Baurecht

Wiederinstandsetzung eines privaten Entwässerungskanals

Aktenzeichen  4 ZB 17.1065

Datum:
16.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26941
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 23, § 46 Abs. 2
BayNWFreiV § 1, § 3

 

Leitsatz

Die Sammlung und Ableitung des Niederschlagwassers ist nicht erlaubnisfrei, wenn ein privater Regenwasserkanal nicht in eine den Anforderungen der TrenGW entsprechende ober- oder unterirdische Versickerungsanlage mündet und der private Kanal im Bereich einer Wiese in den Boden mündet, denn das bloße Hineinleiten des Wassers aus einem unterirdisch verlaufenden Kanal ins Erdreich bildet noch keine Versickerungsanlage. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 K 15.5222 2017-02-09 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Wiederinstandsetzung eines privaten Entwässerungskanals für Regenwasser und den Wiederanschluss seines Grundstücks an diesen Kanal.
Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 744/47 im Ortsgebiet der Beklagten. Dem Auszug aus der 1962 erteilten Baugenehmigung ist zu entnehmen, dass für das Bauvorhaben die jederzeit widerrufliche Erlaubnis für die Entwässerung in den Untergrund erteilt wurde. In den Jahren 2007 bis 2009 führte die Beklagte im Umgriff des klägerischen Grundstücks zum Schutz des Trinkwassers im M.-Tal Baumaßnahmen zur Errichtung eines neuen Tagwasserkanals durch. Bei einem Starkregenereignis im Juni 2012 sammelte sich auf dem klägerischen Grundstück Wasser, das in den Keller eindrang und mit Hilfe der Feuerwehr abgepumpt werden musste. Da der Kläger der Auffassung war, dass die Überflutung des Grundstücks darauf zurückzuführen sei, dass infolge der Baumaßnahmen der Beklagten ein das Grundstück entwässernder privater Regenwasserkanal durchtrennt worden war, forderte er die Beklagte auf, den Kanal wiederherzustellen und das klägerische Grundstück wieder an diesen anzuschließen. Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte, erhob der Kläger Klage mit dem Ziel, die Beklagte zur Wiederherstellung des alten privaten Regenwasserkanals und zum Anschluss des klägerischen Grundstücks an diesen Kanal zu verpflichten.
In der mündlichen Verhandlung wurden unter Beiziehung des 1958 genehmigten Bebauungsplans, des Bauplans für das klägerische Anwesen und des damaligen Entwässerungsplans der mögliche Verlauf des alten Regenwasserkanals und die Möglichkeiten der Entwässerung der Grundstücke im Siedlungsgebiet des Klägers erörtert. Nachdem ein nachfolgender außergerichtlicher Einigungsversuch gescheitert war, verzichteten die Parteien auf weitere mündliche Verhandlung.
