IT- und Medienrecht

Schadensersatz, Hauptversammlung, Schadensersatzanspruch, Erkrankung, Kaufvertrag, Aktien, Meinungsfreiheit, Gesellschaft, Aufsichtsrat, Beschwerde, Berichterstattung, Beteiligung, Eintragung, Sittenwidrigkeit, Besorgnis der Befangenheit, Interesse der Allgemeinheit, Kosten des Rechtsstreits

Aktenzeichen  5 HK O 19057/18 21

Datum:
28.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 46095
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Streitwert wird auf € 7.100.000,00 festgesetzt.

Gründe

Die sich gegen die Beklagten richtende Klage ist zum Teil unzulässig, im Übrigen aber unbegründet.
A.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages von € 6.306.235,08 nebst Zinsen hieraus zu.
I.
Die Zahlungsklage ist gegen alle Beklagten zulässig.
1. Der Zulässigkeit der Klage gegen die Beklagten zu 1) steht die Vereinbarung in § 8 Abs. Aktienkaufvertrages vom 21.12.2016 nicht entgegen. Zwar ist es nach dem Grundsatz der Privatautonomie zulässig, eine Vereinbarung zu treffen, in der ein bestimmtes prozessuales Verhalten in einer den Interessen beider Seiten dienenden Weise zugesichert wird, solange das zugesicherte Verhalten nicht gegen höherrangiges Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. BGHZ 20, 198, 205 = NJW 1956, 990, 991; NJW-RR 1989,1048, 1049). Aus der Wirksamkeit der Verpflichtung zur Klagerücknahme in Bezug auf das Verfahren vor dem Landgericht H., Az. 1 O 215/16 bestehen keine Zweifel. Ungeachtet dessen kann daraus aber nicht auf die Unzulässigkeit der hiesigen Klage geschlossen werden.
Zum einen ergibt sich dies bereits aus der Überlegung, dass die Klägerin nicht an dem Aktienkaufvertrag beteiligt und die Erklärung des Vorstandes vom 21.12.2016 einseitig war. Folglich konnte damit weder ein Vertragsbeitritt erfolgen und demgemäß angesichts des Grundsatzes der Relativität von Schuldverhältnissen auch keine Verpflichtung gegenüber den Beklagten begründet werden. Eine Annahmeerklärung der Beklagten zu 1) ist jedenfalls aus dem Vortrag der Parteien nicht hinreichend erkennbar. § 8 Abs. 6 des Vertrages betrifft nur eine Verpflichtung der Parteien des Vertrages, wie sie im Vertragsrubrum genannt sind. Eine Pflicht der Klägerin, eine erneute Klageerhebung zu unterlassen, kann der einseitigen Erklärung ihres Vorstandes nicht entnommen werden. Zum anderen kann dem Klagerücknahmeversprechen keine Wirkung beigemessen werden, die über die prozessualen Wirkungen einer Klagerücknahme nach § 269 ZPO hinausginge (vgl. Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 269 Rn. 13). Eine Klagerücknahme steht aber einer erneuten Klageerhebung aufgrund der Regelung in § 269 Abs. 6 ZPO nicht entgegen.
2. Die auf Zahlung gerichtete Klage gegen den Beklagten zu 3) ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht München I aufgrund des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung aus § 32 ZPO örtlich zuständig.
Im deutschen Zivilverfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage notwendigerweise einheitlich zu beurteilen sind, erst bei der Prüfung der Begründetheit festgestellt werden müssen. Für die Zuständigkeit als Teil der Zulässigkeitsprüfung reicht die einseitige Behauptung dieser sogenannten doppelrelevanten Tatsachen durch die Klägerin aus. Damit werden eine Vereinfachung und beschleunigte Erledigung des Rechtsstreits erreicht. Ein Kläger, der den besonderen Gerichtsstand gewählt hat, erreicht die erstrebte Prüfung der Berechtigung seiner Klage vor dem Gericht durch die bloße schlüssige Behauptung hierzu. Diese Vorgehensweise ist sowohl der klagenden, wie auch der beklagten Partei zumutbar (vgl. BGHZ 124, 237, 240 f. = NJW 1994, 1413 f.; BHGZ 133, 240, 243 = NJW 1996, 3012 = MDR 1996, 1287, 1288; NZG 2010, 909 f. = ZIP 2010, 1572 = VersR 2011, 137 f. = MDR 2010, 943 = RIW 2011, 70). Wird der Vortrag der Klägerin unter Außerachtlassung des Vortrags der Beklagten zu der Schädigungs- oder Marodierungskampagne als richtig unterstellt, würde sich eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten ergeben. Abgesehen davon wird die Haftung auch auf Presseveröffentlichungen gestützt, für die dann die Verbreitung des jeweiligen Presseorgans maßgeblich ist. Die Süddeutsche Zeitung wie auch das Nachrichtenmagazin „D. Sp.“ werden als bundesweit erscheinende Presseorgane in jedem Fall auch in München verkauft, weshalb sich die örtliche Zuständigkeit auch aus der Verbreitung dieser Presseorgane ableiten lässt (vgl. BGHZ 131, 332, 335 = NJW 1996, 1128 = WRP 1996, 412, 413 = GRUR 1996, 923, 924; Schultzky in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 32 Rdn. 20.13; Patzina in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 32 Rdn. 29; Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 32 Rdn. 18).
Bei einer Beteiligung mehrerer Personen an einer unerlaubten Handlung hat jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge zurechnen zu lassen, wobei dies nicht nur bei § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt, sondern auch im Anwendungsbereich von § 32 ZPO (vgl. BGHZ 184, 365, 370 f. = NZG 2010, 550 = ZIP 2010, 786, 787 = WM 2010, 749, 750 = VersR 2011, 750 f. = RIW 2010, 391, 392 f. = IPrax 2011, 497, 498; BGH ZIP 1990, 365, 366 = WM 1990, 462, 463 = MDR 1990, 715 = NJW-RR 1990, 604; Schultzky in: Zöller, ZPO, a.a.O. § 32 Rdn. 17).
II.
Die auf Zahlung von nunmehr nach wirksamer Teilklagerücknahme in Höhe von € 23.035,58 auf Zahlung von € 6.306.235,08 gerichtete Klage gegen die Beklagte zu 1) ist jedoch nicht begründet, weil der Klägerin gegen sie ein entsprechender Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich gegen die Beklagte zu 1) nicht aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit der aktienrechtlichen Treuepflicht. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger aufgrund von § 280 Abs. 1 BGB Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Ein Schuldverhältnis liegt hier vor; es muss in der aktienrechtlichen Treuepflicht gesehen werden, so dass deren Verletzung vom Grundsatz her auch eine Schadensersatzpflicht begründen kann.
Die Treuepflicht, die ihren Ursprung im Recht der Personengesellschaften hat, ist mittlerweile auch im Recht der Aktiengesellschaft anerkannt. Ihr liegt die Überlegung zugrunde, dass auch das Gesellschaftsverhältnis der Aktiengesellschaft eine gemeinsame interessenbegründende Sonderverbindung zur Entstehung bringt, in der vielfältige Beeinträchtigungen möglich sind, die durch die allgemeinen aktienrechtlichen Schutzvorschriften nicht verhindert werden können. Dabei gilt die Treuepflicht sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch zwischen den Aktionären untereinander (vgl. BGHZ 103, 184, 193 f. = NJW 1988, 1579, 1581 f. = ZIP 1988, 301, 304 f. – Linotype; BGHZ 129, 136, 143 f. = NJW 1995, 1739, 1741 = AG 1995, 368, 369 f. = ZIP 1995, 819, 821 = BB 1995, 1201, 1202 = DStR 1995, 1232, 1233 – Girmes; NJW 1992, 3167, 3171; Drygala in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 53 a Rdn. 81; Götze in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., Vorbem. § 53 a Rn. 28; J. V5. AG 2000, 193, 201 f.; Schockenhoff/Culmann ZIP 2015, 297, 307).
Die aktienrechtliche Treuepflicht begründet für die Aktionäre in erster Linie die Verpflichtung, in allen gesellschaftlichen Belangen auf die Interessen der AG und die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitaktionäre angemessen Rücksicht zu nehmen und diese nicht zu schädigen (vgl. nur Götze in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., Vorbem. § 53 a Rn. 42). Gegen diese Pflicht als Aktionärin hat die Beklagte zu 1) indes nicht verstoßen.
a. Eine Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Klägerin kann nicht aus dem Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. vom 21.9.2015 begründet werden, mit dem er um Übermittlung von Unterlagen zur Prüfung des Ausgabekurses beim Gebrauchmachen des „Genehmigten Kapitals 2015“ bat. Zwar ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass Auskünfte an einen Aktionär aufgrund von § 131 Abs. 1 AktG nur in der Hauptversammlung zu erteilen sind. Ungeachtet dieser Fokussierung auf die Hauptversammlung kann daraus aber nicht geschlossen werden, die Bitte um Informationen über bestimmte Maßnahmen wie die Ausnutzung genehmigten Kapitals außerhalb der Hauptversammlung sei unzulässig. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass eine Frage eines Aktionärs wie der Beklagten zu 1) außerhalb der Hauptversammlung nicht von vornherein unzulässig oder gar treuwidrig wäre. Die Rechtsfolge besteht dann lediglich darin, dass der Vorstand diese Information im Falle der Beantwortung der Fragen oder wie hier der Übermittlung von Unterlagen aufgrund von § 131 Abs. 4 AktG auch gegenüber der Hauptversammlung geben muss.
b. Soweit es um Äußerungen der anwaltlichen Vertreter der Beklagten zu 1) in der Hauptversammlung vom 17.12.2015 geht, lässt sich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht bejahen, wenngleich sie sich die Äußerungen ihres Vertreters aufgrund von § 278 BGB zurechnen lassen muss. Die Äußerungen müssen nämlich im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des in § 118 Abs. 1 Satz 1 AktG verankerten Rederechts gesehen werden. Aufgrund von § 118 Abs. 1 Satz 1 AktG üben die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Diese Rechte, insbesondere das Frage-, Antrags- und Stimmrecht setzen voraus, dass der Aktionär auch damit zusammenhängende Ausführungen in der Hauptversammlung machen darf, die sich aber wie alle Mitverwaltungsrechte auf Angelegenheiten der Gesellschaft beziehen müssen (vgl. Marsch-Barner in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl., Rdn. 34.1; Schaaf ZIP 1997, 1324, 1326). Auch setzt die Regelung des § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG, die Beschränkungen des Redewie auch des Fragerechts zulässt, das Bestehen eines entsprechenden Rederechts voraus, weil nur ein bestehendes Recht eingeschränkt werden kann.
Gegen diese Grundsätze hat die Beklagte zu 1) durch die angegriffenen Äußerungen jedoch nicht verstoßen.
(1) Dies gilt zunächst für die Bezeichnung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. C. oder auch des Vorstands . M. als „Prinz Karneval“. Dabei handelt es sich nämlich um eine von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinungsäußerung, weshalb die Äußerung als rechtmäßig angesehen werden muss. Sie verletzt namentlich nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin, das betroffen sein kann, wenn es um Äußerungen geht, die Organmitglieder herabwürdigen können. Auf dieses Recht kann sich vom Ausgangspunkt her auch die Klägerin als juristische Person berufen, weil auch juristische Personen Ehrenschutz genießen, soweit sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihrer Funktion dieses Rechtsschutzes bedürfen und sich aufgrund von Art. 19 Abs. 3 GG auch gemäß Art. 2 Abs. 1 GG auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts berufen können (vgl. RGZ 95, 339, 341; BGH BGHZ 98, 94, 97 = NJW 1986, 2951 = ZIP 1986, 1145, 1146 = GRUR 1986, 759, 761 – BMW; NJW 2016, 1584 = WM 2016, 405, 406 = VersR 2016, 539 f = AfP 2016, 248, 249 = GRUR-RR 2016, 476; NJW 2017, 2019, 2030 = ZIP 2017, 2059 = BB 2017, 1680 = VersR 2017, 895, 896 = AfP 2017, 316, 317 = GRUR 2017, 844, 845; NJW 2016, 56, 59 = ZIP 2015, 1785, 1788 = WM 2015, 1664, 1667 = VersR 2015, 1295, 1299 = AfP 2015, 425, 428 = CR 2015, 671, 673 = K& R 2015, 652, 655 = GRUR 2016, 104, 107 = MMR 2016, 210, 212 – Aktienrückkauf; Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O, Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 46; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 823 Rdn. 91; Specht-Riemenschneider in: BeckOGK BGB Stand: 01.09.2021, § 823 Rdn. 1173).
Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Bezeichnung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden wie auch eines Vorstandsmitglieds als „Prinz Karneval“ geeignet sein wird, ihn in seiner persönlichen Ehre und damit auch die Klägerin in ihrem sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen, ist dies durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gerechtfertigt.
Dabei ist aber auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, das grundsätzlich sowohl Werturteile als auch Tatsachenbehauptungen schützt, nicht vorbehaltlos gewährt. Es findet seine Schranke aufgrund von Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch das aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG abgeleitete Allgemeine Persönlichkeitsrecht gehört. Bei einer Kollision dieser beiden widerstreitenden Rechtspositionen muss grundsätzlich eine Abwägung mit dem durch die Meinungsfreiheit betroffenen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht erfolgen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf. Insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist. Einer Abwägung bedarf es lediglich dann nicht, wenn es sich bei der Meinungsäußerung um eine Formalbeleidigung oder sogenannte Schmähkritik handelt; dann tritt die Meinungsfreiheit hinter dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht zurück. Da die jeweiligen Meinungsäußerungen dann aber faktisch vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ausgeschlossen wären, sind an die Annahme einer Formalbeleidigung oder Schmähkritik strenge Anforderungen zu stellen. Von einer vorliegend allenfalls denkbaren Schmähung kann nicht ausgegangen werden, wenn die Äußerung im Kontext einer Sachauseinandersetzung steht, weshalb regelmäßig der Anlass wie auch der Kontext der Äußerung zu berücksichtigen sind. Hiervon kann allenfalls ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es sich um eine Äußerung handelt, deren diffamierender Gehalt so erheblich ist, dass sie in jedem denkbaren Sachzusammenhang als bloße Herabsetzung des Betroffenen erscheint und daher unabhängig vom konkreten Kontext steht, als persönliche diffamierende Schmähung aufgefasst werden muss, wie dies möglicherweise bei der Verwendung besonders schwerwiegender Schimpfwörter – etwa aus der Fäkalsprache – der Fall sein kann. Bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage liegt Schmähkritik nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die sogenannte „Privatfehde“ beschränkt (vgl. BVerfGE 93, 266, 293 f. = NJW 1995, 3303, 3304 = NStZ 1996, 26; NVwZ 2019, 720; BVerfG NZA 2018, 924 = AP BGB § 626 Nr. 273; BGH NJW 2015, 773, 774 f. = ZIP 2015, 883, 885 = VersR 2015, 247, 249 = AfP 2015, 41, 43 = MDR 2015, 150, 152 = ZUM 2015, 244, 247; BeckRS 2020, 12789; Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 233; Grabenwarter in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand 95. EL Juli 2021, Art. 5 Rdn. 163 f).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze muss die Äußerung, Herr Prof. Dr. C. oder das Vorstandsmitglied . M. „spiele Prinz Karneval“ als rechtmäßig und folglich nicht als gegen die aktienrechtliche Treuepflicht verstoßend angesehen werden. Diese grundrechtlichen Aspekte müssen auch im Rahmen einer privatrechtlichen Auseinandersetzung herangezogen werden, weil die Wertung des Grundgesetzes im Wege der Drittwirkung von Grundrechten bei der Auslegung der aktienrechtlichen Treuepflicht als einer Generalklausel wesentliche Bedeutung gewinnt (vgl. zur Drittwirkung von Grundrechten nur BVerfGE 7, 198, 205 f. = NJW 1958, 257 f. – Lüth; BVerfGE 81, 242, 254 ff. = NJW: 1990, 1469, 1470 = ZIP 1990, 573, 575; Herdegen in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, a.a.O., Art. 1 Abs. 3 Rdn. 74; Burghart in: Leibholz/Rinck, GG, 83. Lfg. 04.2021, Vorbem. Art. 1 – 19 Rdn. 12). Die Bezeichnung des Aufsichtsratsvorsitzenden oder eines Vorstands als „Prinz Karneval“ kann in dem Zusammenhang, in dem sie gefallen ist, nicht als Tatsachenbehauptung eingestuft werden, sondern muss als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedecktes Werturteil angesehen werden.
Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element des Dafürhaltens und der Stellungnahme gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr beweisen lassen. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Dies gilt namentlich dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext an, in dem sie gefallen ist (vgl. BVerfG NJW-RR 2017, 1003 f.; NJW 2021, 1585, 1586 = K& R 2021, 194, 196; BGH NJW 2009, 3580 f. = ZIP 2009, 2152, 2153 = WM 2009, 2136, 2137 = DB 2009, 2487, 2488 = AfP 2009, 588, 589 = VersR 2009, 1545, 1546 = WRP 2009, 1549 f.; NJW 2015, 773 f. = ZIP 2015, 883, 884 = VersR 2015, 247, 248 = MDR 2015, 150, 151 = AfP 2015, 41, 42 = GRUR 2015, 289, 290 f. = CR 2015, 251, 252 f. = K& R 2015, 196, 197).
Die Äußerung fiel im Zusammenhang mit dem Bericht des Vorstands der Klägerin zur Ausnutzung des „Genehmigten Kapitals 2015“; im Verlauf der Aussprache hierzu kam es zur Diskussion darüber, inwieweit es bei der Klägerin hohen Kapitalbedarf gegeben habe und inwieweit dann möglicherweise das Sponsoring des spanischen Fußballvereins R. U. kontraproduktiv gewesen sein könnte. Sie zielt als Metapher darauf ab, dass der Abschluss eines Sponsoringvertrages in Zeiten knapper Geldmittel bei der Klägerin gegen Zahlung einer nicht unerheblichen Summe, die nach der durch die Ausführungen in der Hauptversammlung belegten Einschätzung von Herrn Dr. H3. 1/5 bis 1/6 des gesamten erwarteten Jahresumsatzes für das Jahr 2015 ausmachte, kritisiert werden sollte. Das Bild des „Prinz Karneval“ nimmt Bezug auf die Gepflogenheiten gerade im Rheinland, wo der Karnevalsprinz bei Umzügen sehr freigiebig Karamellbonbons und andere Süßigkeiten in die am Straßenrand stehende Menschenmenge wirft. Eine solche Freigiebigkeit mit der Verwendung knapper finanzieller Mittel bei der Beklagten wurde durch Herrn Dr. H. als Aktionärsvertreter kritisiert. Dann aber muss dies als Bewertung eines bestimmten Verhaltens der Organe der Klägerin angesehen werden. Eine derartige Kritik müsse l der Vorstand als ebenso wie der Aufsichtsrat der Klägerin hinnehmen. Es fehlt insbesondere nicht an jedem Sachbezug zu einer Sachauseinandersetzung, die auch zum Gegenstand der Tagesordnung gehörte. Die Hauptversammlung ist dabei der Ort, an dem Aktionäre sich zu den Angelegenheiten der Gesellschaft äußern können. Dabei muss ihnen auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschäftspolitik und dem Abschluss bestimmter Verträge möglich sein, auch wenn die Kritik bildhaft formuliert wird. Der Sachbezug wie auch der Bezug zur Tagesordnung ergibt sich aus der zeitlichen Nähe zwischen dem Abschluss des Sponsorenvertrages mit R. U. und der Ausnutzung genehmigten Kapitals. Gerade wenn die Klägerin Liquiditätsprobleme hatte, muss es als zulässiges Anliegen einer Aktionärin wie der Beklagten zu 1) eingestuft werden, den Abschluss eines Sponsorenvertrages sowohl in dieser zeitlichen, wie auch sachlicher Hinsicht zu hinterfragen, zumal der Aufsichtsratsvorsitzende und seine Ehefrau als weiteres Aufsichtsratsmitglied auch wesentliche Organfunktionen bei dem Vertragspartner R. U. jedenfalls in zeitlicher Nähe zum Vertragsabschluss ausübten. Der Vorwurf gegenüber Organmitgliedern und damit auch gegenüber der Klägerin berührt deren Sozialsphäre im Sinne einer gewerblichen Betätigung. Insoweit kommt dem Informationsinteresse der Aktionäre in einer halböffentlichen Veranstaltung wie der Hauptversammlung eine erhebliche Bedeutung zu. Wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, muss sich auch in weitem Umfang Kritik stellen. (vgl. BGH ZIP 1995, 63, 68 = WRP 1985, 186 = GRUR 1995, 270, 274 = NJW-RR 1995, 301, 304; LG Bonn AfP 2005, 402, 404 = NJW-RR 2006, 486, 487 f.). Kritik mag für die Organmitglieder unangenehm sein, doch muss sie im Verlauf einer Hauptversammlung als dem Ort der „Aktionärsdemokratie“ vorgebracht werden können, selbst wenn sie aus Sicht der Organmitglieder nicht gerechtfertigt sein sollte.
