Europarecht

Erfolglose Klage gegen Ablehnung des Asylantrages als unzulässig wegen bestehender Schutzgewährung durch Rumänien

Aktenzeichen  AN 17 K 18.50055

Datum:
26.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5118
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
EMRK Art. 3
Dublin III-VO Art. 20 Abs. 3, Art. 23 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Im rumänischen Asylgesetz findet sich der Grundsatz der Familieneinheit. Es wird in der Regel sämtlichen Familienmitgliedern im Sinne des Art. 2 lit. j des rumänischen Asylgesetzes der Flüchtlingsstatus zugesprochen bzw. subsidiärer Schutz gewährt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Sind die Eltern eines minderjährigen Asylbewerbers durch einen Mitgliedstaat bereits als international Schutzberechtigte anerkennt, so ist dieser Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung für das Asylverfahren des Minderjährigen zuständig, selbst wenn die Frist für das Stellen eines Wiederaufnahmegesuchs bereits abgelaufen ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Abschiebung von Ausländern nach Rumänien, denen dort internationaler Schutz gewährt wurde, führt nicht zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK wegen der sie dort erwartenden Lebensbedingungen.  (Rn. 26 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die zulässigen Klagen, über die trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgrund eines entsprechenden Hinweises in der ordnungsgemäßen Ladung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), bleiben in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 10. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klagen sind zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage (Klageantrag 1) die statthafte Klageart gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2018. Aber auch die Verpflichtungsklagen gerichtet auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Rumänien (Klageantrag 2) sind zulässig.
Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Zuge der Änderung des Asylverfahrensgesetzes infolge des Inkrafttretens des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I Nr. 39 v. 5.8.2016). Danach ist die Anfechtungsklage gegen Bescheide, die die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 AsylG feststellen, die alleinige statthafte Klageart. Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass die Asylanträge in diesen Fällen ohne Prüfung der materiell-rechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen, also ohne weitere Sachprüfung, abgelehnt werden. Insoweit kommt auch kein eingeschränkter, auf die Durchführung eines Asylverfahrens beschränkter Verpflichtungsantrag in Betracht (vgl. BVerwG U.v. 1.7.2017 – 1 C 9.17 – NVwZ 2017, 1625; BayVGH U.v. 13.10.2016 – 20 B 14.30212 – juris). Bei einer erfolgreichen Klage führt die isolierte Aufhebung der angefochtenen Regelung zur weiteren Prüfung der Anträge durch die Beklagte und damit zum erstrebten Rechtsschutzziel.
Diese Überlegungen stehen indes nicht der Zulässigkeit der Verpflichtungsklagen hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG entgegen, da insoweit durch das Bundesamt bereits eine Sachprüfung stattgefunden hat. Die Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG stellt einen eigenständigen Streitgegenstand dar, über deren Vorliegen das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG neben der Unzulässigkeitsentscheidung zu befinden hat. Dementsprechend kann dieser Streitgegenstand durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden (vgl. BVerwG U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris, Rn. 20).
2. Die Klagen sind jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 10. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
a) Das Bundesamt hat die Anträge der Kläger zu Recht als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Den Klägern wurde in Rumänien am 21. September 2017 ein Schutzstatus gewährt.