Mit Urteil vom 9. Februar 2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der geltend gemachte Anspruch finde zwar seine Rechtsgrundlage im öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch, die Voraussetzungen dieses Anspruchs lägen jedoch nicht vor. Das Bestehen und der Verlauf eines privaten Regenwasserkanals ließen sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Es könne aber letztlich offen bleiben, ob tatsächlich ein noch funktionsfähiger privater Regenwasserkanal bestanden habe – wofür einiges spreche – und ob dieser durch die Baumaßnahme der Beklagten unterbrochen und damit funktionsunfähig gemacht wurde. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, könne seine Wiederherstellung nicht gefordert werden. Ob der Wiederherstellungsanspruch schon deswegen ausgeschlossen sei, weil der Aufwand für die Beseitigung des Eingriffs in grobem Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Klägers stehe, könne ebenfalls dahingestellt bleiben, weil die Wiederherstellung des behaupteten früheren Zustands jedenfalls daran scheitere, dass dieser nach der derzeitigen Rechtsordnung unzulässig wäre. Für den behaupteten alten privaten Regenwasserkanal habe nach heutigem Rechtsverständnis keine rechtliche Grundlage bestanden. Er sei weder in den zu entwässernden oberliegenden Grundstücken westlich des F.wegs noch im Bereich des öffentlichen Straßengrunds selbst noch in den unterliegenden östlich angrenzenden Grundstücken rechtlich gesichert gewesen. Wenn der Regenwasserkanal tatsächlich bestanden haben sollte, sei die Nutzung der verschiedenen Grundstücke von den Eigentümern allenfalls geduldet oder hingenommen worden. Der Kläger habe weder schuldrechtliche Gestattungen noch deren dingliche Sicherung im Grundbuch vorlegen können. Unabhängig von der eigentumsrechtlichen Situation wäre das Ableiten von Niederschlagswasser, bei dem es sich nach § 54 Abs. 1 Satz 1 WHG um Abwasser handle, nach heutigem Recht genehmigungsbedürftig. Die Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser in Gewässer dürfe nach § 57 Abs. 1 WHG nur unter bestimmten wasserwirtschaftlichen Voraussetzungen erteilt werden. Allerdings bedürfe nach § 46 Abs. 2 WHG das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung keiner Erlaubnis, soweit dies in einer Rechtsverordnung bestimmt sei. Eine entsprechende Regelung sei in der Niederschlagswasserfreistellungsverordnung (NWFreiV) vom 1. Januar 2000 getroffen worden. Nach § 1 dieser Verordnung sei eine Erlaubnis für das Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser in der Regel nicht erforderlich, wenn neben den dort genannten weiteren Voraussetzungen auch die Anforderungen nach § 3 und § 4 Satz 1 NWFreiV erfüllt seien. Nach § 3 NWFreiV sei das erlaubnisfrei zu versickernde gesammelte Niederschlagswasser in Versickerungsanlagen flächenhaft über eine geeignete Oberbodenschicht in das Grundwasser einzuleiten. Eine Versickerung über andere Versickerungsanlagen sei nur zulässig, wenn eine flächenhafte Versickerung nicht möglich sei und das zu versickernde Niederschlagswasser vorgereinigt worden sei. Eine derartige erlaubnisfrei mögliche Versickerung des Regenwassers sei gerade nicht vorgetragen und nachgewiesen worden. Gerade weil eine Versickerung auf dem Grundstück des Klägers infolge des lehmigen Untergrunds wohl nicht oder nur schlecht möglich sei, sei nach dessen Vortrag das Regenwasser gesammelt und über den behaupteten privaten Regenwasserkanal abgeleitet worden. Mutmaßlich werde das Regenwasser im weiteren Verlauf in die M. Schlucht oder einen anderen Graben und letztlich in den S. See geleitet. Der weitere Verlauf dieser Ableitung in eine Versickerungsanlage zur flächenhaften Einleitung über eine Oberbodenschicht in das Grundwasser sei damit nicht ersichtlich. Da die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis nicht vorliege, wäre die Wiederherstellung und Nutzung der behaupteten früheren Regenwasserableitung wasserrechtlich unzulässig. Weil mit der Instandsetzung somit keine rechtmäßigen Zustände wiederhergestellt würden, bestehe kein Folgenbeseitigungsanspruch.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verfahrensakten verwiesen.
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Februar 2017 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (s. dazu BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – JZ 2009, 850/851). Das Verwaltungsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Folgenbeseitigungsanspruch ausgeschlossen ist.
a) Soweit der Kläger vorträgt, aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen ließen sich Existenz und Verlauf eines mit Billigung der damaligen Gemeinde S. verlegten privaten Regenwasserkanals entnehmen, kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil in der angegriffenen Entscheidung die Frage offen gelassen wurde, ob tatsächlich ein noch funktionsfähiger privater Regenwasserkanal bestanden hat, der durch die Baumaßnahme der Beklagten unterbrochen wurde.
