Europarecht

Das Gebot der Mindestwasserführung bei Gewässernutzung ohne Genehmigungserfordernis

Aktenzeichen  8 CS 21.720

Datum:
7.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16307
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, 146 Abs. 4 S. 6 VwGO
WHG § 3 Nr. 7, Nr. 6, Nr. 9, § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 13 Abs. 2 Nr. 2 lit. d, § 20 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2, § 27, § 33, § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 58 Abs. 1 S. 2
GG Art. 14 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Bei § 20 Abs. 2 S. 3 WHG iVm § 13 Abs. 2 Nr. 2 lit. d WHG handelt sich um eine selbstständige Befugnisnorm für Anforderungen und Maßnahmen an alte Rechte und alte Befugnisse (Altrechte). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der rechtliche Rahmen für das Gebot der Mindestwasserführung ist § 33 WHG zu entnehmen, der die Vorgaben des § 13 Abs. 2 WHG konketisiert und sich unmittelbar an den Gewässerbenutzer richtet, selbst wenn dieser keinem Genehmigungserfordernis unterliegt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Regelung in  § 6 Abs. 1 WHG beinhaltet ein allgemeines Verbesserungsgebot, das auch dann Geltung findet, wenn sich das Gewässer bereits in einem guten Zustand befindet oder (im Fall des § 27 Abs. 2 WHG) das gute ökologische Potential erreicht hat. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nach Sinn und Zweck des § 33 WHG kommt es auf die (konkrete) Entnahme- oder Ableitungsstelle an, nach der eine ausreichende Wassermenge im Gewässerbett verbleiben muss. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei intakten Gewässern mit gutem Gesamtzustand muss es möglich sein, durch die Ausleitung im Mutterbett entstehende, erhebliche Beeinträchtigungen auszugleichen, die bis hin zu einem Austrocknen der Restwasserstrecke reichen können. Dies gilt unabhängig davon, ob sich durch die nachteiligen Veränderungen die Einstufung des Gewässerzustands nach den Maßgaben der Wasser-Rahmen-RL ändert oder nicht. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
6. Vieles spricht dafür, dass beim zeitweise Trockenfallen von Gewässerteilen die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts gegeben (bzw. bereits verwirklicht ist) und dass zu deren Abwehr die Anordnung der Mindestwasserführung erforderlich wäre. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 2 S 20.3930 2021-02-16 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer wasserrechtlichen Verfügung, mit der der Betrieb einer Wasserkraftanlage nachträglichen Einschränkungen (Pflicht zur Mindestwasserabgabe) unterworfen wird.
Sie betreibt auf Grundlage eines alten Wasserrechts (Beschluss des Kgl. Bezirksamts B. vom 16. Februar 1907) das Ausleitungskraftwerk G. an der B. Ache, einem Gewässer III. Ordnung (Wehranlage zur Ausleitung bei Fkm … sowie Wiedereinleitung bei Fkm …), mit einer Restwasserstrecke von etwa 800 m.
1. Mit Bescheid vom 11. April 2012 genehmigte das Landratsamt B. … den Plan der Antragstellerin für eine Sohleintiefung am Unterwasserkanal der Anlage zum Zweck der Leistungserhöhung bei der Stromerzeugung. Als Nebenbestimmung wurde unter anderem in Nr. 13.5 als fischereiliche Auflage aufgenommen: „Die Herstellung der Durchgängigkeit am Wehr der B. Ache und die Abgabe einer ausreichenden Restwassermenge sind bis spätestens 31. Dezember 2015 sicherzustellen.“
2. Am 26. August 2014 beantragte die Antragstellerin für die Modernisierung und den Ausbau der Wasserkraftanlage eine Plangenehmigung, eine wasserrechtliche Bewilligung sowie eine Anlagengenehmigung. Laut Erläuterungsbericht vom selben Tag, zuletzt ergänzt am 3. März 2017 (Nr. 4.1.7, S. 24), besteht keine funktionsfähige Fischaufstiegsanlage am Wehrkörper. Das Wehr stellt daher ein unpassierbares Wanderhindernis für Fische dar. Das beantragte Vorhaben beinhaltet neben der Herstellung einer Fischaufstiegsanlage einen Fischabstieg am Kraftwerk selbst (Nr. 4.1.14, S. 36 f.). Zur Restwasserabgabe wurde ausgeführt (Nr. 4.1.10, S. 32 ff.), dass am 27. Oktober 2008 ein Naturversuch zur Bestimmung der Restwasserdotation durchgeführt worden sei. Dazu seien beim breitesten Profil der Ausleitungsstrecke Messungen der Wassertiefe durchgeführt worden. Aufgrund dessen werde eine Restwassermenge von 1.500 l/s als „Optimum“ erachtet. Bei diesem Abfluss stellten sich bereits in zwei Drittel der Breite (10 m von 15 m) Wassertiefen von über 20 cm ein. Im Rahmen einer zweiten Messung am 13. März 2015 sei dies nochmals bestätigt worden. Im landschaftspflegerischen Begleitplan vom 26. August 2014 (ergänzt am 18.6.2015) wird zum „Lebensraum Gewässer“ dargelegt (Nr. 5.2.2, S. 19), dass derzeit keine behördliche Restwasserfestsetzung bestehe. Die Ausleitungsstrecke sei an etwa 155 Tagen im Jahr „ohne Wasser bzw. nur mit Wasser vom N. Graben bespannt und kann nicht dauerhaft als aquatischer Lebensraum genutzt werden“. Durch die Herstellung der Fischaufstiegsanlage werde die Durchgängigkeit erzielt, was zu einer enormen Verbesserung führe. Zwischen der Wehranlage B. und M. gebe es damit künftig auf einer Länge von etwa 10,7 km keine unpassierbareren, größeren künstlichen Abstürze mehr. In der Ausleitungsstrecke entstünden durch die Restwasserfestlegung „erstmals überhaupt dauerhaft nutzbare Fischhabitate auf einer Länge von 780 m“ (S. 19 f.). Die Abflusssituation der Ausleitungsstrecke wird zudem in einer Übersicht wie folgt dargestellt (Nr. 5.2.1, S. 17):
„Wasserführung in der Ausleitungsstrecke
Ist-Zustand:
Ausleitung 10 m³/s, kein Restwasser
Planung/Beantragung:
Ausleitung 20 m³/s, Restwasser 1,5 m³/s
Kein Wasser in Ache
ca. 155 Tage (weniger als 10 m³/s Abfluss)
0 Tage
Weniger als 1,5 m³/s
ca. 17 Tage (zwischen 10 und 11,5 m³/s Abfluss)
0 Tage (weniger als 1,5 m³/s Abfluss)
1,5 m³/s
ca. 5 Tage (ca. 11,5 m³/s Abfluss)
ca. 280 Tage (zwischen 1 [wohl richtig 1,5] und 21,5 m³/s Abfluss)
Mehr als 1,5 m³/s
ca. 188 Tage (mehr als 11,5 m³/s Abfluss)
ca. 85 Tage (mehr als 21,5 m³/s Abfluss)
Mehr als 130 m³/s
Hochwasser
Hochwasser (wie im Ist-Zustand)“
Ergänzend heißt es dazu: „Die Zusammenstellung zeigt, dass derzeit an ca. 155 Tagen im Jahr kein Wasser (bzw. nur das Wasser vom N. Graben und gegebenenfalls geringe Abflussmengen des L.bachs, der zwar oberhalb des Wehres in die Ache mündet, dessen Abflüsse jedoch nicht in den Pegeldaten ‚Kläranlage‘ beinhaltet sind) in der Ausleitungsstrecke fließt. Künftig wird an ca. 280 Tagen im Jahr das Restwasser in der Ausleitungsstrecke fließen, an 85 Tagen mehr als 1,5 m³/s. Tage mit mittlerer Wasserführung nehmen im Vergleich zum Ist-Zustand ab.“
Der Bezirk Oberbayern, Fachberatung für Fischerei, führte in seinen Stellungnahmen vom 6. und vom 30. November 2015 aus, dass eine Restwassermenge von 1,5 m³/s nicht ausreiche, was bereits der Vergleich mit dem Wert für den mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) für die B. Ache im maßgeblichen Bereich von 4,92 m³/s zeige. Vor allem aber werde der Niedrigwasserabfluss (NQ), der den „Katastrophenfall“ unter natürlichen Bedingungen darstelle, mit 2,9 m³/s angegeben, also beinahe doppelt so hoch. Aus fischereifachlicher Sicht sei auf der Grundlage der durchgeführten Naturversuche eine Restwassermenge von 3,5 m³/s erforderlich.
