Europarecht

Keine Schadensersatzansprüche des Käufers eines vom Abgasskandal erfassten Gebrauchtwagens gegenüber der Herstellerin des Motors

Aktenzeichen  32 O 771/18

Datum:
28.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34112
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Deggendorf
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 3, § 433 Abs. 1 S. 2, § 437, § 439 Abs. 1, § 443 Abs. 3, § 823 Abs. 2, § 826, § 831
StGB § 13 Abs. 1, § 263

 

Leitsatz

1. Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs nimmt regelmäßig mit der (bloßen) Herstellerin des in dem Gebrauchtwagen verbauten Motors keinen geschäftlichen Kontakt im Sinne von § 311 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Täuschung durch Unterlassen setzt gemäß § 13 Abs. 1 StGB eine Garantenstellung voraus, wobei sich die insoweit zu stellenden Anforderungen erhöhen, je weiter entfernt die Parteien in der Lieferkette voneinander sind. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Rechtsprechung zum merkantilen Minderwert bei einem Unfallwagen ist auf die Fallkonstellation eines vom Abgasskandal betroffenen, mit dem Software-Update ausgestatteten Fahrzeugs nicht übertragbar, weil es im Zusammenhang mit dem Abgasskandal an einer vergleichbaren am Markt gewonnenen Erfahrung fehlt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für eine Haftung aus §§ 826, 31 BGB reicht allein der – feststehende – Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht aus, da die verletzte EG-Verordnung nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient (anders KG BeckRS 2019, 29883, nebst weiterer Nachweise dort unter Leitsatz 5). (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht sachlich und örtlich zuständig (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, § 32 ZPO).
II.
Die Klage ist aber in der Hauptsache unbegründet.
1. Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch weder aus § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB noch aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 263 StGB, aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 27 EG-FGV, aus §§ 826, 31 BGB oder aus § 831 BGB zu.
a) Dass der Kläger als Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs mit der Beklagten (= bloße Herstellerin des in dem später als Gebrauchtwagen gekauften Fahrzeug verbauten Motors) einen geschäftlichen Kontakt im Sinne von § 311 Abs. 1 Nr. 3 BGB aufgenommen hat, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB entsteht ein Schuldverhältnis zwischen Nicht-Vertragsparteien insbesondere dann, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Auch das ist bei der Beklagten nicht der Fall. Sie war weder unmittelbar oder mittelbar an den Vertragsverhandlungen beteiligt, noch hatte sie ein über ihr allgemeines – durch die erstmalige Veräußerung des Motors ohnehin bereits befriedigtes – Absatzinteresse hinausgehendes wirtschaftliches Interesse gerade an dem Fahrzeugkauf durch den Kläger. Der Kläger hat nicht dargelegt, wie die Beklagte die konkreten Verkaufsverhandlungen mit dem Autohändler beeinflusst haben soll. Dass die Beklagte – und nicht etwa nur Skoda – für das gegenständliche Fahrzeug, etwa durch Prospekte, geworben hat, ist nicht ersichtlich. Auch die für ihr Fahrzeug ausgestellte EG-Übereinstimmungsbescheinigung scheidet als vertrauensbegründende Maßnahme im Rahmen des Abschlusses des Kaufvertrages aus, weil die EG-Übereinstimmungsbescheinigung erst nach Vertragsschluss in Erfüllung dessen zusammen mit dem Fahrzeug übergeben worden ist (hierzu auch Landgericht Braunschweig, Urteil vom 14.02.2018, Az. 3 O 1915/17). Ungeachtet dessen kommt der Übereinstimmungsbescheinigung nach ihrem Inhalt und Wortlaut keine Garantiewirkung i.S.d. § 443 BGB zu. Der Zweck der Übereinstimmungsbescheinigung besteht in der Vereinfachung und Formalisierung des Zulassungsverfahrens: Die Zulassungsbehörden sollen allein aufgrund der vorgelegten Übereinstimmungsbescheinigung das jeweilige Fahrzeug zulassen (§ 6 Abs. 3 S. 1 FZV), d. h. ohne die vom KBA im Genehmigungsverfahren geprüften materiellen Anforderungen erneut prüfen zu müssen. Die Übereinstimmungsbescheinigung dient also allein dazu, die problemlose Zulassung des jeweiligen Fahrzeugs zu gewährleisten. Ein einer Garantie i.S.d. § 443 BGB entsprechender Erklärungs- und Rechtsbindungswillen kann der Erklärung nicht beigemessen werden (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 20.12.2017, Az. 3 O 2436/16).
b) Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 263 StGB wäre zunächst eine Täuschung des Klägers durch die Beklagte. Eine aktive Täuschungshandlung der Beklagten gegenüber dem Kläger über den von ihm gebraucht von einem Autohaus gekauften Pkw ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger auf das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf die Manipulation abstellt (S. 5 der Klageschrift, Bl. 5 d.A.), sind das keine Handlungen der Beklagten, die gerade gegenüber dem Kläger vorgenommen worden sind. Denn der Kläger hat das Fahrzeug nicht von der Beklagten selbst gekauft, sondern als Gebrauchtfahrzeug von einem Fahrzeughändler. Auch die von der Beklagten für das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellte EG-Übereinstimmungsbescheinigung taugt schon aus zeitlichen Gründen (s.o.) nicht als aktive Täuschungshandlung gegenüber dem Kläger. In Betracht kommt deshalb allein eine Täuschung hinsichtlich der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Es steht zwar fest, dass die Beklagte das Motorsteuergerät des klägerischen Pkws mit einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung versehen hat. Insoweit liegt aber keine aktive Täuschungshandlung der Beklagten vor, sondern allenfalls eine Täuschung durch Unterlassen der Aufklärung über die unzulässige Abschalteinrichtung, für die es jedoch an einer Garantenstellung der Beklagten im Sinne von § 13 StGB fehlt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der das erkennende Gericht folgt, sind Verwaltungsakte in den Grenzen ihrer Bestandskraft für andere Gerichte und Behörden bindend (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH NJW-RR 2007, 398, 399 m. w. N.). Gerichte haben Verwaltungsakte deshalb, auch wenn sie fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, d. h. ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zu Grunde zu legen. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des KBA vom 15.10.2015 (auf diesen hat sich auch der Kläger berufen, S. 5 der Klageschrift, Bl. 6 d.A.) und die Freigabebestätigung der VCA vom 10.06.2016 ist in diesem Sinne bindend festgestellt bzw. geregelt, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt, dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist, dass für die betroffenen Fahrzeuge dieser Nachweis inzwischen geführt wurde, dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten mittels eines Software-Updates geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen, und dass die in dem Bescheid der VCA genannten Sachverhalte mit den dort genannten Ergebnissen überprüft worden sind.
bb) Eine Täuschung durch Unterlassen setzt gemäß § 13 Abs. 1 StGB eine Garantenstellung voraus, d. h. dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Soweit es um Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag geht, wird eine solche Aufklärungspflicht beim Verkäufer, mit dem immerhin ein Vertragsverhältnis besteht, erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993 – 3 St RR 127/93 -, juris Rn. 24 f.).
(1) Für die vertraglich nicht mit dem Käufer verbundene Beklagte – die bloße Herstellerin des in dem später von dem Kläger als Gebrauchtwagen erworbenen Fahrzeug verbauten Motors – muss das erst recht gelten. Die insoweit zu stellenden Anforderungen erhöhen sich je weiter entfernt die Parteien in der Lieferkette voneinander sind. Vorliegend fand ein Kontakt allenfalls über die Werbung des Fahrzeugherstellers statt, in der ggf. auch auf die Motoren der Beklagten hingewiesen wird. Hierbei handelt es sich aber um ein einseitig den Absatzinteressen des Werbenden (Fahrzeughersteller) dienendes Instrument, welches nicht geeignet ist, ein besonderes Vertrauensverhältnis oder gar eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen (Landgericht Aachen, Urteil vom 03.05.2018, Az. 10 O 364/17).
