Europarecht

Keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  B 6 K 18.402

Datum:
16.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17856
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 15
AufenthG § 69, § 82

 

Leitsatz

Sofern ein sachlicher Grund für die persönliche Vorsprache des Ausländers bei der Ausländerbehörde vorliegt und dabei eine Verständigung mit ihm nötig ist, können dem Ausländer im Falle seines Nichterscheinens die Kosten für einen anwesenden Dolmetscher auferlegt werden.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., E., wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung eines Bescheides des Beklagten, mit dem der Klägerin entstandene Dolmetscherkosten auferlegt wurden.
Die Klägerin ist afghanische Staatsangehörige und am 10.05.2010 ohne Pass und Visum mit ihren zwei minderjährigen Kindern in das Bundesgebiet eingereist. Der am 01.06.2010 gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17.05.2011 abgelehnt. Die gegen die Ablehnung erhobene Klage vom 30.05.2011 wurde durch Urteil am 30.01.2013 abgewiesen. Am 26.11.2014 wurde die Klägerin Mutter von Zwillingen. Die Familie der Klägerin stellte einen Wiederaufgreifensantrag zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG beim Bundesamt, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.03.2018 abgelehnt wurde. Gegen die Ablehnung wurde am 26.03.2018 Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Für die Klägerin und ihre Kinder wurden im Juli 2018 nach nochmaliger Würdigung durch das Bundesamt Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 festgestellt. Das Klageverfahren wurde daraufhin nach übereinstimmender Erledigungserklärung eingestellt.
Die Abschiebungsandrohung der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder war seit dem 08.07.2013 vollziehbar. Die Klägerin wurde seit zwischenzeitlichem Abschluss des Asylverfahrens aufgrund fehlender Reisedokumente geduldet.
Die Klägerin befand sich vermutlich in der Zeit vom 26.04.2017 bis 19.06.2017 mit ihren vier Kindern im Frauenhaus Erlangen.
Mit Schreiben vom 13.12.2017 wurde die Klägerin zu einer „Befragung/Belehrung“ am 08.01.2017 um 09:30 Uhr in der Zentralen Ausländerbehörde Oberfranken geladen. Mit Schreiben vom 19.12.2017 stellte der Beklagte klar, dass sich in dem Schreiben vom 13.12.2017 ein Tippfehler eingeschlichen habe und das Schreiben deshalb als gegenstandslos betrachtet werden solle. In einem beigelegten Schreiben wurde die Klägerin für den 08.01.2018 zu einer „Befragung/Belehrung“ bei dem Beklagten um 09.30 Uhr geladen. In den enthaltenen Hinweisen wird darauf hingewiesen, dass im Falle des Nichterscheinens die entstandenen Dolmetscherkosten in Rechnung gestellt werden können. Eine Rechtsgrundlage wurde nicht genannt. Mit Email vom 19.12.2017 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin ebenfalls das Schreiben vom 19.12.2017 übersandt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich in dem ersten Schreiben vom 13.12.2017 ein Tippfehler eingeschlichen habe.
Am 18.12.2017 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Verlängerung ihrer Duldung.
Mit Email vom 21.12.2017 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 13.12.2017 an den Beklagten und bat um Mitteilung, welche Befragungen und Belehrungen gegenüber seiner Mandantschaft durchgeführt werden sollten.
Die Klägerin ist zu dem Termin am 08.01.2018 ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Mit Schreiben vom 10.01.2018 teilte der Beklagte mit, dass die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG nicht nachkommen sei. Die Klägerin wurde für den 05.02.2018 erneut zur Vorsprache geladen.
Am 22.01.2018 teilte der Beklagte dem Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass es sich um einen Standardtermin zur Belehrung/Befragung sowie zur Aushändigung der Duldung handele. Mit gleichem Schreiben wurde der Klägerin ein neuer Termin zur Belehrung/Befragung am 05.02.2018 um 10.15 Uhr mitgeteilt. In den Hinweisen wurde als Rechtsgrundlage § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG aufgeführt.
In dem Gespräch am 05.02.2018 mit dem Beklagten, bei dem auch ein Dolmetscher anwesend war und die Verständigung zwischen den Beteiligten ermöglichte, wurde die Klägerin zur Situation mit ihrem Ehemann befragt. Die Klägerin gab an, sie habe den letzten Termin auf Raten ihres Anwalts nicht wahrgenommen; es gäbe massive Probleme, sie lebe nur für ihre Kinder und man müsse ihren Mann verstehen, der in Afghanistan einen Schlag auf den Kopf bekommen habe.