(2) Die Beschreibung der Tätigkeit und des Sponsoring von R. U. als „Hobby des Aufsichtsratsvorsitzenden“ muss gleichfalls als zulässige Meinungsäußerung angesehen werden und bedeutet daher auch keine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB. Herr Prof. Dr. C. war neben seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender unstreitig Präsident dieses spanischen Fußball-Clubs. Die Bezeichnung dieser Tätigkeit als „Hobby“ muss als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckte Meinungsäußerung eingestuft werden. Herr Dr. H. nahm erkennbar Bezug darauf, dass Herr Prof. Dr. C. neben seinem hauptberuflichen Engagement bei der Klägerin auch Organ bei dem spanischen Zweitligisten R. U. war. Unter Hobby wird allgemein eine in der Freizeit aus Neigung, Freude an der Sache mit einem gewissen Eifer betriebene Beschäftigung auf einem bestimmten Gebiet bezeichnet. Die Funktion von Herrn Prof. Dr. C. bei R. U. brachte Herr Dr. H. erkennbar in Bezug zu der Stellung bei der Klägerin, woraus er einen zumindest denkbaren Interessenkonflikt ableitete. Diese Kritik erfolgte im Zusammenhang mit dem vom Vorstand der Klägerin abgeschlossenen Sponsoringvertrag und dem Umfang der Zahlungen der Klägerin an R. U. aufgrund dieses Vertrages. Gerade der von Herrn Dr. H. vermutete zeitliche Zusammenhang zwischen der Ausnutzung des genehmigten Kapitals und dem Vertragsabschluss rechtfertigt diese Bezeichnung als Hobby des Aufsichtsratsvorsitzenden, nachdem Herr Prof. Dr. C. auch seinem Selbstverständnis unzweifelhaft hauptberuflich für die Klägerin arbeitete, auch wenn er damals nicht im operative Verantwortung tragenden Vorstand tätig war.
(3) Die weitere Bemerkung über den „Status des Gehirns“ kann nicht als treu- und damit auch nicht als rechtswidrig angesehen werden, wie dem Gesamtzusammenhang der Äußerung zu entnehmen ist. Herr Prof. Dr. C. hatte ausgeführt, es hätten sich Unklarheiten über den Status und über den Bericht des Aufsichtsrats über Interessenkonflikte ergeben, weshalb er sich nicht in der Lage sehe, den Bericht in dieser Hauptversammlung in der vollständigen Form zu geben. Eine Erklärung dieses für die Beklagte zu 1) bzw. ihre Vertreter jedenfalls erkennbar klärungsbedürftigen Begriffs der „Unklarheiten über den Status“ gab er mit Ausnahme einer Wiederholung des Begriffs auf Nachfrage der Aktionärsvertreter Dr. L. und Dr. H. nicht. Selbst wenn damit eine Anspielung auf unzureichende intellektuelle Fähigkeiten gemeint gewesen sein sollte, kann dies nicht als unzulässige Schmähkritik eingestuft werden. Dies mag eine polemische Kritik sein; es kann aber nicht angenommen werden, dadurch wäre jeglicher Sachbezug verloren gegangen und es wäre den beiden Aktionärsvertretern nur um die Herabsetzung von Herrn Prof. Dr. C. gegangen. Der Hinweis auf „Unklarheiten über den Status“ im Zusammenhang mit einem Aufsichtsratsbericht ist auch nach Einschätzung der Kammer durchaus vage, weshalb er der Erläuterung bedurft hätte. Wenn dann aber als Antwort auf die Frage nach der Bedeutung nur eine Wiederholung des bereits Gesagten gegeben wird, stellt sich die Spekulation über den genannten „Status des Gehirns“ nicht als Schmähkritik dar. Sie nimmt Bezug auf eine Wortwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden, lässt aber ihrerseits eine klare Bezugnahme auf dessen Person nicht zwingend erkennen.
c. Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB lässt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die Beklagte zu 1) in der Hauptversammlung vom 22.6.2016 der Kapitalerhöhung nicht zugestimmt hat und den dennoch gefassten Beschluss über die Kapitalerhöhung als sittenwidrig bezeichnet hat.
(1) Aus der Treuepflicht der Gesellschafter lässt sich grundsätzlich keine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft herleiten, zu ihren Gunsten Maßnahmen zu ergreifen, selbst wenn die Gesellschaft bereits das Stadium der Insolvenzreife erlangt hat und auf diese Weise die Voraussetzungen für ihre Auflösung eingetreten sind. Etwas anderes kann sich nur ausnahmsweise im Hinblick auf eine Pflicht der Minderheit ergeben, auf die gesellschaftsbezogenen Belange der Mehrheit angemessen Rücksicht zu nehmen. Folglich besteht nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen das Verbot, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen zu verhindern. Voraussetzung ist aber stets, dass bei einem Scheitern der Sanierungsmaßnahme der Zusammenbruch der Gesellschaft unvermeidlich ist, im Falle des Zusammenbruchs die Stellung des einzelnen Gesellschafters ungünstiger als bei einer Veräußerung der Aktien, die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nach objektiver Einschätzung nachhaltig sicherstellt und keine schonendere Sanierung möglich ist (vgl. BGHZ 129, 136, 153 = NJW 1995, 1739, 1743 = AG 1995, 368, 372 = ZIP 1995, 819, 824 = BB 1995, 1201, 1204 = DStR 1995, 1232, 1235 – Girmes; OLG M6. AG 2014, 546, 547 f. = ZIP 2014, 472, 474 = WM 2014, 943, 945 = DB 943, 944; Busch in: Marsch-Bar-ner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, a.a.O, Rdn. 42.19; Karsten Schmidt ZIP 1980, 328, 335 f.). Vorliegend muss nicht abschließend entschieden werden, inwieweit die Verweigerung der Zustimmung anhand dieser Kriterien treuwidrig gewesen wäre. Es ist nämlich zu beachten, dass die Beklagte zu 1) angesichts der Regelung in § 13 Abs. 2 der Satzung der Klägerin über keine Sperrminorität verfügte, mit der sie die Kapitalerhöhung hätte verhindern können. An der Wirksamkeit dieser Satzungsregelung bestehen keine Zweifel. Sie kann insbesondere nicht so ausgelegt werden, dass Kapitalveränderungen, die eine Satzungsänderung bedeuten, von ihr nicht erfasst sein sollten. Nach § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG bedürfen satzungsändernde Beschlüsse der Hauptversammlung einer Mehrheit von mindestens 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Die besondere Bedeutung dieser Vorschrift liegt darin, dass sie satzungsändernde Beschlüsse wegen ihrer besonderen Tragweite für die Gesellschaft und die Aktionäre im Vergleich zu gewöhnlichen Beschlüsse schärferen Stimmanforderungen unterwirft (vgl. BGH NJW 1975, 212 = DB 1975, 198 = BB 1975, 110 f.; Stein in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 179 Rdn. 81; Körber/König in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 179 Rdn. 32; W3. AG 2000, 345, 346 Fn. 7). Allerdings lässt § 179 Abs. 2 Satz 2 AktG Satzungsregelungen zu, die eine geringere Kapitalmehrheit vorsehen. Hiervon hat die Beklagte durch die Regelung in § 13 Abs. 2 ihrer Satzung Gebrauch gemacht, wobei sich diese auch auf Kapitalerhöhungsbeschlüsse erstreckt. Dabei vermag die Kammer nicht zu erkennen, warum sich eine derartige Satzungsregelung im Zweifel – also ohne ausdrückliche Erwähnung – nicht auf kapitalverändernde Beschlüsse beziehen soll (so aber Hüffer/Koch, AktG, 15. Aufl., § 179 Rdn. 35; Seibt in: Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 179 Rdn. 12; Körber/König in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., § 179 Rdn. 18). Aus § 182 Abs. 1 Satz 2 AktG ergibt sich die Befugnis, in der Satzung eine andere Kapitalmehrheit vorzusehen, ohne dass aber eine ausdrückliche Inbezugnahme von Kapitalmaßnamen gefordert werden kann. Die Satzung genügt dabei dem Erfordernis, es müsse hinreichend klar erkennbar sein, dass sie sich auch auf Kapitalerhöhungen erstreckt. Da sie keine Beschränkung auf bestimmte Satzungsänderungen enthält, ist sie objektiv so auszulegen, dass alle Satzungsänderungen davon umfasst sind, bei denen eine geringere Kapitalmehrheit ausreichend ist (wie hier Schürnbrand/Verse in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 182 Rdn. 27; Ekkenga in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 182 Rdn. 6; Servatius in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 182 Rdn. 35).
(2) Die Bezeichnung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung als sittenwidrig stellt sich als durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckte Meinungsäußerung dar, ohne dass es dabei darauf ankäme, inwieweit diese Formulierung tatsächlich im Sinne des Aktienrechtes und damit einen Nichtigkeitsgrund aus § 241 Nr. 4 AktG darstellend zu verstehen wäre. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Sittenwidrigkeit nach § 241 Nr. 4 AktG vorliegend nicht gegeben war, weil der Beschluss für sich allein genommen sittenwidrig sein muss, um diese Rechtsfolge herzuleiten (vgl. OLG München, NZG 2001, 616, 617 = AG 2001, 197, 198 = DB 2001, 524, 525; OLG Karlsruhe NZG 2013, 818, 819 = ZIP 2013, 1915, 1916 f. = GmbHR 2013, 1090, 1092 = NZI 2013, 653, 655 = NJW-RR 2013, 939, 941; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 241 Rdn. 21 m.w.N.).
Die Frage, ob sich aus einem bestimmten Vorgehen die Rechtsfolge der Sittenwidrigkeit oder Nichtigkeit eines Beschlusses der Hauptversammlung ergibt, ist das Ergebnis einer juristischen Subsumtion aufgrund eines bestimmten Sachverhalts, der zwischen den Parteien im Einzelnen auch streitig sein kann. Mithin handelt es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung um einen subjektiven Rechtsstandpunkt. Eine Rechtsansicht über die Rechtsfolge eines bestimmten Verhaltens ist keine nachprüfbare Tatsachenbehauptung, sondern stellt sich als Ergebnis einer Sachverhaltsbewertung dar und damit um ein Werturteil, das nicht wahr oder falsch sein kann (vgl. BGH NJW 1965, 294, 295; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 173, 175; Katzenmeier in: Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Aufl., § 824 Rdn. 12). Zum anderen soll damit eine Kritik an der Entscheidung ausgedrückt werden, das höhere Angebot des Beklagten zu 2) nicht zur Abstimmung zuzulassen; auch dies muss als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt eingestuft werden.
(3) Soweit der Abschluss des Sponsorenvertrages mit R. U. von Herrn Dr. H. als Vertreter der Beklagten zu 1) als „schmutziges Geschäft“ bezeichnet wurde, muss dies gleichfalls als eine von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte und damit rechtmäßige Meinungsäußerung entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen zur Abwägung zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Grundrecht der Meinungsfreiheit angesehen werden. Bei seinen Äußerungen über diesen Vertrag bezog sich Herr Dr. H. zum einen auf die Tätigkeit von Herrn Prof. Dr. C. als Organmitglied in beiden Vertragspartnern, worin er wertend einen Interessenkonflikt sah. Zum anderen bezog er sich auf die Relation zwischen dem geplanten Umsatz der Klägerin für das Geschäftsjahr 2015 und den Aufwendungen für das Trikot-Sponsoring. Herr Dr. H. nimmt mit seiner Kritik erkennbar Bezug auf die Aufgaben des Aufsichtsrats, die Geschäfte des Vorstands zu überwachen, der den Sponsorenvertrag abgeschlossen hatte. Dies ergibt sich namentlich auch aus der nach dem Hinweis auf „schmutzige Geschäfte“ und das Verschleudern von Vermögen getätigten Aussage in Richtung auf den Aufsichtsratsvorsitzenden, dieser wolle „Ja-Sager“ im Aufsichtsrat haben, nachdem zuvor gegen die Stimmen der Beklagten zu 1) ein Beschluss über die Abberufung des Beklagten zu 3) aus dem Aufsichtsrat der Klägerin gefasst worden war. Diese Kritik am Umgang mit dem Vermögen der Aktionäre mag barsch sein – doch muss auch hier gelten, dass sich die Klägerin und ihre Organe in der Hauptversammlung der Kritik ihrer Aktionäre stellen müssen, nachdem die Organe, insbesondere der Vorstand einer Aktiengesellschaft Treuhänder fremden Vermögens – dem der Aktionäre – sind. Auf die Frage, inwieweit diese Kritik berechtigt ist oder nicht, kann es bei der Einschätzung als Werturteil nicht ankommen.
d. Aus dem Ergänzungsverlangen der Beklagten zu 1) vom 18.8.2016 für die Hauptversammlung vom 15.9.2016 zur Durchführung einer Sonderprüfung lässt sich ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Treuepflicht und damit ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB nicht begründen.
(1) Das von der Beklagten zu 1) als Aktionärin gestellte Ergänzungsverlangen auf Durchführung eines Sonderprüfungsantrages auf der Grundlage von § 122 Abs. 2 AktG stellt sich als typisches Instrument des Minderheitenschutzes dar. Mit der Möglichkeit, bestimmte Gegenstände in einer bereits einberufenen Hauptversammlung auf die Tagesordnung setzen zu lassen, erlangen die Minderheitsaktionäre über den Beschlussantrag die Möglichkeit, die Willensbildung der übrigen Aktionäre zu beeinflussen und versammlungsgebundene Aktionärsrechte auszuüben (vgl. BGHZ 206, 143, 153 = NZG 2015, 1227, 1229 = AG 2015, 822, 824 = ZIP 2015, 2069, 2072 = DB 2015, 2504, 2506 = BB 2015, 2636, 2638, = MDR 2015, 1249, 1250 = DZWIR 2016, 32, 35 = DNotZ 2016, 62, 65; OLG M6. AG 2010, 84, 85 = WM 2010, 517, 518 = FGPrax 2010, 46, 47; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 122 Rdn. 1; Rieckers in: BeckOGK AktG, Stand 1.9.2021, § 122 Rdn. 1; Reger in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 1). Ebenso dem Minderheitenschutz dient die Vorschrift des § 142 AktG über die Möglichkeit der Bestellung eines Sonderprüfers durch die Hauptversammlung (vgl. OLG Stuttgart, AG 2009, 169, 170; Arnold in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 142 Rdn. 7; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 142 Rdn. 1; Verse/Gaschler in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 142 Rdn. 9; Holzborn/Jänig in: Bürger/Körber/Lieder, AktG a.a.O., § 142 Rn. 1), worauf das Ergänzungsverlangen der Beklagten zu 1) abzielte.
Ein derartiges Einberufungsverlangen unterliegt allerdings Schranken insoweit, als es die Treubindungen zu berücksichtigen hat, die zwischen einer Aktiengesellschaft und ihren Aktionären bestehen, weshalb das Recht zur Einberufung einer Hauptversammlung, wie auch zur Ergänzung der Tagesordnung nicht missbräuchlich ausgeübt werden darf. Dabei muss indes im Rahmen der Konkretisierung des Rechtsmissbrauchs wie auch der Verletzung aktienrechtlicher Treuepflichten Zurückhaltung geboten sein, weshalb hohe Anforderungen an die Annahme eines Rechtsmissbrauchs oder einer Treuwidrigkeit zu stellen sind, um den Zweck des Minderheitenschutzes nicht zu gefährden (vgl. OLG S9. AG 2009, 169, 170; OLG Düsseldorf NZG 2013, 546, 547 = AG 2013, 264, 266; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 122 Rdn. 18; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 6; Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 71; Halberkamp/Gierke NZG 2004, 494, 496).
(2) Gemessen an diesem strengen Prüfungsmaßstab kann von einer Rechtsmissbräuchlichkeit oder Treuwidrigkeit des Ergänzungsverlangens nicht ausgegangen werden.
(a) Der Antrag kann nicht bereits deshalb als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden, weil nach dem Vortrag der Klägerin alle wesentlichen Fragen bereits zuvor in zwei Hauptversammlungen beantwortet worden seien. Der Maßstab für die Information während der Hauptversammlung ist in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG geregelt. Nach dieser Vorschrift ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Allerdings kann eine Antwort im Verlaufe der Hauptversammlung nicht dieselbe Detailtiefe haben, wie die von einem (unabhängigen) Dritten durchgeführte Sonderprüfung, deren Ergebnis in einem Bericht gem. § 145 Abs. 6 AktG niederzulegen ist. Dieser setzt sich aber sehr viel eingehender und detaillierter mit dem Prüfungsgegenstand auseinander als eine Antwort in der Hauptversammlung (vgl. LG München I NZG 2021, 557, 560 = AG 2021, 165, 166 f = NJW-RR 2021, 348, 350 f).
(b) Die Rechtsmissbräuchlichkeit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Antrag vom 18.8.2016 bereits Gegenstand eines früheren Ergänzungsverlangens war, das für die Hauptversammlung vom 22.6.2016 gestellt worden war. Über diesen Antrag wurde nämlich in dieser Hauptversammlung gerade nicht abgestimmt. Es ist unstreitig und ergibt sich zudem aus der notariellen Niederschrift der Hauptversammlung, dass über den Antrag der Beklagten zu 1) in der Hauptversammlung vom 22.6.2016 nicht abgestimmt und damit auch kein Beschluss darüber gefasst wurde. Vielmehr schloss der Versammlungsleiter die Hauptversammlung unter Hinweise auf einen viralen Infekt des Vorstandsvorsitzenden, weshalb sich dieser nicht in der Lage gefühlt haben soll, die Hauptversammlung fortzusetzen. Dann aber kann es keinen Verstoß gegen die Treuepflicht bedeuten, wenn die Beklagte zu 1) diesen Antrag erneut an den Vorstand der Klägerin als Ergänzungsverlangen für die nächste Hauptversammlung vom 15.9.2016 adressiert.