(2) Eine Aufklärungspflicht der Beklagten würde gleichwohl dann bestehen, wenn, wie der Kläger meint, infolge der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung die EG-Typgenehmigung für sein Fahrzeug erloschen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Nach § 19 Abs. 7 in Verbindung mit Abs. 2 StVZO erlischt die Betriebserlaubnis in Form der Wirksamkeit der EG-Typgenehmigung für das einzelne Fahrzeug zwar dann, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Nach Auffassung des Gerichts sind damit aber nur Veränderungen gemeint, die nach Abschluss des Produktionsprozesses vorgenommen werden. Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch die historische Auslegung der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Bundesrats-Drucksache 629/93 zur 16. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, mit dem unter anderem § 19 Abs. 2 StVZO geändert wurde und ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung erhielt, unmissverständlich ausgeführt, dass „die bisherigen EWG-Vorschriften keine Aussagen über Veränderungen an bereits zugelassenen Fahrzeugen treffen“ und daher „gegenwärtig der Schluss gezogen werden [kann], dass den EG-Mitgliedstaaten die Regelungen von Veränderungen an bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen überlassen ist“ (vgl. Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 31.08.2017, Az. 3 O 21/17). Auch droht keine Entziehung der Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung, weil das KBA in seinem Bescheid vom 15.10.2015 sein gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehendes Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt hat, dass es eine Entziehung der EG-Typgenehmigung in die Wege geleitet hat. Die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen und hat Nebenbestimmungen zur bestehenden Typgenehmigung angeordnet. Doch selbst eine Entziehung der Typgenehmigung hätte erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des klägerischen Fahrzeugs, wenn die zuständige Landesbehörde daraufhin wiederum von dem ihr gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde.
(3) Dass aber die Verwendung der zwar unzulässigen, aber allein durch ein von der VCA freigegebenes Software-Update zu beseitigende Abschalteinrichtung auf andere Weise einen wertbildenden Faktor darstellt, dem der Markt ein ganz besonderes Gewicht beimisst, ist weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich. Das gilt insbesondere für den behaupteten Verbleib eines merkantilen Minderwerts.
Für den Fall eines sog. Unfallwagens ist anerkannt, dass der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert als Mangel auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2007 – VIII ZR 330/06 -, juris Rn. 23). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die am Gebrauchtwagenmarkt gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil der Kaufinteressenten, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958 – VI ZR 82/57 -, juris Rn. 4).
Diese Rechtsprechung ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, weil es im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal an einer vergleichbaren am Markt gewonnenen Erfahrung fehlt.
Der Kläger müsste deshalb einen Preisverfall, der gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung zurückzuführen ist, konkret darlegen. Ein Preisverfall, der darauf beruht, dass Diesel-Fahrzeuge aufgrund der seit einigen Jahren geführten öffentlichen Diskussion – gleich ob berechtigt oder nicht – in „Verruf“ geraten oder generell aus anderen Gründen, die nicht mit der gegenständlichen Software in Zusammenhang stehen, in der Käufergunst gesunken sind, wäre nicht ausreichend. Es darf auch nicht übersehen werden, dass die öffentliche und politische Diskussion um innerstädtische Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge die Folgen des VW-Abgasskandals hinsichtlich der Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen zwischenzeitlich überlagert (zu dem letztgenannten Aspekt: OLG Köln, Beschluss vom 27.03.2018, Az. 18 U 134/17, Rn. 49).
Einen dahingehenden Wertverlust des konkreten Fahrzeugs vermochte der Kläger nicht darzustellen, obschon ihm dies möglich gewesen wäre. Denn der Kraftfahrzeugmarkt ist generell schon sehr transparent (wie z. B. durch die sog. Schwacke-Liste) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen steht zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit (wie z.B. durch das „DAT Diesel-Barometer“). Ohne solche Anknüpfungstatsachen würde die dazu angebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens auf einen im Zivilprozess nicht zulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen (zur Darlegungslast betreffend die Behauptung eines merkantilen Minderwertes auch: jeweils Landgericht Braunschweig, Urteil vom 18.10.2017, Az. 3 O 1676/16, Urteil vom 18.10.2017, Az. 3 O 3228/16, Urteil vom 13.12.2017, Az. 3 O 806/17, Urteil vom 17.01.2018, Az. 3 O 3447/16, Urteil vom 14.02.2018, Az. 3 O 1915/17; jeweils Landgericht Deggendorf, Urteil vom 15.02.2018, Az. 32 O 127/17, und Urteil vom 20.09.2018, Az. 32 O 216/18, und OLG Dresden, Urteil vom 01.03.2018, Az. 10 U 1561/17).