Mit Bescheid vom 06.04.2018 wurden der Klägerin die für die Heranziehung des Dolmetschers entstandenen Kosten in Höhe von 31,24 EUR auferlegt. Die Klägerin sei zu dem geladenen Termin ohne die Angabe von Gründen nicht erschienen und habe erneut für den 05.02.2018 geladen werden müssen. Da für den Termin auch ein Dolmetscher anwesend gewesen sei, seien der Behörde Auslagen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 Bayrisches Kostengesetz (BayKG) entstanden. Der Dolmetscher sei im Interesse der Klägerin hinzugezogen worden, und die Auslagen seien durch ihr Verschulden entstanden.
Mit Schriftsatz vom 19.04.2018 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem Antrag, den Bescheid vom 06.04.2018, Az. 11-02584/2010 aufzuheben.
Ferner hat er beantragt,
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterfertigten bewilligt.
Der angegriffene Bescheid sei aufzuheben, weil er rechtswidrig sei und die Rechte der Klägerin verletze. Es sei nicht ersichtlich, dass für die Abholung einer Duldung bzw. für einen Standardtermin zur Befragung/Belehrung, die bereits mehrmals erfolgt sei, ein Dolmetscher notwendig sei. Aus der Akte sei nicht ersichtlich, dass ein Dolmetscher vorhanden gewesen war bzw. dass dahingehend explizite und auskehrbare Kosten hinsichtlich der Klägerin angefallen seien.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.03.2019 beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt in der Klageerwiderung Bezug auf die Begründung des Bescheids vom 06.04.2018. Außerdem ergänzt er im Schriftsatz vom 15.06.2018, dass die Klägerin unstreitig den ersten Termin am 08.01.2018 ohne Gründe nicht wahrgenommen und damit den zweiten Termin am 05.02.2018 notwendig gemacht habe. Der Termin am 08.01.2018 bzw. 05.02.2018 habe nicht der Abholung der Duldung gedient, auch wenn die Duldung der Klägerin bei der Gelegenheit ausgehändigt worden sei, es ging vielmehr bei dem Termin um die zeitweilige Trennung der Klägerin von ihrem Mann und den darauffolgenden Aufenthalt im Frauenhaus gegangen. Ferner sei es um den Ehestatus und um das Verhältnis der Klägerin zu ihrem Mann gegangen. Aufgrund nicht ausreichender Deutschkenntnisse der Klägerin habe bei der Befragung ein Dolmetscher für Persisch anwesend sein müssen. Ein Dolmetscher für Persisch koste pro Stunde 41,65 EUR. Für die Befragung sei ein Zeitaufwand von 45 Minuten angesetzt worden. Die für diese Zeit anteiligen Dolmetscherkosten würden 31,45 EUR betragen. Ergänzend wird auf die Rechnung des Büros Zaher und Kollegen vom 15.03.2018 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 25.06.2018 erwiderte der Bevollmächtigte der Klägerin auf das Vorbringen des Beklagten, der erste Termin sei bereits einmal storniert und dann aus unerfindlichen Gründen wieder festgesetzt worden. Hier habe es bei der Klägerin Verständnisschwierigkeiten gegeben, da einmal ein Termin storniert und wieder festgesetzt worden sei. Hinsichtlich der Festsetzung des Termins auf den 05.02.2018 mit Schreiben vom 22.01.2018 werde darauf hingewiesen, dass dieser ohne entsprechende Rechtsgrundlage erfolgt sei. Zwar werde in dem Schreiben vom 22.01.2018 auf § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG hingewiesen, dies sei aber keine Rechtsgrundlage, der Folge zu leisten wäre, da es sich hierbei um eine Mitwirkungspflicht handle, die sich auf das Asylverfahren beziehe. Diese Vorschrift wiederhole nämlich die bereits in § 20 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 AsylG geregelten Pflichten. Die Vorschrift des § 15 AsylG betreffe nur die Mitwirkungspflichten bis zum unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Eine darüber hinausgehende Geltung sei weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck dieser Vorschrift zu vereinbaren. Die Vorschrift diene der Aufklärung des asylrechtlich relevanten Sachverhalts und nicht etwa als Rechtsgrundlage für irgendwelche Vorsprachen bei irgendwelchen Behörden nach Abschluss des Asylverfahrens. Auch aus der vorliegenden Rechnung sei nicht zu entnehmen, dass der eingesetzte Dolmetscher etwa 45 Minuten nicht tätig war.
