Aktenzeichen AN 9 S 22.00582
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die … „…“ der Antragsgegnerin (im Folgenden Bauherr) vonseiten der Bauaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Kinderspielplatzes. Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen diese Baugenehmigung.
Die Antragsteller sind Miteigentümer der Grundstücke FlNr. …, …, … und …, jeweils Gemarkung … Das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, ist mit einem Mehrfamilienhaus bebaut. Das Gebäude trägt die Anschriften H.H1. Straße … sowie H.H1. Straße …, … … Die Baugenehmigung für das Gebäude datiert auf den 12. November 1973 (Neubau eines Wohngebäudes mit 30 Wohneinheiten). Die Antragsteller sind Eigentümer zweier Eigentumswohnungen in dem Gebäude H.H1. Straße … Hierbei bewohnen die Antragsteller eine Erdgeschosswohnung selbst und vermieten eine Wohnung im 1. Obergeschoss. Das Wohnzimmer mit anschließendem Balkon sowie das Schlafzimmer der durch die Antragsteller bewohnten Erdgeschosswohnung sind ausweislich des genehmigten Grundrisses Erdgeschoss und der Ansicht Süd (jeweils vom 22. Mai 1973) nach Süden zum streitgegenständlichen Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, ausgerichtet. Ausweislich der genehmigten Wohnflächenberechnung weist der Balkon eine Breite von 4 Metern sowie eine Tiefe von 1,7 Metern und damit eine Grundfläche von 6,8 m² auf (Behördenakte H.H1. Straße …). Ausweislich des Baumbestandsplans des streitgegenständlichen Vorhabens vom 23. Juli 2021 sind ein sich im Westen des klägerischen Balkons befindlicher Bergahorn mit 9 Metern Kronendurchmesser sowie eine im Süden des klägerischen Balkons befindliche Roteiche mit 10 Metern Kronendurchmesser bei der Ausführung des streitgegenständlichen Spielplatzes zu erhalten. Bereits die Bauvorlagen des Wohngebäudes der Antragsteller wiesen Bäume an den genannten Positionen auf.
Das streitgegenständliche Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, stellt sich nach den unstreitigen Aussagen der Beteiligten aktuell größtenteils als Brachfläche dar, welche insbesondere im südlichen Bereich des Grundstücks Bäume weiteren Bewuchs aufweist. Unmittelbar im Norden an das streitgegenständliche Grundstück schließt sich das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, mit dem unter anderem von den Antragstellern bewohnten Mehrfamilienhaus an. Im Süden und Südosten des streitgegenständlichen Grundstücks grenzt weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken FlNr. … und …, jeweils Gemarkung …, an. Zudem findet sich im Osten des streitgegenständlichen Grundstücks weitere Wohnbebauung, welche über die im Osten befindliche H.H1. Straße erschlossen wird. Im Süden des streitgegenständlichen Grundstücks auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, befindet sich die L.H1. straße, welche ausweislich der genehmigten Bauvorlagen der Erschließung des Spielplatzes dienen soll. Im Westen des streitgegenständlichen Grundstücks befindet sich eine weitere auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, gelegene Brachfläche. An diesen Bereich schließt sich im Westen hinter einer dort befindlichen Lärmschutzwand die als „…“ bezeichnete Straße an.
Der Bauherr beantragte mit Bauantrag vom 30. August 2021, eingegangen am 1. September 2021 bei der Bauaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin, die Erteilung einer Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Neubau Kinderspielplatz …“ auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung … (Behördenakte Spielplatz …, Seite 2-9). Mit Schreiben des Bauherrn vom 23. August 2021 wurden die Antragssteller zu dem Bauvorhaben beteiligt (Behördenakte Spielplatz …, Seite 42-43). Mit Schreiben vom 2. September 2021 und 16. September 2021 machten die Antragssteller gegenüber dem Bauherrn Einwände gegen das Bauvorhaben, insbesondere eine unzumutbare Lärmentwicklung sowie einen Wertverlust ihrer Eigentumswohnungen, geltend (Behördenakte Spielplatz …, Seite 104). Ausweislich der Bauvorlagen haben die Antragssteller die Zustimmung zu dem Vorhaben nicht erteilt.
In der planungsrechtlichen Stellungnahme vom 11. Januar 2022 kam die Antragsgegnerin zu dem Schluss, dass sich der nordwestliche Teil des streitgegenständlichen Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, innerhalb eines unbeplanten Innenbereichs befinde, dessen Eigenart der näheren Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO entspräche. Innerhalb eines solchen Baugebiets seien unter anderem Anlagen für soziale Zwecke hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung allgemein zulässig. In der planungsrechtlichen Stellungnahme wurde zudem angenommen, dass sich das streitgegenständliche Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, im Übrigen im Umgriff des qualifizierten Bebauungsplans Nr. … der Antragsgegnerin befände. Der qualifizierte Bebauungsplan setze hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO 1968 fest. Das streitgegenständliche Vorhaben entspräche diesen Festsetzungen. Zudem wurde auch die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens nach § 15 Abs. 1 BauNVO bejaht. Im Ergebnis wurde das gemeindliche Einvernehmen mit der planungsrechtlichen Stellungnahme vom 11. Januar 2022 erteilt (Behördenakte Spielplatz …, Seite 113-114).
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 wurde dem Bauherrn für das Bauvorhaben „Errichtung eines Kinderspielplatzes“ auf dem streitgegenständlichen Grundstück die Baugenehmigung erteilt (Behördenakte Spielplatz …, Seite 122-124). Der Bescheid wurde am 2. Februar 2022 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Zur Begründung des Bescheides führte die Antragsgegnerin aus, dass das Bauvorhaben nicht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche, die im bauaufsichtlichen vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen seien, solange die gestellten Auflagen eingehalten würden. Die Auflagen seien Bestandteil der Baugenehmigung und zur ordnungsgemäßen Durchführung des Vorhabens erforderlich. Den Eigentümern der Nachbaranwesen FlNr. …, …, …, …, … sowie …, jeweils Gemarkung …, die dem Vorhaben nicht zugestimmt hätten, sei nach Art. 66 Abs. 1 BayBO eine Ausfertigung des Genehmigungsbescheides zuzustellen. Nachdem sich die vorgenannten Grundstücke im Eigentum von mehr als 20 Miteigentümern befänden, wäre die erforderliche Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung zu ersetzen.