b) Nicht entscheidungserheblich sind auch die Ausführungen des Klägers dazu, dass der Anspruch auf Folgenbeseitigung nicht deswegen ausgeschlossen sei, weil der Aufwand für die Beseitigung des Eingriffs in keinem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Klägers stehe. Auch diese Frage hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung letztlich dahingestellt sein lassen.
c) Der entscheidungstragenden Begründung des Verwaltungsgerichts, die geforderte Wiederherstellung des Kanals sei mangels wasserrechtlicher Erlaubnis unzulässig, hält der Kläger entgegen, es handle sich bei der Ableitung des Regenwassers mittels eines privaten Regenwasserkanals um eine erlaubnisfreie Versickerung. Aus den Bauabnahmen in den Jahren 2008 und 2010 zu den Kanalarbeiten der Beklagten ergebe sich, dass der alte Regenwasserkanal nach wie vor in Betrieb sei und dies trotz Errichtung des neuen Regenwasserkanals auch aus Sicht der Beklagten notwendig sei. Einzelne Grundstücke, die höhenmäßig nicht an den neuen Regenwasserkanal hätten angeschlossen werden können, würden ihr Regenwasser weiterhin über den privaten Regenwasserkanal abführen. Die Ausführungen im angegriffenen Urteil, wonach das Regenwasser mutmaßlich im weiteren Verlauf in die M. Schlucht oder einen anderen Graben und letztendlich in den S. See geleitet würde, seien reine Spekulation. Er räume zwar ein, dass er erstinstanzlich derartige Überlegungen angestellt habe. Durch Überprüfung des Urteils und anschließende eigene Recherchen habe er diese nunmehr als falsch erkannt. Dem Kanalnetzplan der Beklagten sei zu entnehmen, dass auch der neu errichtete Regenwasserkanal im Bereich der K.straße ohne weitere Klärung oder Behandlung in den Tagwasserkanal der B.wiese münde. Es sei davon auszugehen, dass auch der private Tagwasserkanal in diesem Bereich in den Boden münde.
Auch dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ausgeführt, dass ein Anspruch auf Folgenbeseitigung entfällt, wenn der erstrebte Zustand nach der derzeitigen Rechtsordnung unzulässig ist (BVerwG, U.v. 26.8.1993 – 4 C 24.91 – BVerwGE 94,100 = juris Rn. 44). Mit dem Folgenbeseitigungsanspruch soll ein ursprünglich rechtmäßiger Zustand wiederhergestellt werden. Der Anspruch ist aber ausgeschlossen, wenn er seinem Inhalt nach auf etwas gerichtet ist, was in der Rechtsordnung nicht (mehr) als rechtlich zulässige Rechtsfolge vorgesehen ist. Entscheidend ist somit, ob die Ableitung des auf dem klägerischen Grundstück angefallenen Regenwassers in einem privaten Regenwasserkanal nach der derzeit geltenden Rechtslage erlaubnisfrei möglich ist oder ob der Kläger hierfür eine Genehmigung benötigt. Da im vorliegenden Fall die Sammlung und Einleitung des Niederschlagwassers – sei es durch Ableitung in ein oberirdisches Gewässer oder, wie der Kläger nunmehr vorträgt, durch Versickern in das Grundwasser – genehmigungsbedürftig ist und der Kläger nicht im Besitz der erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis ist, würde durch eine (Wieder-)Herstellung des privaten Regenwasserkanals – ungeachtet von dessen Lage und Verlauf – ein nach der Rechtsordnung unzulässiger Zustand geschaffen.
