Europarecht

Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen Abschiebungsanordnung nach Malta

Aktenzeichen  M 26 S 16.50281

Datum:
19.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 34a Abs. 2 S. 1, § 77 Abs. 1 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 80 Abs. 5
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 3 Abs. 1, 2, Art. 18 Abs. 2 UAbs. 3, Art. 20 Abs. 2 UAbs. 3

 

Leitsatz

Nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO hat eine Überstellung an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu unterbleiben und sind weitere Zuständigkeitsprüfungen vorzunehmen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. (red. LS Clemens Kurzidem)
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen bezogen auf Malta ernstzunehmende Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel vor, insbesondere wegen der Inhaftierungspraxis bei Dublin-Rückkehrern (wie VG Hannover BeckRS 2015, 55015, VG Düsseldorf BeckRS 2015, 44358). (red. LS Clemens Kurzidem)
Es bestehen Zweifel, ob Malta die Mindestanforderungen für die Inhaftierung von Asylbewerbern entsprechend der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen – EU-Aufnahmerichtlinie, erfüllt.  Einschränkungen der Privatsphäre, fehlende Belüftungs- und Heizsysteme und eine unzureichende Ausstattung der sanitären Anlagen sowie mangelhafte hygienische Bedingungen bieten deutliche Anzeichen dafür, dass die konkreten Haftbedingungen den europäischen Standards nicht genügen (wie VG Oldenburg BeckRS 2014, 54267). (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 19. April 2016 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die drohende Überstellung nach Malta im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.
Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste spätestens am … November 2015 unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte in der Folge keinen Asylantrag. Nach Aktenlage – es ergaben sich entsprechende Eurodac-Treffer – hatte der Antragsteller zuvor am … Juni 2011 einen Asylantrag auf Malta und am … Juni 2014 einen weiteren Asylantrag in Italien gestellt.
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin hin akzeptierte Malta am … Februar 2016 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers.
Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Antragstellers (Zweitbefragung) am … März 2016 gab dieser an, auf Malta nicht sicher zu sein. Dort sei er sehr krank gewesen. Keiner habe sich um ihn gekümmert. Im Camp habe er keine Unterstützung bekommen. Er legte der Antragsgegnerin einen vorläufigen Arztbericht vom … November 2015 vor, dem die Diagnose „Reaktivierte Lungen-Tuberkulose“ zu entnehmen ist.
Mit Bescheid vom 19. April 2016, zugestellt am … April 2016, ordnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Abschiebung des Antragstellers nach Malta an (Nr. 1 des Bescheids) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, Malta sei nach Art. 18 Abs. 1(b) Dublin-III-Verordnung für die Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im maltesischen Asylverfahren lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom … April 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am … April 2016, Klage, u. a. gerichtet auf die Aufhebung des Bescheids vom 19. April 2016, und beantragte außerdem,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung bezog er sich auf die bisherigen Angaben. Eine weitere Begründung kündigte er an.
Mit Schriftsatz vom „… April 2016“ und nochmals mit Schriftsatz vom … Mai 2016 übermittelte das Bundesamt für die Antragsgegnerin die Behördenakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist dahin auszulegen, dass er sich gegen Nr. 1 des Bescheids vom 19. April 2016 richtet und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich der angeordneten Abschiebung des Antragstellers nach Malta begehrt wird.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist begründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier – von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren anzustellende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei überschlägiger Überprüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids bestehen kann. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bleibt es bei einer Interessenabwägung.
Die Interessenabwägung durch das Gericht fällt vorliegend zulasten der Antragsgegnerin aus, denn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Absatz 1 Satz 1 AsylG) kann die Einzelrichterin bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht abschließend feststellen, ob die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Malta rechtmäßig ist oder nicht. Die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage sind aus den nachfolgenden Gründen vielmehr als offen zu bezeichnen. Eine Klärung muss insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Eine Abschiebung des Antragstellers kommt bis dahin nicht in Betracht.
