Kosten- und Gebührenrecht

Keine Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Aufwendungen des Vertreters des öffentlichen Interesses

Aktenzeichen  AN 4 M 19.02620

Datum:
29.7.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19129
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151 Abs. 1, § 154 Abs. 1, Abs. 2, § 162 Abs. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Den Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) kann nach § 154 Abs. 1 VwGO weder die Kostenlast treffen – ausgenommen er hat erfolglos Wiederaufnahmeklage nach § 153 VwGO erhoben – noch kann ihm aus dieser Vorschrift ein Kostenerstattungsanspruch zustehen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 162 Abs. 3 VwGO, der den Anspruch des Beigeladenen auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten regelt, ist auf den VöI als weiteren Beteiligten iSd § 63 Nr. 4 VwGO nicht analog anwendbar. (Rn. 15 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Selbst wenn der VöI einen Kostenerstattungsanspruch hätte, sind seine Aufwendungen nicht gemäß § 162 Abs. 1 VwGO zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Erinnerung gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. November 2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Erinnerungsführerin als Vertreterin des öffentlichen Interesses (im Folgenden: VöI) trat im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht als Revisionsklägerin auf. Mit Urteil vom 16. Mai 2013 (8 C 41.12) entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass, soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend – bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 – für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, das Verfahren eingestellt wird. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 wurden insoweit für wirkungslos erklärt. Im Übrigen wurde das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2012 geändert und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 auch bezüglich des Zeitraums seit dem 1. Januar 2008 zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie drei Viertel der Kosten des Revisionsverfahrens wurden der Klägerin auferlegt; die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens wurden der Beklagten auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 14. August 2013 beantragte die Erinnerungsführerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach die Festsetzung ihrer im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen.
Mit Beschluss vom 20. November 2019 lehnte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach die Festsetzung der von der Erinnerungsführerin für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geltend gemachten Aufwendungen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die von der Erinnerungsführerin beantragten außergerichtlichen Aufwendungen für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht erstattungsfähig und damit nicht festzusetzen seien. Ein Kostenerstattungsanspruch setze voraus, dass es sich bei den außergerichtlichen Kosten des VöI um Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handele, dass diese Kosten überhaupt erstattungsfähig seien und dass die Kostengrundentscheidung bestimme, dass der Kläger oder der Beklagte diese Kosten zu übernehmen habe. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des VG Sigmaringen vom 25. Februar 1998 (5 K 671/92) führte die Urkundsbeamtin aus, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren dem Grunde nach dazu diene, Individualrechtsschutz zu gewähren. Der VöI wirke dagegen auf eine objektive Kontrolle der Verwaltungstätigkeit hin. Somit ließen sich nur die notwendigen Auslagen von Kläger und Beklagtem und des in seiner rechtlichen Stellung unmittelbar berührten Beigeladenen ohne weiteres den Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung zuordnen, weil diese Beteiligten über konkrete subjektiv-öffentliche Rechtspositionen stritten. Der VöI nehme wegen des mit seinem Amt verfolgten, prozessübergreifenden Zwecks eine Sonderstellung ein. Selbst wenn es sich bei den außergerichtlichen Kosten des VöI um Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handele, seien diese nicht automatisch erstattungsfähig. Dies verdeutliche § 162 Abs. 3 VwGO am Beispiel des Beigeladenen. § 162 Abs. 3 VwGO sei nicht analog auf den VöI anzuwenden, da es unbillig wäre, die Klägerin bzw. die Beklagte an den Kosten des Verfahrens des VöI, der nur ausnahmsweise ein Kostenrisiko trage, zu beteiligen, zumal die Tätigkeit des VöI immer eben im öffentlichen Interesse liege. Selbst wenn § 162 Abs. 3 VwGO analog anwendbar sei, habe das Bundesverwaltungsgericht hier nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass die unterliegende Partei die außergerichtlichen Kosten des VöI für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu tragen habe.
Die Erinnerungsführerin legte mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2019 gegen den – ihr am selben Tag zugegangenen – Beschluss vom 20. November 2019 Erinnerung ein und beantragte die Entscheidung des Gerichts. Die Erinnerungsführerin begründete diesen Antrag damit, dass sie als VöI erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eigene Anträge gestellt habe. Als Rechtsmittelführerin trage die Erinnerungsführerin als VöI auch ein Kostenrisiko und müsse im Falle des Unterliegens nach § 154 Abs. 2 VwGO die Verfahrenskosten der Gegenseite tragen. Daher sei es nicht nachvollziehbar, dass sie im Fall ihres Obsiegens nicht die eigenen Kosten ersetzt bekomme. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gehe in seinem Beschluss vom 18. August 2015 (9 BV 15.980 – juris Rn. 7 f.) von der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 VwGO ohne die Einschränkung des § 162 Abs. 3 VwGO auf den VöI aus. Die Kostengrundentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 16. Mai 2013 sei allein auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO gestützt. Diese Vorschriften verwiesen bezüglich der „Kosten des Verfahrens“ auf § 162 VwGO, sodass auch außergerichtliche Kosten des VöI erstattungsfähig seien. § 162 Abs. 1 VwGO regele nicht das Ob der Kostenerstattungspflicht, sondern das Wie, d.h. den Umfang der Kostenerstattungspflicht. Die Vorschrift ermächtige nicht das Gericht zu einer Entscheidung darüber, ob die Beteiligung oder die Einlegung eines Rechtsmittels durch den VöI zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Diese Entscheidung obliege allein dem VöI und sei weder unmittelbar noch mittelbar über Kostenbestimmungen gerichtlich überprüfbar. Eine übermäßige Belastung unterliegender Parteien komme durch die Beteiligung des VöI nicht in Betracht, da dieser wie alle Beteiligten dem Kostenminimierungsgebot des § 162 Abs. 1 VwGO unterliege und bei ihm gerade keine Rechtsanwaltskosten oder Kosten für die eigene juristische Tätigkeit, sondern allenfalls Reisekosten zu gerichtlichen Terminen und die Telekommunikationspauschale anfielen. Durch den VöI würde die staatliche Sichtweise auch nicht doppelt vertreten, denn zum einen sei hier eine Kommune als nichtstaatliche „Behörde“ Beklagte bzw. Erinnerungsgegnerin, zum anderen sei der grundsätzlich neutrale VöI eben kein „Sprachrohr oder Mittler der Verwaltung“ und sei das vom VöI „wahrzunehmende Interesse dem von den Verwaltungsbehörden zu wahrenden öffentlichen Interesse“ nicht gleichzusetzen (so BVerwG, U.v. 15.4.1964 – V C 172.63 – juris Rn. 11).
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach half der Erinnerung nicht ab und legte sie zur Entscheidung vor. Sie führte aus, die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. August 2015 (9 BV 15.980) hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Aufwendungen des VöI könne an der Entscheidung nichts ändern. In jenem Verfahren sei entschieden worden, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trage einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und des VöI im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH. Es sei explizit ein Ausspruch hinsichtlich der außergerichtlichen Aufwendungen des VöI und der Kostentragung getroffen worden. Auf den vorliegenden Fall könne dies nicht übertragen werden, da ein solcher Ausspruch bezüglich der Kostenerstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Aufwendungen der Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht erfolgt sei.
Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin zu 1) trug mit Schriftsatz vom 9. März 2020 vor, dass § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO zeigten, dass nicht sämtliche Kosten aller Beteiligen nach § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig seien. Für den VöI gebe es keine mit § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO vergleichbaren Regelungen und diese Vorschriften seien auch nicht analog auf den VöI anwendbar, da es insoweit schon an der planwidrigen Regelungslücke fehle. Im Übrigen fehle es an der Vergleichbarkeit, da die Tätigkeit des VöI allein im öffentlichen Interesse liege und er wegen des mit seinem Amt verfolgten prozessübergreifenden Zwecks eine Sonderstellung einnehme. Zudem entspreche es einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass im öffentlichen Interesse liegende Amtshandlungen gebührenfrei seien. Es bestehe auch die Gefahr einer doppelten Belastung der unterliegenden Partei, die andernfalls die Aufwendungen zweier staatlicher Verfahrensbeteiligter zu tragen habe. Ministerialanweisungen in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern schlössen den Ersatz von Kosten des VöI aus.