Unter Ziffer 1 der Auflagen des streitgegenständlichen Bescheides heißt es: „Es gelten die in dem Erläuterungsbericht vom 30. Juli 2021 mit Anlage 1 zum Erläuterungsbericht vom 26. August 2021 gemachten Angaben.“
Im Erläuterungsbericht vom 30. Juli 2021 heißt es wie folgt:
„Unter dem Punkt „Entwurf“, Unterpunkt „Ausgangssituation“
„Im Stadtteil … gibt es noch kein Spielangebot für Kinder. Auf dem Flurstück … soll ein Spielplatz für 6-12-jährige Kinder entstehen. Für kleinere Kinder wird voraussichtlich eine Spielfläche im Zentrum von … vorgesehen.“
Unter dem „Entwurf“, Unterpunkt „Wünsche der Kinder“
„Bei der 1. Nutzerbeteiligung im Oktober 2020 wünschten sich die Kinder (…) und auch die Möglichkeit mit Rollern, Fahrrädern oder Skateboards zu fahren.“
Unter dem „Entwurf“, Unterpunkt „Planung“
„Durch die Form des Grundstücks bietet es sich an, in der großen Fläche im Norden einen kleinen Kletterparcours zu schaffen. Im Zentrum steht ein hoher Turm, der in seiner Gestaltung und mit seinen verschiedenen Grüntönen an ein Hexenhaus erinnern könnte. In der Kletteranlage sind viele Möglichkeiten zum Bewegen geplant. Die Kinder sollen an einfachen bis schweren Spielmomenten ausprobieren können, was sie beherrschen. Vieles soll wackeln und die Kinder in ihrer Körperbeherrschung fordern. Für manchen Übergang braucht es eventuell eine Portion Mut oder die Erkenntnis, dass auch Umkehren eine Lösung darstellt, wenn es noch zu schwer ist. Das Spielgerät soll verschiedene Aufstiegsmöglichkeiten haben, wie Kletternetze, Seile, Teller, Balancierhölzer oder in den unteren Bereichen auch Einstieg über Steine und Stämme. An dem Hexenturm befindet sich eine Rutsche. Nördlich des Kletterbereiches gibt es im Übergang zur Bepflanzung ein kleines Häuschen in der Form eines Daches, das sich zum Spielplatz öffnet. Hier können sich die Kinder zurückziehen und den anderen beim Spielen zusehen. Südlich der Kletteranlage befinden sich eine Doppel- und eine Tampenschaukel. In dem schmalen Streifen zwischen L.H1. straße und Kletteranlage ist eine kleine Rollbahn geplant, die sich über Modellierung und kleine Einbauten durch das Gelände zieht. Der H2.weg des Spielplatzes ist zum Teil mit eingebunden, da auf diesem wenig Bewegung zu erwarten ist.“
Unter Punkt „Entwurf“, Unterpunkt. „Öffnungszeiten des Spielplatzes“
„Vom 01.04. bis 31.10. von 8.00 bis 21.00 Uhr; an Sonn- und Feiertagen von 9.00 bis 21.00 Uhr; vom 01.11. bis 31.03. von 9.00 bis 20.00 Uhr.“
In der Anlage 1 des Erläuterungsberichts vom 26. August 2021 heißt es wie folgt:
Unter Punkt A., Ziffer 1 „Kurze Begründung der Maßnahme“
„Gemäß Jugendhilfeplan besteht im Planungsbereich … ein Spielflächendefizit. Für über 500 Kinder und Jugendliche steht im ganzen Gebiet keine einzige Spielfläche zur Verfügung. Spielangebot in angrenzendem Planungsgebieten sind aufgrund der örtlichen Gegebenheiten – der Ortsteil … ist allseitig von Hauptverkehrsstraßen und Gewerbenutzung umgeben – nur schwer erreichbar. (…) Ziel der Planung ist es, die in zwei durchgeführten Kinderbeteiligungen gewünschten Spielelemente anzubieten und dabei Spielmöglichkeiten für Kinder mit Einschränkungen zu integrieren.“
Unter Punkt A., Ziffer 5 „Zahl, Art und Größe der zu gewinnenden Nutzfläche“
„ca. 2.040 m² Spielplatzfläche“
Unter den Hinweisen zur streitgegenständlichen Baugenehmigung heißt es unter Ziffer 4: „(…) eigenmächtige Abweichungen von den genehmigten Bauvorlagen (…) stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit Bußgeld geahndet werden.“
Ausweislich des genehmigten Freiflächengestaltungsplans vom 30. Juli 2021 im Maßstab 1:200 stellen sich die Entfernungen des Balkons der Antragssteller von den folgenden Teilen des Spielplatzes wie folgt dar:
Nördliche Ecke der Rollbahn 40 Meter Hexenhaus/Hexenturm 17 Meter Weitere Klettereinrichtungen mindestens 17 Meter Nördliche Ecke des Nestes/Häuschens 7 Meter Ausweislich des genehmigten Freiflächengestaltungsplans vom 30. Juli 2021 sind zudem die folgenden Spielgeräte auf dem Spielplatz vorgesehen: Kriechtunnel, Tampenschaukel, Doppelschaukel.“
Ausweislich der Anlage zum Erläuterungsbericht weist die sich an dem Hexenhaus/Hexenturm befindliche Rutsche eine maximale Höhe von 2,5 Metern auf. Die geplanten Balancierstämme, Wackelbalken, Tampenbrücken und Kletternetze weisen ausweislich der Anlage zum Erläuterungsbericht Höhen von 40, 50, 60 oder 100 cm über dem Boden auf.
Unter Ziffer 3 der Auflagen des streitgegenständlichen Bescheides heißt es wie folgt:
„Die natürliche Oberfläche des Baugrundstücks darf nur in dem Umfang verändert werden, der in den Bauvorlagen dargestellt und genehmigt ist.“
Ausweislich des genehmigten Freiflächengestaltungsplans vom 30. Juli 2021 sind im Bereich des „Nestes“ keine Aufschüttungen genehmigt. Sämtliche dort vorgenommenen Höhenangaben sind mit der Eintragung „Höhe Bestand“ vorgenommen worden.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, erhoben die Antragsteller Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022. In der Hauptsache wird sinngemäß beantragt die streitgegenständliche Baugenehmigung aufzuheben.
Zur Begründung der Klage führten die Antragsteller im Wesentlichen aus, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei und die Antragsteller in ihren Rechten verletze. Die Baugenehmigung verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dem mittelbare drittschützende Wirkung zukomme. Die in diesem Zusammenhang wesentliche Frage der Zumutbarkeit von Belästigungen und Störungen im Einzelfall hänge von einer situationsbezogenen Abwägung der widerstreitenden Interessen und deren gerechten Ausgleich ab. Zwar müssten mit der bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbundene Beeinträchtigungen von Anwohnern grundsätzlich hingenommen werden. Allerdings sei das streitgegenständliche Bauvorhaben aufgrund der unmittelbaren Lage zu den Wohn- und Schlafräumen der Antragsteller unzulässig. Aufgrund der Größe und der unüblichen Ausstattung des geplanten Bauvorhabens sei eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung der Wohnung der Antragsteller durch das geplante Bauvorhaben zu erwarten und die Privilegierung nach § 22 Abs. 1a BImSchG ausgeschlossen. Nach dieser Regelung seien Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG. Bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben handele es sich aber bereits aufgrund der Größe und der Ausstattung um einen atypischen Fall im Sinne des § 22 Abs. 1a BImSchG. Der Spielplatz entspräche bereits aufgrund seiner Größe von ca. 2.040 m² nicht den typischerweise in allgemeinen Wohngebiet liegenden Kinderspielplätzen. Auch die Geräteausstattung (Kletteranlage, Rollbahn, u.a.) entspräche nicht der Ausstattung eines typischen Kinderspielplatzes. So sei bereits anhand der Beschaffenheit der Rollbahn mit einer erhöhten Lärmbelästigung und Lautstärke zu rechnen, die den Lärm gängiger Spielplätze überschreite und daher eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 22 Abs. 1a BImSchG begründe. Zudem würden die Antragssteller durch das auf dem Spielplatz geplante „Nest“, das heißt das nördlich des Kletterbereichs geplante Häuschen, welches sich in unmittelbarer Nähe zu ihrem Balkon und Schlafzimmerfenster befände, in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Durch die Aufenthaltsfläche, die sich lediglich ca. fünf Meter entfernt und aufgrund einer Aufschüttung auf gleicher Höhe des Balkons und Schlafzimmerfensters der Antragssteller befände, werde die Privatsphäre der Antragssteller erheblich beeinträchtigt. Die Kinder hätten die Möglichkeit, auf den Balkon und in das Schlafzimmer der Antragsteller zu sehen. Bei den täglichen Öffnungszeiten von 08.00 bis 21.00 Uhr bzw. 09.00 bis 20.00 Uhr und der Tatsache, dass der Spielplatz der einzige der Umgebung für über 500 Kinder und Jugendliche sei, stünden die Antragssteller somit tagsüber massiv unter Beobachtung der Kinder und Jugendlichen und hätten keinerlei Privatsphäre. So könne gerade von Frühjahr bis Herbst, insbesondere in den Sommermonaten der Balkon nicht mehr uneingeschränkt genutzt werden, da die Kinder sich gerade in dieser Zeit in aller Regel länger zum Spielen auf dem Spielplatz aufhalten würden. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass das „Nest“ ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche und Heranwachsende gerade in den Abend- und Nachtstunden werde. Insbesondere verfüge der Spielplatz über keine Zugangsbeschränkung, welche nach Art und Umfang geeignet sei, eine bestimmungswidrige Nutzung zu verhindern. Zudem wäre die Aufenthaltsfläche im „Nest“ von der L.H1. straße nicht einsehbar, sodass der Spielplatz zu jeder Tag- und Nachtzeit von Jugendlichen betreten werden könne und einen Anreiz schaffen würde, für eine nächtliche und unbeobachtete Nutzung. Im Ergebnis stelle sich der genehmigte Kinderspielplatz, insbesondere das „Nest“, für die Antragsteller als unzumutbar dar, da sich die Benutzung auf die Wohnsituation der Antragsteller nachteilig auswirke und über das Maß hinausgehe, dass einem Nachbarn typischerweise zugemutet werden könne.
