IT- und Medienrecht

Zur Rückforderung des Rundfunkbeitrags für eine Zweitwohnung

Aktenzeichen  7 ZB 20.42

Datum:
30.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9645
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BVerfGG § 31, § 79 Abs. 2 S. 1
RBStV § 2 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung, dass Inhaber mehrerer Wohnungen nicht über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden dürfen, wirkt sich auf eine nicht mehr anfechtbare Gerichtsentscheidung, die eine dem widersprechende Vollzugsentscheidung der Verwaltung bestätigt, nicht aus; dies gilt unabhängig davon, warum es zu deren Unanfechtbarkeit gekommen ist (hier: Rücknahme einer Klage auf fehlerhaften richterlichen Hinweis). (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 bleibt § 2 Abs. 1 RBStV Rechtsgrundlage für zuvor gezahlte Rundfunkbeiträge mit der Folge, dass diese nicht zurückgefordert werden können. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 K 19.145 2019-11-20 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.167,96 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin begehrt die rückwirkende Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für eine Zweitwohnung sowie die Erstattung von insoweit bereits gezahlten Rundfunkbeiträgen.
Die Klägerin unterhält neben ihrer Hauptwohnung in C., für die sie einen Rundfunkbeitrag entrichtet, eine Zweitwohnung in B.. Für diese Zweitwohnung bezahlte sie von 01/2013 bis einschließlich 06/2018 ebenfalls Rundfunkbeiträge in Höhe von 1.167,96 EUR. Mit Bescheid vom 21. November 2018 lehnte der Beklagte die Erstattung der für den Zeitraum 01/2013 bis 06/2018 geleisteten Rundfunkbeiträge ab. Mit Bescheid vom 15. Februar 2019 erteilte er der Klägerin für ihre Zweitwohnung in B. eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab 07/2018. Eine rückwirkende Befreiung auch für den Zeitraum 01/2013 bis 06/2018 lehnte er ab.
Das Verwaltungsgericht wies die auf Erteilung einer rückwirkenden Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht und Rückerstattung der im Zeitraum 01/2013 bis 06/2018 geleisteten Rundfunkbeiträge gerichtete Verpflichtungsklage mittels Gerichtsbescheid ab. Ein Befreiungsanspruch ergebe sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – (BVerfGE 149, 222, Urteilstenor Nr. 2 Satz 2). Denn es lägen für diesen Zeitraum keine streitbefangenen nicht bestandskräftigen Bescheide vor. Das von der Klägerin angestrengte Rechtsbehelfsverfahren vor dem Verwaltungsgericht – B 3 K 15.986 – gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Dezember 2015 sei durch Verfahrenseinstellung nach Erklärung der Klagerücknahme beendet worden. Der angegriffene Festsetzungsbescheid vom 1. Dezember 2015 (01/2013 bis 06/2015) sei damit bestandskräftig geworden. Für den Zeitraum 07/2015 bis 06/2018 habe die Klägerin die Rundfunkbeiträge laufend entrichtet, ohne dass diese nach § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV hätten festgesetzt werden müssen. Auch insoweit sei kein Rechtsbehelfsverfahren anhängig. Die Klägerin habe darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Erstattung geleisteter Beitragszahlungen.
1. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren werden die vom Verwaltungsgericht zur Begründung des angefochtenen Urteils angeführten Erwägungen nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
a) Die Klägerin meint, sie habe aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – einen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für ihre Zweitwohnung auch für den Zeitraum von 01/2013 bis 06/2018. Das Verwaltungsgericht greife die rechtlichen Vorgaben dieser Entscheidung nicht zutreffend auf. Das Bundesverfassungsgericht habe in der genannten Entscheidung die Unvereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt. Auf Antrag seien Wohnungsinhaber, die ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) nachkämen, von der Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Sei über Rechtsbehelfe noch nicht abschließend entschieden, könne ein solcher Antrag rückwirkend für den Zeitraum gestellt werden, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids sei. Die Klägerin habe die Beiträge für ihre Zweitwohnung im streitigen Zeitraum nur teilweise (01/2013 bis 06/2015) aufgrund des Festsetzungsbescheids vom 1. Dezember 2015 bezahlt. Gegen diesen habe sie vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth – B 3 K 15.986 – geklagt und die Klage lediglich aufgrund eines richterlichen Hinweises zu den damals fehlenden Erfolgsaussichten zurückgenommen. Das Verfahren sei daraufhin mit Beschluss vom 7. April 2016 eingestellt worden. Der Hinweis des Gerichts sei jedoch materiell-rechtlich fehlerhaft gewesen. Dies habe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gezeigt. Die Klägerin dürfe deshalb nun nicht schlechter gestellt werden als Beitragsschuldner, deren Rechtsbehelfsverfahren noch andauerten. Etwas anderes könne nur gelten, hätte die Klägerin überhaupt kein Verfahren gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags für ihre Zweitwohnung angestrengt. Darüber hinaus könne eine verfassungswidrige Regelung auch für die Vergangenheit keine Rechtsgrundlage darstellen.
