Medizinrecht

Keine Beihilfefähigkeit von Ostenil, Verstoß gegen ärztliche Gebührenordnung

Aktenzeichen  B 5 K 19.749

Datum:
29.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46097
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBhV § 22 Abs. 1 Nr. 4
BBhV § 6 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zu der ärztlichen Liquidation vom 22.10.2018, folglich kann sie deren Ablehnung durch Bescheid vom 17.01.2019 und Widerspruchsbescheid vom 24.06.2019 auch nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Beklagte hat die Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den durchgeführten Behandlungen vielmehr zu Recht abgelehnt.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die Beihilfevorschriften des Bundes, die zu dem Zeitpunkt galten, in dem die Aufwendungen entstanden sind, mithin vorliegend die Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege und Geburtsfällen (BBhV) vom 13.02.2009 in der Fassung vom 31.07.2018.
1. Die Beklagte hat das seitens des behandelnden Orthopäden der Klägerin verwandte Präparat Ostenil zu Recht als nicht beihilfefähig anerkannt. Der Beihilfefähigkeit steht § 22 Abs. 1 BBhV entgegen.
Nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während der Behandlung verbrauchte Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 und 2 des Medizinproduktegesetzes (MPG) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt, in Anlage 4 aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen, beihilfefähig.
Das Präparat Ostenil ist ein Medizinprodukt im Sinne des § 3 Nr. 1 MPG (vgl. dazu, dass es sich bei Fertigspritzen mit Hyaluronsäure auf Grund einer physikalischen Wirkungsweise bei Gelenkerkrankungen um Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes handelt, BVerwG, U.v. 12.9.2013 – 5 C 33.12 – juris, Rn. 22; BGH, U.v. 9.7.2009 – I ZR 193/06 – PharmR 2010, 297 = juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 11.3.2010 – 10 S 3090/08 – PharmR 2020, 300 = juris, Rn. 24; VG Regensburg, U.v. 18.2.2008 – RO 8 K 07.1650 – juris Rn. 71). Als Medizinprodukt ist Ostenil nur nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Nr. 4 BBhV beihilfefähig. Eine Beihilfefähigkeit bestünde daher nur, wenn das Präparat in Anlage 4 zur BBhV aufgeführt ist und die dort genannten Vorgaben erfüllt. Ostenil bzw. Fertigspritzen mit Hyaluronsäure zur Anwendung bei Gelenkerkrankungen sind jedoch in Anlage 4 zur BBhV nicht genannt. Folglich besteht keine Beihilfefähigkeit des Stoffes.
Dieser Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Medizinprodukte ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere liegt keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Dieser gebietet wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten „Mischsystem“ aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 5 C 3.12 -, ZBR 213, 249; und v. 18.02.2009 – 2 C 23.08 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18).
Das ist hier nicht der Fall. Für den Ausschluss von Medizinprodukten gibt es sachliche, im Beihilferecht angelegte Gründe. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt insbesondere nicht darin, dass Beihilfeberechtigte, denen das Medizinprodukt „Ostenil“ verabreicht wurde, die dafür aufgewendeten Kosten nicht erstattet bekommen, während die Kosten für ein Medikament mit gleicher Wirkung, das als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes einzustufen ist, vom Dienstherrn im Rahmen der Beihilfe übernommen werden. Diese Ungleichbehandlung ist im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der therapeutische Nutzen des in Rede stehenden Medizinprodukts „Ostenil“ nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft umstritten ist. Zwar gibt es Studien, in denen die Behandlung einer Gonarthrose mit hyaluronsäurehaltigen Produkten uneingeschränkt befürwortet wird (Bellamy et al., Viscosupplementation for the treatment of osteoarthritis of the knee (Review), The Cochrane Collaboration, (publ. by John Wiley & Sons), oder ihr aber zumindest ein geringer positiver Effekt zugesprochen wird (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, IGeL-Helfer „Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure“). Hinzu kommt, dass die entsprechende Therapie in der im Regelfall maßgeblichen fachlichen Leitlinie der einschlägigen „Fachgesellschaften“ – der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie (BVO) – als medikamentöse Therapie sogar der Coxarthrose mit „Symptomatic slow acting drugs“ ausdrücklich genannt wird (Nr. 11.2.). Diesen Studien stehen jedoch andere Veröffentlichungen gegenüber, nach denen die Wirksamkeit der Hyaluronsäurebehandlung nicht erwiesen werden konnte (siehe Arznei-Telegramm 2002, 39 und 2004, 15). Auch diverse Gerichtsentscheidungen gehen davon aus, dass die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva zumindest umstritten ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.09.2013 – 5 C 33.12 -, a.a.O.; VGH BW, U.v. 22.8.2012 – 2 S 2076/11 -, ESVGH 63, 128).