Die Antragsgegnerin erwiderte auf die Klage mit Schriftsatz vom 16. Mai 2022 und beantragte in der Hauptsache die Klage abzuweisen.
Zur Begründung der Klageabweisung führte die Antragsgegnerin aus, dass die zulässige Klage unbegründet sei. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 sei rechtmäßig und verletze die Antragsteller nicht in ihren Rechten. Das Vorhaben befinde sich teilweise auf dem Gebiet des qualifizierten Bebauungsplans Nr. …, der in diesem Bereich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetze. Nach Einschätzung des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin befände sich der restliche Teil des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich, wobei der Gebietscharakter einem allgemeinen Wohngebiet entspräche. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre die Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme zum Bestandteil der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB. Im beplanten Bereich stelle § 15 Abs. 1 BauNVO eine einfachgesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots für die Art der baulichen Nutzung dar. Das streitgegenständliche Vorhaben stelle sich nicht als rücksichtslos dar. Eine Rücksichtslosigkeit ergäbe sich insbesondere nicht durch das geplante „Nest“ und die hierdurch befürchteten Einsichtsmöglichkeiten in die Wohnung der Antragsteller. Ein Nachbar sei öffentlich-rechtlich nicht dagegen geschützt, dass sein Grundstück von unerwünschten Einblicken freigehalten werde. Die Möglichkeit, Einblicke in die Nachbargrundstücke zu erhalten, liege in der Natur der Sache und sei von Eigentümern und Bewohnern eines Gebiets regelmäßig hinzunehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme biete hierbei in aller Regel keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten auf Grundstücke. Vorliegend seien auch keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall ersichtlich. Es handele sich insbesondere nicht um neu geschaffene Einsichtsmöglichkeiten in das Nachbargrundstück, die besonders gravierend seien und dadurch das Gebot Rücksichtnahme verletzten. Vor allem würden keine unmittelbaren Einsichtsmöglichkeiten aus kurzer Entfernung in Wohnräume geschaffen. Dies ergäbe sich zunächst aus der geplanten Ausführung des Vorhabens und der zu erwartenden Nutzung des „Nestes“ durch die spielenden Kinder. Nach der Baubeschreibung solle das „Nest“ als „kleines Häuschen in der Form eines Daches, das sich zum Spielplatz hin öffnet“ ausgeführt werden. Aufgrund dieser Öffnung zur Spielfläche hin, sei nicht zu erwarten, dass das Spielgerät durch die Kinder dazu genutzt werden könne, Einsicht in die klägerischen Wohnräume zu nehmen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich die Kinder vom Geschehen auf dem restlichen Spielplatz – in der vonseiten der Antragsteller abgewandten Richtung – angezogen fühlen würden. Auch sei nicht zu erwarten, dass sich die Kinder über einen langen Zeitraum im „Nest“ aufhalten würden und die Antragsteller deshalb für eine mehr als geringfügige Zeitspanne mit der behaupteten Einsicht auf ihren Balkon rechnen müssten. Zudem werde eine direkte Einsicht vom „Nest“ in das Wohn- und Schlafzimmer der Antragsteller auch durch den auf dem Grundstück der Antragsteller vorhandenen Baumbestand verhindert. Vor dem Schlafzimmerfenster der Antragssteller befände sich eine ca. drei Meter hohe Eiche, die einen Einblick verhindere. Auch durch die Breite des Balkons werde der Einblick von der Aufenthaltsfläche im „Nest“ in das klägerische Wohnzimmer erschwert. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergebe sich auch nicht aus den von den Antragstellern behaupteten Lärmbelästigungen durch das streitgegenständliche Vorhaben. Es handele sich nicht um einen vom Regelfall abweichenden Sonderfall, der die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG ausschließen würde. Ein Sonderfall würde nach der Gesetzesbegründung nur dann vorliegen, wenn besondere Umstände gegeben seien, sich die Einrichtung zum Beispiel in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensibler Nutzung befände oder sich die Einrichtung nach Art und Größe sowie Ausstattung in ein Wohngebiet oder die vorhandene Bebauung nicht einfüge. Das streitgegenständliche Vorhaben füge sich aber trotz seiner Gesamtgröße und der verfügbaren Spielgeräte in die vorhandene Bebauung ein. Hinsichtlich der Dimensionierung sei zunächst anzumerken, dass lediglich ein im Verhältnis zur Gesamtgröße des Grundstücks kleiner Teil auf die eigentliche Spielfläche entfalle. Ein möglicher Interessenkonflikt mit den Belangen der Nachbarn werde durch die Nutzungsbeschränkungen ausgeglichen. Durch die Gestaltung des Spielplatzes würden eher ältere Kinder von 6-12 Jahren angesprochen, sodass zumindest außerhalb der Ferienzeiten nicht zu erwarten sei, dass der Spielplatz am Vormittag genutzt werde. Auch ab 21:00 Uhr sei eine Lärmbelästigung durch den Spielplatz nicht mehr zu erwarten. Auch aus der befürchteten Nutzung des „Nests“ durch Jugendliche könne sich nichts Anderes ergeben. Aus § 9 Abs. 1 der Grünanlagensatzung der Antragsgegnerin ergäbe sich, dass Spielanlagen nur von Personen unter 18 Jahren benutzt werden dürften. Zudem sei vorliegend auch die zeitliche Nutzung beschränkt. Aus der bloßen Tatsache, dass der Spielplatz in Abweichung zu diesen Vorschriften genutzt werden könne, könne sich die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens nicht ergeben. Verantwortlich für die durch die missbräuchliche Nutzung hervorgerufenen Emissionen seien ausschließlich die Personen, die die bestimmungswidrige Nutzung ausübten. Missbräuchen sei grundsätzlich mit polizei- und ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022 beantragten die Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 28. Februar 2022 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022, Aktenzeichen …, anzuordnen.
Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2022 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuweisen.