Seit Oktober 2018 ist dem Gericht eine neue Anschrift der Klägerin bekannt, die sich mit ihren Kindern in einer geschützten Einrichtung in Hamburg aufhält. Es besteht eine Auskunftssperre gegenüber dem Familienvater aufgrund dessen Gewalttätigkeiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Gerichtsakten im Asylverfahren der Familie der Klägerin und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
I.
Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, da die mit der Klage beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Auf die Fragen der Mutwilligkeit und der Bedürftigkeit kommt es damit nicht an.
Gemäß § 166 VwGO, §§ 114 ff ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Partei aufgrund der Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird.
Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zu.
Der Bescheid des Beklagten ist allen Anhaltspunkten nach rechtmäßig und kann die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 VwGO.
Der Beklagte konnte zulässigerweise die ihm entstandenen Kosten für den beauftragten Dolmetscher für den Besprechungs- bzw. Beratungstermin mit der Klägerin als Auslagen von der Klägerin ersetzt verlangen.
1. Die Befugnis zur Kostenerhebung ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 12 BGebG.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AufenthG können für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen nach dem Aufenthaltsgesetz und den zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen Gebühren und Auslagen erhoben werden. Die Beauftragung eines Dolmetschers im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Zusammenhang mit aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen ist eine öffentliche Leistung im Sinne von § 69 AufenthG. Da es sich vorliegend um die Erstattung von Dolmetscherkosten handelt, hat der Beklagte Auslagen erhoben. Da das Aufenthaltsgesetz sowie §§ 44 ff. AufenthV nur für die Erhebung von Gebühren, nicht aber für die Erhebung von Auslagen spezielle Vorschriften vorsehen, findet insoweit das BGebG Anwendung. § 69 AufenthG ist eine abschließende bundesrechtliche Kostenregelung, eine Erhebung nach landesrechtlichen Vorschriften ist ausgeschlossen (Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 69 AufenthG, Rn. 4).
1. 1. Auslagen im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sind die durch die individuell zurechenbare öffentliche Leistung veranlassten besonderen Aufwendungen, die durch den Einsatz verwaltungseigener Mittel oder durch Leistungen Dritter entstehen. Soweit sie nicht bereits in die Gebühr einbezogen sind und ihre Erstattung vorgesehen ist, hat sie der Kostenschuldner nach Maßgabe des Katalogs des § 12 BGebG zu erstatten (vgl. zur alten Rechtslage unter Bezugnahme auf § 10 I VwKostG: Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 69 AufenthG, Rn. 6). Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGebG sind Dolmetscherkosten erstattungsfähig.
Bei der Beauftragung eines Dolmetschers handelt es sich um eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung im Sinne von § 69 Abs. 1 AufenthG. Unter einer solchen sind nach § 3 Abs. 1 BGebG die in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erbrachten Handlungen zu verstehen, die individuell zurechenbar nach § 3 Abs. 2 BGebG sind, also wenn diese beantragt oder sonst willentlich in Anspruch genommen werden, zugunsten des von der Leistung Betroffenen erbracht werden, durch den von der Leistung Betroffenen veranlasst wurden oder bei denen ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet ist.
Vorliegend erfolgte die Bestellung des Dolmetschers zur weiteren Sachverhaltsaufklärung bezüglich der Klägerin, um auf die möglicherweise veränderten Umstände im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der Klägerin im Frauenhaus und der Situation mit ihrem Ehemann einzugehen. Die Beauftragung erfolgte damit individuell zurechenbar für die Klägerin. Damit war der Einsatz des Dolmetschers als eine individuell zurechenbare Leistung von § 69 Abs. 1 AufenthG erfasst.
1. 2. Grundsätzlich entsteht die Auslagenschuld nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 BGebG mit Beendigung der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung. Da aber vorliegend die Klägerin zu dem angeordneten Termin (verschuldet, s.u. 2.3) nicht erschienen ist und damit die Leistung nicht erbracht werden konnte, entsteht diese nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 BGebG schon im Zeitpunkt des für die Erbringung der Leistung festgesetzten Termins oder bzw. des Abbruchs der Leistung.