Mit diesem Vortrag dringt die Klägerin nicht durch. Sie setzt sich mit den zutreffenden Argumenten des Verwaltungsgerichts, warum die Klägerin trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keinen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht hat, nicht ausreichend substantiiert auseinander, sondern wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Damit genügt sie ihren Darlegungspflichten aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.
Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer rückwirkenden Befreiung für den Zeitraum 01/2013 bis 06/2018 zu Recht abgelehnt. Ein Anspruch auf Befreiung für einen Zeitraum, der vor dem Tag der Verkündung des bundesverfassungsgerichtlichen Urteils am 18. Juli 2018 liegt, besteht nach Nr. 2 Satz 2 des Urteilstenors auf Antrag nur unter der Voraussetzung, dass über einen Rechtsbehelf gegen einen Festsetzungsbescheid noch nicht abschließend entschieden ist, und lediglich beschränkt auf den Zeitraum, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids ist. Nur in diesem Umfang hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG) und Bindungswirkung gegenüber den Gerichten und Behörden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen nach Rücknahme der gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2015 erhobenen Klage vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth – B 3 K 15.986 – vorliegend nicht erfüllt.
Nicht durchdringen kann die Klägerin, soweit sie mit der Begründung, sie habe ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth erst nach einem richterlichen Hinweis zurückgenommen, der sich im Nachhinein als materiell-rechtlich fehlerhaft herausgestellt habe, eine Gleichbehandlung mit betroffenen Beitragsschuldnern fordert, deren Rechtsbehelfsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Erklärt das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz für (ex tunc) nichtig, das nach seiner Überzeugung mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, werden die Wirkungen dieser Entscheidung grundsätzlich durch § 79 Abs. 2 BVerfGG determiniert. Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bleiben – von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – nicht mehr anfechtbare Hoheitsakte (Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen), die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt, sollen also in ihrer Existenz nicht mehr in Frage gestellt werden (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 6.12.2005 – 1 BvR 1905/02 – BVerfGE 115, 51 Rn. 34 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat den Konflikt zwischen dem Interesse an einer uneingeschränkten Rückabwicklung aller rechtlich nicht legitimierten Vollzugsakte – also der Einzelfallgerechtigkeit – und dem Interesse an der Rechtsbeständigkeit zugunsten der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens entschieden.
§ 79 Abs. 2 BVerfGG ist – im Wege der Analogie – auch dann anwendbar, wenn das Bundesverfassungsgericht nicht auf die Nichtigkeit einer Norm erkannt, sondern sich darauf beschränkt hat, deren vollständige oder teilweise Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen (BVerfG, B.v. 6.12.2005, a.a.O. Rn. 38). Die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung, dass § 2 Abs. 1 RBStV mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, soweit Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden, wirkt sich also wegen § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf eine nicht mehr anfechtbare Gerichtsentscheidung, die eine Vollzugsentscheidung der Verwaltung bestätigt, die auf dieser Norm beruht, nicht aus. Dies gilt unabhängig davon, warum es zu deren Unanfechtbarkeit gekommen ist. Für die hier vorliegende Konstellation, dass die Klägerin auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hin die Klage wegen fehlender Erfolgsaussichten zurückgenommen hat und das Rechtsbehelfsverfahren damit abgeschlossen wurde, kann nichts anderes gelten.
b) Soweit das Verwaltungsgericht darüber hinaus einen Erstattungsanspruch für die bereits geleisteten Rundfunkbeiträge mit der Begründung abgelehnt hat, die Beiträge seien nicht rechtsgrundlos entrichtet worden, setzt sich die Klägerin mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts überhaupt nicht auseinander. Damit genügt sie auch insoweit den ihr nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungspflichten nicht.
Dessen ungeachtet ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Festsetzungsbescheid vom 1. Dezember 2015 weiterhin Rechtsgrundlage für die Beitragsleistungen der Klägerin im Zeitraum 01/2013 bis 06/2015 ist, da er nach Rücknahme der Klage bestandskräftig geworden ist und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts analog § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG einen bestandskräftig gewordenen Festsetzungsbescheid unberührt lässt. Somit fehlt es insoweit bereits an den Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV.
