IT- und Medienrecht

Eintragung, Arbeitgeber, Popularklage, Tarifvertrag, Arbeitszeit, Beamte, Anordnung, Landtag, Koalitionsfreiheit, Verfassungsbeschwerde, Beteiligung, Gutachten, Auslegung, Register, einstweilige Anordnung, einstweiligen Anordnung, Erlass einer einstweiligen Anordnung

Aktenzeichen  Vf. 2-VII-22

Datum:
5.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 7620
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

1. a) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof kommt nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Betracht als die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte. Insbesondere sind, wenn eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines geltend gemachten schweren Nachteils erstrebt wird, erheblich strengere Anforderungen an die Schwere des Nachteils zu stellen.
2. Die Abwehr eines Nachteils ist nicht dringlich, wenn dieser durch zumutbare Maßnahmen abgewehrt werden kann. Dabei sind bei einer Popularklage alle Möglichkeiten in den Blick zu nehmen, die den Betroffenen zur Verfügung stehen, um die durch die Regelung entstehenden Belastungen gering zu halten.
3. Für die Popularklage gilt zwar anders als für die bundesrechtliche Rechtssatzverfassungsbeschwerde nicht der Grundsatz der Subsidiarität. Der grundsätzliche Vorrang der fachgerichtlichen Klärung des Inhalts einer einfachgesetzlichen Regelung ist jedoch für den verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz mit seinen strengen Maßgaben von Bedeutung.
4. Ob die Regelungen des Bayerischen Lobbyregistergesetzes im Hinblick auf die sog. Beamtengewerkschaften die Grenzen überschreiten, die Art. 170 BV (Koalitionsfreiheit) der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers setzt, ist insbesondere im Hinblick auf die unklare Reichweite der Ausnahmeregelungen als offen zu beurteilen.
5. Im Rahmen der erforderlichen Folgenabwägung müssen die Nachteile, die durch den Vollzug der angegriffenen Vorschriften drohen, hinter dem öffentlichen Interesse am sofortigen Normvollzug zurückstehen. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass einerseits die Außervollzugsetzung eines Gesetzes bereits per se einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt, andererseits bei einer Außervollzugsetzung bis zu einer Hauptsacheentscheidung voraussichtlich die grundsätzlich erforderliche Klärung auslegungsbedürftiger und -fähiger Rechtsbegriffe im Bayerischen Lobbyregistergesetz auf einfachgesetzlicher Ebene durch die Fachgerichtsbarkeit unterbliebe und auf den Verfassungsgerichtshof verlagert würde.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.

Gründe

I.
Die Antragsteller, die sog. Beamtengewerkschaften und im Bayerischen Beamtenbund e. V. organisiert sind, wenden sich mit ihrer Popularklage gegen Art. 1 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b, Art. 3, 5 und 6 des Bayerischen Lobbyregistergesetzes (BayLobbyRG) und beantragen, diese Bestimmungen insoweit für verfassungswidrig zu erklären, als sie eine Registerpflicht für Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen vorsehen, auch sofern sie – über die Wahrnehmung der Funktion als Tarifpartner hinausgehend – Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen. Sie beantragen ferner den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sichergestellt werden soll, dass die angegriffenen Normen bis zum Erlass der Entscheidung in der Hauptsache unanwendbar bleiben, insbesondere die Antragsteller sich nicht eintragen lassen und die in Art. 3 BayLobbyRG vorgesehenen Angaben nicht machen müssen, sodass ein Verstoß nicht nach Art. 6 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BayLobbyRG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann.
Die beanstandeten und die damit zusammenhängenden Vorschriften des Bayerischen Lobbyregistergesetzes haben folgenden Wortlaut:
Art. 1
Registerpflicht
(1) 1Wer Interessenvertretung gegenüber dem Landtag oder der Staatsregierung betreiben will, muss dies durch Eintragung in ein bei der Landtagspräsidentin oder dem Landtagspräsidenten geführtes öffentliches Register (Lobbyregister) angeben, sobald
1. die Interessenvertretung
a) regelmäßig betrieben wird,
b) auf Dauer angelegt ist oder
c) für Dritte erfolgt oder
2. innerhalb der jeweils letzten drei Monate mehr als 20 unterschiedliche Interessenvertretungskontakte erfolgten.
2Die Registerpflicht besteht unabhängig von der Frage der Rechtsfähigkeit und ohne Rücksicht darauf, ob die Interessenvertreterin oder der Interessenvertreter eine natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft, organisierte Personenmehrheit, ein Netzwerk oder eine Plattform ist oder auf andere Weise organisiert ist. 3Die Eintragung hat unverzüglich zu erfolgen, sobald eine der in Satz 1 genannten Voraussetzungen vorliegt.
(2) 1Interessenvertretung ist jede Tätigkeit zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf die parlamentarische oder regierungsseitige Ausarbeitung oder Beratung politischer oder gesetzgeberischer Vorhaben oder in sonstiger Weise auf den Willensbildungsprozess des Landtags oder der Staatsregierung. 2Dazu gehören insbesondere
1. die zweckentsprechende Kontaktaufnahme,
2. die Vorbereitung, Verbreitung und Übermittlung von Informationsmaterial, Stellungnahmen, Gutachten, Diskussions- und Positionspapieren,
3. Einladungen zu Veranstaltungen, Treffen, Werbemaßnahmen und Konferenzen, (freiwillige Beiträge zu Anhörungen oder in der Beratung befindlichen Gesetzgebungsverfahren.) 
(3) 1Zum Landtag im Sinne der Abs. 1 und 2 Satz 1 gehören
1. der Landtag,
2. seine Organe und Gremien,
3. die Fraktionen und
4. die Mitglieder des Landtags.
2Zur Staatsregierung im Sinne der Abs. 1 und 2 Satz 1 gehören ihre Mitglieder.
(4) Das Lobbyregister wird auf der Internetseite des Landtags maschinenlesbar und durchsuchbar veröffentlicht.
Art. 2
Ausnahmen von der Registerpflicht
1Die Interessenvertretung unterliegt keiner Registerpflicht
1. bei Eingaben oder Anfragen von natürlichen Personen, die ausschließlich persönliche Interessen formulieren, unabhängig davon, ob es sich um unternehmerische oder sonstige Interessen handelt;
2. bei ausschließlich lokalem Charakter, soweit nicht mehr als zwei Stimmkreise unmittelbar betroffen sind;
3. im Rahmen
a) von Petitionen nach Art. 115 der Verfassung,
b) der Mitwirkung an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags,
c) der Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes oder Mandates,
d) der anwaltlichen Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten gemäß § 3 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung,
e) der Erstattung wissenschaftlicher Gutachten oder an die Allgemeinheit gerichteter Darstellungen und Erörterungen von Rechtsfragen,
f) von Expertisen, die direkt oder individuell zur Erlangung von Sachin formationen, Daten oder Fachwissen angefordert wurden,
g) der nach Art. 110, 111 und 111a der Verfassung geschützten Tätigkeiten der Medien;
4. im Rahmen der Tätigkeit
a) der Kirchen, sonstiger Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften, soweit religionsspezifische oder weltanschauliche Belange betroffen sind,
b) der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, soweit sie ihre Funktion als Tarifpartner wahrnehmen,
c) der Spitzenorganisationen nach Art. 16 des Bayerischen Beamtengesetzes,
d) des diplomatischen und konsularischen Verkehrs,
e) der kommunalen Spitzenverbände,
f) der politischen Parteien nach dem Parteiengesetz,
g) der politischen Stiftungen, denen aus dem Bundes- oder Landeshaushalt Globalzuschüsse zur Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben gewährt werden;
5. bei Einrichtungen, die über keine dauerhafte Vertretung in Deutschland verfügen und sich für Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, humanitäre Belange oder Fragen von Nachhaltigkeit einsetzen und deren Wirken primär auf andere Länder oder Weltregionen ausgerichtet ist.
2Eine freiwillige Eintragung in das Lobbyregister bleibt unberührt.
Art. 3
Registerinhalt
(1) Im Register werden folgende Daten der Interessenvertreterin oder des Interessenvertreters eingetragen:
1. Name, Vorname, Anschrift, Hauptsitz,
2. Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Internetseite einer Geschäftsstelle am Sitz des Landtags,
3. Interessen- oder Vorhabenbereich und Beschreibung der Tätigkeit,
4. Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung bei juristischen Personen,
5. Mitgliederzahl bei Verbänden und Vereinen in Hundert Mitgliedern,
6. Namen der Vertreterinnen und Vertreter bei Verbänden und Vereinen,
7. Angaben zu Auftraggebern, für die Interessenvertretung betrieben wird, wenn diese Fremdinteressen betrifft,
8. Anzahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten und in Stufen von jeweils zehn Beschäftigten, die mit der Interessenvertretung unmittelbar beauftragt sind,
9. jährliche finanzielle Aufwendungen mit Personalkosten im Bereich der Interessenvertretung in Stufen von jeweils 10.000 €,
10. empfangene Zuwendungen, Zuschüsse oder Spenden in Stufen von jeweils 10.000 €, sobald in einem Kalenderjahr jeweils ein Betrag von 20.000 € überschritten wird,
11. Name, Vorname und Anschrift einzelner Zuwendungs- oder Zuschussgeber oder Spender, sobald innerhalb eines Kalenderjahres jeweils ein Betrag von 20.000 € überschritten wird,
12. Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte von juristischen Personen, falls keine handelsrechtlichen Offenlegungspflichten bestehen.