Das Bundesamt kann zwar eine Abschiebungsanordnung grundsätzlich auch in den Fällen erlassen, in denen ein Ausländer im Inland angetroffen wird, der in einem anderen nach der VO (EU) Nr. 604/2013 – Dublin-III-VO – zuständigen Staat, nicht aber in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat (sog. Aufgriffsfälle, s. § 34a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AsylG). Vorliegend ist Malta zuständig für die Bearbeitung des dort gestellten Antrags auf internationalen Schutz. Malta hat der Aufnahme auch zugestimmt (s. § 18 Abs. 1 Unterabs. Buchst. b, § 24 Abs. 1 Dublin-III-VO).
Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO hat eine Überstellung an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat jedoch zu unterbleiben und weitere Zuständigkeitsprüfungen sind vorzunehmen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
Dieser Regelung liegt das Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris) zugrunde. Danach gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention – GFK, der Europäischen Konvention für Menschenrechte – EMRK – und der EU-Grundrechtecharta entspricht. Allerdings ist diese Vermutung widerleglich. Den nationalen Gerichten obliegt die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Diese Vermutung ist nicht bereits bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen in dem jeweils zuständigen Mitgliedstaat widerlegt, vielmehr sind an die Feststellung systemischer Schwachstellen i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO hohe Anforderungen zu stellen. Von derartigen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn Asylverfahren oder Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im betreffenden Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Rn. 9, B.v. 6.6.2014 – 10 B 35.14 – juris).
Dies zugrunde gelegt, liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt und bezogen auf Malta ernstzunehmende Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel vor, insbesondere wegen der Inhaftierungspraxis bei Dublin-Rückkehrern. So führte etwa das VG Hannover (U.v. 5.11.2015 – 10 A 5157/15 – juris) aus:
„Nach diesem Maßstab liegen im Asylsystem Maltas systemische Mängel vor, weil es an rechtlichen Regelungen fehlt, die die Einhaltung der europarechtlichen Mindestanforderungen an die Bearbeitung von Asylanträgen sicherstellen.
Nach dem periodischen Bericht der Europäischen Asylinformationsdatenbank AIDA vom Februar 2015 (http://www.a…org/s…pdf, abgerufen am 26.10.2015) gibt es in Malta keine gesetzlichen Regelungen, die den Rechtsrahmen der Dublin-Verordnungen umsetzen, sondern nur behördliche Verfahrensvorschriften (AIDA report – a. a. O. – S. 21).
Dabei stellt sich insbesondere die Situation der Dublin-Rückkehrer als problematisch dar. Wenn ein Antragsteller Malta durch Flucht aus behördlichem Gewahrsam oder irreguläre Ausreise verlässt, wird sein Asylantrag nach Art. 13 der örtlichen Verfahrensvorschriften, die insofern Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU – Asylverfahrensrichtlinie 2013 – aufgreifen, als stillschweigend zurückgenommen betrachtet. Bei einer Rücküberstellung nach Malta als dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedsstaat ist das Verfahren daher in fast allen Fällen bereits eingestellt und der Antragsteller ausreisepflichtig. Er hat zwar die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, diese erfolgt jedoch im Wege eines Zweitantrags unter der Voraussetzung, dass er Wiederaufnahmegründe darlegt. Während des Verfahrens können Antragsteller in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden (vgl. AIDA report- a. a. O. – S. 22). Diese Praxis stand zum Berichtszeitpunkt in Widerspruch zu Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EU (Asylverfahrensrichtlinie 2005 -; nunmehr Art. 28 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie 2013 -) und zu Art. 18 Abs. 2 UA 2 der Dublin III-VO. Danach haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass ein Antragsteller, der sich nach Einstellung der Antragsprüfung wegen stillschweigender Rücknahme wieder bei der zuständigen Behörde meldet, berechtigt ist, um Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht als Folgeantrag geprüft wird. Durch den Verstoß gegen diese Vorschriften laufen Antragsteller Gefahr, selbst tatsächlich vorliegende Gründe für einen Anspruch auf internationalen Schutz nicht wirksam vortragen zu können.
