Medizinrecht

Pflegeleistungen nach dem SGB XII im einstweiligen Rechtsschutz

Aktenzeichen  S 20 SO 82/19 ER

Datum:
3.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 11153
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 86a Abs. 1, § 86b Abs. 1, Abs. 2 S. 4
SGB V § 264
SGB XI § 15
SGB XII § 18, § 61b, § 62, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a), § 61 Abs. 1, § 63a, § 64, § 64a Abs. 1, § 137, § 138 Abs. 1 S. 1
SGB X § 45 Abs. 4 S. 2, § 48 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1 Ist der Antragsteller nicht pflegeversichert, eröffnet § 61 Abs. 1 SGB XII die Möglichkeit auf Pflegeleistungen. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Antragsgegnerin hat einen klaren gesetzgeberischen Auftrag, aufgrund der Rechtsänderung zum 1.1.2017 die Pflegebedürftigkeit der Antragsteller von Amts wegen unter Zuhilfenahme des MDK zu überprüfen. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
3 § 138 SGB XII sichert dem jeweiligen bisherigen Pflegebedürftigen einerseits die Weitergewährung der bisherigen Leistungen über den 1.1.2017 hinaus bis zum Abschluss des Neufeststellungsverfahrens, schützt vor Rückforderungen von Überzahlungen und garantiert im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatzes auch rückwirkend gegebenenfalls eine Nachzahlung. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
4 § 138 SGB XII ist dabei teleologisch zu reduzieren, dass die Norm nur einen Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der bisherigen Leistungen bis zur ersten Neufeststellungsentscheidung der Verwaltung bietet. (Rn. 67 – 70 und 81) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern im Rahmen der Hilfe zur Pflege Pflegegeld in Höhe von monatlich insgesamt € 371,42 für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis einschließlich 31.07.2017 vorläufig und vorbehaltlich einer endgültigen Entscheidung im Klageverfahren S 20 SO 52/19 zu gewähren und zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
III. Die Antragsgegnerin trägt ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller dem Grunde nach.
IV. Gerichtskosten werden für das Verfahren nicht erhoben.
V. Den Antragstellern wird ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt.

Gründe

Der zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhobene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich als zulässig und teilweise begründet. Für den Zeitraum vom 01.04. 2017 bis 31.07.2017 ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz begründet, für die Zeit ab dem 01.08.2018 bis laufend nicht.
I.
Nach pflichtgemäßer Auslegung des Antragsbegehrens kommt das erkennende Gericht zu dem Ergebnis, dass Ziel des Antrags die Auszahlung von Pflegegeld für den Zeitraum ab dem 01.04.2017 bis auf weiteres ist. Das bedeutet aber, dass eine letztlich nur auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 22.03.2017 und damit auf schlichte Anfechtung bzw. Kassation gerichtete Betrachtung dem Begehren der AS nicht gerecht würde. Eine schlichte Kassation entweder der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 22.03.2017 oder dieses Bescheides selbst würde lediglich dazu führen, dass der Bewilligungsbescheid vom 12.07.2016 wiederauflebt, mit der Folge, dass die Leistungspflicht der AG wieder greifen würde, allerdings eben nur bis zum letzten Tage dieses Bewilligungszeitraums, also bis zum 31.07.2017, was hinsichtlich des Antragsbegehrens, das ab dem 01.04.2017 bis laufend und in die Zukunft gerichtet ist, eindeutig zu kurz greifen würde. Insbesondere für die Zeit ab dem 01.08.2017 wäre durch eine schlichte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe der Antragsteller deren Anliegen nicht abgeholfen. Es bedarf daher insbesondere ab dem 01.08.2017 einer einstweiligen Regelung durch das Gericht, weil das entsprechende Hauptsachebegehren ab diesem Datum eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage wäre. Aber auch für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis einschließlich 31.07.2017 begrenzt sich das Begehren der AS in der Hauptsache nicht auf die schlichte Kassation des Bescheides vom 22.03.2017, sondern begehrt wird schließlich auch die Auszahlung des Pflegegeldes, so dass auch hier nicht die reine Anfechtungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft wäre.
Vor diesem Hintergrund beschränkt sich also das Begehren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nämlich als Ziel die Herstellung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen, so dass vorliegend ein Fall des § 86b Abs. 2 SGG einschlägig ist.
Nach § 86b Absatz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte („Sicherungsanordnung“). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint („Regelungsanordnung“).