(c) Die Beklagte zu 1) hat in einem früheren Ergänzungsverlangen vom 2.11.2015 keine falschen Tatsachenbehauptungen vorgetragen und damit nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt, als sie geltend machte, der vom Vorstand festgelegte Ausgabebetrag von € 12,000081 pro Aktie liege deutlich unter dem Ausgabebetrag, zu dem die Aktionäre ihre Aktien gezeichnet hätten. Der Vortrag kann schon deshalb nicht grundlegend falsch sein und zu einem Rechtsmissbrauch führen, weil die Beklagte zu 1) noch im Dezember 2014 für € 15,00 je Aktie gezeichnet hatte. Ebenso wenig resultiert ein Rechtsmissbrauch aus dem Vortrag der Klägerin, die Beklagte zu 1) hätte ihre Pflichten aus § 20 Abs. 1 AktG im Zeitpunkt des Ergänzungsverlangens nicht erfüllt, weshalb die Rechte aus ihren Aktien aufgrund von § 20 Abs. 7 AktG nicht hätten ausgeübt werden dürfen. Zum einen muss gesehen werden, dass § 67 Abs. 1 und Abs. 3 AktG verlangen, dass Namensaktien nach entsprechender Mitteilung und Nachweis unter Angabe des Namens, Geburtsdatums und einer Postanschrift in das Aktienregister eingetragen werden. § 20 Abs. 1 AktG schreibt vor, dass ein Unternehmen, sobald ihm mehr als der vierte Teil der Aktien gehört, dieses der Gesellschaft schriftlich mitzuteilen hat. Ein bestimmter Inhalt ist dafür nicht vorgesehen. Die Gesellschaft muss als Erklärungsempfängerin lediglich erkennen können, welchem Unternehmen welche Beteiligung zusteht und ob es sich um eine Mitteilung nach § 20 Abs. 1, Abs. 3 oder Abs. 4 AktG handelt. Angesichts der Eintragung der Beklagten zu 1) in das Aktienregister mit der ihr aktuell zustehenden Anzahl von Aktien an der Klägerin wird bereits davon auszugehen sein, dass die Beklagte zu 1) ihre Pflichten erfüllt hat, auch wenn dies auf § 67 Abs. 3 AktG gestützt wurde (vgl. OLG M6. AG 2010, 842, 843 = ZIP 2011, 1147, 1148 = WM 2010, 1859, 1860 = Der Konzern 2010, 424, 426; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 20 Rdn. 8). Doch selbst wenn die Mitteilung nicht den Anforderungen des § 20 Abs. 1 AktG entsprochen haben sollte, kann das Ergänzungsverlangen vom 2.11.2015 nicht zu einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB führen. Der Vorstand der Klägerin ist verpflichtet, ein Ergänzungsverlangen auf die Erfüllung seiner formalen Voraussetzungen hin zu überprüfen. Demgemäß folgte der Vorstand der Klägerin dem Einberufungsverlagen und setzte es auf die Tagesordnung der Hauptversammlung vom 17.11.2015. Dann aber bleibt die Einberufung zur Hauptversammlung gültig; eine Anfechtungsklage gegen die auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse kann dann nicht mehr auf eine Verletzung von § 122 Abs. 1 und Abs. 2 AktG gestützt werden. (vgl. Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 81; Kubis in Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 122 Rdn. 42; Tielmann AG 2013, 704, 708; Bayer/Scholz/Weiß ZIP 2014, 1, 3; in diese Richtung auch OLG Düsseldorf NZG 2013, 546, 547 = AG 2013, 264, 266). Dann aber kann es nicht treuwidrig sein, wenn die Beklagte zu 1) als Aktionärin einen Ergänzungsantrag nach § 122 Abs. 2 AktG stellt, selbst wenn sie hierzu aufgrund von § 20 Abs. 7 AktG nicht befugt gewesen sein sollte. Vielmehr muss es als Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens seitens der Klägerin angesehen werden, einerseits den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung zuzulassen, sich aber andererseits auf dessen Unzulässigkeit in einem nachfolgenden Rechtsstreit zu berufen. In der Hauptversammlung vom 2.12.2015 wurde über diesen Antrag nicht in der Sache entschieden, sondern mit 992.167 Jagegen 564.497 Nein-Stimmen ein Beschluss über die Absetzung von der Tagesordnung gefasst.
e. Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB lässt sich nicht aus dem Vorwurf der ausufernden und damit rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Fragerechts aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG herleiten. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur weithin anerkannt, dass das Fragerecht aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG gleichfalls nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden darf und in diesen Fällen dann regelmäßig auch ein Auskunftsverweigerungsrecht angenommen wird (vgl. BGHZ 36, 121, 135 f. = NJW 1962, 104, 108; Kersting in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 379; Poelzig in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 221; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 146; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 66; kritisch hierzu H. in: H., Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 131 Rdn. 43). Allerdings kann vorliegend eine rechtsmissbräuchliche oder treuwidrige Ausübung des Fragerechts durch die Beklagte zu 1) nicht angenommen werden.
(1) Allein aus der bloßen Zahl der gestellten Fragen kann sich die Verletzung der Treuepflicht nicht herleiten lassen. Im Ausgangspunkt ist zwar davon auszugehen, dass jeden Aktionär die Treuepflicht trifft, den zügigen Fortgang der Hauptversammlung nicht zu stören und insbesondere eine zeitgerechte Beendigung der Hauptversammlung nicht zu verhindern. Der ordnungsgemäße Ablauf darf nicht dadurch vereitelt werden, dass ein Aktionär die Redezeit für individuelle Informationsbedürfnisse monopolisiert (vgl. BGHZ 32, 159, 166; LG München I, AG 2010, 919, 921 = ZIP 2010, 2148, 2151 = WM 2010, 1699, 1702; Decher in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl.., § 131 Rdn. 443; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 68).
(a) Wann von einem derartigen Rechtsmissbrauch ausgegangen werden muss, wird nicht völlig einheitlich beantwortet. Die Literatur zieht dabei teilweise strenge Grenzen. So wird vertreten, dass jedenfalls ein mehrere DIN A4-Seiten umfassender Fragenkatalog (vgl. Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 66) oder sogar schon regelmäßig das Stellen von über 50 Fragen unzulässig und bei schon mehr als 20 Fragen eine Erläuterung des Hintergrundes erforderlich sein soll (vgl. Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 63). Dem kann angesichts der Tatsache, dass gerade die Frage des Rechtsmissbrauchs stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, nicht gefolgt werden, weshalb mit der Rechtsprechung keine derart starren und engen Grenzen gezogen werden können, sondern vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden muss. So wurde ein Missbrauch des Fragerechts beispielsweise bei Umfassen von 3.000 Einzelvorgängen oder 25.000 Einzelangaben bejaht (vgl. OLG Frankfurt WM 1983, 1071 f.). Jedenfalls ist die Beantwortung sofort mit der entsprechenden Begründung abzulehnen, um dem Aktionär Gelegenheit zur Beschränkung zu geben (vgl. LG München I AG 1987, 185, 189).
(b) Daran gemessen liegt im vorliegenden Fall kein Rechtsmissbrauch vor. In der Hauptversammlung vom 22.6.2016, die ausweislich des stenografischen Wortprotokolls von 17:04 Uhr bis 21:58 Uhr und damit knapp fünf Stunden dauerte, stellte Herr Rechtsanwalt Dr. L. ausweislich dieses Wortprotokolls maximal 25 Fragen zu den bis zur Beendigung behandelten Tagesordnungspunkten, zu dem insbesondere auch die Entlastung des Vorstandes gehörte.
Die Aktionäre haben dabei darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit der Organmitglieder im abgelaufenen Geschäftsjahr zu billigen ist, sie in der Unternehmensführung eine „glückliche Hand“ bewiesen haben und ihnen das Vertrauen auch für ihre künftige Tätigkeit auszusprechen ist. Demgemäß liegt ein inhaltlicher Mangel dann vor, wenn das Ermessen der Hauptversammlung im Hinblick auf die Entlastung der pflichtvergessenen Verwaltung überschritten worden ist. Das Ermessen bezüglich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ist eingeschränkt. Bei eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- und Satzungsverstößen der Verwaltungsmitglieder ist die Entlastung inhaltlich rechtswidrig und anfechtbar (vgl. BGHZ 153, 47, 51 = NJW 2003, 1023, 1033 = NZG 2003, 280, 281 = AG 2003, 273, 274 = ZIP 2003, 387, 388 = WM 2003, 553, 554 = DB 2003, 544, 545 = BB 2003, 806, 807 = MDR 2003, 515, 516 – Macrotron; BGHZ 180, 9, 23 = NJW 2009, 2207, 2211 = NZG 2009, 342, 346 = AG 2009, 285, 289 = ZIP 2009, 460, 465 = DB 2009, 500, 504 f. = BB 2009, 796, 799 = DNotZ 2009, 688, 693 – Kirch/D. Bank; BGHZ 194, 14, 22 = NJW 2012, 3235, 3237 = NZG 2012, 1064, 1066 = AG 2012, 712, 714 = ZIP 2012, 1807, 1810 = WM 2012, 1773, 1775 f. = DB 2012, 2092, 2064 = BB 2012, 2522, 2524 f. = Der Konzern 2012, 420, 423 = MDR 2012, 1175, 1176 – Fresenius; Hoffmann in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 120 Rdn. 29 und 53; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 120 Rdn. 11; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 120 Rdn. 33 und 55; Reger in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., § 120 Rdn. 5 und 19; Weitemeyer NZG 2005, 341, 342).
Dann aber muss einer Aktionärin wie der Beklagten zu 1) auch die Möglichkeit gegeben werden, Fragen zu Geschäftsvorfällen zu stellen, die aus ihrer Sicht auf ein Verhalten hindeuten können, das die Verweigerung der Entlastung rechtfertigen kann. Die Thematik der Ausübung genehmigten Kapitals zu einem bestimmten Ausgabepreis, zu der die Fragen gleichfalls hinreichenden Bezug hatte, kann für die Entscheidung über die Entlastung des Vorstandes von wesentlicher Bedeutung sein.
Soweit die Klägerin geltend macht, der einen Rechtsmissbrauch begründende Umfang der Fragen zeige sich bereits an der Tatsache, dass die entsprechenden Passagen neun Seiten des stenografischen Protokolls ausmachen würden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Nahezu zwei dieser neun Seiten befassen sich im Wesentlichen mit der Diskussion zwischen den Aktionärsvertretern und dem Versammlungsleiter über die Protokollierung der Rüge als nicht beantwortet (Seiten 2 und 3 der Niederschrift) und dem Antrag von Herrn Dr. H. auf Abwahl des Versammlungsleiters. Zudem muss beachtet werden, dass es im Verlaufe der Hauptversammlung wiederholt zu Diskussionen darüber kam, inwieweit eine Frage beantwortet wurde oder nicht. Auch diese Auseinandersetzungen sind über mindestens eine Seite in dem stenografischen Wortprotokoll hinweg dokumentiert worden.
(2) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann zum anderen darin bestehen, dass ausschließlich oder überwiegend selbstsüchtige, nicht auf sachliche Aufklärung gerichtete Zwecke verfolgt werden (vgl. BayObLG AG 2001, 424, 425; KG AG 1996, 131, 134; LG München I, AG 2010, 919, 921 = ZIP 2010, 2148, 2150 = WM 2010, 1699, 1702; Decher in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 131 Rdn. 437). Daran gemessen kann hier kein Rechtsmissbrauch des Antragsstellers gesehen werden. Die gestellten Fragen standen im Zusammenhang mit bedeutsamen Tagesordnungspunkten. Dies spricht bereits entscheidend dafür, dass es sich hier nicht um eigennützige, unsachliche Zwecke des Antragsstellers handelte, sondern um Fragen, die für die Gesellschaft und insbesondere die Aktionäre von einigem Belang waren. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass ein Teil der Fragen zum genehmigten Kapital bereits im Verlaufe der Hauptversammlung vom 17.12.2015 hinreichend beantwortet worden sein sollte, kann aus dem nochmaligen Stellen der Frage kein Rechtsmissbrauch und damit keine Treuepflichtverletzung hergeleitet werden. Adressat des Auskunftsanspruchs und seiner Erfüllung ist die Hauptversammlung und damit der durchschnittliche Aktionär. Angesichts der unterschiedlichen Präsenz auf den beiden Hauptversammlungen, auch wenn auf der Hauptversammlung vom 17.12.1995 nur eine Aktie nicht vertreten war, so wie der Möglichkeit der Fluktuation im Aktionärskreis kann nicht davon ausgegangen werden, dass § 131 AktG Fragen zu Vorgängen, die bereits in früheren Hauptversammlungen behandelt worden waren, grundsätzlich ausschließe. Das Auskunftsrecht dient nicht nur dem Interesse des Fragestellers, sondern, wie beispielsweise § 132 Abs. 2 Satz 1, zweiter Hs. AktG zeigt, der Information aller in der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre über den Beschlussgegenstand (vgl. OLG M6. AG 2009, 121, 122 = ZIP 2009, 1667, 1668 f. = WM 2009, 265, 268; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 44). Maßgeblich muss vielmehr der Bezug zu einem Tagesordnungspunkt sein, über den nunmehr Beschluss gefasst werden soll – vorliegend also der Bezug zur Entlastung des Vorstandes. Dies ist aus den bereits oben genannten Gründen zu bejahen. Die hier gegebene Konstellation ist daher nicht mit der zu vergleichen, in der eine im Verlauf derselben Hauptversammlung bereits beantwortete Frage nicht nochmals beantwortet werden muss (vgl. hierzu OLG S9. AG 2011, 93, 98; Kersting in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 131 Rdn. 402; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 76; Decher in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 131 Rdn. 271). Angesichts dessen kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Beklagte zu 2) gegenüber Herrn O2. a.D. Dr. h.c. Q. geäußert habe, die Fragen seien tatsächlich bereits auf früheren Hauptversammlungen mehrfach beantwortet worden, was die Beklagte zu 1) bestritten und diesen Sachvortrag zudem durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von Herrn Dr. h.c. Q. untermauert hat, auch wenn diese nur als Mittel der Glaubhaftmachung und nicht als Beweismittel zu streitigen Tatsachen im Zivilprozess in der Hauptsache zugelassen ist.
f. Eine Haftung der Beklagten zu 1) aus § 280 Abs. 1 BGB kann nicht unter Hinweis auf die Anträge auf Bestellung eines Versammlungsleiters entsprechend den Anträgen der Beklagten zu 1), insbesondere vom 5.9. und 21.10.2016 gestützt werden, weil diese Anträge rechtmäßig erfolgten und nicht gegen die Vorgaben aus § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG verstießen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den Vorsitzenden, also den Versammlungsleiter bestimmen. Dabei ist entscheidend, inwieweit konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die darauf schließen lassen, dass eine unparteiische Leitung durch den satzungsmäßig berufenen Versammlungsleiter – hier also den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Klägerin – nicht gewährleistet ist (vgl. OLG H4. AG 2012, 294, 295; OLG D2. AG 2013, 468, 469 = NZI 2013, 504, 506; OLG Köln NZG 2015, 1118, 1119 = AG 2015, 716, 717 = ZIP 2015, 1585 = NJW-RR 2015, 1314, 315 = FGPrax 2015, 261; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 122 Rdn. 60; Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 100).
(1) Die Treu- und damit Pflichtwidrigkeit des Antrages vom 5.9.2016 kann bereits nicht auf falschen Sachvortrag in der Antragsschrift an das Amtsgericht H. gestützt werden. Die Beklagte zu 1) ließ über ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten vortragen, dass der Versammlungsleiter in der Hauptversammlung vom 17.12.2015 den Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers nicht zur Beschlussfassung zugelassen habe. Dieser Vortrag entsprach den Tatsachen und war folglich nicht wahrheitswidrig. Aus dem notariellen Protokoll dieser Hauptversammlung ergibt sich nämlich, dass die Hauptversammlung beschloss, den entsprechenden Tagesordnungspunkt 2 von der Tagesordnung abzusetzen, der aufgrund des Ergänzungsverlangens der Beklagten zu 1) vom 2.11.2015 vom Vorstand auf die Tagesordnung gesetzt worden war. In einer solchen Situation ist – selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 AktG nicht erfüllt worden sein sollten – der Versammlungsleiter an die Entscheidung des Vorstandes der Klägerin über die Zulassung des Ergänzungsverlangens gebunden. Der Vorstand ist nämlich das Organ der Gesellschaft, dem es in erster Linie zukommt, verbindlich für die Gesellschaft zu entscheiden. Auch hat ein Aktionär in den Fällen der Zurückweisung durch den Vorstand die Möglichkeit, diese Entscheidung gemäß § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies entspricht der Konzeption des Gesetzes, wonach das Gericht in den unternehmensrechtlichen Verfahren nach § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG abschließend über diese Frage zu entscheiden hat, nicht aber der Versammlungsleiter. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, niemand – und damit auch nicht der Versammlungsleiter – dürfe an einem rechtswidrigen Beschluss mitwirken. Dies kann für einen lediglich anfechtbaren Beschluss nicht gelten; diese werden nämlich – wenn keine Anfechtungsklage erhoben wird – bestandskräftig. Demgemäß kann auch der Vorstand ebenso wie die Aktionäre durch Erhebung der Anfechtungsklage ein derartiges Bestandskräftigwerden verhindern. Dabei ist anfechtungsbefugt aufgrund von § 245 Nr. 4 AktG der Vorstand, nicht jedoch der Versammlungsleiter. Folglich entscheidet der Vorstand für die Aktiengesellschaft darüber, inwieweit der Beschluss bestandskräftig werden soll (vgl. G3. AG 2015, 689, 692).
Keinen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht bedeutet auch der Vortrag zur Beendigung der Hauptversammlung vom 22.6.2016. Die Aussage in dem Antrag, der Abbruch dieser Hauptversammlung sei „plötzlich und grundlos“ erfolgt, stellt sich als rechtliche Bewertung der unstreitig erfolgten Beendigung der Hauptversammlung durch die damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten zu 1) dar, nicht jedoch als Tatsachenbehauptung. Namentlich das Oberlandesgericht Celle hat sich in seiner Entscheidung vom 13.9.2016 auch nicht mit falschem Sachvortrag auseinandergesetzt, sondern maßgeblich auf die unstreitige Tatsache abgestellt, dass zweimal nicht über den Antrag abgestimmt wurde, ohne dabei auf den von der Klägerin auch im dortigen Verfahren mit Schriftsatz vom 8.9.2016 (Anlage K 84) auf Seite 3 erfolgten Hinweis auf den viralen Infekt des Vorstandsvorsitzenden als Grund für den Abbruch hinzuweisen.
(2) Die Anträge auf Bestellung eines Versammlungsleiters durch das Amtsgericht H. können auch wegen der Begründung nicht als treuwidrig eingestuft werden und folglich auch keine Schadensersatzpflicht aus § 280 Abs. 1 BGB begründen.
(a) In Bezug auf die Hauptversammlung am 15.9.2016 wies das Oberlandesgericht Celle insbesondere auf die Notwendigkeit hin, die gesellschaftsinterne Willensbildung sicher zu stellen, die in den bisherigen Hauptversammlungen nicht stattgefunden hatte. Das Amtsgericht H. hatte zudem auf die bestehende Interessenkollision hingewiesen, weil der Antrag sich auch mit dem Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden befasste und Regressansprüche gegen ihn nicht ausgeschlossen seien. Diese Interessenkollision wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits vielfach als hinreichender Grund für die Bestimmung des Versammlungsleiters durch das Gericht gemäß § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG angesehen (vgl. OLG Köln NZG 2015, 1118, 1119 = AG 2015, 716, 717 = ZIP 2015, 1585 f. = NJW-RR 2015, 1314, 1315 = FGPrax 2015, 261 f.; OLG D2. AG 2013, 468, 469 = ZIP 2013, 1022, 1024 = DZWIR 2013, 441, 443 = NZI 2013, 504, 506 = FGPrax 2013, 221, 222; S10. AG 2015, 696, 707). Die Kammer muss nicht abschließend entscheiden, ob dieser Prüfungsmaßstab der fehlenden persönlichen Betroffenheit gegebenenfalls zu eng sein könnte (so von der Linden in: Festschrift für Marsch-Barner, 2018, S. 303, 311 f.; Theusinger/Schilha, NZG 2015, 56, 58). Jedenfalls kann die Berufung auf diesen Sachverhalt durch die Beklagte zu 1) angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu vertretenen Auffassung keinesfalls als treu- und damit pflichtwidrig angesehen werden.
(b) Soweit es um den Antrag vom 5.10.2016 für die Hauptversammlung vom 20.10.2016 geht, kann ein Pflichtverstoß im Sinne einer Treuwidrigkeit auf Seiten der Beklagten zu 1) nicht angenommen werden. Der in der Hauptversammlung vom 15.9.2016 von Herrn Prof. Dr. C. in seiner Eigenschaft als Aktionär gestellte und von ihm als Versammlungsleiter zur Abstimmung zugelassene Antrag auf Abwahl des gerichtlich bestellten Versammlungsleiters Dr. Z.stellt einen deutlichen Verstoß gegen seine Pflichten zu einer neutralen Versammlungsleitung dar. Für dieses Verhalten gab es keine Rechtsgrundlage. Die Abwahl eines gerichtlich bestellten Versammlungsleiters ist selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht möglich. Das Amtsgericht – hier also das Amtsgericht H. – hat nämlich seine Personalentscheidung bereits aus versubjektivierter Sicht hinreichend abgewogen, weshalb kein Grund besteht, diese Entscheidung zu revidieren, die auch – wie geschehen – mit der Beschwerde nach § 122 Abs. 3 Satz 4 AktG in vollem Umfang angegriffen werden kann. Einen gleichwohl gestellten Antrag auf Abwahl des gerichtlich bestellten Versammlungsleiters muss ein pflichtgemäß handelnder Versammlungsleiter ohne weitere Zurückweisung oder durch Nichtbehandlung ignorieren (vgl. Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 119 Rdn. 118 und § 122 Rdn. 60; Rieckers in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 72; Butzke in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 122 Rdn. 94; Ziemons in: Schmidt/Lutter AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 61; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 29; Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 100; Wilsing/von der Linden ZIP 2010, 2321, 2327). Gerade dieses Verhalten des Versammlungsleiters gab konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er als statutarisch bestimmter Versammlungsleiter nicht willens war, die Hauptversammlung ordnungsgemäß und unparteiisch zu leiten, sondern bestrebt sein kann, wie schon in der vorangegangenen Hauptversammlung eine Abstimmung über die auch sein Verhalten einbeziehende Sonderprüfung zu verhindern.
In gleicher Weise pflichtwidrig erfolgte nach unzulässiger Abwahl des Versammlungsleiters die Vertagung der Hauptversammlung und damit des Beschlussgegenstandes, der aufgrund des Verlangens der Beklagten zu 1) auf die Tagesordnung gesetzt worden war. Würde man dieses Verhalten als zulässig erachten, könnte anderenfalls die Mehrheit in der Hauptversammlung durch eine fortlaufende Vertagung die Minderheitenrechte erheblich beschränken, ohne sich je inhaltlich mit dem Minderheitsverlangen auseinanderzusetzen. Zur Gewährleistung eines effektiven Minderheitenschutzes kann sich das Recht der Ergänzung der Tagesordnung nicht auf den rein formalen Akt beschränken, sondern umfasst vielmehr das Recht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung und Befassung in der Hauptversammlung (vgl. Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 122 Rdn. 20; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O, § 119 Rdn. 141; Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 119 Rdn. 53; Müller in: H. Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 122 Rdn. 27; G3. AG 2015, 689, 693; Kemmerer BB 2011, 3018, 3021). Soweit in der Literatur die Gegenauffassung vertreten und eine derartige Befugnis bejaht wird (vgl. Ihrig in: Festschrift für Goette, 2011 S. 205, 213 f; Wilsing/von der Linden ZIP 2010, 2321, 2322), kann dem angesichts des auf Minderheitenschutz abzielenden Normzweck von § 122 Abs. 2 AktG nicht gefolgt werden.
(c) Nichts anderes kann in Bezug auf den Antrag vom 21.10.2016 auf gerichtliche Bestellung eines Versammlungsleiters für die Hauptversammlungen vom 23.11.2016 und vom 23.12.2016 nach der Absage der zunächst auf den 20.10.2016 und 23.11.2016 anberaumten Hauptversammlung gelten.
(3) Ein Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung an das Amtsgericht H. mit Schriftsatz vom 21.10.2016 kann keine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB begründen, weil ein solcher Antrag in dem als Anlage K 105 vorgelegten Schriftsatz der damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten zu 1) nicht enthalten war. Mit diesem Schriftsatz hat die Beklagte zu 1) einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Versammlungsleiters gestellt und ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Einberufung zur Hauptversammlung auf den 23.11.2016 hinsichtlich der Tagesordnungspunkte der nicht erledigten Hauptversammlungen vom 15.9.2016 und vom 20.10.2016 entspreche. Sollte die Klägerin dagegen auf den Antrag aus dem Schriftsatz vom 5.12.2016 (Anlage K 111) abstellen, ist dieser nicht treuwidrig gestellt, nachdem es auf den Hauptversammlungen der Klägerin angesichts der immer wieder erfolgten Vertagung, bzw. Aufhebung der Hauptversammlung bislang nicht zu einer Abstimmung über den Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung gekommen war. Im Verfahren nach § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG ist die Rechtmäßigkeit eines noch nicht gefassten, sondern lediglich beabsichtigten Beschlusses der Hauptversammlung nicht vorab zu prüfen. Das Landgericht H. hat allerdings einen hinreichenden Verdacht im Sinne des § 142 Abs. 1 AktG, in dem auf § 145 AktG gestützten Verfahren mit Beschluss vom 19.12.2016 ebenso wie das Amtsgericht H. bejaht, das in seinem Beschluss ausdrücklich darauf verwiesen hat, bei einem firmenfremden Abfluss von Geldern mit dem Ziel des Sponsoring eines Fußball-Clubs könne ein pflichtwidriges Verhalten der Verantwortlichen vorliegen, weshalb das Anliegen der hiesigen Beklagten zu 1) auf Einsetzung eines Sonderprüfers nicht offensichtlich haltlos sei.
g. Die Haftung der Beklagten zu 1) ergibt sich nicht aus der von ihr beauftragten und von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. erstellten Strafanzeige gegen Herrn Prof. Dr. C. im Zusammenhang mit dem Trikot-Sponsoring von R. U.; eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB liegt darin nicht. Ein subjektiv redliches Verfahren in einem gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahren, wozu auch das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gehört, das regelmäßig auf eine Strafanzeige hin eingeleitet wird (vgl. § 152 StPO), kann keine Pflichtwidrigkeit im Sinne einer Treuwidrigkeit auch im Verhältnis der Beklagten zu 1) zur Klägerin begründen.
(1) Der Rechtsstaat verwehrt es – von gesetzlichen geregelten Ausnahmefällen wie beispielsweise Notwehr, Nothilfe oder Notstand abgesehen – den Bürgerinnen und Bürgern, ein wirkliches oder auch nur vermeintliches Recht gegenüber staatlichen Organen wie auch gegenüber den einzelnen Mitbürgern mit Gewalt durchzusetzen. Der oder die Einzelne muss sein Recht vor den hierzu befugten staatlichen Stellen, also insbesondere auch Gerichten und Staatsanwaltschaften im Bereich der Strafrechtspflege suchen. Aus dem Verbot der Privatgewalt und der Verstaatlichung der Rechtsdurchsetzung folgt umgekehrt die Pflicht des Staates, für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen und die Beachtung ihrer Rechte sicherzustellen. Mit diesem Grundgedanken des Rechtsstaats ist es nicht vereinbar, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, Nachteile dadurch erleidet, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweist. Die nicht wissentlich unwahre oder leichtfertige Strafanzeige liegt im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten; der Rechtsstaat kann darauf bei der Strafverfolgung nicht verzichten. Es besteht eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege im Interesse der Allgemeinheit zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 46, 214, 222 = NJW 1977, 2355, 2356). Durch das Erfordernis der Wissentlichkeit beim Straftatbestand der falschen Verdächtigung in § 164 StGB, wie auch durch die Kostenregelung in § 469 StPO bei vorsätzlich oder leichtfertig erstatteten unwahren Anzeigen hat dem der einfache Gesetzgeber Rechnung getragen. Diese Vorschriften bieten dem Beschuldigten zugleich Schutz vor vorsätzlich falschen Verdächtigungen und leichtfertig, also ohne erkennbaren Grund erstatteten Anzeigen. Im Übrigen aber unterliegen die erhobenen Vorwürfe der Überprüfung in einem mit rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien ausgestatteten Ermittlungsverfahren, dem sich jeder betroffene Bürger und jede betroffene Bürgerin bei Vorliegen des Verdachts einer strafbaren Handlung stellen muss. Würde man dem gutgläubigen Anzeigeerstatter nun aber eine Schadensersatzpflicht auferlegen, würde dieses zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbaren und folglich unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen führen. Dem gutgläubigen Erstatter einer Strafanzeige wird einerseits wegen des staatlichen Gewaltmonopols die Möglichkeit der Selbstjustiz genommen; andererseits aber trägt er das Risiko einer zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht. Eine solche Handhabung des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts steht insbesondere im Widerspruch mit dem öffentlichen Interesse an einer unbeeinträchtigten Durchführung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Schon die Besorgnis des Anzeigenden, wegen seiner Äußerungen mit einer Schadensersatzklage überzogen zu werden und im Zivilprozess mit einer dort gegebenenfalls ungünstigen Beweislastverteilung über die Wahrheit seiner Äußerungen streiten zu müssen, würde zu einer im Rechtsstaat nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege führen (vgl. BVerfGE 74, 257, 261 ff. = NJW 1987, 1929 f. = NStZ 1987, 333 f.; BGH NJW 2012, 1659 f. = VersR 2012, 502 f. = MDR 2012, 518 f. = r+s 2013, 44, 45; Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 296; Spindler in: BeckOGK BGB, Stand: 1.9.2021, § 823 Rdn. 88).
(2) Unter Zugrundelegung dieser aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Grundsätze kann eine Schadensersatzpflicht aus der Strafanzeige gegen Herrn Prof. Dr. C. nicht hergeleitet werden. Herr Rechtsanwalt Dr. St. stellte in der Strafanzeige keine unwahren Tatsachenbehauptungen auf. Im Kern ging es um das unstrittige Trikotsponsoring bei R. U. sowie das Engagement von Herrn Prof. Dr. C. und Frau A2. C1. bei beiden Partnern dieses Vertrages. Die Beklagte zu 1) und Herr Rechtsanwalt Dr. St. nahmen – auch in Bezug auf das Erfordernis der Zustimmung des Aufsichtsrats zu diesem Sponsoringvertrag – eine andere juristische Bewertung vor. Eine – wenn auch gegebenenfalls unzutreffende – juristische Einordnung eines bestimmten Sachverhalts kann indes nicht als falsche Tatsachenbehauptung gewertet werden. Die Frage, ob der Tatbestand der Untreue im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht wurde, ist das Ergebnis einer juristischen Subsumtion, die sich in ihrer Bewertung zwischen der Beklagten zu 1) als Anzeigeerstatterin und der Staatsanwaltschaft H. sowie der Klägerin unterscheidet. Eine Rechtsansicht über die Verwirklichung eines Straftatbestandes stellt sich als Ergebnis einer Sachverhaltsbewertung dar und ist somit ein Werturteil, das nicht wahr oder falsch sein kann. Falsche Schlussfolgerungen können nicht als Tatsachenbehauptung im Sinne des § 164 StGB angesehen werden (vgl. OLG Rostock NStZ 2005, 335, 336; Zopf in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 164 Rdn. 18; Bosch/Schittenhelm in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 164 Rdn. 17), weshalb auch die Staatsanwaltschaft H. von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Beklagten zu 2) auf die Anzeige von Herrn Prof. Dr. C. absah.
Gleichfalls als Bewertung und nicht als Tatsachenbehauptung muss der Hinweis auf den Abfluss dringend benötigter Gelder eingestuft werden. Dies stellt sich im Gesamtzusammenhang als Kritik an der Geschäftsführung der Klägerin dar – die Beklagte zu 1) ist offenbar der Auffassung, der Nutzen von Ausgaben, die einen nicht unerheblichen Teil des Umsatzes bei einer angespannten wirtschaftlichen Lage der Klägerin ausmachen, sei angesichts des Geschäftsmodells der Beklagten zweifelhaft.
h. Aus der Berichterstattung in „D. Sp.“ 39/2016 kann keine kausale Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB hergeleitet werden, weil diese den Anforderungen an eine Verdachtsberichterstattung gerecht wird. Dann aber kann selbst dann, wenn die Ausgangsinformation über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens von der Beklagten zu 1) bzw. dem Beklagten zu 2) als ihrem persönlich haftenden Gesellschafter ausging, eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs. 1 BGB, 31 Abs. 1 BGB nicht begründet werden, wobei die Beklagte zu 1) als KG für das Handeln ihres Komplementärs über § 31 Abs. 1 BGB analog haften würde, weil der Komplementär handlungsberechtigtes Organ der Gesellschaft ist (vgl. nur BGB NJW 1952, 538, 539; Grüneberg/Ellenberger, BGB, a.a.O., § 31 Rdn. 2).
(1) Bei einer Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat ist zu berücksichtigen, dass Straftaten zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung zu den zentralen Aufgaben der Medien gehört. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an weiteren Informationen über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt (vgl. BVerfGE 35, 202, 230 f. = NJW 1973, 1227, 1230 – Soldatenmord von Lebach; BVerfG NJW 2009, 3357, 3358 = AfP 2009, 365, 366 = MMR 2009, 683, 684; BGB NJW 2013, 1681, 1682 = VersR 2013, 722, 723 = CR 2013, 462, 463 = AfP 2013, 250, 252, = K& R 2013, 480 f. = GRUR 2013, 965, 967 f. = ZUM 2013, 565, 566; OLG Köln, Urteil vom 12.7.2016, Az: 15 U 176/15 – zitiert nach Juris).
Handelt es sich um die Berichterstattung über ein noch nicht abgeschlossenes Straf- oder Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung zwischen dem Schutz der Klägerin und ihres Aufsichtsratsvorsitzenden einerseits aus Art. 2 Abs. 1 GG mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit auch die zugunsten der Betroffenen sprechende, im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verankerte und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Dies gebietet eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3357, 3358 = AfP 2009, 365, 366 = MMR 2009, 683, 684; BGH NJW 2013, 1681, 1682 = VersR 2013, 722, 723 = CR 2013, 462, 463 = AfP 2013, 250, 252, = K& R 2013, 480 f. = GRUR 2013, 965, 967 f. = ZUM 2013, 565, 566). Dabei darf die Berichterstattung keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Zudem muss vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen zu dem Vorgang eingeholt werden, der zudem gravierendes Gewicht haben muss, so dass die Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. (vgl. BGHZ 143, 199, 203 f. = NJW 2000, 1036 f. = WM 2000, 788, 790 = WRP 2000, 310, 311 f. = r + s 2000, 326; NJW 2013, 790, 792 = VersR 2013, 321, 324 = AfP 2013, 57, 59 f = CR 2013, 184, 195, = K& R 2013, 260, 262 f. = GRUR 2013, 312, 315 = ZUM-RD 2013, 323, 326; Spindler in: BeckOGK BGB, § 824 Rdn. 35; Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 252 ff.).
(2) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes muss von einer zulässigen Verdachtsberichterstattung ausgegangen werden, die nicht rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin und ihrer Organmitglieder eingreift, auch wenn dies durch die Berichterstattung über die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens berührt ist, nachdem ein solcher Bericht geeignet ist, die Klägerin einschließlich ihrer Organe in ihrem öffentlichen Ansehen herabzusetzen. Es geht vorliegend allerdings bei der Berichterstattung über das Trikotsponsoring um einen Vorgang, dessen äußerer Ablauf zwischen den Beteiligten in wesentlichen Teilen unstreitig ist – nur die rechtliche Bewertung differiert. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gibt allerdings nicht den Anspruch, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie der oder die Betroffene sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte (vgl. BVerfGE 101, 361, 380 = NJW 2000, 1021, 1022 = GRUR 2000, 446, 449 – Caroline von Monaco; NJW 2012, 1500, 1501 = MMR 2012, 338, 339 = AfP 2012, 143, 145). Vorliegend muss gesehen werden, dass es um die Sozialsphäre der Klägerin wie auch von Herrn Prof. Dr. C. geht, wenn über den Verdacht einer Straftat in Zusammenhang mit unternehmerischen Aktivitäten und dem beruflichen Wirken als Aufsichtsratsvorsitzender berichtet wird, wodurch der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht so gravierend berührt ist. Die Frage der auch strafrechtlichen Zulässigkeit von Sponsoringmaßnahmen eines Unternehmens betrifft dessen Corporate Governance und damit einen Aspekt, der vermehrt an Bedeutung gerade auch für die Allgemeinheit gewinnt. Die Berichterstattung über den Verdacht des Vorliegens eines Falles von Wirtschaftskriminalität ist von besonderem Interesse der Öffentlichkeit, nachdem es hier um die Integrität im Wirtschaftsleben geht und Fragen über eine gute Unternehmensführung auf ein erhöhtes Interesse in der Bevölkerung stoßen.
Das Nachrichtenmagazin „D. Sp.“ gab Herrn Prof. Dr. C. und damit der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den in der Strafanzeige erhobenen Vorwürfen. Auf Seite 67 der entsprechenden Ausgabe wird Herr Prof. Dr. C. wörtlich zitiert, um das ökonomische Interesse der Klägerin zu begründen. Auch wurde er mit seiner Einschätzung zur Genehmigungspflicht durch den Aufsichtsrat und einen möglichen Interessenkonflikt zitiert. In gleicher Weise wurde für die Klägerin ihr Vorstandsmitglied, Herr H1. M4., zitiert, der begründete, warum sich das Sponsoring von R. U. aus Sicht der Klägerin rechtfertige – die Mannschaft habe eine sehr hohe Wahrnehmung in Spanien und Europa. Da der Beitrag auf die Notwendigkeit der Überprüfung der Argumente durch die Staatsanwaltschaft H. auf ihre Stichhaltigkeit verwies, kann in der Darstellung gleichfalls kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung gesehen werden – keiner der verantwortlichen Organmitglieder der Klägerin wird so dargestellt, als sei er bereits überführt.
Die namentliche Nennung der Klägerin wie auch ihres Aufsichtsratsvorsitzenden und ihres Vorstandsmitgliedes führt gleichfalls nicht zur Unzulässigkeit der Berichterstattung. Angesichts des hohen Bekanntheitsgrades sowohl von Herrn Prof. Dr. C. als auch des Beklagten zu 2) als Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft kann nicht davon ausgegangen werden, ihr Anonymitätsinteresse habe Vorrang vor dem Wunsch nach Anonymität im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Berichterstattung den Tatsachen entsprach – dies gilt sowohl für die Frage des Bestehens eines Interessenkonfliktes durch das Engagement von Herrn Prof. Dr. C. sowohl bei der Klägerin als auch bei R. U. wie auch der in der Relation zwischen dem Umsatz der Klägerin und der Höhe des gezahlten Betrages für die Trikotwerbung. Nichts anderes gilt für die Darstellung der Vorgänge um die Ausnutzung genehmigten Kapitals vom August 2015 zu einem Ausgabepreis von € 12,-. Auch hier wurde die Position der Klägerin durch den Hinweis des Vorstandsmitgliedes . M. hinreichend dargestellt, dass die Ablehnung auf formalen Mängeln des Gegenvorschlages des Beklagten zu 2) beruht habe.
(3) Dann aber kann auch eine Haftung der Beklagten zu 1) nicht angenommen werden. Die Weitergabe der entsprechenden Informationen an die Presse – hier also das Nachrichtenmagazin „D. Sp.“ unterfällt nämlich in gleicher Weise dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, weil diese Norm Äußerungen in ihrer Verbreitungs- und Wirkungsdimension schützt (vgl. BVerfGE 7, 198, 210 = NJW 1958, 257, 258 – Lüth; BVerfGE 97, 391, 398 = NJW 1998, 2889 f.; BVerfG NJW 2003, 1109, 1110 = AfP 2003, 43, 45; Grabenwarter in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, a.a.O., Art. 5 Rdn. 88). Wenn die Information eines Pressemediums wahre Tatsachenbehauptungen enthält und aus den oben genannten Gründen eine Veröffentlichung nicht unzulässig ist, kann ein Pflichtenverstoß durch die Beklagte zu 1) nicht angenommen werden, selbst wenn der Beklagte zu 2) die Information weitergegeben hat. Daher kommt es auf diese von der Beklagten bestrittenen Frage der Person des Informanten des Nachrichtenmagazins „D. Sp.“ nicht entscheidungserheblich an, weshalb eine Beweisaufnahme hierzu nicht erfolgen muss.
Die nachfolgenden Berichte in anderen Zeitungen beziehen sich auf den Artikel „D. Sp.“, weshalb insoweit eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt sein kann.
i. Die Äußerungen von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. gegenüber der „N. Pr.“, das Verhalten von Herrn Prof. Dr. C. sei „schlicht kriminell“, die Äußerung gegenüber dem Redakteur Fr. D., Herr Prof. Dr. C. werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verurteilt werden und das Thema bei der Aktionärsversammlung „weggedrückt“ worden, begründen keine Haftung der Beklagten zu 1) aus § 280 Abs. 1, § 278 BGB, auch wenn der mandatierte Rechtsanwalt als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB anzusehen sein wird.
(1) Die Feststellung „schlicht kriminell“ muss als von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung im Sinne eines Werturteils angesehen werden, nicht als Tatsachenbehauptung. Die Bezeichnung eines Verhaltens als „schlicht kriminell“ beinhaltet die juristische Schlussfolgerung, ein bestimmtes Handeln stelle sich als Straftatbestand dar.
Zum einen muss gesehen werden, dass im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Äußerung von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. am 26.9.2016 das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H. noch nicht abgeschlossen war, nachdem die Einstellungsverfügung vom 5.10.2016 datierte. Zum anderen ist zu beachten, dass sich die Meinungsfreiheit nicht allein auf die Gewährleistung eines geistigen Meinungskampfes in öffentlichen Angelegenheiten beschränken und Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht auf ein rein funktionales Verständnis zur Förderung einer öffentlichen Debatte mit Gemeinbezug reduziert werden kann. Vielmehr ist dieses Grundrecht als subjektive Freiheit des unmittelbaren Ausdrucks der menschlichen Persönlichkeit ein grundlegendes Menschenrecht. Daher umfasst sie nicht zuletzt die Freiheit, die persönliche Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten in subjektiver Emotionalität in die Welt zu tragen. Folglich kann ein Gedanke auch subjektiv und sogar emotionalisiert bewertet werden (vgl. BVerfG AfP 2016, 240, 242 = K+R 2016, 403, 404 f = NVwZ 2016, 761, 762). Angesichts dieser Ausgangslage kann in der beanstandeten Äußerung kein rechtswidriger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin und ihrer Organmitglieder gesehen werden. Dem Anzeigeerstatter, bzw. dem von ihm mandatierten Rechtsanwalt muss es gestattet sein, eine solche Wertung auch in pointierter Form zu formulieren.
(2) Nichts anderes kann dann aber auch für die Äußerung von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. gegenüber dem Redakteur Fr. D. gelten, Herr Prof. Dr. C. werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verurteilt. Die Prognose über den Ausgang eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens stellt sich nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Werturteil dar. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert und somit dem Wahrheitsbeweis zugänglich. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Dauer bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens. Sie betreffen also etwas Geschehenes oder Bestehendes, das zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit geraten ist. Was noch nicht geschehen ist, ist folglich keine Tatsache (vgl. BGH NJW 1998, 1223, 1224 = NDR 1998, 283 f. = WRP 1998, 303, 305 = NZV 1998, 152; OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.2.2012, Az: 15 U 164/11 – zitiert nach Juris). Eine Aussage dergestalt, dass eine Prognose über den Eintritt zukünftiger Ereignisse zugleich eine Aussage über eine gegenwärtige Tatsache beinhaltet (vgl. BGHZ 128, 1, 11 = NJW 1985, 861, 864 = GRUR 1985, 224, 228; BGH NJW 1998, 1223, 1224 = NDR 1998, 283 f. = WRP 1998, 303, 305 = NZV 1998, 152; OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.2.2012, Az: 15 U 164/11 – zitiert nach Juris), kann darin nicht gesehen werden. Denn dies ist Gegenstand einer juristischen Subsumtion, die aber wiederum als Werturteil, nicht als Tatsachenbehauptung einzustufen ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter A. II. 1. c. (2) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
(3) Als vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und damit rechtmäßig muss auch die Formulierung von Herrn Rechtsanwalt Dr. St., die Klägerin habe das Thema des Trikots-Sponsoring in der Hauptversammlung „weggedrückt“, gesehen werden. Diese Äußerung kann nicht als unwahre Tatsachenbehauptung unter Hinweis darauf eingestuft werden, über diese Entscheidung des Vorstandes seien die Aktionäre in der Hauptversammlung hinreichend informiert worden. Dabei wird nämlich nicht hinreichend beachtet, dass die Hauptversammlung zu dem Antrag auf Durchführung einer sich mit der Thematik des Sponsoring befassenden Sonderprüfungsantrags angesichts der Vertagung dieses Tagesordnungspunktes keinen Beschluss fassen konnte. Mit der Formulierung „weggedrückt“ wird die Bewertung zum Ausdruck gebracht, dass es dafür keinen sachlichen Grund gegeben habe und eine Auseinandersetzung über die zum Abschluss des Sponsoringvertrages führenden Vorgänge seitens der Klägerin und ihrer Organe gescheut werde. Damit aber stehen die nicht näher beschriebenen Abläufe auf der Hauptversammlung gerade nicht im Vordergrund, sondern die Stellungnahme hierzu, das Meinen zu diesem Vorgang. Angesichts der Rechtswidrigkeit des Vertagungsbeschlusses muss die Beschreibung dieses Vorgehens als „Wegdrücken“ eines Themas als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedecktes Werturteil eingestuft werden. Die Aussage, dass Thema sei „weggedrückt“ worden, kann nicht dahingehend interpretiert werden, die Nichtbehandlung in der Hauptversammlung vom 15.09.2016 sei „kriminell“ im Sinne des vorangegangenen Halbsatzes. Der Satzbau macht klar, dass die Frage des Sponsoringvertrages auf der Hauptversammlung entsprechend der Vertagung der Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 7 über die Durchführung der Sonderprüfung, unter anderem zum Trikotsponsoring nicht behandelt worden war.
(4) Soweit sich die Klägerin in ihrer Klageschrift gegen Äußerungen von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. in der „N. Pr.“ vom 27.9.2016 wendet, kann daraus eine Haftung der Beklagten zu 1) aus §§ 280 Abs. 1, 278, 31 BGB nicht hergeleitet werden, auch wenn der Anwalt für den Beklagten zu 2) gehandelt haben sollte. Die Aussage über die Unterstützung des Fußballclubs als bloße Begünstigung persönlicher Belange mangels erkennbarer Vorteile für die Klägerin muss wiederum als Werturteil im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG angesehen werden. Der Satz beinhaltet eine kritische Auseinandersetzung mit der Problematik, inwieweit dieses Sponsoring sachlich gerechtfertigt gewesen sein kann oder nicht, wobei Herr Rechtsanwalt Dr. St. erkennbar von letzterem ausgeht. Aus dem Gesamtzusammenhang des Beitrages ergibt sich insbesondere auch, dass Herr Rechtsanwalt Dr. St. auf die Voraussetzungen einer Pflichtverletzung des Vorstandes hinwies und diese als erfüllt ansah. Darin liegt aber ein durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Werturteil vor; diese Äußerung ist von der Klägerin und ihren Organmitgliedern hinzunehmen.
(5) Soweit die Klägerin rügt, aus der Umgebung des Beklagten zu 2) stamme die Äußerung, dieser wolle die Klägerin von Willkür und Selbstbedienung befreien, ist schon nicht erkennbar, warum sich die Beklagte zu 1) diese Äußerung zurechnen lassen müsse. Es ist nicht erkennbar, inwieweit hier ein Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB tätig geworden sein könnte, also eine Person, die mit dem Willen der Beklagten zu 1) als Schuldnerin bei der Erfüllung einer ihr obliegenden Verbindlichkeit als deren Hilfsperson tätig wurde (vgl. BGH NJW 2017, 2608, 2612 = NZM 2017, 216, 220 = WuM 2017, 138, 143 m.w.N. aus der Rspr.), also im Zusammenhang mit der Wahrung der aktienrechtlichen Treuepflicht. Abgesehen davon muss auch nach den oben dargestellten Grundsätzen diese Äußerung als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt angesehen werden. Sie benennt subjektive Ziele des Beklagten zu 2, die eine zulässige Wertung enthalten, wenn der Beklagte zu 2) davon ausgeht, bei der Klägerin herrsche Willkür und Selbstbedienung vor. Hier steht nicht die Tatsachenbehauptung, sondern die Bewertung der im Tatsächlichen weitgehend unstrittigen Vorgänge um das Trikotsponsoring bei R. U. im Vordergrund.
(6) Der Umstand, dass im Nachgang zu all dieser Berichterstattung beispielsweise ein Fragenkatalog des Korrespondenten Michael Gassmann von der Tageszeitung „Die Welt“ bei Herrn Prof. Dr. C. einging, führt nicht zu einer Haftung der Beklagten zu 1) aus §§ 280 Abs. 1, 31 BGB. Dem Vortrag der Klägerin kann nämlich bereits nicht entnommen werden, inwieweit es darauf aufbauend zu einer Berichterstattung gekommen wäre.
j. Der Fragenkatalog des Journalisten Matthias Klein an Herrn Prof. Dr. C. enthält ebenso wie der nachfolgende Bericht in der „N. Pr.“ keine falschen Tatsachenbehauptungen, nachdem die Klinik A.stift tatsächlich keine bioabsorbierbaren Schrauben mehr von der Klägerin bezog. Daher kann eine Pflichtverletzung nicht angenommen werden. Es muss gleichfalls berücksichtigt werden, dass zum einen der Streit innerhalb der Klägerin öffentlich und auch halb öffentlich in der Hauptversammlung ausgetragen wurde, wobei das Vorgehen der Beklagten zu 1) in der Hauptversammlung entsprechend den obigen Ausführungen nicht als pflichtwidrig angesehen werden kann. Daher kann offenbleiben, ob die Information tatsächlich durch den Beklagten zu 2) als Komplementär an Herrn K4. weitergegeben wurde oder nicht; eine Beweisaufnahme scheidet wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit aus.
k. Die Verpflichtung der Beklagten zu 1) zum Schadensersatz lässt sich nicht aus der Äußerung von Herrn Dr. E. über die Täter- und Opferrolle von Herrn Prof. Dr. C. aus §§ 280 Abs. 1, 278 BGB herleiten, selbst wenn Herr Dr. E. als Pressesprecher des Beklagten zu 2) auch Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) sein sollte. Unter Zugrundelegung des oben geschilderten Prüfungsmaßstabes zur Abgrenzung von Tatsachenbehauptung und Werturteil muss diese Äußerung in Abwägung mit dem Schutzgut der Klägerin als rechtmäßig angesehen werden. Die Formulierung über „undurchsichtige Machenschaften“ stellt sich als von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Kritik im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung vom August 2015 und der Äußerung von Herrn Prof. Dr. C., der Beklagte zu 2) wolle die Klägerin in die Insolvenz treiben und selbst die Mehrheit übernehmen oder an einen Wettbewerber verkaufen, dar. Vor allem aber steht die Aussage in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Trikot-Sponsoring von R. U. durch die Klägerin. Die Äußerung steht in Bezug zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Herrn Prof. Dr. C. sowie zu der Bewertung des Sponsoring als Untreue durch den Beklagten zu 2) und dessen insoweit mandatierten Rechtsanwalt. Dies stellt sich – wie oben ausgeführt – indes als zulässige rechtliche Wertung dar, was dann auch dafür gilt, dass Herr Prof. Dr. C1. O3. eines vom Beklagten zu 2) geplanten Coups sein solle, während er aus Sicht der Beklagten zu 1) und zu 2) in Wahrheit der Täter sei. Diese Wertung kann auch nicht als unzulässige Schmähkritik eingestuft werden, weil die konkrete Auseinandersetzung mit dem Verhalten von Organmitgliedern der Klägerin und deren Beurteilung durch die Beklagten zu 1) und zu 2) im Vordergrund stand.
l. Auf den Tatsachenvortrag der Klägerin im Zusammenhang mit Äußerungen des Beklagten zu 2) gegenüber Vertretern der Y.GmbH kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB nicht gestützt werden.
(1) Soweit die Klägerin ihren Vorwurf auf die ohnehin bestrittene Äußerung des Beklagten zu 2) gegenüber den Vertretern der Y.GmbH stützt, der Beklagte zu 2) habe zu viel Geld ausgegeben und sei mit einer überhöhten Unternehmensbewertung in das Unternehmen gelockt worden, vermag dies eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht begründen. Diese Äußerung stellt eine subjektive Bewertung des Beklagten dar, die Aktien der Klägerin seien überbewertet worden. Die Frage eines zu teuren Aktienkaufes kann ohne eine fundamentale Unternehmensbewertung, beispielsweise nach den Grundsätzen des Standards IDW S1 nur als subjektive Einschätzung und damit als Werturteil des Beklagten zu 2) eingestuft werden, zumal sich die Planannahmen der Klägerin tatsächlich als zu optimistisch herausstellten und sie die Planzahlen nach dem Eintritt der Beklagten zu 1) als Aktionärin verfehlte. Selbst wenn in dem Gespräch mit Herrn K. die Äußerung gefallen sein soll, der Beklagte zu 2) sei in das Unternehmen gelockt worden und habe viel zu viel Geld ausgegeben, bringt er damit seine subjektive Einschätzung zum Ausdruck, stellt aber keine unzutreffende Tatsachenbehauptung auf, nachdem dies nicht mit konkreten Zahlen untermauert worden war.
(2) Die vom Beklagten ohnehin bestrittene Ankündigung einer medialen Schmutzkampagne gegenüber Vertretern Y.GmbH kann gleichfalls keine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) beinhalten. Dabei muss nämlich beachtet werden, dass sämtliche Äußerungen des Beklagten zu 2) sowie von Personen, deren Verhalten sich die Beklagte zu 1) ebenso wie das Verhalten des Beklagten zu 2) als ihr Komplementär zurechnen lassen muss, rechtmäßig von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinungsäußerungen waren. Derartige Aussagen können dann aber auch nicht als mediale Schmutzkampagne ausgelegt werden. Wenn bestimmte Aussagen zulässig sind, wäre es mit der wertbildenden Bedeutung des Grundrechtes aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar, sie zur Grundlage einer Schadensersatzpflicht zu machen.
Dem kann namentlich auch nicht die Rechtsprechung des BGH entgegengehalten werden, wonach eine Partei zum Schadensersatz infolge abträglicher Meinungsäußerungen oder Werturteile im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG ebenso wie Tatsachenbehauptungen, selbst wenn diese wahr sind, verpflichtet sein kann, wenn sie von einer vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht umfasst sind (vgl. BGHZ 166, 84, 93 = NJW 2006, 830, 834 = ZIP 2006, 317, 320 = WM 2006, 380, 385 = MDR 2006, 940, 941 = JR 2007, 148, 152; Bachmann in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 241 Rdn. 107; auch Vossler in: BeckOGK BGB, Stand: 1.12.2021, § 134 Rdn. 343). Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ist nämlich ein sehr viel offenerer Tatbestand als eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht, weshalb die Grundrechte insoweit deutlich stärkeres Gewicht bei der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs wie der Treuepflicht gewinnen müssen. Eine Verschwiegenheitspflicht wie beispielsweise aus dem vertraglich abgesicherten Bankgeheimnis kann aus ihr ohne weitere Voraussetzungen, für die die Kammer hier nach dem Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte sieht, nicht abgeleitet werden.
m. Aus §§ 280 Abs. 1, 31 BGB kann wegen des Vorwurfs des Lancierens der Veröffentlichung einer Studie in der Fachzeitschrift HaMiPla der Anspruch nicht hergeleitet werden. Die Klägerin selbst geht lediglich davon aus, es sprächen gewichtige Gründe dafür, die Publikation sei vom Beklagten zu 2) lanciert worden. Aus einem Verdacht lässt sich aber kein Tatsachenvortrag herleiten, dass der Beklagte zu 2) die bereits im Jahr 2014 – also vor dem eigentlich Zerwürfnis zwischen der Beklagten zu 1) und der Klägerin im Jahr 2015 – durchgeführte Untersuchung mit einem für die Klägerin ungünstigen Ergebnis initiiert haben könnte. Zudem ist in der HaMiPla eine korrigierende Darstellung aufgenommen worden, weshalb die veröffentlichte Studie auch keine negativen Auswirkungen mehr haben kann und es folglich auch an der Kausalität fehlt.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 31 BGB zu. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Vorliegend kann aber von einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als absolut geschütztem Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB nicht ausgegangen werden.
a. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt die ungestörte Betätigung des Unternehmens in seinen Erscheinungsformen und umfasst alles, was in der Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des Betriebes ausmacht. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebes im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist somit all das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände. Allerdings genießt das im Unternehmen zusammengefasste Vermögen nicht generell den Schutz aus § 823 Abs. 1 BGB, sondern nur insoweit als ein betriebsnotwendiger Eingriff vorliegt, der nicht nur einzelne Rechtspositionen betrifft, die ohnehin deliktischen Schutz genießen und der bei Abwägung der konfligierenden Interessen im Einzelfall zu vermeiden war. Die Störung muss vielmehr einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellen. Durch den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich dabei aber gerade gegen eine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt wie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte ebenso wie die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich ist somit nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. nur BGHZ 193, 227, 232 f. = NJW 2012, 2579, 2580 = NZG 2012, 1061, 1062 = WM 2012, 1249, 1251 = MDR 2012, 763 f. – Ingo Steuer; NJW 2019, 781, 782 f. = WM 2019, 473, 474 f. = VersR 2019, 429, 430 = AfP 2019, 40, 42 = K& R 2019, 181, 182 = GRUR 2019, 313, 314 f. – Presserechtliches Warnschreiben; NJW 2018, 2877, 2879 f. = WM 2018, 1570, 1574 = VersR 2018, 950, 953 = WRP 2018, 833, 837 = K& R 2018, 489, 492 = GRUR 2018, 648, 652; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 823 Rdn. 368 und 370; Mansel in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, 823 Rdn. D 28).
b. Gemessen an diesen Grundsätzen kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht bejaht werden.
(1) Dies gilt zunächst für die insbesondere oben unter A. II. 1. l. angeführten Äußerungen des Beklagten zu 2). Diese stellten sich nämlich als durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt dar und können aus den genannten Gründen dann auch keine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin darstellen.
(2) Ebenso wenig begründen die Interviewaussagen des Beklagten zu 2) in den Zeitschriften „€.“ vom 26.4.2017 einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
(a) Die Äußerung des Beklagten zu 2, er habe sich in einem Menschen [scil. Prof. Dr. C.] geirrt, muss als zulässige Meinungsäußerung gesehen werden, selbst wenn durch die Bezugnahme auf den dortigen Aufsichtsratsvorsitzenden das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin betroffen sein sollte. Die Aussage zeigt in ihrem Gesamtzusammenhang unter Bezugnahme auf die Frage mit dem Hinweis auf Untreue, Verleumdung und Geheimnisverrat sowie die früher bestehende Freundschaft der beiden Herren, dass der Beklagte zu 2) hier eine Bewertung auch seines eigenen Verhaltens im Sinne einer Fehleinschätzung der Person von Herrn Prof. Dr. C. bekundete. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob sich der damalige Aufsichtsratsvorsitzende durch sein Verhalten strafbar gemacht hat oder nicht. Konkrete Tatsachen hat der Beklagte zu 2) nicht kundgetan, sondern sich auf eine allgemeine Feststellung beschränkt und zudem konkret geäußert, er wollte zum „Thema C.“ nichts mehr sagen.
(b) Nichts anderes gilt für die rechtliche Einordnung der Aussage, man solle Menschen meiden, die durch viele Rechtsstreitigkeiten schon vorher bekannt geworden seien. Die Äußerung, dass Herr Prof. Dr. C. bereits früher Rechtsstreitigkeiten geführt hatte, in denen es beispielsweise um die Zahlung einer Abfindung für die Beendigung eines Vorstanddienstvertrages ging, stellt sich als wahre Tatsachenbehauptung dar. Die damit in Zusammenhang stehende Äußerung, man solle solche Personen meiden, muss als von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschütztes Werturteil angesehen werden. Ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen aus den geschilderten Tatsachen gezogen werden, stellt sich als persönliche Schlussfolgerung und Empfehlung für das eigene Verhalten dar, nicht jedoch als (unwahre) Tatsachenbehauptung – einem Beweis ist die vom Beklagten zu 2) gezogene Schlussfolgerung jedenfalls nicht zugänglich.
(c) Die Aussage über falsch liegende Skeptiker und die Hoffnung, „U. C. kriege das Geld zusammen“ kann keinen Schadensersatzanspruch begründen, selbst wenn ihr die Tatsachenbehauptung zu entnehmen sein sollte, der damalige Aufsichtsratsvorsitzende befände sich in einem Liquiditätsengpass in Bezug auf die Fähigkeit, den im Kaufvertrag vom 21.12.2016 vereinbarten Kaufpreis am Fälligkeitstag bezahlen zu können. Mit dieser Äußerung ist nämlich das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht berührt. Diese Aussage hat ihre Grundlage in einem privatrechtlichen Kaufvertrag zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn Prof. Dr. C1. Die private Zahlungsverpflichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden und größten Aktionärs der Klägerin berührt indes nicht die Sozialsphäre der im Geschäftsleben tätigen Klägerin, sondern ausschließlich das Verhältnis ihrer Vertragspartner.
(3) Die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen in dem Interview mit „C.“ aus der Ausgabe vom 18.5.2017 rechtfertigt keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 31 BGB.
(a) Ein hinreichender Bezug auf die Klägerin kann diesen Äußerungen nicht entnommen werden, soweit es um Investments in Medikamentenentwicklungen geht, nachdem die Klägerin in dieser Branche nicht tätig ist. Medikamente sind nämlich Arzneimittel, die nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind, die zur Anwendung in oder am menschlichen (oder tierischen) Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher (oder tierischer) Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen (oder tierischen) Körper angewendet oder einem Menschen (oder einem Tier) verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Den von der Klägerin produzierten bioabsorbierbaren Implantaten wie Schrauben oder Pins fehlt dagegen die pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung. Vielmehr stellt die Klägerin Medizinprodukte im Sinne des Art. 2 Ziff. 1 der VO (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.4.2017 über Medizinprodukte her, nachdem die bioabsorbierbaren Implantate die Hauptwirkung nicht durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch über eine metabolische Wirkung erreichen. Vielmehr werden sie im Gewebe platziert, um Knochen oder Knochenstücke nach einer Fraktur stabil miteinander zu verbinden, weshalb sie als Medizinprodukte einzustufen sind, selbst wenn eine zweite Operation infolge der Absorption entbehrlich wirkt.