Zur Begründung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führten die Antragsteller im Wesentlichen wie folgt aus. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller vom 28. Februar 2022 sei anzuordnen, da der streitgegenständliche Bescheid aufgrund summarischer Prüfung aller Voraussicht nach rechtswidrig sei und die Antragsteller damit in ihren Rechten verletze. Das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiege daher gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Im Übrigen wiederholen die Antragsteller ihren Sachvortrag sowie die rechtlichen Ausführungen aus der Hauptsache.
Die Antragsgegnerin begründet ihren Antrag im einstweiligen Rechtsschutz damit, dass die Klage in der Hauptsache unbegründet sei. Der streitgegenständliche Bescheid der Antragsgegnerin sei rechtmäßig und verletze die Antragsteller nicht in ihren Rechten. Daher könne auch der Eilantrag der Antragssteller keinen Erfolg haben. Im Übrigen stimmt die Begründung der Antragsgegnerin für den Antrag im einstweiligen Rechtsschutz mit ihrer Begründung in der Hauptsache überein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegenden Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten (auch AN 9 K 22.00584) verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Antragsgegenstand ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022.
1. Der Antrag ist zulässig, § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO Nach § 212a BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen die bauaufsichtliche Genehmigung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen.
Die Antragsteller sind nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt, da sie möglicherweise in ihren drittschützenden Rechten verletzt sind, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.
Der Antragsbefugnis steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller vorliegend Wohnungseigentümer im Sinne des § 1 Abs. 2 WEG sind. Grundsätzlich kann der einzelne Wohnungseigentümer baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 WEG – das heißt nicht als Vertreter der Wohneigentümergemeinschaft – nur dann geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (BVerwG, U.v. 20. August 1992 – 4 B 92/92; BayVGH, B.v. 8. Juli 2013 – 2 CS 13.807). Die Möglichkeit der Rechtsbeeinträchtigung ergibt sich vorliegend aber daraus, dass der einzelne Wohnungseigentümer als Sondereigentümer sich nach der Rechtsprechung stets auf das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme berufen kann, welches gerade auf eine individuelle Betroffenheit des Einzelnen abstellt und nicht auf die Betroffenheit der Gemeinschaft (BayVGH, B.v. 27. Juli 2017 – 1 CS 17.918; BayVGH, B.v. 8. Juli 2013 – 2 CS 13.807). Solche Verletzungen des Gebots der Rücksichtnahme machen die Antragsteller vorliegend auch geltend.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Das Gericht trifft nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechenden Interessen oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung hat das Verwaltungsgericht insbesondere zunächst die Erfolgsaussichten der Hauptsache als Indiz heranzuziehen, wie sie sich aufgrund der summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung darstellen. Wird die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, weil kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, von dem Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 88, 90 ff.).
Gemessen an diesen Maßstäben fällt die gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessensabwägung zulasten der Antragsteller aus, weil die Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 erteilte Baugenehmigung ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren nachbarschützenden Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baugenehmigung ist Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Danach hat der Bauherr einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Mangels Sonderbaueigenschaft des streitgegenständlichen Spielplatzes richtet sich der Prüfungsumfang der Antragsgegnerin nach dem vereinfachten Verfahren des Art. 59 Satz 1 BayBO. Hiernach prüft die Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, den abstandsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 BayBO sowie den örtlichen Bauvorschriften nach Art. 81 Abs. 1 BayBO. Zudem prüft die Bauaufsichtsbehörde vom Bauherrn beantragte Abweichungen nach Art. 63 BayBO sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.
Zu berücksichtigen ist vorliegend, dass Nachbarn eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie durch die Genehmigung in einem ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht dem Schutz der betroffenen Nachbarn dienen.
Im Rahmen der vorzunehmenden summarischen Prüfung werden die Antragsteller weder in ihrem Gebietserhaltungsanspruch (vgl. unten 2.1), noch hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme (vgl. unten 2.2) verletzt.
2.1. Nach summarischer Prüfung können sich die Antragssteller nicht auf eine Verletzung des – generell drittschützenden – Gebietserhaltungsanspruchs berufen.
Der Gebietserhaltungsanspruch, auch Gebietsbewahrungsanspruch genannt, gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen (BayVGH, B.v. 27. Dezember 2017 – 15 CS 17.2061). Dieser Anspruch gilt auch im faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB (BVerwG, B.v. 27. August 2013 – 4 B 39.13; BayVGH, B.v. 8. Januar 2019 – 9 CS 17.2482).
Der Gebietserhaltungsanspruch ist voraussichtlich nicht verletzt.
Ausweislich der allgemein zugänglichen Quellen (Bayernatlas, Geodatenportal der Beklagten) befindet sich der östliche Teil des Vorhabengrundstücks im Umgriff des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. … …, welcher unter Anwendung der BauNVO 1968 hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Allgemeines Wohngebiet nach § 3 BauNVO 1968 festsetzt. Eine Abschrift der textlichen und zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans liegt der Behördenakte „Spielplatz …“ (Seite 94 f.) bei. Der südliche, westliche und nördliche Teil des Vorhabengrundstücks befindet sich ausweislich der genannten Quellen hingegen in einem unbeplanten Bereich.
Bei dem genehmigten Kinderspielplatz handelt es sich um eine Anlage für soziale Zwecke, welche nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO im Allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig ist. Für den Teil des Vorhabens, welcher sich im Umgriff des Bebauungsplans Nr. … … befindet, ergibt sich die planungsrechtliche Zulässigkeit aus der einschlägigen Festsetzung des Bebauungsplans i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1968, welcher Anlagen für soziale Zwecke im Allgemeinen Wohngebiet ebenfalls für allgemein zulässig erklärte. Für den Bereich des Spielplatzes, welcher sich im unbeplanten Innenbereich befindet, scheidet die Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs deshalb aus, weil sich das Grundstück der Antragsteller im Umgriff des Bebauungsplans Nr. … und damit außerhalb des unbeplanten Innenbereiches befindet.
Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs durch das streitgegenständliche Vorhaben scheidet damit aus.
2.2. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch nicht das bauplanungsrechtliche, vorliegend in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte, Gebot der Rücksichtnahme.
Dem Rücksichtnahmegebot kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbar die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 24. Juli 2020 – 15 CS 20.1332; BayVGH, B.v. 4. Dezember 2019 – 15 CS 19.2048).
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme durch die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 20. Januar 2022 nicht verletzt.
a) Eine Verletzung ergibt sich – nach summarischer Prüfung – nicht aus den vonseiten der Antragsteller geltend gemachten Lärmimmissionen. Zur Bestimmung dessen, was im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Nachbarn an Einwirkungen – hier in Form von Lärmimmissionen – zugemutet werden kann, kann im Regelfall auf die Begriffsbestimmungen und Maßstäbe des BImSchG zurückgegriffen werden. Hier wird die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein festgelegt (BayVGH, U.v. 15. November 2011 – 14 AS 11.2305).
Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall allerdings die Vorschrift des § 22 Abs. 1a BImSchG. Nach dieser sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Bei der Beurteilung derartiger Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenzen und Richtwerte nicht herangezogen werden (§ 22 Abs. 1a Satz 2 BImSchG). Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, soll mit dieser Vorschrift zum Ausdruck gebracht werden, dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft steht und Geräusche spielender Kinder als Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung grundsätzlich zumutbar sind und hiergegen gerichtete Abwehransprüche auf seltene Einzelfälle beschränkt bleiben sollen (BT-Drs. 17/4836, Seite 4). Die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung typischerweise verbundenen Geräusche sind, soweit sie Folge der natürlichen Lebensäußerungen von Kindern sind, als ortsüblich und sozialadäquat zu werten (NdsOVG, B.v. 29. Juni 2006 – 9 LA 113/04; VGH BW, B.v. 3. März 2008 – 8 S 2165/07). Eine ähnliche Vorschrift enthält auch das BayKJG, welches in Art. 2 BayKJG in Bezug auf Kindertageseinrichtungen bestimmt, dass die natürlichen Lebensäußerungen von Kindern, die Ausdruck natürlichen Spielens oder anderer kindlicher Verhaltensweisen sind, als sozialadäquat hinzunehmen sind. Nach Ansicht des Bayerischen Landesgesetzgebers soll eine Beurteilung von Kinderlärm nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Bayern nicht mehr stattfinden (LT-Drs. 16/8124, Seite 6). Ausgehend von der in § 22 Abs. 1a BImSchG und Art. 2 BayKJG gesetzlich festgeschriebenen Privilegierung von Kinderlärm ist nicht erkennbar, dass die von dem streitgegenständlichen Vorhaben zu erwartende Lärmentwicklung unzumutbar sein könnte (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 16. Juli 2015 – AN 3 K 14.01344).
(1) § 22 Abs. 1a BImSchG ist im vorliegenden Fall dem Grunde nach anwendbar. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzes ist die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG beschränkt auf die Geräuscheinwirkungen durch Kinder bis zu einem Alter von 14 Jahren. Hiermit soll an die Definition des § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII angeknüpft werden (BT-Drucks. 17/4836, Seite 6; OVG RP, B.v. 8. März 2018 – 8 A 11829/17; OVG NRW, U.v. 22. Februar 2018 – 10 A 2559/16; Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 22 Rn. 52). Keine Anwendung soll die Privilegierung hingegen für die sportliche Betätigung Jugendlicher und junger Erwachsener finden. Hierfür haben Gesetz- und Verordnungsgeber die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) geschaffen. Die 18. BImSchV soll nach der Gesetzesbegründung auch nach Erlass des § 22 Abs. 1a BImSchG einschlägig sein für Sportanlagen im Sinne der Verordnung, welche dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport dienen (BT-Drucks. 17/4836, Seite 6; Landmann/Rohmer, UmwR III, 84. EL 2017, § 22 BImSchG, Rn. 67). Ebenfalls von den § 22 Abs. 1a BImSchG erfassten Vorhaben abzugrenzen sind Spiel- und Bolzplätze sowie Skateranlagen und Streetballfelder für Jugendliche, die großräumiger angelegt sind und ein anderes Lärmprofil haben als Kinderspielplätze. Diese Anlagen werden von der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG ebenfalls nicht erfasst (VGH BW, U.v. 23. Mai 2014 – 10 S 249/14). Abzugrenzen ist die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG zudem von der LAI-Freizeitlärmrichtlinie sowie von der TA-Lärm als normkonkretisierenden Maßstab für die Bestimmungen des BImSchG. Diese Verwaltungsvorschriften wären für den Fall heranzuziehen, dass weder der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1a BImSchG, noch derjenige der 18. BImSchV, eröffnet wäre (vgl. zur Abgrenzung VG Frankfurt a. M., U.v. 27. Mai 2019 – 7 K 4666/15.F, sowie allgemein Hess. VGH, U.v. 30. November 1999 – 2 UE 263/97).
Auf den besagten Kreis der Kinder unter 14 Jahren hat die Antragsgegnerin die Benutzung des Spielplatzes in der gegenständlichen Genehmigung hinreichend beschränkt.
Ausweislich des Erläuterungsberichts vom 30. Juli 2021 unter den Punkten „Planungsabsicht“ und „Entwurf – Ausgangssituation“ soll es sich bei dem Vorhaben um einen Spielplatz für 6-12-jährige Kinder handeln. Nach Ziffer 1 der Auflagen des streitgegenständlichen Bescheides gelten für die Baugenehmigung die im Erläuterungsbericht gemachten Angaben. Auch die zur Aufstellung genehmigten Spielgeräte entsprechen nach summarischer Prüfung der im Erläuterungsbericht festgelegten Altersklasse (Hess. VGH, U.v. 30. November 1999 – 2 UE 263/97; VGH BW, U.v. 23. Mai 2014 – 10 S 249/14; VG Aachen, U.v. 30. Oktober 2015 – 6 K 1111/15). Dies gilt für die vielfältigen Klettereinrichtungen, welche sich unabhängig von der jeweiligen Schwierigkeit des Kletterelements, regelmäßig nur in einer geringen Höhe von 40-100 cm über dem Boden befinden. Durch die geringen Höhen der Elemente können die Kinder im besagten Alter sicher die eigene Körperkoordination schulen. Für ältere Kinder, Jugendliche oder Erwachsene werden die Kletterelemente aller Voraussicht bereits aufgrund der geringen Abstände zwischen den einzelnen Elementen sowie aufgrund der geringen Höhe über dem Boden ungeeignet sein. Auch eine Rutsche mit einer maximalen Höhe von 2,5 Metern erscheint aufgrund ihrer geringen Höhe für ältere Kinder oder gar Jugendliche unattraktiv. Auch die weiteren Spielgeräte, wie der Kriechtunnel sowie die Tampen- und Doppelschaukel sprechen für eine Ausrichtung auf eine Altersklasse von 6-12 Jahren. Dasselbe gilt für die Rollerbahn, welche mit Rollern und Fahrrädern befahren werden soll. Ebenfalls das nach dem Erläuterungsbericht mit der Beibehaltung der vorgefundenen Bäume auch bezweckte Spielen in Bäumen erscheint für Kinder über 14 Jahren als unattraktiv. Hingegen sind größere Spielfelder zum Fußballspielen, welche häufig von älteren Kindern und Jugendlichen genutzt werden, bei dem vorliegenden Vorhaben gerade nicht vorgesehen. Für eine Ausrichtung des Spielplatzes auf die Altersklasse von 6-12 Jahren spricht auch, dass die Spielgeräte auf Grund von Wünschen entsprechender Kinder ausgewählt wurden (vgl. Erläuterungsbericht „Entwurf – Wünsche der Kinder“).
Durch die altersbezogenen Beschränkungen im Erläuterungsbericht sowie die vorliegend ausgewählten Spielgeräte öffnet die Antragsgegnerin den Spielplatz gerade nicht für „Jung und Alt“, sondern hat den Benutzerkreis verbindlich und nach außen erkennbar auf Kinder im besagten Alter beschränkt (Hess. VGH, U.v. 30. November 1999 – 2 UE 263/97).
(2) Entgegen der Auffassung der Antragssteller ist vorliegend auch keine Ausnahme vom Regelfall des § 22 Abs. 1a BImSchG gegeben.
