Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtmäßiger Kostenbescheid für Erteilung einer Baugenehmigung (hier: Auslagen der Behörde für einen Prüfingenieur)

Aktenzeichen  2 ZB 16.2135

Datum:
14.2.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2401
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauPrüfV § 1 Abs. 1 S. 1, § 11 S. 2
BayKG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 10 Abs. 1 Nr. 1, Art. 11, Art. 13
BGB § 242

 

Leitsatz

1 Aus § 13 SaarlGebO, der einen separaten Anspruch für Auslagen vorsieht, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass in Bayern der Erstattungsanspruch für Auslagen gem. § 11 BayKG bereits vor der Vornahme der Handlungen, die die Auslagen erfordern, entsteht. (Rn. 4) (red. LS Alexander Tauchert)
2 Die Zahlung eines Teilbetrags und die damit einhergehende teilweise Anerkennung der Auslagen (hier: der Prüfgebühren) lässt nicht den Schluss zu, dass man anschließend darauf vertrauen kann, dass das Kostenverfahren damit abgeschlossen ist, wenn man gleichzeitig ein Widerspruchsverfahren gegen die Auslagen in Gang setzt. (Rn. 5 – 6) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

B 2 K 14.689 2016-09-12 GeB VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.060,36 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 12. September 2016 ist abzulehnen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Kostenbescheid der Beklagten vom 1. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2014 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kostenforderung der Beklagten ist weder verjährt noch liegt Verwirkung vor.
Gemäß Art. 13 Satz 1 KG ist eine Kostenentscheidung, ihre Aufhebung oder ihre Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Kostenanspruch entstanden ist. Die Entstehung des Kostenanspruchs ist in Art. 11 KG geregelt. Dieser entsteht grundsätzlich mit der Beendigung der Amtshandlung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind Amtshandlungen nicht nur die Erteilung der Baugenehmigung am 10. August 1994 sowie der Tekturgenehmigung am 2. Mai 1995. Amtshandlungen sind alle Tätigkeiten, die die Behörden des Staates in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehmen (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG). Unter Amtshandlung wird die Tätigkeit im Bereich obrigkeitlicher Verwaltung mit Außenwirkung, die für sich selbständig und abgeschlossen ist, verstanden (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht für Staats- und Gemeindebehörden in Bayern, Stand: Juni 2017, Art. 1 Anm. II. 4 a). Dabei reicht der Begriff der Amtshandlung weiter als der Begriff des Verwaltungsakts, wie hier der Baugenehmigung. Für diese können Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. An Auslagen werden unter anderem die Zeugen und Sachverständigen zustehenden Entschädigungen erhoben (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG). Die an die Prüfingenieure von der Beklagten als Schuldnerin (§ 7 Abs. 1 Satz 1 GebOP) zu entrichtenden Vergütungen sind eine einem Sachverständigen zustehende Entschädigung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BauPrüfV in der Fassung vom 11. November 1986 kann die untere Bauaufsichtsbehörde die Prüfung der Standsicherheitsnachweise baulicher Anlagen einen Prüfingenieur für Baustatik (Prüfingenieur) übertragen. Dies hat die Beklagte im zugrundeliegenden Baugenehmigungsverfahren getan. Der Anspruch auf Erstattung der Auslagen entsteht mit der Vornahme der Handlungen, die die Auslagen erfordern. Dies ist hier die überschlägige Prüfung des Abschlussprüfberichts (§ 11 Satz 2 BauPrüfV). Im vorliegenden Fall reichte das Ingenieurbüro zusammen mit der Vorlage des Abschlussprüfberichts am 23. Januar 2002 eine Gebührenrechnung bei der Beklagten ein. Erst mit Erstellung des Abschlussberichts am 23. Januar 2002 bestand ein Anspruch des Prüfstatikers auf Vergütung seiner Leistungen gegenüber der Beklagten, der dann auch zeitlich