Das Einleiten von Niederschlagwasser in ein Gewässer, zu dem auch das Grundwasser zählt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 WHG), stellt nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG eine Gewässerbenutzung dar, die nach § 8 Abs. 1 WHG der Erlaubnis bedarf, soweit nicht durch das Wasserhaushaltsgesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmt ist. Eine wasserrechtliche oder sonstige Erlaubnis zum Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer (Grundwasser oder Oberflächengewässer) besitzt der Kläger unstreitig nicht; insbesondere wurde in der Baugenehmigung für das klägerische Grundstück lediglich die Entwässerung in den Untergrund, d.h. die Versickerung auf dem Grundstück selbst, gestattet. Allerdings ist das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadloses Versickern nach § 46 Abs. 2 WHG erlaubnisfrei, wenn dies in einer Rechtsverordnung im Sinn von § 23 WHG geregelt wurde. Bis zum Inkrafttreten einer solchen bundesrechtlichen Verordnung gelten insoweit die bisherigen landesrechtlichen Regelungen weiter (Cormann in BeckOK UmwR, WHG, § 46 Rn. 24), in Bayern also die Niederschlagswasserfreistellungsverordnung (NWFreiV) vom 1. Januar 2000 (GVBl. S. 30). Nach § 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 NWFreiV ist das Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser erlaubnisfrei möglich, wenn das Niederschlagswasser außerhalb von Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten und Altlasten und Altlastverdachtsflächen versickert wird, nicht durch häuslichen, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften nachteilig verändert ist, nicht mit anderem Abwasser oder mit wassergefährdenden Stoffen vermischt ist und in Versickerungsanlagen flächenhaft über eine geeignete Oberbodenschicht in das Grundwasser eingeleitet wird, wobei an eine Versickerungsanlage höchstens 1000 qm befestigte Fläche angeschlossen werden dürfen. Eine Versickerung über andere Versickerungsanlagen ist nur bei vorheriger Vorreinigung zulässig (§ 3 Abs. 2 NWFreiV). Bei der Bemessung, Ausgestaltung und dem Betrieb von Versickerungsanlagen und zugehörigen Vorreinigungsanlagen sind die Regeln der Technik, insbesondere die vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz bekannt gemachten, zu beachten (§ 3 Abs. 3 NWFreiV); es gelten somit die Technischen Regeln zum schadlosen Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser (TrenGW) vom 17. Dezember 2008 (AllMBl. 2009 S. 4).
Im vorliegenden Fall ist entgegen der Auffassung des Klägers die Sammlung und Ableitung des Niederschlagwassers nicht nach § 46 Abs. 2 WHG i.V.m. §§ 1, 3 NWFreiV erlaubnisfrei. Dafür, dass der private Kanal – dessen Existenz unterstellt – in eine den Anforderungen der TrenGW entsprechende ober- oder unterirdische Versickerungsanlage i.S.v. § 3 NWFreiV mündet, bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte. Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren erstmals vorträgt, es sei davon auszugehen, dass der private Regenwasserkanal im Bereich der B.wiese „in den Boden münde“, kann auch darin keine erlaubnisfreie Einleitung des Niederschlagwassers gesehen werden. Das bloße Hineinleiten des Wassers aus einem unterirdisch verlaufenden Kanal ins Erdreich bildet noch keine Versickerungsanlage im Sinne des § 3 Abs. 2 NWFreiV, Nr. 4 TrenGW, da es hierfür sowohl geeigneter technischer Vorkehrungen (Rigolen, Sickerrohre oder -schächte etc.) als auch einer vorgeschalteten Vorreinigung des zu versickernden Niederschlagswassers bedarf. Da somit auch unter Berücksichtigung des klägerischen Sachvortrags kein denkbarer Verlauf des Regenwasserkanals in Betracht kommt, der eine erlaubnisfreie Einleitung in das Grundwasser zur Folge hätte, kommt es weder auf die tatsächliche Lage des Kanals entscheidungserheblich an noch darauf, ob ein solcher Kanal zur Entwässerung bestimmter Grundstücke in der Umgebung notwendig sein könnte.