Das pauschale Vorbringen in der Klageschrift (dort S. 3/4, Bl. 3/4 d.A.), wonach wegen fehlender Soll-Beschaffenheit ein „massiver Wertverlust“ eingetreten sei (in welchem Umfang bleibt nach klägerischem Vorbringen aber zunächst völlig im Dunkeln) und die Beklagte „aus reiner Gewinnsucht (…) einen Wertverlust um mindestens 30% gegenüber dem vorherigen Gebrauchtwagenwert (…) billigend in Kauf genommen (habe)“, ist ersichtlich unsubstantiiert und nicht durch Tatsachen untermauert. Nicht anders verhält es sich mit dem Vorbringen auf S. 34 der Replik, wonach „es zu einem allgemeinen Preisverfall von Diesel(Gate) Autos beim Gebrauchtwagenpreis“ im Umfang von einem Drittel gekommen sei. Worauf diese Behauptung konkret gestützt wird, erschließt sich nach dem Klagevorbringen nicht. Der bloße Verweis auf die Internetsuchmaschine „Google“ wird dahingehend aufgefasst, dass das Gericht selbst dort die relevanten tatsächlichen und ggf. technischen Umstände in Erfahrung bringen möge, welche den behaupteten Wertverlust begründen sollen. Dies ist jedoch nicht die Aufgabe des Gerichts. Die Behauptungen eines Wertverlustes im Umfang von einem Drittel erfolgen ersichtlich ins Blaue hinein. Selbst die Bezugnahme auf öffentliche Berichterstattung – woran es hier ohnehin fehlt – würde konkreten Tatsachenvortrag in Bezug auf einen Wertverlust des gegenständlichen Fahrzeugs nicht ersetzen. In dem Zusammenhang lässt das klägerische Vorbringen auch eine Unterscheidung dahingehend vermissen, ob sich der Wertverlust auf das Fahrzeug des Klägers im Zustand vor oder nach dem Aufspielen des Software-Updates beziehen soll.
(4) Soweit der Kläger negative Auswirkungen des angebotenen Software-Updates befürchtet (S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A., S. 4 und 35 der Replik.), stehen dem schon die Feststellungen in der genannten Freigabebestätigung entgegen.
Jedenfalls aber erweist sich das dahingehende Vorbringen als unsubstantiiert. Daran vermag auch die Entscheidung des OLG Köln vom 27.03.2018, Az. 18 U 134/17, betreffend die vertragliche Gewährleistung des Verkäufers gemäß § 437 BGB nichts zu ändern.
Steht ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs fest, steht damit zugleich fest, dass der Anspruch des Käufers auf Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache zunächst nicht vollumfänglich erfüllt worden ist. Der Käufer kann deshalb gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung verlangen. Dieser Nacherfüllungsanspruch ist lediglich eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Deshalb verbleibt es im Ausgangspunkt bei der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Schuldners für das Gelingen der (Nach-)Erfüllung (OLG Köln, a.a.O., Rn. 13).
Den Käufer trifft aber die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Umstände dann, wenn er eine ihm als (Nach-)Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat (OLG Köln, a.a.O., Rn. 13).
Andernfalls trägt nach der Auffassung des OLG Köln der Verkäufer im Ausgangspunkt die Darlegungs- und Beweislast dahingehend, dass das Software-Update nicht zu anderen Sachmängeln geführt hat (OLG Köln, a.a.O., Rn. 23).
Dabei darf indes nicht verkannt werden, dass es insoweit um den Nachweis einer negativen Tatsache (= Nichteintritt von neuen Sachmängeln) geht. Dies hat eine Umkehr der Darlegungslast im Sinne einer sekundären Behauptungslast des Käufers zur Folge. Um seiner Darlegungslast nachzukommen, muss er konkrete Sachmängel darlegen, die auf das Software-Update als Maßnahme zur Nacherfüllung zurückgehen sollen (OLG Köln, a.a.O., Rn. 23).
Diesen Anforderungen ist der Kläger, auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des OLG Köln in dem genannten Beschluss, nicht gerecht geworden.
Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2019 unter anderem ausgeführt, dass im August 2018 die Motorkontrollleuchte aufgeleuchtet habe und die Injektoren ausgetauscht hätten werden müssen. Jedoch vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen.
Denn zum einen ist es dem Kläger auch durch sein ergänzendes mündliches Vorbringen nicht gelungen, hinreichend konkrete Sachmängel, die auf das Software-Update zurückzuführen sein sollen, darzustellen. Der Kläger hat das Software-Update bereits am 30.08.2016 auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufspielen lassen. Die Motorkontrollleuchte des Fahrzeugs leuchtete dem Kläger zufolge aber erst Mitte August 2018, also fast zwei Jahre nach dem erfolgten Software-Update, auf. Bei dem Vortrag, dass das Aufleuchten der Motorkontrollleuchte und der Austausch der Injektoren auf das Software-Update zurückzuführen sein sollen, handelt es sich mithin um eine bloße Mutmaßung, die infolge des zeitlichen Abstandes zum durchgeführte Software-Update, des zunehmenden Fahrzeugalters und der Laufleistung von mittlerweile 114.974 km nicht einmal eine gewisse, in der allgemeinen Lebenserfahrung gründende Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen kann. Auch der vom Kläger vorgetragene erhöhte Kraftstoffverbrauch ist nicht anders zu beurteilen. Denn bereits nach dem Vortrag des Klägers ist dieser angeblich erhöhte Verbrauch unmittelbar nicht auf das Software-Update, sondern auf die – auf Empfehlung seiner Werkstatt – geänderte Fahrweise des Klägers zurückzuführen.
Zum anderen ist das mündliche Vorbringen des Klägers – seine Entscheidungserheblichkeit unterstellt – jedenfalls als verspätet zurückzuweisen, §§ 296 Abs. 1, 275 Abs. 4 ZPO. Denn würde man das von der Beklagten bestrittene mündliche Vorbringen des Klägers als hinreichend substantiiert ansehen und infolgedessen ein Sachverständigengutachten einholen, so würde dies unzweifelhaft zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen. Der Kläger hat die Verzögerung seines Vorbringens auch zu vertreten. Ein Verschulden ist insoweit bereits dann zu bejahen, wenn die Partei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt handelt, die in der konkreten prozessualen Situation und aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse von ihr zu erwarten ist. Dem Klägervertreter ist die ständige Rechtsprechung des Landgerichts Deggendorf zur Substantiierung behaupteter Mängel aus einer Vielzahl von gleichgelagerten Verfahren, in denen er als Prozessbevollmächtigter beteiligt war, bekannt. Es erschließt sich dem Gericht daher nicht, weshalb das mündliche Vorbringen des Klägers nicht bereits in die Klageschrift oder jedenfalls in die Replik eingeflossen ist. Das Verschulden wird überdies bereits vermutet. Es oblag dem Kläger, die Verspätung ausreichend zu entschuldigen. Dies ist – obwohl die Beklagte das Vorbringen als verspätet gerügt hat – nicht geschehen.
Der in der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete Ausgangsmangel ist bereits durch das Software-Update beseitigt worden. Soweit sich der Kläger auf einen verbleibenden merkantilen Minderwert beruft, wird nicht vorgetragen, ob und inwieweit dieser gerade auf den Folgen des durchgeführten Updates beruhen soll. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er nicht wisse, was infolge des Updates mit seinem Fahrzeug, insbesondere in Bezug auf dessen Dauerhaltbarkeit, geschehen werde, oder dass völlig unklar sei, ob Folgeschäden eintreten werden.
Im Ergebnis beschränkt sich das klägerische Vorbringen darauf, pauschal nachteilige Auswirkungen des Updates auf das Fahrzeug zu behaupten (hierzu S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A. = „(…) führt zu Leistungseinbußen, einem erhöhten Kraftstoffverbrauch und einem erhöhten CO₂-Ausstoß sowie zu einer Verringerung der allgemeinen Lebensdauer des Fahrzeuges.“, S. 34 der Replik = „Dieselgate-Autobesitzer, welche das Update aufspielen, haben häufig ganz erhebliche Folgeprobleme damit. (…)“), ohne zugleich einen konkreten Bezug zum Fahrzeug des Klägers herzustellen.
