Kosten- und Gebührenrecht

Kostenerinnerung, Erstattung außergerichtlicher Kosten, Erstattung der Terminsgebühr bei Erledigungsgespräch, informatorische Mitteilung des Gegenstandswerts

Aktenzeichen  W 6 M 21.786

Datum:
6.7.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18855
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 165
VwGO § 162 Abs. 2
VwGO § 151
VwGO § 87a Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Antragstellerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Mit ihrem am 4. Februar 2021 erhobenen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (Az. W 6 S 21.162) begehrte die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (Az. W 6 K 21.56) gegen den Widerruf der Antragstellerin einer zuvor erteilten Ausnahme von der Erlaubnispflicht (Erlaubnisbefreiung) als produktakzessorische Versicherungsvermittlerin.
Mit Schreiben vom 2. März 2021 erklärte die Antragsgegnerin das Eilverfahren W 6 S 21.162 für erledigt. Dem schloss sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. März 2021 an. Daraufhin wurde das Verfahren durch Beschluss des Gerichts vom 15. März 2021 eingestellt, der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und der Streitwert wurde auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Im Hauptsacheverfahren W 6 K 21.56 ließ die Antragsgegnerin ihre Klage mit Schreiben vom 16. April 2021 zurücknehmen, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde.
Mit Schreiben an das Gericht vom 26. März 2021 beantragte der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Antragsgegnerin für seine Tätigkeit im Eilverfahren W 6 S 21.162 folgende von der Antragstellerin zu zahlende Kosten festzusetzen:
1,3
Verfahrensgebühr (7.500,00 EUR)
Nr. 3100 VV
652,60 EUR
1,2
Terminsgebühr (7.500,00 EUR)
Nr. 3104 VV
602,40 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale
Nr. 7002 VV
20,00 EUR
Summe
1.275,00 EUR
Zum Ansatz der Terminsgebühr wurde erklärt, es hätten zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin und der Antragstellerin mehrere Telefonate stattgefunden, die der Erledigung des Verfahrens gedient und zur Erledigung geführt hätten. Die Terminsgebühr entstehe nach VV Vorb. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 auch durch eine Besprechung mit der Behörde zur Erledigung des Verfahrens.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Mai 2021 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragsgegnerin für das Verfahren W 6 S 21.162 antragsgemäß auf 1.275,00 EUR (Nr. I) fest, die nach dem Beschluss des Gerichts vom 15. März 2021 die Antragstellerin zu tragen hat (Nr. II). Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 17. Mai 2021 zugestellt.
Am 21. Mai 2021 erhob die Antragstellerin unter dem Aktenzeichen W 6 S 21.162 Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom „26.03.2021“ und beantragte,
den Kostenfestsetzungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. März 2021 zu ändern und die Kosten auf 672,60 EUR festzusetzen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Telefonate, die die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 26. März 2021 in Bezug nehme, beträfen das Hauptsachverfahren, nicht das Verfahren zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Am Morgen des 1. März 2021 habe der Berichterstatter die Antragstellerin kontaktiert. Gegenstand des Telefonats sei die rechtliche Erörterung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Sofortvollzugsanordnung gewesen. Der Berichterstatter habe seine vorläufigen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugsanordnung mitgeteilt. Direkt nach diesem Telefonat seien die Erwägungen des Berichterstatters intern besprochen und der Entschluss gefasst worden, dass im Hinblick auf die rechtlichen Bedenken des Gerichts die Sofortvollzugsanordnung umgehend aufzuheben sei. Im Hinblick auf das Hauptsachverfahren sei intern besprochen worden, dass auch eine möglichst rasche Erledigung des Hauptsacheverfahrens angestrebt werden solle, da man zwar den im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Widerrufsbescheid für rechtmäßig halte, die Wiedergestattung aber unter den tatsächlichen Gegebenheiten umgehend ermöglicht werden könne. So habe der Bevollmächtige der Antragsgegnerin kontaktiert und ihm mitgeteilt werden sollen, dass man die Sofortvollzugsanordnung umgehend aufheben werde. Darüber hinaus sei gegen eine Klagerücknahme in Aussicht gestellt worden, die Wiedergestattung auf neuen Antrag hin umgehend vorzunehmen. Die Gespräche hätten damit die Erledigung der Hauptsache betroffen, nicht des Eilverfahrens. Mit E-Mail an den Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2021, 16:59 Uhr, sei der Sofortvollzug letztendlich aufgehoben worden. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG entstehe die Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet seien. Im hiesigen Verfahren des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung habe es jedoch keine Besprechung gegeben, die auf die Erledigung dieses Verfahrens gerichtet gewesen sei, da die Entscheidung, die Sofortvollzugsanordnung aufzuheben, bereits vor der Kontaktaufnahme mit den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin getroffen und mithin nur mitgeteilt worden sei. Die Terminsgebühr könne daher nur im Hauptsacheverfahren anfallen, nicht jedoch im hiesigen Verfahren. Der Kostenfestsetzungsbeschluss sei mithin wie beantragt abzuändern.
