Handels- und Gesellschaftsrecht

Rückzahlung von EEG-Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen

Aktenzeichen  33 O 732/18

Datum:
1.2.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38574
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Memmingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EEG 2009 § 16 Abs. 2 S. 1, S. 2
EEG 2017 § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b, 10
EEG 2012 § 66 Abs. 1 Nr. 6
EEG 2014 § 17 Abs. 2 Nr. 1a, § 25 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Sanktions- und Rückforderungsregelungen des EEG stellen ein in sich geschlossenes Regelungssystem dar, sodass sich der Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des Bereicherungsrechtes verbietet. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b EEG 2017 ist auf Anlagen, die vor dem 01.01.2012 errichtet wurden, nicht anwendbar.  (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird angewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 89 % und der Beklagte 11 %.
3. Das Urteil ist für die Klägerin und den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 111.786,03 € bis zum 02.07.2018 und auf 89.428,82 € ab dem 02.07.2018 festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist, sowie nach Erledigung noch über sie zu entscheiden war, unbegründet. Sie unterliegt daher der Abweisung.
Unstreitig hat die Beklagtenseite eine Teilzahlung über 22.357,21 € an die Klägerin geleistet. Darüber hinausgehende Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten bestehen nicht.
Die Sanktions- und Rückforderungsregelungen des EEG stellen ein in sich geschlossenes Regelungssystem dar, sodass sich der Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des Bereicherungsrechtes verbietet (BGH, Urteil vom 05.07.2017, Az.: VIII ZR 147/16, Rdnr. 36). Die klägerseits geltend gemachten Rückforderungsansprüche bestehen daher nur dann, wenn in dem für die jeweilige Anlage einschlägigen Regelungsregime des EEG eine entsprechende Sanktion angeordnet ist. Dies indes ist zwar bei den Anlagen 5 und 6, nicht aber bei den Anlagen 1 bis 4 der Fall.
Hinsichtlich der Rechtslage bezogen auf die Inbetriebnahmezeiträume der Anlagen 5 und 6 hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein entsprechender Rückforderungsanspruch der Klägerin besteht (BGH, Beschluss vom 08.05.2018, Az.: VIII ZR 71/17; Urteil vom 05.07.2017, Az.: VIII ZR 147/16).
Die Sanktionierung von Meldeverstößen ergibt sich diesbezüglich aus § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b EEG 2017 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 a EEG 2014 und § 25 Abs. 1 Satz 1 EEG 2014. Der Vergütungsanspruch des Beklagten reduziert sich dementsprechend auf Null. Trotz gewichtiger vorgetragener Argumente der Beklagtenseite gegen eine Reduzierung auf Null schließt sich das Gericht der seiner Auffassung nach zutreffenden und überzeugenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes in seinen Entscheidungen vom 05.07.2017 und 08.05.2018 vollinhaltlich an. Insbesondere ist nachträglicher gesetzgeberischer Begründungsaufwand nicht geeignet, der seitens des BGH vorgenommene Auslegung gleichsam im Nachhinein zu einem anderen (gesetzgeberisch erwünschten) Ergebnis zu verhelfen. Um unnötige – den Parteien bekannte – Wiederholungen aus den vorgenannten Entscheidungen zu vermeiden, wird vollinhaltlich auf diese Bezug genommen. Nach nochmaliger, eigener, Prüfung macht sich das Gericht diese Ausführungen zu eigen.
In entscheidungserheblichem Maße kommt es, wie der Beklagtenvertreter richtig ausführt, hierauf jedoch nicht (mehr) an. Auf die Anlage 5 und 6 entfällt ein Rückforderungsteilbetrag von insgesamt 12.735,30 €. Im Rahmen der Teilzahlung hat die Beklagtenseite indes bereits einen Betrag von 22.357,21 € gezahlt. Die Rückforderungen hinsichtlich der Anlagen 5 und 6 sind daher bereits ausgeglichen.