Die Erinnerungsführerin erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 17. März 2020, dass in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern der VöI seit 2008 bzw. 2004 abgeschafft sei, im Übrigen eine Weisungslage nur im räumlichen Zuständigkeitsbereich der anweisenden Behörde Rechtswirkungen entfalte. Eine entsprechende Weisung existiere in Bayern nicht, vielmehr sei in Nr. 2.2.1 Abs. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Behandlung der Gerichtskosten und Aufwendungen der Beteiligten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VGKostenBek) vom 13. Juli 2004 ausdrücklich geregelt, dass die Behörde, die sich als VöI am Verfahren beteilige, nach Abschluss des Verfahrens der Einziehungsbehörde unverzüglich ihre Aufwendungen mitteile, damit bei einer Kostenentscheidung zugunsten des Freistaats Bayern dessen Aufwendungen durch die Einziehungsbehörde geltend gemacht werden könnten.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. November 2019 („Erinnerung“) ist zulässig, aber unbegründet. Die von der Erinnerungsführerin beantragten außergerichtlichen Aufwendungen für das Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind nicht erstattungsfähig.
1. Die Erinnerung ist zulässig. Gegen den Beschluss des Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs, mit dem dieser die Kostenfestsetzung ablehnt, ist die Erinnerung gemäß § 165 i.V.m. § 151 Satz 1 VwGO statthaft (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 165 Rn. 1). Die Erinnerung erfolgte frist- und formgerecht (§ 151 Satz 1 und 2 VwGO).
2. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet, da der Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. November 2019 rechtmäßig ist. Der VöI hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Aufwendungen. Insbesondere ist § 162 Abs. 3 VwGO nicht analog anwendbar.
a) Nach § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung sind das Vorliegen einer rechtskräftigen oder zumindest vorläufig vollstreckbaren Kostengrundentscheidung zu Gunsten desjenigen, der die Festsetzung seiner Kosten beantragt, und die Erstattungsfähigkeit der beantragten Kosten nach § 162 Abs. 1 und 2 VwGO (Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 164 Rn. 2; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 164 Rn. 24; Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl. 2016, § 164 Rn. 13). Die Kostengrundentscheidung bestimmt gemäß §§ 154 bis 161, § 162 Abs. 3 VwGO auf wen und ggf. mit welcher Quote die Kosten des Verfahrens entfallen, während sich die nachfolgende Kostenfestsetzung inhaltlich nach § 162 Abs. 1 und 2 VwGO richtet und die konkrete Höhe der zu erstattenden Aufwendungen festlegt (Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 162 Rn. 2; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 123, § 164 Rn. 24).
b) Die Kostengrundentscheidung des rechtskräftigen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 (8 C 41.12) folgt aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens und drei Viertel der Kosten des Revisionsverfahrens, die Beklagte die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens. Für die hier allein im Streit stehenden Kosten des Revisionsverfahrens haben somit die Klägerin zu drei Viertel und die Beklagte zu einem Viertel aufzukommen. Aus dieser Kostengrundentscheidung folgt kein Anspruch der Erinnerungsführerin auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Aufwendungen.
Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Indem das Gericht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten dem unterliegenden Teil auferlegt, gibt es zugleich dem obsiegenden Teil einen Kostenerstattungsanspruch (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 154 Rn. 1; Schenke/Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 154 Rn. 1a; Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl. 2016, § 154 Rn. 1). Unterliegender Teil in diesem Sinn kann nur der Kläger oder der Beklagte sein (Hartung in BeckOK, VwGO, 52. Ed., Stand: 01.04.2015, § 154 Rn. 3; Just in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 154 Rn. 11; Schenke/Hug in Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, § 154 Rn. 1; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 154 Rn. 4; Neumann/Schacks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 154 Rn. 24). Die Kostenentscheidung nach § 154 Abs. 1 VwGO ergeht nur im Verhältnis der Hauptbeteiligten zueinander und erfasst nur die diesen entstandenen Kosten (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 154 Rn. 2). Folglich kann den VöI nach § 154 Abs. 1 VwGO weder die Kostenlast treffen – ausgenommen er hat erfolglos Wiederaufnahmeklage nach § 153 VwGO erhoben – noch kann ihm aus dieser Vorschrift ein Kostenerstattungsanspruch zustehen.
Für den Beigeladenen als Beteiligten i.S.d. § 63 Nr. 3 VwGO gelten die Sonderregelungen der § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Nach § 154 Abs. 3 VwGO können dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat. Nach § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Es wird regelmäßig der Billigkeit entsprechen, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist. § 162 Abs. 3 VwGO, der den Anspruch des Beigeladenen auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten regelt, ist auf den VöI als weiteren Beteiligten i.S.d. § 63 Nr. 4 VwGO nicht analog anwendbar. Es fehlt insoweit bereits an der planwidrigen Regelungslücke (aa), im Übrigen aber auch an der Vergleichbarkeit der Interessenlage (bb) und an einem entsprechenden Ausspruch in der Kostengrundentscheidung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 (cc).
aa) Die Regelungslücke bezüglich der Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Aufwendungen des VöI ist nicht planwidrig.
Laut „Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung“ vom 5. Dezember 1957 (BT-Drs. 3/55) sollte in § 150 VwGO geregelt sein, dass Parteien im Sinne dieses Abschnitts der Kläger und der Beklagte sind, in § 151 Abs. 1 (heute § 154 Abs. 1) VwGO, dass die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens trägt, in § 151 Abs. 3 (heute § 154 Abs. 3) VwGO, dass dem Beigeladenen Kosten nach seiner Beteiligung am Verfahren auferlegt werden können und in § 159 Abs. 3 (heute § 162 Abs. 3) VwGO, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht erstattungsfähig sind, das Gericht diese Kosten jedoch aus Billigkeit der Staatskasse oder der unterliegenden Partei auferlegen kann. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde § 150 VwGO gestrichen. Der Rechtsausschuss war in seinem schriftlichen Bericht vom 12. Mai 1959 der Auffassung, dass diese Vorschrift entbehrlich sei (BT-Drs. 3/1094 S. 14) und formulierte § 151 Abs. 1 VwGO so um, dass nun nicht mehr von der unterliegenden Partei, sondern von dem unterliegenden Teil die Rede war (BT-Drs. 3/1094 S. 63). Auch § 159 Abs. 3 VwGO wurde vom Rechtsausschuss in die heute noch geltende Fassung des § 162 Abs. 3 VwGO gebracht, nach der die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (BT-Drs. 3/1094 S. 65)