§ 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG bestimmt, dass von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkung sind. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift durch das Abstellen auf den Regelfall für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Belästigungen angenommen werden können. Ein Ausnahmefall, der eine Sonderprüfung gebietet, liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Kinderspielplatz in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäusern oder Pflegeanstalten gelegen ist (BTDrucks 17/4836 Seite 7; BVerwG, B.v. 5. Juni 2013 – 7 B 1/13). Für die Beurteilung ist entscheidend, ob sich die entsprechende Spielfläche nach Art und Größe sowie Ausstattung in Wohngebiete und die vorhandene Bebauung einfügt. Ist dies anzunehmen, fehlt es im Regelfall an einer schädlichen Umwelteinwirkung nach § 3 Abs. 1 BImSchG (BR-Drs. 128/11, Seite 8). Lediglich in den vorgenannten Sonderfällen in Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen soll es auf eine Würdigung des Einzelfalls ggf. unter Hinzuziehung von Sachverständigen ankommen, wobei ebenfalls Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Sonderkonstellationen mit berücksichtigt werden können (BR-Drs. 128/11, Seite 8; BeckOK UmweltR/Enders, 61. Ed. 1.1.2022, BImSchG § 22 Rn. 24c). Die besondere Empfindlichkeit nur einzelner Personen vermag hingegen einen atypischen Sonderfall nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht zu begründen (OVG RP, U.v. 24. Oktober 2012 – 8 A 10301/12.OVG).
Der vorliegende Spielplatz fügt sich nach summarischer Prüfung nach Art und Größe sowie Ausstattung in ein Allgemeines Wohngebiet ein.
aa) Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 12. Dezember 1991 (BVerwG, U.v. 12. Dezember 1991 – 4 C 5.88) festgestellt hat, ist die Errichtung eines Kinderspielplatzes selbst in einem reinen Wohngebiet als sozialadäquate Ergänzung der Wohnbebauung grundsätzlich zulässig. Weder § 22 Abs. 1a BImSchG noch das BayKJG treffen Aussagen dazu, bis zu welcher Größe eines Spielplatzes noch von der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG auszugehen ist. Die Rechtsprechung bejaht ein Einfügen in reine und allgemeine Wohngebiete ohne weiteres bei Spielflächen von ca. 1.250 m² (OVG RP, U. v. 24. Oktober 2012 – 8 A 10301/12.OVG). Auch für einen Spielplatz mit ca. 2.100 m² Spielfläche wurde ein Einfügen in ein Wohngebiet bejaht (VG Berlin U.v. 7. Mai 2013 – 10 K 317/11 mit Verweis auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Kinderspielplatzgesetz des Landes Berlin, welches 2.000 m² sogar als Richtwert für allgemeine Spielplätze ansieht). Vor diesem Hintergrund erscheint der vorliegende Spielplatz nicht in einer Weise überdimensioniert, dass er aufgrund seiner Größe einen atypischen Ausnahmefall begründen könnte, welcher nicht mehr unter den Regelfall des § 22 Abs. 1a BImSchG zu subsumieren wäre. Die gegenteilige Meinung der Antragsteller verkennt, dass nach der Anlage 1 zum Erläuterungsbericht, welche über die Auflage 1 des streitgegenständlichen Bescheids Bestandteil der Baugenehmigung geworden ist, das gesamte Flurstück FlNr. …, Gemarkung …, und nicht die Spielflächen selbst eine Fläche von 2.040 m² aufweist. Namentlich sehen der Erläuterungsbericht sowie der Freiflächengestaltungsplan vor, dass für einen größeren Teil des Grundstücks der natürliche Bewuchs erhalten bleiben soll. So soll im südöstlichen Teil des Grundstücks die vorhandene Hecke weiterbestehen. Im nördlichen Bereich des Grundstücks, welcher frei von Gehölzen ist, soll die Bepflanzung großzügig ergänzt werden. Insgesamt sieht die Anlage 1 zum Erläuterungsbericht vor, dass von den 2.040 m² Grundstücksfläche 890 m² Gehölzfläche und 370 m² Landschaftsrasen erhalten oder geschaffen werden sollen. Alleine für 350 m² ist eine Befestigung des Bodens und für 300 m² sind Fallschutzflächen für die Kinder vorgesehen. Der Schwerpunkt der eigentlichen Spieltätigkeit wird daher aller Voraussicht nach nur auf einem begrenzten Teil des gesamten Grundstücks stattfinden, sodass für die Frage des Einfügens im Gegensatz zur Meinung der Antragsteller nicht auf das Gesamtgrundstück mit einer Fläche von 2.040 m² abgestellt werden kann. Im Ergebnis spricht nach summarischer Prüfung nichts dagegen, dass sich das vorliegende Vorhaben der Größe nach in die umgebende Wohnbebauung einfügt. Das Vorhaben scheint auch für den vonseiten des Bauherrn dargelegten Bedarf als Spielplatz für sämtliche Kinder im Alter von 6-12 Jahren aus dem Stadtteil … nicht überdimensioniert.
bb) Auch die Ausstattung des Spielplatzes entspricht durchaus dem heute Üblichen und fügt sich insofern in die ihn umgebende Wohnbebauung ein. Auch diesbezüglich liegt daher kein atypischer, nicht dem Regelfall des § 22 Abs. 1a BImSchG entsprechender, Fall vor.
Insbesondere handelt es sich vorliegend nicht um einen Abenteuerspielplatz oder eine ähnliche Anlage, wie ein Bau- oder R.platz, welche im Hinblick auf die geschützte Wohnruhe in Wohngebieten kritisch zu beurteilen sind. Von herkömmlichen Spielplätzen unterscheiden sich Abenteuerspielplätze durch eine besonders immissionsträchtige Geräteausstattung. Es handelt sich um Anlagen, auf denen die Kinder in der Regel unter Aufsicht handwerkliche Tätigkeiten verrichten können, etwa hämmern, nageln, sägen sowie mit Wasser und Feuer umgehen (OVG NRW, U.v. 26. Juni 1983 – 7 A 1270/82; VG Trier, U.v. 7. Juli 2010 – 5 K 47/10.TR; OVG NRW, U.v. 06. März 2006 – 7 A 4591/04). Solche Spielplatztypen können zwar auch untergeordnete Nebenanlagen sein, welche dem Nutzungszweck des Wohngebiets dienen. Jedoch können sie leicht unzumutbare Störungen der Nachbarschaft auslösen, so dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob eine solche Anlage auch am Maßstab des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zulässig ist.