Bei der Bewertung der wissenschaftlichen Anerkennung von Hyaluronspritzen zur Behandlung arthrosebedingter Beschwerden war nicht – wie von Klägerseite schriftsätzlich angeregt – ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn bei der Prüfung der Wirksamkeit des Beihilfeausschlusses an dem Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kommt es allein darauf an, ob der Verordnungsgeber bei Bewertung des gegenwärtigen Standes der medizinischen Wissenschaft und unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraums zu der Erkenntnis gelangen durfte, dass die Wirksamkeit des in Rede stehenden Medizinprodukts in den einschlägigen Fachkreisen zumindest uneinheitlich beurteilt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Einholung der Meinung eines einzelnen Sachverständigen kein geeignetes Beweismittel zur Klärung der maßgeblichen Frage. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass vorliegend auch keine Pflicht zur förmlichen Vorabentscheidung über den Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO bestand. Denn die Pflicht zur förmlichen Vorabentscheidung gilt im Grundsatz nur für in der mündlichen Verhandlung gestellte unbedingte Beweisanträge, nicht dagegen für (nur) in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Beweisanträge. Zwar gebietet es der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auch im Falle einer vorangegangenen Verzichtserklärung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO einen neuen Beweisantrag entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behandeln und über ihn vor der Sachentscheidung zu entscheiden (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.2011 – 9 B 48.11 – NVwZ 2012, 376 Rn. 10; U.v. 28.11.1962 – 4 C 113.62 – BVerwGE 15, 176/176). Anders verhält es sich jedoch, wenn der Beweisantrag – wie hier – vor oder gleichzeitig mit dem Verzicht auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2013 – 1 B 15.13 – juris Rn. 7; B.v. 29.3.1979 – 7 B 27.78).
Ein Verstoß gegen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, liegt hinsichtlich des in Rede stehenden Beihilfeausschlusses ebenfalls nicht vor. In der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört (vgl. BVerfG, B.v. 7.11.2002 – 2 BvR 1053/98 – BVerfGE 106, 225; BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 5 C 3.12 – juris). Die Gewährung von Beihilfe findet jedoch ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerfG, B.v. 13.11.1990 – 2 BvF 3/88 – BVerfGE 83, 89). Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenversorgung nicht absichern kann; eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Der Dienstherr kann grundsätzlich bestimmte Arzneimittel und Medizinprodukte ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 5 C 3.12 – juris m.w.N.). Dies ist hier nach den obigen Ausführungen nicht der Fall, da die Wirksamkeit von Hyaluron zur Behandlung einer Gonarthrose in der medizinischen Wissenschaft umstritten ist.
Soweit die Klägerseite weiterhin geltend macht, dass andere Behandlungen als die seitens der Klägerin gewählte finanziell aufwändiger gewesen wären, mag dies zwar zutreffen. Dieser Umstand begründet aber keinen Anspruch auf Beihilfe. Die Beihilferegelung stellt nämlich ein Erstattungssystem dar, das sich auf tatsächlich in Anspruch genommene Aufwendungen beschränkt, was im Einklang mit der Fürsorgepflicht steht. Daher kommt eine Beihilfe unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen für tatsächlich nicht in Anspruch genommene aufwändigere Leistungen nicht in Betracht (vgl. VG Ansbach, U.v. 19.1.2010 – AN 15 K 09.02244 – juris Rn. 24).
2. Auch hinsichtlich der weiteren von Beklagtenseite nicht erstatteten Aufwendungen ergibt sich kein Beihilfeanspruch der Klägerin. Nach § 6 Abs. 1 BBhV sind Aufwendungen für Krankheits-, Pflege- und Geburtsfälle grundsätzlich nur dann beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und wirtschaftlich angemessen sind, es sei denn die BBhV sieht die Beihilfefähigkeit ausdrücklich vor. Die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen setzt nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden. Aufwendungen für ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen sind wirtschaftlich angemessen, wenn sie sich innerhalb des in der einschlägigen Gebührenordnung vorgesehenen Gebührenrahmens halten, § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV. Die Beihilfevorschriften verzichten insoweit auf eine eigenständige Umschreibung des Begriffs der Angemessenheit und verweisen auf die Vorschriften der ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnungen (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.1988 – 2 C 39.87 – juris Rn. 14).
Zuständig für die Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen ist – zunächst – nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV die Festsetzungsstelle. Zwar kann diese in der Regel davon ausgehen, dass das, was der Arzt durchgeführt oder angeordnet hat und damit auch in Rechnung gestellt wird, notwendig ist. Allerdings belegt eine ärztliche Verordnung nicht automatisch, dass jedwede Behandlung medizinisch indiziert wäre. Hat die Festsetzungsstelle Zweifel an der Notwendigkeit geltend gemachter Aufwendungen und kann sie aufgrund fehlender eigener Sachkunde diese Zweifel nicht ausräumen, kann sie nach § 51 Abs. 1 Satz 4 BBhV ein Gutachten hierzu einholen. Auf der Grundlage einer solchen Begutachtung kann sie die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen trotz ärztlicher Verordnung durch eigene Entscheidung verneinen (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2014 – 14 ZB 13.2658 – juris Rn. 7 f. m.w.N. zu den weitgehend gleichlautenden bayerischen Beihilfebestimmungen). Der Begriff der „Notwendigkeit“ von Aufwendungen stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, U.v. 20.3.2008 – 2 C 19.06 – NVwZ-RR 2008, 713 Rn. 9 m.w.N.).