(2) Zu den Daten nach Abs. 1 Nr. 4, 6 und 8 ist jeweils auch eine etwaige längstens fünf Jahre zurückliegende Tätigkeit der genannten Personen als Mitglied des Landtags oder der Staatsregierung anzugeben.
(3) 1Die Angabe der Daten gemäß Abs. 1 Nr. 9 bis 12 kann verweigert werden, sofern ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse glaubhaft dargelegt wird. 2Schutzwürdige Interessen liegen insbesondere vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Veröffentlichung der Daten die betreffenden Personen der Gefahr aussetzen würde, Opfer eines Verbrechens oder eines Vergehens nach den §§ 123, 187, 223, 224, 240 oder 241 des Strafgesetzbuches zu werden. 3Über die Schutzwürdigkeit entscheidet das Landtagsamt.  (Fussnote:(1Die Daten sind jeweils spätestens am Ende eines Kalenderjahrs zu aktualisieren. 2Die nötigen Angaben sind über die Internetseite des Landtags elektronisch in der vom Landtagsamt näher bestimmten Form zu übermitteln.))Die Tatsache eines schutzwürdigen überwiegenden Interesses ist im Register einzutragen.
(5) 1Im Register wird eine gesonderte Liste geführt, in der alle früheren Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter im zuletzt aktualisierten Datenumfang angegeben werden, die dem Landtagsamt angezeigt haben, dass sie keine Interessenvertretung mehr gegenüber dem Landtag und der Staatsregierung betreiben. 2Diese Daten bleiben jeweils für die Dauer von 18 Monaten nach dieser Anzeige veröffentlicht und werden danach unverzüglich gelöscht.
Art. 5
Grundsätze integrer Interessenvertretung
(1) 1Registerpflichtige Interessenvertretung darf nur auf Grundlage eines vom Landtag und der Staatsregierung beschlossenen Verhaltenskodex erfolgen, in dem die Grundsätze integrer Interessenvertretung festgelegt werden. 2Registerpflichtige Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter müssen diesen Verhaltenskodex vor ihrer Eintragung als für sie verbindlich anerkennen.
(2) 1Registerpflichtige Interessenvertretung muss transparent erfolgen. 2Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter müssen ihre Identität und die Anliegen ihres Auftraggebers offenlegen und über sich und ihren Auftrag bei der Interessenvertretung zutreffende Angaben machen.
(3) Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter verpflichten sich, die vom Landtag oder der Staatsregierung festgelegten Regeln zu achten und zu befolgen.
(4) Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Erfolg der Interessenvertretung abhängig gemacht wird, sind unzulässig.
Art. 6
Sanktionen, Ordnungswidrigkeiten
(1) Bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes kann die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident die Erteilung von Zugangsberechtigungen zum Landtag verweigern oder bereits erteilte Zugangsberechtigungen entziehen.
(2) Registerpflichtige dürfen an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags nicht mitwirken, solange Angaben nach Art. 3 Abs. 3 verweigert werden.  (Fussnote:(1Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig))
1. entgegen Art. 1 Abs. 1, Art. 3 eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig eintragen oder aktualisieren lässt oder
2. entgegen Art. 5 registerpflichtige Interessenvertretung betreibt, die gegen den als verbindlich anerkannten Verhaltenskodex verstößt.
2Die Ordnungswidrigkeit kann mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. 3Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Landtagsamt.
Der in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG zitierte Art. 16 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) lautet:
Art. 16
Beteiligung der Spitzenorganisationen
(1) Bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden wirken die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände nach Maßgabe der folgenden Absätze in einer laufenden, umfassenden und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit.
(2) 1Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände und das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat kommen regelmäßig, mindestens jedoch zweimal im Jahr, zu Gesprächen über allgemeine Regelungen beamtenrechtlicher Verhältnisse zusammen. 2Darüber hinaus können beide Seiten aus besonderem Anlass innerhalb einer Frist von einem Monat ein Gespräch verlangen.
(3) 1Die Entwürfe allgemeiner beamtenrechtlicher Regelungen werden den Spitzenorganisationen mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme zugeleitet. 2Die Stellungnahmen sollen mit dem Ziel der Einigung erörtert werden. 3Die Spitzenorganisationen können in den Erörterungen verlangen, dass ihre Vorschläge, die in Gesetzentwürfen keine Berücksichtigung finden, mit Begründung und einer Stellungnahme der Staatsregierung dem Landtag mitgeteilt werden.  (Fussnote:(Der Verhaltenskodex für die Interessensvertretung nach dem Bayerischen Lobbyregistergesetz (vgl. Art. 5 Abs. 1 BayLobbyRG) wurde am 14. Dezember 2021 bekannt gemacht (BayMBl Nr. 933, Az. B II 2 – G 51/20-6).))
II.
Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, das Bayerische Lobbyregistergesetz verletze sie in ihrer von Art. 170 Abs. 1 BV geschützten Koalitionsfreiheit. Sie möchten im Rahmen ihrer koalitionsmäßigen Betätigung Kontakt zum Landtag und zur Staatsregierung aufnehmen können, ohne sich registrieren zu müssen. Die angegriffenen Bestimmungen verstießen auch gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 118 BV, da die Beamtengewerkschaften gegenüber den Angestelltengewerkschaften, den Parteien und den Religionsgemeinschaften ungleich behandelt würden, ohne dass dies sachlich zu rechtfertigen sei.
1. Die Antragsteller (mit Ausnahme derer zu 11, 15 und 20) hätten eine gemischte Mitgliederstruktur, sie organisierten sowohl Beamtinnen und Beamte wie auch Tarifbeschäftigte. Auch soweit sie Arbeitnehmende als Mitglieder hätten, seien sie mit Ausnahme der Antragsteller zu 8, 17 und (mittelbar) 22 nicht selbst tariffähig. Tarifverhandlungen würden für sie auf Bundesebene vom dbb beamtenbund und tarifunion geführt. Mit dem Landtag oder der Staatsregierung führten sie keine Tarifverhandlungen.
2. Da die Antragsteller die Beschränkung ihrer Koalitionsfreiheit als erheblich empfänden, hätten sie alle prozessualen Möglichkeiten ergriffen, um die Belastung zu verhindern. Sie hätten beim Bundesverfassungsgericht am 28. Dezember 2021 Verfassungsbeschwerde eingelegt, die mit Beschluss vom 17. Januar 2022 (Az. 1 BvR 2727/21 – juris) nicht zur Entscheidung angenommen worden sei.
Beim Verwaltungsgericht München sei während des hier anhängigen Verfahrens Feststellungsklage erhoben worden, mit der die Antragsteller die Feststellung begehrten, dass sie nach dem Bayerischen Lobbyregistergesetz nicht verpflichtet seien, eine „Eintragungspflicht vorzunehmen“ (Az. M 30 K 22.308).
3. Die Antragsteller rügen, Art. 1 bis 3 sowie Art. 5 und 6 BayLobbyRG verletzten Art. 170 BV.
Sie halten eine z. B. § 2 Abs. 2 Nr. 7 des Gesetzes zur Einführung eines Lobbyregisters für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und gegenüber der Bundesregierung (Lobbyregistergesetz – LobbyRG) bzw. § 3 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzes über ein Transparenzregister in Baden-Württemberg entsprechende Regelung für verfassungsrechtlich geboten, die Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerverbände von der Registrierungspflicht freistelle, soweit sie „Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen“.
Eine Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG vergleichbare Regelung, die eine Freistellung der Gewerkschaften nur insoweit vorsehe, als diese „ihre Funktion als Tarifpartner wahrnehmen“, gebe es weder im Bund noch in einem anderen Bundesland.
a) Die unter Art. 1 Abs. 2 BayLobbyRG fallenden Interessenvertretungen würden vom Schutzbereich des Art. 170 Abs. 1 BV erfasst.
Aus Art. 170 Abs. 1 BV folge das Recht aller Beamtengewerkschaften, ihre Vorstellungen zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dem Staat gegenüber zu vertreten. Art. 170 Abs. 1 BV gewähre im Bereich der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mehr als nur das Streikrecht und die Tarifautonomie. Das Recht, für die eigenen Vorstellungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen auch beim Staat einzutreten, habe für Beamtengewerkschaften, denen nicht nur das Streikrecht, sondern – zumindest einfachrechtlich – auch die Tarifautonomie fehle, besondere Bedeutung.
Insbesondere kollidiere das sich aus Art. 170 Abs. 1 BV ergebende Recht der Koalitionen, mit ihren politischen Forderungen im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen auf den Gesetzgeber zuzugehen, nicht mit dem Umstand, dass das Beteiligungsrecht gemäß § 118 BBG, § 53 BeamtStG und Art. 16 BayBG beim Erlass allgemeiner Regelungen nur einem kleinen Ausschnitt der Beamtenkoalitionen, nämlich den Spitzenverbänden, zustehe.
b) Die Mitgliederzahlen, die Vollzeitäquivalente, die finanziellen Verhältnisse und der Rechenschaftsbericht seien sensible Daten und bei Beamtengewerkschaften ebenso schutzwürdig wie bei Tarifgewerkschaften. Anders als hinsichtlich der mit der Registerpflicht verbundenen Pflicht zur Angabe der Grunddaten, die eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit darstelle, liege hinsichtlich der Verpflichtung, weitere Daten anzugeben, ein Eingriff vor, der durch die Ordnungswidrigkeitensanktion in Art. 6 Abs. 3 Nr. 1 BayLobbyRG noch verstärkt werde. Art. 5 BayLobbyRG enthalte eine Ermächtigung für den Erlass von Regelungen, die zumindest Eingriffswirkung entfalten könnten.
Zwar seien nur die Beamtengewerkschaften, die sich zu Gesetzesvorhaben äußern, an Anhörungen teilnehmen, sonst ihre Interessen vortragen oder mit der „politischen Leitung des Freistaates“ in Kontakt kommen wollten, zur Registrierung und zu weiteren Angaben verpflichtet. Der grundrechtliche Schutz des Art. 170 Abs. 1 BV gehe aber gerade dahin, ohne Erfüllung besonderer Voraussetzungen mit dem Gesetzgeber Kontakt aufnehmen zu können, um für die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der eigenen Mitglieder einzutreten.
Zu den im Einzelnen anzugebenden Daten tragen die Antragsteller vor, die Mitgliederzahl (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BayLobbyRG), die Anzahl der Beschäftigten (Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BayLobbyRG) und die finanziellen Verhältnisse (Art. 3 Abs. 1 Nrn. 9 bis 12) seien sensible Daten:
Die Mitgliederzahl kennzeichne insbesondere die Mächtigkeit einer Beamtengewerkschaft; sie entscheide mit über das Gewicht der Stimmen, mit der die Koalitionen vom Staat gehört würden.
Die Verpflichtung, die Anzahl der Beschäftigten und Vollzeitäquivalente anzugeben, die für die Interessenvertretung unmittelbar beauftragt seien, zwinge zur Offenlegung der personellen Arbeitskraft und damit der eigenen Bedeutung.
Die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse sei in besonderem Maß sensibel.
Bei Gewerkschaften gelte dies schon deshalb, weil ohne Vertraulichkeit der finanziellen Mittel ihre „Streikkassen“ mittelbar offengelegt würden. Aus dem Umstand, dass Beamtengewerkschaften bezogen auf die beamteten Mitglieder keine Streiks durchführen dürften, folge nicht, dass sie keine Streikkassen benötigten, da die meisten Beamtengewerkschaften auch Tarifbeschäftigte als Mitglieder hätten, die zum Teil über Beiträge an die Dachverbände auch Kompensation für streikbedingte Bezügeausfälle leisteten. Daher hätten auch Beamtengewerkschaften oft Streikkassen. Auch ohne solche seien die Aussagen über Finanzmittel sensibel, weil sie maßgeblich dafür da seien, den politischen Forderungen auf dem Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Nachdruck zu verleihen. Unabhängig von der Frage, welche Anforderungen an den Rechenschaftsbericht gestellt würden, erlege Art. 3 Abs. 1 Nr. 12 BayLobbyRG den Koalitionen Offenbarungspflichten auf, die Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer koalitionsspezifischen Verhaltensweisen haben könnten. Dass nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG die Angabe der Daten gemäß Absatz 1 Nummern 9 bis 12 verweigert werden könne, sofern ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse glaubhaft dargelegt werde, lasse die Eingriffswirkung nicht entfallen. Denn durch die gesetzliche Regelung sei nicht sichergestellt, dass den Beamtengewerkschaften das Recht zustehe, die Angaben verweigern zu können. Die Entscheidung obliege dem Landtagsamt, das Risiko einer von der Ansicht der Antragsteller abweichenden Einschätzung gehe zu ihren Lasten. Zudem würde das Kommunikationsrecht der Beamtengewerkschaften wesentlich eingeschränkt, weil sie bei Verweigerung der Angaben gemäß Art. 6 Abs. 2 BayLobbyRG nicht mehr an öffentlichen Anhörungen teilnehmen dürften. Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG führe nicht zur Entlastung, solange Art. 6 Abs. 2 BayLobbyRG in Kraft sei.
c) Die Eingriffe bedürften der Rechtfertigung durch ein verfassungsimmanentes Rechtsgut. Daran fehle es. Ziel des Bayerischen Lobbyregistergesetzes sei, die Einflussnahme auf die politische Willensbildung in Bayern transparent zu gestalten. Die Vorgaben der Bayerischen Verfassung bezogen auf die Öffentlichkeitsgebote der Kommunikation von Bevölkerung zu Parlament und Regierung entsprächen weitgehend denen des Grundgesetzes, für das anerkannt sei, dass es kein allgemeines Transparenzgebot enthalte.
Selbst wenn man annähme, dass mit dem Lobbyregistergesetz ein Rechtsgut mit Verfassungsrang geschützt werden solle, wären die Eingriffe zumindest unverhältnismäßig. Die Beamtengewerkschaften kommunizierten nicht deshalb mit dem Gesetzgeber, weil sie für individuelle Interessen eine Regelung des auf das Gemeinwohl ausgerichteten Gesetzgebers wünschten, sondern weil er ihr „Arbeitgeber“ sei, d. h. die andere Seite eines speziellen Gegenseitigkeitsverhältnisses. Die Eingriffe in die Koalitionsfreiheit wögen besonders schwer, da die Beamtengewerkschaften deshalb sensible Daten angeben müssten, weil sie von ihren Grundrechten Gebrauch machten. Das Recht, an den Normgeber heranzutreten, sei unerlässlich für die Betätigungsfreiheit der Beamtengewerkschaften.
Für die vom Bayerischen Lobbyregistergesetz verfolgten Ziele seien die Angaben gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 und Nrn. 8 bis 12 BayLobbyRG nur beschränkt erforderlich. Das Gemeinwohlziel der Transparenz der Einflussnahme Dritter auf die Meinungsbildung der staatlichen Führungsebene, das zumindest kein Verfassungsgut von hohem Rang sei, werde nur unerheblich beschränkt, wenn man die Beamtengewerkschaften von diesen Angaben freistellte. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Beamtengewerkschaften sei in der Regel schon deutlich, für welche Interessen sie stünden.
d) Aus dem Gesetzeswortlaut der Ausnahmeregelungen ergebe sich nicht, dass sie die Interessenvertretung von Beamtenkoalitionen erfassten, soweit sie Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nähmen.
Sollte die Formulierung in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG „Funktion als Tarifpartner“, die das Bundesverfassungsgericht als unklar angesehen habe, so zu verstehen sein, dass darunter jegliche Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 GG gefasst würde, bestünde aus der Sicht der Antragsteller kein Bedürfnis mehr für eine Teilnichtigkeitserklärung. Da der Begriff „Tarifpartner“ das Element Partner enthalte, dürfte es grammatikalisch nicht ganz einfach sein, die grundrechtlich gewährleistete Tätigkeit eines Verbandes, mit dem man selbst keinen Tarifvertrag schließe, begrifflich darunter zu fassen. Außerdem habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine § 2 Abs. 2 Nr. 7 LobbyRG bzw. Art. 1 Abs. 4 Nr. 5 des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion für ein Bayerisches Lobbyregistergesetz (LT-Drs. 18/12034) entsprechende Regelung entschieden.
Der Gesetzestext stelle nicht klar, dass die Ausnahmemöglichkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG für die Beamtengewerkschaften greife, sofern es um eine Tätigkeit gehe, die vom Schutzbereich des Art. 170 Abs. 1 BV umfasst sei. Außerdem sei Art. 6 Abs. 2 BayLobbyRG zu beachten.
e) Die vom Bundesverfassungsgericht weiter aufgeworfene Frage, ob durch die Ausnahmeregelungen in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG den grundrechtlich geschützten Interessen der Antragsteller hinreichend Rechnung getragen werden könne, sei zu verneinen. Die Interessen des Dachverbands und der Einzelorganisationen deckten sich nicht vollständig. Die Einzelgewerkschaften verträten jeweils die spezifischen Interessen der bei ihnen organisierten Berufsgruppen innerhalb des öffentlichen Dienstes, während sich der Dachverband um die alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gleichermaßen betreffenden Sachverhalte und Rahmenbedingungen kümmere, wie Besoldungs- und Versorgungsfragen, Arbeitszeit- und Beihilferegelungen. Art. 9 Abs. 3 GG kenne keine Subsidiarität des Grundrechtsschutzes für den einzelnen Verband im Vergleich zum Dachverband.