Das Büro für Gewässerökologie und Fischbiologie Dr. H. erstellte anlässlich des Wasserrechtsverfahrens im Auftrag der Antragstellerin am 26. April 2016 das Gutachten „Untersuchungen zur Festlegung einer Mindestwassermenge nach fischökologischen Rahmenparametern an der B. Ache/G.“ (im Folgenden Gutachten). Diesem wurden die „Empfehlungen zur Ermittlung von Mindestabflüssen in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen und zur Festsetzung im wasserrechtlichen Vollzug“ der Länderarbeitsgemeinschaft von 2001 zugrunde gelegt. Für den Erhalt eines Wanderkorridors (Durchgängigkeit) sei danach eine Wassertiefe von mehr als 0,2 m zu fordern und die Wassertiefe im T.weg sei mit 0,3 m sicherzustellen. Des Weiteren sei eine mittlere Querschnittsgeschwindigkeit von 0,3 m/s anzustreben (Gutachten S. 9). Am 9. März 2016 seien im Bereich der Anlage mehrere Abflussversuche durchgeführt worden, mit Abflüssen am Wehr von 990 l/s, 1.290 l/s sowie 1.850 l/s (Gutachten S. 15 ff.). Bei einem Abfluss von etwa 990 l/s seien die Fließgeschwindigkeiten nicht ausreichend gewesen und erst bei einer Steigerung auf 1.290 l/s (zuzüglich etwa 50 l/s aus Nebenbächen) seien „alle für die Forellenregion zu fordernden Wassertiefen im Wanderkorridor und zum Erhalt der Lebensraumqualität sehr deutlich eingehalten“ (Gutachten S. 25 f.). Das Gutachten kommt dem entsprechend zum Ergebnis, dass „in jedem Falle die geprüften 1.290 l/s als Mindestdotation vorzuschlagen“ seien. „Auch für die Erreichbarkeit von Laichplätzen innerhalb der Mindestwasserstrecke oder in Bezug zur Passierbarkeit der Mindestwasserstrecke als Wanderkorridor sind alle Vorgaben bei 1.290 l/s erfüllt“ (Gutachten S. 26). Dagegen sei eine Abgabe von 1.500 l/s nicht zwingend fachlich erforderlich. Abschließend heißt es dazu: „Die Mindestwassermenge für den Abschnitt der B. Ache im Bereich G. ist fischökologisch begründet mit 1.290 l/s anzugeben. Die im Verfahren bisher diskutierten 1.500 l/s sind in jedem Fall eine begrüßenswerte ökologische Verbesserung, ergeben sich aber nicht zwingend aus den Ergebnissen der Mindestwasseruntersuchung“ (Gutachten S. 28). Im Erörterungstermin am 25. Juli 2018 bezeichnete der Gutachter eine Mindestwassermenge von 1,3 m³/s als „notwendig“ und wies zugleich auf den „unter dem Aspekt der WRRL“ (sehr) guten Zustand der Fischfauna in der B. Ache hin. Auf die Kritik des Gewässerbeauftragten des örtlichen Fischereivereins an dem schlechten Zustand der „trockenen Ausleitungsstrecke“ erklärte der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts, dass sich die Feststellung des Zustands auf das gesamte Gewässer beziehe und dass sich die einzige Monitoringstelle weiter flussabwärts befinde.
Der Arbeitsbereich Wasserbau, Institut für Infrastruktur der Universität Innsbruck gab im Auftrag des Landratsamts B. … im Jahr 2019 eine fachliche Stellungnahme zur Modernisierung des Wasserkraftwerks G. ab. Darin wird ausgeführt (Nr. 3.3, S. 8 f.), dass derzeit bis zu einem Abfluss von 10 m³/s das gesamte Wasser eingezogen werde und nur eine freiwillige Abgabe von 70 l/s (entspricht 0,07 m³/s) stattfinde. Künftig werde daher an rund 175 Tagen im Jahr der Abfluss in der Restwasserstrecke erhöht und sich die Situation verbessern. Eine teilweise Austrocknung der Restwasserstrecke werde vermieden. Durch die geplante Beaufschlagung mit Wasser würden so ganzjährig die Durchgängigkeit gewährleistet und neue Lebensräume geschaffen.
Das Landratsamt B. … bewilligte mit Bescheid vom 3. Juli 2019 die beantragte Gewässerbenutzung und erteilte die Plansowie die Anlagengenehmigung. Die Antragstellerin hat einzelne wasserrechtliche Auflagen angefochten.
3. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. August 2020 gab das Landratsamt der Antragstellerin unter anderem auf, bis spätestens 30. September 2020 durch Öffnung einer oder mehrerer Schleusen dauerhaft einen Restwasserabfluss von mindestens 1.500 l/s in das Mutterbett der B. Ache vorrangig sicherzustellen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass aufgrund des Bescheids vom 11. April 2012 die Herstellung der Durchgängigkeit der B. Ache an der Wehranlage sowie die Abgabe einer ausreichenden Restwassermenge bereits seit 1. Januar 2016 hätte sichergestellt werden müssen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wurde auf den Bewilligungs- und Plangenehmigungsbescheid vom 3. Juli 2019 verwiesen. In diesem Verfahren habe die Antragstellerin einen Restwasserabfluss von mindestens 1.500 l/s akzeptiert. Allerdings sei mit Verzögerungen der Umsetzung zu rechnen. Die Antragstellerin habe gegen Nebenbestimmung geklagt, wobei die Anordnung der Restwassermenge nicht Gegenstand des beim Verwaltungsgericht München anhängigen Verfahrens sei (Az.: M 2 K 19.3966). Hinzu komme, dass das Planungsbüro der Antragstellerin eine Tektur angekündigt habe. Derzeit werde auf freiwilliger Basis lediglich eine Restwasserabgabe von 70 l/s gewährleistet, fachlich seien aber 1.500 l/s erforderlich. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde ausgeführt, dass an der Umsetzung der seit 1. Januar 2016 bestehenden Verpflichtung zur Restwasserabgabe ein dringendes öffentliches Interesse bestehe. Ein weiteres Zuwarten bewirke weiterhin eine ökologische und wasserwirtschaftliche Dauerbelastung in der Ausleitungsstrecke sowie die fortbestehende Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen zur Mindestwasserführung nach § 33 WHG.
4. Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid des Landratsamts B. … vom 6. August 2020 Anfechtungsklage erhoben. Auf ihren Antrag hin hat das Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit wiederhergestellt als sie verpflichtet wurde, dauerhaft einen Restwasserabfluss von mehr als 1.290 l/s in das Mutterbrett der B. Ache sicherzustellen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Bescheid teilweise als rechtmäßig erweise. Dazu wurde auf das im Auftrag der Antragstellerin erstellte Gutachten vom 26. April 2016 Bezug genommen. Demgegenüber lasse sich den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts nicht hinreichend entnehmen, auf welche Weise die darüber hinausgehende Restwassermenge von 1.500 l/s ermittelt worden sei.
5. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Anordnung des Sofortvollzugs sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig.
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht offen gelassen, auf welche Befugnis die streitgegenständliche Anordnung gestützt werden könne. Mangels Gefahrenlage seien die Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nicht erfüllt. Der Antragsgegner habe nicht hinreichend ermittelt, welche Mindestwassermenge als unbedingt erforderliche Untergrenze anzusehen sei, bei deren Unterschreitung die maßgeblichen Ziele, etwa die Erhaltung und Verbesserung der Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaushalts sowie als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, nicht mehr eingehalten seien. Unerheblich sei, dass die Antragstellerin die Mindestwassermenge von 1.500 l/s im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens akzeptiert habe, weil dies im Zusammenhang mit der Erweiterungsplanung der Anlage erfolgt sei. Der Antragsgegner verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits die Umsetzung des Vorhabens verzögere, andererseits aber separat eine Mindestwassermenge fordere.
Auch § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG sei als Rechtsgrundlage nicht einschlägig. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass sich der Oberflächenwasserkörper bereits in einem guten Zustand befinde, der in Bezug auf die Komponente „Fische“ sogar mit „sehr gut“ bewertet worden sei. Aus den einschlägigen Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen, die das Hauptinstrument der wasserwirtschaftlichen Planung bildeten und für Behörden verbindlich seien, könnten keine Anordnungen zur Erhöhung der Mindestwassermenge abgeleitet werden. Das Landratsamt sei bereits an der Prüfung gehindert, ob die dort vorgesehenen Maßnahmen zur Zielerreichung geeignet und ausreichend seien, und erst Recht daran, eine Verpflichtung zur Mindestwasserabgabe anzuordnen. Selbst wenn dies rechtlich möglich wäre, fehle es hier an einer Prüfung, welche Menge am konkreten Standort erforderlich sei, um den Lebensraum zu erhalten. Das Gutachten vom 26. April 2016 sei nicht heranziehbar, weil es sich nicht mit der Frage beschäftigt habe, welche Restwassermenge ausschließlich zur Lebensraumerhaltung im jetzigen Betriebszustand erforderlich sei, sondern immer nur mit der Frage, welche Menge für die Lebensraumerhaltung und die Durchwandelbarkeit im modernisierten Zustand anzusetzen sei. Das Wasserwirtschaftsamt habe in seinen Stellungnahmen die maßgeblichen Umstände nicht zugrunde gelegt. Die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen seien nicht erhoben worden. So gebe die Antragstellerin freiwillig Wasser in einer Höhe von bis zu 200 l/s bzw. von 270 l/s ab. Bereits ab einem Abfluss in der B. Ache von mehr als 8 m³/s (8.000 l/s) werde Oberflächenwasser über die Wehranlage abgeleitet, weil es sich um eine feste Wehrschwelle handle. Dieser Abfluss werde lediglich an etwa 110 Tagen im Jahr unterschritten. An mehr als 255 Tagen im Jahr lägen die natürlichen Abflüsse der B. Ache über 8 m³/s und ermöglichten somit eine Mindestwasserabgabe oberhalb der freiwillig abgegebenen Menge. Die derzeitige Schwankungsbreite der Abflüsse sei ausreichend, um die vorkommende Biozönose zu erhalten, was die Zustandsbewertung des Oberflächenwasserkörpers belege.
Die Behörde habe kein Ermessen ausgeübt und die Anordnung sei unverhältnismäßig. Die Anlage ermögliche keine Justierung einer derartigen Abgabe. Die Schleusen seien nicht dauerhaft zu öffnen, sondern immer nur dann, wenn der natürliche Wasserabfluss den Ausbauwasserdurchfluss unterschreite. Aufgrund der großen Abflussschwankungen sei ein stetiges Öffnen und Schließen der Schleusen erforderlich, die dafür weder ausgelegt noch konstruiert worden seien. Dies könne zu Funktionsbeeinträchtigungen führen, was bei den Hochwasserschleusen Gefahren für Leib und Leben verursachen könne. Geschiebeumlagerungen führten dazu, dass der definierte Öffnungsquerschnitt immer wieder zugesetzt werde. Hinzu komme, dass mit steigenden Abflüssen in der B. Ache auch der Wasserdruck an teilgeöffneten Schleusen steige, was zur Folge habe, dass die Mindestwassermenge überschritten werde. Genaue Abflussmessungen seien zudem nicht durchführbar. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie in das eigentumsgleiche Altrecht erfolge und dass die Anlage, die der regenerativen Stromerzeugung diene, den Folgen des Klimawandels vorbeuge. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei darin zu sehen, dass eine 5 km unterhalb gelegene Wasserkraftanlage lediglich 300 l/s als Mindestwasser abgeben müsse.
Schließlich erfahre der streitgegenständliche Bescheid durch den Austausch der Rechtsgrundlagen eine Wesensänderung. Voraussetzung des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG sei das Vorliegen einer konkreten Gefahr, während § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) i.V.m. § 33 WHG an das Erreichen der Bewirtschaftungsziele anknüpfe. Die Auflage sei auch nicht hinreichend begründet worden.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 16. Februar 2021 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. August 2020 gegen den Bescheid des Landratsamts B. … vom 6. August 2020 insoweit wiederherzustellen, als dass die Antragstellerin durch diesen verpflichtet wird, dauerhaft einen Restwasserabfluss auch bis 1.290 l/s in das Mutterbett der B. Ache sicherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Ablehnung des Antrags
und tritt den von der Antragstellerin erhobenen Einwänden entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens sowie des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Bescheid des Antragsgegners vom 8. August 2020 zu Recht abgelehnt, soweit die Antragstellerin verpflichtet wurde, einen Restwasserabfluss von 1.290 Liter pro Sekunde (l/s) in das Mutterbett der B. Ache sicherzustellen.
Das für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgebende Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt keine Änderung der Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß begründet wurde (dazu unter 1.). Zudem ist es zu Recht davon ausgegangen, dass der Rechtsbehelf nach summarischer Prüfung in der Hauptsache erfolglos bleiben wird, soweit die Antragstellerin zur Abgabe einer Restwassermenge von 1.290 l/s verpflichtet wurde (dazu unter 2.). Nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Überprüfung der Frage, ob die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage auch in Bezug auf die Anordnung einer Restwassermenge von mehr als 1.290 l/s zu Recht wiederhergestellt wurde.