Voraussetzung ist in jedem Falle nach § 86b Absatz 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Zivilprozessordnung (ZPO) das Vorliegen eines Anordnungsanspruches (I.) und eines Anordnungsgrundes (II.).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringer sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und umgekehrt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 86b, RdNr. 27).
Handelt es sich um existenzsichernde Leistungen, die in Frage stehen, dürfen die Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und -anspruches nicht überspitzt werden. Gegebenenfalls ist anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des AS zu entscheiden. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Aktenzeichen: 1 BvR 569/05).
Gänzlich entfallen darf jedoch weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund. Beide sind nach § 86b Absatz 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 ZPO glaubhaft zu machen.
Aufgrund der Existenz des letzten Bewilligungsbescheides vom 12.07.2016 für den Weiterbewilligungszeitraum vom 01.08.2016 bis einschließlich 31.07.2017 ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung gegeben sind, hierbei jeweils bei der Prüfung jeweils zu differenzieren zwischen dem Zeitraum vom 01.04.2017 bis einschließlich 31.07.2017, dem Zeitraum ab dem 01.08.2017 bis zur Stellung des Eilantrages und dem Zeitraum ab Stellung des Eilantrages.
1. Ein Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn dem Antragsteller ein materielles Recht zusteht, auf das sich sein Eilantrag bezieht. Ist sein Begehren offensichtlich unbegründet oder unzulässig, ist ein schützenswertes Recht nicht vorhanden, ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Ist sein Begehren offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Güterabwägung erforderlich im Hinblick auf die Folgen, ebenso bei existenzsichernden Leistungen.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist, nämlich in dem Sinne, dass die AS einen feststehenden Anspruch auf das von ihnen begehrte Pflegegeld aufgrund des Bescheides vom 12.07.2016 haben im Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.07.2017, hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01.08.2017 jedoch nicht.
Im Einzelnen:
Die AS sind nicht pflegeversichert und unterliegen damit an sich nicht dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem SGB XI. Einzig das Siebte Kapitel SGB XII eröffnete ihnen im Rahmen der dort geregelten Hilfe zur Pflege Zugang zu Leistungen der Pflege, und zwar in Form eines Pflegegeldes aufgrund § 61 Absatz 1 Satz SGB XII in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung („a.F.“): In den beiden MDK-Gutachten aus den Jahren 2007 bzw. 2011 wurde bei den AS jeweils nicht wenigstens die damalige Pflegestufe 1 im Sinne des § 15 SGB XI a.F. festgestellt. Danach waren sie nicht pflegebedürftig im Sinne dieser Vorschrift. Nur § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a.F. eröffnete auch für einen pflegerischen Bedarf unterhalb der Pflegestufe 1 die Möglichkeit einer anteilig gekürzten Hilfe zur Pflege („Pflegestufe 0“), bei den AS in Form eines anteilig gekürzten Pflegegeldes entsprechend § 64 SGB XII a.F.
Zuletzt wurde dies mit Bescheid vom 12.07.2016 für den Weiterbewilligungszeitraum vom 01.08.2016 bis einschließlich 31.07.2017 bewilligt.
Mangels einer Pflegestufe von wenigstens 1 scheidet eine automatische Überleitung der Pflegestufe in einen Pflegegrad nach § 137 SGB XII n.F. aus.
Die von der AG daher in die Wege geleitete Überprüfung der Hilfe zur Pflege ab dem 01.01.2017, genauer: des ab da auf die AS anzuwendenden Pflegegrades nach neuem Recht, war nicht rechtswidrig, bedurfte keines Antrags, sondern war von Amts wegen durch die AG durchzuführen. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der AS direkt aus dem Gesetz:
§ 138 SGB XII in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung (2n.F.“) lautet:
„1Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. 2Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. 3Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. 4Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. 5Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.“
§ 138 Abs. 1 Satz 1 SGB XII n.F. gibt der AG auf, von Amt wegen, d.h. ohne Antrag der AS, die Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a SGB XII n.F. zu ermitteln. Bis dahin sind lediglich die bisherigen Leistungen weiter zu gewähren.
Hierbei hat die AS nach § 62 SGB XII n.F. dies durch ein Begutachtungsinstrument nach § 15 SGB XI n.F. vorzunehmen, mithin durch Beauftragung beispielsweise des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK).