Die Antragsgegnerin ließ hierauf erwidern, die Telefonate hätten zum einen das Hauptsachverfahren betroffen, der Vortrag der Antragsgegnerin treffe insofern zu. Die Telefonate hätten aber auch das vorliegende Verfahren betroffen. Beide Vorgänge würden zusammenhängen. Ohne eine Lösung der Parteien in einem Verfahren zu erzielen, hätte es keine Lösung für das andere Verfahren gegeben. Die Antragsgegnerin habe einer Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren nur unter der Voraussetzung zugestimmt, wenn die Antragstellerin die Kosten im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO übernehme. Darüber hinaus sei es der Antragsgegnerin darauf angekommen, dass ein neuer Antrag zeitnah positiv entschieden werde. Ohne diese Zusage hätte die Antragsgegnerin das vorliegende Verfahren aufrechterhalten und die Klage nicht zurückgenommen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab und legte diese mit Vorlageschreiben vom 10. Juni 2021 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verfahrensakten W 6 S 21.162 und W 6 K 21.56 verwiesen.
II.
Die Erinnerung richtet sich nach sachgerechter Auslegung des Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Gerichts vom 4. Mai 2021. Bei der Angabe „26.03.2021“ in der Antragsschrift vom 21. Mai 2021 handelt es sich um ein Schreibversehen, bei welchem erkennbar fälschlich auf das Datum des Kostenfestsetzungsantrags der Antragsgegnerin Bezug genommen wurde.
Das Gericht entscheidet über die Erinnerung in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BVerwG, B.v. 14.2.1996 – 11 VR 40.95 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 5.7.2016 – 10 C 15.474, 10 C 15.477 – NVwZ-RR 2017, 83 Rn. 12). Demnach entscheidet vorliegend der Berichterstatter, da dieser mit Beschluss vom 15. März 2021 (W 6 S 21.162) gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO die zugrundeliegende Kostenentscheidung erließ, nachdem das Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vor Erlass einer abschließenden Sachentscheidung durch den zuständigen Spruchkörper im Stadium des vorbereitenden Verfahrens infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen beendet wurde (vgl. § 87a Abs. 1 Nr. 3 VwGO).
1. Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 4. Mai 2021 für das Verfahren W 6 S 21.162 ist gemäß § 151 i.V.m. § 165 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage wurde die von der Antragsgegnerin geltend gemachte 1,2-fache Terminsgebühr in Höhe von 602,40 EUR vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu Recht als von der Antragstellerin zu tragende außergerichtliche Aufwendung festgesetzt.
1.1 Zu den Kosten, die die Antragstellerin nach der Kostenlastentscheidung des Beschlusses vom 15. März 2021 (W 6 S 21.162) dem Grunde nach zu tragen hat, gehören nach § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind insoweit die Gebühren und Auslagen eines im Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in Abgabenangelegenheiten auch einer der in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 genannten Personen, stets erstattungsfähig.
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG – Vergütungsverzeichnis (RVG VV) steht dem Rechtsanwalt eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen zu, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Dies gilt (jedenfalls) nach der Neuregelung der Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG VV durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2582) auch dann, wenn sich die außergerichtliche Besprechung wie hier auf ein Verfahren bezieht, in welchem die gerichtliche Entscheidung grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergeht (vgl. BT-Drs. 11/11471, S. 274; zum vorherigen Streitstand Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 3 Rn. 144). Der Gebührensatz der Terminsgebühr beträgt 1,2 (Nr. 3104 RVG VV).