Hinsichtlich der nicht als beihilfefähig anerkannten Nr. 290 GOÄ (Infiltration gewerbehärtender Mittel) führte der seitens der Beklagten auf Grundlage von § 51 Abs. 1 Satz 4 BBhV beauftragte Gutachter aus, dass die hier vorgenommene intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure bereits keine Infiltration gewebehärtender Mittel darstelle. Diesen nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Gutachters ist die Klägerseite bereits nicht substantiiert entgegengetreten. Da die in Rede stehende Anwendung somit bereits den Tatbestand der vorgenannten Abrechnungsziffer nicht erfüllt, ist die Streichung nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Nrn. 370 (Kontrastmitteleinbringung Gänge/Fisteln) und 373 GOÄ (Kontrastmitteleinbringung Gelenk) führte der Gutachter aus, dass die Einbringung von Kontrastmittel in das Kniegelenk im Zusammenhang mit der intraartikulären Injektion nicht als eigenständige Leistung in Anrechnung zu bringen gewesen sei, da diese Maßnahme lediglich dazu gedient habe, die exakte Positionierung der Kanüle zu prüfen. Auch diesen überzeugenden gutachterlichen Ausführungen ist die Klägerseite nicht entgegengetreten. Im Übrigen ergibt sich aus den Kommentierungen zur GOÄ zu Kontrastmitteleinbringungen (Nrn. 340ff.), dass die zur Einbringung des Kontrastmittels erforderlichen Maßnahmen wie Sondierungen, Injektionen, Punktionen, Gefäßkatheterismus und Probeinjektionen und gegebenenfalls anschließende Wundnähte und Entfernung(en) des Kontrastmittels Bestandteile der Leistung und nicht gesondert berechnungsfähig sind. Dies gilt auch für gegebenenfalls notwendige Durchleuchtungen zur Kontrolle der Lage eines Katheters oder einer Punktionsnadel (vgl. http://www.e-bis.de/goae/Goae00000030.html).
Zu Recht erkannte die Beklagte weiterhin eine Beihilfefähigkeit der abgerechneten GOÄ-Nr. 446 (Zuschlag, ambulante Anästhesie mit 200 bis 399) nicht an. Entsprechend den unwidersprochenen Ausführungen des Gutachters hat eine ambulante Anästhesie im Sinne der vorgenannten Abrechnungsziffer nicht stattgefunden.
Rechtsfehler sind weiterhin nicht ersichtlich, soweit eine Beihilfefähigkeit der Nrn. 477 (Armplexus-/Paravetrebralanästhesie) und 3306a GOÄ (Chirotherapeutischer Eingriff) nicht anerkannt wurde. Nach den plausiblen und widerspruchsfreien Ausführungen des Gutachters sind eine weitergehende Anästhesie im Nachgang einer intraartikulären Injektion sowie die Durchführung einer intraartikulären Injektion nicht erforderlich. Auch diesen überzeugenden Ausführungen ist die Klägerseite nicht substantiiert entgegentreten.
Der von Beklagtenseite beauftragte Gutachter hat sich in seinen schriftlichen Ausführungen dezidiert mit den Befunden der behandelnden Ärzte sowie dem Physiotherapiebericht vom 10.12.2018 auseinandergesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten methodisch fehlerbehaftet oder der Gutachter von einem unzutreffenden bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen wäre, bestehen nicht und wurden von Klägerseite auch nicht vorgetragen.
Soweit der Klägerin in der Vergangenheit (vorgeblich) Aufwendungen für vergleichbare Arztleistungen anstandslos von der Beklagten anerkannt und beglichen worden sein sollen, kann sie daraus keinen Anspruch ableiten, dass ein rechtswidriger Bescheid in gleicher Form erlassen wird. Die vorschriftskonforme Handhabung einer Norm für die Zukunft verletzt keine schützenswerte, das Vertrauen auf ihren Bestand rechtfertigende Rechtsposition des Betroffenen, so dass sich auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine vollständige Erstattungspflicht durch die Beklagte nicht ergibt. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet lediglich, wesentlich Gleiches gleich und wesentliches Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG gewährt aber keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht.
Soweit im Rahmen der Klagebegründung ausgeführt wird, dass der Klägerin die erbrachten physiotherapeutischen Leistungen im Rahmen der Beihilfegewährung zu erstatten seien, gehen die Ausführungen ins Leere. Denn mit der ärztlichen Liquidation vom 22.10.2018, die entsprechend dem Vortrag der Klägerseite hier ausschließlich verfahrensgegenständlich ist, wurden schon keine physiotherapeutischen Leistungen abgerechnet. Auch wurde nicht ansatzweise vorgetragen, inwieweit der Klägerin derartige Behandlungsmaßnahmen nicht entsprechend ihres Beihilfebemessungssatzes erstattet worden seien.
II.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.


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