4. Art. 1 bis 3 sowie Art. 5 und 6 BayLobbyRG verstießen auch gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 118 Abs. 1 BV. Sie seien daher unanwendbar, solange der Gesetzgeber den Gleichheitsverstoß nicht beseitige.
Beamtengewerkschaften seien gegenüber anderen Koalitionen, die Tarifautonomie besäßen, benachteiligt. Einen sachlichen Grund, weshalb die Tariffreiheit registerfrei ausgeübt werden dürfe, die sonstigen Auswirkungen der Koalitionsfreiheit dagegen nicht, gebe es nicht.
Während Parteien und Kirchen vollständig von der Registrierungspflicht freigestellt würden, sofern sie von dem in Art. 21 GG bzw. Art. 107 BV/Art. 4 GG geschützten Verhalten Gebrauch machten, würden Koalitionen nicht vollständig von der Registrierungspflicht freigestellt, sofern sie sich innerhalb des Schutzbereichs von
Art. 170 Abs. 1 BV bewegten. Das Bayerische Lobbyregistergesetz differenziere zwischen einem Teil des grundrechtlich geschützten Verhaltens – Funktion als Tarifpartner -, bei dem sie von der Registrierungspflicht freigestellt würden, und einem anderen Teil – Wahrnehmung der Kollektivinteressen -, bei dem sie nicht freigestellt und daher schlechter behandelt würden als die Parteien und Kirchen. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und werde in den Gesetzesmaterialien auch nicht erklärt.
5. Die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung lägen vor.
Die Popularklage sei weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet, sodass es auf die Folgenabwägung ankomme.
a) Ergehe die einstweilige Anordnung nicht, habe die Popularklage aber Erfolg, würden die Antragssteller gezwungen zu wählen, ob sie gegen ihren Willen die geforderten Angaben machten und die Registrierung vornähmen oder bis zur Entscheidung über die Hauptsache auf die Ausübung ihrer Rechte aus Art. 170 Abs. 1 BV verzichteten. Ihnen bliebe nichts anderes übrig, als eine verfassungswidrige Einschränkung ihrer einzig verbleibenden Rechte aus der Koalitionsfreiheit vorübergehend hinzunehmen, um weiterhin Interessenvertretungen wahrnehmen zu können. Gegenwärtig sei es besonders wichtig, dass die verfassungsrechtlich abgesicherte Interessenvertretung der Beamtinnen und Beamten zwecks Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Gehör bei der Staatsregierung und beim Landtag erhalte. Dies werde durch das Bayerische Lobbyregistergesetz erheblich erschwert. Die Pandemie stelle Teile der Beamtenschaft vor besondere Herausforderungen. Insbesondere der Polizeivollzug sowie der Schuldienst und die Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten im Gesundheitsdienst würden zurzeit in besonderer Weise belastet. Viele von ihnen seien in besonderer Weise einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt und arbeiteten an ihrer Belastungsgrenze. Sie hätten ein besonderes Interesse daran, dass ihre Gewerkschaften gehört würden.
Seien die Daten erst einmal veröffentlicht, sei der Schaden schon eingetreten. Die Veröffentlichung sei nicht mehr rückgängig zu machen und verliere ihre Aktualität erst nach erheblichem Zeitablauf.
Angesichts der Zusage der Landtagspräsidentin vom 3. Februar 2022, bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine nachteiligen Maßnahmen gegen die Antragsteller zu unternehmen, drohten allerdings bis zur Entscheidung über den Eilrechtsschutz keine erheblichen Nachteile für die Antragsteller.
b) Ergehe dagegen die einstweilige Anordnung und habe die Popularklage keinen Erfolg, sei der Nachteil für das Gemeinwohl beschränkt. Es gelte der alte Rechtsrahmen für eine Übergangszeit weiter. Der Wille des Gesetzgebers wäre nur sehr beschränkt beeinträchtigt, insbesondere weil lediglich eine Teilregelung betroffen sei, die nur einen geringen Anteil der Gesamtregelung darstelle und die andere Normgeber zur Erreichung des Regelungsziels nicht für erforderlich hielten.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unbegründet. Auch die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seien nicht gegeben.
a) Ein Verstoß gegen Art. 170 Abs. 1 BV liege nicht vor.
Der Gesetzgeber bekenne sich mit dem Bayerischen Lobbyregistergesetz zur demokratisch erwünschten und gebotenen Interessenvertretung, er schränke dieses Recht aber aus Transparenzgründen, die ihrerseits auch verfassungsrechtliches Gewicht hätten, in äußerst moderater und wenig eingriffsintensiver Weise ein und begrenze damit in verfassungskonformer Weise die Möglichkeit der Interessenartikulation. Art. 170 Abs. 1 BV schütze diejenige Betätigung der Koalitionen, die unmittelbar der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen diene und insoweit auch die lnteressenartikulation durch organisierte Interessenverbände. Das Bayerische Lobbyregistergesetz verbiete diese aber nicht, sondern unterwerfe sie nur einem verfassungskonformen ordnungsrechtlichen Rahmen. Es sei zwar zutreffend, bei der Koalitionsfreiheit des Art. 170 Abs. 1 BV (bzw. Art. 9 Abs. 3 GG) als normgeprägtem Grundrecht zwischen Eingriffen einerseits und bloßer Ausgestaltung andererseits zu unterscheiden, die Einordnung der entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen im Einzelfall, wie sie die Antragsteller vorgenommen hätten, könne aber nicht überzeugen. Es erschließe sich insbesondere nicht, wie der Verpflichtung zur Angabe der Mitgliederzahl nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BayLobbyRG Eingriffsqualität zugesprochen werden könne, obwohl nahezu alle Antragsteller diese Daten im Internet veröffentlicht hätten. Auch die Bewertung der Verpflichtung, Angaben zu den Vollzeitäquivalenten (Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BayLobbyRG) sowie zu den finanziellen Verhältnissen (Art. 3 Abs. 1 Nrn. 9 ff. BayLobbyRG) zu machen, als Grundrechtseingriff litte an der irrigen Vorstellung, die Möglichkeit der Interessenartikulation sei abhängig von der dahinterstehenden finanziellen Durchsetzungskraft. Zwar hänge die Wirkungsmacht einer Beamtengewerkschaft auch von deren finanzieller Ausstattung ab, die Mitwirkungsmöglichkeit im Wege der Interessenvertretung werde jedoch nicht von der jeweiligen Finanzmacht abhängig gemacht.
Ungeachtet der Frage der Eingriffsqualität komme es entscheidend auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der mit der Popularklage angegriffenen Vorschriften an. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit sei zwar vorbehaltslos, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe der Gesetzgeber die Koalitionsfreiheit beschränkende Regelungen treffen, wenn er sich dabei auf andere Rechte oder Rechtsgüter berufen könne, die jeweils Verfassungsrang haben müssten, und wenn er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre.
Gesetzliche Regeln wie das Bayerische Lobbyregistergesetz verfolgten den legitimen Zweck, private Einflussnahme auf die Gesetzgebung und das RegierungshandeIn durch ein verpflichtendes Lobbyregister transparenter zu machen als bisher. Die Öffentlichkeit solle auf diese Weise in die Lage versetzt werden, sich zu informieren und auf dieser Grundlage Regierung und Parlament gleichermaßen zu kontrollieren. Zugleich werde damit die Zielsetzung verfolgt, die unabhängige Willensbildung und Entscheidungsfindung in Regierung und Parlament zu sichern. Der Bayerische Gesetzgeber sei davon ausgegangen, mit der Herstellung von Transparenz im Rahmen von Interessenvertretung ein verfassungsrechtlich bedeutsames und zugleich legitimes Ziel zu verwirklichen. Transparenz in diesem Sinn sei geprägt durch die Vorstellung einer offenen und durchschaubaren (transparenten) Kommunikation zwischen allen Akteuren des politischen Systems. Verfassungsrechtlich stelle Transparenz einen Wert von Verfassungsrang dar, der geeignet sei, grundrechtlich geschützte Positionen zu begrenzen. Transparenz und Öffentlichkeit staatlichen Handelns erwiesen sich als zentrale Mittel zur Verwirklichung des Demokratieprinzips.
Die gesetzgeberischen Ziele seien im Bayerischen Lobbyregistergesetz verfassungskonform umgesetzt worden. Die Registrierungspflicht und die damit verbundene Offenlegungspflicht knüpften – entgegen der Ansicht der Antragsteller – nicht an den Grundrechtsstatus der Beamtengewerkschaften an, sondern zielten vielmehr auf die Verwirklichung des demokratischen Gebots weitreichender Transparenz ab. Jeder Interessenvertreter sei zur Offenlegung der eintragspflichtigen Informationen verpflichtet, soweit keine zwingenden Ausnahmetatbestände zu seinen Gunsten eingriffen. Sowohl die Angabe der Mitgliederzahl nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BayLobbyRG als auch die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BayLobbyRG normierte Verpflichtung zur Angabe von Vollzeitäquivalenten erwiesen sich als verfassungskonforme Regelung. Die Argumentation der Antragsteller, der verfassungsrechtliche Schutz aus Art. 170 Abs. 1 BV ziele darauf ab, eine voraussetzungslose Wahrnehmung grundrechtlich geschützter Freiheit zu ermöglichen, übersehe, dass dem Gesetzgeber bei Regelungen, die sich nicht spezifisch gegen die Grundrechtsträger der Koalitionsfreiheit richteten, ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe.
Im Übrigen habe der Gesetzgeber das ohnehin schon geringe Eingriffsgewicht der anzeigepflichtigen Tatbestände dadurch gemildert, dass er mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG eine Härtefallklausel aufgenommen habe. Danach könnten zumindest die Angaben zu finanzrelevanten Daten nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 9 bis 11 BayLobbyRG verweigert werden, sofern ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse glaubhaft dargelegt werde. Auch wenn diese Bestimmung als Ermessenstatbestand ausgestaltet sei, dürfte sich das der Landtagsverwaltung zustehende Ermessen dann reduzieren, wenn die entsprechenden Daten für die grundrechtliche Aufgabenwahrnehmung unerlässlich seien. Dies könne beispielsweise für Rückschlüsse auf die „Finanzmacht“ der antragstellenden Beamtengewerkschaften gelten.
Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Regelungen des Bayerischen Lobbyregistergesetzes nur einen Ausschnitt der verfassungsrechtlich geschützten Tätigkeit beträfen, da jedenfalls Interessenvertretung unterhalb der Abgeordneten- bzw. Regierungsebene – anders als auf Bundesebene – nicht durch das Gesetz erfasst werde. Damit bestehe die Möglichkeit, auf Abteilungs- oder Referatsebene oder bei lokalen Dienststellen Interessenvertretung zu betreiben. Im Übrigen sei denkbar, dass die Erheblichkeitsschwelle des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayLobbyRG nicht überschritten und damit auch eine Registrierungspflicht nicht ausgelöst werde.
b) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor.
Da der Gleichheitssatz nur im Rahmen der bundesstaatlichen Kompetenzordnung gelte, sei der Erlass unterschiedlicher Gesetze durch unterschiedliche Gesetzgeber nicht als Gleichheitsverstoß anzusehen.
Es sei schon fraglich, ob „Beamtengewerkschaften“ und „Angestelltengewerkschaften“ vergleichbare Gruppen darstellten, jedenfalls bestünden erhebliche Unterschiede, die geeignet seien, eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.
Auch im Vergleich zu Parteien und Kirchen liege keine Ungleichbehandlung vor, wenn der Gesetzgeber bei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen nicht jedes Verhalten von der Registrierungspflicht ausnehme, sondern nur bereichsspezifische Ausnahmen normiere, die zwingend verfassungsrechtlich geboten seien.
c) Hinsichtlich des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestünden Zweifel, ob die Darlegungen der Antragsteller den Substanziierungsanforderungen hinsichtlich der nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG erforderlichen „Schwere“ des Nachteils genügten. Dies gelte insbesondere für die – zu Unrecht – behauptete Irreversibilität der Eintragung der registerpflichtigen Angaben; die Angaben könnten gelöscht werden und seien damit als beseitigungsfähige Nachteile gerade keine schweren Nachteile im Sinn von Art. 26 Abs. 1 VfGHG.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei schon deshalb nicht angezeigt, da die mit der Popularklage angegriffenen Regelungen nicht gegen Grundrechte der Bayerischen Verfassung (Art. 118 und Art. 170 BV) verstießen. Selbst wenn man die Bedenken der Antragsteller gegen die Verfassungskonformität der angegriffenen Regelungen teilte, rechtfertigten diese es mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung im Ergebnis nicht, das angegriffene Gesetz insgesamt auszusetzen. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, von der abzuweichen das vorliegende Verfahren keinen Anlass biete, dass durch eine einstweilige Anordnung das angegriffene Gesetz allgemein und nicht nur in der Beziehung zu den Antragstellern außer Vollzug gesetzt würde. Dementsprechend seien in die Folgenabwägung auch die Auswirkungen auf sämtliche von dem Gesetz Betroffenen einzustellen und nicht etwa nur die Auswirkungen auf die Antragsteller. Bei Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung wäre das zentrale Ziel des Gesetzes, nämlich die Schaffung weitreichender Transparenz durch entsprechende Registrierungspflichten, in seinem Kern gefährdet. Zudem werde die Interessenvertretung durch die gesetzliche Registrierungspflicht nicht etwa unmöglich gemacht. Es fehle auch an der erforderlichen Dringlichkeit eines Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung. Wenn – wie dies hier durch die Landtagsverwaltung gegenüber den Antragstellern zugesichert worden sei – eine Anwendung der streitbefangenen Vorschriften bis zur Entscheidung des Gerichts über den Erlass einer einstweiligen Anordnung unterbleibe, dann sei mit dieser „Stillhaltevereinbarung“ dem Petitum der Antragsteller hinreichend Rechnung getragen; alles andere wäre im Übrigen eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Entgegen der Behauptung der Antragteller würden ihre Rechtspositionen nicht unzumutbar beeinträchtigt, es fehle vielmehr an einer gegenwärtigen und unmittelbaren Belastung. Mit Blick auf die mögliche Verhängung von Bußgeldern durch die Landtagsverwaltung drohe der Eintritt eines Nachteils nur latent; die Realisierung sei noch von weiteren – selbstständig im fachgerichtlichen Verfahren angreifbaren – Schritten abhängig.
Die mit der Registrierungspflicht verbundene Belastungswirkung bei den Antragstellern sei im Vergleich mit dem gesetzgeberischen Ziel einer weitreichenden Transparenz und damit verbundenen Stärkung des Vertrauens in die demokratischen Institutionen von nachgeordneter Bedeutung.
2. Eine Äußerung der Bayerischen Staatsregierung ist nicht erfolgt.
IV.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1. Der Verfassungsgerichtshof kann auch im Popularklageverfahren eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist, Art. 26 Abs. 1 VfGHG. Wegen der weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung im Popularklageverfahren in der Regel auslöst, ist an die Voraussetzungen, unter denen sie erlassen werden kann, ein strenger Maßstab anzulegen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.1.1995 VerfGHE 48, 1/3 f.; vom 4.11.2010 VerfGHE 63, 188/192; vom 28.1.2022 – Vf. 65-VII-21- juris Rn. 13). Aufgrund des Wesens der Popularklage dürfen konkrete Maßnahmen zugunsten einzelner von einem Rechtssatz betroffener Personen nicht erlassen werden; vielmehr kommt auch im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nur eine Regelung infrage, die generell den Vollzug vorläufig aussetzt (VerfGH vom 6.5.1965 VerfGHE 18, 50; VerfGHE 63, 188/192 f.; vom 28.1.2022 – Vf. 65-VII-21- juris Rn. 13). Auch ist das Verfahren nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG ebenso wenig wie das nach § 32 BVerfGG darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz vor dem Eintritt auch endgültiger Folgen zu bieten (vgl. VerfGH vom 28.9.2021 – Vf. 74-IVa-21 – juris Rn. 16; vom 13.1.2022 – Vf. 88-IVa-21 – juris Rn. 18; jeweils zu Organstreitigkeiten unter Verweis auf BVerfG vom 7.7.2021 NVwZ 2021, 1368 Rn. 23; vgl. allgemein, zur vorläufigen Außervollzugsetzung von Gesetzen und zu Verfassungsbeschwerden auch BVerfG vom 14.5.1996 BVerfGE 94, 166/215 ff.; vom 9.12.2013 – 2 BvR 2541/13 – juris Rn. 5 m. w. N.; vom 9.2.2022 – 2 BvR 167/22 – juris Rn. 3). Entsprechend kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Betracht als die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte. Insbesondere sind, wenn eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines geltend gemachten schweren Nachteils erstrebt wird, erheblich strengere Anforderungen an die Schwere des Nachteils zu stellen (vgl. BVerfG vom 9.2.2022 – 2 BvR 167/22 – juris Rn. 3 m. w. N.).
Dringlichkeit im Sinn des Art. 26 Abs. 1 VfGHG setzt insbesondere voraus, dass von dem angegriffenen Gesetz unmittelbar Belastungen ausgehen, die schon und noch gegenwärtig sind (VerfGH vom 3.7.2020 BayVBl 2020, 661 Rn. 11). Die Abwehr eines Nachteils durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht dringlich, wenn der Nachteil durch zumutbare Maßnahmen des Antragstellers abgewehrt werden kann (Schneider in Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2. Aufl. 2022, § 32 Rn. 77, 248). Die Dringlichkeit entfällt ferner, wenn bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens Stillhaltebereitschaft signalisiert wurde (vgl. Schneider, a. a. O., § 32 Rn. 268; Graßhof in Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 32 Rn. 75).