1.2 Es besteht aus Sicht des Gerichts kein Zweifel daran, dass die Antragstellerin mit dem Rechtsanwalt der Antragsgegnerin am Vormittag des 1. März 2021 außergerichtlich Telefonate führte, die – zumindest auch – auf die Erledigung des Eilverfahrens W 6 S 21.162 gerichtet waren. Dem bevollmächtigten Rechtsanwalt der Antragsgegnerin steht daher nach der Kostengrundentscheidung des Beschlusses 15. März 2021 die Erstattung einer Terminsgebühr nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 RVG VV zu.
1.2.1 Zunächst stellt die Antragstellerin im Antragsschriftsatz vom 21. Mai 2021 den zeitlichen Ablauf der vorangegangenen telefonischen Gespräche zwischen ihr und dem Berichterstatter teilweise unzutreffend dar.
Der Berichterstatter nahm richtigerweise bereits am Donnerstag, den 25. Februar 2021, gegen 11:10 Uhr telefonisch Kontakt mit der Antragstellerin auf, um zu erfragen, ob die von der Antragsgegnerin nach Bescheiderlass übermittelte Versicherungsbestätigung aus Sicht der Antragstellerin den gesetzlichen Anforderungen genügt (vgl. den bereits übersandten Aktenvermerk des Berichterstatters vom 25.2.2021). Nachdem dies seitens der Antragstellerin bejaht wurde, äußerte der Berichterstatter vorläufige Zweifel an der Notwendigkeit des Sofortvollzugs.
Eine Beschlussfassung der Kammer war anschließend für Montagvormittag, den 1. März 2021 anberaumt. Noch bevor die Kammer zur Beratung zusammentrat, meldete sich nicht der Berichterstatter bei der Antragstellerin, sondern die Vertreterin der Antragstellerin, Frau Y* …, am 1. März 2021 um 9:23 Uhr telefonisch beim Berichterstatter. Wie sich dem unmittelbar nach dem Telefonat angefertigten Aktenvermerk des Berichterstatters entnehmen lässt, erklärte Frau Y* …, dass aufgrund des Hinweises des Berichterstatters beabsichtigt sei, das Eilverfahren gegen Kostentragung der Antragstellerin einvernehmlich zu beenden und dass diesbezüglich unverzüglich Kontakt mit dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin aufgenommen werde. Der Berichterstatter erteilte vor diesem Hintergrund die Zusage, dass die Kammer eine alsbaldige Rückmeldung der Beteiligten abwartet und die Entscheidung einstweilen aufschiebt. Daraufhin meldete sich die Vertreterin der Antragstellerin am 1. März 2021 um 11:25 Uhr erneut und teilte – nach Rücksprache auch im Auftrag der Antragsgegnerin – mit, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde und dass der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin eine Prozesserklärung für den morgigen Tag angekündigt hat (siehe zum Ganzen den am 1.3.2021 den Beteiligten übersandten Aktenvermerk des Berichterstatters vom 1.3.2021). Entsprechend der Mitteilung der Antragstellerin erfolgte am nächsten Tag seitens der Antragsgegnerin eine Erledigungserklärung samt Hinweis, dass sich die Antragstellerin der Erledigungserklärung anschließen wird (Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 2.3.2021).
Vor dem Hintergrund dieses Geschehensablaufs kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am Vormittag des 1. März 2021 lediglich kontaktierte, um diesem die bereits feststehende Absicht der Antragstellerin mitzuteilen, den Sofortvollzug aufzuheben und damit die Erledigung des Verfahrens herbeizuführen. Entsprechend des tatsächlichen Fortgangs von Eil- und Hauptverfahren liegt es vielmehr nahe, dass die Antragstellerin die gegenüber dem Berichterstatter erwähnte einvernehmliche Beendigung des Eilverfahrens dergestalt anstrebte, indem sie den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am Vormittag des 1. März 2021 telefonisch kontaktierte und diesem im Eilverfahren die Aufhebung des Sofortvollzugs und Kostentragung der Antragstellerin anbot, wenn die Antragsgegnerin im Gegenzug im Hauptsacheverfahren ihre Klage zurücknimmt, wie es später auch erfolgte. Insoweit ist tatsächlich davon auszugehen, dass beide Vorgänge – Eilverfahren und Hauptsacheverfahren – am Vormittag des 1. März 2021 Gegenstand eines einheitlichen Vergleichsgesprächs der Beteiligten waren, ohne dass sich das eine von dem anderen trennen lässt.
