Europarecht

Kein Anspruch auf die vorläufige Erteilung einer Parklizenzgenehmigung

Aktenzeichen  M 23 E 19.6136

Datum:
30.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 27515
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 45 Abs. 1b Nr. 2a, § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 11
VwGO § 123

 

Leitsatz

Es ist nicht ermessensfehlerhaft wenn ein Rechtsanwalt nicht allein wegen seines Standesstatus, sondern nur die Partner/Gesellschafter als Betreiber der Kanzlei (jeweils) eine  Parklizenzgenehmigung für das parkraumbewirtschaftete Gebiet erhalten. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Erteilung einer Parklizenzgenehmigung für den Lizenzbereich „… …“. Die Antragstellerin ist angestellte Rechtsanwältin der bevollmächtigten Kanzlei. Für sämtliche Partner der Kanzlei, für die Antragstellerin sowie für weitere Angestellte der Kanzlei wurde am 11. Oktober 2019 jeweils Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für gewerbliche Anlieger im Parklizenzgebiet „… …“ gestellt.
Die Antragsgegnerin erteilte den Partnern der Kanzlei daraufhin jeweils eine Parklizenz, lehnte diese aber u.a. für die Antragstellerin durch Bescheid vom … November 2019 ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung ein strenger Maßstab anzulegen sei. Gewerbetreibende und Selbständige erhielten auf Antrag nur einen Parkausweis, wenn sich ihre gewerbliche Niederlassung im Lizenzbereich befinde. Den Partnern der Kanzlei seien jeweils Parkausweise erteilt worden. Mit einer Vergabepraxis, welche es ermögliche, gewissermaßen jedem Arbeitnehmer im Lizenzgebiet einen Parkausweis auszustellen, wäre das Ziel der Verbesserung der Parksituation für Bewohner nicht erreichbar. Überdies sei der lizenzierte Bereich regelmäßig gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Persönliche Umstände, die eine unzumutbare Härte gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern begründen würden, seien nicht zu erkennen.
Durch Schriftsatz vom 10. Dezember 2019 erhob die Bevollmächtigte der Antragstellerin hiergegen Versagungsgegenklage (M 23 K 19.6134) und beantragte für das vorliegende Verfahren,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig eine Ausnahmegenehmigung (Parklizenzgenehmigung) für den Parklizenzbereich „… …“ zu erteilen, bis über die Klage der Antragstellerin rechtskräftig entschieden ist.
Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es in dem betroffenen Bereich keinerlei Möglichkeit des Parkens mit Parkschein gebe; es seien lediglich Anwohner zugelassen. Die Antragstellerin sei auf ihren PKW angewiesen, insbesondere wegen der im Berufsalltag unvorhersehbaren Orts- und Gerichtstermine, was im Einzelnen dargelegt wurde. Zudem sei sie Mutter eines dreijährigen Kindes, das im Kindergarten in Dornach betreut werde und von dort abgeholt werden müsse. Nur mit Benutzung des PKW sei es möglich, die beruflichen Pflichten und die als Mutter in Einklang zu bringen. Der eingerichtete und ausgeübte Kanzleibetrieb werde eingeschränkt, sollte die Lizenz nicht erteilt werden, insbesondere da diese dort schon viele Jahrzehnte vor Parkraumbewirtschaftung ansässig sei. Das Ermessen der Antragsgegnerin sei auf Null reduziert, da diese Tatsache bekannt und dennoch ein Parkmanagement ohne kostenpflichtige Parkmöglichkeiten geschaffen worden sei. Ob die Antragstellerin als Partnerin oder als angestellte Rechtsanwältin tätig sei, sei unerheblich, da sie als Rechtsanwältin jedenfalls den freien Berufen zugehöre.
Durch Schriftsatz vom 30. Januar 2020 beantragte die Antragsgegnerin Antragsablehnung und führte im Wesentlichen aus, dass schwere und unzumutbare Nachteile nicht ersichtlich seien; es sei zumutbar, die Hauptsache abzuwarten. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht ersichtlich. Es entspreche regelmäßiger Ermessensausübung der Antragsgegnerin seit Jahrzehnten, Anwaltskanzleien nur jeweils eine Genehmigung pro Gesellschafter/ Partner zu erteilen.
Durch Beschluss vom 30. März 2020 wurde die Streitsache gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die übermittelte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 123 VwGO bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsansprüche erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und der Antragstellerin ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
Dies zugrunde legend kann vorliegend weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 45 Abs. 1b Nr. 2a bzw. § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a, Nr. 11 StVO erfolgte in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen auch im Fall von Rechtsanwaltskanzleien regelmäßig und gleichmäßig dahingehend ausübt, dass nur die Partner/ Gesellschafter der Kanzlei (jeweils) eine Ausnahmegenehmigung erhalten, ist kein Gesichtspunkt erkennbar, der es im Fall der Antragstellerin erforderlich machen würde, einzig die Erteilung der Ausnahmegenehmigung als einzig zutreffende Entscheidung in Betracht zu ziehen, auch nicht wegen gleichzeitiger Bewältigung der Kindesbetreuung im Münchner Umfeld. Soweit die Bevollmächtigte der Antragstellerin ausführt, standesrechtlich sei es unerheblich, ob ein Rechtsanwalt im Angestelltenverhältnis tätig sei oder aber selbständig, führt dies zumindest im vorliegenden Eilverfahren zu keiner anderen Bewertung, da die Antragsgegnerin ersichtlich nicht den Standesstatus, vielmehr die Verantwortlichkeit für den Gewerbebetrieb/ die Kanzlei durch dessen/ deren Betreiber zum Kriterium für die Erteilung gemacht hat. Da der Antragsgegnerin damit zweifelsohne noch Ermessen zusteht und eine Ermessensverdichtung keinesfalls im Raum steht, kann von Antragstellerseite ein Anordnungsanspruch auf Erteilung einer (zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache auch nur vorläufigen) Erlaubnis nicht glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
Im Übrigen vermag das Gericht aber auch einen Anordnungsgrund nicht zu erkennen. Wie von Antragsgegnerseite zutreffend ausgeführt, ist das parkraumbewirtschaftete Gebiet auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar, so dass im Fall der Antragstellerin mit Ausnahme einer gewissen Bequemlichkeit und ggf. gewissem Zeitgewinn kein Grund ersichtlich ist, aus dem sie sich von anderen Pendlern aus dem Münchner Umland bzw. Müttern, deren Kind in einer Kindertagesstätte untergebracht ist, unterscheiden würde. Soweit darüber hinaus auf die zwingende Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs zur Wahrnehmung unvorhergesehener/ eiliger Termine hervorgehoben wird, kann auch hieraus ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht werden. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, warum die Wahrnehmung unvorhergesehener Termine im Berufsleben der Antragstellerin nicht über die vier Kraftfahrzeuge, über die die Kanzlei mittels ihrer Partner vor Ort im Parklizenzbereich verfügt, bewerkstelligbar wäre. Selbst wenn die vier Fahrzeuge in Privatbesitz der jeweiligen Partner sein sollten, wäre es ohne weiteres organisierbar, zumindest eines bzw. mehrere der Fahrzeuge für eilige Termine und Notfälle dem gesamten Kollegenkreis vorzuhalten, denn es ist in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass diese vier Fahrzeuge stets gleichzeitig selbst beansprucht wären.
Der Antrag war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 Streitwertkatalog.


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