Auch soweit die Klägerin im Zeitraum 07/2015 bis 06/2018 Rundfunkbeitragszahlungen für ihre Zweitwohnung geleistet hat, ohne dass dem Festsetzungsbescheide zugrunde lagen, sind diese Rundfunkbeiträge nicht ohne rechtlichen Grund entrichtet worden. Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen, dass § 2 Abs. 1 RBStV insoweit verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt als Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit nicht ausnahmslos die Nichtigkeit der Norm, sondern lässt auch eine bloße Unvereinbarkeitserklärung zu (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 25.9.1992 – 2 BvL 5/91 u.a. – BVerfGE 87, 153 Rn. 88 m.w.N.). Die bloße Unvereinbarkeitserklärung einer verfassungswidrigen Norm ist regelmäßig dann geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist grundsätzlich bei der Verletzung des Gleichheitssatzes der Fall. Der Verzicht auf eine Nichtigerklärung ist zudem dann geboten, wenn durch eine solche ein Zustand geschaffen würde, der der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als die verfassungswidrige Regelung. Dies ist der Fall, wenn die Nachteile des sofortigen Außerkrafttretens gegenüber den Nachteilen überwiegen, die mit der vorläufigen Weitergeltung verbunden wären (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 – BVerfGE 149, 222 Rn. 151 m.w.N.).
Vorliegend hat das Bundesverfassungsgericht § 2 Abs. 1 RBStV – soweit Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von zusätzlichen Rundfunkbeiträgen herangezogen werden – nicht für (rückwirkend) nichtig, sondern (lediglich) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt (vgl. Nr. 1 des Tenors des Urteils v. 18. 7.2018) und angeordnet, dass die Vorschrift bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe weiter anwendbar ist, dass in den im Urteilstenor genannten Fällen Befreiungen zu erteilen sind (vgl. Nr. 2 Satz 1 des Tenors des Urteils v. 18. 7.2018). Der Gesetzgeber habe verschiedene Möglichkeiten, die gleichheitswidrige Beitragsbelastung von Inhabern mehrerer Wohnungen für die Zukunft zu beseitigen. Eine rückwirkende Nichtigkeit der Norm würde die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährden, weil die als verfassungswidrig angewendete Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – BVerfGE 149, 222 Rn. 153). Hat demnach das Bundesverfassungsgericht § 2 Abs. 1 RBStV nicht rückwirkend für nichtig, sondern lediglich für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und besteht – wie ausgeführt – für den zurückliegenden Zeitraum 07/2015 bis 06/2018 kein Anspruch auf Befreiung, bleibt § 2 Abs. 1 RBStV Rechtsgrundlage für die von der Klägerin aufgrund der Regelung gezahlten Rundfunkbeiträge. Das Verwaltungsgericht ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin auch im Zeitraum 07/2015 bis 06/2018 keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten hat.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels aufgrund einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es die grundlegenden Argumente der Klägerin nicht angemessen aufgegriffen und gewürdigt habe, bleibt ohne Erfolg.
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Beteiligten müssen Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können. Das Gericht braucht sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 21.11.2011 – 7 ZB 11.1320 – juris Rn. 18.). Es ist allerdings verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält. Insbesondere vermittelt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (BVerwG, B.v. 9.1.2020 – 5 B 25.19 D – juris Rn. 17; B.v. 15.8.2019 – 5 B 11.19 u.a. – juris Rn. 1 m.w.N.).
Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung substantiiert darzulegen. Die Begründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Was dazu im Einzelnen vorzutragen ist, bestimmt sich danach, auf welche Gründe die Gehörsverletzung gestützt wird. Die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, erfordert dabei mehr als nur den pauschalen Vortrag der Klägerin, das Gericht habe ihr Vorbringen nicht angemessen aufgegriffen und gewürdigt. Ein auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützter Antrag auf Zulassung der Berufung muss den Streitstoff sichten und sich mit der angegriffenen Entscheidung intensiv auseinandersetzen. Der Gehörsverstoß muss konkret bezeichnet werden. Denn es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus der Antragsbegründung dasjenige konkrete Vorbringen herauszusuchen, das angeblich nicht zur Kenntnis genommen worden sei (BVerwG, B.v. 25.1.2016 – 2 B 34.14 – juris Rn. 59). Diesen Darlegungsanforderungen ist die Klägerin nicht gerecht geworden.
Ungeachtet dessen liegt auch kein Gehörsverstoß vor. Das Verwaltungsgericht hat sich im Urteil mit dem Vortrag der Klägerin durchaus und in ausreichendem Maß auseinandergesetzt. Es hat ihre Argumente zur Kenntnis genommen und erwogen. Dass es den vorgetragenen Sachverhalt rechtlich anders würdigt, als dies die Klägerin wünscht, stellt keinen Gehörsverstoß dar (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 3.6.1987 – 1 BvR 313/85 – juris Rn. 28; BVerwG, B.v. 14.11.2007 – 10 B 4.17 – juris Rn. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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