1.2.2 Demgegenüber hat es für die Entstehung der Terminsgebühr keine Bedeutung, dass die Initiative zur einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens hier von der Antragstellerin ausging und nicht vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin. Denn die Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV setzt lediglich die „Mitwirkung“ des Rechtsanwalts an solchen Besprechungen als zu vergütende Leistung voraus, ohne einschränkend vorzugeben, von welcher Verfahrensseite aus der Anstoß für das Einigungsgespräch erfolgte.
Ebenso kommt es nicht darauf an, dass die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen bereits vor den Gesprächen mit dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 1. März 2021 die Absicht gefasst hatte, den Sofortvollzug aufzuheben. Allein ausschlaggebend für die Entstehung der Terminsgebühr ist, dass ein Gespräch mit dem Ziel geführt wurde, das Verfahren zu erledigen (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 3 Rn. 180). Welche internen Absichten der Gesprächsführung zugrundeliegen, ist insoweit irrelevant. Wenn die Antragstellerin entsprechend des vorherigen rechtlichen Hinweises des Berichterstatters selbst zur Auffassung gelangte, dass kein überwiegendes Interesse am Sofortvollzug ihres Bescheides bestand, hätte sie die Entstehung der Terminsgebühr durch unmittelbare Aufhebung des Sofortvollzugs und ohne zuvor einen auf die einvernehmliche Lösung abzielenden Kontakt mit dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin aufzunehmen verhindern können.
Schließlich kann es offenbleiben, ob eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV auch noch dann entstehen kann, wenn sich die Streitsache materiell-rechtlich bereits vor der gütlichen Besprechung erledigt hat (zur Diskussion Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 3 Rn. 170 ff.). Denn die Antragstellerin hat – nach eigenem Bekunden – erst mit E-Mail an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 1. März 2021, 16:59 Uhr, den Sofortvollzug aufgehoben. Die auf die Erledigung gerichtete Besprechung der Beteiligten muss jedoch – wie oben dargelegt – bereits am Vormittag desselben Tages stattgefunden haben, sodass eine spätere Herbeiführung eines erledigenden Ereignisses seitens der Antragstellerin die Entstehung der Termingebühr nicht mehr beeinflusse konnte.
Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin an einer außergerichtlichen Besprechung mit der Antragstellerin teilgenommen, die auch auf die Erledigung des Eilverfahrens abzielte, sodass ihm eine Terminsgebühr zu erstatten ist. Die im Kostenfestsetzungsantrag vom 26. März 2021 beantragten und im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Mai 2021 festgesetzte Gebühr für eine 1,2-fache Terminsgebühr entsprechen der Höhe nach der gesetzlichen Gebühr (vgl. § 2 RVG).
2. Die Erinnerung der Antragstellerin war daher unbegründet und mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Zwar fallen für das Erinnerungsverfahren selbst keine Gerichtsgebühren an, es sind jedoch die Auslagen des Gerichts (Teil 9 Abs. 1 Halbsatz 2 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG) und eventuell die außergerichtlichen Aufwendungen der Beteiligten zu erstatten. Eine Kostenentscheidung ist deshalb veranlasst (BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – BeckRS 2004, 20013 Rn. 21; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 165 Rn. 10).
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da keine Gerichtsgebühren anfallen und eine Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG nicht von Amts wegen zu erfolgen hat (zutreffend Schneider, NJW-Spezial 2012, 603). Rein informatorisch weist das Gericht jedoch darauf hin, dass der Gegenstandwert gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers gemäß § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen ist; dabei wäre hier das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin am Ausgang der Kostenerinnerung maßgeblich, das vorliegend entsprechend der angegriffenen Festsetzung der Terminsgebühr 602,40 EUR beträgt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben