Europarecht

Sicherheitsleistung des Systembetreibers zur Sammlung und Verwertung restentleerter Verpackungen

Aktenzeichen  M 17 S 20.1883

Datum:
29.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17010
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VerpackG § 18 Abs. 4, § 22

 

Leitsatz

1. § 18 Abs. 4 VerpackG räumt der zuständigen Behörde keinen Anspruch auf eine Geldleistung ein, sondern auf eine insolvenzfeste Sicherheitsleistung, die in der Regel durch eine Bankbürgschaft erbracht wird und damit einer Geldzahlung an die zuständige Behörde nicht gleichsteht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, für eine Sicherheitsleistung Bemessungsfaktoren so konkret festzulegen, dass sie wie eine haushaltsmäßige Abgabe fest kalkuliert werden können. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anordnung der Sicherheit nach § 18 Abs. 4 VerpackG ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung den zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat und ob die Prognose der voraussichtlichen Entsorgungskosten vertretbar ist. (Rn. 46 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Lichte des Gesetzeszwecks, die Erfassung von Leichtverpackungsabfällen abzusichern, ist es zumutbar, als Datengrundlage die Abfallmengen des aktuellsten Kalenderjahres, zu dem sämtliche entscheidungserhebliche Daten vorliegen, zu Grunde zu legen. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es muss nicht prognostisch abschließend bewertet werden, mit welcher Sicherheit ein teilweiser oder vollständiger Ausfall der Systeme droht. Es genügt, dass ein solcher Ausfall auf Grund der Konstruktion der Entsorgung von Verpackungsabfällen im Bereich des Möglichen liegt. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 205.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit dem die zu leistende Sicherheit für den Fall von Pflichtverstößen in neuer Höhe festgesetzt wurde.
Die Antragstellerin betreibt eines von acht bundesweit genehmigten Systemen zur regelmäßigen Abholung von als Abfall anfallenden restentleerter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher gemäß § 3 Abs. 16 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz – VerpackG – vom 5. Juli 2017, BGBl. I S. 2234). Aufgabe der Systembetreiber ist die flächendeckende Organisation und Durchführung der Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verkaufsverpackungen.
Die für die Tätigkeit als Systembetreiber erforderliche Systemfeststellung wurde der Antragstellerin mit Bescheid des Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 22. Dezember 1992, zuletzt geändert durch den zweiten Änderungsbescheid vom 5. September 2011 sowie seine Ergänzung vom 18. Oktober 2012, erteilt. Ziffer 2.14 in seiner durch Bescheid vom 18. Oktober 2012 geänderten Fassung lautet: „Die Antragstellerin hat Sicherheit für den Fall zu leisten, dass, falls der Systembetrieb eingestellt wird, die in den Sammeleinrichtungen des Systems tatsächlich erfassten Verpackungen entsorgt werden und hierfür die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können. Die Sicherheitsleistung ist entweder in Form einer unwiderruflichen und unbefristeten selbstschuldnerischen Bankbürgschaft auf erstes Anfordern einer deutschen Sparkasse oder einer Großbank oder im Wege der Hinterlegung nach dem Bayerischen Hinterlegungsgesetz (BayHintG) vom 23. November 2010 zu erbringen. Im Falle einer Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft ist diese gegenüber dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, als Gläubiger zu übernehmen und im Staatsministerium im Original zu hinterlegen. Die Höhe der Sicherheitsleistung wird jährlich auf ihre Angemessenheit hin überprüft. Kriterien sind zum einen der Marktanteil des Systembetreibers auf der Grundlage der Erfassungsmengen aus den Mengenstromnachweisen, zum anderen die Entwicklung der Entsorgungskosten und Verwertungserlöse. Abgesehen von dieser jährlichen Überprüfung steht der Antragstellerin das Recht zu, bei wesentlichen Änderungen der oben genannten Kriterien auch unterjährig einen Änderungsantrag zu stellen, für den sie geeignete urkundliche Belege vorzulegen hat. Im Falle einer Anpassung der Höhe der Sicherheitsleistung ist bei einer Hinterlegung durch die Antragstellerin der Differenzbetrag an sie zu erstatten bzw. von ihr zu überweisen; im Falle einer Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft ist die Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Hinterlegung der neuen Bürgschaftsurkünde an sie herauszugeben.“.
Am 1. Januar 2019 trat das VerpackG in Kraft und löste die bis dahin geltende Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (VerpackV vom 21. August 1998, BGBl. I S. 2379, zuletzt geändert durch Artikel 11 Abs. 10 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG vom 18. Juli 2017, BGBl. I S. 2745), ab. Im VerpackG wurde die Rechtsvorschrift zur Festsetzung einer Sicherheitsleistung gegenüber der bisherigen Regelung dahingehend geändert, dass ein Rückgriff auf die Sicherheitsleistung nunmehr auch bei Verstößen gegen Pflichten aus der Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG oder gegen Pflichten aus einseitigen Vorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG möglich ist.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2019 und 3. Juli 2019 hörte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (im Folgenden: StMUV) die Antragstellerin unter Vorlage eines Bescheidentwurfs zur beabsichtigten Änderung des Feststellungsbescheids in Form einer Anpassung der Sicherheitsleistung an die aktuelle Rechtslage an. Diese bat mit Schreiben vom 13. Juni 2019 um einen Aufschub der Pflicht zur Leistung der neu berechneten Sicherheitsleistung bis zum 1. Januar 2020. Weiterhin wandte sie ein, dass sie die Anwendung eines Marktanteils aus dem Kalenderjahr 2017 für die Berechnung der Sicherheitsleistung für nicht sachgerecht halte. Auch sei eine quartalsweise Anpassung der Sicherheitsleistung an die veränderten Marktanteile angezeigt.
Mit öffentlich bekannt gemachtem Bescheid vom 22. Juli 2019 änderte das StMUV die Nebenbestimmung in Ziffer 2.14 des Feststellungsbescheids vom 22. Dezember 1992, in der Fassung des zweiten Änderungsbescheids vom 5. September 2011 sowie der Ergänzung zum zweiten Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2012, (erneut) ab und gab ihr folgende Fassung: „Die Sicherheitsleistung gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG wird auf 4.108.300,00 € festgesetzt. Die Sicherheitsleistung ist spätestens zum 1. Januar 2020 durch Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft auf erste Anforderung einer deutschen Sparkasse, Großbank oder Kreditversicherung unwiderruflich und unbefristet zu erbringen. Soweit die Sicherheit durch Einzahlung von Geld erbracht werden soll, ist spätestens zum 1. Januar 2020 die Eröffnung eines Kontos zu beantragen. Wird die Sicherheitsleistung erhöht, ist bei einer Hinterlegung von Geld der Differenzbetrag zu überweisen, bei einer Bankbürgschaft eine neue Bürgschaftsurkunde vorzulegen.“ Die zuständige Behörde könne gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG jederzeit verlangen, dass ein System eine angemessene, insolvenzfeste Sicherheit für den Fall leiste, dass es oder die von ihm beauftragten Dritten Pflichten nach dem VerpackG, aus der Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG oder aus den Vorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfülle und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Nachteile entstünden. Die Sicherheitsleistung zur Absicherung der Kosten bei Leistungsausfällen sei entsprechend den Pflichten aus § 14 VerpackG so zu bemessen, dass bei einer Nichtabholung der Verpackungsabfälle die Kosten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die Abholung und Entsorgung dieser Abfälle abgedeckt werde. Den Verpackungsabfällen komme in aller Regel ein negativer Marktwert zu, sodass im Fall einer Systemeinstellung Kosten für die Abholung und Entsorgung entstünden, ohne dass die durch die Systembetreiber vereinnahmten Entgelte zur Verfügung stünden. Demzufolge würden der Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung, die eine Prognoseentscheidung darstelle, die Menge der nicht abgeholten Verpackungsabfälle, die Kosten der Erfassung der nicht abgeholten Verpackungsabfälle bei den privaten Endverbrauchern und die Kosten der Entsorgung der Verpackungsabfälle zugrunde gelegt. Alle zur Berechnung der Sicherheitsleistung für diesen Bescheid herangezogenen Daten würden aus dem Jahr 2017 stammen. Dies sei das derzeit aktuellste Bezugsjahr, zu dem für alle Berechnungspositionen Daten verfügbar seien. Grundlage der Ermittlung der Menge nicht abgeholter Verpackungsabfälle sei die tatsächlich von den Systembetreibern in einem regelmäßigen Zeitraum realisierte Sammelmenge. Sie werde in den Mengenstromnachweisen der Systembetreiber als materialbezogene Erfassungsmenge pro Kalenderjahr und Bundesland ausgewiesen. Hieraus ergebe sich die näherungsweise maximal mögliche Verpackungsmenge, die aufgrund eines Verstoßes des Systembetreibers gegen die flächendeckende Abholung von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu entsorgen sein könne. Zum Schutz des Gebührenzahlers und der öffentlichen Hand könne von einem worst-case-Szenario ausgegangen werden. Als Zeitraum für prospektiv anfallende Kosten der Ersatzvornahme unter Berücksichtigung des Zeitbedarfs für Androhung und Vollziehung der Ersatzvornahme könne ein Monat als verhältnismäßig und für den Systembetreiber zumutbar in Ansatz gebracht werden. Das StMUV habe sich zur Prognose der Erfassungskosten von drei Systembetreibern, die unterschiedlich stark am Markt vertreten seien, zusammen jedoch ein Lizenzmengenanteil von etwa 65% im Jahr 2017 aufwiesen, insgesamt neun Erfassungsverträge für die Fraktion Leichtverpackung (LVP) vorlegen lassen. Hiervon bildeten jeweils drei Verträge die Kosten für die Erfassung in einer städtischen bzw. großstädtischen, in einer ländlich-dichten und einer ländlichen Strukturklasse ab. Der daraus errechnete Durchschnittswert in Höhe von 166,69 € pro Tonne werde als Erfassungskosten der Berechnung der Sicherheitsleistung zugrunde gelegt, wobei die Strukturklassen entsprechend ihrer Häufigkeit in Bayern gewichtet worden seien (Groß-/städtische Gebiete: 23, ländlich-dichte Gebiete: 35, ländliche Gebiete: 38). Die Schätzung der Kosten der Entsorgung der Verpackungsabfälle fuße auf den Verbrennungskosten, die jährlich in der Fachzeitschrift … publiziert würden. Sie entsprächen näherungsweise den Kosten für Sortierung und Verwertung der gesammelten Verpackungsabfälle. In der Zeitschrift …, Ausgabe 50/2018 sei für die Region „Süden“ eine Preisspanne für die Verbrennung der kommunalen Abfälle in Höhe von 60,00-150,00 € pro Tonne ausgewiesen. Daraus ergebe sich ein Mittelwert von 105,00 € pro Tonne. Grundlage für die Berechnung sei die Menge der in einem Monat erfassten Verpackungsabfälle, berechnet auf Basis der Daten der Mengenstromnachweise. Diese Menge werde mit dem Durchschnitt der prognostizierten Erfassungskosten und dem Mittelwert der Kosten der Verbrennung multipliziert und entsprechend der Lizenzmengen auf die einzelnen Systembetreiber umgelegt. Für das Bundesland Bayern errechne sich entsprechend seinem Anteil an den im Kalenderjahr 2017 insgesamt erfassten Leichtverpackungen, bezogen auf eine einmonatige Erfassungsmenge eine Sicherheitsleistung in Höhe von 6.120.641,38 €:
LVP-Erfassungsmenge Bayern gesamt
270.336,4
t/a
Erfassungsmenge Bayern bezogen auf 1 Monat
22.528,03
t
Kosten der Erfassung
166,69
€/t
Kosten der Verbrennung
105
€/t
Kosten der Erfassung und Verbrennung
271,69
€/t
Gesamt
6.120.641,38

Zusätzlich seien in die Berechnung der Sicherheitsleistung aber auch Zahlungsverpflichtungen der Systembetreiber gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern für Kosten der Abfallberatung, Errichtung, Bereitstellung, Unterhaltung sowie Sauberhaltung von Flächen (Nebenentgelte) und für die Mitbenutzung der kommunalen Wertstoffhöfe und des kommunalen PPK-Samm* …ystems (Mitbenutzungsentgelte) eingeflossen. Die Absicherung dieser Zahlungsverpflichtungen sei nach § 18 Abs. 4 VerpackG möglich und erforderlich, um sicherzustellen, dass finanzielle Verluste bei Zahlungsunfähigkeit eines Systembetreibers nicht von der Allgemeinheit getragen werden müssten. Zur Ermittlung der Höhe der Sicherheitsleistung für die Zahlung vereinbarter Mitbenutzungs- und Nebenentgelte werde maßgeblich auf die zwischen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und den Systembetreibern vereinbarten Mitbenutzungs- und Nebenentgelte abgestellt. Die Mitbenutzungs- und Nebenentgeltansprüche seien gemäß § 22 Abs. 3, 4 und 9 VerpackG seit dem 1. Januar 2019 nach den Vorgaben des Bundesgebührenrechts zu kalkulieren. Hierzu lägen jedoch noch keine Daten vor. Es sei deshalb angemessen, auf die noch aufgrund der VerpackV zwischen den Systembetreibern und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ausgehandelten Entgelte als Berechnungsgrundlage zurückzugreifen. Aus der ermittelten Gesamtsumme berechne sich die Sicherheitsleistung anhand der prognostizierten Dauer eines Leistungsausfalls und im Verhältnis zum Marktanteil des Systembetreibers. Ein Absicherungszeitraum von einem Monat sei angemessen. Es unterliege der Vertragsgestaltung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und Systembetreiber, die Ausfallrisiken bei Mitbenutzungs- und Nebenentgelten durch geeignete Zahlungsmodalitäten zu begrenzen. Zur Ermittlung dieser Daten seien alle Landratsämter und kreisfreien Städte im Freistaat um Übermittlung der Höhe der Entgelte für das Kalenderjahr 2017 gebeten worden. Hieraus errechne sich ein Gesamtbetrag für unmittelbare Zahlungsverpflichtungen der Systembetreiber gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern in Höhe von 51.045.050,67 €, hiervon entfalle ein Betrag in Höhe von 27.475.940,10 € auf die Mitbenutzungsentgelte und 23.569.110,57 € auf die Nebenentgelte. Unter Zugrundelegung eines Marktanteils der Antragstellerin von 39,60% im Kalenderjahr 2017 errechne sich eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.108.300,00 € gerundet auf die vollen Hundert:
Gesamtkosten aller Systeme = (Erfassungskosten + Verbrennungskosten) x Erfassungsmenge/Monat
6.120.641,38 €
Marktanteil des Systems
39,60%
Sicherheitsleistung des Systems unter Berücksichtigung des Marktanteils für LVP
2.423.773,99 €
Sicherheitsleistung bzgl. Nebenentgelten
Berechnungszeitraum Absicherung Nebenentgelte
1 Monat
Gesamtsumme der Nebenentgelte
23.569.110,57 €
Marktanteil des Systems
39,60%
Anteil an den Nebenentgelten gemessen am Marktanteil für den Berechnungszeitraum als Sicherheitsleistung
777.780,65 €
Sicherheitsleistung bezüglich Mitbenutzungsentgelten
Berechnungszeitraum Absicherung Mitbenutzungsentgelte
1 Monat
Gesamtsumme der Mitbenutzungsentgelte
27.475.940,10 €
Marktanteil des Systems
39,60%
Anteil an den Mitbenutzungsentgelten gemessen am Marktanteil für den Berechnungszeitraum als Sicherheitsleistung
906.706,02 €
Gesamtsumme Sicherheitsleistung
4.108.260,66 €
Da die die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmenden Faktoren variabel seien, sich insbesondere die Marktanteile der dualen Systeme verändere, werde die Höhe der Sicherheitsleistung jährlich überprüft, um die Angemessenheit der Sicherheitsleistung sicherzustellen. Die erste turnusmäßige Überprüfung werde im Laufe des Jahres 2020 stattfinden. Die angeordnete Form der Sicherheitsleistung stütze sich auf § 18 Abs. 4 VerpackG, wonach eine insolvenzfeste Sicherheit zu erbringen sei. Die derzeit geleistete Sicherheit, die aufgrund der Rechtslage nach der VerpackV festgesetzt worden sei, werde bis zur Erbringung der nach diesem Bescheid zu leistenden Sicherheit für alle Sicherungsfälle nach § 18 Abs. 4 VerpackG verwendet werden.
Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16. August 2019, eingegangen am gleichen Tag, Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az. M 17 K …
Mit Bescheid vom 1. April 2020 erklärte das StMUV den Bescheid vom 22. Juli 2019 zur Festsetzung der Sicherheitsleistung gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG nach entsprechender Anhörung der Antragstellerin für sofort vollziehbar. Die noch nach der VerpackV geleistete Sicherheit in Höhe von 680.000,00 € sei für den aus Billigkeitsgründen gewährten Interimszeitraum vom Erlass des letzten Änderungsbescheids bis zum 1. Januar 2020 unter Würdigung des Insolvenzrisikos in eben diesem Zeitraum gerade noch ausreichend gewesen. Nachdem nicht absehbar sei, wann mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München zu rechnen und das Hauptsacheverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, bestehe ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug, da die derzeit vorhandene Sicherheit für den Sicherungsfall nach § 18 Abs. 4 VerpackG nicht auf weiterhin unbestimmte Zeit auskömmlich sei. Ein Vergleich zur Situation nach der Insolvenz des dualen Systems E. L. GmbH (***) im Jahr 2018 sei nach Inkrafttreten des VerpackG nicht möglich, da durch die Neuregelung des § 18 Abs. 4 VerpackG gerade das Tatbestandsmerkmal der Ersatzvornahme entfallen sei. Der Absicherungsrahmen sei deutlich erweitert worden, sodass die derzeit geleistete Sicherheit für einen Sicherungsfall nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr auf unabsehbare Zeit ausreichend sei.
Mit Schriftsatz vom 30. April 2020, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am gleichen Tag, beantragte die Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung der mit Datum vom 16. August 2019 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. Juli 2019, der mit weiterem Bescheid vom 1. April 2020 für sofort vollziehbar erklärt wurde, wiederherzustellen.
Es fehle bereits an der für die Anordnung des Sofortvollzugs erforderlichen Dringlichkeit der Umsetzung des Bescheids vom 22. Juli 2019. Dies zeige schon die Tatsache, dass das StMUV sich seit Inkrafttreten des VerpackG zum 1. Januar 2019 über ein halbes Jahr Zeit gelassen habe, um den Bescheid zur Erhöhung der Sicherheitsleistung zu erlassen. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei sogar erst 15 Monate danach erfolgt. Weiterhin habe das StMUV für die Ermittlung der angeforderten Sicherheitsleistung auf einen völlig veralteten Marktanteil der Antragstellerin aus dem Jahr 2017 zurückgegriffen. Auch habe sie es unterlassen, die Anpassung der Höhe der Sicherheitsleistung dynamisch je nach aktueller Entwicklung der jeweiligen Marktanteile vorzusehen. Die jeweils aktuellen Marktanteile der dualen Systeme seien auf der Homepage der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister für jedermann zugänglich veröffentlicht und ermöglichten so eine sich jeweils an den aktuellen Marktanteilen orientierende Aufteilung der zu stellenden Sicherheiten unter den jeweils am Markt tätigen Systemen. Da der Markt der Verpackungsentsorgung äußerst volatil sei und die Sicherheitsleistung der Absicherung von Risiken für jeweils aktuelle Zeiträume dienen solle, müsse sich das StMUV auch zwangsläufig an den jeweils aktuellen Werten für die Bemessung und Verteilung dieses Risikos auf die dualen Systeme orientieren. Eine lediglich jährliche Überprüfung und Anpassung greife in unverhältnismäßiger Art und Weise in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und den Liquiditätsrahmen der Systeme ein. Die Antragstellerin habe mit der auf dem aktuellen Marktanteilsberechnungskonzept der Zentralen Stelle Verpackungsregister basierenden QIIMeldung für das Jahr 2020 ihren Marktanteil LVP in Bayern auf 20,18% und damit um fast 20 Prozentpunkte verringert. Nach dem Rechenmodell des StMUV ergebe sich somit allein beim Abstellen auf den LVP-Anteil eine Reduktion der Sicherheitsleistung um ca. 1,2 Millionen €. Auch die Heranziehung des erheblich überhöhten Marktanteils aus dem Jahr 2017 für die Berechnung des Anteils der Antragstellerin zur Absicherung der Neben- und Mitbenutzungsentgelte führe zu einem ähnlichen Ergebnis. Aus der aktuellen Ermittlung der Nebenentgelt- und Mitbenutzungsentgeldanteile 2020 ergebe sich ein Marktanteil der Antragstellerin in Bayern in Höhe von lediglich 20,57%. Insgesamt würde sich die streitgegenständliche Sicherheitsleistung bei Berücksichtigung der aktuellen Marktanteile auf insgesamt nur noch 2,1 Millionen € reduzieren. Die Berechnung des StMUV führe nicht nur zu einer überproportionalen Belastung der Antragstellerin, sondern schaffe darüber hinaus einen entsprechenden Liquiditätsvorteil bei denjenigen Systemen, deren Marktanteil damit zu niedrig kalkuliert worden sei. Es sei daher eine quartalsweise Anpassung der Sicherheitsleistung an die aktuellen Marktanteile vorzusehen. Würde der Sofortvollzug, wie beabsichtigt, für eine Sicherheitsleistung in Höhe von ca. 4,1 Millionen € eingreifen, müsste die Antragstellerin hierfür eine Bürgschaft stellen oder den Betrag in Geld hinterlegen. Eine Hinterlegung würde der Antragstellerin die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über den Geldbetrag entziehen. Im Falle der Stellung einer Bürgschaft wäre die Antragstellerin nicht nur durch die zu entrichtenden Avalzinsen, sondern insbesondere auch durch die mit ihr verbundene Einschränkung des Kreditrahmens und den damit verbundenen Liquiditätsentzug erheblich beeinträchtigt, zumal alle Bundesländer entsprechend hohe Bürgschaftssummen fordern könnten. Eine solche langfristige Finanzierung derart hoher Beträge würde zu einer massiven Erhöhung des Verschuldungsgrads der Unternehmensgruppe der Antragstellerin und somit zu höheren Kosten führen. Die Finanzierung wäre wohl nur über hochverzinste Finanzierungsinstrumente möglich. Unterstellt, alle Bundesländer würden entsprechend hohe Sicherheitsleistungen verlangen, könnten sich diese Kosten auf bis zu 4 Millionen € pro Jahr belaufen. Weiterhin sei die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung der Sicherheitsleistung in § 18 Abs. 4 VerpackG wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam. Entsprechendes habe das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 26. März 2015, Aktenzeichen 7 C 17/12, zur Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV (alte Fassung) festgestellt. Durch die mit der Leistung der Sicherheit verbundene Reduzierung des Kreditrahmens des Systembetreibers bzw. der Liquiditätsschmälerung habe auch die nach § 18 Abs. 4 VerpackG zu leistende Sicherheit für die Systembetreiber abgabenähnlichen Charakter. Der Regelung des § 18 Abs. 4 VerpackG fehle eine Festlegung von