Medizinrecht

Krankheitskostenversicherung: Erstattungsfähigkeit des Entgelts für allgemeine Krankenhausleistungen einer mit einem Plankrankenhaus verbundenen Privatklinik

Aktenzeichen  1 U 29/17

Datum:
19.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144888
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VVG § 14, § 192
KHG § 2 Nr. 1, § 17 Abs. 1 S. 5, § 20 S. 1
BGB § 134
MB/KK § 4 Abs. 1 S. 4, § 6 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Soweit eine Vergütungsvereinbarung mit einer Privatklinik die Zahlung höherer als die nach § 17 Abs. 1 S. 5 KHG pflegesatzfähigen Beträge vorsieht, kann sie gemäß § 134 BGB nichtig sein, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (Anschluss an OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 118794; s.a. OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 109061; OLG Saarbrücken BeckRS 2017, 143205). (Rn. 25 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die von § 17 Abs. 1 S. 5 KHG geforderte organisatorische Verbindung zwischen Privatklinik und Plankrankenhaus liegt vor, wenn die Verbindung durch rechtliche Grundlagen wie beispielsweise eine gemeinsame Trägerschaft verankert ist oder in sonstiger Weise besteht. Dieses kann etwa durch Nutzung gemeinsamen Personals oder der identischen Infrastruktur (Räume, Gerätschaften, Netzwerke, Versorgungsleistungen) der Fall sein (unter Hinweis auf BVerfG BeckRS 2013, 55281; s.a. OLG Saarbrücken BeckRS 2017, 143205 Rn. 38 ff.). (Rn. 30 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Durch § 20 S. 1 KHG wird nicht die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 S. 5 KHG auf eine weitergehende Abrechnung der Privatklinik ausgeschlossen. § 20 S. 1 KHG ist einschränkend dahingehend auszulegen, dass die kostenbegrenzende Vorschrift des § 17 Abs. 1 S. 5 KHG von dem Anwendungsausschluss des § 20 S. 1 KHG nicht erfasst wird (Anschluss an OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 118794; s.a. OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 109061; OLG Saarbrücken BeckRS 2017, 143205). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Bestimmung des § 17 Abs. 1 S. 5 KHG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Anschluss an OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 109061; BeckRS 2017, 118794; so auch OLG Saarbrücken BeckRS 2017, 143205 Rn. 30 ff.). (Rn. 37 – 40) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

14 O 147/16 2017-03-03 Endurteil LGCOBURG LG Coburg

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 03.03.2017, Az. 14 O 147/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Coburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger macht die Erstattung restlicher Behandlungskosten für eine stationäre Heilbehandlung in der Privatklinik Z. Sportklinik in X. aufgrund eines privaten Krankenversicherungsvertrages geltend.
1. Zwischen den Parteien besteht ein Krankenversicherungsvertrag gemäß Versicherungsschein vom 17.01.2012, der unter anderem die Erstattung der Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung umfasst.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten sehen in § 4 Abs. 1 Satz 4 vor, dass bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern hat, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und Krankengeschichten führen. In § 6 Abs. 1 Satz 2 der Bedingungen wird darauf verwiesen, dass sich die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Leistungen des Versicherers aus § 14 VVG ergeben.
Der Kläger schloss am 07.04.2012 einen Behandlungsvertrag mit der E. Klinik GmbH als Trägerin der Z. Sportklinik ab. Am 25.04.2012 wurde der Kläger an der rechten Hüfte operiert und bis 02.05.2012 in der Z. Sportklinik stationär behandelt. Die Z. Sportklinik stellte dem Kläger für die Behandlung Kosten in Höhe von 15.405,97 € in Rechnung. Auf diese Rechnung erstattete die Beklagte an den Kläger einen Betrag in Höhe von 7.361,32 €. Dieser Betrag entspricht dem Betrag, den ein Plankrankenhaus für die Behandlung des Klägers abgerechnet hätte. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 952,00 € für die Implantation einer M. Hüftkappenprothese ist die Klage erstinstanzlich im Termin zurückgenommen worden.