Angesichts dessen kann die Äußerung des Klägers über ein Investment in Medikamentenentwicklungen allenfalls als mehrdeutig bezeichnet werden, wenn sie sich entsprechend dem Vortrag der Klägerin auch auf diese beziehen sollte. Angesichts der Verwendung eines Synonyms für einen legal definierten Begriff ist es jedenfalls nicht fernliegend, dass sich die Äußerung der Beklagten zu 2) nicht auf die Klägerin bezieht. Ausgeschlossen werden kann es jedenfalls zur Überzeugung der Kammer nicht, zumal die Fragestellung sehr allgemein gehalten war und sich auf Fehlschläge des Beklagten zu 2) mit seinen Investments bezog. In einer solchen Situation kann darauf eine Schadensersatzpflicht aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls nicht gestützt werden. Müsste der sich Äußernde nämlich befürchten, wegen einer Deutung, die den gemeinten Sinn verfehlt, mit staatlichen Sanktionen wie einer Verurteilung zu Schadensersatz belegt zu werden, würden über die Beeinträchtigung der individuellen Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hieraus negative Auswirkungen auf die generelle Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit eintreten. Eine staatliche Sanktion könnte in einem solchen Fall wegen ihrer einschüchternden Wirkung die freie Rede, freie Information und freie Meinungsbildung empfindlich berühren und damit die Meinungsfreiheit in ihrer Substanz treffen (vgl. BVerfGE 43, 130, 136 = NJW 1977, 799, 800; BVerfGE 114, 339, 349 f. = NJW 2006, 207, 209 = AfP 2005, 544, 546 = WRP 2006, 61, 65; NJW 2018, 770, 771; Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 214).
(b) Die Formulierung in dem Interview, es habe Enttäuschungen, kein Vertrauen und das Gefühl gegeben, hintergangen worden zu sein, stellt sich als zulässige Meinungsäußerung dar. Die Frage, inwieweit es Enttäuschungen oder fehlendes Vertrauen gegeben habe, muss als persönliche Einschätzung angesehen werden und damit als Meinungsäußerung, nicht als Tatsachenbehauptung.
Dasselbe gilt für das Gefühl „hintergangen worden zu sein“. Damit wird gerade nicht zwingend die Behauptung aufgestellt, der Beklagte zu 2) bzw. die Beklagte zu 1) sei durch falsche Tatsachenbehauptungen zur Investition in die Klägerin bewegt worden. Jedenfalls ist eine Auslegung dergestalt möglich und durchaus nicht fernliegend, dass es sich dabei um einen subjektiven Eindruck des Beklagten zu 2) handelt, der dann aber als zulässige Meinungsäußerung einzustufen ist, zumal der Beklagte zu 2) in dem Interview nicht näher erläutert hat, durch welche konkreten Vorgänge dies geschehen sein soll.
Nichts anderes gilt für die Aussage, es sei bedauerlich, wenn sich Gründer und Investoren unterschiedlich informiert fühlen. Dadurch wird gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass es tatsächlich unterschiedliche Informationen gab. Zudem kann hier auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte zu 2) in dem Interview keine konkreten Tatsachen beschrieb, die zu diesem von ihm gezogenen Rückschluss führen könnten. Dann aber muss das Element der Meinungsäußerung gegenüber einer Tatsachenbehauptung überwiegen.
(4) Soweit der Kläger vorgetragen hat, der Beklagte habe gegenüber der Journalistin und früheren Programmdirektorin des Radiosenders Antenne Bayern, Frau I1. T2., behauptet, Herr Prof. Dr. C. schulde dem Beklagten zu 2) Geld und könne nicht zahlen, kann daraus kein Schadensersatzanspruch hergeleitet werden, ohne dass es der Einvernahme der vom Kläger angebotenen Zeugin I2. T. bedurft hätte, auch wenn der Beklagte bestritten hat, diese Äußerungen getätigt zu haben.
Auch wenn Herr Prof. Dr. C1. A5. bzw. später Vorstand und Aktionär der Nebenintervenientin war bzw. ist, kann nicht davon ausgegangen werden, eine private Zahlungsverpflichtung eines Organmitglieds oder gar nur eines Aktionärs der Klägerin könne für diese nachteilig oder schädlich sein. Wenn ein Organmitglied einer Aktiengesellschaft einem Dritten aus einem privaten Kaufvertrag Geld schulden sollte, ist dies für die Gesellschaft selbst ein neutraler Vorgang, selbst wenn die Verpflichtung aus einem Kauf von Aktien der Gesellschaft herrührt.
Die Aussage, Herr Prof. Dr. C. schulde aus dem Aktienkaufvertrag Geld, muss zudem angesichts der streitigen Auseinandersetzung der Parteien über das Bestehen von Zahlungsansprüchen als von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung angesehen werden. Dies gilt jedenfalls so lange, bis nicht rechtskräftig festgestellt wurde, inwieweit der Beklagten zu 1) ein Zahlungsanspruch aus dem Aktienkaufvertrag zusteht oder nicht. Die Frage des Bestehens oder auch Nichtbestehens eines Zahlungsanspruchs ist das Ergebnis einer juristischen Subsumtion aufgrund eines bestimmten Sachverhalts, der zwischen den Parteien im Einzelnen auch streitig sein kann. Mithin handelt es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung um einen subjektiven Rechtsstandpunkt, der von Herrn Prof. Dr. C. nicht geteilt wird, nachdem er die Auffassung vertritt, es gäbe keinerlei Zahlungsrückstände oder -verpflichtungen gegenüber dem Beklagten. Eine Rechtsansicht über das Bestehen eines Anspruchs ist keine nachprüfbare Tatsachenbehauptung, sondern stellt sich entsprechend den obigen Ausführungen zur Subsumtion als Ergebnis einer Sachverhaltsbewertung dar und damit um ein Werturteil, das nicht wahr oder falsch sein kann.
Ein solcher Schadensersatzanspruch besteht zudem aus einem weiteren Grund nicht, selbst wenn sich der Beklagte zu 2) insbesondere so geäußert haben sollte, Herr Prof. Dr C. könne nicht zahlen. Frau T. gehört als Ehefrau von Herrn Belà Anda, mit dem der Beklagte zu 2) – wenn auch nach seinem Vortrag gelegentlich – zusammenarbeitet, gleichfalls zu seinem Bekanntenkreis. Dann aber muss diese Äußerung noch als privilegiert angesehen werden. Bei Äußerungen gegenüber Familienangehörigen, aber auch gegenüber Personen, die in eine Sphäre fallen, die gegen die Wahrnehmung durch den Betroffenen oder Dritte abgeschirmt ist, tritt der Aspekt der Ehrverletzung des von der Äußerung Betroffenen gegenüber dem Gedanken der freien Entfaltung des sich Äußernden zurück. Derartige Äußerungen genießen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des Betroffenen vorgeht, selbst wenn eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit unzulässig wäre (vgl. BVerfG NJW 2007, 1194, 1195). Persönliche Indiskretionen im Freundes- oder Bekanntenkreis sind zu tolerieren, weil der Einzelne nicht zurückgezogen und ohne soziale Kontakte leben kann. (vgl. Klass in: Erman, BGB, 16. Aufl., Anhang zu § 12 – Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 120). Aus dem Vortrag der Klägerin ist zudem nicht hinreichend erkennbar, inwieweit Frau T. gegen die Vertraulichkeit einer Äußerung im privaten Kreis verstoßen haben könnte.
3. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) lässt sich nicht auf §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB stützen. Aufgrund von § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB trifft die Verpflichtung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens denjenigen, welcher gegen den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Eine solche Schutzgesetzverletzung kann hier durch den Beklagten zu 2) als Komplementär der Beklagten zu 1) nicht angenommen werden.
a. Der Beklagte hat gegenüber dem Nachrichtenmagazin „D. Sp.“ keine falschen Tatsachenbehauptungen aufgestellt, weshalb er weder den Straftatbestand der falschen Verdächtigung im Sinne des § 164 Abs. 1 und Abs. 2 StGB noch einen der Straftatbestände der üblen Nachrede oder Verleumdung im Sinne der §§ 186, 187 StGB verletzt hat, wobei vom Grundsatz her allerdings außer Frage steht, dass es sich bei den genannten Strafgesetzen um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (vgl. BGHZ 95, 212, 214 = NJW 1985, 2644, 2645 = GRUR 1986, 190, 192; Sprau in: Grüneberg, BGB, a.a.O., 823 Rdn. 70; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 823 Rdn. 596).
(1) Der Beklagte zu 2) hat jedoch in der Strafanzeige gegen Herrn Prof. Dr. C. keine falschen Tatsachenbehauptungen aufgestellt, wie bereits oben dargestellt wurde. Daher kann auch gegenüber dem Nachrichtenmagazin „D. Sp.“ in der Bezugnahme auf den Inhalt der Strafanzeige keine falsche Tatsachenbehauptung gesehen werden. In dem Unterlassen eines Hinweises auf das aus Sicht der Klägerin unzureichende Angebot der Klägerin kann nicht die Behauptung einer unwahren Tatsache durch Unterlassen gesehen werden. Die Problematik, ob dieses Angebot annahmefähig gewesen war, stellt sich als juristische Subsumtion dar, weshalb dies insoweit als rechtliche Wertung zu beurteilen ist. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass ein Kommunikationsdelikt, wie § 186 StGB oder § 187 StGB nicht durch Unterlassen begangen werden kann, weil Erfolg im Sinne des § 13 StGB an die Verletzung oder konkrete Gefährdung eines Rechtsgutsobjektes ist, weshalb die Möglichkeit der Begehung solcher Delikte durch Unterlassen ausgeschlossen ist (vgl. Altenhain CR 1997, 485 Fn. 9).
(2) Soweit es um den Tatvorwurf der falschen Verdächtigung im Sinne des § 164 Abs. 1 und Abs. 2 StGB geht, ist nicht erkennbar, dass der Beklagte zu 2) die Strafanzeige auf den Vorwurf der fehlenden Annahme des Angebots des Beklagten zu 2) gestützt hätte. Auch hier muss gelten, dass es sich bei § 164 StGB um ein Kommunikationsdelikt handelt und ein Unterlassen des Hinweises auf einen bestimmten Aspekt keine Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung begründen kann – wer nichts sagt, kann auch nicht verdächtigen. Zwar kann die Tat auch durch das Weglassen wesentlicher entlastender Gesichtspunkte begangen werden (vgl. Rahmlow in: Leipold/Tsambi-kakis/Zöller, AnwaltKommentar StGB, 3. Aufl., § 164 Rdn. 8.). Doch stehen die Kapitalerhöhung und die im Zusammenhang mit dem Sponsoring erhobenen Vorwürfe in keinem unmittelbaren Zusammenhang, weshalb von einer einheitlichen Tat im Sinne eines einheitlichen Lebensvorgangs nicht ausgegangen werden kann und das Nichterwähnen des Angebots keine Strafbarkeit durch Unterlassen begründen kann.
b. Eine Haftung der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin aus §§ 823 Abs. 2, 831 Abs. 1 BGB i.V.m. § 185 ff. StGB kann für die Äußerungen von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. in der „N. Pr.“ nicht in Betracht kommen.
(1) Zum einen kann der mandatierte Rechtsanwalt bereits nicht als Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 Abs. 1 BGB als einzig denkbarer Haftungsnorm für deliktisches Verhalten eines Dritten eingestuft werden. Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist nach dieser Vorschrift zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem anderen widerrechtlich zufügt. Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 Abs. I BGB ist nur, wer von den Weisungen des Geschäftsherren abhängig ist, wobei das Weisungsrecht nicht ins Einzelne gehen muss. Es genügt, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann (vgl. BGHZ 45, 311, 313 = NJW 1966, 1807, 1808; BGHZ 103, 298, 303 = NJW 1988, 1380, 1381; NJW 2014, 2797, 2798; Wagner in: Münchener Kommentar zum AktG, 8. Aufl., § 831 Rdn. 14). Zwar wird vor allem in der älteren Rechtsprechung angenommen, ein Rechtsanwalt könne Verrichtungsgehilfe des Mandanten sein, weil die Partei ihrem Anwalt jederzeit das Mandat beschränken oder entziehen und ihm auch in Bezug auf die Prozessführung Weisungen erteilen könne (so BGH BeckRS 1957, 31199918; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 363). Dieser Auffassung kann indes nicht gefolgt werden. Ungeachtet der Möglichkeit zur Weisungserteilung steht der Qualifizierung des Rechtsanwalts als Verrichtungsgehilfe des Mandanten dessen Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege entsprechend § 1, 3 BRAO ebenso entgegen wie dessen Möglichkeit der eigenständigen Festlegung von Zeit, Art und Umfang seines Tätigwerdens für den Mandanten. Zudem muss der Rechtsanwalt aufgrund von § 43 a Abs. 1 BRAO seine Unabhängigkeit wahren, weshalb er nicht Verrichtungsgehilfe des Mandanten sein kann (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 30.4.2020, Az: 2 O 387/14 – zitiert nach Juris; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 831 Rdn. 16; Wilhelmi in: Erman, BGB, a.a.O., § 831 Rdn. 6; Spindler in: BeckOGK BGB a.a.O., § 831 Rdn. 29; Teichmann in: Jauernig, BGB, 18. Aufl., § 831 Rdn. 6; Katzenmeier in: Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, a.a.O., § 831 Rdn. 23).
(2) Zum anderen können die Ausführungen von Herrn Rechtsanwalt Dr. St. nicht als gegen § 185 ff. StGB verstoßend angesehen werden. Die als Meinungsäußerung zu wertenden Aussagen sind nämlich – wie bereits oben dargestellt – vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt und können daher nicht das von §§ 185 ff. StGB geschützte Rechtsgut der persönlichen Ehre verletzen. Die Verwirklichung der Tatbestände der §§ 186, 187 StGB muss schon deshalb ausscheiden, weil es sich hier nicht um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt, die Voraussetzungen der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes von §§ 186, 187 StGB sind.
c. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 185 StGB kann auch nicht auf die Äußerungen von Herrn Dr. H. über Herrn Prof. Dr. C. als „Prinz Karneval“, über den „Status des Gehirns“ sowie die Sittenwidrigkeit des Beschlusses über die Kapitalerhöhung sowie das Tätigen „schmutziger Geschäfte“ gestützt werden, weil auch diese Äußerungen durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind. Auf die obigen Ausführungen unter A. II. 1. c. (3) wird zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen.
4. Eine Haftung der Beklagten zu 1) auf Schadensersatz resultiert nicht aus §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 und Abs. 1 BGB i.V.m. § 404 AktG, 17 UWG a.F., 266 StGB. Der Beklagte zu 2), für deren Handeln die Beklagte zu 1) über § 31 BGB einzustehen hätte, kann nicht als Anstifter zu einer vom Beklagten zu 3) zu verantwortenden Tat nach § 404 Abs. 1 AktG angesehen werden. Aufgrund von § 404 Abs. 1 AktG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrates bekannt geworden ist, unbefugt offenbart. Nach § 830 Abs. 2 BGB stehen Anstifter einem Mittäter gleich, deren Haftung auf § 830 Abs. 1 BGB beruht. Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist gem. § 830 Abs. 1 BGB jeder für den Schaden verantwortlich. Die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten zu 1) über §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 404 AktG als Anstifter ist indes nicht zu bejahen.
a. Dies gilt zunächst in Richtung auf die Weitergabe von Informationen des Beklagten zu 3) an den Beklagten zu 2) als persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten zu 1) über die vom Vorstand vorgeschlagene Ausnutzung genehmigten Kapitals im August 2015.
(1) Zwar muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 3) die entsprechende Information in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied erhielt, weil ihm als Aufsichtsrat die Beschlussvorlage zur Ausnutzung genehmigten Kapitals zur Zustimmung im Aufsichtsrat vom Vorstand übermittelt wurde. Zur Festsetzung der Ausgabebedingungen bedarf der Vorstand der Zustimmung des Aufsichtsrates gemäß § 204 Abs. 1 AktG.
(2) Allerdings vermag die Kammer nicht zu erkennen, inwieweit der Klägerin dadurch ein kausaler Schaden entstanden sein könnte. Das vom Beklagten zu 2) abgegebene Angebot wurde vom Vorstand nicht angenommen; vielmehr kam es zu der beabsichtigten Beteiligung der Y.GmbH als neue Aktionärin der Klägerin entsprechend den Vorstellungen und Vorgaben des Vorstandes. Dann aber kann die Information des Beklagten zu 2) durch den Beklagten zu 3) nicht als im Sinne der Äquivalenztheorie ursächlich für einen entstandenen Schaden angesehen werden. Denkt man sich die Information durch den Beklagten zu 3) weg, hätte sich an der Situation der Klägerin und der Zusammensetzung ihres Aktionariats nichts geändert, weil es dann in gleicher Weise zur Kapitalerhöhung durch die Ausgabe von Aktien an die Y.GmbH gekommen wäre.
Auch kann die Kammer nicht von dem für eine Haftung als Anstifter erforderlichen Vorsatz ausgehen. Der für die Beklagte zu 1) handelnde Beklagte zu 2) hätte also mit doppeltem Anstiftervorsatz sowohl in Bezug auf das eigene Tätigwerden als auch in Bezug auf den Tatbestand des § 404 AktG den Beklagten zu 3) dazu bestimmen müssen, ihm das Angebot zu übermitteln. Davon kann jedoch insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, mit dem sie den Vorsatz des Beklagten zu 2) begründet, nicht ausgegangen werden. Die Klägerin macht geltend, das Ziel der Beklagten zu 1) habe darin gelegen, die Mehrheit an der Klägerin zu erhalten. Die Mehrheit der Anteile gewährt aber nur dann einen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung, wenn mit ihr die Mehrheit der Stimmrechte verbunden ist. Dem steht indes die Regelung in § 4 Abs. 1 des zwischen Herrn Prof. Dr. C. und der Beklagten zu 1) am 17.12.2014 geschlossenen Vertrages entgegen, wonach die Beklagte zu 1) Herrn Prof. Dr. C. ermächtigte, im eigenen Namen das Stimmrecht für die durch den Vertrag vom 17.12.2014 zu erwerbenden oder zu zeichnenden Aktien auszuüben. Dann aber war das Ziel der Beklagten zu 1) gerade nicht darauf ausgerichtet, die Mehrheit an der Klägerin zu erwerben. Dieser Umstand spricht deutlich gegen die Annahme eines Vorsatzes im Sinne der §§ 830 Abs. 2, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG.
(3) Ebenso wenig ergibt sich ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 und Abs. 1 BGB i.V.m. 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., weil die Beklagte zu 1) über den Beklagten zu 3) ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis nicht durch eine der in § 17 Abs. 1 UWG a.F. bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung über § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG erlangt oder sich sonst verschafft oder gesichert hat. Zwar muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 3) als Mitglied des Aufsichtsrats tauglicher Täter im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG a.F. sein kann (so Tsambikakis in: Esser/Rübenstahl/Salinger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, 1. Aufl., § 17 UWG Rdn. 8; O. Hohmann in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., § 17 UWG Rdn. 11), wobei durchaus zweifelhaft ist, inwieweit diese Auslegung den Wortlaut unzulässig überdehnt, so dass § 17 UWG a.F. auf Mitglieder des Aufsichtsrates keine Anwendung finden kann, nachdem mit einem Mitglied des Aufsichtsrates kein Beschäftigungsverhältnis geschlossen werde und dieser nicht in die Arbeits- und Betriebsabläufe des Unternehmens eingebunden ist. Auch wenn Aufsichtsratsmitglieder eine Kontrollfunktion gegenüber der geschäftsführenden Unternehmensleitung ausüben, verrichten sie daher keine Arbeit, die ebenfalls von Beschäftigten des Unternehmens ausgeübt werden könnte. Einer entsprechenden Anwendung steht das strafrechtliche Analogieverbot entgegen (so Ernst in: jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 17 Rdn. 21; Wolters in: Teplitzky/Peifer/ Leistner, UWG, 2. Aufl., § 17 Rdn. 31).
Eine zum Schadensersatz führende Verletzung von § 17 Abs. 2 UWG muss jedoch auch deshalb ausscheiden, weil es auch hier an den bereits zu § 404 Abs. 1 AktG genannten Gründen an der Kausalität fehlt.
