländeverlauf als Berechnungsgrundlage des Abstandsflächenrechts ausgegangen bzw. habe den korrekten Geländeverlauf als Grundlage für die Abstandsflächenberechnung nicht hinreichend aufgeklärt und habe bei der Abstandflächenbetrachtung nicht korrekt berücksichtigt, dass hinsichtlich der verbliebenen Mauer an der gemeinsamen Grenze, der für ihn gebäudegleiche Wirkung zukomme, aufgrund einer wesentlichen Funktionsänderung und neuer Belastungswirkungen die Abstandsflächenfrage neu aufgeworfen werde.
Allein aus einer (unterstellten) Verletzung des Art. 6 BayBO und aus den speziell von diesem anvisierten Schutzzielen (Belichtung, Belüftung und – str. – Wohnfrieden) kann aber – auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich für einen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis sorgen sollen – nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch ggf. rechtswidrigen) Veränderung auf dem Nachbargrundstücks verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 – 15 ZB 14.2654 – juris Rn. 15; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 21 ff.; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 13; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – noch unveröffentlicht). Hierzu hat die Klägerseite aber nicht hinreichend in Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts substanziiert vorgetragen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Auch wenn das Verwaltungsgericht bei der Bewertung, ob infolge der Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens aufgrund einer erdrückenden Wirkung oder aufgrund neuer Einsichtnahmemöglichkeiten auf das klägerische Grundstück eine mit dem Rücksichtnahmegebot unvereinbare unzumutbare Situation entsteht, im Ausgangspunkt auf das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht rekurriert hat, ist es hier nicht stehen geblieben, sondern hat gerade die möglichen Belastungswirkungen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze einer differenzierten Bewertung hinsichtlich neuer Einsichtnahmemöglichkeiten einerseits [aa) ] und einer eventuellen sog. „erdrückenden Wirkung“ anderseits [unten bb) ] unterzogen:
aa) Das Erstgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zum einen berücksichtigt, dass bei der vormaligen massiven Bebauung an der gemeinsamen Grenze der östliche Bereich des klägerischen Grundstücks tatsächlich nicht habe eingesehen werden können. Nach Ansicht des Gerichts könne aber bei der im Rahmen des Rücksichtnahmegebots gebotenen Abwägung der konfligierenden Interessen, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Grenzmauer nicht die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhalte, nicht allein aus nunmehr gegebenen erstmaligen Einsichtnahmemöglichkeiten ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot angenommen werden. Unzumutbare Auswirkungen seien tatsächlich nicht gegeben, weil es in bebauten innerörtlichen Bereichen zur Normalität gehöre, dass von Grundstücken / Gebäuden aus Einsicht in andere, benachbarte Grundstücke / Gebäude genommen werden könne. Die mit der erhöhten Lage des Grundstücks der Beigeladenen verbundenen Einsichtsmöglichkeiten erreichten nicht das Ausmaß einer den Kläger unzumutbaren Beeinträchtigung. Die kürzeste Distanz von der nord-westlichen Ecke des Baugrundstücks zur süd-östlichen Ecke des klägerischen Wohnhauses betrage über 9 m. Die Möglichkeit, insbesondere an der Mauer, direkt in den klägerischen Garten zu sehen, bestehe zwar, sei jedoch hinzunehmen. Es handele sich dabei im Vergleich z.B. zu einem Schlafzimmer um einen weniger sensiblen Bereich, zumal sich hinter der Mauer auf dem Baugrundstück nicht unmittelbar eine Terrasse anschließe. Auch vom Neubau selbst ergäben sich keine unzumutbaren Einblicke.
Diese Erwägungen sind aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und entsprechen höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung. Das Bauplanungsrecht vermittelt keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist – als grundsätzlich nicht städtebaulich relevant – davon nicht angesprochen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1989 – 4 B 72.89 – NVwZ 1989, 1060 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 30.11.2006 – 14 CS 06.3015 – juris Rn. 9; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2013 – 15 ZB 13.68 – juris Rn. 6; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13). Auch über das Gebot der Rücksichtnahme wird in bebauten Ortslagen kein genereller Schutz des Nachbarn vor jeglichen (weiteren) Einsichtmöglichkeiten vermittelt, allenfalls in besonderen, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägten A u s n a h m e f ä l l e n kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme etwas anderes ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.1999 – 2 CS 99.2387 – BayVBl. 2000, 377 = juris Rn. 20; B.v. 6.8.2010 – 15 CS 09.3006 – juris Rn. 28; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 14; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht; OVG Saarl., B.v. 25.5.2010 – 2 A 31/10 – BRS 76 Nr. 197 = juris Rn. 15; OVG Bremen, U.v. 10.11.2015 – 1 LB 143/14 – BauR 2016, 645 = juris Rn. 39). Anhaltspunkte für einen solchen situationsbedingten Ausnahmefall sind aber dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen, zumal das Verwaltungsgericht (insoweit unbestritten) darauf abgestellt hat, dass die direkte Einsichtnahmemöglichkeit im Wesentlichen den an die Stützmauer zunächst angrenzenden Gartenbereich des Klägers im östlichen Grundstücksteil betrifft, während das Wohnhaus der Kläger selbst ca. 9 m nordwestlich versetzt zur nächstgelegenen Ecke des Baugrundstücks steht (was sich aus den in den vorliegenden Unterlagen, etwa aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Lageplan ergibt). Zur Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO hätte in der Zulassungsbegründung konkret aufgezeigt werden müssen, welche genauen besonders schützenswerten Wohnbereiche (Betroffenheit welcher genauen Fenster in welchem Stockwerk etc.) nunmehr erstmals und in welcher Weise von der Einsichtnahme betroffen sein und welche besonderen – außergewöhnlichen, über die herkömmlichen Einsichtsmöglichkeiten in Innerortslagen hinausgehenden – Belastungen sich hieraus für den Kläger ergeben sollen. Dies ist nicht erfolgt. Auch der vom Kläger in der Zulassungsbegründung angeführte Vergleich zur Dachterrassenproblematik sowie der Vortrag allgemein neuer Einsichtnahmemöglichkeiten aufgrund der Neugestaltung der Nordgrenze des Baugrundstücks, die es so bei der fensterlosen Nordfassade des Altbestandes nicht gegeben habe, zeigen im Verhältnis zum erstinstanzlichen Vortrag nichts relevant Neues auf, machen nicht klar, worin die besondere – und gerade „unzumutbare“ – Belastung des Klägers liegen soll und genügen mithin nicht, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Rechtsfindung des Erstgerichts gerade am Maßstab des Rücksichtnahmegebots hinreichend substanziiert aufzuzeigen.
bb) Zum andern weist das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der von ihm verneinten „erdrückenden Wirkung“ darauf hin, dass das Vorhaben der Beigeladenen in seinen Maßen und insbesondere in der Höhenentwicklung nicht den Rahmen, der durch die umgebende Bebauung vorhanden sei, sprenge. Auch das Gebäude des Klägers weise laut der Beklagten eine vergleichbare Traufhöhe sowie durch das aufgesetzte Satteldach eine größere Firsthöhe auf. Eine rücksichtslos massive Baumasse habe das Vorhaben nicht. Hinsichtlich des Neubaus erfolge keine Grenzbebauung, wie sie bisher bestanden habe, sodass deshalb sogar von einer Verbesserung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse auf dem Grundstück des Klägers auszugehen sei. Hinsichtlich der Mauer gelte auch für die Frage der erdrückenden Wirkung, dass, selbst wenn man davon ausgehe, dass diese die Abstandsflächen nicht einhalte, dies nicht automatisch zur Rücksichtslosigkeit führe. Auch insoweit seien die Vorbelastung des Grundstücks und die Grenzbebauung zu beachten. Die verbliebene Mauer sei als Stützmauer und Bestandteil der Rückwand des Grenzgebäudes bereits Jahrzehnte vorhanden gewesen. Im Vergleich zur Situation mit Grenzgebäude stelle sich die aktuelle Situation im unmittelbaren Grenzbereich auch im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgebrachte erdrückende Wirkung als deutliche Verbesserung dar.