Der Kläger begehrt mit der Klage die restliche Kostenerstattung. In erster Instanz hat er vorgetragen, dass es zwischen der Z. Klinik (Plankrankenhaus) und der Z. Sportklinik (Privatklinik) keine räumliche und organisatorische Verbundenheit gebe. Das Krankenhausentgeltgesetz sei auf die Z. Sportklinik nicht anwendbar, daher sei diese auch nicht an die Abrechnungsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG gebunden. Ein etwaiger Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG führe daher nicht zur Nichtigkeit des Behandlungsvertrages. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Norm bestünden Bedenken. Eine umfassende Aufklärungspflicht gegenüber den Patienten über die Unterschiede in den Kliniken bestehe nicht. Trotzdem würden alle Patienten, so auch der Kläger, umfassend über die Unterschiede in den beiden Kliniken aufgeklärt. Die Fälligkeit der Forderung ergebe sich allein aus § 6 der AVB der Beklagten und § 14 VVG, das Vorliegen einer von der Beklagten behaupteten Stundungsabrede werde bestritten. Auch bestehe keine Verpflichtung des Klägers, sich darüber zu erklären, ob er mit der Z. Sportklinik eine Stundungsabrede getroffen habe und wenn ja, welchen Inhalt diese habe. Der Kläger ist schließlich der Auffassung, die Beklagte schulde ihm die Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Rechtsanwälte in Höhe von 808,13 €. Er behauptet, dass die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten am 25.02.2016 gezahlt worden seien.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die Abrechnung der Z. Sportklinik gegenüber dem Kläger gegen § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG n.F. verstoße. Diese Bestimmung sei ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Seit dem 01.01.2012 dürften Privatkliniken, die ihre allgemeinen Krankenhausleistungen im Verbund mit Plankrankenhäusern anbieten, ihren Privatpatienten keine höheren Entgelte in Rechnung stellen, als Privatpatienten für die gleiche Behandlung im Plankrankenhaus hätten bezahlen müssen. Die Z. Sportklinik falle unter § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG. Folge sei, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und der Klinik nicht nichtig sei, sondern unter Zugrundelegung des zulässigen Preises fortbestehe. Die Privatpatienten würden bewusst in die Z. Sportklinik zur Erzielung höherer Entgelte als im Plankrankenhaus Z. Klinik gesteuert. Es handele sich um einen sittenwidrigen und damit unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, da die Privatklinik zur Gewinnoptimierung im Einverständnis mit dem Kläger einseitig die Beklagte als private Krankenversicherung schädige. Dabei finde keine Aufklärung der Patienten darüber statt, dass dieselben medizinischen Leistungen in der Z. Sportklinik zu höheren Preisen angeboten würden. Der Unterschied zwischen den beiden Bereichen sei bei der Aufnahme für den Patienten nicht erkennbar aufgrund des für beide Kliniken einheitlichen Eingangs und Empfangs und der optischen Einheit des Gebäudes, in dem beide Kliniken untergebracht seien. Die Klinik habe eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt. Daraus resultiere ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe des restlichen Vergütungsanspruchs, mit dem die Aufrechnung erklärt werden könne. Außerdem habe der Kläger wie andere Patienten in vergleichbaren Verfahren betreffend Behandlungen in der Z. Sportklink vor dem Landgericht Mannheim und dem OLG Karlsruhe (dort Urteil vom 01.05.2015, Az. 12 U 46/15) eine Stundungsabrede mit der Z. Sportklinik abgeschlossen; deswegen sei die Forderung nicht fällig.
2. Mit am 03.03.2017 verkündeten Endurteil hat das Landgericht Coburg die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, dass ein etwaiger Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf weitere Zahlung über den bereits gezahlten Betrag hinaus jedenfalls nicht fällig sei.
Eine Stundungsvereinbarung sei von der Beklagten substantiiert behauptet worden, indem die Beklagte die in dem Verfahren vor dem OLG Karlsruhe bestehende Abrede vorgelegt und behauptet habe, eine gleichlautende Abrede sei auch mit dem Kläger getroffen worden. Der Kläger habe es abgelehnt, trotz mit Verfügung vom 13.12.2016 ergangener Aufforderung des Gerichts sich darüber zu erklären, ob er mit der Z. Sportklinik eine Stundungsabrede getroffen und welchen Inhalt diese habe. Er habe schriftsätzlich lediglich bestritten, dass eine solche Abrede getroffen worden sei. Ein solches bloßes Bestreiten sei nicht zulässig. Bei der behaupteten Stundungsabrede handele es sich um eine Tatsache, die Gegenstand einer eigenen Handlung des Klägers gewesen sein müsse, sofern er eine entsprechende Abrede getroffen habe, § 138 Abs. 4 ZPO, worauf der Kläger auch hingewiesen worden sei. Infolge des unzulässigen Bestreitens ohne eigenen Vortrag sei der Vortrag der Beklagten zum Vorliegen einer Stundungsabrede mit dem geschilderten Inhalt als zugestanden anzusehen, § 138 Abs. 3 ZPO.
Nach dem Inhalt der Vereinbarung sei ein möglicher weiterer Entgeltanspruch des Krankenhausträgers daher noch nicht fällig. Soweit auf der dem Kläger erteilten Rechnung vom 08.05.2012 vermerkt sei, dass der ausgewiesene Betrag „zahlbar innerhalb von 30 Tagen, spätestens zum 07.06.2012 rein netto ohne Abzug“ sei, vermöge dieser einseitige Hinweis die zwischen den Partien bereits vor der Operation bestehende Stundungsabrede nicht außer Kraft zu setzen.
Ein Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € bestehe somit ebenfalls nicht. Hinzu komme, dass der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er vorgerichtliche Anwaltskosten an seine Rechtsanwälte bezahlt habe.
3. Gegen diese der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.03.2017 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner am 18.04.2017 eingegangenen und nach zweimaliger Fristverlängerung am 04.07.2017 begründeten Berufung.
Die Berufung rügt, dass der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, sich zu dem unsubstantiierten Vortrag der Beklagten hinsichtlich des Bestehens einer Stundungsabrede zu äußern. Die Erklärungspflicht gemäß § 138 Abs. 2 ZPO setze voraus, dass die andere Partei ihrer Darlegungslast genüge, d.h. die erforderlichen Tatsachen vorgetragen habe. Daran fehle es hier. Die Beklagte habe hier keine Tatsachen vorgetragen, sondern nur eine pauschale Vermutung, die mit nichts näher begründet worden sei.
Darüber hinaus seien auch die Ausführungen in dem von der Gegenseite zitierten Urteil des OLG Karlsruhe rechtsfehlerhaft. Das OLG Karlsruhe hätte sich damit auseinandersetzen müssen, ob trotz der Verwendung des Begriffes „Stundung“ tatsächlich nicht ein Stillhalteabkommen gemeint gewesen sei, mithin eine Abrede, die Forderung zeitweilig nicht geltend zu machen bis zu einer eventuellen Erhebung der Einrede durch den Schuldner. Die Stundung sei eine nachträgliche Änderung der Fälligkeitsbestimmung. In dem durch das OLG Karlsruhe entschiedenen Fall sei keine nachträgliche Vereinbarung zustande gekommen, sondern die Vereinbarung sei vor der Operation, damit auch vor Rechnungsstellung erfolgt und habe somit als Stillhalteabkommen ausgelegt werden können.
Darüber hinaus sei die Fälligkeit der Erstattungsforderung in § 6 der AVB der Krankenversicherer in Verbindung mit § 14 VVG abschließend geregelt. Danach seien Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungen des Versicherers notwendigen Feststellungen. Im vorliegenden Fall sei die Erstattungsforderung fällig geworden, nachdem der Kläger die Rechnung eingereicht habe und diese von der Beklagten geprüft worden sei. Erstattungsleistungen eines Krankenversicherers seien in der Regel nicht zweckgebunden. Sie würden unabhängig davon gewährt, ob der Schuldner die Kosten bereits bezahlt habe. Die Auszahlung der Versicherungsleistung sei gemäß § 6 Abs. 1 MB/KK lediglich davon abhängig, dass die geforderten Nachweise erbracht seien. Mit den Vorschriften des § 6 AVB und § 14 VVG sei die Fälligkeit abschließend geregelt. Für allgemeine Erwägungen aus der Rechtsnatur der Passivenversicherung sei kein Raum; das gelte auch für die Fälligkeit. Sei der Erstattungsanspruch einmal fällig geworden, könne sich das Hinausschieben der Fälligkeit im Verhältnis Patient/Behandler nicht auf das Versicherungsvertragsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer auswirken, weil die Erstattungspflicht als solche unberührt bleibe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 7.092,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.12.2015 sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 808,13 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über jeweiligen Basiszinssatz seit 30.12.2015 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil – 14 O 147/15 – des Landgerichts Coburg vom 03.03.2017 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags. Betreffend die Stundungsvereinbarung führt sie aus, dass zwischenzeitlich in mehreren Parallelverfahren der Beklagten mit anderen Patienten der Z. Sportklinik vor dem Landgericht Coburg das Vorliegen von Stundungsvereinbarungen eingeräumt worden sei.
Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Der zulässigen Berufung bleibt der Erfolg versagt. Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine weitergehende Zahlung zu, welche die bereits erstatteten Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Fallpauschalensystem übersteigen.
Bei der durch das Landgericht für die Abweisung der Klage herangezogenen fehlenden Fälligkeit der Forderung handelt es sich zwar um eine systematisch nachrangige Frage, die eine Prüfung des grundsätzlichen Bestehens der Forderung nicht entbehrlich macht (1.). Allerdings ist der Behandlungsvertrag gem. § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG i.V.m. § 134 BGB nichtig, so dass die klageweise geltend gemachte Forderung nicht besteht (2.). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG bestehen nicht (3.).
1. Nachdem das Landgericht vorliegend die Klageabweisung allein auf die fehlende Fälligkeit gestützt hat, hätte es die Klage zutreffenderweise als derzeit unbegründet abweisen müssen (BGH, Urteil v. 28.10.1999, Az. VII ZR 326/98). Im Falle der Abweisung eines Zahlungsanspruchs als (noch) nicht fällig erwächst gemäß § 322 Abs. 1 ZPO in materielle Rechtskraft, dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess gegen den Beklagten keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte. Dieses hat präjudizielle Wirkungen in dem Sinne, dass die im Vorprozess entschiedene Rechtsfolge im nachfolgenden Prozess einer erneuten rechtlichen Würdigung nicht zugänglich ist. Soweit ein Klageanspruch rechtskräftig abgewiesen ist, ist es den Parteien versagt, sich in einem zweiten Prozess zu dieser Feststellung in Widerspruch zu setzen. Die Fälligkeit des Anspruchs kann daher im Folgeprozess nur aufgrund von nach dem Erstprozess entstandenen neuen Tatsachen angenommen werden (BGH, Beschluss v. 23. 01.2014, Az. VII ZB 49/13). Hingegen reicht die Wirkung der Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO bei Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs weiter und steht jedweder zukünftiger Geltendmachung außerhalb der Grenzen der §§ 578 ff. ZPO entgegen. Daher darf die Frage des Bestehens des Anspruchs auch bei Verneinung von dessen Fälligkeit nicht offen bleiben (Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, Vor § 322 Rn.56).
Es ist somit vorrangig vor der Fälligkeit des Anspruchs des Klägers auf weitergehende Vergütung zu prüfen, ob dieser Anspruch dem Grund nach besteht. Einer endgültigen Abweisung steht dabei das Verbot der Schlechterstellung des Klägers auch dann nicht entgegen, wenn die Klage in erster Instanz lediglich aufgrund fehlender Fälligkeit als unbegründet abgewiesen worden ist und nur der Kläger Berufung eingelegt hat (grundlegend BGH, Urteil v. 21.04.1988, Az. VII ZR 372/86).
2. Die Forderung der Klägerin ist auf die vom Beklagten bzw. dessen Krankenversicherung bereits ausgeglichenen Leistungen begrenzt. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe an, dass eine Vergütungsvereinbarung gem. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, soweit sie höhere als die nach § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG pflegesatzfähigen Beträge vorsieht (OLG Karlsruhe, Urteil v. 28.03.2017, Az.12 U 143/16 Urteil v. 19.07.2017, Az. 10 U 2/17).
a. Bei § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG handelt es sich um ein Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB. Mit der Formulierung „Eine Einrichtung, die in räumlicher Nähe zu einem Krankenhaus liegt und mit diesem organisatorisch verbunden ist, darf für allgemeine, dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses entsprechende Krankenhausleistungen keine höheren Entgelte verlangen…” wendet sich die Norm nicht nur gegen die Umstände des Zustandekommens des Behandlungsvertrags, sondern untersagt das Geschäft als solches (vgl. MüKo-BGB-Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 42), soweit die Vergütung diejenige der zulässigen Abrechnung eines Plankrankenhauses übersteigt. Adressat dieses Verbotes ist neben der behandelnden Einrichtung auch der wirkungsbegünstigte Patient.
b. Bei der Z. Sportklinik und der in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommenen Z. Klinik handelt es sich um verbundene Einrichtungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG, welche die Merkmale einer räumlichen Nähe sowie einer organisatorischen Verbundenheit erfüllen. Die Z. Sportklinik stellt als Krankenhaus begrifflich eine Einrichtung im Sinne von KHG dar, § 2 Nr. 1 KHG.
(1) Eine räumliche Nähe im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG setzt regelmäßig voraus, dass die private Einrichtung auf dem gleichen Gelände oder in geographischer Nähe zum Plankrankenhaus angesiedelt ist (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs.17/8005, S. 133). Es bestehen nach Auffassung des Senats vorliegend keine Zweifel an einer hinreichenden räumlichen Beziehung. Sowohl die Z. Sportklinik (Träger E. Klinik GmbH) wie auch die Z. Klinik (Träger B. Klinik GmbH) firmieren gemeinschaftlich unter der Adresse A. Str. xx in X.. Es handelt sich um einen durch einen Eingangsbereich verbundenen Gebäudekomplex. Der gemeinsame Internetauftritt der Kliniken beschreibt ebenfalls die nicht gegebene Trennung (Stand 01.10.2017): „Die effizient geplanten ineinander greifenden Klinikbereiche gewährleisten eine optimale medizinische Behandlung und Versorgung unter einem Dach. … Sie (die Eingangshalle) dient als verbindendes Element von zwei Gebäudeteilen, in denen die Klinikbereiche und verschiedene Praxen untergebracht sind.“
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Nutzung eines weiteren 850 Meter entfernten Standortes in der W.-Straße in X. der Annahme einer räumlichen Nähe der Kliniken nicht entgegen. Es ist bereits nicht hinreichend vorgetragen, welche Leistungen in welchem Umfang an diesem Standort erbracht werden. Der vorbezeichnete Internetauftritt geht auf den weiteren Standort nicht ein, sondern stellt allein auf den einheitlichen Gebäudekomplex in der A. Str. ab (so auch OLG Karlsruhe, Urteil v. 19.07.2017, Az. 10 U 2/17). Letztlich kann dieses jedoch dahinstehen, da bereits der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots nach § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG bei der Auslegung des Begriffs der räumlichen Nähe vorliegend deren Bejahung unabweisbar macht. Über dieses Kriterium soll unter anderem erreicht werden, dass Patienten nicht Zugang zu einer einheitlichen Einrichtung haben, in der entgegen der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG unterschiedliche Tarifsysteme angewendet werden, da hiermit eine Lenkung der Patienten durch den Klinikträger ermöglicht wird. Dieses ist beim durch den Kläger in Anspruch genommenen Klinikverbund bereits durch den unstreitig bestehenden gemeinsamen Empfangs- und Anmeldungsbereich der Fall.
(2) Von einer organisatorischen Verbundenheit der Kliniken ist auszugehen, wenn diese durch rechtliche Grundlagen wie beispielsweise eine gemeinsame Trägerschaft verankert ist oder in sonstiger Weise besteht. Dieses kann etwa durch Nutzung gemeinsamen Personal oder der identischen Infrastruktur (Räume, Gerätschaften, Netzwerke, Versorgungsleistungen) der Fall sein (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs.17/8005, S. 174; auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 20.08.2013, Az. 1 BvR 2402/12).