Wie aus der Zusammenschau von § 150 und § 151 Abs. 1 VwGO des Gesetzesentwurfes klar wird, wusste der Gesetzgeber, dass unterliegender Teil i.S.d. § 151 Abs. 1 (heute § 154 Abs. 1) VwGO lediglich Kläger oder Beklagter seien konnten und niemals Beigeladener oder VöI. Deshalb schuf der Gesetzgeber für die Kostenpflicht des Beigeladenen die Sonderregelung des § 151 Abs. 3 (heute § 154 Abs. 3) VwGO (vgl. BT-Drs. 3/55 S. 47: „Für die Kostenpflicht der Beigeladenen ist eine besondere Vorschrift notwendig“) und normierte praktisch als Pendant dazu in § 159 Abs. 3 (heute § 162 Abs. 3) VwGO den Anspruch des Beigeladenen auf Erstattung seiner außergerichtlichen Aufwendungen. Für die Kostenpflicht des VöI traf der Gesetzgeber keine dem § 151 Abs. 3 (heute § 154 Abs. 3) VwGO entsprechende Regelung, sodass der VöI niemals die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (außer bei erfolgloser Einlegung eines eigenen Rechtsmittels nach § 154 Abs. 2 VwGO). Wenn der Gesetzgeber keine Kostenpflicht des VöI vorgesehen hat, erscheint es im Umkehrschluss aber auch nicht sein Wille gewesen zu sein, dem VöI einen Kostenerstattungsanspruch zuzugestehen, denn hierdurch hätte er den VöI gegenüber dem Beigeladenen – trotz der gleichen kostenrechtlichen Ausgangssituation – ohne Begründung einseitig besser gestellt: Das Kostenrisiko hätte den Beigeladenen unter bestimmten Umständen getroffen, den VöI jedoch niemals, umgekehrt hätte der Beigeladene seine außergerichtlichen Aufwendungen nur unter bestimmten Umständen erstattet bekommen, der VöI jedoch immer. Obwohl Beigeladener und VöI die gleiche kostenrechtliche Ausgangsposition einnahmen (keine Kostenlast nach § 151 Abs. 1 VwGO), regelte der Gesetzgeber nur für den Beigeladenen die Kostenpflicht und dazu entsprechend den Kostenerstattungsanspruch besonders. Damit hat sich der Gesetzgeber aber bewusst gegen einen Anspruch des VöI auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten entschieden, sodass die Regelungslücke nicht planwidrig ist und eine analoge Anwendbarkeit des § 162 Abs. 3 VwGO ausscheidet.
bb) Im Übrigen würde eine analoge Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO auf den VöI auch an der fehlenden Vergleichbarkeit der Interessenlage scheitern. Von einer vergleichbaren Interessenlage ist dann auszugehen, wenn der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, U.v. 4.12.2014 – III ZR 61/14 – NJW 2015, 1176 – juris Rn. 9). Der VöI nimmt jedoch eine mit der Position des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren nicht vergleichbare Sonderstellung ein.
Wie der Name „Vertreter des öffentlichen Interesses“ bereits aussagt, soll der VöI das öffentliche Interesse repräsentieren. Dieses öffentliche Interesse ist kein irgendwie geartetes staatliches oder behördliches Parteiinteresse, sondern ausschließlich das in den Gesetzen verkörperte Interesse der Allgemeinheit (Kopp, Der Vertreter des öffentlichen Interesses in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1982, 277/279). Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LABV hat der VöI daran mitzuwirken, dass das Recht sich durchsetzt und das Gemeinwohl keinen Schaden leidet. Hauptaufgaben des VöI sind die Unterstützung der Gerichte bei der Rechtsfindung, die Vertretung der „Allgemeinheit“ im Verfahren und die Entlastung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (vgl. Kopp, Der Vertreter des öffentlichen Interesses in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1982, 277/279-283). Diese Aufgaben kann er u.a. dadurch wahrnehmen, dass er dem Gericht die Hintergründe der Landesgesetzgebung, die über den jeweiligen Einzelfall hinausgehenden Auswirkungen seiner Entscheidung oder andere übergeordnete Gesichtspunkte aufzeigt, in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten ohne Beteiligung einer staatlichen Behörde die Sichtweise des Landes in den Prozess einbringt und den Gesetzgeber auf Schwachstellen der Normen oder Schwierigkeiten beim Vollzug derselben aufmerksam macht (Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 36 Rn. 2). Die prozessualen Befugnisse des VöI reichen von der bloßen Beteiligung durch Abgabe einer Beteiligungserklärung, über die Abgabe von Stellungnahmen bis zur Stellung von Anträgen und der Einlegung von Rechtsmitteln (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 36 Rn. 4 f.; Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 36 Rn. 3, 5). Insbesondere