Kosten- und Gebührenrecht

Erfolglose Kostenerinnerung gegen die Ablehnung der Festsetzung einer Erledigungsgebühr

Aktenzeichen  M 22 M 17.46234

Datum:
29.8.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 45682
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VV-RVG Nr. 1003

 

Leitsatz

1 Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV-RVG kann auch anfallen, wenn ein ablehnender Verwaltungsakt noch vorliegt und sich die Hauptsache nach Erhebung einer Untätigkeitsklage nach außergerichtlichen Verhandlungen durch den Erlass des erstrebten Verwaltungsakts erledigt hat. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Erforderlich für das entstehen der Gebühr ist ein über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehendes Tätigwerden im Sinne eines besonderen Bemühens um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits vorliegen, das kausal für diese Erledigung war. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 20. Juli 2017 im Verfahren M 22 K 16.30218, soweit der Antrag auf Festsetzung einer Erledigungsgebühr abgelehnt wurde.
Bei dem Verfahren M 22 K 16.30218 handelte es sich um eine asylrechtiche Untätigkeitsklage (erhoben am 11.02.2016), mit der zunächst eine Verbescheidung des am 5. August 2015 gestellten Asylantrags begehrt wurde. Im Verlauf des Verfahrens wurde der Antrag auf ein Verpflichtungsbegehren umgestellt, wobei der Antrag zuletzt auf § 26 Abs. 5 AsylG gestützt wurde.
Der Bevollmächtigte des Antragssteller hat sich im Verfahren wiederholt schriftsätzlich sowohl an das Gericht wie auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F. Bundesamt) gewandt, um alsbaldige Entscheidung gebeten, ergänzend zum Sachverhalt und zur rechtlichen Bewertung vorgetragen und weiter die familiären Verhältnisse des Antragstellers betreffende Unterlagen vorgelegt.
Mit Bescheid vom 24. März 2017 erkannte das Bundesamt dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zu.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung stellte das Gericht das Verfahren mit Beschluss vom 6. Juni 2017 ein. Die Kosten des Verfahrens wurden der Antragsgegnerin auferlegt.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2017 beantragte der Antragsteller die erstattungsfähigen Kosten festzusetzen, wobei für die anwaltliche Tätigkeit u.a. eine Erledigungsgebühr i.H.v. 303 Euro in Ansatz gebracht wurde. Mit Beschluss vom 20. Juli 2017 (zugestellt am 21.07.) wurden die notwendigen Aufwendungen auf 492,54 Euro festgesetzt. Die Festsetzung einer Erledigungsgebühr wurde abgelehnt, da nicht zu erkennen sei, dass der Rechtsanwalt im Verfahren eine besondere auf die Erledigung gerichtete Tätigkeit entfaltet habe. Hieran ändere auch nichts, dass die schriftlichen Vorträge des Antragstellers im Gerichtsverfahren die Behörde möglicherweise zum Erlass des Bescheides veranlasst hätten.
Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2017 beantragte der Antragsteller,
die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurde vorgetragen, bei den im Antrag angeführten Schreiben handle es sich um solche an das Bundesamt. Zusätzlich sei auch noch an das Gericht geschrieben worden. Die Erledigungsgebühr werde nicht mit den Schreiben an das Gericht, sondern mit den Schreiben an das Bundesamt begründet.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt. Sie ist der Auffassung, im vorliegenden Fall werde die Tätigkeit des Rechtsanwalts allein durch die Verfahrensgebühr abgegolten. Eine über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehende Tätigkeit sei nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Erinnerung ist nicht begründet, da mit dem Beschluss vom 20. Juli 2017 zu Recht die Festsetzung einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV-RVG abgelehnt wurde.
Gemäß Nr. 1002 VV-RVG entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Nach überwiegender Ansicht, der das Gericht folgt, kann die Gebühr auch anfallen, wenn ein ablehnender Verwaltungsakt noch nicht gegeben ist und nach Erhebung einer Untätigkeitsklage sich die Hauptsache nach außergerichtlichen Verhandlungen durch den Erlass des erstrebten Verwaltungsakts erledigt hat (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, VV 1002 Rn. 20 m.w.N.).
Erforderlich für das Entstehen der Gebühr ist eine Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Erledigung der Streitsache. Nicht ausreichend ist insoweit allerdings eine Tätigkeit, die nur allgemein auf die Verfahrensförderung gerichtet ist (wie etwa die Klagebegründung, ergänzender Sach- und Rechtsvortrag oder Sachstandsanfragen). Diese ist durch die Tätigkeitsgebühren abgegolten. Um die Erledigungsgebühr zum Entstehen zu bringen, bedarf es einer darüber hinausgehenden Mitwirkung. Es muss ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits gegeben sein (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2014 – 8 C 13.1496 – juris Rn. 4). Die Mitwirkung des Rechtsanwalts muss ferner kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein, wobei ein nicht ganz unerheblicher Beitrag, nicht jedoch eine nur unwesentliche Kausalität genügt (vgl. BayVGH, B.v 19.01.2007 – 24 C 06.2426 – juris).
Nach Auffassung des Gerichts kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass besondere anwaltliche Bemühungen kausal für die Erledigung der Streitsache gewesen wären. Wie bereits erwähnt, reichen allgemein die Verfahrensförderung bezweckende Aktivitäten (die gebührenrechtlich anderweitig abgegolten werden) für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht aus. Die Schreiben an das Bundesamt, auf die der Antragsteller Bezug nimmt, sowie die in diesem Zusammenhang an das Gericht gerichteten Schriftsätze gehen aber hierüber nicht hinaus. Der Sache nach handelt es sich neben der wiederholten Bitte um alsbaldige Entscheidung um ergänzenden Vortrag hinsichtlich des Sachverhalts mit Vorlage von Belegen (u.a. Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gegenüber der Mutter des Antragstellers) und zur rechtlichen Bewertung (Anwendbarkeit des § 26 Abs. 5 AsylG), der insbesondere im Hinblick auf die Umstellung des Klageantrags auf einen Verpflichtungsausspruch ohnehin im Sinne einer sachgerechten Verfahrensführung veranlasst war. Der Umstand, dass insoweit der Vortrag nicht allein gegenüber dem Gericht erfolgte, sondern gesondert auch das Bundesamt angeschrieben wurde, ändert hieran nichts und führt nicht dazu, dass dies zusätzlich auch als besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Einigung gewertet werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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