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde formell ordnungsgemäß begründet (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bedarf es einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 22.2.2019 – 8 AS 19.40002 – juris Rn. 15). An das Begründungserfordernis sind inhaltlich keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2019 – 11 CS 19.1434 – juris Rn. 20). Entgegen der Einwände der Antragstellerin ist es unerheblich, ob die angeführten Gründe die Vollziehungsanordnung auch tatsächlich rechtfertigen und ob damit eine besondere Eilbedürftigkeit erschöpfend dargetan wurde (BayVGH, B.v. 22.2.2019 – 8 AS 19.40002 – juris Rn. 15 m.w.N.). Auf die inhaltliche Richtigkeit im Einzelnen kommt es nicht an (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.2020 – 4 VR 4.20 – juris Rn. 10; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 54 f. m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Anordnung im streitgegenständlichen Bescheid. Die Begründung lässt in nachvollziehbarer Weise erkennen, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids ausnahmsweise angeordnet hat. Das Landratsamt begründete die Anordnung nicht lediglich pauschal und allgemein, sondern ging vielmehr auf die Umstände des Falles ein. Es stellte im Wesentlichen auf das dringende Interesse an der Umsetzung der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nach § 33 WHG ab, die erforderliche Mindestabflussmenge auf der Ausleitungsstrecke des Wasserkraftwerks G. zu gewährleisten, sowie auf den damit im Zusammenhang stehenden Schutz der Gewässerökologie und der unmittelbar von den Gewässern abhängenden Landökosysteme. Dabei wurde auf den Inhalt des Bescheids vom 11. April 2012 Bezug genommen, in dem die Sicherstellung einer ausreichenden Restwasserabgabe bis spätestens 31. Dezember 2015 angeordnet wurde. Der vom Landratsamt angestellten Prognose, dass die zu geringe Mindestwasserführung im Sinn des § 33 WHG eine Beeinträchtigung „eines oberirdischen Gewässers zur Folge“ habe, liegen offenkundig die Auswirkungen auf den maßgeblichen Gewässerabschnitt der B. Ache zugrunde, wie sie etwa auch im Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren von der Antragstellerin selbst dargelegt wurden. Eine nähere Beschreibung der möglichen ökologischen Folgen ist nicht zu fordern. Soweit in der Begründung ausgeführt wird, ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ sei nicht erforderlich, mag dies missverständlich erscheinen, die Aussage steht aber – angesichts der Bezugnahme auf ein Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin – erkennbar damit in Zusammenhang, dass im Rahmen der Anhörung ein überwiegendes Interesse von Antragstellerseite generell in Abrede gestellt wurde. Im Ergebnis ist das Landratsamt bei der Begründung des Sofortvollzugs nachvollziehbar von einem dringenden und besonderen öffentlichen Interesse aufgrund der ökologischen Auswirkungen der Gewässerbenutzung durch die Antragstellerin ausgegangen und davon, dass deren Interessen ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie ihrer bereits seit Inkrafttreten des § 33 WHG zum 1. März 2010 bestehenden und mit Bescheid vom 11. April 2012 nochmals wiederholten Verpflichtung dauerhaft nicht nachgekommen ist.
2. Das Verwaltungsgericht ist von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines dauerhaften Mindestwasserabflusses von 1.290 l/s in das Mutterbett der B. Ache ausgegangen. Bei summarischer Prüfung greifen die in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwendungen nicht durch.
2.1 Es spricht Vieles dafür, dass das Verwaltungsgericht § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG zu Recht als zutreffende Rechtsgrundlage angesehen hat. Danach können auch im Fall eines Altrechts (hier auf der Grundlage eines Beschlusses des Kgl. Bezirksamts vom 16.2.1907) durch Inhalts- und Nebenbestimmungen Maßnahmen angeordnet werden, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften erforderlich sind. Es handelt sich um eine selbständige Befugnisnorm für Anforderungen und Maßnahmen an alte Rechte und alte Befugnisse (vgl. Berendes in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 20 Rn. 35 ff.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 20 Rn. 80; Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Stand September 2020, § 20 Rn. 131 ff.; vgl. auch BayVGH, U.v. 28.6.2005 – 22 B 95.2188 – juris Rn. 52 ff. zum WHG a.F.). Die Befugnis dient der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG (WRRL), deren ökologische Ziele durch spezifische Anforderungen etwa an Mindestwasserführung, Gewässerdurchgängigkeit und Wasserkraftnutzung (§§ 33 bis 35 WHG) unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erreichen sind (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 20 Rn. 80).
2.1.1 Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind voraussichtlich erfüllt. Die Antragstellerin benutzt ein oberirdisches Gewässer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WHG durch das Aufstauen (bei Fkm …) sowie das Ableiten von Wasser, das am Ende der Restwasserstrecke wieder in das Mutterbett eingeleitet wird (bei Fkm …*). Die Gewässerbenutzung hat nachteilige Veränderungen der Gewässereigenschaften für diesen Gewässerteil zur Folge. Unter Gewässereigenschaften sind nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 7 WHG die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen zu verstehen. Wasserbeschaffenheit wird in § 3 Nr. 9 WHG als die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers definiert. Eine nachteilige Veränderung liegt vor, wenn ein Vergleich ergibt, dass sich die Gewässereigenschaften gegenüber denjenigen, die ohne die Einwirkung auf das Gewässer bestehen würden, in nicht völlig unbedeutender Weise verschlechtert (vgl. BGH, U.v. 21.1.1988 – III ZR 180/86 – BGHZ 103, 129/136 = juris Rn. 20; vgl. auch OVG NRW, U.v. 24.11.2009 – 9 A 1580/08 – juris Rn. 64 ff. zu § 24 WHG a. F.; Szesny in Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 3. Aufl. 2020, § 326 Rn. 9 ff.).
Die Wasserkraftanlage der Antragstellerin verursacht zunächst eine erheblich verminderte Restwasserführung im Mutterbett der B. Ache und damit eine nachteilige Veränderung der Wassermenge als wesentliche Gewässereigenschaft. Die Antragstellerin leitet bis zu 10 m³/s Wasser ab. Nach den Angaben im streitgegenständlichen Bescheid sowie im Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 22. März 2018 im Plangenehmigungsverfahren (Nr. 2.2.5, S. 13) garantiert sie auf freiwilliger Basis lediglich eine Restwassermenge von 70 l/s (0,07 m³/s). Selbst nach ihrem Vortrag im Beschwerdeverfahren liegt die Menge mit „bis zu“ 200 l/s (0,2 m³/s) bzw. nach dem neuerlichen, nicht näher dargelegten Vorbringen im Schriftsatz vom 25. Mai 2021 mit 270 l/s (0,27 m³/s) immer noch weit unter dem mittleren Niedrigwasserabfluss (in Höhe von rund 4,9 m³/s) und dem Niedrigwasserabfluss (etwa 2,9 m³/s), die als Orientierungsgrößen dienen können.
Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht (unter Verweis auf VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 63 f.) davon ausgegangen, dass durch die Benutzung auch unmittelbar in die biozönotischen, insbesondere fischzönotischen Verhältnisse in der Restwasserstrecke eingegriffen wird, dass die Fließgeschwindigkeit, die natürliche Strukturentwicklung sowie der Sauerstoffeintrag nachteilig verändert werden und dass sich durch eine veränderte Abflussdynamik die hydromorphologischen Bedingungen für die Flora und Fauna verschlechtern können. Ebenso hat es nachvollziehbar ausgeführt, dass Niedrigwasser in physikalischer Hinsicht insbesondere zu Temperaturerhöhungen und zum Absinken der Fließgeschwindigkeit sowie der Sauerstoffsättigung führen kann und dass Beeinträchtigungen der Gewässergüte eintreten können, weil Schadstoffkonzentrationen infolge industrieller oder landwirtschaftlicher Einträge nur in vermindertem Maße der Verdünnung durch natürliche Abflüsse unterliegen. Dass derartige nachteilige Veränderungen verursacht werden, ergibt sich aus den von der Antragstellerin im Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen. Laut landschaftspflegerischem Begleitplan (Nr. 5.2.2, S. 19) ist die Restwasserstrecke und damit ein nicht unwesentlicher Gewässerteil der B. Ache an etwa 155 Tagen ohne Wasser bzw. nur mit Wasser aus dem N. Graben bespannt und kann nicht als dauerhafter Lebensraum genutzt werden. Dies deckt sich mit den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts sowie mit den Angaben in der von Antragstellerseite vorgelegten fachlichen Stellungnahme des Arbeitsbereichs Wasser der Universität Innsbruck, wonach erst bei Verwirklichung des plangenehmigten Vorhabens eine „teilweise Austrocknung der Restwasserstrecke“ in Zukunft vermieden wird.
Derartige nachteilige Veränderungen der Gewässereigenschaft würden im Übrigen selbst dann vorliegen, wenn der Vortrag in der Beschwerdebegründung zutreffen sollte, wonach nicht erst bei einem Abfluss von 10 m³/s, sondern bereits bei 8 m³/s eine größere Restwassermenge abgegeben werde. Unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens würde sich nämlich nur die Anzahl der Tage von 155 auf 110 pro Jahr reduzieren, an denen nur eine freiwillige Abgabe in einer Größenordnung zwischen 0,07 m³/s und 0,27 m³/s erfolgt, was aber weiterhin einen erheblichen Zeitraum darstellt. Dies gilt selbst bei Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz vom 25. Mai 2021, nach dem für das vergangene Jahr von „ca. 90 Tagen“ ausgegangen wird, ohne dies näher darzulegen. Hinzu kommt, dass der Widerspruch zu den eigenen Angaben im Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren nicht erläutert wurde: Im landschaftspflegerischen Begleitplan vom 26. August 2014, ergänzt am 18. Juni 2015 (Nr. 5.2.1, 5.2.2, S. 17, 19) wird davon ausgegangen, dass bei einer Abflussmenge in der B. Ache von 10 m³/s kein Wasser bzw. keine relevante Menge in die Restwasserstrecke abgegeben wird. Ebenso wenig wurde in der Beschwerde dargelegt, welche Mengen genau bei Abflussbedingungen zwischen 8 m³/s und 10 m³/s ins Mutterbett abgeleitet werden und wie diese bestimmt werden können.
2.1.2 Es spricht Vieles dafür, dass das Verwaltungsgericht zu Recht von der Erforderlichkeit einer dauerhaften Restwasserabgabe in Höhe von 1.290 l/s als Ausgleichsmenge ausging.
Es hat den rechtlichen Rahmen für das Gebot der Mindestwasserführung zutreffend dem § 33 WHG entnommen, zumal die Antragstellerin Wasser aufstaut und ableitet. Die Regelung konkretisiert die Vorgaben des § 13 Abs. 2 WHG (Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 33 Rn. 14; Niesen in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 33 Rn. 4) und richtet sich unmittelbar an den Gewässerbenutzer, selbst wenn dieser keinem Genehmigungserfordernis unterliegt (Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 33 Rn. 16 f., 24; Niesen in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 33 Rn. 4). Dies ergibt sich nicht nur aus der Systematik, sondern auch aus den Gesetzesmaterialien. Danach ermöglicht die Vorschrift für einzelne Vorhaben durch nachträgliche Anordnungen bzw. Nebenbestimmungen konkrete Festlegungen zur Mindestwasserführung (vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 60). Dagegen stellt § 33 WHG nicht etwa eine § 13 Abs. 2 Nr. 2 WHG verdrängende Vorschrift dar (wie hier auch Lau, in Schink/Fellenberg, GK-WHG, 2021, § 33 Rn. 57).
Der Begriff der Mindestwasserführung ist in § 33 WHG legal definiert als die Abflussmenge, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Abs. 1 und der §§ 27 bis 31 WHG zu entsprechen. Ihr Erhalt hat allgemein zum Ziel, die Folgen der Gewässerbenutzung dadurch auszugleichen, dass in der betroffenen Restwasserstrecke eine hinreichende Wassermenge verbleibt, um die nachteiligen Veränderungen der Gewässereigenschaften zu vermeiden oder auf das ökologisch noch vertretbare Maß zu minimieren (VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 73). Die Mindestwasserführung ist vor allem nach den hydrologischen Gegebenheiten vor Ort und den ökologischen Erfordernissen im Einzelfall zu bestimmen. Die Regelung des § 33 WHG zielt in erster Linie auf die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit eines oberirdischen Gewässers ab (BVerwG, B.v. 26.1.2017 – 7 B 3.16 – juris Rn. 12 unter Verweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Wasserrechts BT-Drs. 16/12275 S. 60 sowie auf die Begründung des Änderungsantrags BT-Drs. 16/13426 S. 14).
Es begegnet voraussichtlich keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht bei der konkreten Bestimmung der hier erforderlichen Mindestwassermenge auf die Angaben der Antragstellerin im Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren sowie auf die in diesem Rahmen eingeholten fachlichen Stellungnahmen abgestellt hat. Sie liegen auch dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde, der insofern auf das damalige Verfahren Bezug nimmt und auf die dort getroffenen Feststellungen verweist. Aus den Aussagen des Fachbeistandes der Antragstellerin – Dr. H. – im Erörterungstermin sowie in dessen Gutachten vom 26. April 2016 ergibt sich, dass jedenfalls die Restwassermenge von 1.290 l/s als notwendig anzusehen ist. Die Feststellungen des Sachverständigen für Gewässerökologie und Fischbiologie beziehen sich sowohl auf die Herstellung eines Wanderkorridors als auch auf den Erhalt der Lebensraumqualität im Gewässerabschnitt (Gutachten S. 26) und damit auf die ökologische Funktionsfähigkeit der Restwasserstrecke. Die Stellungnahme gibt plausibel die bestehende Situation sowie den aus fischökologischer Sicht erforderlichen Mindestbedarf an Wasser wieder. Der Gutachter hat dabei nachvollziehbar die in Fachkreisen anerkannten Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft zugrunde gelegt. Die Antragstellerin führt selbst aus, dass nach den neuen LAWA-Empfehlungen 2020 (LAWA Empfehlung zur Ermittlung einer ökologisch begründeten Mindestwasserführung in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen, Stand: Februar 2020, Produkt-Datenblatt PDB AO 19) bei der Ermittlung der Mindestwassermenge sogar von einem Einstiegswert von 1 MNQ (mittlerer Niedrigwasserabfluss, hier also 4,9 m³/s) auszugehen sei, der dann an die örtlichen Verhältnisse angepasst werden müsste. Sie erachtet diesen zwar als zu hoch, räumt aber ein, dass der Einstiegswert 1/3 MNQ betrage, hier also mehr als 1,6 m³/s. Selbst wenn diese Werte im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse unterschritten werden können, legen sie nicht nahe, dass der Gutachter die Mindestwassermenge zu hoch angesetzt hätte. Es kommt im Gutachten – entgegen dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung – auch nicht auf Differenzierungen zwischen verschiedenen Fischarten an. Der Gutachter ist nachvollziehbar von einem Gewässer der Forellenregion ausgegangen. Durchgreifende methodische Mängel werden von der Antragstellerin auch sonst nicht dargelegt. Die vom Gutachter vorgeschlagene Restwassermenge von 1.290 l/s steht im Übrigen in Einklang mit den Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts sowie der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern, die sogar höhere Mengen von 1.500 l/s bzw. 3.500 l/s aus fachlicher Sicht für notwendig gehalten haben. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines Niedrigwasserabflusses von etwa 2,9 m³/s, der nach dem Willen des Gesetzgebers nur geringfügig vom Mindestwasserabfluss abweichen sollte (vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 60), erscheint die Menge bei summarischer Prüfung plausibel und keineswegs als zu hoch bemessen.
2.1.3 Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung der Entscheidung.
2.1.3.1 Soweit die Antragstellerin sich auf den guten ökologischen Zustand des einschlägigen Flusswasserkörpers nach dem Wasserkörperverzeichnis Bayern vom 25. Januar 2016 (Az. 52g-U4437.2-2011/1-12, AllMBl. 2016 S. 104: Wasserkörper-Code …, „K.bach, R. Ache, W**bach, S.bach, K. Ache, F.bach, S.bach, B. Ache, G. Bach, L.bach, B. Ache“) laut Wasserkörper-Steckbrief des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 22. Dezember 2015 beruft und geltend macht, dass die Qualitätskomponente „Fischfauna“ dort sogar mit „sehr gut“ bewertet worden sei, verfängt dies nicht. Dass die auf der Wasserrahmenrichtlinie beruhenden Ziele insofern bereits erreicht sein mögen, entbindet nicht von einer ausreichenden Mindestwasserführung im Sinn des § 33 WHG auf der Restwasserstrecke. Beide Fragen sind vielmehr zu trennen.
Dies folgt bereits aus der Regelungssystematik und dem Wortlaut des Gesetzes. Gewässereigenschaft ist nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 7 WHG nicht nur die Wasserbeschaffenheit oder die Wassermenge eines Gewässers oder gar eines Wasserkörpers (vgl. § 3 Nr. 6 WHG), sondern auch die von Gewässerteilen. Es reicht daher aus, dass in der Restwasserstrecke Beschaffenheit und Menge des Wassers nachteilig verändert werden, um Ausgleichsmaßnahmen auf Grundlage von § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG anordnen zu können. Zudem spricht § 33 WHG nicht vom Wasserkörper und verweist nicht allein auf die Bewirtschaftungsziele nach §§ 27 bis 31 WHG, sondern auch auf § 6 Abs. 1 WHG. Diese Regelung beinhaltet ein allgemeines Verbesserungsgebot, das auch dann Geltung findet, wenn sich das Gewässer bereits in einem guten Zustand befindet oder (im Fall des § 27 Abs. 2 WHG) das gute ökologische Potential erreicht hat (Ell in Drost, Das neue Wasserrecht, § 33 Rn. 22).
Schließlich sprechen Sinn und Zweck des § 33 WHG, die ökologische Funktionsfähigkeit sowie die standorttypischen Lebensgemeinschaften zu erhalten (vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 60 und BVerwG, B.v. 26.1.2017 – 7 B 3.16 – juris Rn. 12), für diese Auslegung. Danach kommt es auf die (konkrete) Entnahme- oder Ableitungsstelle an, nach der eine ausreichende Wassermenge im Gewässerbett verbleiben muss (Ell in Drost, Das neue Wasserrecht, Stand Februar 2021, § 33 Rn. 14, 22), also auf die hydrologischen Gegebenheiten vor Ort (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2017 – 7 B 3.16 – a.a.O. Rn. 12). Die Lebensraumfunktionen sind für den konkret betroffenen Abschnitt des jeweiligen Gewässers zu bestimmen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2005 – 22 B 95.2188 – juris Rn. 56). Es versteht sich von selbst, dass nach Wiedereinleitung des Wassers aus dem Triebwerkskanal der ursprüngliche Zustand in Bezug auf die Wassermenge wiederhergestellt wird. Gerade bei intakten Gewässern mit gutem Gesamtzustand muss es aber möglich sein, durch die Ausleitung im Mutterbett entstehende, erhebliche Beeinträchtigungen auszugleichen, die bis hin zu einem Austrocknen der Restwasserstrecke reichen können; dies gilt unabhängig davon, ob sich durch die nachteiligen Veränderungen die Einstufung des Gewässerzustands nach den Maßgaben der Wasserrahmenrichtlinie ändert oder nicht (vgl. Ell in Drost, a.a.O., Rn. 22).
Dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs lässt sich nichts Anderes entnehmen, vor allem keine entsprechende Begrenzung der nach § 33 WHG erforderlichen Mindestwasserführung (vgl. VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 82). Vielmehr wird dort ebenfalls betont, dass mit der Verpflichtung zur Aufstellung von Maßnahmenprogrammen (§ 82 WHG) und Bewirtschaftungsplänen (§ 83 WHG) keine normative Ermächtigung zur abschließenden Definition des Umfangs von Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot verbunden ist (VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – a.a.O. Rn. 91).
2.1.3.2 Ebenso wenig kann sich die Antragstellerin mit Erfolg darauf berufen, dass derzeit keine Durchgängigkeit des Gewässers gegeben ist. Zum einen wäre dies widersprüchlich, weil sie nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragsgegners bereits aufgrund der Nebenbestimmung Nr. 13.5 im Bescheid vom 11. April 2012 seit 1. Januar 2016 verpflichtet ist, die Durchgängigkeit am Wehr sicherzustellen und dem bisher nicht nachgekommen ist. Sie räumt selbst ein, dass eine vorhandene Fischaufstiegsanlage nicht funktionsfähig ist. Zum anderen geht ihr Fachbeistand Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 26. April 2016 ausdrücklich davon aus, dass die Mindestwasserabgabe auch der Erreichbarkeit von Laichplätzen innerhalb der Restwasserstrecke dienen kann sowie dem Erhalt der Lebensraumqualität (Gutachten S. 26). Die Wanderung bezweckt daher die ökologische Funktionsfähigkeit für Fische zu erhalten, selbst wenn der Lebensraum stromaufwärts derzeit noch durch das Wehr begrenzt wird. Wenn in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass es auf die Durchwanderbarkeit nur untergeordnet ankomme, wird ebenfalls anerkannt, dass diese hier eine Rolle spielt.
2.1.3.3 Auf den Geltungsumfang des Verschlechterungsverbots (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WHG) und des Verbesserungsgebots (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 WHG) bei der Genehmigung eines konkreten Vorhabens (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 u.a. – juris Rn. 478 ff.; Dallhammer/Fritzsch, ZUR 2016, 340) kommt es in diesem Zusammenhang voraussichtlich nicht an, sodass die dazu in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen keiner Klärung bedürfen. Streitgegenstand ist nicht, ob ein Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers bewirken kann, sondern eine Anordnung zum Erhalt der Mindestwasserführung bei einer bestehenden Anlage zur Erfüllung der Ziele des § 6 WHG. Im Übrigen wäre selbst bei Heranziehung des Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots aller Voraussicht nach auf den Zustand abzustellen, in dem sich das Gewässer ohne das Aufstauen und Ableiten befände (vgl. VGH BW, U.v. 24.3.2021 – 3 S 2506/18 – juris Rn. 120).
2.1.3.4 Die Einwendung der Antragstellerin, die im Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren gemachten Angaben bezögen sich ausschließlich auf die Verwirklichung des beantragten Vorhabens und seien schon deshalb nicht heranziehbar, überzeugt ebenfalls nicht. Es ist zwar aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar, dass sie als Anlagenbetreiberin einen Ausgleich für die Mindestwasserabgabe in den wasserärmeren Zeiträumen durch Erhöhung der Leistung in wasserreicheren Perioden anstrebt, aus gewässerökologischer Sicht sind Wirtschaftlichkeitsüberlegungen aber nicht maßgeblich (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht, § 33 Rn. 21). Die ökologische Funktionsfähigkeit der Mindestwasserstrecke muss nach dem Willen des Gesetzgebers sowohl im derzeitigen Zustand als auch im Ausbauzustand gleichermaßen gesichert sein, was eine Mindestmenge von 1.290 l/s voraussetzt. Erst dann sind Laichgewässer innerhalb der Ausleitungsstrecke erreichbar und erst dann wird dort die Lebensraumqualität durchgehend erhalten. Bei Zugrundelegung der Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan sowie in der Stellungnahme der Universität Innsbruck ist dies aufgrund des zeitweisen Austrocknens der Restwasserstrecke derzeit aber nicht gewährleistet. Dass künftig in wasserreichen Zeitabschnitten nur diese Restwassermenge garantiert wird und kein zusätzlicher Abfluss, mag im Rahmen des Bewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Die Antragstellerin hat dagegen nicht plausibel dargelegt, dass allein aufgrund der derzeit noch größeren Schwankungsbreiten des Abflussgeschehens keine Mindestwasserabgabe in der von ihrem Gutachter vorgeschlagenen Menge erforderlich sei.
2.2 Soweit es in der angegriffenen Entscheidung als unerheblich angesehen wurde, dass das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG und § 33 WHG als maßgebliche Rechtsgrundlage herangezogen hat, begegnet dies ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.
Ob die besondere Befugnisnorm des § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) sowie mit § 33 WHG (vgl. oben 2.1) bei einer nachträglichen Festsetzung der Mindestwasserführung bei Altrechten die wasserrechtliche Generalklausel (§ 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG sowie mit § 33 WHG) vollständig verdrängt, wofür einiges sprechen dürfte, oder ob beide Normkomplexe zusammen herangezogen werden können (vgl. etwa VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 50; U.v. 24.3.2021 – 3 S 2506/18 – juris Rn. 52), bedarf keiner abschließenden Klärung. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass nicht nur eine Ergänzung (um die § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG), sondern ein Austausch der Rechtsgrundlage zulässig ist. Dabei hat es die zutreffenden Voraussetzungen zugrunde gelegt (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19.18 – NVwZ-RR 2020, 113 = juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 29 ff.). Entgegen dem Einwand der Antragstellerin wird dadurch vor allem das Wesen des streitgegenständlichen Bescheids nicht verändert, was unzulässig wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.1989 – 9 C 28.89 – NVwZ 1990, 673, juris Rn. 12). Die für die Entscheidung über die Mindestwasserführung zugrunde zu legenden Erwägungen sind bei beiden Rechtsgrundlagen dieselben, so dass an dem Verwaltungsakt nichts Wesentliches geändert werden müsste (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 30.6.1989 – 4 C 40.88 – BVerwGE 82, 185 = juris Rn. 20).
Das Landratsamt hat die materiellen Anforderungen für die Bestimmung der Mindestwasserführung zutreffend dem § 33 WHG entnommen und diese konkretisiert. Es hat auch erkannt, dass hier eine nachträgliche Anordnung gegenüber dem Inhaber eines Altrechts getroffen werden soll, die dem Ausgleich der nachteiligen Veränderungen aufgrund der Benutzung dient. Nichts Anderes ergibt sich, wenn die Anordnung auf § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG und nicht auf § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG gestützt wird. Dagegen spielt es keine Rolle, dass im streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich auf die Nebenbestimmung Nr. 13.5 zu der Genehmigung vom 11. April 2012 abgestellt wurde. Der Antragstellerin ist zuzugestehen, dass die Bestimmtheit und damit die Wirksamkeit in Bezug auf die Anordnung, eine „ausreichende Restwassermenge“ sicherzustellen, erheblichen Zweifeln unterliegt. Es reicht aber aus, dass sich bereits aus § 33 WHG eine (allgemeine) Verpflichtung zum Erhalt der Mindestwasserführung ergibt (vgl. Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 33 Rn. 16 f., 24; Niesen in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 33 Rn. 4, und oben 2.1.2).
Wesentliche Unterschiede zwischen den Rechtsgrundlagen bestehen auch nicht vor dem Hintergrund der allgemeinen Grundsätze des Gefahrenabwehrrechts. Es überzeugt nicht, wenn in der Beschwerdebegründung angenommen wird, bei der Festlegung der konkreten Mindestwasserführung sei deshalb ein unterschiedlicher Maßstab anzuwenden, weil für § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG eine konkrete Gefahr vorliegen müsse, eine solche aber nach § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG nicht Voraussetzung sei. Nach dem Wortlaut des § 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WHG kann die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen anordnen, die im Einzelfall notwendig sind, um die Erfüllung der Pflichten nach Satz 1 sicherzustellen, der wiederum auf die sich aus dem WHG ergebenden öffentlich-rechtlichen Pflichten abstellt. Dementsprechend wird auch die sich aus § 33 WHG ergebende Pflicht zur Mindestwasserführung erfasst. Einer (konkreten) Gefahr im Sinn des allgemeinen Polizei- und Sicherheitsrechts bedarf es bei dieser Alternative nicht. Eine solche ist allenfalls bei der ersten Alternative des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG erforderlich. Zwischen den drei Alternativen ist aber zu trennen (vgl. Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 100 Rn. 19 ff.). Aus den Gründen des Bescheids geht durch Hervorhebung im Normtext klar hervor, dass hier die dritte Alternative als Befugnisnorm herangezogen wurde. Im Übrigen spricht Vieles dafür, dass beim zeitweise Trockenfallen von Gewässerteilen die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts gegeben (bzw. bereits verwirklicht ist) und dass zu deren Abwehr die Anordnung der Mindestwasserführung erforderlich wäre.
2.3 Soweit das Verwaltungsgericht einen Ermessensfehler verneint hat, gibt die Beschwerde ebenfalls keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin hat das Landratsamt das Erfordernis, pflichtgemäßes (Bewirtschaftungs-)Ermessens auszuüben, erkannt und dies in der Begründung auch ausgeführt. Es liegt kein Ermessensausfall vor. Vielmehr hat die Behörde die wesentlichen Umstände zutreffend zugrunde gelegt (vgl. oben 2.2).