Zutreffenderweise erfolgte seitens der AG auch ein Hinweis auf die diesbezüglich bestehenden gesetzlichen Mitwirkungspflichten der AS aus den §§ 60ff SGB I.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die AG einen klaren Auftrag des Gesetzgebers hatte, aufgrund der Rechtsänderung zum 01.01.2017 die Pflegebedürftigkeit der AS nach dem ab dem 01.01.2017 geltenden Recht von Amts wegen zu prüfen und dies in die Wege zu leiten, wobei sie auch den MDK beauftragen durfte.
Dabei sichert § 138 SGB XII n.F. den jeweiligen bisherigen Pflegebedürftigen einerseits die Weitergewährung der bisherigen Leistungen über den 01.01.2017 hinaus bis zum Abschluss des bereits genannten Neufeststellungsverfahrens, schützt vor Rückforderungen von Überzahlungen und garantiert im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatzes auch rückwirkend eine Nachzahlung ab dem 01.01.2017, wenn sich nach neuem Recht eine höhere Leistung ergibt als nach bisherigem.
Offen ist hierbei, was die Norm exakt mit „bis zum Abschluss des Verfahrens“ meint als Zeitpunkt, bis zu dem die bisherigen Leistungen weiterzuzahlen sind. Gemeint sein könnte nach dem Wortlaut bis zum rechtskräftigen und damit endgültigen Abschluss des Verfahrens.
Dafür spricht einerseits der Wortlaut selbst, andererseits auch der Umstand der Rechtssicherheit, nämlich, dass erst mit Rechtskraft einer Entscheidung ein Verfahren auch wirklich und endgültig abgeschlossen ist, wenn man die Sonderproblematik eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) einmal ausblendet.
Dagegen spricht jedoch aus Sicht des erkennenden Gerichts der Zweck der Vorschrift: Diese soll einerseits der Verwaltung Zeit verschaffen, im Zuge der Rechtsänderung die Neufeststellung der Ansprüche nach neuem Recht, die nicht von der automatischen Überleitung des § 137 SGB XII n.F. erfasst sind, ohne Zeitdruck und damit sorgfältig von Amts wegen durchzuführen zu können. Andererseits sollen in dieser Übergangsphase die bisherigen Leistungsbezieher Rechtssicherheit dahingehend haben, dass sie für die Zeit der Prüfung nicht schlechter gestellt sind als bisher, vor Leistungsrückforderungen für die Zeit ab dem 01.01.2017 bis zur Neufeststellung geschützt sind und rückwirkend auch höhere Leistungen nach neuem Recht beanspruchen können. Mit anderen Worten sollen die bisherigen Leistungsbezieher aus der Dauer der Neufeststellung keinen Schaden erleiden. Diesem Zweck würde aber genüge getan, wenn die Leistungen bis zur erstmaligen Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit nach neuem Recht weitergezahlt werden. Sollte mit dieser Entscheidung seitens der bisherigen Pflegebedürftigen kein Einverständnis bestehen, so könnten sie dagegen Rechtsbehelfe ergreifen, wobei der Widerspruch nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung hätte, und hinsichtlich einer Klage die Möglichkeit des § 86b Abs. 2 SGG gegeben wäre. Es besteht aus Sicht des erkennenden Gerichts daher eigentlich kein Grund, dass § 138 SGB XII n.F. selbst und trotz dieses bestehenden Systems des einstweiligen Rechtsschutzes möglicherweise über Jahre hinweg bis zu einer letztinstanzlichen Entscheidung durch das Bundessozialgericht (BSG) eine eigenständige Anspruchsgrundlage für ein dauerhaftes Behaltendürfen der über den 01.01.2017 hinaus weitergezahlten, bisherigen Leistungen schafft. Wenn dies so wäre, würde dies darauf hinauslaufen, dass selbst ein letztinstanzliches Unterliegen der bisherigen Leistungsbezieher gegen eine leistungsherabsetzende Entscheidung zum dauerhaften Behaltendürfen der bis dahin zu zahlenden, rechtswidrigen Leistungen führen würde. Ergebnis wäre, dass jeder Rechtsbehelf materiell Erfolg hätte, auch wenn er rechtlich unbegründet wäre. Dies kann nicht dem Rechtsstaatsprinzip entsprechen und daher auch nicht Sinn der Vorschrift des § 138 SGB XII n.F. sein.