Angesichts dessen muss die Kammer nicht entscheiden, inwieweit ein Mitglied des Aufsichtsrates die Kommunikation mit einem Aktionär und gegebenenfalls wann und in welchem Umfang führen darf (vgl. hierzu Koch ZGR 2020, 183 ff.; Schäfer ZHR 2021, 226 ff.).
b. Aus der Weitergabe der Information an Herrn … kann eine Verletzung von § 404 Abs. 1 AktG nicht hergeleitet werden. Die Verletzung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses lässt sich nämlich nicht bejahen. Die Informationen, die Herr … vom Beklagten zu 3) erhielt, können nicht mehr als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ausgelegt werden.
(1) Als Geheimnis gelten alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Aktiengesellschaft stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und hinsichtlich derer ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht (vgl. BVerfGE 115, 205, 230 = MMR 375, 376; BGH NJW 2016, 2569, 2570 = NZG 2016, 910, 912 = AG 2016, 493, 495 = ZIP 2016, 1063, 1066 = WM 2016, 1031, 1034 = DB 2016, 1307, 1309 = BB 2016, 1421, 1423 = GmbHR 2016, 818 f. = MDR 2016, 779; Pelz in: Bürgers/Kober/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 404 Rdn. 2; Wittig in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 404 Rdn. 31; Hefendehl in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 404 Rdn. 30; Bernsmann in: H., Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 404 Rdn. 3).
(2) Ein Geheimnis kann vorliegend deshalb nicht angenommen werden, weil diese Tatsachen bereits für einen größeren Interessentenkreis ohne größere Schwierigkeiten zugänglich waren und sie damit offenkundig waren (vgl. BGH NJW 1958, 671; Raum in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 404 Rdn. 5). Vorliegend ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass die Informationen, die der Beklagte zu 3) an Herrn … übermittelte, bereits vor der Übermittlung der E-Mail an Herrn … an die Vertriebsmitarbeiter sowie den Vertriebspartner in der Türkei gegangen waren und damit bereits über diese Quelle jedem interessierten Dritten zugänglich waren. Hiervon gingen auch die Staatsanwaltschaft H., die Generalstaatsanwaltschaft Celle in ihren Verfügungen über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Beklagten zu 3, aber vor allem auch das Justizministerium des Landes Niedersachsen aus, in dessen Bescheid ausdrücklich angesprochen war, dass die Tatsache der weiteren Planung mit neuen Produkten, insbesondere auch die Erweiterung des Produkt-Portfolios als Geheimnis nicht mehr geheimhaltungsbedürftig, sondern offenkundig war. Das Justizministerium des Landes Niedersachsen verwies in diesem Zusammenhang namentlich auf den Stand der Homepage mit Speicherdatum 1.7.2015 sowie vor allem auch auf die Präsentation der Klägerin auf dem Chirurgenkongress am 2.6.2015 durch ein Vorstandsmitglied sowie eine Erklärung von Herrn Prof. Dr. C. vor der Presse am 2.7.2015, wonach die Klägerin den Roll-Out über die ganze Welt und alle Produktgruppen plane. Dann kann auch dies kein Geheimnis mehr gewesen sein, das der Beklagte zu 3) unbefugt offenbart haben könnte.
Gerade wenn die Vertriebsmitarbeiter wie auch der türkische Vertriebspartner bereits am 26.8.2015 über die neuen Kompressionsschrauben CS 2.3, CS 2.7, CS 3.2 und CS 4.7 informiert wurden und damit vor der am 27.8.2015 um 1.04 Uhr versandten E-Mail, kann es sich nicht mehr um ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis handeln. Die die Arbeitnehmer treffende arbeitsvertragliche Pflicht zur Verschwiegenheit (vgl. nur BAG NZG 2009, 669, 671 = AG 2009, 832, 834 = ZIP 2009, 2018, 2020 = DB 2009, 1131, 1133 = NZA 2009, 855, 857 f. = AG BetrVG 1952 § 103 Nr. 58; NJW 2015, 109, 111 = DB 2014, 2777, 2779 = NZA 2014, 1258, 1260 = AP BGB § 626 Nr. 247; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Aufl., § 611 a Rdn. 710) lässt sich dem nicht entgegenhalten, weil es gerade die Aufgabe der Mitarbeiter im Vertrieb ist, die Produkte der Klägerin abzusetzen, weshalb sie nahezu zwingend potentielle Kunden über das vorhandene Produktportfolio auf deren Anfrage hin informieren müssen. Das im Zeitpunkt des Verfassens der E-Mail durch den Beklagten zu 3) nicht mehr vorliegende Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis wird auch durch die Pressekonferenz der Klägerin am 1.7.2015 bestätigt, auf welcher Herr Prof. Dr. C. als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender ein Kästchen mit Schrauben in die Kamera hielt, die unterschiedliche Größen hatten und in ihrer Relation zueinander sehr wohl zu den verfügbaren Größen entsprechend der E-Mail des Beklagten zu 3) passen. Die Präsentation auf dem Chirurgenkongress vom 2.6.2015 entspricht im Kern der Aussage in der E-Mail des Beklagten zu 3) an Herrn … D3. aber konnte der Beklagte zu 3) auch keine Geheimnisse mehr an einen Vertreter des Wettbewerbers A. Inc. weitergeben. Folglich fehlt es an einer akzessorischen Haupttat, zu der der Beklagte zu 2) mit Zurechnung an die Beklagte zu 1) hätte anstiften können.
c. Ebenso wenig lässt sich eine Haftung aus §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 und Abs. 1, 31 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB begründen. Es ist nicht erkennbar, inwieweit der Beklagte zu 2) dem Beklagten zu 3) bei der Erstellung der Information über das Angebot zur Ausgabe von Aktien zu einem Preis von € 12,- je Aktie vorsätzlich Hilfe geleistet habe oder ihn dazu angestiftet haben sollte. Zum anderen fehlt es auch hier an der Kausalität, nachdem das Angebot des Beklagten zu 2) nicht angenommen wurde.
5. Auf § 824 Abs. 1 BGB kann die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) nicht stützen, weil die Tatbestandsmerkmale dieser Norm nicht erfüllt sind. Diese Vorschrift setzt voraus, dass jemand der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Allerdings findet § 824 BGB Anwendung nur auf unwahre Tatsachenbehauptungen, schützt indes nicht gegen Meinungsäußerungen und Werturteile oder wahre Tatsachenbehauptungen, selbst wenn diese abwertend sein sollten (vgl. BGHZ 45, 296, 305 f. = NJW 1966, 1617, 1618 – Höllenfeuer; BGHZ 166, 84, 108 = NJW 2006, 830, 839 = ZIP 2006, 317, 327 = WM 2006, 380, 390 f. = JR 2007, 148, 155; BGH NJW 2011, 2204, 2205 = WM 2011, 1187, 1188 = DB 2011, 873 = DB 2011, 1169 = AfP 2011, 259, 260 = DZWIR 2011, 417; NJW 2020, 1587, 1588 = ZIP 2020, 464, 466 = WM 2020, 1738, 1740 = WRP 2020, 483, 485 = K& R 2020, 289, 290 = CR 2020, 405, 406; Hager in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, 824 Rdn. 1; Palandt/Sprau, BGB, a.a.O., § 824 Rdn. 1; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 824 Rdn. 15). Vorliegend kann aus den oben unter A. II. 1. genannten Gründen jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1) unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet hätte.
6. Der Klägerin steht aus §§ 826, 31 BGB kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) zu. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen nach dieser Vorschrift zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung kann hier indes nicht ausgegangen werden.
a. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen allerdings nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (vgl. BGH NJW 2014, 1380 = WM 2013, 23, 22 f. = ZIP 2013, 2466, 2467 = DB2013, 2737 f. =VersR 2014, 112, 113 = MDR 2014, 88, 89; NJW 2017, 250, 251 = NZG 2016, 1346, 1347 = ZIP 2016, 2023, 2024 = WM 2016, 1975, 1977 = DB 2016, 2405, 2406 f. = BB 2016, 2632, 2633 = VersR 2016, 1519, 1521; Grüneberg/ Sprau, a.a.O., § 826 Rdn. 4).
b. Das Verhalten des Beklagten zu 2), das sich die Beklagte zu 1) über § 31 BGB zurechnen lassen müsste, ist rechtmäßig oder jedenfalls nicht kausal, soweit es um die Information des Beklagten zu 2) durch den Beklagten zu 3) über die Bedingungen zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals geht. Aus einem rechtmäßigen Verhalten lässt sich eine sittenwidrige Schädigung nicht herleiten, weil dies gerade nicht als verwerflich bezeichnet werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, aus der Gesamtschau des Verhaltens der Beklagten zu 1) und ihres persönlich haftenden Gesellschafters ergäbe sich das Ziel der Schädigung der Klägerin. Ein rechtmäßiges Verhalten kann nicht dadurch den Makel der Sittenwidrigkeit erhalten, dass eine Vielzahl von Handlungen erfolgte, wobei jede einzelne Handlung rechtmäßig war.
7. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch aus §§ 117 Abs. 1 Satz 1 AktG, 31 BGB zu. Wer vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft, ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln, ist der Gesellschaft aufgrund von § 117 Abs. 1 Satz 1 AktG zum Ersatz des ihr daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Indes lässt sich ein derartiger Anspruch aus § 117 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht bejahen, auch wenn sie sich das Verhalten ihres persönlich haftenden Gesellschafters zurechnen lassen muss. Es kann nicht von einer Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten zu 1) ausgegangen werden. Dies würde aber die Haftung aus § 117 Abs. 1 AktG zwingend erfordern, was auch ohne besondere gesetzliche Anordnung aus dem deliktsrechtlichen Charakter der Norm folgt (vgl. nur LG München I; Beschluss vom 20.5.2021, Az. 5HK O 5027/18; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 117 Rdn. 6; Schall in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 117 Rdn. 21; Witt in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 117 Rdn. 9; Kort in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 177 Rdn. 155; Mertens/Cahn in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 117 Rdn. 22). Inwieweit im Rahmen des § 117 AktG eine Zurechnung anderer Personen als die ihres Komplementärs erfolgen kann, muss nicht entschieden werden, weil auch die anderen handelnden Personen keine rechtswidrigen Handlungen begangen haben, wie oben eingehend unter A. II. 1. dargestellt wurde.
III.
Die Zahlungsklage gegen den Beklagten zu 2) ist nicht begründet.
1. Soweit er als Komplementär der Beklagten zu 1) aufgrund von §§ 161 Abs. 2, 128 Satz 1 HGB in Anspruch genommen wird, scheitert seine Haftung bereits daran, dass die Beklagte zu 1) nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist und die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft immer nur dann eingreifen kann, wenn auch die KG haftet. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall.
2. Der Beklagte zu 2) haftet für die von ihm getätigten Äußerungen aber auch nicht persönlich aus §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 824 und 826 BGB, weil er keine unerlaubte Handlung begangen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die obigen Ausführungen unter A. II. Bezug genommen werden.
IV.
Die sich gegen den Beklagten zu 3) auf Schadensersatz richtende Zahlungsklage ist jedoch nicht begründet, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zusteht. Dabei ist die Kammer befugt, alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu überprüfen, also auch diejenigen, die sich nicht auf unerlaubte Handlung stützen. Zwar wird zum Teil die Ansicht vertreten, das angegangene Gericht dürfe sich nur für den Klagegrund als zuständig ansehen, hinsichtlich dessen die Zuständigkeitsvoraussetzungen des besonderen Gerichtsstandes erfüllt seien, nicht aber die konkurrierenden Klagegründe (so Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, a.a.O., § 12 Rdn. 11, Patzina in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 12 Rdn. 50 f.). Dem kann indes nicht gefolgt werden. Den in einem besonderen Gerichtsstand angerufenen Gericht kommt eine umfassende Kompetenz zur Entscheidung über den einheitlichen prozessualen Anspruch im Sinne des Streitgegenstandes unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt kraft Sachzusammenhangs zu. Hierfür spricht namentlich die Wertung aus § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass das Interesse an einer möglichst schnellen, einfachen und vor allem umfassenden Beilegung des Rechtsstreits höher zu bewerten ist als das Anliegen, das Bestehen von Rechten stets von demjenigen Gericht entscheiden zu lassen, das zu der jeweiligen Rechtsmaterie die engsten Beziehungen hat. Dieser Grundgedanke kann auch bei der Anwendung von § 32 ZPO nicht unberücksichtigt bleiben, nachdem auch bei der örtlichen Zuständigkeit die durch § 17 Abs. 2 GVG im Sinne der Prozessökonomie gelöste Interessenlage besteht. Auch hier könnte es anderenfalls dazu kommen, dass derselbe Streitgegenstand mehrfach Gegenstand eines Rechtsstreits werden kann. Nicht entscheidend kann dagegen sein, dass ein Kläger die Möglichkeit hat, eine einheitliche Entscheidung über alle Anspruchsgrundlagen herbeizuführen; für ihn mag auch eine „zweite Chance“ verlockend sein. Demgegenüber ist ein Beklagter berechtigterweise daran interessiert, gerade nach einer Klageabweisung nicht erneut mit einer Klage konfrontiert zu werden, die auf demselben Lebenssachverhalt im Sinne des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs beruht. Daher liegt in der umfassenden Entscheidungskompetenz des Gerichts auch keine unberechtigte Bevorzugung der klagenden Partei. Auch besteht nicht die Gefahr einer missbräuchlichen Erschleichung von Zuständigkeiten, nachdem der Kläger stets einen Anspruch aus unerlaubter Handlung darlegen muss (so wie h.M.; vgl. BGHZ 153, 173, 176 ff. = NJW 2003, 828 ff. = ZIP 2003, 1860, 1861 ff. = MDR 2003, 345 f. = JR 2003, 374, 375 f.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 21.02.2013, Az. 1 (7) Sa 1/13; Schultzky in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 12 Rdn. 20; Kiethe NJW 2003, 1294 ff).
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 3) kein Zahlungsanspruch aus § 116 Satz 1 und Satz 2 AktG i.V.m. § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG zu, weil die Voraussetzungen von § 116 Satz 1 und Satz 2 AktG nicht erfüllt sind. Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt aufgrund von § 116 Satz 1 AktG die Vorschrift des § 93 AktG mit Ausnahme von Abs. 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß. Verletzen somit Aufsichtsratsmitglieder ihre Pflichten, so sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Aufgrund von § 116 Satz 2 AktG sind Aufsichtsratsmitglieder insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Neben den in § 116 Satz 2 AktG ausdrücklich genannten Berichten und Inhalt der Beratungen unterliegen darüber hinaus aber alle Informationen, deren Geheimhaltung erkennbar im objektiven Gesellschaftsinteresse liegt und die bislang allenfalls einem beschränkten Personenkreis bekannt sind, also auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 72, 74 = AG 2007, 218, 219; Habersack in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 116 Rdn. 55; Grigoleit/Tomasic in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl., § 116 Rdn. 17; Hopt/Roth in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 116 Rdn. 195; Sailer-Coceani in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 93 Rdn. 23; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 7. Aufl., § 6 Rdn. 259).
a. Allerdings kann aus den bereits oben genannten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass vorliegend dem Zeitpunkt des Versands der E-Mail an Herrn … noch ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis vorlag.
b. Ebenso wenig kann ein Anspruch gegen den Beklagten zu 3) aus der Mitteilung an den Beklagten zu 1) im Zusammenhang mit der Ausnutzung des „Genehmigten Kapitals 2015“ aus § 116 Satz 1 AktG abgeleitet werden. Angesichts der Annahme des Angebots der Y.GmbH unter Ablehnung des Angebots des Beklagten zu 2) durch den Vorstand kann der Klägerin kein kausaler Schaden entstanden sein. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen unter A. II. 4. a. Bezug genommen.
2. Die Klägerin kann vom Beklagten zu 3) auch nicht Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB verlangen, weil er keine Pflichten aus einem zwischen diesen Parteien bestehenden Schuldverhältnis verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung lässt sich nicht aus vertraglichen Vereinbarungen oder der aktienrechtlichen Treuepflicht herleiten. Den Beklagten zu 3) traf keine Pflicht zur Veräußerung der von ihm gehaltenen Aktien oder zur Übertragung der beiden von ihm gehaltenen Wandelschuldverschreibungen.
a. Aus dem Aktienkaufvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 21.12.2016 kann eine Veräußerungspflicht nicht begründet werden, weil der Beklagte zu 3) ebenso wenig wie die Klägerin Vertragspartner waren. Eine Verpflichtung übernahm in diesem Vertrag nur die Beklagte zu 1) im Sinne eines Einwirkens auf den Beklagten zu 3) in Richtung auf einen Verzicht aus Rechten aus einer vom Landgericht Hamburg erlassenen Einstweiligen Verfügung, nicht jedoch in Richtung auf eine Veräußerung der Aktie oder der beiden Wandelschuldverschreibungen. Aus einer Störung oder gar dem Wegfall der Geschäftsgrundlage dieses Vertrages kann aufgrund der Wertung in § 313 BGB, wonach regelmäßig eine Anpassung des Vertragsinhalts und nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen eine Vertragsauflösung gemäß § 313 Abs. 3 BGB verlangt werden kann, jedoch kein Schadensersatz von einer am Vertrag nicht beteiligten Person. Angesichts dessen muss die Kammer nicht entscheiden, inwieweit die Verpflichtung zur Veräußerung der Aktie des Beklagten zu 3) Geschäftsgrundlage des Aktienkaufvertrages wurde oder nicht.
b. Die aktienrechtliche Treuepflicht gebietet es nicht, dass der Beklagte zu 3) seine Aktie und die Wandelschuldverschreibungen an einen Dritten überträgt.
(1) Beim Anteilshandel treffen den Aktionär bereits nach zutreffender h.M. keine Rücksichtnahmepflichten dergestalt, dass ein Kontrollaktionär beispielsweise an einen Erwerber, der an einer Ausbeutung der Minderheit interessiert ist, nicht verkaufen dürfe; hierfür kann es keine tragfähige Ableitungsbasis geben (vgl. Fleischer in: Schmidt/Lutter, AktG a.a.O., § 53 a Rdn. 56a; auch Baums ZIP 1989, 1376, 1379; O4. AG 1994, 167, 169 f.). Eine derartige Pflicht stünde zudem im Widerspruch zum Grundsatz der Vertragsfreiheit, aus dem sich auch ergibt, einen bestimmten Vertrag nicht abschließen zu müssen. Ein zumindest mittelbarer Kontrahierungszwang kann aus der aktienrechtlichen Treuepflicht nicht hergeleitet werden; eine solche Pflicht zur Desinvestition wäre mit dem Grundsatz der freien Übertragbarkeit gerade nicht zu vereinbaren (vgl. Henze/Notz in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Anh. § 53 a Rdn. 113). Zudem würde eine solche Verpflichtung gegen den in §§ 54, 55 AktG verankerten Grundgedanken verstoßen, dass namentlich vermögensrelevante Verpflichtungen abschließend in diesen Normen verankert sind und aus diesen Vorschriften hervorgehen müssen, weshalb auch die Herleitung weiterer Nebenpflichten aus der Treuepflicht allenfalls sehr zurückhaltend möglich ist (vgl. Henze/Notz in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Anh. 53 a Rdn. 81; im Grundsatz auch Wienecke/Fett NZG 2007, 774, 778).