Es bleibt schon unklar, ob sich der Kläger selbst auch zum Kreis der betroffenen „Dieselgate-Autobesitzer“ zählt. Der Kläger versäumt es, einen Vergleichsmaßstab zu benennen, soweit Erhöhungen oder Reduzierungen behauptet werden (hierzu OLG Dresden, Urteil vom 01.03.2018, Az. 10 U 1561/17). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Internetsuchmaschine „Google“ verweist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter Ziffer II 1 b) bb) (3) Bezug genommen. Auf S. 3 der Replik trägt der Kläger zwar mit markigen Worten vor, dass es unzutreffend sei, dass das Update keine negativen Auswirkungen auf die betroffenen Fahrzeuge habe (= „In den Bereich Märchen muss der Vortrag der Beklagten eingestuft werden, dass das Update keine negativen Auswirkungen auf das Fahrzeug hat.“). Der Kläger verkennt aber insoweit, dass das bloße Bestreiten des Vorbringens des Prozessgegners nicht den erforderlichen eigenen Tatsachenvortrag zu ersetzen vermag, zumal sich die Beklagte ihrerseits auf die Feststellungen in der Freigabebestätigung berufen hat.
Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass dem Kläger die Wirkungsweise des Updates nicht bekannt sein dürfte; gleichwohl wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass – bei Zugrundelegung der genannten Grundsätze des OLG Köln – nur gemäßigte Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast gestellt werden. Gleichwohl hat ein Käufer, der eine Nachbesserungsmaßnahme nicht als taugliches Maßnahme der Nacherfüllung gegen sich gelten lassen will, zumindest nachteilige Folgeerscheinungen, ohne deren Ursache benennen zu müssen, konkret darzustellen, was dem Kläger vor dem Hintergrund der fortwährenden Nutzung des Fahrzeugs auch möglich wäre, wenn es denn tatsächlich zu nachteiligen Auswirkungen auf das Fahrzeug, einzelne Bauteile oder Eigenschaften des Fahrzeugs gekommen sein sollte.
Im Ergebnis hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass und welche Mängel auch nach Durchführung des Software-Updates vorliegen, und dass diese auf dem Software-Update als (untauglicher) Maßnahme der Nacherfüllung beruhen. Seiner Darlegungslast ist er nicht nachgekommen. Ungeachtet der Frage, ob die behaupteten Nachteile überhaupt in substantiierter Weise vorgetragen worden sind, wäre es unerlässlich gewesen, die behaupteten Nachteile nach tatsächlicher Durchführung des Updates konkret zu benennen und mit Tatsachen zu untermauern. Denn ein Sachvortrag ist nur dann erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (OLG Köln, a.a.O., Rn. 25). Diesen Anforderungen an die Erheblichkeit wird das klägerische Vorbringen ersichtlich nicht gerecht. Es ist deshalb auch nicht geeignet, eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen.
(5) Eine Garantenpflicht zugunsten des Klägers ergibt sich auch nicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung stellt zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten dar. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall aber nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m. w. N.). Den Erwägungsgründen (1) bis (6) und (27) der verletzten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist zu entnehmen, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, insbesondere mit dem Ziel der erheblichen Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte. Der vom Kläger geltend gemachte Vermögensschaden fällt daher nicht in den Schutzbereich dieser Norm. Damit scheidet ein Schadensersatzanspruch wegen Betruges aus (so jeweils Landgericht Braunschweig, Urteil vom 27.10.2017, Az. 3 O 136/17, Urteil vom 10.01.2018, Az. 3 O 622/17, Urteil vom 17.01.2018, Az. 3 O 3447/16, Urteil vom 06.02.2018, Az. 11 O 1175/17, Urteil vom 14.02.2018, Az. 3 O 1915/17; jeweils Landgericht Deggendorf, Urteil vom 15.02.2018, Az. 32 O 127/17, Urteil vom 20.02.2018, Az. 31 O 140/16, Urteil vom 26.04.2018, Az. 32 O 412/17, und Urteil vom, 20.09.2018, Az. 32 O 216/18).