2. Die Erhebung von Auslagen war auch verhältnismäßig, weil die Anordnung des persönlichen Erscheinens rechtmäßig war und die Aufforderung damit eine rechtmäßige Amtshandlung darstellte.
2. 1. Zwar wurde in der streitgegenständlichen Aufforderung zu dem Gespräch am 08.01.2018 keine Rechtsgrundlage und erst im zweiten Schreiben in einer erneuten Aufforderung zur Befragung § 15 AsylG genannt. Diese Tatsache führt jedoch nicht dazu, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens rechtswidrig wird. Denn nur in bestimmten Fällen ist es notwendig, dass die Rechtsgrundlage in der Aufforderung genannt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Rechtspflicht vorliegen. Eine andere Entscheidung ist nur gerechtfertigt, wenn die Begründung des Bescheids in ihrem Wesen geändert würde, was vorliegend aber nicht gegeben ist (vgl. Stelkens und Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 39 Rn. 30 und § 45 Rn. 45 ff, 62 ff).
2. 2. Für das angeordnete persönliche Erscheinen der Klägerin bestand eine Rechtsgrundlage, deren Voraussetzungen auch vorlagen. Der Beklagte durfte die Klägerin dazu verpflichten in der Ausländerbehörde zu einer Befragung/Belehrung zu erscheinen. Den Ausländer treffen im Rahmen seines Aufenthaltes verschiedene Mitwirkungspflichten. Es befinden sich sowohl in § 15 AsylG als auch in § 82 AufenthG Verpflichtungen des Asylsuchenden bzw. Ausländer, die dieser zu erfüllen hat.
2. 2.1. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung auf § 15 Abs. 1 AsylG (und damit unter Anwendung des § 15 AsylG auch noch nach Abschluss des Asylverfahrens, vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, 105. Auflage, AsylG, § 17 Rn.7; OVG MV U. v. 30. Januar 2013 – 3 L 158/07 -, juris; OVG RhPfl B.v. 24. Januar 2007 – 6 E 11489/06 -, juris) oder auf § 82 AufenthG gestützt wird. Denn beide Normen ordnen eine Mitwirkungspflicht des Ausländers an, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, weil gerade im Asyl- und Ausländerrecht die Behörden von der Mitwirkung des Ausländers besonders abhängig sind, weil eine Aufklärung ohne die Mitwirkung der Ausländer zumeist aussichtslos wäre.
Hierbei ist aber festzuhalten, dass jedenfalls § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG nicht taugliche Rechtsgrundlage sein kann. Denn diese hat keinen eigenständigen Regelungscharakter, da behördliche oder gesetzliche Anordnungen, solange sie nicht nichtig oder aufgehoben sind, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung zu befolgen sind (Sieweke/Kluth, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.11.2018, § 15 AsylG, Rn. 4) und die ausdrückliche Anordnung nur der zwangsweisen Durchsetzung bei Nichtbefolgung dient (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 15 AslyG Rn. 8). § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG verpflichtet den Ausländer behördlichen Anordnungen Folge zu leisten, ermächtigt aber nicht dazu, derartige Anordnungen zu erlassen, sondern setzt eine entsprechende rechtmäßige Anordnung voraus. Eine Mitwirkungsverpflichtung bezüglich eines persönlichen Erscheinens müsste deswegen auf § 15 Abs. 1 AsylG gestützt werden.
2. 2.2 Jedenfalls ist aber die Auseinandersetzung mit der (umstrittenen) Anwendbarkeit des § 15 AsylG auch nach Abschluss des Asylverfahrens nicht erforderlich, denn die Klägerin war als vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerin nach § 82 Abs. 4 AufenthG verpflichtet, persönlich bei dem Beklagten zu erscheinen. Der Beklagte durfte nach § 82 Abs. 4 AufenthG das persönliche Erscheinen der Klägerin anordnen, weil dies auch für die Vorbereitung und Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen erforderlich war.