Zwischen der Z. Klinik und der Z. Sportklinik besteht eine hinreichende gesellschaftsrechtliche Verbundenheit. Der Berufung ist nicht darin zu folgen, dass es hierfür einer Identität der jeweiligen Träger der Klinik oder einer Form der gegenseitigen Beherrschung bedürfe. Die Z. Sportklinik und die Z. Klinik sind unstreitig jedenfalls mittelbar über ihre Gesellschafter (Prof. I., Dr. N.) verbunden. Hiermit gehen gemeinsame wirtschaftliche Interessen einher, die nicht durch die Zwischenschaltung verschiedener Gesellschaften als formale Träger der Kliniken zurücktreten. Ferner werden die Kliniken durch dieselben Geschäftsführer vertreten. Vom Kläger wurde zudem den Angaben im Schriftsatz der Beklagten vom 21.06.2016 (Bl. 109 d.A.) nicht substantiiert entgegen getreten, wonach zahlreiche, vor allem nicht direkt der ärztlichen Versorgung zugeordnete Räumlichkeiten (Wartezimmer, Patientenaufnahme, Verwaltung, Buchhaltung, Personalabteilung, Empfangshalle, Geschäftsleitung) parallel genutzt werden. Die Nutzung wirtschaftlicher Synergieeffekte durch Schaffung gemeinsamer Strukturen, wie beispielsweise auch der gemeinsamen Internetpräsenz, ist typisches Kennzeichen einer organisatorischen Verbundenheit.
c. Durch § 20 S. 1 KHG wird nicht die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 Satz 5 auf eine weitergehende Abrechnung der Z. Sportklinik ausgeschlossen. § 20 S. 1 KHG ist einschränkend dahingehend auszulegen, dass die kostenbegrenzende Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG von dem Anwendungsausschluss des § 20 Satz 1 KHG nicht erfasst wird. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Karlsruhe im Urteil vom 19.07.2017 an (Az. 10 U 2/17) an, auf die zunächst Bezug genommen wird.
Der mit der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG unter anderem verfolgte Zweck, allen Versicherten zu sozial tragbaren Pflegesätzen Zugang zu allgemeinen Krankenhausleistungen zu gewährleisten (vgl. Begründung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BTDrs. 17/8005, S. 133 auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. August 2013, Az. 1 BvR 2402/12) würde konterkariert, wenn alle nicht staatlichen Kliniken aus dem Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 5 ausgeschlossen wären. Die Regelung würde in diesem Fall faktisch leerlaufen. Überdies handelt es sich bei § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG im Verhältnis zu § 20 KHG um eine nachträgliche geschaffene, speziellere Vorschrift, die dieser bereits aus diesem Grund vorgeht (OLG Karlsruhe, a.a.O.).
d. Einer Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG steht ferner nicht entgegen, dass die vom Kläger im Rahmen der Behandlung in Anspruch genommene Z. Sportklinik nicht durch Ausgliederung aus einem bestehenden Plankrankenhaus gegründet wurde.