Entgegen der Behauptung der Antragsteller hat der vorliegende Spielplatz allerdings nichts mit einem Abenteuerspielplatz gemein. Es handelt sich nach seiner Gestaltung um einen Kinderspielplatz, der sich an Kinder im Alter von etwa 6 bis 12 Jahren richtet und wie ihn der Gesetzgeber bei Einführung des § 22 Abs. 1a BImSchG im Auge hatte. Mit dem VG Wiesbaden (VG Wiesbaden U.v. 22. September 2016 – 6 K 1760/14.WI) setzt ein Abenteuerspielplatz zumindest großflächige Klettergerüste, weitläufige Balanciermöglichkeiten, sowie hohe und lange (Tunnel-)Rutschen voraus. Vorliegend finden sich derartige Geräte gerade nicht. Der gegenständliche Spielplatz verfügt ausschließlich über eine Rutsche mit einer maximalen Höhe von 2,5 Metern. Die Kletterelemente, wie Balancierstämme, Wackelbalken, Tampenbrücken und Kletternetze, weisen ausweislich der Anlage zum Erläuterungsbericht nur Höhen von 40, 50, 60 oder 100 cm über dem Boden auf. Zudem sind die einzelnen Kletterelemente vergleichsweise kurz und nicht dazu geeignet, „älteren Kindern und Heranwachsenden selbst gestaltbare Erlebnisspielräume zu bieten“ (VG Wiesbaden, U.v. 22. September 2016 – 6 K 1760/14.WI). Auch die Doppel- und Tampenschaukel sind gängig für Spielplätze in Wohngebieten und kein Merkmal für Abenteuerspielplätze. Geräte zum Umgang mit Feuer oder Wasser sowie Geräte zum Erlernen von lärmintensiven, handwerklichen Tätigkeiten, wie sie typisch für Abenteuerspielplätze sind, fehlen auf dem vorliegenden Spielplatz vollständig.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der sich im Süden des streitgegenständlichen Grundstücks befindlichen Rollbahn. Nach dem Wusch der Kinder soll diese zum Befahren mit Rollern, Fahrrädern und Skateboards dienen. Dass ein Teil eines Spielplatzes für derartige Tätigkeiten freigegeben ist, stellt dem Grunde nach nichts Unübliches dar. Auch auf kleineren Spielplätzen sind heutzutage (Seil-/Roll-)bahnen häufig anzutreffenden (so auch VG Lüneburg, U.v. 16. März 2005 – 2 A 27/04). Wesentlich ist vorliegend, dass sich die Rollbahn auf einen kleineren Bereich des Spielplatzes erstreckt und der H2.weg des Spielplatzes zum Teil mit in die Rollbahn eingebunden ist. Ausweislich des Freiflächengestaltungsplans und des Erläuterungsberichts weist die Rollbahn nur kleinere Einbauten und Modellierungen auf. In Abgrenzung zu Skateranlagen für Jugendliche, welche aufgrund des abweichenden Lärmprofils nicht unter § 22 Abs. 1a BImSchG fallen sollen (BT-Drs. 17/4836, Seite 6), weist die vorliegende Rollbahn gerade keine Rampen, Podeste, Slide-Rails und ähnliche Vorrichtungen für lärmintensive Skateboard-Sprünge auf. Vielmehr ist größtenteils von einem ebenerdigen Fahren auf Rollern, Skatboards und Fahrrädern auszugehen, wie es sich auch im Straßenverkehr in Wohngebieten zuträgt und was keine besonders lärmträchtigen Sprünge und Landungen mit sich bringt.
Auch aus der Entfernung der einzelnen Spielgeräte zu den Eigentumswohnungen der Antragssteller sowie zu anderen Wohngebäuden ergibt sich nichts Anderes. Die sich vermutlich am geräuschintensivsten auf dem Spielplatz darstellende Rollbahn befindet sich mindestens 40 Meter vom Balkon der Antragsteller entfernt im südlichen und damit in dem von den Antragstellern abgewandten Bereich des Grundstücks. Der Hexenturm sowie die weiteren Klettereinrichtungen sind mindestens 17 Meter vom Balkon der Antragsteller entfernt. Selbst zu dem unmittelbar an das klägerische Grundstück grenzenden „Nest“ besteht vom Balkon der Antragsteller noch ein Abstand von 7 Metern. Die genannten Abstände sind nicht so gering, dass sie einen atypischen Ausnahmefall begründen könnten, welcher nicht unter den Regelfall des § 22 Abs. 1a BImSchG zu subsumieren wäre. Dies ergibt sich bereits aus den hohen Anforderungen, welche nach dem Willen des Bundesgesetzgebers für die Begründung eines Einzelfalls vorzuliegen haben. Der Gesetzgeber hat bei Normerlass gerade den Willen geäußert, die Regelwirkung nur im Hinblick auf begründete Ausnahmefälle zum Schutz besonders schützenswerter Nutzungen entfallen zu lassen (BT-Drs. 17/4836, Seite 7 „Ein vom Regelfall abweichender Sonderfall liegt (…) allerdings nur vor, wenn besondere Umstände gegeben sind…“). Hierfür spricht auch, dass die Rechtsprechung bei bestimmten Mindestabständen zur Wohnbebauung sogar Aktivspielplätze als nicht rücksichtslos ansieht, welche gerade nicht der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG unterfallen. So wurde ein Aktivspielplatz mit Einsatz von Hämmern auf einer Gemeinbedarfsfläche in 44 Meter Entfernung zum nächsten Wohnhaus in einem reinen Wohngebiet als zulässig erachtet (VGH BW, U.v. 22. Juli 1997 – 5 S 917/96).
(3) Nach alledem ist die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG vorliegend einschlägig. § 22 Abs. 1a BImSchG erfasst hierbei sowohl den Kinderlärm selbst, wie auch das kindgerechte Nutzen von Spielzeugen und Spielgeräten (BVerwG, B.v. 5. Juni 2013 – 7 B 1.13; BayVGH, B.v. 27. November 2019 – 9 ZB 15.442). Anhaltspunkte dafür, dass die Spielgeräte vorliegend nicht dem Stand der Technik entsprechen, sind weder dargetan noch dem Gericht sonst ersichtlich (BayVGH, B.v. 27. November 2019 – 9 ZB 15.442). Auch der Verkehrslärm durch das Bringen und Abholen der Kinder ist nach der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG regelmäßig hinzunehmen (OVG SH, B.v. 1. Februar 2019 – 1 MB 1.19; BayVGH, B.v. 27. November 2019 – 9 ZB 15.442).
Die Antragsteller sind nach alledem keinen im Rahmen der Rücksichtnahmegebot unzumutbaren Geräuscheinwirkungen ausgesetzt.
b) Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ergibt sich vorliegend – nach summarischer Prüfung – auch nicht aus den vonseiten der Antragsteller geltend gemachten Einsichtnahmemöglichkeiten vom „Nest“ auf dem Spielplatz in das klägerische Wohn- und Schlafzimmer.
Nach der Rechtsprechung gilt grundsätzlich, dass Einsichtnahmemöglichkeiten der Nutzer eines Nachbargrundstück in bestehende Räumlichkeiten in aller Regel nicht die Schwelle zur Rücksichtslosigkeit überschreiten, sondern in einem dicht bebauten Siedlungsraum wie der Bundesrepublik Deutschland – von besonderen Fallkonstellationen abgesehen – hinzunehmen sind (BayVGH, B.v. 15. Oktober 2019 – 15 ZB 19.1221; OVG NRW, B.v. 6. Juli 2020 – 10 A 3461/19; BeckOK BauNVO/Henkel, 29. Ed. 15.4.2022, § 15 Rn. 59a). Grundsätzlich besteht kein Schutz vor jeglicher Einsichtnahme oder unerwünschten Einblicken (BayVGH, U.v. 7. Oktober 2010 – 2 B 09.328; BayVGH, B.v. 9. Oktober 2012 – 15 CS 12.1852). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene die mögliche Einsichtnahme mit „üblichen Eigenmitteln“ (Gardinen, Rollos etc.) leicht verhindern kann (OVG NRW, B.v. 6. Oktober 2021 – 2 A 1684/21; BeckOK BauNVO/Henkel, 29. Ed. 15.4.2022, § 15 Rn. 59a). Es besteht für einen Bauherrn auch keine Verpflichtung, sich mit einer Nutzung zu begnügen, die zu keiner Erweiterung von Einsichtsmöglichkeiten führt (BVerwG, U.v. 28. Oktober 1993 – 4 C 5/93).