Darüber hinaus bestehen klägerseits keine weiteren Rückforderungsansprüche für die Anlagen 1 bis 4. Es fehlt insoweit an einer einschlägigen Anspruchsgrundlage im Rahmen des geschlossenen Sanktionsregimes nach dem EEG.
Hinsichtlich der Anlage 1 bis 4 stützt die Klägerseite den geltend gemachten Rückforderungsanspruch auf § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 EEG 2017 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 6 EEG 2012 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009. § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b EEG 2017 ist auf die Anlagen 1-4 aufgrund deren Errichtung vor dem 01.01.2012 bereits dem Wortlaut nach nicht anwendbar.
Die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009 wird durch § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 EEG 2017 gerade nicht angeordnet. Die letztgenannte Vorschrift ordnet vielmehr an, dass die in § 66 Abs. 1 Halbsatz 1 EEG 2012 geregelte allgemeine Anwendung der Bestimmungen des EEG in der zum 31.12.2011 geltenden Fassung (EEG 2009) nicht anzuwenden ist. Eine allgemeine Anwendungsanordnung des EEG in der zum 31.12.2011 geltenden Fassung für bis zu diesem Termin in Betrieb genommene Anlagen ist somit gerade nicht geregelt worden. Anwendbar sind daher nur jene Bestimmungen des EE 2009, welche ausdrücklich über die Vorschrift des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 EEG 2017 und den dort in Bezug genommenen Übergangsregelungen, als anwendbar erklärt wurden. Soweit nunmehr auf § 66 Abs. 1 Nr. 6 EEG 2012 abgehoben wird, verweist dieser gerade nicht auf § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009. Ein solcher Verweis in § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EEG 2012 ist bereits semantisch nicht herzuleiten. Darüber hinaus ergäbe die Vorschrift bei Sichtweise der Klägerin keinen Sinn. Denn § 16 Abs. 1 EEG 2009 bestand lediglich aus einem Satz. Die Verweisung auf die Sätze 2 und 3 macht nur dann Sinn, wenn man dies als Verweis auf die Vorschrift des EEG 2012 versteht. Identische gilt hinsichtlich der Verweisung auf Absatz 2 Satz 2 bis 4, welche ebenfalls nur als Verweis auf § 16 Abs. 2 Satz 2 bis 4 EEG 2012 verstanden werden kann. In § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EEG 2012 ist die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 1 EEG 2009 explizit ausgeschlossen. Die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009 ist damit in der Vorschrift insgesamt nicht angeordnet.
Da es insoweit an einer Sanktionsnorm mit der klägerseits begehrten Rechtsfolge (Nichtvergütung) fehlt, besteht ein klägerischer Anspruch auf Vergütungsrückzahlung nicht.
Die Klage ist insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO. Hinsichtlich eines nach Einleitung des Mahnverfahrens gezahlten Teilbetrages von 22.357,21 € hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagtenseite hat der Erledigterklärung nicht widersprochen. Gemäß § 91 a ZPO hat das Gericht hinsichtlich dieses Teilbetrages über die Kostenfolge unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigen Ermessen zu entscheiden. Maßgeblich in diesem Zusammenhang sind auch die Erfolgsaussichten. Nach der im Urteil vorgenommenen rechtlichen Würdigung des Gerichtes bestanden in Hinblick auf den auf die Anlagen 5 und 6 entfallenen Rückzahlungsanspruch über insgesamt 12.735,30 € keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Beklagtenpartei und im Übrigen keine solchen der Klägerin. Bezogen auf den ursprünglichen Gesamtstreitwert von 111.786,03 € stellt die berechtigte Zahlung ein voraussichtliches Unterliegen in Höhe von 11 % dar. Der Beklagte hat daher von den Kosten 11 % und die Klägerin 89 % zu tragen.
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 Satz 2 BGB.
Der Streitwert war nach § 3 f. ZPO festzusetzen.


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