2. Die Rechtsache weist auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene tatsächliche Schwierigkeit auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache nicht nur eine allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeit besitzt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (BayVGH, B.v. 23.4.2013 – 4 ZB 12.2144 – juris Rn. 17). Besondere tatsächliche Schwierigkeit kann zwar – wie die Klägerseite geltend macht – durchaus auch der zu ermittelnde Sachverhalt bereiten, also hier der konkrete Verlauf des Regenwasserkanals, jedoch stellt sich die vom Kläger als besonders schwierig bezeichnete Frage des tatsächlichen Verlaufs nicht, weil es nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts darauf nicht ankommt.
3. Die Berufung ist schließlich auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt entgegen § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend ermittelt und gegen die richterliche Hinweispflicht verstoßen. Obwohl der Kläger mehrfach die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Verlauf des privaten Regenwasserkanals beantragt habe, sei kein Gutachten eingeholt worden. Dem Verwaltungsgericht hätte sich jedoch die Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen müssen, da es den genauen Verlauf des Kanals als entscheidungserheblich angesehen habe. Es habe den Kläger auch nicht auf die Entscheidungserheblichkeit hingewiesen. Wäre dies geschehen, hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Stattdessen sei das Gericht aufgrund vager Spekulationen von einer illegalen Einleitung in ein Oberflächengewässer ausgegangen. Dieser Verfahrensfehler sei auch für das Urteil kausal gewesen, weil durch ein Sachverständigengutachten der Nachweis hätte erbracht werden können, dass es sich bei der Ableitung des Regenwassers durch den privaten Regenwasserkanal um eine erlaubnisfreie Versickerung handle.
a) Nach ständiger Rechtsprechung verletzt ein Gericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei – wie hier der Kläger – nicht ausdrücklich beantragt hat. Ein in einem Schriftsatz formulierter Antrag allein genügt insoweit nicht (BayVGH, B.v. 11.3.2009 – 4 ZB 08.1122 – juris Rn. 5). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von unbedingten Beweisanträgen, zu kompensieren (std. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 21.10.2008 – 5 ZB 08.229 – juris Rn. 8 m.w.N.). Der Kläger hat weder in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag über den Verlauf des Regenwasserkanals gestellt noch seine Zustimmung zur Entscheidung ohne (weitere) mündliche Verhandlung von einer vorherigen Beweiserhebung abhängig gemacht. Entgegen dem Vorbringen des Klägers hätte sich dem Verwaltungsgericht die unterbliebene Beweisaufnahme auch nicht aufdrängen müssen, weil es aus Sicht des Gerichts auf den konkreten Verlauf des Kanals nicht ankam.
b) Der sinngemäß gerügte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) einer Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) und des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
Zwar kann eine Verletzung der Hinweis- und Erörterungspflichten des Gerichts (§ 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO) zu einer das rechtliche Gehör verletzenden Überraschungsentscheidung führen, wenn das Gericht einen im Verfahren nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gegeben hat, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerfG, E.v. 29.9.2006 – 1 BvR 247/05 – BVerfGE 9, 295; B.v. 5.4.2012 – 2 BvR 2126/11 – NJW 2012, 2262; BVerwG, B.v. 18.6.2012 – 5 B 5.12 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 19.5.2010 – 1 B 10.248 – BayVBl 2011, 94). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, die Beteiligten auf die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Prozessstoffes vorab hinzuweisen, weil sich diese regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt. Anders läge der Fall nur, wenn ein Beteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht erkennen kann, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (BVerwG, B.v. 15.7.2016 – 5 P 4.16 – juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Die Beteiligten haben im gerichtlichen Verfahren nicht nur die Existenz und den Verlauf des privaten Regenwasserkanals erörtert, sondern es wurden auch Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit der Grundstücksentwässerung angesprochen. So wurde etwa schon im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 18. Januar 2016 darauf verwiesen, dass der angebliche Regenwasserkanal nicht genehmigt sei; seine Gesetzmäßigkeit auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht sei nicht dargetan. Dass es diesen Einwand letztlich für ausschlaggebend halten würde, musste das Verwaltungsgericht den Beteiligten, die auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet hatten, nicht vorab mitteilen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtkräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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