Bei der Beurteilung, ob der Erlass zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist, haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift vorgetragen werden, im Regelfall außer Betracht zu bleiben. Nur wenn bereits offensichtlich ist, dass die Popularklage aus prozessualen oder sachlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, kommt eine einstweilige Anordnung von vornherein nicht in Betracht. Umgekehrt kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung dann geboten sein, wenn die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift offensichtlich ist. Ist der Ausgang des Popularklageverfahrens dagegen als offen anzusehen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Popularklage aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Popularklage aber der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Abwägung müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe so gewichtig sein, dass sie im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.12.2017 NVwZ-RR 2018, 593 Rn. 13; vom 28.1.2022 – Vf. 65-VII-21 – juris Rn. 13; jeweils m. w. N.). Wegen des erheblichen Eingriffs in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers müssen im Fall der begehrten Außervollzugsetzung eines Gesetzes die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe besonderes Gewicht haben (VerfGH vom 26.8.2021 BayVBl 2022, 9 Rn. 44; vgl. zu § 32 Abs. 1 BVerfGG auch BVerfG vom 26.8.2015 BVerfGE 140, 99 Rn. 12; vom 15.4.2019 BVerfGE 151, 152 Rn. 24; vom 20.7.2021 – 2 BvF 1/21 – juris Rn. 135 m. w. N.).
Einstweilige Anordnungen können im Übrigen in aller Regel nur dazu dienen, eine vorläufige Regelung zu treffen (VerfGH vom 6.5.2021 – Vf. 37-IVa-21 – juris Rn. 16). Wegen dieser Sicherungsfunktion der einstweiligen Anordnung ist auch maßgebend, ob für den Fall, dass sich die angegriffenen Vorschriften als verfassungswidrig erweisen, ein endgültiger und nicht wiedergutzumachender Schaden eintritt oder nur unter ganz erheblichen Schwierigkeiten wiederausräumbare vollendete Tatsachen geschaffen würden (vgl. BVerfG vom 3.5.1994 BVerfGE 91, 70/77; vgl. auch VerfGH BayVBl 2022, 9 Rn. 93). Dabei sind alle Möglichkeiten in den Blick zu nehmen, die den Betroffenen zur Verfügung stehen, um die durch die Regelung entstehenden Belastungen gering zu halten.
2. Nach diesen Maßstäben ist eine einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.
a) Bei überschlägiger Prüfung kann weder von offensichtlichen Erfolgsaussichten noch von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Popularklage ausgegangen werden.
aa) Die Popularklage ist – nach Auslegung des Rechtsschutzbegehrens – nicht offensichtlich unzulässig.
(1) Das Begehren der Antragsteller, Art. 1 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b, Art. 3, 5 und 6 BayLobbyRG insoweit wegen Verstoßes gegen die Bayerische Verfassung für verfassungswidrig zu erklären, als sie eine Registerpflicht für Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen vorsehen, auch sofern sie über die Wahrnehmung der Funktion als Tarifpartner hinausgehend Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen, zielt auf eine Erweiterung der Ausnahmeregelungen von der Registerpflicht. Auch wenn die Antragsteller sich „gegen“ die oben genannten Normen wenden, eine „Teilnichtigkeitserklärung“ begehren und ausführen, sie verfolgten nicht das Petitum, „Normen zu schaffen“, ergibt die Auslegung der Popularklage (vgl. VerfGH vom 13.5.2009 VerfGHE 62, 61/65; vom 21.6.2011 VerfGHE 64, 89/91 f.; vom 10.6.2013 VerfGHE 66, 61/64; vom 24.9.2018 – Vf. 2-VII-17 – juris Rn. 17), dass sie in der Sache ein gesetzgeberisches Unterlassen zum Gegenstand hat. Die Antragsteller begehren im Ergebnis eine Ausnahmevorschrift, nach der die Interessenvertretung im Rahmen der Tätigkeit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen keiner Registerpflicht unterliegt, soweit mit ihr Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen genommen wird.
(2) In diesem Fall gelten besondere Anforderungen hinsichtlich der Substanziierungspflicht nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG. Zwar kann auch ein Unterlassen des Gesetzgebers Gegenstand einer Popularklage sein. Allerdings besteht nach bayerischem Verfassungsrecht grundsätzlich kein verfassungsgerichtlich verfolgbarer Anspruch auf ein bestimmtes Handeln des Gesetzgebers. Das Verlangen nach Erlass einer bestimmten Regelung kann nur ausnahmsweise im Weg einer Popularklage geltend gemacht werden. Hierzu muss der Antragsteller in substanziierter Weise darlegen, dass der Normgeber aufgrund einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet ist (VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 115; vom 12.9.2016 BayVBl 2017, 478 Rn. 44; vom 9.10.2018 BayVBl 2019, 260 Rn. 24; vom 7.12.2021 – Vf. 4-VII- 19 – juris Rn. 48).
Dass die Popularklage diesen Maßstäben nicht genügte, ist nicht offensichtlich. Die Antragsteller dürften vielmehr hinreichend substanziiert dargelegt haben, dass der Gesetzgeber aus ihrer Sicht aufgrund Art. 170 BV zu der von ihnen für erforderlich gehaltenen erweiterten Ausnahmeregelung verpflichtet ist. Art. 170 BV verbürgt ein Grundrecht (Schmidt am Busch in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 170 Rn. 9; Lindner in Lindner/ Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 170 Rn. 1). Die Koalitionsfreiheit umfasst insbesondere das verfassungsmäßige Recht, durch koalitionsmäßige Betätigung die in Art. 170 Abs. 1 BV genannten Zwecke zu verfolgen, also die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern (VerfGH vom 20.6.2008 VerfGHE 61, 130/133; Lindner, a. a. O., Rn. 12). Auch Beamtinnen und Beamten und ihren Vereinigungen steht dieses Grundrecht zu (vgl. VerfGH vom 31.3.1955 VerfGHE 8, 11/20; zu Art. 9 Abs. 3 GG BVerfG vom 12.6.2018 BVerfGE 148, 296 Rn. 113 m. w. N.; Schmidt am Busch, a. a. O., Rn. 11). Die Grundsätze des Berufsbeamtentums, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Koalitionsfreiheit nicht verfassungsunmittelbar begrenzen, sondern kollidierendes Verfassungsrecht zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Koalitionsfreiheit darstellen (BVerfGE 148, 296 Rn. 139), stehen einer Verpflichtung des Normgebers zum Erlass der von den Antragstellern für erforderlich gehaltenen Ausnahmeregelung nicht entgegen.
bb) Die Popularklage ist weder offensichtlich begründet noch offensichtlich unbegründet.
(1) Die Koalitionsfreiheit wird durch die Bayerische Verfassung zwar vorbehaltlos gewährleistet. Damit ist aber nicht jede Einschränkung von vornherein ausgeschlossen. Auch vorbehaltslos gewährleistete Grundrechte können durch kollidierende Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechte eingeschränkt werden (VerfGHE 61, 130/134; zu Art. 9 Abs. 3 GG BVerfGE 148, 296 Rn. 117 m. w. N.).
(2) Ob die Regelungen im Bayerischen Lobbyregistergesetz die Grenzen überschreiten, die Art. 170 BV der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers setzt, ist als offen zu beurteilen. Insbesondere ist die Reichweite der Ausnahmeregelungen unklar. Den Materialien lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b bzw. c BayLobbyRG auch die Interessenvertretung im Rahmen der Einflussnahme auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände von der Registerpflicht ausgenommen werden sollte oder ob die bewusst eng gefassten Ausnahmetatbestände als mit Art. 170 BV vereinbar angesehen wurden.
Nach den Materialien sind die Ausnahmen in dem Gesetzentwurf der Fraktion FREIE WÄHLER und der CSU-Fraktion (LT-Drs. 18/15463), der am 24. Juni 2021 beschlossen wurde, bewusst enger gefasst worden als in den bundesrechtlichen Regelungen. Insbesondere Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen unterlägen nur dann nicht der Registerpflicht, wenn sie in ihrer Funktion als Tarifpartner tätig seien (Plenarprotokoll 18/82 vom 5.5.2021 S. 10876 f.). Das in der Verfassung Geschützte solle auch im Lobbyregister geschützt werden, beispielsweise wenn Gewerkschaften im Rahmen ihrer Aufgaben als „Tarifparteien“ aktiv seien (Plenarprotokoll 18/86 vom 24.6.2021 S. 11567). Schließlich wurde in der Plenardebatte angesprochen, es gebe im Hinblick auf die für die Spitzenorganisationen des öffentlichen Dienstes geltende Sondervorschrift des Art. 16 BayBG Unklarheiten darüber, ob auch der Bayerische Beamtenbund e. V. von der Registerpflicht ausgeschlossen sei (Plenarprotokoll 18/86 S. 11571).