Bemessungsfaktoren für die Angemessenheit der zu leistenden Sicherheit. Der Anwendungsbereich der Norm sei so weit gefasst, dass nur durch Auslegung zu ermitteln sei, welche Bemessungsfaktoren der Gesetzgeber im Blick gehabt haben könnte. Auch in der Orientierung an den Kosten einer möglichen Ersatzvornahme, wie es im Rahmen der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV noch möglich gewesen sei, sei durch die deutlich erweiterte Fassung des Tatbestandes des § 18 Abs. 4 VerpackG nicht mehr möglich. Die Vorschrift spreche lediglich von „zusätzlichen Kosten oder finanziellen Verlusten“. Dies sei jedoch zu unbestimmt. Weiterhin lasse die Vorschrift auch in keiner Weise erkennen, wie letztlich ein öffentlich-rechtlich Entsorgungsträger im Falle eines Eintritts eines relevanten Sicherungsfalls die allein zu Gunsten des StMUV hinterlegte Sicherheitsleistung in Anspruch nehmen könnte. Es fehle an einer Regelung, in welchen konkreten Fällen die Antragsgegnerin Beträge aus der Sicherheitsleistung überhaupt an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auskehren dürfe. Weiterhin sei die Festsetzung der Sicherheitsleistung ermessensfehlerhaft zustande gekommen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme der Sicherheit aus § 18 Abs. 4 VerpackG sei jedenfalls bezüglich des fiktiven Falls der flächendeckenden Nichtabholung von Verpackungsabfällen höchst unwahrscheinlich. Denn die von den Systembetreibern beauftragten Erfassungsunternehmen seien nicht nur gegenüber dem Ausschreibungsführer in dem mit diesem geschlossenen Erfassungsvertrag zur flächendeckenden Sammlung der anfallenden Verpackungsmengen verpflichtet, sondern über die Miterfassungsverträge auch gegenüber allen anderen im jeweiligen Gebiet tätigen Systemen. Das Erfassungsunternehmen würde somit vertragsbrüchig, sollte es wegen drohender Zahlungsunfähigkeit des Ausschreibungsführers – oder eines der anderen im Rahmen der Miterfassung bedienten Systeme – die weitere Erfassung verweigern. Das (theoretisch) vertragsbrüchige Verhalten könne nicht ausreichen, um eine Sicherheitsleistung von demjenigen zu fordern, der die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen gerade durch die Beauftragung eines Dritten sichergestellt habe. Auch sei es dem Erfassungsunternehmen bereits faktisch nicht möglich, den auf ein sich gegebenenfalls in Zahlungsschwierigkeiten befindliches duales System entfallenden Anteil im Rahmen der regelmäßigen Abfuhr von „gelben Säcken“ bzw. Leerung von „gelben Tonnen“ an jeder Abfallssamm* …telle entsprechend zu ermitteln und auszusondern. Würde es hierbei einen höheren Anteil an Verpackungsmengen, als dem betreffenden ausfallenden Systembetreiber quotal zuzuordnen wäre, „stehen lassen“, würde es gegenüber den anderen Systembetreibern des Miterfassungssystems jedenfalls vertragsbrüchig werden, mit der Folge, dass der Erfasser auch von den weiteren Systembetreibern keine Zahlung mehr erhalten würde. Die Situation, dass „gelbe Säcke“ tatsächlich stehen blieben oder „gelbe Tonnen“ nicht geleert würden, könne daher, wenn überhaupt, nur dann auftreten, wenn es zu einem gleichzeitigen Ausfall aller in einem System tätigen dualen Systeme käme und der Erfasser daher von keinem seiner Vertragspartner im Miterfassungssystem noch eine Vergütung realisieren könne. Dass dieser Fall bereits rein faktisch äußerst unwahrscheinlich sei, zeige die Entwicklung des dualen Systems über die letzten mehr als 25 Jahre. Dies verdeutliche unter anderem auch die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2012. In dieser sogenannten „Zwischenbilanz der Wettbewerbsöffnung“ stelle das Bundeskartellamt ausdrücklich fest, dass die befürchteten Auswirkungen der Wettbewerbsöffnung auf den Fortbestand und die Stabilität des Systems nicht eingetreten seien, sondern die Präsenz mehrerer Systemanbieter tendenziell sogar einen positiven Beitrag zur Stabilität des Gesamtsystems leiste. Gerade der Fall der Insolvenz der … verdeutliche, dass es selbst dann, wenn ein Systembetreiber tatsächlich in Zahlungsschwierigkeiten gerate, nicht zu der angeblich notwendigen Anordnung einer Ersatzvornahme durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gekommen sei. Bundesweit habe nur ein Entsorger in nur einem Gebiet diesbezüglich tatsächlich kurzfristig die Abholung verweigert. Zu einer Anordnung der Ersatzvornahme sei es jedoch nicht gekommen. Mit einem flächendeckenden Ausfall aller im Freistaat von den dualen Systemen beauftragten Entsorgungsunternehmen sei nicht zu rechnen. Das StMUV habe daher für die Berechnung der Sicherheitsleistung nicht die Gesamt-LVP-Erfassungsmenge für ganz Bayern heranziehen dürfen. Ohnehin hätten das Risiko, dass ein Vertragspartner in Zahlungsschwierigkeiten gerate oder sogar insolvent werde, grundsätzlich alle Wirtschaftsbeteiligten in ihren jeweiligen Vertragsbeziehungen zu tragen.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 26. Mai 2020,
den Antrag abzuweisen.
Der Bescheid vom 22. Juli 2020 sei rechtmäßig ergangen. Die Ermächtigungsgrundlage in § 18 Abs. 4 VerpackG sei hinreichend bestimmt. Auch die Ermessensentscheidung zur Festsetzung der Sicherheitsleistung sei fehlerfrei ergangen. Das ermittelte Szenario einer Zugriffsnotwendigkeit auf die Sicherheit sei nicht derart unwahrscheinlich, dass ein Abstellen darauf unverhältnismäßig wäre. Die Insolvenz des dualen Systems … habe die Störanfälligkeit und Fragilität des Konstrukts der dualen Systeme verdeutlicht. Die Zahlungsschwierigkeiten der … mit einem Marktanteil von ca. 10% hätten im Jahr 2017 innerhalb von rund sechs Monaten zu offenen Forderung von etwa 70 Millionen € geführt. Zahlreiche Entsorger hätten in einzelnen Gebieten gedroht, „gelbe Säcke“, „gelbe Tonnen“ oder Wertstoffcontainer nicht mehr abzuholen und zu entsorgen. Mit der … sei ein System mit vergleichsweise geringem Marktanteil insolvent gegangen. Sollte ein System mit größerem Marktanteil, wie die Antragstellerin, in Zahlungsschwierigkeiten geraten, erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit einer Nichterfassung noch deutlicher. Sei ein hoher Anteil der Verpackungen bei diesem System lizenziert und sei es damit Hauptkostenverantwortlicher gegenüber dem beauftragten Dritten, sei es nicht denkbar, dass der Entsorger die Erfassung ohne Gegenleistung durch das System fortsetze. Zu beachten sei außerdem, dass zum damaligen Zeitpunkt nach § 5 Abs. 5 Satz 3 VerpackV nur dann auf die Sicherheitsleistung zurückgegriffen werden habe können, wenn ein Systembetreiber oder beauftragte Dritte Pflichten nicht erfüllten und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen konnten. Da damals die strengen Kriterien der Ersatzvornahme nicht vorgelegen hätten, habe die Sicherheitsleistung nicht in Anspruch genommen werden können. Ebenso wenig habe auf die Sicherheitsleistung aufgrund fehlender Zahlung von Neben- und Mitbenutzungsentgelten zurückgegriffen werden können. Diese Rechtslage habe sich geändert. Den Veränderungen im Markt werde durch die im Bescheid vorgesehene jährliche Überprüfung der Sicherheitsleistung und damit auch der zugrunde zu legenden Marktanteile hinreichend Rechnung getragen. Da die neben dem Marktanteil weiteren zur Berechnung herangezogenen Berechnungsgrößen, wie etwa die Erfassungsmenge oder die Verbrennungskosten, per Kalenderjahr erhoben würden und unterjährig nicht zur Verfügung stünden, könne nur bei jährlicher Überprüfung eine stimmige Datengrundlage als Basis der Berechnung unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Systeme sichergestellt werden. Im Übrigen habe der Marktanteil der Antragstellerin im Jahr 2017 bei 39,60% gelegen; im vierten Quartal 2019 habe er bei 31,21% gelegen. Relevante Schwankungen in Größenordnungen von 20%, wie von der Antragstellerin ausgeführt, seien über den Zeitraum von zwei Jahren nicht zu erkennen. Eine Verkürzung des Überprüfungszeitraums auf eine vierteljährliche Überprüfung sei aus verwaltungsökonomischer Sicht weder für den Antragsgegner noch für die übrigen dualen Systeme vertretbar. Das Verfahren zur Festsetzung neuer Sicherheitsleistung müsse gegenüber allen am Markt tätigen dualen System durchgeführt werden. Es umfasse neben der Ermittlung der relevanten gesicherten Berechnungsparameter die Neuberechnung der Sicherheitsleistung, ein Anhörungsverfahren mit angemessener Fristsetzung, anschließende Würdigung der Stellungnahme sowie gegebenenfalls das Beibringen neuer Sicherheiten. Erfahrungsgemäß erfordere die Beibringung neuer, höherer Sicherheitsleistungen einen gewissen zeitlichen Vorlauf bei den Systemen selbst. Auch verursache das jeweilige durchgeführte Verwaltungsverfahren Kosten, die den dualen Systemen aufzuerlegen seien. Der Gesetzgeber habe den Umfang der Sicherheitsleistung in § 18 Abs. 4 VerpackG bewusst erhöht. Die Möglichkeit des Beibringens einer Bürgschaft als Alternative zur Hinterlegung der Sicherheitsleistung sei der Antragstellerin gerade deshalb eingeräumt worden, um ihr keine liquiden Mittel zur wirtschaftlichen Betätigung zu entziehen. Dass ein mit der Stellung einer Bürgschaft verbundener Liquiditätsentzug eine ebenso erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit hervorrufen solle wie eine Hinterlegung, sei nicht nachvollziehbar und werde auch nicht belegt. Schließlich bestehe auch ein öffentliches Interesse am Vollzug des Bescheids. Ein weiteres Zuwarten bis zur Bestandskraft des Bescheids sei nicht geboten. Die derzeit geleistete Sicherheit der Antragstellerin sei nicht ausreichend, um im Sicherungsfall eine geordnete Abfallentsorgung zu finanzieren. Die nach der VerpackV geleistete Sicherheit sei für den von der Antragstellerin im Anhörungsverfahren erbetenen und aus Billigkeitsgründen gewährten Interimszeitraum vom Erlass des letzten Änderungsbescheids bis zum 1. Januar 2020 für eben diesen überschaubaren Zeitraum und ein damit überschaubares Insolvenzrisiko gerade noch ausreichend gewesen. Sie sei es jedoch nicht auf unbestimmte Zeit bei unbestimmter wirtschaftlicher Entwicklung. Die Zeit nach dem Inkrafttreten des VerpackG hätten die zuständigen Landesbehörden zur Abstimmung und zur Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts der Bundesländer genutzt. Derzeit sei nicht absehbar, wann das Hauptsacheverfahren abgeschlossen und der Bescheid rechtskräftig werde. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei daher notwendig, um zeitnah eine für den Sicherungsfall nach VerpackG auskömmliche Sicherheit zu erlangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 17 K … verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 16. August 2019 gegen den Bescheid vom 22. Juli 2019 ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 22. Juli 2019 hat keine aufschiebende Wirkung, weil der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. April 2020 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 22. Juli 2019 angeordnet hat, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Ziffer III. des Bescheids, die bestimmt, dass die Kosten des Bescheids von der Antragstellerin zu tragen sind, ist nicht Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin. Die dort getroffene Kostengrundentscheidung verweist auf einen gesonderten Kostenbescheid und enthält damit (noch) keine eigenständig anfechtbare Beschwer der Antragstellerin.
2. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder zumindest eine Aufhebung der Vollziehungsanordnung wegen unzureichender Begründung des Vollziehungsinteresses (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) kommt nicht in Betracht. Formelle Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung ist, dass für das besondere Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung eine schriftliche Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegeben worden ist. Der Sinn und Zweck dieses Begründungserfordernisses besteht darin, dass sich die Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung bewusstmacht und mit besonderer Sorgfalt prüft, ob vorrangige öffentliche Interessen eine Vollziehung bereits vor Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts notwendig erscheinen lassen. Pauschale, formelhafte und für eine beliebige Vielzahl von Fallgestaltungen anwendbare Formulierungen genügen deshalb den gesetzlichen Anforderungen im Regelfall nicht. Bei gleichartigen Tatbeständen können allerdings auch typisierte Begründungen ausreichen. Abzuwägen war hier zwischen dem Risiko eines Forderungsausfalls auf Seiten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder der öffentlichen Hand und dem Interesse eines Systembetreibers, von der Stellung einer Sicherheit bis zur Entscheidung der Hauptsache verschont zu bleiben.
Der Antragsgegner hat vorliegend einzelfallbezogen und unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessenlage die für und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung sprechenden Umstände abgewogen. Er hat insbesondere auf die Erweiterung des Absicherungsrahmens mit Inkrafttreten des VerpackG zum 1. Januar 2019 hingewiesen, die dazu führe, dass die derzeit geleistete Sicherheit für einen Sicherungsfall nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr auf unabsehbare Zeit ausreichend sei. Die von der Antragstellerin noch nach der VerpackV geleistete Sicherheit in Höhe von 680.000,00 € sei für den aus Billigkeitsgründen gewährten Interimszeitraum vom Erlass des letzten Änderungsbescheids bis zum 1. Januar 2020 unter Würdigung des Insolvenzrisikos in eben diesen Zeitraum gerade noch ausreichend gewesen. Die vorhandene Sicherheit sei jedoch nicht auf weiterhin unbestimmte Zeit auskömmlich. Wann mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München in der Hauptsache zu rechnen sei, könne derzeit nicht abgeschätzt werden. Damit hat der Antragsgegner fallbezogen die von ihm als maßgeblich angesehenen Umstände angegeben.
Anders als die Antragstellerin meint, kann der Umstand, dass der Antragsgegner ihr auf ihren Antrag hin einen Aufschub zur Leistung der neu festgesetzten Sicherheit bis zum 1. Januar 2020 gewährt hat, auch nicht dazu führen, dass nun die Notwendigkeit des Sofortvollzugs generell zu verneinen sei. Der Antragsgegner hat dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin für einen befristeten Zeitraum Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Absicherung des Insolvenzrisikos eingeräumt. Er ist jedoch nicht verpflichtet, dies auf unbestimmte Zeit, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, aufrechtzuerhalten. Zu beachten ist, dass Leistungsstörungen im dualen System weitreichende Folgeprobleme auslösen können, die nicht nur die wirtschaftliche Existenz von Entsorgern, sondern auch die Funktionsfähigkeit der Verpackungsentsorgung insgesamt gefährden können. Ein Aufschub der Hinterlegung einer angemessenen insolvenzfesten Sicherheitsleistung kann dazu führen, dass die öffentliche Hand bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über Jahre hinweg dem Risiko der Kostentragung für die Abholung und Entsorgung von Verpackungsabfällen und Verlusten aus der Nichtzahlung vereinbarter Mitbenutzungs- und Nebenentgelte ausgesetzt ist. Es liegt deshalb im öffentlichen Interesse, die Entsorgung der Verpackungsabfälle im Falle der Nichtabholung und von Zahlungsausfällen der Systembetreiber für Mitbenutzungs- und Nebenentgelte finanziell ausreichend abzusichern und damit nicht den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und insoweit die Allgemeinheit zu belasten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das Zurücktreten des Interesses der Antragstellerin am Erhalt der aufschiebenden Wirkung im Falle der Erhebung einer Anfechtungsklage seitens des Antragsgegners ausreichend begründet worden.
3. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hängt von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen an der Suspendierung der angefochtenen Maßnahme einerseits und der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits ab. Bei der Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der sofort vollziehbare Verwaltungsakt rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen der angegriffene Bescheid rechtmäßig und besteht ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung, überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Bestand der sofortigen Vollziehbarkeit. Sind die Erfolgsaussichten hingegen offen, ist eine von der Einschätzung der Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen.
Vorliegend ergibt die Abwägung des Interesses der Antragstellerin einerseits – vorläufig von der Pflicht zur Stellung einer Sicherheit verschont zu bleiben – mit dem widerstreitenden öffentlichen Interesse andererseits – Absicherung zusätzlicher Kosten oder finanzieller Verluste der öffentlichen Hand infolge von bis zur Entscheidung in der Hauptsache entstehenden Zahlungsausfällen eines oder mehrerer Systembetreiber -, dass dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheids vom 22. Juli 2019 der Vorrang einzuräumen ist. Denn die in der Hauptsache angefochtene Festsetzung einer Sicherheitsleistung in Ziffer I. des Bescheids vom 22. Juli 2019 in Höhe von insgesamt 4.108.300,00 € erweist sich nach der gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig.
3.1 Ermächtigungsgrundlage der Festsetzung der Sicherheitsleistung ist § 18 Abs. 4 VerpackG. Danach kann die für die Genehmigung eines Systems zuständige Landesbehörde jederzeit verlangen, dass ein System eine angemessene, insolvenzfeste Sicherheit für den Fall leistet, dass es oder die von ihm beauftragten Dritten Pflichten nach dem VerpackG, aus der Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG oder aus den Vorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfüllen und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste entstehen.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 18 Abs. 4 VerpackG bestehen nicht.
Insbesondere genügt § 18 Abs. 4 VerpackG dem Gebot der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit von Gesetzen (vgl. VG G* …enkirchen, B.v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 13 ff. und B.v. 2.6.2020 – 9 L 1924/19 – Rn. 13 f.). Denn § 18 Abs. 4 VerpackG lässt sich, auch soweit er unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet und die Forderung einer Sicherheitsleistung in das Ermessen der Behörde stellt, durch Auslegung einer im Einzelfall für den Normadressaten hinreichend sicher abschätzbaren Bedeutung zuführen.
Der Adressatenkreis der Norm ist eindeutig bestimmt. § 18 Abs. 4 VerpackG richtet sich an Systeme. Der Begriff „System“ im Sinne des § 18 Abs. 4 VerpackG ist hinreichend bestimmt und abschließend in § 3 Abs. 16 VerpackG definiert.