Daher ist diese nach Auffassung des erkennenden Gerichts im Wege der Auslegung teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass die Vorschrift nur einen Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der bisherigen Leistungen bietet bis zur ersten Neufeststellungsentscheidung der Verwaltung. Ob darüber hinaus zumindest einstweilig Leistungen weiterzuzahlen sind oder nicht ergibt sich dann nach den allgemeinen Regeln der §§ 86a und 86b SGG. Diese bieten einen angemessenen effektiven Rechtsschutz hierfür.
Vorliegend hat die AG die erste Neufeststellungsentscheidung mit dem Bescheid vom 22.03.2017 getroffen und die sofort vollziehbare Regelung getroffen, dass ab 01.04.2017 das bislang geleistete Pflegegeld eingestellt wird.
Dieser Bescheid ist offensichtlich rechtswidrig und verletzt die AS in ihren Rechten: Für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.07.2017 greift der Bescheid vom 22.03.2017 in die Regelung des Bescheides vom 12.07.2016 ein. Der Sache nach hebt er die bereits bindend bewilligten Leistungen auf, ohne dies auch nur ansatzweise zu tenorieren oder in der Begründung zu erwähnen.
Nach einhelliger Auffassung (Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 138 SGB XII, RdNr. 21) setzt die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 138 SGB XII n.F. ohnehin einen vorgängigen Bewilligungsbescheid voraus, ansonsten bisherige Leistungen ja auch nicht denkbar wären.
Greift die Neufeststellung aber in bereits bewilligte Zeiträume ein, so muss eine Korrektur des vorgängigen Bescheides gem. § 48 SGB X für die Zukunft erfolgen. Korrekturgrund ist die Rechtsänderung zum 01.01.2017. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll an sich unter bestimmten Voraussetzungen die Aufhebung zum Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse erfolgen; § 138 SGB XII n.F. verschiebt jedoch den Zeitpunkt als lex specialis auf den Zeitpunkt der ersten Neufeststellungsentscheidung.
In jedem Falle aber muss ein vorgängiger Bescheid nach § 48 SGB X für die Zukunft aufgehoben werden, soweit er in eine bereits bindend erfolgte Bewilligung eingreift. Daran fehlt es vorliegend vollkommen. Der Bescheid vom 22.03.2017 hebt den Bescheid vom 12.07.2016 für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.07.2017 weder in Tenor noch Begründung auch nur andeutungsweise auf, auch der Widerspruchsbescheid befasst sich mit dieser Thematik in keiner Weise.
Der Bescheid vom 22.03.2017 ist bereits aus diesem Grunde rechtswidrig und wäre im Klageverfahren aufzuheben.
Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch die Prüfung, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit im vorliegenden Fall rechtmäßig war oder nicht.
Nachdem zudem auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X inzwischen verstrichen ist, wäre auch eine nachträgliche Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2016 für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.07.2017 durch die AG nicht mehr möglich.
Vor diesem Hintergrund ergibt sich eindeutig, dass den AS das bisherige Pflegegeld bis 31.07.2017 zusteht. Ein Anordnungsanspruch ist für diesen Zeitabschnitt gegeben.
Anders stellt sich die Sachlage ab dem 01.08.2017 dar:
Nach Auffassung der Kammer ist § 138 SGB XII n.F. teleologisch auch dahingehend reduziert auszulegen, dass er einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der bisherigen Leistungen nur maximal so weit bieten kann, als der vorgängige Bescheid reicht, also bei einem unbefristeten Bewilligungsbescheid bis zur ersten Neufeststellungsentscheidung, wann immer diese auch erfolgen möge, bei einem befristeten Bewilligungsbescheid wie dem vorliegenden vom 12.07.2016 maximal bis zum Ende des vorliegenden Bewilligungszeitraums, also vorliegend bis zum 31.07.2017, nicht jedoch darüber hinaus. Es ist nicht erkennbar, dass über den in der Vorschrift geregelten Rückforderungsschutz hinaus und rückwirkende Gewährungen höherer Leistungen nach neuem Recht hinaus das berechtigte Vertrauen der bisherigen Leistungsbezieher in die für sie durch Bescheid nach altem Recht getroffene Einzelfallregelung über den darin geregelten Zeitraum hinaus erweitert werde sollte oder müsste: Denkt man sich die Rechtsänderung zum 01.01.2017 hinweg, so hätten die AS aufgrund des Bescheides vom 12.07.2016 auch nur höchstens einen Vertrauensschutz bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes am 31.07.2017 gehabt, weil für die Folgezeit erst ein neuer Rechtsgrund für die Leistung hätte geschaffen werden müssen in Form eines Weiterbewilligungsbescheides, vor dessen Erlass die AG jederzeit hätte prüfen können, ob die Leistungsvoraussetzungen überhaupt noch gegeben sind oder nicht oder gar für höhere Leistungen. Für den Fall einer zeitlich befristeten, früheren Leistungsbewilligung besteht daher keine Veranlassung, in § 138 SGB XII n.F. selbst einen Rechtsgrund für die Weitergewährung und das endgültige Behaltendürfen bisheriger Leistungen über den bisherigen Bewilligungszeitraum hinaus zu sehen. Hierfür ist aus Sicht des erkennenden Gerichts schlicht kein Schutzbedürfnis der bisherigen Leistungsbezieher vorhanden.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass sich aus der Vorschrift des § 138 SGB XII n.F. selbst jedenfalls keine Rechtsgrundlage im konkreten Fall über den 31.07.2017 hinaus findet für eine Weiterzahlung der bisherigen Leistungen nach altem Recht.