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (LT-Drs. 18/12034), der am 24. Juni 2021 abgelehnt wurde, sah hingegen ausdrücklich eine Regelung vor, nach der eine Interessenvertretung im Rahmen der Einflussnahme auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 170 Abs. 1 BV einer Eintragungspflicht nicht unterliegen sollte.
In der Gesetzesbegründung zu Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG wird ausgeführt, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen seien zur Berücksichtigung des grundrechtlich gebotenen Schutzes nach Art. 9 Abs. 3 GG von einer Registrierungspflicht ausgenommen, soweit sie ihre Funktion als Tarifpartner wahrnähmen. Andere Tätigkeiten könnten hingegen eine Registrierungspflicht auslösen (LT-Drs. 18/15463 S. 8). In der Begründung zur Änderung des Bayerischen Lobbyregistergesetzes durch Einfügung eines neuen Buchstaben c in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 BayLobbyRG (Änderungsantrag von Abgeordneten der Fraktionen der CSU, FREIEN WÄHLER und SPD vom 17.11.2021, LT-Drs. 18/19000 S. 2), die in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration (LT-Drs. 18/19356 vom 2.12.2021) aufgegriffen und am 7. Dezember 2021 beschlossen wurde, wird ausgeführt, die Spitzenorganisationen des öffentlichen Dienstes könnten sich im Gegensatz zu den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in der Regel nicht auf den Ausnahmetatbestand in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG berufen, da diese im Rahmen von Tarifverhandlungen meist nicht offizielle Tarifpartner seien. Im Gegensatz zu Tarifverträgen würden die wesentlichen Fragen des Beamtenrechts einseitig durch Gesetz geregelt. Die Gleichstellung der in Art. 16 BayBG i. V. m. Abschnitt 1 Nr. 3.1 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht abschließend genannten Spitzenorganisationen mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden – wie beispielsweise den Gewerkschaften – sei aufgrund der schrankenlos gewährleisteten Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG geboten.
Diese Erwägungen werfen Fragen auf. Zum einen führen weder der Landtag noch die Staatsregierung Tarifverhandlungen, zum anderen sind nicht nur die Spitzenorganisationen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Bayerische Beamtenbund e. V., sondern auch deren Mitglieder Träger des Grundrechts der Koalitionsfreiheit.
Die Länder sind unter dem Namen Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zu einer Arbeitgebervereinigung zusammengeschlossen, die Tarifvertragspartner der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ist, zu denen insbesondere der dbb Beamtenbund und tarifunion gehört. Bei Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG bedarf daher nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2022 (Az. 1 BvR 2727/21 – juris Rn. 19) insbesondere der Begriff „Tarifpartner“ der Auslegung. Da Tarifverträge nicht im Landtag geschlossen würden, stelle sich die Frage, welche Tätigkeiten von der im Gesetz genannten Funktion als Tarifpartner genau umfasst seien. „Tarifpartner“ sei nicht ohne Weiteres mit Tarifvertragspartei gleichzusetzen.
Unklar ist zudem, warum sich Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG nach seinem Wortlaut auf die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände im Sinn des Art. 16 BayBG beschränkt. Der Begründung lässt sich nicht entnehmen, ob und gegebenenfalls aufgrund welcher Erwägungen der Gesetzgeber davon ausging, nur die Spitzenorganisationen nach Art. 16 BayBG könnten sich nicht auf Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG berufen, die in ihnen organisierten Gewerkschaften dagegen schon. Sollten sich die sog. Beamtengewerkschaften jedoch nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht auf den Ausnahmebestand des Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG berufen können, wird nicht erläutert, warum diese nicht von Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG erfasst sein sollen. Die Interessenvertretung nach Art. 1 Abs. 2 BayLobbyRG und die Beteiligung nach Art. 16 BayBG überschneiden sich nur geringfügig. In ihrer Intensität geht eine laufende, umfassende und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen eines Beteiligungsrechts, das zu den Maßnahmen gehört, die zum Ausgleich der für Beamtinnen und Beamte nicht bestehenden Tarifautonomie und des für sie geltenden Streikverbots geschaffen wurden (vgl. BTDrs. 16/4027 S. 35; BVerfGE 148, 296 Rn. 158), über eine Tätigkeit zum Zweck der Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse weit hinaus. Im Rahmen einer auf Zusammenarbeit angelegten (vgl. VG München vom 11.5.2004 – M 5 K 03.2004 – juris Rn. 43) Beteiligung gemäß Art. 16 BayBG erscheint eine Beschränkung auf die Spitzenorganisationen aus Gründen der Verfahrenskonzentration naheliegend. Aufgabe der Spitzenorganisationen ist es, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften gegenüber dem Dienstherrn eine abgestimmte Stellungnahme abzugeben (vgl. Uckelmann in BeckOK BeamtenR Bayern, BayBG Art. 16 Rn. 24; Leppek BeckOK BeamtenR Bund, BeamtStG § 53 Rn. 1). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung auf die Spitzenorganisationen in Art. 16 BayBG werden – soweit ersichtlich – demgemäß in der Literatur nicht geäußert; die Koalitionsbetätigung anderer Interessenvertretungen sei nicht eingeschränkt, da diese ihre Anliegen jederzeit vorbringen könnten und sie über ihre Spitzenorganisationen über Regelentwürfe informiert würden (Uckelmann in BeckOK BeamtenR Bayern, BayBG Art. 16 Rn. 24.2). Gründe für eine dem Art. 16 BayBG entsprechende Beschränkung auf die Spitzenorganisationen der Beamtengewerkschaften in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG liegen dagegen nicht auf der Hand. Es gehört zu einem demokratischen Willensbildungsprozess, dass jede Interessenvertretung ihre spezifischen Kenntnisse, Erfahrungen und rechtspolitischen Vorstellungen einbringen kann.
b) Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist angesichts der offenen Erfolgsaussichten nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese ergibt, dass die Nachteile, die durch den Vollzug der angegriffenen Vorschriften drohen, hinter dem öffentlichen Interesse am sofortigen Normvollzug zurückstehen müssen. Dass die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe angesichts der oben dargestellten strengen Maßstäbe so gewichtig wären, dass sie im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machten, haben die Antragsteller weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.
aa) Die Dringlichkeit entfällt entgegen der vom Bayerischen Landtag vertretenen Ansicht nicht schon, weil den Antragstellern von der Landtagsverwaltung zugesichert worden ist, die streitbefangenen Vorschriften gegenüber den Antragstellern vorläufig nicht anzuwenden. Denn diese Stillhaltebereitschaft wurde nur bis zur Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung erklärt, nicht bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens.
bb) Die Nachteile einer Registerpflicht für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, auch soweit sie Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen, sind zwar zunächst von nicht unerheblichem Gewicht. Dies wird durch die Bußgeldbewehrung in Art. 6 Abs. 3 Nr. 1 BayLobbyRG verstärkt. Bereits das Gesetz selbst wirkt den Konsequenzen allerdings durch Ausnahmen entgegen, deren Reichweite zum Teil noch ungeklärt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar mit dem Beschluss vom 17. Januar 2022 (Az. 1 BvR 2727/21 – juris) die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller nicht zur Entscheidung angenommen, aber auf verschiedene Unklarheiten der gesetzlichen Regelung hingewiesen, die eine für die Antragsteller günstige verfassungskonforme Auslegung zuließen. Dass es den Antragstellern – die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts aufgreifend – nicht zumutbar wäre, vor Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes andere Möglichkeiten, insbesondere fachgerichtlichen Rechtsschutz, zu ergreifen, um zumindest eine Reduzierung ihrer Belastung zu erreichen, lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Dies lässt die Dringlichkeit einer einstweiligen Anordnung entfallen. Die durch den Vollzug der Vorschrift drohenden Nachteile sind für eine Übergangszeit hinnehmbar.
(1) Auch ohne Eintragung im Lobbyregister ist Beamtengewerkschaften unabhängig von der Auslegung weiterer Ausnahmetatbestände jedenfalls eine eingeschränkte Interessenvertretung gegenüber dem Landtag und der Staatsregierung möglich und zwar im Rahmen der Mitwirkung an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags (Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BayLobbyRG), im Rahmen der Erstattung wissenschaftlicher Gutachten oder an die Allgemeinheit gerichteter Darstellungen und Erörterungen von Rechtsfragen (Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. e BayLobbyRG) oder im Rahmen von Expertisen, die direkt oder individuell zur Erlangung von Sachinformationen, Daten oder Fachwissen angefordert wurden (Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. f BayLobbyRG).
Darüber hinaus unterliegt eine Interessenvertretung im Rahmen der Tätigkeit der Spitzenorganisationen nach Art. 16 BayBG nicht der Registerpflicht (Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG).