Auch bezogen auf die Bemessung der von der Behörde zu fordernden Sicherheit genügt § 18 Abs. 4 VerpackG den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. § 18 Abs. 4 VerpackG ermächtigt die Behörde, die Leistung einer „angemessenen“ Sicherheit zu verlangen. Damit begründet § 18 Abs. 4 VerpackG – wie auch bereits der frühere § 6 Abs. 5 Satz 3 der VerpackV – keinen abgabeähnlichen Tatbestand, an den qualifizierte Bestimmtheitsanforderungen zu stellen wären. Der Hinweis der Antragstellerin auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackG a.F. geht fehl. Nach dieser Bestimmung konnten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Übernahme oder Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I zur VerpackV genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. § 18 Abs. 4 VerpackG unterscheidet sich jedoch maßgeblich von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV a.F. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV a.F. begründete einen solchen Anspruch auf ein angemessenes (Mitbenutzungs-)Entgelt. Damit war § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV a.F. ein Abgabentatbestand. Demgegenüber ermächtigt § 18 Abs. 4 VerpackG die Behörde, eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Abgabentatbestände zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Staat einen Anspruch auf eine Geldleistung einräumen (vgl. § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO). Insoweit fordert das Bestimmtheitsgebot im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, aber auch bei kostenorientierten Sonderabgaben, eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt (BVerfG, B. v. 17.7.2003 – 2 BvL 1/99 -, BVerfGE 108, 186-238 = juris Rn. 175; BVerwG, B. v. 20.8.1997 – 8 B 170/97 -, BVerwGE 105, 144-153 = juris Rn. 14). § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV a.F. entsprach nicht den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. Der Bestimmung fehlte die nun in § 22 Abs. 3 Satz 2 VerpackG enthaltene Verweisung auf die in § 9 Bundesgebührengesetz vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666), in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Gebührenbemessungsgrundsätzen. Die zur Entrichtung des angemessenen Entgelts verpflichteten Betreiber von Rücknahmesystemen wurden vor diesem Hintergrund nicht in die Lage versetzt, die sie im Falle eines Mitbenutzungsverlangens des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers treffende Belastung in gewissem Umfang vorauszuberechnen, da es an der normativen Festlegung von Bemessungsfaktoren zur Bestimmung des angemessenen Entgelts mangelte (Vgl. BVerwG, U. v. 26.3.2015 – 7 C 17/12 -, BVerwGE 152, 1-10, Rn. 29 f.). § 18 Abs. 4 VerpackG – wie auch vormals § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. – begründet jedoch keinen solchen abgabeähnlichen Tatbestand, dessen Bemessungsfaktoren in entsprechender Weise im Vorhinein bestimmt sein müssen. § 18 Abs. 4 VerpackG räumt der zuständigen Behörde keinen Anspruch auf eine Geldleistung ein, sondern auf eine insolvenzfeste Sicherheitsleistung, die in der Regel – wie auch vorliegend – durch eine Bankbürgschaft erbracht wird und damit einer Geldzahlung an die zuständige Behörde nicht gleichsteht (Vgl. so zu § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F.: VG Stuttgart, U.v. 14. Dezember 2017 – 14 K 2847/15 -, juris Rn. 68). Dass im Einzelfall die Möglichkeit eines Systembetreibers, am Markt liquide Mittel zu erlangen, durch die Beibringung einer Bürgschaft geschmälert werden kann, ist eine denkbare wirtschaftliche Auswirkung der Rechtsfolge des § 18 Abs. 4 VerpackG, führt aber nicht zur rechtlichen Einordnung dieser Bestimmung als abgabeähnlicher Tatbestand. Eine Sicherheitsleistung wird, anders als öffentliche Abgaben, nicht nach Kosten, Wert und Vorteil einer real erbrachten Leistung genau berechnet, sondern kann nur nach Vermutungen in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden. Maßgebliche Bestimmungsgrößen, wie die Erfassungsmenge und die Entsorgungskosten lassen sich nicht exakt und im Voraus ermitteln und quantifizieren. Sicherheitsleistungen unterliegen deshalb nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die für abgabenbegründende Tatbestände gelten, deren Zweck es ist, eine regelmäßig von einem bestimmten Kreis von Abgabepflichtigen erhobene und damit haushaltsmäßig fest kalkulierbare Einnahmequelle zu erschließen, die es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ermöglicht, seine eigenen Ausgaben voll oder jedenfalls teilweise zu decken. Von daher ist der Gesetzgeber nicht gehalten, für eine Sicherheitsleistung Bemessungsfaktoren so konkret festzulegen, dass sie wie eine haushaltsmäßige Abgabe fest kalkuliert werden können. Indes gelten die allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen an Rechtsnormen. Insbesondere ist nach den oben dargelegten Maßgaben zu verlangen, dass die Voraussetzungen der Forderung einer Sicherheit, die in das Ermessen der Behörde gestellt wird, hinsichtlich Gesetzeszwecken, Maßstäben für Abwägungsentscheidungen und tatbestandlichen Bindungen hinreichend deutlich eingegrenzt sind.
Diese Anforderungen erfüllt § 18 Abs. 4 VerpackG.
Es genügt, dass die von § 18 Abs. 4 VerpackG geforderte Sicherheitsleistung im Einzelfall im Licht des Zwecks der in § 18 Abs. 4 VerpackG bestimmbar und überprüfbar ist. Was angemessen im Sinne des § 18 Abs. 4 VerpackG ist, bemisst sich nach Maßgabe der im Einzelnen und abschließend aufgeführten Sicherungstatbestände, die ihrerseits hinreichend bestimmt sind. Gegenüber der Vorgängernorm des § 18 Abs. 4 VerpackG, § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F., sind die Sicherungstatbestände ausgeweitet worden. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. konnte die Sicherheitsleistung nur für den Fall, dass der Systembetreiber oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach der VerpackV ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können, festgesetzt werden. Wie unter der alten Rechtslage sichert § 18 Abs. 4 VerpackG insbesondere die Ersatzvornahme für die Sammlung, den Transport und die Verwertung von Leichtverpackungen und Glas ab (§§ 14, 16 VerpackG). Das Szenario eines Ausfalls ist hier insbesondere denkbar, wenn der Hauptkostenverantwortliche (§ 23 Abs. 2 Satz 2 VerpackG) seine Zahlungspflichten nicht mehr erfüllt. Nunmehr erstreckt sich die Sicherheitsleistung auch auf das Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber (Abstimmungsvereinbarung gemäß § 22 Abs. 1 VerpackG sowie durch Verwaltungsakt begründete Systempflichten, § 22 Abs. 2 VerpackG). Abgesichert werden als „Pflichten nach diesem Gesetz“ insbesondere noch Mitbenutzungs- und Nebenentgelte (§ 22 Abs. 3, 4 i.V.m. Abs. 1 VerpackG). Auch der Kreis abzusichernder Pflichtverstöße ist erweitert worden. Zum anderen können nach neuer Rechtslage nicht nur die Kosten der Ersatzvornahme abgesichert werden, sondern alle auf Grund einer Pflichtverletzung kausalen finanziellen Verluste der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. der zuständigen Behörden.
Unschädlich ist, dass § 18 Abs. 4 VerpackG die Sicherheitsleistung nicht auf Fälle der Ersatzvornahme oder der Mitbenutzungs- und Nebenentgelte beschränkt, indem „zusätzliche Kosten“ oder „finanzielle Verluste“ abgesichert werden. Auch diese offenen Tatbestände sind durch Auslegung bestimmbar. Es bedarf stets einer kausalen Anknüpfung entstehender Kosten und Verluste an einen tatbestandlichen Pflichtenverstoß. Als weitere Beispiele für solche Kosten oder finanziellen Verluste nennt die Gesetzesbegründung insbesondere Ermittlungs- und Verwaltungskosten oder Kosten für Vollstreckungsmaßnahmen (BT-Drs. 18/11274, S. 103). Unschädlich ist auch, dass die Qualität der Pflichtverstöße erweitert wurde. Neben einer vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung ist nunmehr auch die „nicht ordnungsgemäße“ Erfüllung, also die Schlechterfüllung von Pflichten, erfasst.
Schließlich ist auch die Art der Sicherheitsleistung hinreichend bestimmt. Das Gesetz nimmt durch seinen Wortlaut „insolvenzfeste Sicherheit“ Bezug auf die Sicherheitsleistung nach § 232 BGB, der neben der Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren die Begründung von Pfandrechten und subsidiär die Stellung eines tauglichen Bürgen vorsieht (§ 232 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Insolvenzfest sind diese Sicherheiten, weil die Verpfändung ein Absonderungsrecht begründet (§ 50 Abs. 1 Insolvenzordnung – InsO) und das Gesetz diese Wirkung auf die Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren ausdehnt. Insolvenzfest ist auch die Beibringung einer Bankbürgschaft im Gegensatz zu einer Konzernbürgschaft.
Es bestehen bei summarischer Prüfung auch keine durchgreifenden Bedenken, dass § 18 Abs. 4 VerpackG dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Die Beibringung einer Sicherheitsleistung beeinträchtigt ein duales System im Verhältnis zu dem öffentlichen Interesse, die flächendeckende Sammlung und Verwertung von Verpackungen sicherzustellen, nicht unverhältnismäßig. Der Absicherung der Verpflichtungen aus dem VerpackG dient die nach § 18 Abs. 4 VerpackG zu erbringende Sicherheitsleistung, die – insbesondere weil sie nicht in der Leistung eines Entgelts besteht – im Verhältnis zu der abfallwirtschaftlichen Tätigkeit der Systeme angemessen ist, um die Erfassung und Verwertung von Verpackungen auch bei Liquiditätsengpässen und Zahlungsausfällen sicherzustellen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor auf Pflichtverstößen beruhenden Zahlungsausfällen zu schützen (Vgl. hierzu mit ausführlicher Begründung: VG G* …enkirchen, B.v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 41 ff.).
3.2 Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 4 VerpackG liegen vor.
3.2.1 Das StMUV ist nach Art. 29 Abs. 2 Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz (BayAbfG) in Verbindung mit § 1a Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) Genehmigungsbehörde i.S.d. § 18 Abs. 1 VerpackG und daher auch zuständige Behörde zur Festsetzung der Sicherheitsleistung gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG.
3.2.2 Die Entscheidung über die Sicherheitsleistung steht gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Ermessen des Antragsgegners. Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht bei Ermessensentscheidungen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.
Zweck der nach § 18 Abs. 4 VerpackG festzusetzenden Sicherheitsleistung ist die kostenmäßige Absicherung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder zuständigen Behörden für den Fall, dass das System Pflichten nach diesem Gesetz, aus der Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG oder aus den Vorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfüllen und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste entstehen. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (vgl. BT-Drs 18/11274, S. 103) werden auch weiterhin die Kosten der Ersatzvornahme abgesichert, nunmehr für die Verpflichtungen aus § 14 Abs. 1 und Abs. 2 VerpackG. In dieser Hinsicht deckt sich die neue Rechtslage mit der alten Rechtslage gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. Die hierzu ergangene Rechtsprechung, nach der die Behörde zur Sicherung für den Fall berechtigt war, dass der Systembetreiber seine Pflichten nach der VerpackV ganz oder teilweise nicht erfüllt und daher eine Ersatzvornahme erforderlich wird, lässt sich insoweit übertragen. Auch eine teilweise Zahlungseinstellung mit der Folge der Einstellung der Entsorgung durch den Auftragnehmer stellt eine Pflichtverletzung des Systembetreibers dar (vgl. zur alten Rechtslage: VG Stuttgart, U. v. 14. Dezember 2017 – 14 K 2860/15 -, juris Rn. 88). Die Prüfung der Ermessensausübung durch den Antragsgegner beschränkt sich im vorliegenden Fall auf die Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung. Denn eine Ermessensentscheidung darüber, ob eine und welche Sicherheitsleistung von der Antragstellerin verlangt wird, d.h. über das Ob und die Art einer Sicherheitsleistung, hat der Antragsgegner im angegriffenen Bescheid nicht getroffen. Vielmehr hat er insoweit bereits mit der Nebenbestimmung in Ziffer 2.14 des Feststellungsbescheides vom 22. Dezember 1992, zuletzt geändert durch den zweiten Änderungsbescheid vom 5. September 2011 sowie seine Ergänzung vom 18. Oktober 2012, von dem ihm durch § 18 Abs. 4 VerpackG eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Denn mit dieser Nebenbestimmung hat der Antragsgegner geregelt, dass die Antragstellerin eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall zu leisten hat, dass, falls der Systembetrieb eingestellt wird, die in den Sammeleinrichtungen des Systems tatsächlich erfassten Verpackungen entsorgt werden und hierfür die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können. Er hat bereits in diesem Bescheid geregelt, dass die Sicherheit in Form einer unwiderruflichen und unbefristeten selbstschuldnerischen Bankbürgschaft auf erstes Anfordern einer deutschen Sparkasse oder einer Großbank oder im Wege der Hinterlegung zu erbringen ist. Da der Bescheid vom 22. Dezember 1992, zuletzt geändert durch den zweiten Änderungsbescheid vom 5. September 2011 sowie seine Ergänzung vom 18. Oktober 2012, bestandskräftig ist, ist diese getroffene Ermessensentscheidung des Antragsgegners über das „Ob“ und die Art der Festsetzung einer Sicherheitsleistung unanfechtbar und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Der Antragsgegner hat in dem hier gegenständlichen Bescheid vom 22. Juli 2019 auch weder erneut eine Ermessensentscheidung über das „Ob“ noch über die Art einer Sicherheitsleistung getroffen. Vielmehr setzte er in Ziffer I. dieses Bescheids die Sicherheitsleistung auf 4.108.300,00 € fest und bestimmte, dass diese bis spätestens zum 1. Januar 2020 – wie bereits schon im Bescheid vom 22. Dezember 1992, zuletzt geändert durch den zweiten Änderungsbescheid vom 5. September 2011 sowie seine Ergänzung vom 18. Oktober 2012 verfügt – in Form einer unwiderruflichen und unbefristeten selbstschuldnerischen Bankbürgschaft auf erstes Anfordern einer deutschen Sparkasse oder einer Großbank oder Kreditversicherung oder im Wege einer Einzahlung von Geld zu erbringen ist.