die Vertretung der „Allgemeinheit“ im Verwaltungsprozess ist eine wichtige Funktion des VöI, denn vom klagenden Bürger kann nicht erwartet werden, dass er neben seinen Individualinteressen auch die Gemeinwohlinteressen vertritt, und auf Seiten der beteiligten Behörde besteht die Gefahr, dass diese entweder auf ein Rechtsgebiet spezialisiert ist und deshalb die übergeordneten Gesichtspunkte nicht alle im Auge behält oder – auch wenn sie an Recht und Gesetz gebunden ist – ihren im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt unter allen Umständen verteidigen will (vgl. Guckelberger, Vor- und Nachteile eines Vertreters des öffentlichen Interesses, BayVBl. 1998, 257/257; Kopp, Der Vertreter des öffentlichen Interesses in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1982, 277/281 f.). Während der VöI also die Interessen der Allgemeinheit vertritt, nimmt der Beigeladene seine eigenen Interessen wahr. Die Beiladung setzt nach § 65 Abs. 1 VwGO voraus, dass die rechtlichen Interessen des Beizuladenden durch die Entscheidung berührt werden. Die Beiladung dient primär der Verteidigung der rechtlichen Interessen des Beigeladenen, der sich vor einer nachteiligen Veränderung seiner Rechtsposition schützen können soll (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 65 Rn. 2; Bier/Steinbeiß-Winkelmann in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37 EL Juli 2019, § 65 Rn. 4; Czybulka/Kluckert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 65 Rn. 20). Der Beigeladene wird – genau wie Kläger und Beklagter – im eigenen Interesse tätig, weshalb es gerechtfertigt ist, ihm im Fall des Unterliegens mit seinem Antrag Kosten gemäß § 154 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen und umgekehrt im Fall des Obsiegens mit seinem Antrag einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zu gewähren. Der VöI ist aber eine Einrichtung, die der Freistaat Bayern im Interesse der Allgemeinheit zur Erreichung übergeordneter Zwecke – Wahrung des Rechts, Schutz des Gemeinwohls, Entlastung der Gerichte – vorsieht und für die daher auch der Freistaat Bayern als Träger der Erinnerungsführerin aufzukommen hat.
Im Ergebnis ist damit dem Verwaltungsgericht Sigmaringen zuzustimmen, das in seinem Beschluss vom 25. Februar 1998 (5 K 671/92 – NVwZ-RR 1998, 696) ebenfalls über die Erstattungsfähigkeit der im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des VöI zu entscheiden hatte und dazu ausführte: „Der VöI nimmt dagegen wegen des mit seinem Amt verfolgten, prozessübergreifenden Zwecks, eine Sonderstellung ein. (…) Beim VöI fehlt – wegen seiner speziellen Stellung im Verfahren – eine solche Erstattungsfähigkeit. Der VöI kann lediglich dann zur Kostentragung herangezogen werden, wenn er als Rechtsmittelführer (vgl. § 154 II VwGO) oder als Wiederaufnahmekläger (vgl. § 154 I, IV VwGO) auftritt. Im Übrigen folgt aus seiner prozessübergreifenden Aufgabe und aus der auf den Beigeladenen beschränkten Regelung der §§ 154 III, 162 III VwGO, dass der VöI, ungeachtet dessen, ob er Anträge stellt oder nicht, Kosten nicht zu tragen hat und seine Kosten nicht erstattungsfähig sind.“ Auch die überwiegende Literatur verneint eine analoge Anwendbarkeit des § 162 Abs. 3 VwGO auf den VöI (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 38; Just in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 162 Rn. 46; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 162 Rn. 90; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 126; Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl. 2016, § 162 Rn. 64; Brandt in ders./Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, V. IV. 1 e; Kugele in Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, VwGO, Stand: April 2019, § 162 7.1.1; a.A. Kunze in BeckOK, VwGO, 52. Ed., Stand: 01.10.2019, § 162 Rn. 9, der jedoch im Ergebnis einen Erstattungsanspruch mangels Billigkeit ebenfalls ablehnt; Bader in ders./Funke-Kaiser u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 162 Rn. 30 für Rechtsmittelinstanz).