Eine Erforderlichkeit ist gegeben, wenn das persönliche Erscheinen geeignetes und erforderliches Mittel zur Durchführung oder Vorbereitung der aufenthaltsrechtlichen Maßnahme ist. Eine mangelnde Kooperationsbereitschaft reicht nicht aus, um von einer Unverhältnismäßigkeit der Anordnung des persönlichen Erscheinens auszugehen. Es besteht kein schützenswertes Interesse dahingehend, von der Ausländerbehörde nicht aufgefordert zu werden an Maßnahmen zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes mitzuwirken. Solange das persönliche Erscheinen einem bestimmten Zweck dient und nicht nur ins Blaue hinein angeordnet wird, ist die Anordnung verhältnismäßig. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Ausländer ausreisepflichtig oder nur geduldet ist. Gerade dann hat die Ausländerbehörde ein besonderes Interesse daran, Vorbereitungsmaßnahmen für eine freiwillige Ausreise oder eine Abschiebung zu treffen. Auch Sachverhaltsveränderungen sind für die Ausländerbehörde von großer Bedeutung, damit gegebenenfalls neue Maßnahmen eingeleitet werden können. Spätestens nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht muss ein Ausländer damit rechnen, dass sein Aufenthalt in der Bundesrepublik in nicht allzu ferner Zukunft beendet sein wird. Auf ein „ungestörtes“ Leben in Deutschland kann er nicht vertrauen. Vergleichbares gilt auch für den Aufenthaltsstatus der Duldung. Selbst wenn eine Duldung vorliegt, ist – zumindest nach der Konzeption der Duldung – nur ein temporäres Abschiebehindernis gegeben, weil die Duldung nach ihrer Rechtsnatur nur die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung ist (§ 60a AufenthG). Damit ist aber gerade kein gesicherter Aufenthaltsstatus gegeben, sondern ein Status, der durch Sachverhaltsveränderungen schnell überholt sein kann. Gerade in dieser Phase des Aufenthalts können höhere Anforderungen an den Ausländer gestellt werden, als in einer Phase, in der der Aufenthalt für eine längere Zeit gesichert ist. Die Behörde muss Anhaltspunkten, die eine Veränderung der aufenthaltsrechtlichen Bewertung begründen könnte, nachgehen und kann sich dafür auch dem Mittel der Anordnung des persönlichen Erscheinens bedienen.
Entscheidendes Kriterium ist bei jeder Aufforderung des persönlichen Erscheinens, ob die anordnende Behörde einen sachlichen Grund für die persönliche Vorsprache des Ausländers hat, damit kein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt.
Vorliegend war die Klägerin zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Termins vollziehbar ausreisepflichtig, wurde nur aufgrund von fehlenden Ausreisedokumenten geduldet. Es bestand nur ein tatsächliches Ausreisehindernis, das aber gerade auch durch Maßnahmen der Behörde ausgeräumt werden kann.
Das persönliche Erscheinen war erforderlich, weil die Ausländerbehörde im Rahmen der gebotenen Sachverhaltsermittlung nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG bzw. zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes die Lebenssituation der Klägerin beleuchten durfte und auch musste. Für den Beklagten lagen Anhaltspunkte vor, die eine Veränderung der Lebensumstände der Klägerin bedeuten könnten. Durch den Aufenthalt der Klägerin im Frauenhaus bestand ein dahingehendes gewichtiges Aufklärungsbedürfnis.
Über diese Pflicht wurde die Klägerin auch belehrt. Zum einen übernehmen schon die Belehrungen im Rahmen des Asylverfahrens diese Funktion, so dass sich der Ausländer im Asylverfahren, aber auch noch nach dessen Abschluss seiner Mitwirkungsverpflichtung bewusst sein muss. Zum anderen wurde auch durch Hinweis in der jeweiligen Aufforderung des persönlichen Erscheinens im Schreiben vom 13.12.2017 bzw. 22.01.2018 nochmals auf die Konsequenz des Nichterscheinens – damit auch auf die mögliche Auferlegung der Dolmetscherkosten – hingewiesen. Darüber hinaus ist nochmals klarzustellen, dass die generelle Pflicht besteht (gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin vollziehbar ausreisepflichtig war und nur geduldet wurde und der Klägerin deswegen selbst bewusst gewesen sein muss, dass von ihr eine gesteigerte Mitwirkung verlangt werden darf), behördlichen Anordnungen zu folgen, solange sie nicht nichtig sind, so dass geringere Anforderungen an eine Belehrung gestellt werden dürfen.