Hat die zuständige Behörde bestandskräftig über die Sicherheitsleistung dem Grunde nach entschieden, kann der Festsetzung der Sicherheitsleistung der Höhe nach nicht entgegengehalten werden, der Eintritt des Sicherungsfalls sei aufgrund der gewählten Vertragsgestaltungen zwischen den jeweiligen Systemen und den einzelnen Erfassungsunternehmen äußerst unwahrscheinlich, so dass aus diesem Grund ein Ermessensfehler vorliege. Denn mit diesem Einwand wird vorgetragen, die Gefahr einer Ersatzvornahme durch einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder der Realisierung sonstiger Sicherungstatbestände sei ausgeschlossen. Der Einwand greift somit die Entscheidung an, trotz der behaupteten Unwahrscheinlichkeit des Eintritts des Sicherungsfalls überhaupt eine Sicherheitsleistung festgesetzt zu haben (VG G* …enkirchen, B. v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 52 ff., so auch im Zusammenhang mit § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F.: VG Stuttgart, U.v. 14.12.2017 – 14 K 2860/15 – juris Rn. 78). Hierüber wurde aber bereits – wie ausgeführt – mit Bescheid vom 22. Dezember 1992, zuletzt geändert durch den zweiten Änderungsbescheid vom 5. September 2011 sowie seine Ergänzung vom 18. Oktober 2012, unanfechtbar entschieden. Im vorliegenden Verfahren ist ausschließlich über das dem Antragsgegner durch § 18 Abs. 4 VerpackG eingeräumte Ermessen für die Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung zu entscheiden. Denn nur insoweit erfolgte in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Juli 2019 eine Ermessensentscheidung.
Im Hinblick auf die Ermessensausübung bezüglich der Höhe der Sicherheitsleistung ist zwischen der festgesetzten Sicherheitsleistung zur Absicherung der Kosten der Abholung und Entsorgung der Abfälle (Kosten der Ersatzvornahme) und der Sicherheitsleistung für Mitbenutzungs- und Nebenentgelte zu unterscheiden.
Die Ermessensausübung ist fehlerhaft, wenn die behördliche Entscheidung nicht auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage beruht oder die Behörde den Sachverhalt in wesentlicher – d.h. entscheidungserheblicher – Hinsicht nicht vollständig und zutreffend ermittelt hat. Dabei überlässt es § 24 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 VwVfG in den vom Gegenstand des Verfahrens gezogenen Grenzen jedoch grundsätzlich der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung der Behörde, welche Mittel sie zur Erforschung des Sachverhalts anwendet.
Sofern sich die Behörde auf Schätzungen stützt, muss die Schätzung im Licht des Zwecks der Ermächtigungsgrundlage (§ 40 VwVfG) plausibel und in sich schlüssig sein. Bei der Ermittlung von Daten ist dabei u.a. zu berücksichtigen, dass ein möglichst wirklichkeitsgetreues Ergebnis erzielt wird. Die Behörde hat ihr Ermessen nach § 40 VwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen einzuhalten. Eine Schätzung ohne Rückgriff auf verfügbare Anhaltspunkte (andere vorhandene oder bekannte Daten) wäre unverhältnismäßig.
a) Nach summarischer Prüfung ist nach diesen Maßstäben die Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung auf 2.423.773,99 € für die Kosten der Abholung und Entsorgung der Abfälle nicht zu beanstanden.
Bezüglich der Ersatzvornahme hat das VG Stuttgart (U. v. 14.12.2017 – 14 K 2860/15 – juris Rn. 73 f.) zum Maßstab der Überprüfung der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. ausgeführt:
„Die gerichtliche Kontrolle bei behördlichen Ermessensentscheidungen ist daher auf die Überprüfung von Ermessensfehlern beschränkt. Das bedeutet, dass das Gericht nur eine Rechtmäßigkeits- und keine Zweckmäßigkeitskontrolle durchführen darf. Zudem liegt der Festsetzung einer Sicherheitsleistung eine Prognose der Kosten einer künftigen Ersatzvornahme zugrunde, die im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die Anordnung betrifft in der Zukunft liegende Pflichten, und die Behörde muss abschätzen, ob und in welchem Umfang diese Pflichten entstehen werden. Eine solche Prognose ist schon ihrem Wesen nach stets mit Unwägbarkeiten hinsichtlich ungewisser zukünftiger Entwicklungen belastet. Die Anordnung der Sicherheit ist daher nur daraufhin überprüfbar, ob der Beklagte bei seiner Entscheidung den zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat und ob die Prognose der voraussichtlichen Entsorgungskosten vertretbar ist.“
Dieser Maßstab ist hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolldichte auf § 18 Abs. 4 VerpackG übertragbar (VG G* …enkirchen, B. v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 68).
Die vorliegend nunmehr auf Grundlage des § 18 Abs. 4 VerpackG gestellte Prognose der voraussichtlichen Kosten der Abholung und Entsorgung der Abfälle erweist sich nach summarischer Prüfung als vertretbar.
Das Ermessen des Antragsgegners ist nicht auf eine bestimmte Berechnungsmethode der Sicherheitsleistung reduziert. Die Behörde hat der Berechnung der Sicherheitsleistung im Hinblick auf den Eintritt des Sicherungsfalls plausible und nachvollziehbare Maßstäbe zu Grunde zu legen, die auf der Ermittlung aller relevanten Tatsachen für die Berechnung gestützt sind. Bei der Berechnung der Sicherheitsleistung hat sich der Antragsgegner, wie sich aus der Begründung des Bescheids vom 22. Juli 2019 ergibt, an der Notwendigkeit orientiert, dass bei einer Nichtabholung der Verpackungsabfälle die Kosten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die Abholung und Entsorgung dieser Abfälle abgedeckt werden. Dieser Ansatz ist vor dem Hintergrund des § 14 Abs. 1, Abs. 2 VerpackG vertretbar und nicht zu beanstanden.
Vertretbar ist vor dem Hintergrund der Maßgaben des § 14 Abs. 1, 2 VerpackG auch, dass der Antragsgegner nicht das sogenannte „cyclos-Modell“ als Berechnungsgrundlage gewählt hat (VG G* …enkirchen, B. v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 72 ff. juris).
Die Wahl des Berechnungsmodells beruht auf einem Ansatz der länderoffenen Arbeitsgruppe „Festsetzung von Sicherheiten nach § 18 Abs. 4 VerpackG und Beibringung von Sicherheiten“, nach welchem die Erfassungs- und Verbrennungskosten je Tonne mit der Erfassungsmenge im jeweiligen Berechnungszeitraum multipliziert wird. Die Kosten werden dann entsprechend dem Marktanteil auf die dualen Systeme verteilt und als Sicherheitsleistung festgesetzt. Der Berechnungszeitraum soll mit einem Monat hinreichend lange Ausfallzeiträume abdecken (vgl. Arbeitspapier der länderoffenen Arbeitsgruppe „Festsetzung von Sicherheiten nach § 18 Abs. 4 VerpackG und Beibringung von Sicherheiten“ vom 21.12.2018 (Bl. … der Behördenakte – BA), S. *).
Der Ansatz entspricht zudem dem Zweck des Gesetzes. Vorrangig zu sichern ist nicht die Verarbeitung einer regulär anfallenden Stichtagsmenge, sondern die flächendeckende Sammlung aller restentleerten Verpackungen bei den privaten Endverbrauchern (Holsystem) oder in deren Nähe (Bringsystem) oder durch eine Kombination beider Varianten in ausreichender Weise (§ 14 Abs. 1 VerpackG) und deren Zuführung zu einer Verwertung (§ 14 Abs. 2 VerpackG). Folgerichtig hat sich der Antragsgegner an diesen Kriterien als Parameter für die Berechnung der Sicherheitsleistung orientiert.
Hiervon ausgehend sind daher, wie von dem Antragsgegner in der Begründung des Bescheids (Seite 4) zu Grunde gelegt, Grundlage der Berechnung der Sicherheitsleistung die Menge der nicht abgeholten Verpackungsabfälle, die Kosten der Abholung der erfassten Verpackungsabfälle bei den privaten Verbrauchern und die Kosten der Entsorgung der erfassten Verpackungsabfälle.
Die herangezogenen Berechnungsparameter sind nicht zu beanstanden.
Der Antragsgegner durfte die ihm aus den Mengenstromnachweisen der dualen Systeme bekannten Gesamterfassungsmengen von Leichtverpackungen aus dem Kalenderjahr 2017 heranziehen. Von der so ermittelten Gesamterfassungsmenge ausgehend begegnet es keinen Bedenken, dass für die Kosten der Erfassung und Verwertung von Leichtverpackungsabfällen rechnerisch gemittelte Werte angesetzt wurden und die Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung damit im Ergebnis eine Schätzung darstellt.
Vertretbar gewählte Grundlage der Schätzung sind die bei dem Antragsgegner durch Mengenstromnachweise der dualen Systeme bekannten Gesamterfassungsmengen von Leichtverpackungen in Bayern. Die Gesamterfassungsmenge der Verpackungen im Kalenderjahr 2017 beträgt nach Auskunft des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 20. November 2018 (Bl* … … der BA) einen Wert im Bereich von 266.008,23 bis 272.044,69 Tonnen. Zwar müssten die Erfassungsmengen der Dualen Systeme eigentlich in allen Mengenstromnachweisen identisch sein. Da jedoch die Dualen Systeme die Daten aus der Stromdatenbank der … … …*) separat und vermutlich zu unterschiedlichen Zeiten auswerten würden, würden sich geringfügige Unterschiede bei den nachgewiesenen Erfassungsmengen ergeben. Vor diesem Hintergrund ist die Vorgehensweise des Antragsgegners, als Gesamterfassungsmenge einen Durchschnittswert der von den Dualen Systemen jeweils übermittelten und voneinander abweichenden Erfassungsmengen in Höhe von 270.336,40 Tonnen heranzuziehen, nicht zu beanstanden.