Während der Bearbeitungsdauer über das Wiederaufnahmeersuchen, die vollständig im Ermessen der Behörde steht, sind die Antragsteller der Gefahr einer vorzeitigen Abschiebung ausgesetzt und befinden sich häufig in Haft oder Arrest, die den Zugang zu rechtlicher Hilfe zusätzlich erschwert. Die Möglichkeit, Antragsteller noch vor oder während der Prüfung des Folgeantrags abzuschieben, verstößt zudem gegen das Gebot des Non-Refoulement, das ebenfalls in Art. 20 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2005 bzw. Art. 28 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 und Art. 18 Abs. 2 UA 3 Dublin III-VO seinen Niederschlag gefunden hat.“
Zu den Bedenken dieses Gerichts hinsichtlich der Vereinbarkeit der Haftpraxis Maltas mit internationalem und europäischem Recht wird weiter auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in seinem Beschluss vom 9. April 2015 (8 L 1100/15.A – juris) verwiesen, wo es heißt:
„Ausweislich verschiedener dem Gericht vorliegender Auskünfte werden in Malta Flüchtlinge, die in aller Regel ohne die erforderlichen Papiere irregulär und damit illegal einreisen, systematisch und routinemäßig inhaftiert. Rechtsgrundlage hierfür sei das Migrationsgesetz Maltas (Immigration Act, Chapter 217 of the Laws of Malta, im Folgenden: „Immigration Act“), welches nicht zwischen Migranten und Flüchtlingen, die um internationalen Schutz nachsuchen, bzw. Asylbewerbern unterscheide. Danach gelten alle irregulär Eingereisten („prohibited immigrant“ i. S.v. Artikel 5 Immigration Act) als Personen ohne Einreise- bzw. Aufenthaltsbefugnis. Ihnen gegenüber ergehe auf der weiteren Grundlage der Verwaltungsvorschrift „Policy Documents 2005“ eine Zugangsverweigerungs- oder Ausweisungsverfügung mit Haftanordnung von unbestimmter Dauer (vgl. Artikel 14 Absatz 2 Immigration Act). Anders sehe es nur – bei einem kleinen Prozentsatz – der Ausländer aus, die Asyl beantragen, bevor sie von der Ausländerbehörde wegen illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt festgenommen werden. Insoweit werde von einer Inhaftierung bis zum Vorliegen der Entscheidung über ihren Asylantrag abgesehen. Die Praxis routinemäßiger Inhaftierung treffe (zunächst) auch die Gruppe von Schutzsuchenden mit besonderem Bedürfnissen („Verletzliche“) wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien mit (minderjährigen) Kindern, Menschen mit Behinderungen etc., so lange, bis das Verfahren zur Anerkennung ihrer Verletzlichkeit abgeschlossen sei, was je nach Erkennbarkeit dieses Umstandes kürzer oder länger dauern könne. Dabei würden diejenigen Betroffenen, deren besonderer Status nicht ohne Weiteres erkennbar sei, wie unter Umständen psychisch Kranke oder ältere Minderjährige zunächst zusammen mit Flüchtlingen ohne besondere Bedürfnisse untergebracht. Das Migrationsgesetz enthalte keine Bestimmung zur maximalen Haftdauer. Sei über einen Asylantrag innerhalb eines Jahres noch nicht entschieden, erfolge die Freilassung des Antragstellers aufgrund einer Verwaltungsbestimmung, die dem Betroffenen den Zugang zum Arbeitsmarkt nach zwölf Monaten zuerkenne. Abschiebehaft sei ebenfalls auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften auf maximal 18 Monate begrenzt. (vgl. AIDA, Asylum Information Database, „National Country Report Malta“ vom Mai 2014, S. 49 f.; Gemeinsame Publikation UNHCRs und des Europäischen Parlaments „know the facts“ vom 9. April 2014, S. 8; Global Detention Project „Immigration Detention in Malta“ vom Januar 2014, S. 4 ff.; UNHCR „UNHCR’s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta“ vom 18. September 2013; Jesuits Refugee Service Europe (JRS) „Protection Interrupted, National Report Malta“ vom Juni 2013 S. 5 ff.”