Auch dem hat der Kläger nichts hinreichend Substanziiertes entgegenzusetzen. Seine Einwendungen gegen das Argument der Vorbelastung (vgl. Seite 6 der Berufungszulassungsbegründung vom 9. Februar 2017) mögen hinsichtlich vormals nicht gegebener Einsichtnahmemöglichkeiten greifen, was in diesem Zusammenhang vom Erstgericht nicht anders gesehen wird, s.o. aa). Das Vorbelastungsargument des Verwaltungsgerichts erscheint aber hinsichtlich der vom Kläger behaupteten erdrückenden Wirkung völlig plausibel. Denn vormals muss die als ganze Hauswand ausgestaltete Bebauung an der gemeinsamen Grenze sachlogisch als mächtiger gegenüber dem Nachbargrundstück und der Nachbarbebauung gewirkt haben als die nunmehr zurückgebaute Stützmauer mit Brüstung. Im Ergebnis kommt es hierauf aber nicht an, weil das Vorbelastungsbzw. Verbesserungsargument allenfalls als Zusatzargument des Verwaltungsgerichts anzusehen ist. Eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens kann ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – noch unveröffentlicht). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin – neben der bloßen Distanz – insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elfbzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn 13; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810 = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 – 3 S 2167/15 – juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 – 1 A 556/14 – juris Rn. 15 f.; B.v. 25.7.2016 – 1 B 91/16 – juris Rn. 13 ff.). Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, wie
– die auf ca. 20 m an der gemeinsamen Grenze verlaufende Stützmauer, die vom Gartenbereich des Klägers aus betrachtet eine Höhe von ca. 2,70 m hat und die zu seinem nordwestlich hiervon gelegenen Wohngebäude einen Abstand von ca. 9 m aufweist,
– sowie der weiter südlich gelegene Neubau, der nach den Planangaben ab Erdgeschoss 9 m hoch ist und dessen Flachdach unter Einbezug des Geländesprungs an der gemeinsamen Grenze damit etwa 10,50 m höher liegt als das Grundstücksniveau des Klägers und dessen nordwestliches Eck vom südöstlichen Eck des klägerischen Wohngebäude ca. 17 m entfernt ist,
in der besiedelten Innenstadtlage einen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effekt haben könnten. Jedenfalls hat der Kläger im Berufungszulassungsverfahren auch hierzu nichts Substanziiertes vorgetragen, woraus konkret geschlossen werden könnte, dass das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen, das nach der unbestrittenen Aussage des Verwaltungsgerichts hinsichtlich seiner Maße den Rahmen der Umgebung einhält, dem Gebäude des Klägers förmlich „die Luft nehme“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Wohngebäude auf dem Klägergrundstück nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. OVG NRW, U.v. 19.7.2010 – 7 A 3199/08 – BauR 2011, 248 = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 – 7 A 1251/15 – juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6). Zudem ist die Möglichkeit einer erdrückenden Wirkung grundsätzlich zu verneinen, wenn der Baukörper des angegriffenen Gebäudes nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Nachbargebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 a.a.O.; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 a.a.O. Rn. 17; B.v. 16.6.2015 a.a.O. Rn. 16; B.v. 25.7.2016 a.a.O. Rn. 14). Von Letzterem ist jedenfalls nach den Darlegungen der Entscheidungsgründe, denen der Kläger ebenfalls nicht substanziiert entgegengetreten ist, auszugehen.
b) Auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die genehmigte Planung verletze nicht wegen Unbestimmtheit Rechte des Klägers, ist nicht ernstlich zweifelhaft.
Insbesondere ist entgegen der Behauptung des Klägers nicht ersichtlich, dass die Baugenehmigung deswegen Nachbarrechte des Klägers verletzen könnte, weil die Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des „natürlichen Geländes“ bzw. des „Urgeländes“ in nachbarrechtsverletzender Weise zu unbestimmt wären. Der Kläger bringt diesbezüglich zusammengefasst vor, eine hinreichende Bestimmtheit der Baugenehmigung sei nur dann gegeben, wenn auch überprüft werden könne, ob die Abstandsflächen richtig dargestellt und geprüft worden seien. Hierfür wäre die Darstellung des Urgeländes zwingende Voraussetzung. Es sei nicht überzeugend, soweit das Verwaltungsgericht die hinreichende Bestimmtheit der Bauvorlagen damit begründe, dass die Abstandsflächen dem Eingabeplan „Grundriss Kellergeschoss und Erdgeschoss“ entnommen werden könnten. Es leuchte schon im Ansatz nicht ein, wie das Urgelände, das nur in einem Schnitt oder allenfalls einer Ansicht seinem Verlauf nach gekennzeichnet werden könne, in einem Grundriss hinreichende Darstellung erfahren haben sollte.
Diese Einwände vermögen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu begründen. Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Unabhängig von der Frage, ob der Anschnitt der vorhandenen und der geplanten Geländeoberfläche gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung – BauVorlV) in den Bauplänen ordnungsgemäß dargestellt wurde oder nicht, ergäbe sich aus einem diesbezüglichen Mangel nicht, dass die Unbestimmtheit eine nachbarrechtsrelevante Relevanz hätte. Letztere kann eine unterbliebene oder nicht hinreichende Darstellung des natürlichen Geländes in der vorliegenden Fallproblematik allenfalls für die korrekte Berechnung der Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) haben. Auf die Frage, ob in nachbarschutzrechtlicher Hinsicht insofern die Abstandsflächendarstellung auf dem gestempelten Eingabeplan „Grundriss Kellergeschoss und Erdgeschoss“ Kompensation bieten kann, kommt es vorliegend nicht an. Denn soweit – wie vorliegend – im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfprogramm gehört und der Baugenehmigung mithin diesbezüglich keine Feststellungswirkung zukommt (s.o.), kann die Baugenehmigung wegen Unbestimmtheit von Bauvorlagen, die sich auf die Beurteilung von Art. 6 BayBO auswirken könnten, nicht in nachbarrechtsverletzender Weise unbestimmt sein. Ferner ist weder ersichtlich noch substanziiert vom Kläger im Zulassungsverfahren dargelegt worden, dass die hinreichende Darstellung des natürlichen Geländeverlaufs bzw. des „Urgeländes“ unabdingbar für die Beurteilung der Einhaltung der Vorgaben des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots sein könnte. Insbesondere ist nicht auszumachen, dass gerade wegen einer mangelnden Darstellung der Geländeoberfläche gem. § 8 BauVorlV eine Umsetzung der Baugenehmigung droht, die zur Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots hätte führen könnte. Denn