Dies ergibt sich hinsichtlich des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) bereits aus einem entsprechenden EURODAC-Treffer und wurde zudem auch vom Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Sie haben einen entsprechenden Bescheid von den rumänischen Behörden erhalten. Aber auch hinsichtlich der Kinder, den Klägern zu 3) und 4), bestehen für das Gericht keine ernsthaften Zweifel, dass diesen ebenfalls internationaler Schutz gewährt wurde. Die Kinder haben sich nach eigenen Angaben des Klägers zu 1) stets bei den Eltern aufgehalten. In Art. 7 des rumänischen Asylgesetzes findet sich der Grundsatz der Familieneinheit wieder, den die rumänischen Behörden garantieren (vgl. Gesetz Nr. 122/2006, Asylgesetz Rumänien in englischer Übersetzung, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/laender/rumaenien/nationale-gesetze/ (zuletzt abgerufen: 26.3.2018). Entsprechend dieses Grundsatzes wird in der Regel sämtlichen Familienmitgliedern im Sinne des Art. 2 lit. j) des rumänischen Asylgesetzes der Flüchtlingsstatus zugesprochen bzw. subsidiärer Schutz gewährt, vgl. Art. 24 und 27 rumänisches Asylgesetz. Es existieren keine Anhaltspunkte, die gegen die Annahme sprechen, dass die rumänischen Behörden auch im vorliegenden Fall zur Wahrung des Grundsatzes der Familieneinheit gehandelt haben und daher auch den Kindern einen Schutzstatus gewährt haben.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass den Kindern noch kein Schutz gewährt wurde, so wäre aufgrund der bereits erfolgten Anerkennung der Eltern jedenfalls Rumänien für die Durchführung des Asylverfahrens hinsichtlich der Kläger zu 3) und 4) zuständig, mit der Folge, dass auch in diesem Fall das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AsylG hätte ablehnen müssen. Die Zuständigkeit Rumäniens würde sich in diesem Fall aus Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) ergeben, wonach ein Verfahren eines Minderjährigen untrennbar mit dem Verfahren eines Familienangehörigen, vorliegend den Eltern, verbunden ist (vgl. BayVGH B.v. 17.8.2015 – 11 B 15.50110 – juris; VG Bayreuth U.v. 22.3.2016 – B 3 K 15.30570 – juris). Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO findet auch für den Fall Anwendung, dass dem Familienangehörigen bereits ein Schutzstatus gewährt wurde. Dies entspricht Sinn und Zweck der Regelung und ist Ausdruck des Grundsatzes der Familieneinheit, der auch in den Erwägungsgründen Nr. 15 und 16 zur Dublin III-VO zum Ausdruck kommt. Der Umstand, dass die Eltern zum jetzigen Zeitpunkt selbst keine Antragsteller (mehr) im Dublin-Verfahren sind bzw. sie wegen des ihnen in Rumänien zuerkannten internationalen Schutzes aktuell nicht mehr von der Dublin III-VO erfasst werden, ändert daran nichts. Eine derartige Auslegung würde der Wahrung der Familieneinheit zugegen laufen (so auch VG Bayreuth U.v. 22.3.2016 – B 3 K 15.30570 – juris; VG Meiningen B.v. 4.12.2014 – 5 E 20238/14 Me).
Die Zuständigkeit von Rumänien besteht für die Kläger zu 3) und zu 4) auch weiterhin. Der Ablauf der Frist des Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO steht dem nicht entgegen, weil in der vorliegenden Konstellation das sonst notwendige Verfahren nach Art. 23 Dublin III-VO nicht einzuhalten ist und somit ein Zuständigkeitsübergang nicht erfolgt sein kann. Aus der Formulierung des Art. 20 Abs. 3 Satz 1 Dublin III-VO (“untrennbar …verbunden“) ergibt sich, dass ein mit den Eltern mitreisendes minderjähriges Kinder nicht nur einen Anspruch auf inhaltliche Gleichbehandlung mit den Eltern hat, sondern auch, dass das formale Verfahren nach der Dublin III-VO nicht einzuhalten ist. Andernfalls wäre der Grundsatz der Familieneinheit kaum zu realisieren, da in Fällen wie dem vorliegenden eine einheitliche Abschiebung wegen unterschiedlicher Verfahrenswege (einmal Abschiebungsanordnung und fristgebundenes Verfahren, einmal Abschiebungsandrohung ohne Fristbindung) nicht gewährleistet werden könnte. Klar zum Ausdruck kommt die Freistellung vom Verfahren auch in Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III-VO („ebenso“), wonach für ein im Aufenthaltsstaat nachgeborenes Kind kein neues Zuständigkeitsverfahren eingeleitet werden muss. Dass ein eigenständiges Verfahren nach Art. 23 Dublin III-VO für die Kinder in der vorliegenden Konstellation nach der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers nicht durchgeführt werden muss, ergibt sich auch daraus, dass für diesen Fall ein Formular bzw. seine Vorgehensweise nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 (DublinDurchführungs-VO) i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 i.V.m. den jeweiligen Anlagen nicht vorgesehen ist. Das einheitliche Formular nach Anhang I der Dublin-Durchführungs-VO sieht keine Ankreuz-Alternative für die Fälle des Art. 20 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Dublin III-VO vor.
b) Die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dementsprechend bleibt auch der Verpflichtungsantrag (Klageantrag 2) ohne Erfolg.
aa) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
In Betracht kommt dabei vorrangig eine Verletzung des Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf.
Den Klägern wird vorliegend die Abschiebung nach Rumänien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, angedroht. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zählen als sichere Herkunftsstaaten im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG. Dieser Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zu Grunde. Die Mitgliedstaaten der EU gelten als sicher Kraft der Entscheidung der Verfassung. Aufgrund dessen ist zunächst einmal davon auszugehen, dass der Drittstaat einem Betroffenen den nach der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) gebotenen Schutz gewährt und daher keine Verletzung von Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerfG U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 – BVerfGE 94, 49).
Eine gegenteilige Entscheidung kann nur dann getroffen werden, wenn der Ausländer substantiiert Tatsachen vorträgt, die die Annahme rechtfertigen, dass abweichend von der allgemeinen Lage im Zielstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht.
Eine Gesamtwürdigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln zu Rumänien rechtfertigt nicht die Annahme einer Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage der Betroffenen einschließlich ihrer Lebensumstände erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen. Art. 3 EMRK verpflichtet gerade nicht dazu, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards zu beseitigen (EGMR, U.v. 27.5.2008 – N./Vereinigtes Königreich, Nr. 146/1996/767/964 – NVwZ 2008, 1334). Dementsprechend begründet Art. 3 EMRK auch keine allgemeine Verpflichtung, anerkannten Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336; OVG Nordrhein-Westfalen U.v. 19.5.2016 – 13 A 1490/13. A – juris).
Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen sind in Rumänien Ausländer, denen internationaler Schutz gewährt wurde, rumänischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Dies bedeutet, es wird grundsätzlich von ihnen erwartet, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Rumänien gewährt prinzipiell Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, zum Arbeitsmarkt und zur Sozialversicherung. Diese den Schutzberechtigten zustehenden Rechte ergeben sich unmittelbar aus Art. 20 des rumänischen Asylgesetzes (a.a.O.). Auf Antrag kann außerdem finanzielle Unterstützung in Form einer rückzahlbaren Beihilfe gewährt werden, vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. m) rumänisches Asylgesetz. Parallel dazu unterstützen diverse Nichtregierungsorganisationen im Rahmen verschiedener, zumeist EU-geförderter Projekte, diesen Personenkreis. Die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Hilfestellungen gehen teilweise sogar über das hinaus, was rumänischen Staatsangehörigen angeboten wird, wenn sie aus dem System fallen (Auswärtiges Amt – AA -, Anfragebeantwortung an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 8.12.2017). Auch die Teilnahme an Integrationsprogrammen nach den gesetzlichen Vorgaben ist auf Antrag möglich. Im Rahmen dieser sechsmonatigen Integrationsprogramme werden den anerkannten Schutzberechtigten dann weitere Leistungen (z.B. Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung der Einwanderungsbehörde, Sprachkurse, nichtrückzahlbare Geldleistungen) gewährt (vgl. AA v. 8.12.2017).
Soweit der Kläger zu 1) geltend gemacht hat, er und seine Familie hätten keinerlei Unterstützung erhalten, ist dem entgegenzuhalten, dass er nach eigenen Angaben auch keinen Antrag bei den rumänischen Behörden gestellt hat, sondern sich nur beim Leiter der Unterkunft hinsichtlich etwaiger Unterstützungsleistungen informiert hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass ihm bei entsprechender Antragstellung Leistungen gewährt worden wären. Einem anerkannten Schutzberechtigten ist es durchaus zuzumuten, sich um erforderliche Anträge und Behördengänge zu kümmern.
Im Übrigen ist das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger zu 1) als Familienvater in der Lage sein wird, unter Zuhilfenahme der genannten Unterstützungsleistungen, insbesondere der Sprachkurse, in absehbarer Zeit eine Lebensgrundlage für sich und seine Familie zu schaffen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die im Einzelfall die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK befürchten lassen, liegen damit nicht vor.
Das Gericht verkennt durchaus nicht, dass die Lebensumstände in Rumänien prekär sein mögen und nicht mit der Situation in Deutschland vergleichbar sind. Dies gilt allerdings für die rumänische Bevölkerung gleichermaßen. Die Schwelle der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, wie sie Art. 3 EMRK fordert, ist hierdurch noch nicht überschritten.
bb) Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zur Seite, da eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Kläger bei einer Rückkehr nach Rumänien nicht besteht.
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
Hinsichtlich des Klägers zu 1), der Klägerin zu 2) und des Klägers zu 4) wurde für ein Vorliegen dieser Voraussetzungen weder substantiiert vorgetragen, noch ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen sonst erkennbar.
Soweit bezüglich des Klägers zu 3) geltend gemacht wurde, dass dieser ausweislich der vorgelegten Dokumente an einer beidseitigen Tonsillenhyperplasie leide und daher am 28. Mai 2018 operiert werden solle, genügt dies ebenfalls nicht zur Annahme eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die vorgelegten Dokumente stellen keinen ausreichenden substantiierten Vortrag, insbesondere mit Blick auf die gesetzlich geforderte erhebliche konkrete Gefahr, dar. Es ist zum einen nicht ersichtlich, ob und inwieweit es sich um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Krankheit handelt, die Operation also notwendig ist, zum anderen wird in keiner Weise dargelegt, ob sich der Zustand bei einer Abschiebung wesentlich verschlechtern würde.
Ungeachtet dessen hat der Kläger zu 3) bei einer Abschiebung nach Rumänien jedenfalls deshalb keine erhebliche Verschlechterung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu befürchten, da die Erkrankung in Rumänien behandelbar ist. Anerkannte Schutzberechtigte haben gemäß der Regierungseilverordnung Nr. 44/2004 über die Integration von Personen mit Schutzstatus in Rumänien ein Recht auf medizinische Versorgung. Sie sind verpflichtet sich staatlich krankenzuversichern, wodurch letztlich der Zugang zu medizinischer Versorgung auch tatsächlich gewährleistet ist. Durch die rumänische Einwanderungsbehörde IGI (Inspectoratul General pentru Imigrari) wird die tatsächliche Gewährung auf menschenwürdigem Niveau sichergestellt (vgl. AA v. 8.12.2017). Anderes ergibt sich auch nicht, wenn man davon ausginge, dass hinsichtlich des Klägers zu 3) noch ein Asylverfahren seitens Rumänien durchzuführen wäre, denn auch Asylantragsteller haben nach dem rumänischen Asylgesetz Anspruch auf medizinische Primärversorgung und notfallbedingte Krankenhausversorgung sowie auf medizinische Versorgung und Behandlung akuter und chronischer Krankheiten (vgl. AA v. 8.12.2017). Der Kläger zu 3) ist daher auf die Behandlung in Rumänien zu verweisen.
c) Die auf § 35 AsylG gestützte Abschiebungsandrohung erweist sich mangels Vorliegens von Abschiebungsverboten sowohl hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Rumänien als auch darin, dass in ihr der Staat, hier Syrien, bezeichnet wird, in den die Kläger nicht abgeschoben werden dürfen, als rechtmäßig.
Selbst wenn hinsichtlich der Kläger zu 3) und 4) angenommen wird, dass ein Asylverfahren von Rumänien durchzuführen und die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig folglich nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG hätte erfolgen müssen, wäre in diesem konkreten Fall nur eine Abschiebungsandrohung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG möglich gewesen, da einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG der Grundsatz der Wahrung der Familieneinheit entgegengestanden wäre. Die Kläger zu 3) und 4) hätten als minderjährige Kinder ohne deren Eltern, den Klägern zu 1) und 2), ohnehin nicht abgeschoben werden können. Eine Abschiebung steht auch deshalb derzeit nicht fest i. S. v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil Rumänien die Rückübernahme der Kläger bislang nicht erklärt hat.
§ 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG wurde durch Art. 6 Nr.12 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 mit dem Ziel der konsequenten Durchsetzung der Ausreisepflicht und Beseitigung von Vollzugsproblemen aufgrund der zum Teil unklaren Rechtslage bei der Sekundärmigration eingeführt (vgl. Drucksachen des Deutschen Bundestags 18/8616 vom 31.5.2016, S. 52, Begründung des Gesetzesentwurf und 18/8883 vom 22.6.2016, S. 7, Gegenäußerungen der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates vom 20.6.2016). Die vorliegende Konstellation fällt damit in den Anwendungsbereich des § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG.
Hinsichtlich der Ausreisefrist ist festzustellen, dass insoweit gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Frist von einer Woche zu setzen gewesen wäre und die Festsetzung von 30 Tagen damit rechtswidrig ist. § 36 Abs. 1 AsylG ist in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gegenüber § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG die speziellere und damit vorrangig anzuwendende Regelung. Da die Beklagte vorliegend aber eine Frist von 30 Tagen festgelegt hat, stellt dies für die Kläger eine günstigere Regelung dar und verletzt sie unter keinem bedenklichen rechtlichen Gesichtspunkt in subjektiv-öffentlichen Rechten.
d) Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gem. §§ 11 Abs. 1, Abs. 2, 75 Nr. 12 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Befristung steht dabei im Ermessen der Behörde, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, womit das Gericht die Festsetzung in zeitlicher Hinsicht nur auf – im vorliegenden nicht ersichtliche – Ermessensfehler hin überprüft (§ 114 Satz 1 VwGO).
e) Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
II.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen, wobei Gerichtskosten gemäß § 83b AsylG nicht erhoben werden.


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