Zwar lagen der durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.04.2011, Az. III ZR 114/10) veranlassten Einführung der Entgeltbindung nach § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung im Gesetzgebungsverfahren Fälle der Ausgründung von Privatkliniken aus Plankrankenhäusern zugrunde (vgl. Begründung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BTDrs. 17/8005, S. 133). Der Wortlaut von § 17 Abs. 1 Satz 1 KHG bietet indes keinen Anhaltspunkt für eine Differenzierung zwischen (nicht erfassten) Ausgründungen von Plankrankenhäusern aus Privatkliniken und dem umgekehrten Fall der Neugründung eines Plankrankenhauses bei bereits existenter Privatklinik. Alleiniges gesetzliches Kriterium sind die räumliche Nähe und organisatorische Verbundenheit. Dieses steht im Einklang mit dem gesetzgeberische Ziel, Privatpatienten und Kostenträger vor unzumutbaren Belastungen zu bewahren (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BTDrs. 17/8005, S. 133; auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20.08.2013, Az. 1 BvR 2402/12). Die Gefahr einer Quersubventionierung der Leistungen eines Plankrankenhauses durch erhöht abgerechnete Privattarife besteht unabhängig von der Gründungsreihenfolge der umfassten Kliniken. Zurecht weist in diesem Zusammenhang das OLG Karlsruhe (Urteil v. 19.07.2017, Az. 10 U 2/17) darauf hin, dass es auch mit Blick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz kaum zu rechtfertigen wäre, aus einem Plankrankenhaus ausgegründete Privatkliniken der Entgeltbindung zu unterwerfen, nicht aber im selben Umfang organisatorisch und räumlich mit einem Plankrankenhaus verbundene Privatkliniken, die zeitlich vor dem Plankrankenhaus bestanden haben.
Nicht zuletzt hat auch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seines Nichtannahmebeschlusses (a.a.O.) beide Konstellationen erwähnt – sowohl zunächst als zugelassene Krankenhäuser errichtete und betriebene Einrichtungen, die dann teilweise als Privatkliniken ausgründeten wurden wie auch zunächst betriebene Privatkliniken, aus denen sich dann ein Plankrankenhaus entwickelte – und ohne Differenzierung im Rahmen des durch die Verfassungsbeschwerde vorgegebenen Prüfungsrahmens die Verfassungsmäßigkeit von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG angenommen.
3. Die von der Berufung weiterhin geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG sind zur Überzeugung des Senats nicht durchgreifend. Sowohl die Einwände des Klägers gegen die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes bezogen auf das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch mögliche nicht gerechtfertigte Eingriffe in grundrechtliche geschützte Positionen der Privatkliniken aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG hat das BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 28.03.2017 (a.a.O.) als nicht begründet angesehen.
Soweit die Berufung auf die umfassenden erstinstanzlichen Ausführungen zum formellen Gesetzgebungsverfahren Bezug nimmt, verhilft ihr das ebenfalls nicht zum Erfolg. Es handelt sich mit der Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG im Rahmen der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz) weder um eine nur im Rahmen eines eigenständigen Gesetzgebungsverfahrens einzuführende sachfremde Materie, noch ist ersichtlich, dass die Informations- und Mitwirkungsrechte der Abgeordneten im parlamentarischen Verfahren unzulässig verkürzt wurden.
Die aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit eingefügte Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG eingefügte Regelung steht in unmittelbarem Sachzusammenhang mit dem Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bereits die Vermeidung von Quersubventionierungen durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung an mit Privatkliniken verbundene Plankrankenhäuser stellt einen hinreichenden Bezug zu der im GKV-Versorgungsstrukturgesetz behandelten Problematik dar (so zutreffend OLG Karlsruhe, Urteil v. 19.07.2017, Az. 10 U 2/17).
Der Berufungsführer zeigt auch nicht auf, dass den Abgeordneten zwischen der Beschlussempfehlung des Ausschusses vom 30.11.2011 und der Durchführung der 2. und 3. Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag am 01.12.2011 eine hinreichende Kenntnisnahme von der Regelungsmaterie nicht möglich war. Die Ergänzung von § 17 Abs. 1 KHG befand sich auf S. 81 der Synopse des Gesetzesentwurfs sowie der Ausschussempfehlung. Die Änderungen gegenüber dem in 1. Lesung des Bundestags am 23.09.2011 beratenen Gesetzentwurf waren in der Beschlussempfehlung hinreichend hervorgehoben. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine Kenntnisnahme von der umfassenden Begründung der Ergänzung auf S. 133 des Ausschussberichts nicht erfolgen konnte (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Urteil v. 28. März 2017, Az. 12 U 143/16).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Sache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in 1 U 29/17 Seite 11 einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (MüKo-ZPO-Krüger, 5. Aufl. 2016, § 543 Rn. 6). Dieses ist in Bezug auf den entscheidungserheblichen Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG der Fall, der bislang noch nicht Gegenstand höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen ist.


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