– aufgrund der auf dem mittels eines unterschriebenen Stempelaufdrucks „Genehmigt mit Bescheid vom 11.04.14“ zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärten „Freiflächengestaltungsplan“ sowie auf den Schnitten B-B und D-D (gestempelter Eingabeplan „Ansichten und Schnitte“) befindlichen Höhenangaben, die auf ein in den Bauvorlagen definiertes Höhenbezugssystem (0,00 = 335,58 m üNN) ausgerichtet sind, und
– aufgrund der gemeinsamen Darstellung des Neubaus und dem auf dem Baugrundstück weiter südlich verbleibenden Bestandsgebäude auf der Westansicht und der Ostansicht („Schnitt B-B“) in dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan „Ansichten und Schnitte“
wird der Geländeverlauf auf dem Baugrundstück im Bereich des Neubaus und nördlich hiervon – und damit auch die auf diesen Geländeverlauf bezogene Höhe des Neubaus – hinreichend definiert, ohne dass bei der Bauausführung ein Ausführungsermessen oder eine Manipulationsmöglichkeit hinsichtlich des Höhenverlaufs verbliebe. Entsprechendes gilt für die Höhe der Stützmauer im Bereich der gemeinsamen Grenze, deren Oberkante sowohl durch die auf das vorgenannte Höhenbezugssystem abgestimmten Zahlenangaben (an der für den Kläger relevanten Nordgrenze: „MOK + 0,87“) als auch durch die Darstellung „Schnitt D-D Neubau“ im gestempelten Eingabeplan „Ansichten und Schnitte“ (vgl. dort die nördliche Begrenzungswand der Tiefgarage ganz rechts) hinreichend definiert wird (vgl. insofern auch die vorangegangene Beschwerdeentscheidung BayVGH, B.v. 17.4.2015 – 15 CS 14.2612 – BayVBl. 2016, 598 = juris Rn. 11).
2. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach dem Zulassungsvortrag des Klägers vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substanziiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.
3. Schließlich ist die Berufung nicht aufgrund eines vom Kläger gerügten Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
Der Kläger wendet ein, der Sachverhalt sei unter Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend ermittelt worden. Unabhängig von einer unzulässigen Beweisantizipation hätten gerade in Bezug auf die am 1. Oktober 2015 protokollierten Beweisanträge etwa Abrechnungen der Baufirmen ergeben können, ob hinter der Wand lediglich Baugrund ausgehoben und abgefahren worden sei „oder nicht (weil hier vormals Kellerräume vorhanden waren oder niedrigeres Gelände als heute)“. Gleiches gelte für den vom Kläger beantragten Augenschein. Ohne diesen lasse sich bei einer Konstellation wie hier nicht beurteilen, ob eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gegeben sei oder nicht. Hätte das Verwaltungsgericht den Sachverhalt hinreichend ermittelt, wäre es auch von seinem Rechtsstandpunkt her sowohl zu einer Verletzung der Abstandsflächenvorschriften als auch zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gelangt.
Hiermit hat der Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise einen Verfahrensresp. Aufklärungsmangel gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend gemacht. Die Aufklärungsrüge setzt u.a. die hinreichend konkrete Darlegung voraus, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich erbracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 75). Bereits unter 1. ist ausgeführt worden, dass weder nach Aktenlage ersichtlich ist noch vom Kläger substanziiert ausgeführt wurde, inwiefern das Rücksichtnahmegebot – sei es wegen zusätzlicher Einsichtnahmemöglichkeiten, sei es wegen sog. „erdrückender Wirkung“ – auch unter Berücksichtigung des Gelände-sprungs an der gemeinsamen Grenze verletzt sein könnte. Ebenfalls wurde in diesem Zusammenhang oben ausgeführt, dass es dann für die Frage der Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht darauf ankommt, wo genau der „natürliche Geländeverlauf“ bzw. das „Urgelände“ anzusetzen ist. Damit hat sich der Kläger auch mit Blick auf § 124a Abs. 2 Nr. 5 i.V. mit § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend mit der Entscheidungserheblichkeit der von ihm als unterlassen angeprangerten Sachverhaltsermittlung bzw. Beweisaufnahme in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot auseinandergesetzt. Ob und inwiefern der natürliche Geländeverlauf für die Berechnung der Abstandsflächen relevant ist, bedarf vorliegend – wie gesehen – keiner näheren Betrachtung, weil Art. 6 BayBO nicht zum Prüfprogramm des vorliegend einschlägigen vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens zählt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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