2.4 Schließlich ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegt.
Die Anordnung von Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) und § 33 WHG stellt grundsätzlich keine Enteignung dar. Vielmehr handelt es sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BayVGH, U.v. 28.6.2005 – 22 B 95.2188 – juris Rn. 53; VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 129; U.v. 24.3.2021 – 3 S 2506/18 – juris Rn. 136 ff.; Zöllner, in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 20 WHG Rn. 132, jew. m.w.N.). Als solche muss sie aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Nichts Anderes ergibt sich aus der Berufung der Antragstellerin auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach den Schutz des Eigentumsgrundrechts genießt (vgl. Papier/Shirvani in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand Oktober 2020, Art. 14 Rn. 200, 205 f.; BayVerfGH, E.v. 17.05.1982 – Vf. 25-VII/80 – NJW 1983, 325 = VerfGH 35, 39/70).
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anordnung nicht unverhältnismäßig ist. Ziel ist die Erhaltung der Mindestwasserführung, der eine große Bedeutung für die ökologische Funktionsfähigkeit eines oberirdischen Gewässers zukommt; sie ist Grundvoraussetzung für den Erhalt der standorttypischen Lebensgemeinschaften des Gewässers (vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 60). Zu diesem Zweck wurde das Altrecht der Antragstellerin eingeschränkt: Künftig ist eine entsprechende Mindestwasserführung im Mutterbett sicherzustellen. Dass ein Fall vorliegen könnte, in dem die Anordnung einer Mindestwassermenge das Altrecht zwar formal unangetastet lässt, die verfügbare Wassermenge aber derart reduziert, dass dieses inhaltlich völlig ausgehöhlt und dass dadurch der Bestand des Betriebs in dem nach dem Altrecht genehmigten Umfang insgesamt ernsthaft gefährdet wird, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Maßnahme nicht ungeeignet ist. Für die Antragstellerin können zwar Probleme bei der Justierung der Mindestwassermenge auftreten, die Abgabe der erforderlichen Menge ist aber nicht ausgeschlossen. In der Beschwerdebegründung wurde nicht dargelegt, dass eine entsprechende Einstellung der Schleusen nicht möglich wäre. Vielmehr werden nur gewisse Schwierigkeiten bei der Begrenzung auf 1.290 l/s sowie ein Mehraufwand durch das zusätzliche Öffnen und Schließen der Schleusen geschildert, etwa in Form höherer Wartungsintensität und stärkerem Verschleiß von Teilen. Ebenso ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin nicht zu einer exakten Mengenbestimmung verpflichtet ist und dass es aus Sicht der verfolgten wasserrechtlichen Zielsetzung keineswegs schädlich ist, wenn sie zeitweise mehr Wasser als die Mindestmenge in das Mutterbett abgibt.
Soweit die Beschwerde die Mindestwassermenge für nicht erforderlich hält, kann auf die oben getroffenen Ausführungen verwiesen werden. Die Abgabe von 1.290 l/s ist aus ökologischer Sicht notwendig (vgl. oben 2.1).
Die technischen Schwierigkeiten führen nach dem Beschwerdevorbringen auch nicht zur Unangemessenheit, ebenso wenig wie der Umstand, dass die Sicherstellung einer solchen Wassermenge ohne Umbaumaßnahmen dazu führen könnte, dass zu viel Wasser ausgeleitet wird und die Antragstellerin dadurch Einbußen erleidet. Art. 14 Abs. 1 GG schützt ohnehin nicht vor einer Minderung der Wirtschaftlichkeit (vgl. VGH BW, U.v. 24.3.2021 – 3 S 2506/18 – juris Rn. 139; Ell in Drost, Das neue Wasserrecht, § 33 Rn. 21). Im angefochtenen Beschluss wird dazu zutreffend ausgeführt, dass schon nicht valide vorgetragen worden ist, in welchem Umfang Belastungen zu gewärtigen wären. Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen. Ebenso wenig wird im Zusammenhang mit dem Aspekt der regenerativen Stromerzeugung dargelegt, in welchem Umfang Beeinträchtigungen erwartet werden. Umgekehrt ist zu berücksichtigen, dass ein bereits seit 1907 genutztes Altrecht betroffen ist und dass die maßgeblichen Bestimmungen des § 33 WHG sowie der § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG bereits zum 1. März 2010 in Kraft getreten sind (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht, § 33 Rn. 7, 11). Der Antragstellerin musste aufgrund mehrerer Abflussversuche (am 27.10.2008 und am 13.3.2015), aufgrund des Umstandes, dass das Landratsamt im Bescheid vom 11. April 2012 eine – wenn auch wohl unbestimmte – Anordnung zur ausreichenden Restwasserabgabe bis 31. Dezember 2015 getroffen hat und nicht zuletzt durch das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten vom 26. April 2016 bewusst sein, dass die Restwassermenge keineswegs den Anforderungen des § 33 WHG entspricht und dass dieser Zustand bereits seit Jahren andauert. Mit dem Bescheid vom 11. April 2012 wurde ihr bereits zu Zwecken der Leistungssteigerung eine Sohleintiefung genehmigt. Die wasserrechtlichen Voraussetzungen für den Umbau der Anlage, die nicht nur die ausreichende Mindestwasserführung, sondern im Gegenzug auch eine nicht unerhebliche Leistungssteigerung zum Gegenstand hat, liegen seit Erlass des Plangenehmigungs- und Bewilligungsbescheides vom 3. Juli 2019 vor. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass es ihr nicht zumutbar sei, von diesem Gebrauch zu machen. Ihre Behauptung, der Antragsgegner verhalte sich widersprüchlich, wurde nicht näher substanziiert. Zusammenfassend kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Eingriff außer Verhältnis zum ökologischen Nutzen steht, auch nicht unter Einbeziehung des Umstandes, dass die Antragstellerin zur Bekämpfung des Klimawandels beiträgt.
2.5 Die Antragstellerin hat ihren Einwand, für eine Wasserkraftanlage in M. sei eine Mindestwasserabgabe von lediglich 300 l/s (bzw. 250 l/s) festgelegt worden, so dass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG vorliege, auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend konkretisiert. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein solcher Vortrag in Bezug auf die Vergleichbarkeit erkennen lassen müsse, ob gleichgelagerte Benutzungstatbestände mit vergleichbaren Auswirkungen auf die Gewässereigenschaften gegeben seien und ob der Antragsgegner darauf nicht oder nur mit milderen Mitteln reagiert habe. Es überzeugt dagegen nicht, wenn im Beschwerdevorbringen eine nähere Substanziierung für entbehrlich gehalten wird. Bereits die Ermittlung der Mindestwasserführung richtet sich – wie oben ausgeführt – immer auch nach den die örtliche Situation prägenden Gegebenheiten. Diese sind aber für das Gesamtgewässer nicht einheitlich, sondern bestimmen sich nach der jeweils zu beurteilenden Gewässerstrecke (vgl. VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 153). Der Antragsgegner ist ferner im Rahmen seines Ermessens unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht gehalten, die Anforderungen des § 33 WHG gewissermaßen „flächendeckend“ und „mit einem Schlag“ gegenüber allen in Frage kommenden Wasserkraftanlagen gleichzeitig durchzusetzen (VGH BW, U.v. 15.12.2015 – 3 S 2158/14 – a.a.O., m.w.N.). Daher liegt auch insofern keine Rechtswidrigkeit der Anordnung vor.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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