mit der Gebührenrechnung ebenfalls vom 23. Januar 2002 geltend gemacht wurde. Seitens der Beklagten bestand erst ab diesem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Zahlung an den Prüfingenieur und somit die Möglichkeit, die Kosten über einen Leistungsbescheid gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Die Beklagte hat aufgrund der Gebührenrechnung vom 23. Januar 2002 umgehend unter Anrechnung des bereits entrichtenden Kostenvorschusses mit Kostenbescheid vom 1. Februar 2002 die noch offenen Statikprüfgebühren als Auslagen im Baugenehmigungsverfahren innerhalb der Festsetzungsfrist festgesetzt.
Soweit die Klägerin auf die Kommentierung von Rott/Stengel (a.a.O., Art. 12 Rn. 1) verweist, wonach eine Kostenentscheidung nachgeholt werden muss, wenn sie unterblieben ist oder wenn eine Kostenentscheidung nur über einen Teil der Kosten gefällt wurde, ist dies nicht weiterführend. Denn die Kostenentscheidung ist hier nicht unterblieben, sondern konnte, wie oben geschildert, erst im Jahr 2002 ergehen. Auch der Hinweis auf § 13 des Gesetzes über der Erhebung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren im Saarland (SaarlGebG) verfängt nicht. Zwar ist nach der dortigen Regelung ein separater Erstattungsanspruch für Auslagen im Gegensatz zur Regelung im Bayerischen Kostengesetz für die Erstattung von Auslagen vorgesehen (vgl. § 13 Abs. 3 SaarlGebG). Diese Regelung hat aus Sicht des Senats allenfalls klarstellende Funktion. Auf keinen Fall kann aus dieser landesfremden Regelung der Schluss gezogen werden, dass in Bayern der Erstattungsanspruch für Auslagen bereits vor der Vornahme der Handlungen, die die Auslagen erfordern, entsteht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auch nicht hinsichtlich der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Anspruchsverwirkung. Verwirkung ist ein auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhender Rechtsvorgang und bedeutet allgemein, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2013 – 2 ZB 12.1210 – juris). Erforderlich ist mithin grundsätzlich das Vorliegen sowohl eines Zeit- als auch eines Umstandsmoments. Nur im Einzelfall kann das Vorliegen nur eines der beiden Merkmale genügen, was insbesondere bei einem besonders langen Zeitraum der Fall sein kann (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2013 a.a.O.). Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, hat die letzte gemeinsame Besprechung am 9. Dezember 2004 stattgefunden. In einem Schreiben der Klägerin vom 9. Dezember 2004 wurde die Besprechung zusammengefasst und die Rechnung des Prüfstatikers zum Teil akzeptiert, weitere Bedenken wurden jedoch aufrechterhalten. Erst mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und forderte den Fehlbetrag ein. Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht der lange Zeitraum des Nichtweiterbetreibens für die Annahme einer Verwirkung des Anspruchs nicht aus. Es lag kein Verhalten der Beklagten vor, das bei der Klägerin berechtigtes Vertrauen wecken konnte, die Beklagte werde dauerhaft von der Einnahme der Kosten absehen. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass insbesondere die Zahlung eines Teilbetrags und die damit einhergehende teilweise Anerkennung der Prüfgebühren durch die Klägerin nicht den Schluss zulässt, sie habe anschließend darauf vertrauen können, dass das Kostenverfahren damit abgeschlossen sei.
Zudem hat die Klägerin durch Erhebung ihres Widerspruchs ein Widerspruchsverfahren in Gang gesetzt, so dass sie nicht damit rechnen konnte, die Beklagte werde ohne eine wie auch immer geartete Entscheidung über den Widerspruch auf die Forderung verzichten. Die Klägerin musste damit rechnen, dass die Beklagte nicht von der Geltendmachung der Forderung absieht, so dass hinsichtlich der strittigen Auslagen für die Statikprüfung keine Verwirkung eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.


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