Vorliegend besteht kein Anlass von diesen – von der Rechtsprechung entwickelten – Grundsätzen abzuweichen. Ausweislich des genehmigten Freiflächengestaltungsplans wird das Nest in einer Entfernung von mindestens 7 Metern vom Balkon der Antragsteller errichtet. Ausweislich des Baumbestandsplans des streitgegenständlichen Vorhabens vom 23. Juli 2021 sind ein sich im Westen des klägerischen Balkons befindlicher Bergahorn mit 9 Metern Kronendurchmesser sowie eine im Süden des klägerischen Balkons befindliche Roteiche mit 10 Metern Kronendurchmesser bei der Ausführung des gegenständlichen Vorhabens zu erhalten. Es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die beiden Bäume den Antragsstellern bereits einen gewissen Schutz vor Einsichtmöglichkeiten bieten. Auch wird ausweislich des Freiflächengestaltungsplan für das Nest keine künstliche Erhebung zulasten der Antragsteller geschaffen, sondern für diesen Teil des Spielplatzes nur das bestehende Geländeprofil genutzt. Sämtliche im Bereich des Nestes im Freiflächengestaltungsplan vorgenommenen Höhenangaben sind mit der Eintragung „Höhe Bestand“ vorgenommen worden. Nach Ziffer 3 der Auflagen des streitgegenständlichen Bescheides sind dem Bauherrn Änderungen der natürlichen Oberfläche des Baugrundstücks untersagt, welche nicht in den Bauvorlagen dargestellt und genehmigt sind. Es ist zudem auch davon auszugehen, dass das Interesse der meisten Kinder im „Nest“ dem Geschehen auf dem restlichen Spielplatz gewidmet sein wird. Ausschlaggebend ist jedoch, dass sich das „Nest“ ausweislich des genehmigten und vom Bauherr einzuhaltenden Erläuterungsberichts zum Spielplatz hin öffnet. Die Öffnung des „Nestes“ ist daher vom Bauherr in die südliche, vom klägerischen Gebäude abgewandte, Richtung hin, auszuführen. Nur so kann das „Nest“ seine nach dem Nutzungskonzept vorgesehene Funktion erfüllen, den Kindern einen zeitweisen Rückzug zum Beobachten der anderen Kinder beim Spielen zu gewähren.
c) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ergibt sich – nach summarischer Prüfung – auch aus einer etwaigen missbräuchlichen Nutzung durch ältere Kinder und Jugendliche kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Für die durch eine missbräuchliche Nutzung eines Kinderspielplatzes hervorgerufenen Immissionen sind grundsätzlich ausschließlich diejenigen Personen verantwortlich, welche die bestimmungswidrige Nutzung ausüben. Missbräuchen ist daher grundsätzlich mit polizei- und ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen (BVerwG, B.v. 29. Mai 1989 – 4 B 26.89; OVG NRW, B.v. 18. Mai 2009 – 10 E 289/09; NdsOVG, B.v. 29. Juni 2006 – 9 LA 113/04). Der Hessische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu zutreffend wie folgt aus (Hess. VGH, U.v. 25. Juli 2011 – 9 A 125/1; s.a. Hess. VGH, B.v. 5. Dezember 2013 – 4 B 1860/13):
„Dem Betreiber können nur Auswirkungen des Spielplatzes zugerechnet werden, die durch die eigentliche Funktion als Spielplatz bedingt sind. Aus dem Umstand, dass eine solche Anlage generell geeignet ist, missbräuchlich genutzt zu werden, kann sich eine Verantwortlichkeit des Spielplatzbetreibers nicht ergeben. Die Gefahr gelegentlicher Missbräuche öffentlich zugänglicher Anlagen – weitergehende Missbräuche hat auch die Klägerin nicht substantiiert behauptet – ist solchen Anlagen stets immanent. Auch die für einen Spielplatz unter Umständen vergleichsweise attraktive Ausstattung mit Spielgeräten – wie hier dem Kletterturm – vermag eine erhöhte Verantwortlichkeit des Spielplatzbetreibers nicht zu begründen. Allenfalls bei Hinzutreten besonderer Umstände muss sich der Spielplatzbetreiber Beeinträchtigungen, die durch eine bestimmungswidrige Nutzung hervorgerufen werden, zurechnen lassen (…). Solche besonderen Umstände sind dann gegeben, wenn der Betreiber den Missbrauch in irgendeiner Weise fördert.“
Die Antragsgegnerin hat nach den Darlegungen der Antragsteller oder dem Gericht sonst ersichtlichen Umstände keinen besonderen Anreiz für eine widmungswidrige Nutzung geschaffen. Es reicht nicht jede Ausstattung eines Spielplatzes mit adäquaten Spielgeräten, um bereits daraus eine Anreizwirkung und eine Verantwortlichkeit des Einrichtungsträgers abzuleiten, sondern die Ausstattung muss zu einer regelwidrigen Nutzung geradezu „einladen“ (BayVGH, U.v. 6. Februar 2015 – 22 B 12.269). Dabei kommt es weniger auf einzelne Maßnahmen als vielmehr auf das „Gesamtpaket“ an, wie der Träger der Einrichtung die Benutzung sachlich und rechtlich ermöglicht (BayVGH, B.v. 23. Januar 2015 – 22 ZB 14.42). Hier hat die Antragsgegnerin die Benutzung des Spielplatzes rechtlich nur in den folgenden Zeiten gestattet: Vom 01.04. bis 31.10. von 8.00 bis 21.00 Uhr; an Sonn- und Feiertagen von 9.00 bis 21.00 Uhr; sowie vom 01.11. bis 31.03. von 9.00 bis 20.00 Uhr. Ausweislich des Erläuterungsberichts hat die Antragsgegnerin zudem in der Genehmigung den missbräuchlichen Zugang im Norden über die H.H1. Straße kommend durch den Einbau eines Zaunes unterbunden. Nur zur Unterhaltung des Spielplatzes soll diese Zufahrt, welche sich in der Umgebung des Gebäudes der Antragsteller befindet, ausweislich der Genehmigung genutzt werden dürfen. Zudem hat die Antragsgegnerin die Benutzung des Spielplatzes sachlich dadurch beschränkt, dass sie den Spielplatz nur mit für einen Kinderspielplatz typischen Spielgeräten wie einem Kletter-Parcours mit Rutsche sowie Schaukeln ausgestattet hat, welche eher für Kinder attraktiv sind, als für Jugendliche oder Erwachsene. Die Rollerbahn im Süden des Grundstücks weist keine Rampen, Podeste, Slide-Rails und ähnliche Vorrichtungen auf, welche eine missbräuchliche Nutzung zum lärmintensiven Skaten durch Jugendliche fördern könnte.
Nicht vergleichbar mit dem vorliegenden Fall ist zudem derjenige Fall, welcher vom Verwaltungsgericht Köln zu entscheiden war (VG Köln, U.v. 3. November 2016 – 8 K 7320/14). Dort hatte das Gericht entschieden, dass die Baugenehmigung einer dort bestehenden, erhöhten Missbrauchsgefahr nicht gerecht werde und vielmehr regelmäßige Kontrollen durch einen Sicherheits- oder Schließdienst erforderlich wären. Das Verwaltungsgericht Köln hatte einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall zu entscheiden, bei dem die dortige Beklagte bewusst Anreize für die Nutzung eines Spielplatzes durch Jugendliche, wie ein Betreuungsangebot durch Streetworker und eine zeitweise Bewerbung sowie Öffnung des Spielplatzes für Jugendliche, gesetzt hatte. Derartige Umstände sind vorliegend weder vonseiten der Antragsteller vorgetragen, noch dem Gericht sonst wie ersichtlich.
2.3. Ist mithin summarisch geprüft die Baugenehmigung ohne Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften ergangen, spricht dies für ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an einer sofortigen Vollziehbarkeit der ihm erteilten Baugenehmigung. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, das Interesse der Antragsteller an einer aufschiebenden Wirkung ihrer Klage dennoch höher zu bewerten, sind nicht ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in Anlehnung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von einem Streitwert in Höhe von 7.500,00 EUR ausgegangen ist, der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wurde (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).