Dass der Antragsgegner den insgesamt abzusichernden Betrag für die Erfassung von Leichtverpackungen aus der so ermittelten Menge, multipliziert mit den geschätzten Kosten der Erfassung je Tonne, ermittelt hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Der Antragsgegner hat auf Seite 4 seines Bescheids dargelegt, dass er sich zur Schätzung der Erfassungskosten von drei Systembetreibern, die unterschiedlich stark am Markt vertreten seien, zusammen jedoch einen Lizenzanteil von etwa 65% im Jahr 2017 aufwiesen, insgesamt neun Erfassungsverträge für die Fraktion LVP vorlegen habe lassen, hiervon jeweils drei in einer städtischen bzw. großstädtischen, in einer ländlich-dichten und einer ländlichen Strukturklasse. Der daraus errechnete Durchschnittswert in Höhe von 166,69 €/t werde als Erfassungskosten der Berechnung der Sicherheitsleistung zugrunde gelegt, wobei die Strukturklassen entsprechend ihrer Häufigkeit in Bayern gewichtet worden sei (vgl. Tabelle auf Bl. … der BA).
Der rechnerisch gebildete Schätzwert von 166,69 €/t ist vertretbar ermittelt worden. Die ermittelte Varianzbreite des Tonnenpreises von 139,09 €/t bis 190,42 €/t (vgl. Tabelle auf Bl. … der BA) lässt den Mittelwert von 166,69 €/t plausibel erscheinen, ohne dass zu erwarten wäre, dass weitere oder sämtliche Erfassungsverträge ausgewertet werden müssten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Hochrechnung dieses Werts auf die dem Antragsgegner bekannte Gesamterfassungsmenge zu einem Betrag führt, der den Sicherungsfall nicht abdecken kann.
Hinsichtlich der Kosten der Verwertung zieht der Antragsgegner die Verbrennungskosten heran. Dies erscheint im Hinblick darauf, dass bei dem Ausfall eines oder mehrerer Systeme mit unvorhersehbar großen Mengen Leichtverpackungen gerechnet werden muss, für die Entsorgungskapazitäten erforderlich werden würden, vertretbar. Auch gegen den Rückgriff auf die in … 50/2018, S. … … publizierten Preisspannen für die Verbrennung von Leichtverpackungen, aus denen der Antragsgegner aus einer Bandbreite von 60 €/t bis 150 €/t für die Region Süden und das Kalenderjahr 2017 den Mittelwert von 105 €/t gebildet hat, ist nichts einzuwenden. Die Bandbreite gibt die im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bekannte Marktlage wieder und führt zu einer vertretbaren Kalkulation des Sicherungsfalls.
Es ist auch sachgerecht, die Kosten für die Menge der anfallenden Verpackungen auf Grundlage der Mengenstromnachweise der Systembetreiber nach den Marktanteilen der Systeme in Bayern zu gewichten. Denn die Gesamtkosten für die Entsorgung der Verpackungsmengen müssen im Fall des Ausfalls der Systembetreiber abgesichert sein.
Der Antragsgegner durfte bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung auf die Marktanteile der Antragstellerin im Kalenderjahr 2017 abstellen. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner, um rechnerische Verzerrungen und Ungleichgewichtungen zu vermeiden, für die Grundlage seiner Berechnung der Sicherheitsleistung nur Daten aus demselben Kalenderjahr heranziehen wollte. Vollständige Daten hinsichtlich aller Berechnungspositionen (insbesondere Gesamterfassungsmengen und vereinbarte Mitbenutzungs- und Nebenentgelte aller Landratsämter und kreisfreien Städte) lagen dem Antragsgegner im Zeitpunkt des Bescheiderlasses ausweislich der Behördenakte jedoch nur hinsichtlich des Kalenderjahres 2017 vor. Da sich insbesondere die Abfrage der vereinbarten Mitbenutzungs- und Nebenentgelte aller Landratsämter und kreisfreien Städte in Bayern sehr aufwendig gestaltete und viel Zeit in Anspruch nahm, durfte von einer Aktualisierung der Daten auf das dem Bescheiderlass vorangehende Kalenderjahr 2018 abgesehen werden, zumal eine erneute Abfrage bei allen Landratsämtern und kreisfreien Städten hinsichtlich der im Jahr 2018 vereinbarten Mitbenutzungs- und Nebenentgelte den Erlass des Bescheids auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben hätte, zu dem die Daten voraussichtlich wiederum durch neue aus dem nächsten Kalenderjahr überholt gewesen wären.
Anders als die Antragsstellerin meint, war der Antragsgegner auch nicht gehalten, die ermittelten Marktanteile in kurzen Zeitabständen, mitunter quartalsweise, zu aktualisieren. Gewisse Abweichungen von den tatsächlichen Marktanteilen oder späteren Veränderungen sind hinzunehmen. Weil in dieser Hinsicht der Zweck des § 18 Abs. 4 VerpackG, eine effektive und möglichst realitätsnahe Sicherheitsleistung zu erreichen, nicht verfehlt wird, hat das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO keine Zweckmäßigkeitskontrolle durchzuführen. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine entsprechende Dynamisierung rechtlich und bescheidtechnisch ohne Weiteres „automatisierbar“ wäre. Unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität spricht Überwiegendes dafür, die Berechnung im Jahresturnus zu aktualisieren. Zudem dient eine Sicherheitsleistung nicht dazu, gewissermaßen tagesaktuelle Kosten und Erlöse abzubilden. Zutreffend verweist der Antragsgegner darauf, dass das Verfahren zur Festsetzung neuer Sicherheitsleistungen gegenüber allen am Markt tätigen zu dualen Systemen durchgeführt werden müsse. Es umfasse neben der Ermittlung der relevanten gesicherten Berechnungsparameter ein Anhörungsverfahren wie auch die Beibringung neuer Sicherheiten. Erfahrungsgemäß erfordere die Beibringung neuer, höherer Sicherheitsleistungen durch die Dualen Systeme einen gewissen zeitlichen Vorlauf bei den Systemen selbst. Ferner verursache das jeweils durchgeführte Verwaltungsverfahren Kosten, die den Dualen Systemen aufzuerlegen seien. Unter diesem Aspekt sei auch im Interesse der Dualen Systeme eine mehrmalige jährliche Anpassung der Sicherheitsleistung nicht sachgerecht.
Im Lichte des Gesetzeszwecks, die Erfassung von Leichtverpackungsabfällen abzusichern, ist es der Antragstellerin zumutbar, dass der Antragsgegner als verlässliche Datengrundlage die Abfallmengen des aktuellsten Kalenderjahres, zu dem sämtliche entscheidungserhebliche Daten vorliegen, zu Grunde legt.
Da die Marktanteile im Jahr 2017 noch nicht von der zentralen Stelle ermittelt wurden, durfte der Antragsgegner mang* … anderer Möglichkeiten auch auf die Daten des rein privatrechtlich organisierten Clearing-Prozesses der Dualen Systeme zurückgreifen.
Die Heranziehung eines Marktanteils aus dem Jahr 2017 als Berechnungsgrundlage für die Sicherheitsleistung belastet die Antragstellerin darüber hinaus auch nicht über Gebühr, weil der Bescheid vom 22. Juli 2019 eine jährliche Anpassung der Sicherheitsleistung an die geänderten Marktanteile vorsieht (Seite 7 des Bescheids). Wenn auch verzögert, bildet die jährlich festgesetzte Sicherheitsleistung somit stets die jeweiligen Marktverhältnisse ab.
Schließlich ist für das Gericht auch hinsichtlich der konkreten Dauer der Absicherung von einem Monat ein Ermessensfehler nicht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um einen unverhältnismäßig langen Zeitraum und damit nicht um eine Ermessensüberschreitung. Vielmehr hält sich der Antragsgegner hiermit im Rahmen seines Ermessensspielraumes. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass gerade im Falle von Zahlungsschwierigkeiten eines Systembetreibers eine Ersatzvornahme über einen längeren Zeitraum erforderlich werden kann, wobei ein Zeitraum von einem Monat sich zumindest noch innerhalb des Möglichen bewegt (vgl. insoweit ebenso VG Stuttgart, U. v. 14.12.2017 – 14 K 2860/15 -, juris Rn. 102).
Mit der Besicherung der Gesamterfassungsmenge wird ein sogenanntes worst-case-Szenario, der Totalausfall aller Systeme, zu Grunde gelegt. Bereits unter § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. war es zum Schutz der Gebührenzahler zulässig, auf das worst-case-Szenario des Ausfalls aller Systeme abzustellen, um in einem solchen Extremfall die Erfassung und Verwertung der anfallenden Verpackungsabfälle durch Ersatzvornahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aus den Mitteln der geleisteten Sicherheiten zu garantieren. Denn bereits die Vielzahl der beteiligten Akteure und die im Jahr 2014 aufgetretenen rechtlichen Differenzen zwischen den Systembetreibern, die dazu führten, dass ausweislich des Berichts des Bundeskartellamts vom 15. Juni 2015 (BT-Drucksache 18/5210, S. 85) die vollständige Bezahlung der bereits beauftragten Entsorgungsunternehmen zumindest für den Zeitraum von einem Monat zu scheitern drohte, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich nur um ein theoretisches Szenario handelt.
Ob die Erfassungsunternehmen (möglicherweise) aufgrund der bestehenden Verträge nicht zur Verweigerung der Leistung berechtigt sind, die Erstinverkehrbringer ihre Mengenanteile (möglicherweise) zeitnah bei anderen Systembetreibern lizenzieren oder die übrigen Systembetreiber die Zahlungen kurzfristig übernehmen würden, um nicht selbst die Flächendeckung zu verlieren, kann letztlich dahinstehen. Denn bereits die Vielzahl der beteiligten Akteure und die Vielzahl der rechtlichen bzw. tatsächlichen Möglichkeiten stützen eher die Annahme eines Risikos für eine Funktionsstörung bei der Abholung der in „gelben Säcken“ oder Tonnen bereitgestellten Verkaufsverpackungen und lassen jedenfalls nicht den Schluss zu, dass die vom Antragsgegner getätigte Prognose nur rein theoretisch denkbar und damit der Zeitraum von einem Monat – wie von der Antragstellerin vorgetragen – unverhältnismäßig ist (VG G* …enkirchen, B. v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 114; vgl. zu § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F.: VG Stuttgart, U. v. 14.12.2017 – 14 K 2860/15 – juris Rn. 101, 103).