Die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Aufwendungen des VöI ist nicht konsistent: Einmal urteilt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass der VöI seine außergerichtlichen Kosten entsprechend § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen habe, da er keinen Antrag gestellt habe (BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 19.56 – juris Rn. 34), womit er § 162 Abs. 3 VwGO grundsätzlich für analog anwendbar hält. Auf der anderen Seite finden sich zahlreiche Entscheidungen, in denen sowohl der Beigeladene als auch der VöI keine eigenen Anträge gestellt haben, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der Kostengrundentscheidung und den Entscheidungsgründen aber nur feststellt, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe, während er zu den außergerichtlichen Kosten des VöI kein Wort verliert (BayVGH, U.v. 25.11.2015 – 10 B 13.2080 – juris Rn. 11, 34; U.v. 25.11.2015 – 22 BV 13.1686 – juris Rn. 43, 107; U.v. 5.2.2009 – 1 N 07.2713, 1 N 07.2917, 1 N 07.2963 – juris Rn. 19 f., 84; U.v. 26.11.2008 – 12 BV 08.675, 12 BV 08.757 – juris Rn. 13, 30; U.v. 7.2.2007 – 1 N 05.3338 – juris Rn. 10 f., 20; U.v. 20.10.1998 – 20 A 98.40022 – juris Rn. 4 f., 35 f.). Dies erweckt aber wiederum den Eindruck, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine analoge Anwendbarkeit des § 162 Abs. 3 VwGO auf den VöI nicht in Betracht zieht, denn andernfalls wäre nicht erklärbar, warum er einen Kostenerstattungsanspruch des Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ausdrücklich verneint, zur Ablehnung eines Kostenerstattungsanspruch des VöI analog § 162 Abs. 3 VwGO aber nichts sagt, obwohl beide keine Anträge gestellt haben und sich damit in derselben Situation befinden. Angesichts dieser nicht eindeutigen Rechtsprechung vermag auch der von der Erinnerungsführerin angeführte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. August 2015 (9 BV 15.980) das erkennende Gericht nicht vom Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs des VöI zu überzeugen. In diesem Beschluss sprach der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – anders als im vorliegenden Fall – ausdrücklich im Tenor die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Aufwendungen des VöI im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH aus und stützte die Kostengrundentscheidung lediglich auf § 161 Abs. 2 VwGO.
cc) Schließlich würde es – gesetzt den Fall, § 162 Abs. 3 VwGO wäre auf den VöI analog anwendbar – im Übrigen vorliegend auch an einem entsprechenden Ausspruch in der Kostengrundentscheidung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 fehlen.