(6) Auf die Frage, ob eine Garantenstellung der Beklagten ohnehin schon deshalb ausscheidet, weil es sich bei ihr nur um die Herstellerin des Motors, nicht aber um die Herstellerin des Fahrzeugs handelt, und weil eine Aufklärungspflicht von vornherein nur die Herstellerin des Fahrzeugs treffen würde, kommt es im Ergebnis nicht an (hierzu OLG Köln, Beschluss vom 20.07.2018, Az. 8 U 46/18).
c) Entsprechendes gilt für §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 27 EG-FGV. Denn unabhängig davon, ob die Beklagte diese Vorschrift verletzt hat, fehlt ihr der von § 823 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Schutzgesetzcharakter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Norm als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Bei Vorschriften, die – wie hier die §§ 6, 27 EG-FGV – Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier der Richtlinie 2007/46/EG – an (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 09.04.2015, VII ZR 36/14, juris, Rn. 20, 23). Den Erwägungsgründen (2), (4) und (23) zufolge bezweckt die Richtlinie 2007/46/EG die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren. Darüber hinaus sollen die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, wobei die Rechtsakte vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen (Erwägungsgrund (2) der Richtlinie). Weder an diesen Stellen noch unter den anderen Erwägungsgründen der Richtlinie lässt sich demgegenüber ein Hinweis dafür finden, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte. Auch der nationale Gesetzgeber hat in der Begründung zur EG-FGV (Seite 36 der BR-Drucks. 190/09) in Übereinstimmung damit ausführt, dass die Richtlinie dem Abbau von Handelshemmnissen und der Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dienen und die EG-FGV darüber hinaus zur Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau beitragen soll (so jeweils Landgericht Braunschweig, Urteil vom 27.10.2017, Az. 3 O 136/17, Urteil vom 10.01.2018, Az. 3 O 622/17, Urteil vom 17.01.2018, Az. 3 O 3447/16, Urteil vom 14.02.2018, Az. 3 O 1915/17; jeweils Landgericht Deggendorf, Urteil vom 15.02.2018, Az. 32 O 127/17, Urteil vom 20.02.2018, Az. 31 O 140/16, Urteil vom 26.04.2018, Az. 32 O 412/17, und Urteil vom 20.09.2018, Az. 32 O 216/18).
d) Für eine Haftung aus §§ 826, 31 BGB reicht allein der – feststehende – Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr schon 1985 entschieden (Urteil vom 11.11.1985 – II ZR 109/84 -, juris Rn. 15 m. w. N.), dass für Ansprüche aus unerlaubter Handlung allgemein gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden begrenzt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen und dass auf eine derartige Eingrenzung der Haftung, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden kann. Wie bereits ausgeführt, dient die verletzte EG-Verordnung Nr. 715/2007 aber nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen.
Damit verbleibt auch insoweit allenfalls eine Täuschung durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Verschweigen eines Umstandes rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist auch im Rahmen von § 826 BGB erst dann überschritten, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.).
Dazu „passt“, dass sich der Gesetzgeber bei Schaffung der Regelungen für das auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Rücktrittsrecht der Figur des arglistig handelnden Verkäufers bewusst war, was aus §§ 218 Abs. 1 S. 1, 438 Abs. 3 S. 1, Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 BGB folgt. Dennoch hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, dass der Rücktritt im Falle eines arglistigen Verkäufers unabhängig von einer vorherigen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung möglich ist und der arglistige Verkäufer damit nicht durch Nachbesserung eine Rückabwicklung des Kaufvertrages verhindern kann. Auch fehlt eine Regelung dahingehend, dass eine Berufung des arglistigen Verkäufers auf die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist. Entsprechend wird auch von der Rechtsprechung nur angenommen, dass die Arglist des Verkäufers eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nur „in der Regel“ entbehrlich macht und auch nur „in der Regel“ eine Anwendung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausschließt. Würde man jegliches Verschweigen eines Mangels als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ansehen, hieße es anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen Käufer u.U. trotz der Sittenwidrigkeit an einem Kaufvertrag festhalten wollte, was ausgeschlossen sein dürfte. Zu beachten ist weiterhin: Die vorgenannten Argumente gelten schon im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, die miteinander ein gewisses Vertrauen begründend über einen Vertrag miteinander verbunden sind, welches der arglistige Verkäufer „verrät“. Im Verhältnis des Herstellers und erst Recht des Lieferanten des Herstellers zum Käufer fehlt es an dieser vertrauensbegründenden Verbindung, die der Hersteller durch Verschweigen des Mangels „verraten“ würde. Schließlich hat der Gesetzgeber durch Einführung des ProdHaftG eine Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte eingeführt. Das wirtschaftliche Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers, dass die Sache keine Mängel aufweist, sollte dadurch aber gerade nicht geschützt werden (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 3 ProdHaftG, Rn. 1). Wenn das arglistige Verschweigen von Mängeln durch den Verkäufer nicht in jedem Fall einen Anspruch aus § 826 BGB auslösen soll, obwohl dort ein gewisses Vertrauensverhältnis „verraten“ wird, welches der Hersteller nicht „verraten“ kann und der Gesetzgeber auf die Einführung einer Haftung des Herstellers für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers verzichtet hat, erscheint es im Ergebnis sachgerecht, eine Haftung des Herstellers für verschwiegene Mängel über § 826 BGB nur für die o.g. besonders schweren Fälle anzunehmen (hierzu Landgericht Braunschweig, Urteil vom 06.07.2018, Az. 11 O 3017/17).
Wie bereits im Zusammenhang mit der Garantenstellung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB) ausgeführt, trifft das auf die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu (jeweils Landgericht Braunschweig, Urteil vom 06.07.2018, Az. 11 O 3017/17, Urteil vom 10.01.2018, Az. 3 O 622/17, Urteil vom 17.01.2018, Az. 3 O 3447/16, Urteil vom 06.02.2018, Az. 11 O 1175/17, Urteil vom 14.02.2018, Az. 3 O 1915/17, Urteil vom 27.10.2017, Az. 3 O 136/17; jeweils Landgericht Deggendorf, Urteil vom 15.02.2018, Az. 32 O 127/17, Urteil vom 20.02.2018, Az. 31 O 140/16, Urteil vom 26.04.2018, Az. 32 O 412/17, und Urteil vom 20.09.2018, Az. 32 O 216/18).
e) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 16 UWG bzw. i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG a.F. i.V.m. PkwEnVKV.
aa) § 16 UWG dient zwar ohne Zweifel dem Schutz des Verbrauchers. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Beklagte i. S. von § 16 Abs. 1 UWG den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen wollte, zumal es sich nicht um die Herstellerin des Fahrzeugs gehandelt hat. Der Beklagten wäre allenfalls vorzuwerfen, dass sie in Bezug auf den Motor mit der Einhaltung der Grenzwerte der Euro 5-Norm geworben hat. Diese mussten aber alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten. Damit ist also kein besonderer Vorteil angepriesen worden.
bb) Ob § 4 Nr. 11 UWG in der Fassung vom 03.03.2010 auch ein Schutzgesetz i. S. von § 823 Abs. 2 BGB darstellt, kann hier dahinstehen, weil die Beklagte jedenfalls nicht gegen Vorschriften verstoßen hat, deren Einhaltung § 4 Nr.11 a. F. UWG schützt. §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV gebieten lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind (vgl. Begriffsbestimmungen in § 2 Nr. 5 u. 6 Pkw-EnVKV). Der Kläger bezweifelt aber selbst nicht, dass die genannten Werte im Typgenehmigungsverfahren (Fahrkurven des NEFZ) erzielt wurden.
f) Mangels erfüllter deliktischer Haftungstatbestände vermag schließlich auch § 831 BGB den Klageantrag nicht zu begründen.
f) Das Rückabwicklungsverlangen des Klägers ist deshalb unbegründet.
2. Mangels Verpflichtung zur Rücknahme des Fahrzeugs befindet sich die Beklagte insoweit auch nicht in Annahmeverzug. Der dahingehende Feststellungsantrag des Klägers ist deshalb ebenfalls unbegründet (Klageantrag Ziffer 2).
3. Die Klage ist deshalb in der Hauptsache insgesamt unbegründet.
III.
1. Mangels Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung des geltend gemachten Zahlungsbetrags. Die Nebenforderung teilt insoweit das Schicksal der unbegründeten Hauptforderung.
2. Mangels begründeter Hauptforderung besteht schließlich auch kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Auch insoweit teilt die Nebenforderung das Schicksal der unbegründeten Hauptforderung.
IV.
1. Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, S. 2 ZPO
3. Streitwert: §§ 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO


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