Vor diesem Hintergrund entspricht die Zugrundelegung des worst-case-Szenarios gerade nach der Ausweitung der Sicherungstatbestände in § 18 Abs. 4 VerpackG dem Gesetzeszweck. Eine Prüfung, wie die zwischen den Systemen und den Entsorgungsunternehmen bestehenden Vertragsverhältnisse zivilrechtlich im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit eines worst-case-Szenarios oder des Ausmaßes des Sicherungsfalls zu bewerten sind, bedarf – zumal im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – keiner abschließenden zivilrechtlichen Bewertung. Insbesondere braucht nicht entschieden zu werden, ob die Annahme des Antragsgegners zutrifft, im Fall von Zahlungsschwierigkeiten oder der Insolvenz auch nur eines Systems würden die beauftragten Entsorgungsunternehmen ihre Erfassungsleistungen einstellen. Es muss nicht prognostisch abschließend dahin bewertet werden, mit welcher Sicherheit ein teilweiser oder vollständiger Ausfall der Systeme droht. Es genügt, dass ein solcher Ausfall auf Grund der Konstruktion der Entsorgung von Verpackungsabfällen im Bereich des Möglichen liegt. Jedenfalls führt die Insolvenz eines Systems zu Zahlungsausfällen im Verhältnis zwischen dem System und dem von ihm beauftragten Entsorgungsunternehmen. Eine Ungewissheit, ob ein solcher Fall flächendeckende Auswirkungen auf die Entsorgung von Verpackungsabfällen hat, kann nicht den Zufälligkeiten abfallwirtschaftlicher Marktmechanismen und dem Verhalten der Akteure überlassen werden.
Die Antragstellerin kann dem von dem Antragsgegner zu Grunde gelegten worst-case-Szenario auch nicht entgegenhalten, es sei im Falle der …-Insolvenz weder überhaupt noch flächendeckend zu einer abzusichernden Ersatzvornahme gekommen, weil die anderen Systeme Unterstützungsleistungen in Gestalt einer freiwilligen Einzahlung in die Insolvenzmasse auf Grund der Massebeteiligungsvereinbarung vom 31. Mai 2018 erbracht hätten. Dieser Geschehensablauf im Einzelfall der …-Insolvenz bietet keine dauerhafte Gewähr dafür, dass nicht in künftigen, vergleichbaren Fällen insbesondere die sich aus § 14 Abs. 1 und 2 VerpackG ergebenden Verpflichtungen im Falle eines Systemausfalls zuverlässig erfüllt werden. Vielmehr verdeutlicht der Umstand, dass im Fall der …-Insolvenz ein Massebeteiligungsvertrag geschlossen wurde, den seinerzeit entstandenen Handlungsbedarf. Im Übrigen kann aus dem Einzelfall der …-Insolvenz keine gesicherte Prognose auf die Stabilität der Dualen Systeme hergeleitet werden. Hinzu treten mit dem System der Clearing-Verträge im Zusammenhang stehende Finanzierungsrisiken.
Besteht hinsichtlich komplexer rechtlicher und abfallwirtschaftlicher Fragen und deren Folgen eine erhebliche Unsicherheit, bedarf es einer Sicherheitsleistung, die den insoweit in Betracht kommenden Sicherungsfall wirksam abbildet. Ermessensgerecht ist daher vor dem Hintergrund des Zwecks des § 18 Abs. 4 VerpackG, insbesondere in Verbindung mit § 14 Abs. 1 und 2 VerpackG, die Absicherung eines umfassenden Systemausfalls (VG G* …enkirchen, B. v. 2.6.2020 – 9 L 1960/19 – juris Rn. 123 ff.).
Folgerichtig und rechnerisch richtig erfolgt die Berechnung der Sicherheitsleistung nach der tatsächlich von den Systembetreibern realisierten Sammelmenge, ausgewiesen in den Mengenstromnachweisen der Systembetreiber als materialbezogene Erfassungsmenge pro Kalenderjahr und Bundesland. Aus der Jahresabfallmenge hat der Antragsgegner die maximal mögliche Verpackungsmenge gebildet, die wegen des Verstoßes eines oder mehrerer Systembetreiber gegen die Pflicht zur flächendeckenden Abholung von dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger zu entsorgen sein könnte. Für den Freistaat Bayern errechnet sich entsprechend seinem Anteil an dem in dem Kalenderjahr 2017 erfassten Leichtverpackungen eine Erfassungsmenge von 270.336,4 t (s.o.) pro Jahr, was 22.528,03 t pro Monat entspricht. Bei Erfassungs- und Verwertungskosten von insgesamt 271,69 €/t ergeben sich 6.120.641,38 €. Bei einem Marktanteil der Antragstellerin im Kalenderjahr 2017 von 39,60% entfällt auf diese ein Betrag von 2.423.773,99 € als zu leistende Sicherheit für die Entsorgung der Fraktion Leichtverpackungen.
Die Festsetzung der Sicherheitsleistung ist in dieser Höhe auch verhältnismäßig. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin keine Vermögenswerte, etwa Geld oder Wertpapiere (§ 232 Abs. 1 Nr. 1 BGB) zu hinterlegen, sondern eine Bankbürgschaft beizubringen hat, steht die angeordnete Sicherheitsleistung nicht außer Verhältnis zu der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Antragstellerin. Denn der Betrag muss nicht sofort und real zur Verfügung gestellt werden, sondern sichert lediglich zu gegebener Zeit den Rückgriff auf einen Teil der gemäß § 18 Abs. 4 VerpackG absicherbaren Kosten.
b) Auch die Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung für die Absicherung der Mitbenutzungs- und Nebenentgeltansprüche ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
Der Antragsgegner darf die Neben- und Mitbenutzungsentgelte auf Grundlage einer plausiblen Schätzung berechnen. Dass er diesen Ansatz gewählt hat, ist nicht zu beanstanden, weil, wie er ausführt, für das Jahr 2019 keine verlässlichen Orientierungswerte für Mitbenutzungs- und Nebenentgeltansprüche, die gemäß § 22 Abs. 3, 4 und 9 VerpackG in der seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung nach den Vorgaben des Bundesgebührenrechts zu kalkulieren sind, vorlagen.
Der Antragsgegner hat sich bei der Prognose über den Kostenausfall vertretbar an den noch aufgrund der VerpackV zwischen den Systembetreibern und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ausgehandelten Entgelten orientiert. Zur Ermittlung dieser Daten hat er bei sämtlichen Landratsämtern und kreisfreien Städten im Freistaat für das Kalenderjahr 2017 die durchschnittliche Höhe der Mitbenutzungs- und Nebenentgelte für ein Duales System im Landkreis/in der kreisfreien Stadt bzw. die Gesamthöhe der im Jahr von allen Systembetreibern gezahlten Mitbenutzungs- und Nebenentgelte abgefragt (Bl. … … der BA). Diese Abfrage ergab einen Gesamtbetrag in Höhe von 27.475.940,10 € (durchschnittlich 39.985,23 € im Jahr je System pro Landkreis/kreisfreie Stadt) an in Bayern im Kalenderjahr 2017 gezahlten Mitbenutzungsentgelten (vgl. Tabellen auf Bl* … der BA) sowie 23.569.110,57 € (durchschnittlich 28.957,26 € im Jahr je System pro Landkreis/kreisfreie Stadt) an in Bayern im Kalenderjahr 2017 gezahlten Nebenentgelten (vgl. Tabellen auf Bl. …*) der Systembetreiber.
Für die Berechnung der konkreten, auf die Absicherung der vereinbarten Mitbenutzungs- und Nebenentgelte entfallenden Sicherheitsleistung für die Antragstellerin legte der Antragsgegner erneut einen Marktanteil von 39,60% im Kalenderjahr 2017 sowie einen Absicherungszeitraum von einem Monat zugrunde. Dies ist nach dem oben ausgeführten nicht zu beanstanden. Vor dem Hintergrund, dass die Zahlung der Mitbenutzungs- und Nebenentgelte an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger häufig halbjährlich vereinbart wird (vgl. Spalte „Zahlungsfristen“ der Tabellen auf Bl* … und … der BA), erscheint die Wahl eines Absicherungszeitraums von lediglich einem Monat ohnehin großzügig gewählt.
Insgesamt errechnet sich für die Antragstellerin damit ein Betrag in Höhe von 777.780,65 € (23.569.110,57 € ./. 12 x 39.60%) als Sicherheitsleistung für die Nebenentgeltansprüche der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und 906.706,02 € (27.475.940,10 € ./. 12 x 39,60%) als Sicherheitsleistung für die Mitbenutzungsentgeltansprüche der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger.
Die Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 4.108.260,66 € (2.423.773,99 € für Kosten der Abholung und Entsorgung von Abfällen + 777.780,65 € für Nebenentgelte + 906.706,02 € für Mitbenutzungsentgelte), gerundet auf volle Hundert 4.108.300,00 €, ist damit korrekt berechnet worden. Nach summarischer Prüfung bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 22. Juli 2019.
3.3 Es besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der festgesetzten Sicherheitsleistung. An der Verfügbarkeit der Sicherheitsleistung besteht ein hinreichend gewichtiges fiskalisches Interesse, weil sie die Finanzierbarkeit des Entsorgungssystems sicherstellen soll und damit der Gefahrenabwehr dient, ohne auf allgemeine öffentliche Mittel zurückgreifen zu müssen. Die sofortige Vollziehbarkeit dient damit dem Schutz der öffentlichen Hand und letztendlich der Gesamtheit der Gebührenzahler. Dass die Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung erst im Juli 2019 und somit etwa zehn Monate nach Inkrafttreten des § 18 Abs. 4 VerpackG erfolgt ist, steht der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht entgegen. Es ist offensichtlich, dass der Antragsgegner mit einer gewissen Übergangszeit die Anpassung an die neue, seit dem 1. Januar 2019 geltende Rechtslage vorgenommen hat, ohne dass ersichtlich ist, dass er grundlos mit der Festsetzung der Sicherheitsleistung zugewartet und mit der zuvor festgesetzten niedrigeren, nur die Fälle des § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV a.F. abdeckenden Sicherheitsleistung eine Untersicherung der Entsorgung von Verpackungsabfällen hingenommen hätte. Ein etwaiges Vertrauen der Antragstellerin, von einer höheren Sicherheitsleistung auf Dauer verschont zu bleiben, ist bei der vorliegenden Sachlage jedenfalls nicht schützenswert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung der behördlich verfügten Erhöhung der von einem Bankinstitut zu gewährleistenden Bürgschaftssumme bemisst sich im Wesentlichen nach den jährlichen Finanzierungsmehrkosten, die der Antragstellerin durch die Erhöhung der Bürgschaftssumme entstehen (VGH Baden-Württemberg, B. v. 9.1.2020 – 10 S 1579/18 – juris Rn. 2). Die Mehrkosten durch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung liegen im Wesentlichen in den Bankkosten für die Bereitstellung der Sicherheit (hier in Gestalt einer Bürgschaft); denn durch die Beibringung der auferlegten Sicherheit wird lediglich verhindert, dass sich der Anlagenbetreiber (beispi* …weise durch Insolvenz) seinen ihn ohnehin treffenden (mit der Bürgschaftssumme monetarisierten) Entsorgungspflichten entziehen kann, ohne dass ihm aber in der Höhe der Bürgschaftssumme zusätzliche (Zahlungs- oder Entsorgungs-)Pflichten auferlegt würden (VGH Baden-Württemberg, B. v. 9.1.2020 – 10 S 1579/18 – juris Rn. 3). Die jährlichen Kosten für die Finanzierung der erhöhten Sicherheitsleistung schätzt der Geschäftsführer der Antragstellerin auf bis zu 410.000,00 € (vgl. Anlage 7 zum Antragsschriftsatz). Dieser Wert war im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren.


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