Zwar begründet die Inhaftierung einer Person als solche keine Verletzung von Art. 3 EMRK. Die Mitgliedstaaten sind aber verpflichtet, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind, die Gefangenen nicht Leiden oder Härten unterworfen sind, die die mit einer Haft unvermeidbar verbundenen Beeinträchtigungen übersteigen, und dass Gesundheit und Wohlbefinden der Gefangenen unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (vgl. EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – juris Rn. 221). Es bestehen Zweifel, ob Malta die Mindestanforderungen für die Inhaftierung von Asylbewerbern entsprechend der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen – EU-Aufnahmerichtlinie, erfüllt (s. Art. 8 Abs. 1 und 3, Art. 9 Abs. 1, 3 und 6 sowie Art. 11 der EU-Aufnahmerichtlinie). Die Verwaltungsgerichte Karlsruhe (B.v. 8.10.2014 – A 8 K 345/14 – juris Rn. 11) und Oldenburg (B.v. 23.7.2014 – 12 B 1217/14 – juris Rn. 27 ff. m. w. N.) haben im Übrigen ausführlich dargelegt, dass Einschränkungen der Privatsphäre, fehlende Belüftungs- und Heizsysteme und eine unzureichende Ausstattung der sanitären Anlagen sowie mangelhafte hygienische Bedingungen deutliche Anzeichen dafür bieten, dass auch die konkreten Haftbedingungen den europäischen Standards nicht genügen. Auf die dortigen Ausführungen wird insofern Bezug genommen.
Anzumerken ist außerdem, dass der UNHCR zwar bislang keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylbewerber nicht nach Malta zu überstellen. Er hat in einer seiner letzten Stellungnahmen zu Malta („UNHCR´s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta” vom 18.9.2013, dort S. 33, abrufbar auf: www.r…org/d…html) jedoch auf von ihm festgestellte Widersprüche zwischen dem maltesischen Aufnahmesystems und den grundsätzlich zu beachtenden völkerrechtlichen Standards hingewiesen („While it is acknowledged that some improvements have been made in the infrastructure and conditions of detention in Malta, UNHCR considers that the current reception system, based on the systematic administrative detention of asylumseekers is not in conformity with international law standards”) (zum Fehlen einer Empfehlung des UNHCR s. auch VG Oldenburg, B.v. 23.7.2014 – 12 B 1217/14 – juris Rn. 34 f.; OVG NW, U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A – juris R. 171 ff.).
In der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage, ob in Bezug auf Malta die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vorliegen, kontrovers beurteilt (s. VG Gelsenkirchen, B.v. 9.3.2016 – 9a L 473/16.A – juris; VG Magdeburg, U.v. 26.1.2016 – 8 A 108/16 – juris; VG Hannover, U.v. 5.11.2015 – 10 A 5157/15 – juris; VG München, U.v. 15.9.2015 – M 2 K 15.50225 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 9.4.2015 – 8 L 1100/15.A – juris; a.A.: VG München, B.v. 12.6.2015 – M 25 S 15.50265; VG Leipzig, U.v. 8.6.2015 – 6 K 1044/13.A – juris; VG Oldenburg, B.v. 17.2.2014 – 3 B 6974/13 – juris Rn. 13 ff.; VG Augsburg, U.v. 29.5.2013 – Au 7 K 13.30134 – juris Rn. 22). Eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung ist bislang nicht erkennbar.
Die Erfolgsaussichten sind nach alledem als offen anzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO (s. auch § 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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