(2) Aus dem weiteren Halten der Wandelschuldverschreibungen lässt sich keine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB ableiten. Dies resultiert zum einen aus der Erwägung heraus, dass eine Wandelschuldverschreibung dem Aktionär zunächst ausschließlich Gläubigerrechte gewährt, aber bis zur späteren Ausübung des Wandlungsrechts keinerlei mitgliedschaftliche Rechte und Pflichten (vgl. Habersack in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 221 Rdn. 27; Seiler in: BeckOGK AktG, a.a.O., § 221 Rdn. 9; auch BGHZ 119, 305, 309 ff. = NJW 1993, 57, 58 = AG 1993, 125 f = ZIP 1992, 1552, 1543 = BB 1993, 451 f. für den vergleichbaren Fall des Genussrechts). Im konkreten Fall muss zum anderen aber auch berücksichtigt werden, dass selbst bei einer Umwandlung der Wandelschuldverschreibung des Beklagten zu 3) – wie die Klägerin selbst vorgetragen hat – der Beklagte zu 3) keine Aktien und damit auch keine Mitverwaltungsrechte, wie das Stimmrecht in der Hauptversammlung erlangen könnte.
c. Ebenso wenig kann aus der aktienrechtlichen Treuepflicht oder auch aus der Verpflichtung als (ehemaliges) Mitglied des Aufsichtsrats hergeleitet werden, der Beklagte zu 3) habe sich pflichtwidrig verhalten, als er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Geheimnisverrats stellte. Hier gelten dieselben Überlegungen, die oben bei der Erstattung einer Strafanzeige angestellt wurden, in gleicher Weise.
d. Die Ausübung des Fragerechts in der Hauptversammlung der Gesellschaft durch einen Bevollmächtigten von Herrn R3. S1. kann auch dann nicht als Verletzung der Treuepflicht des Beklagten zu 3) angesehen werden, selbst wenn Herr SC. die Informationen durch den Beklagten zu 3) erhalten haben sollte. Die Ausübung des Fragerechts aus § 131 Abs. 1 AktG ist ein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Recht eines jeden Aktionärs, wobei es auch zulässig sein muss, im Vorfeld der Hauptversammlung einen anderen Aktionär über eine sich gegen den Beklagten zu 3), also den Aktionär, richtende eine Klage der Aktiengesellschaft zu informieren, so dass dieser dann entsprechend auch Fragen im Zusammenhang mit einem rechtshängigen Verfahren stellen kann. Die gegen einen Aktionär gerichtete Klage stellt sich für diesen nicht als geheimhaltungsbedürftige Tatsache dar, weshalb er auch einen anderen Aktionär, der zudem früher dem Vorstand der Klägerin angehörte, hierüber informieren darf.
e. Die Kammer erkennt keinen eine Pflichtwidrigkeit begründenden Vortrag der Klägerin darin, dass es Anzeichen für eine massive Einflussnahme auf Mitarbeiter der Klägerin durch den Beklagten zu gegeben haben könnte.
(1) Zum einen wird der Vortrag bereits nicht hinreichend substantiiert sein, nachdem Mitarbeiter namentlich nicht benannt wurden. Abgesehen davon kann keine Kausalität zwischen dem Abwerben und den geltend gemachten Schäden bejaht werden. Die bezifferten Schäden beruhen im Wesentlichen auf Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit Hauptversammlungen sowie auf Kosten für die Beauftragung einer Medienagentur nach Äußerungen des Beklagten zu 2), wobei es keinerlei Zusammenhang mit Mitarbeitern der Klägerin gab.
(2) Soweit es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und Herrn Dr. Bu. geht, gelten dieselben Erwägungen zur Kausalität. Die Rechnungen der von der Klägerin mandatierten Rechtsanwaltskanzlei Graf Kanitz, Sü. & Partner standen auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ausschließlich in Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Hauptversammlung; nicht erfasst sind davon aber Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis mit Herrn Dr. Bu. und dessen Beendigung. Abgesehen davon ist der als Anlage K 170 vorgelegten E-Mail von Herrn Dr. Bu. nicht zu entnehmen, dass der Beklagte zu 3) Auslöser des Konflikts mit dem Vorstand gewesen sein könnte. Vielmehr schildert Herr Dr. Bu. hier ebenso wie Herr H1. M4. als Vorstand ihre Sicht eines bestehenden Konflikts zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Eine Beteiligung des Beklagten zu 3) oder auch des Beklagten zu 1) an der Beendigung des Dienstverhältnisses ist daraus nicht zu entnehmen.
Angesichts dessen kann weder die Beklagte zu 1) noch den Beklagten zu 2) aufgrund dieses Sachvortrages zur Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Herrn Dr. Bu. eine Haftung treffen.
B.
Der Feststellungsantrag ist nur zum Teil zulässig und im Umfang seiner Zulässigkeit unbegründet.
I.
1. Die Feststellungsklage ist in ihrem Antrag 2. s. sowie in Richtung auf die Feststellung der Ersatzpflicht künftiger immaterieller Schäden unzulässig. Nur über diesen im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Antrag kann entschieden werden, weil die Eingrenzung erst durch den nicht nachgelassenen und daher nicht zu berücksichtigenden Schriftsatz vom 25.10.2021 erfolgte.
a. Die Feststellungsklage ist in Bezug auf den Klageantrag 2. s. wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig. Der Antrag erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 253 II Nr. 2 ZPO, wonach die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss.
(1) Ein Klageantrag ist dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Antrag konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis im Sinne des § 308 ZPO absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt (vgl. BGHZ 153, 69, 75 = NJW 2003, 668, 669 = GRUR 2003, 228, 229; NJW 2013, 1367, 1368 = NZM 2013, 422, 423; NJW-RR 2019, 398, 399 = NZM 2019, 171; BAG NJW 2012, 250, 251 = BB 2012, 3212, = NZA 2011, 1169, 1171 = AP GG Art. 9 Nr. 148; Becker/Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 253 Rdn. 88; Greger in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 253 Rdn. 13; Foerste in: Musielak/Voit, ZPO, a.a.O., § 253 Rdn. 29).
Die im Einzelnen an die Konkretisierung des Streitgegenstandes zu stellenden Anforderungen hängen dabei auch von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses der Antragsgegner, sich gegen den Antrag erfolgreich verteidigen zu können, sowie dem Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen.
(2) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes kann die hinreichende Bestimmtheit nicht bejaht werden. Die Formulierung „jedwede weiteren Handlungen oder Erklärungen des Beklagten im Rahmen der streitgegenständlichen Marodierungs-Kampagne gegen die Klägerin“ lässt nicht erkennen, welche konkreten Handlungen zum Gegenstand des Feststellungsantrags gemacht werden sollen. Damit aber wird nicht erkennbar, aus welchen konkreten Verhaltensweisen der Beklagten der Klägerin möglicherweise noch entstehenden weiteren Schäden gemeint sein sollen; dies wäre jedoch erforderlich, um von einem hinreichend bestimmten Feststellungsantrag ausgehen zu können (vgl. BGH NJW 1983, 2247, 2250 = MDR 1983, 661, 662). Der Begriff der „Marodierungs-Kampagne“ lässt sich nicht umgrenzen. Er ist abgeleitet aus dem Sprachgebrauch der Soldaten, die als „Marodieren“ das Plündern als Nachzügler einer Truppe bezeichnen. (vgl. Duden, Wörterbuch, „Marodieren“). Welche konkreten Verhandlungen damit aber zur Grundlage einer Schadensersatzpflicht gemacht werden sollen, kann dieser Metapher nicht entnommen werden. Ein bestimmtes Rechtsverhältnis wird damit gerade nicht eingegrenzt, was indes erforderlich wäre, um namentlich die materielle Rechtskraft eines entsprechenden Urteils bestimmen zu können. Der Feststellungsantrag lässt in Bezug auf die Marodierungs-Kampagne nicht erkennen, an welchen konkreten Äußerungen oder sonstigen Handlungen der Beklagten der Klägerin möglicherweise ein Schaden entstehen soll, zumal auch kein Zeitraum eingegrenzt wird, auf den sich die Marodierung beziehen soll. In allen anderen Anträgen dagegen beschreibt die Klägerin bestimmte Handlungen als Grundlage der Verpflichtung zum Schadensersatz. Dann aber können diese gerade nicht mit dem Antrag unter 2. s. gemeint sein. Vielmehr müsste es andere Handlungen der Beklagten gegeben haben, die in dem Antrag aber nicht näher beschrieben werden und nun zur Grundlage einer künftigen Ersatzpflicht werden sollen.
b. Die Feststellungsklage ist im Hinblick auf die Geltendmachung immaterieller Schäden der Klägerin unzulässig, weil insoweit ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO nicht bejaht werden kann. Die Art des geltend gemachten Schadens schließt es vorliegend nämlich aus, einem Feststellungsantrag zugänglichen Schaden der Klägerin hier zu bejahen. Sie verlangt Ersatz immaterieller Schäden, die ihr als juristischer Person indes nicht zustehen können. Aufgrund von § 253 Abs. 1 BGB kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Ist wegen einer Verletzung der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich indessen nicht um ein Schmerzensgeld im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Er findet seine Rechtfertigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde, (vgl. BGHZ 165, 203, 204 f. = NJW 2006, 605, 606 f. = AfP 2006, 67, 68 = MDR 2006, 930 = ZUM 2006, 211 = GRUR 2006, 252, 253; NJW 2014, 2029, 2034 = GRUR 2014, 693, 698). Allerdings kann der Klägerin als juristischer Person des Privatrechtes kein Anspruch auf immaterielle Geldentschädigung im dargestellten Sinne zustehen. Dieser Anspruch ergibt sich entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung in der Literatur (vgl. Rixecker Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 12. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 375) nicht aus dem Umstand, dass auch Kapitalgesellschaften entsprechend den obigen Ausführungen unter A. II. 1. b. (1) Ehrenschutz genießen können. Die Anerkennung eines Persönlichkeitsschutzes für Unternehmen führt aber angesichts der Ableitung dieses Rechts, insbesondere aus Art. 1 Abs. 1 GG, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist, nicht dazu, dass einer juristischen Person auch immaterielle Geldentschädigung zuzusprechen wäre. Juristische Personen können nicht Träger der Menschenwürde sein, weil sich diese ausschließlich auf Angehörige der menschlichen Gattung bezieht (vgl. nur BVerfGE 149, 160, 190 = NVwZ 2018, 1788, 1789; Herdegen in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, a.a.O., Art. 1 Abs. 1 Rdn 72; Höfling in: Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 1 Rn 66; Hillgruber in: BeckOK GG, 49. Edition; Stand 15.11.2021, Art. 1 Rdn. 6); der Schutz der Menschenwürde knüpft an Eigenschaften, Äußerungsformen oder Beziehungen an, die nur natürlichen Personen wesenseigen sind; eine korporative Betätigung der Menschenwürde ist ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 95, 220, 242 = NJW 1997, 1841, 1844; BVerfGE 106, 28, 42 = NJW 2002, 3619, 3622 = WM 2002, 2290, 2293 = AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 34 = AfP 2003, 36, 39; NJW 1989, 857, 860).
Auch die Funktion der immateriellen Geldentschädigung steht der Anerkennung eines solchen Anspruchs zugunsten einer juristischen Person entgegen. Diese soll nämlich der verletzten Person Genugtuung verschaffen. Genugtuung kann eine solche Entschädigung aber nicht der Klägerin selbst, sondern nur den für sie handelnden Personen verschaffen. Nur aus einem Genugtuungsbedürfnis der Person, nicht aus den Verhältnissen der Klägerin, ließe sich ein schutzwürdiges Interesse an einer solchen Entschädigung herleiten. Für eine Verstärkung des Entschädigungsanspruches von persönlich Betroffenen auch durch eigene Ansprüche der Gesellschaft besteht indes kein unabweisbares Interesse als unabdingbare Voraussetzung für eine Entschädigung für Rufbeeinträchtigungen (vgl. BGHZ 78, 24, 28 = NJW 1980, 2807, 2810 = ZIP 1980, 886, 896 – Medizin-Syndikat I; OLG München AfP 2003, 359,360 = MDR 2003, 1418 OLG Hamm, Urteil vom 12.8.2015, Az: 3 U 70/33 – zitiert nach Juris; Klass in: Erman, BGB, a.a.O., Anhang zu § 12 – Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rdn. 68).
2. Im Übrigen ist der Feststellungsantrag in seinen sich auf die materielle Schadensersatzpflicht beziehenden Anträge 2. a. bis r. zulässig.
a. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis muss vorliegend bejaht werden. Bei der Frage, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch zusteht, handelt es sich zweifellos um die Beziehung einer Person zu einer anderen Person, die ein subjektives Recht enthält (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 256 Rdn. 3 und 4).
b. Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO liegt ebenfalls vor. Dem subjektiven Recht der Klägerin droht eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch, dass die Beklagten ihre Schadensersatzpflicht ernstlich bestreiten und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NZG 2017, 1219, 1220 = AG 2017, 814, 815 = ZIP 2017, 1902, 1903 = WM 2017, 1940, 1942 = DB 2017, 2344, 2345 = BB 2017, 2507, 2508 = NJW-RR 2017, 1317, 1318; Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 256 Rdn. 7; Seiler in: ./Putzo, ZPO, 42. Aufl., § 256 Rdn 15; Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 256 Rdn. 42; Bacher in: BeckOK ZPO, 42. Edition, Stand: 1.9.2021, § 256 Rdn. 20).
II.
Der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Antrag der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) ist im Umfang seiner Zulässigkeit nicht begründet.
1. Es besteht gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht in Bezug auf weitere künftige materielle Schäden zugunsten der Klägerin.
a. Soweit es um die Äußerungen in den Anträgen 2. a. bis k., m., o. und p. geht, kann im Wesentlichen auf die obigen Ausführungen zum Zahlungsantrag unter A. II. Bezug genommen werden, wo ausgeführt wurde, warum der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zustehen kann. Die Erwägungen gelten in derselben Art und Weise auch für die Feststellungsanträge. Ergänzend ist in Bezug auf den Antrag 2. i. lediglich noch auszuführen, dass es sich bei der Äußerung über das Erfordernis der Zustimmung des Aufsichtsrates zu dem Sponsoringvertrag um eine rechtliche Bewertung handelt, inwieweit die Voraussetzungen von § 114 AktG oder § 4 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Vorstand der Klägerin erfüllt sind oder nicht. Eine solche rechtliche Bewertung stellt sich indes nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als zulässiges Werturteil im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Auch Äußerungen in Bezug auf einen denkbaren Interessenkonflikt müssen als zulässige Bewertung der Organstellung von Herrn Prof. Dr. C. wie auch seiner Ehefrau bei der Klägerin und auch bei R. U. und damit als durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte zulässige Meinungsäußerung angesehen werden. Es geht erkennbar darum, dass das Ehepaar C. bei beiden juristischen Personen wichtige Organfunktionen ausübte – daraus kann ein Interessenkonflikt abgeleitet werden, selbst wenn beide unmittelbar am Vertragsabschluss nicht beteiligt waren. Ebenso wenig kann darin eine Schmähkritik gesehen werden.
b. Mit Blick auf den Antrag 2. l. in Bezug auf die Weitergabe von Unterlagen an die Journalisten J. Gä. von . und U. Ri. von der „.“ ist nicht erkennbar, dass es zu einer konkreten Verletzungshandlung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB gekommen sein könnte, die sich auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse in Richtung auf die stoffliche Zusammensetzung oder die Fertigungsprozesse beziehen könnte. Aus dem Artikel der „Südd. Z.“ vom 2.11.2016 ergibt sich nichts, was auf die Weitergabe derartiger Produktionsinterna hindeutete, sondern lediglich auf die E-Mail vom 27.8.2016 an Herrn …, mit der entsprechend den obigen Ausführungen keine Geheimnisse verraten wurden.
Auch ist nicht erkennbar, dass der Beklagte zu 3) bei dem Versand mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis der Beklagten zu 1) und damit als deren Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB tätig geworden sein könnte. Als Aufsichtsratsmitglied ist der Beklagte zu 3) gerade nicht Erfüllungsgehilfe eines Aktionärs, auch wenn er auf ihre Veranlassung in den Aufsichtsrat gesandt wurde. Dies ergibt sich aus der Erwägung heraus, dass jedes Aufsichtsratsmitglied ausschließlich dem Wohle der Gesellschaft verpflichtet ist, nicht aber einzelnen Aktionären. Ebenso wenig ergibt sich daher eine Stellung des Aufsichtsratsmitglieds als Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 1), weil es an den konstitutiven Merkmalen der Eingliederung und vor allem auch der Weisungsgebundenheit fehlt.
c. Soweit es in dem Antrag 2. n. in Zusammenhang mit der Fortführung des Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg Az. 324 O 662/16, dem Hanseatischen Oberlandesgericht, Az. 7 U 72/17 sowie dem Betreiben des Hauptsacheverfahrens (LG Hamburg, Az. 324 O 564/17, Hanseatisches Oberlandesgericht Az. 7 U 98/18) geht, kann der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nicht zustehen.
(1) Ein vertraglicher Anspruch scheitert bereits daran, dass sie nicht Partnerin des Aktienkaufvertrages vom 21.12.2016 war und insbesondere auch nicht durch die Erklärung ihres Vorstandes, die als Anhang zum Vertrag aufgenommen wurde, wurde.
(2) Ein deliktischer Anspruch scheitert daran, dass durch das Betreiben gerichtlicher Verfahren nicht in absolut geschützte Rechte der Klägerin eingegriffen wird, nachdem diese nicht Partei des Verfahrens vor den Hamburger Gerichten ist und aus dem Betreiben gerichtlicher Verfahren keine Schadensersatzansprüche abgeleitet werden dürfen.
d. Ein Anspruch aus der Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu 1) kann nicht aus dem Halten einer Aktie der Klägerin durch den Beklagten zu 3) hergeleitet werden, weil die aktienrechtliche Treuepflicht keine so weitgehenden Positionen gewährt, dass die Beklagte zu 2) eine Verpflichtung als Aktionärin träfe, den Beklagten zu 3) in seinem Verhalten in Bezug auf die von ihm gehaltene Aktie zu beeinflussen. Nichts anderes gilt auch in Richtung auf die Zeichnung der beiden Wandelschuldverschreibungen durch den Beklagten zu 3).
III.
Der Feststellungsantrag ist auch in Richtung auf den Beklagten zu 2) unbegründet, weil er weder als Komplementär der Beklagten zu 1) haften kann, nachdem gegen diese keine Ansprüche bestehen, noch aufgrund eigener Verletzungshandlungen haften kann, weil insoweit die obigen Ausführungen unter A. III. hier in gleicher Weise gelten.
IV.
Die sich gegen den Beklagten zu 3) richtende Feststellungsklage ist unbegründet, weil eine Haftung aus den oben dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht bejaht werden kann.
C.
I.
1. Der Antrag auf Feststellung, dass die in den beiden anderen Klageanträgen bezeichneten Ansprüche aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrühren, ist in Bezug auf die Beklagten zu 2) und zu 3) zulässig.
a. Der Antrag betrifft ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO und nicht nur Vorfragen oder (unselbstständige) Elemente eines solchen. Es ist weithin anerkannt, dass auch einzelne Folgen von Rechtsbeziehungen wie beispielsweise einzelne Ansprüche als selbstständiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO anzusehen sein können (vgl. BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834; BGHZ 209, 168, 173 f. = NJW 2016, 1818, 1820 = DZWIR 2016, 520, 522 = FamRZ 2016, 972, 974 = ZVI 2016, 357, 360 = WM 2016, 792, 794 = NZI 2016, 401, 403; Greger in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 256 Rdn. 10).
b. Das Feststellungsinteresse der Klägerin muss in Richtung auf die Beklagten zu 2) und zu 3) bejaht werden. Es ergibt sich aus der Erwägung heraus, dass der von ihr begehrte Ausspruch auch der Vorbereitung eines Antrags nach § 850 f Abs. 2 ZPO dienen soll. Nach dieser Vorschrift kann das Vollstreckungsgericht, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben wird, auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850 c ZPO vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Kläger ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Auch ist es denkbar, dass der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse daran haben kann, den Schuldner über die Pfändungsfreibeträge des § 850 c ZPO hinaus bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit in Anspruch zu nehmen, wenn sich erst nach dem Abschluss des Erkenntnisverfahrens herausstellt, der ihm zuerkannte Anspruch begründe sich auch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Dann aber entspricht es einem Gebot der Gerechtigkeit, den durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung Geschädigten auch in diesen Fällen in den Genuss des Vollstreckungsprivilegs des § 850 f Abs. 2 ZPO gelangen zu lassen. (vgl. BGHZ 109, 275, 276 ff. = NJW 1990, 834; Greger in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 256 Rdn. 11; Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 256 Rdn. 18).
2. Diese Argumentation greift aber nicht in Richtung auf die Beklagte zu 1, weil diese kein geschütztes Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 f Abs. 2 ZPO bezieht, weshalb es hier am Interesse an der alsbaldigen Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO fehlt.
II.
Die Klage ist im Umfang ihrer Zulässigkeit jedoch nicht begründet, weil die Beklagten zu 2) und zu 3) aus den bereits oben dargestellten Ausführungen zu den Ansprüchen aus §§ 823 ff. BGB keine vorsätzliche unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB begangen haben.
D.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; als Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
3. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3, 5 ZPO. Für den unbezifferten Antrag ist dabei das Interesse der Klägerin maßgeblich, wie es in der von ihr gemachten Angabe zum Streitwert zum Ausdruck kommt.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen

Gültigkeit von Gutscheinen

Sie erweisen sich immer wieder als beliebtes Geschenk oder werden oft bei Rückgabe von Waren statt Geld ausgezahlt: Gutscheine. Doch wie lange sind Gutscheine eigentlich gültig, ist eine Einlösbarkeit von einem Monat überhaupt rechtmäßig und was passiert, wenn der Gutschein doch einmal verfällt?
Mehr lesen