c) Selbst wenn der VöI einen Kostenerstattungsanspruch hätte, sind seine Aufwendungen nicht gemäß § 162 Abs. 1 VwGO zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig. Das viel zitierte, weil einzig sich mit dieser Thematik näher befassende Verwaltungsgericht Sigmaringen (B.v. 25.2.1998 – 5 K 671/92 – NVwZ-RR 1998, 696/696) hatte bereits Zweifel daran, dass die Beteiligung des VöI der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung diene und führte aus, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich der Gewährung von Individualrechtsschutz diene, der VöI zuvorderst nicht zur Verfolgung und Verteidigung der subjektiv-öffentlichen Rechte tätig werde, sondern auf eine objektive Kontrolle der Verwaltungstätigkeit hinwirke und insofern nur die notwendigen Auslagen der Hauptverfahrensbeteiligten und des Beigeladenen ohne weiteres den Kosten für Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung zuzuordnen seien, weil diese Beteiligten über konkrete subjektiv-öffentliche Rechtspositionen stritten. Das Gericht schließt sich diesen Bedenken des Verwaltungsgerichts Sigmaringen an. Zwar kennt die VwGO auch objektive Beanstandungsverfahren, wie der Vorbehalt des § 42 Abs. 2 VwGO („soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“) und das Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO zeigen (Ehlers/Schneider in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 40 Rn. 127), jedoch ist der Verwaltungsrechtsschutz in erster Linie auf den Individualrechtsschutz ausgerichtet (BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 7 C 21/12 – BVerwGE 147, 312 – juris Rn. 18; Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 42 Abs. 2 Nr. 16). Es geht zuvorderst um den Schutz des Individuums und nicht um den Schutz der objektiven Rechtsordnung. Deshalb bedarf der Kläger bzw. Antragsteller bereits für die Zulässigkeit seiner Klage bzw. seines Antrags einer zumindest möglichen Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten (vgl. § 42 Abs. 2, § 47 Abs. 2 VwGO). Der Beklagte verteidigt zwar oft genug Maßnahmen, die lediglich der Umsetzung objektiven Rechts dienen, aber er ist der notwendige Antagonist des Klägers im Streit um die Betroffenheit des Klägers in dessen subjektiven öffentlichen Rechten. Schließlich ist auch der Beigeladene insoweit subjektiv betroffen, als seine Beiladung voraussetzt, dass zumindest seine rechtlichen Interessen durch die Entscheidung berührt werden (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO). Alle diese Personen sind an dem konkret streitigen Rechtsverhältnis beteiligt und die gerichtliche Entscheidung hat Auswirkungen auf ihre individuelle Rechtsstellung. Die Mitwirkung des VöI zielt zwar auch auf die Durchsetzung des Rechts ab (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 LABV), jedoch eher im übergeordneten Interesse der Allgemeinheit und über den konkreten Einzelfall hinausgehend. Der VöI mag durch seine Beteiligung dazu beitragen, dass vor Gericht das richtige Ergebnis erzielt wird und sich das Recht durchsetzt, jedoch ist seine Beteiligung dafür nicht notwendig. Es ist schon angesichts der Tatsache, dass der VöI heute nur noch in drei Bundesländern existiert, davon auszugehen, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch ohne seine Beteiligung zu rechtskonformen Entscheidungen gelangt.
Es muss unterschieden werden zwischen der Frage, ob sich der VöI an einem Verfahren beteiligt – was vorbehaltlich landesrechtlicher Beschränkungen allein in seinem Ermessen steht – und der Frage, ob die im Zuge seiner Beteiligung anfallenden außergerichtlichen Kosten dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen sind. Durch die Beteiligung des VöI kann es zu einer Verdoppelung einer Position im Prozess kommen. Zwar muss sich der VöI nicht notwendigerweise einem Hauptbeteiligten anschließen, sondern kann sogar von den Anträgen des Klägers und des Beklagten abweichende Sachanträge stellen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 36 Rn. 5; Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 36 Rn. 6), jedoch kann er sich eben auch dem Antrag und der Argumentation eines Hauptbeteiligten anschließen mit der Folge der Verdoppelung dieser Ansicht im Prozess und der Erhöhung der Kostenlast zum Nachteil des anderen Hauptbeteiligten. Freilich tritt eine solche Verdoppelung einer Ansicht und der Kostenlast auch dann ein, wenn sich der Beigeladene dem Antrag eines Hauptbeteiligten anschließt und damit obsiegt. Jedoch geht mit diesem drohenden Nachteil auch eine Chance für den anderen Hauptbeteiligten einher: Obsiegt er, hat er ein den Beigeladenen gemäß § 121 Nr. 1 VwGO bindendes Urteil, das seine Rechtsposition zum Nachteil des Beigeladenen verbessert. Dieser Vorteil winkt dem Hauptbeteiligten im Verhältnis zum VöI nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei, sodass es keiner Streitwertfestsetzung bedarf (BVerwG, B.v. 27.6.2019 – 2 KSt 1/19 – juris Rn. 13).


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