Sachlich erforderlich und verhältnismäßig war nicht nur die Anordnung des persönlichen Erscheinens, sondern auch die Zuziehung des Dolmetschers. Entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin handelte es sich ausweislich des Schreibens des Beklagten nicht nur um einen reinen Termin zu Abholung der Duldung, sondern um einen Termin zur „Belehrung/Befragung“. Anders als in Schreiben zuvor, wie beispielsweise im Schreiben vom 27.03.2017, bei dem ein solcher Zusatz fehlt, wurde dadurch explizit darauf hingewiesen, dass eine Belehrung oder Befragung stattfinden soll. Aufgrund des anderen Wortlauts hätte sowohl dem Bevollmächtigten der Klägerin, als auch der Klägerin selbst bewusst gewesen sein müssen, dass es sich nicht nur um die reine Aufforderung zur Abholung der Duldung handelt.
Für die nach dem Vorbringen der Klägerin und dem Aufenthalt im Frauenhaus nötige Sachverhaltsaufklärung durch die Behörde war nach Aktenlage davon auszugehen, dass ein Dolmetscher zur Verständigung notwendig ist. Denn schon in früheren Gesprächen mit der Klägerin war eine Dolmetscherin nötig, weil die Klägerin nur ein „bisschen Deutsch“ verstanden hat. Auch in dem danach angesetzten Gespräch am 05.02.2018 erfolgte die Verständigung über den Dolmetscher. Gerade nach dem Aufenthalt im Frauenhaus musste dem möglicherweise veränderten Sachverhalt intensiv nachgegangen werden – wofür aber eine gute Verständigung mit der Klägerin erforderlich war. Für den Beklagten bestand sogar die Pflicht, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, weil § 185 GVG entsprechend anwendbar ist. Danach muss ein Dolmetscher zugezogen werden, wenn die Beteiligten der deutschen Sprache nicht mächtig sind (vgl.: Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 23 Rn. Randnummer 42). Die Hinzuziehung eines Sprachmittlers entspringt dem rechtsstaatlichen Gebot des rechtlichen Gehörs im Verfahren (vgl.: Bergmann in: Dienelt/Bergmann, 12. Aufl. 2018, AsylG § 17 Rn. 2).
Es bestand damit ein sachlicher Grund, die Klägerin aufzufordern, persönlich beim Beklagten zu erscheinen und auch einen Dolmetscher zur Verständigung heranzuziehen.
2. 3 Die Auferlegung der Dolmetscherkosten ist auch im Übrigen verhältnismäßig. Denn die Klägerin hat es zu vertreten, dass sie zu dem Termin nicht erschienen ist (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BGebG). Der Termin zur Befragung/Belehrung wurde entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin nicht storniert und dann wieder festgesetzt. Es ist aus den Schreiben des Beklagten, die auch dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt wurden, klar ersichtlich, dass es sich bei der Terminfestsetzung zum 08.01.2017 um einen Tippfehler handelte und deswegen eine erneute Festsetzung zum 08.01.2018 erfolgte.
Dass die Klägerin ihr Versäumnis zu vertreten hat, unterstreicht auch ihre Aussage bei dem erneuten Befragungstermin bei dem Beklagten am 05.02.2018. Dort gab die Klägerin an, ihr Anwalt habe ihr geraten, zu dem ersten Termin nicht zu erscheinen. Damit steht fest, dass kein Missverständnis bezüglich der Terminfestlegung vorgelegen hat und die Klägerin nicht unverschuldet dem Termin ferngeblieben ist.
2. 4. Besondere Gründe im Einzelfall, die ein Absehen von der Kostenerhebung begründen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGebG können als Auslagen die in der tatsächlichen Höhe entstandenen Kosten für Dolmetscher erhoben werden. Das Gericht hat aufgrund der vorliegenden Kostenrechnung keinen Zweifel daran, dass für den Dolmetscher Kosten in der tatsächlich angesetzten Höhe entstanden sind.
4. Auslagengläubiger ist nach § 12 Abs. 3 BGebG i.V.m. § 5 Nr. 1 BGebG der Rechtsträger der Behörde, die die individuell zurechenbare öffentliche Leistung erbringt, damit der Beklagte. Auslagenschuldner ist die Klägerin, denn nach § 12 Abs. 3 BGebG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BGebG derjenige, dem die öffentliche Leistung individuell zurechenbar ist.
II.
Liegen somit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.


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