(2) Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 17. Januar 2022 (a. a. O. Rn. 19) hervorgehoben, es sei noch nicht geklärt, was genau unter den Ausnahmetatbestand des Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b BayLobbyRG falle. „Tarifpartner“ sei nicht ohne Weiteres mit Tarifvertragspartei gleichzusetzen. Es hat ferner die Frage aufgeworfen, ob durch den Ausnahmetatbestand des Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG den Interessen der Mitglieder dieser Spitzenorganisationen hinreichend Rechnung getragen werden könne (a. a. O. Rn. 11).
Dies ist bei der Auslegung und Anwendung dieser Normen durch das Landtagsamt und gegebenenfalls die Fachgerichte zu beachten.
(3) Die Angabe von Grunddaten sehen die Antragsteller selbst als verfassungsgemäße Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit an. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden, in Art. 3 Abs. 1 Nrn. 9 bis 12 BayLobbyRG aufgeführten Angaben können sie sich nach Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG gegenüber dem Landtagsamt auf die besondere Schutzwürdigkeit der Angaben berufen und dadurch ihre Belastung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache oder einer vorherigen Klärung durch die Fachgerichte minimieren. Das Landtagsamt wird bei seiner Prüfung zu berücksichtigen haben, dass ausweislich der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 18/15463 S. 10) die Verweigerung der Daten insbesondere mit dem Schutz eventuell betroffener Grundrechte begründet werden kann (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 20). Ein „Ermessen“ steht dem Landtagsamt entgegen der in der Stellungnahme zur Popularklage vom Landtag vertretenen Ansicht im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG nicht zu. Die Landtagspräsidentin hat im Übrigen insoweit im Schreiben vom 3. Februar 2022 bereits darauf hingewiesen, dass es „bspw. grundsätzlich denkbar [sei], die,Streikkasse‘ nicht offenzulegen, soweit eine Organisation auch als Tarifpartner tätig wäre“.
Nicht durchgreifend ist die Argumentation der Antragsteller, dass bei einer die Schutzwürdigkeit anerkennenden Entscheidung des Landtagsamts für sie separate Nachteile einträten, weil sie gemäß Art. 6 Abs. 2 BayLobbyRG nicht mehr an öffentlichen Anhörungen teilnehmen dürften, wenn sie nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG die Angaben verweigerten.
Zwar dürfen nach dem Wortlaut der Norm Registerpflichtige an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags nicht mitwirken, solange Angaben nach Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG verweigert werden. Dies ist aber verfassungskonform und dem Sinn und Zweck der Regelung entsprechend dahin auszulegen, dass die Mitwirkung an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags allenfalls bis zu einer positiven Entscheidung des Landtagsamts über die Schutzwürdigkeit der Daten ausgeschlossen ist. In der Gesetzesbegründung zu Art. 6 BayLobbyRG (LT-Drs. 18/15463 S. 11) kommt dies zwar nicht eindeutig zum Ausdruck, dort wird aber hervorgehoben, die Vorschrift sehe Sanktionen bei Verstößen gegen die Bestimmungen des Gesetzes vor. Ein „Verstoß“ kann jedoch nicht angenommen werden, wenn die Schutzwürdigkeit der Daten vom Landtagsamt anerkannt wird. Zudem ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht, worin die Rechtfertigung dafür liegen könnte, Interessenvertretungen, die sich nach Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG berechtigt auf die Schutzwürdigkeit ihrer Daten berufen, zwingend von der Mitwirkung an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Landtags auszuschließen, die nach Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BayLobbyRG nicht der Registerpflicht unterliegen. Ein Vergleich mit dem ähnlich gefassten § 6 Abs. 2 LobbyRG führt insoweit nicht weiter, da die bundesrechtlichen Regelungen maßgeblich anders gestaltet sind. Dort ist zum einen in § 6 Abs. 2 LobbyRG nur eine Sollregelung vorgesehen (vgl. BT-Drs. 19/27922 S. 24; 19/22179 S. 9 und 11; Austermann NVwZ 2021, 585/588), zum anderen können die finanzbezogenen Angaben nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LobbyRG ohne Begründung – also unabhängig von einer Schutzwürdigkeit der Daten – verweigert werden.
Hat das Landtagsamt die Schutzwürdigkeit der Daten anerkannt, steht auch keine Ordnungswidrigkeit nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 3 BayLobbyRG im Raum.
(4) Hinsichtlich der Mitgliederzahl (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BayLobbyRG) gilt Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG zwar seinem Wortlaut nach nicht. Die Angabe dieser Daten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache oder einer vorherigen Klärung durch die Fachgerichte, ob die Mitgliederstärke im Licht von Art. 170 BV bzw. Art. 9 Abs. 3 GG von der Pflicht zur Angabe und damit ihrer Veröffentlichung auszunehmen wäre (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 20), stellt jedoch keinen so schwerwiegenden Eingriff dar, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten wäre. Die Antragsteller sprechen selbst von einem „mittleren Eingriff“ bzw. davon, dass dies die „eher geringste Belastung“ darstelle. Aus der Bußgeldbewehrung ergibt sich nichts anderes. Als Verwaltungsbehörde im Sinn des § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG hat das Landtagsamt die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen.
Einige Interessenvertretungen haben ihre Mitgliederzahl zudem bereits freiwillig veröffentlicht.
(5) Für die Angabe der Anzahl der Beschäftigten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BayLobbyRG gelten die unter (4) dargelegten Erwägungen entsprechend.
Die Ausführungen der Antragsteller speziell zu diesen Daten beschränken sich darauf, die Offenlegung der personellen Arbeitskraft sei als Eingriff anzusehen und es handle sich um sensible Daten. Sie gehen davon aus, insoweit bestünde die Möglichkeit, die Angaben zu verweigern, was angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BayLobbyRG (a. a. O. Rn. 20) nicht fernliegend erscheint.
(6) Angesichts der aufgezeigten, den Antragstellern zumutbaren Möglichkeiten, ohne Preisgabe besonders sensibler Daten im Rahmen der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Interessenvertretung gegenüber dem Landtag oder der Staatsregierung zu betreiben, sind schwere irreversible Schäden durch die Abweisung des Eilantrags nicht zu befürchten. Allein der Umstand, dass eine erteilte Information nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, genügt nicht, um zu begründen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten wäre.
(7) Art. 5 BayLobbyRG erfasst nur registerpflichtige Interessenvertretung. Dass durch den inzwischen auf der Homepage des Bayerischen Landtags abrufbaren Verhaltenskodex besonders schwere Nachteile drohten, haben die Antragsteller, die insoweit nur eine Eingriffswirkung vermuten, nicht dargelegt.
cc) Demgegenüber stellte die Außervollzugsetzung der Art. 1, 3, 5 und 6 BayLobbyRG einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar. Die Erwägung der Antragsteller, dass der Nachteil für das Gemeinwohl beschränkt sei, da lediglich der alte Rechtsrahmen für eine Übergangszeit weitergelte, greift zu kurz. Die Außervollzugsetzung eines Gesetzes stellt per se einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers dar (vgl. nur BVerfGE 140, 99/106 f. m. w. N.), sodass der Verfassungsgerichtshof von seiner Befugnis dazu nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen darf. Darüber hinaus sind die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 17. Januar 2022 angestellten Erwägungen zur grundsätzlich vorrangigen fachgerichtlichen Klärung des Inhalts einer einfachgesetzlichen Regelung, gerade wenn es sich um ein neues Gesetz handelt, zu berücksichtigen (a. a. O. Rn. 13 ff., 17 ff.). Für die Popularklage selbst gilt zwar anders als für die bundesrechtliche Rechtssatzverfassungsbeschwerde nicht der Grundsatz der Subsidiarität. Für den verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz mit seinen strengen Maßgaben (vgl. oben unter 1.) ist dies aber durchaus von Bedeutung. Denn eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Vorschriften bis zu einer Hauptsacheentscheidung würde voraussichtlich dazu führen, dass dann die grundsätzlich erforderliche Klärung auslegungsbedürftiger und -fähiger Rechtsbegriffe im Bayerischen Lobbyregistergesetz auf einfachgesetzlicher Ebene durch die Fachgerichtsbarkeit bis zu einer Hauptsacheentscheidung des Verfassungsgerichtshofs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unterbliebe und damit auf den Verfassungsgerichtshof verlagert würde. Da es vorliegend nicht allein um spezifisch verfassungsrechtliche Fragen geht, die der Verfassungsgerichtshof zu beantworten hätte, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, wäre eine Außervollzugsetzung nicht zielführend.
Im Übrigen ginge die beantragte einstweilige Anordnung bei einer generellen Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelungen zur Registerpflicht und den dazu erforderlichen Angaben über das hinaus, was mit der Hauptsache erreicht werden kann. Denn die Popularklage ist dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen ein gesetzgeberisches Unterlassen bei einem Ausnahmetatbestand richtet.
V.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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