Anspruchsgrundlage könnte daher allenfalls sein, ob die AS nach dem ab dem 01.01.2017 geltenden Recht der Hilfe zur Pflege materiell-rechtlich einen Anspruch auf Pflegegeld hätten, dies jedoch dann nach neuem Recht und nicht nach durch § 138 SGB XII n.F. vermittelte Fortgeltung alten Rechts.
Hierbei kann jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutz offen bleiben, ob der Bescheid vom 22.03.2017 auch eine Leistungsablehnung für die Zeit ab dem 01.08.2017 enthält oder sich nur auf die Zeit bis zum 31.07.2017 beschränkt: zum einen ist der Bescheid angefochten und somit nicht bestandskräftig, zum anderen würde bei einer nur bis 31.07.2017 ausgesprochenen Leistungseinstellung für die Zeit ab dem 01.08.2017 nach § 18 SGB XII Pflegegeld auch ohne Antrag zu zahlen sein, sobald dessen Voraussetzungen gegeben sind und die AG hiervon Kenntnis hat. Das vorliegende Fehlen eines Weitergewährungsantrags ist daher unschädlich und steht einer einstweiligen Anordnung nicht im Wege.
Vorliegend haben die AS jedoch nach Auffassung des Gerichts das Vorliegen eines Anordnungsanspruches ab dem 01.08.2017 nicht glaubhaft gemacht: Dies wäre dann der Fall, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür sprechen würde, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld nach dem ab dem 01.01.2017 geltenden Recht gegeben sind.
Daran fehlt es vorliegend.
Nach § 64a SGB XII n.F. ist Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld, dass mindestens ein Pflegegrad 2 besteht.
Die von der AS vorgelegten Unterlagen sind nicht ausreichend dafür, einen Pflegegrad von wenigstens 2 glaubhaft zu machen.
Es fällt auf, dass bezüglich beider AS im Hinblick auf die vorliegenden MDK-Gutachten vom 20.03.2017 und vom 21.08.2017 trotz unterschiedlicher Gutachter dahingehend Einigkeit besteht, dass die AS keinen Pflegegrad von 2 erreichen. Daran ändert auch die Divergenz hinsichtlich des AS1 nichts (zunächst kein Pflegegrad, dann ein Pflegegrad von 1). Entscheidend ist zunächst, dass sich hieraus kein Pflegegrad von wenigstens 2 herleiten lässt, der nach §§ 61b, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a), 64a Abs. 1 SGB XII n.F. aber gerade Voraussetzung für das von den AS begehrte Pflegegeld bei häuslicher Pflege wäre.
Das Vorbringen der AS ist nicht geeignet, diese Einschätzung so weit zu erschüttern, dass es aus Sicht des erkennenden Gerichts überwiegend wahrscheinlich wäre, dass sie in ihrem Klageverfahren obsiegen, mit anderen Worten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Bescheid vom 22.03.2017 rechtswidrig ist und deswegen aufzuheben wäre.
Hierbei ist einerseits auffallend, dass die tragenden Diagnosen der von den AS eingereichten ärztlichen Unterlagen entgegen der Ansicht der AS durchaus in den MDK-Gutachten berücksichtigt worden sind, andererseits befasst sich keines der ärztlichen Atteste oder keiner der Arztbriefe direkt mit den MDK-Gutachten, geschweige denn, diese argumentativ oder inhaltlich zu erschüttern.
Auch das von den AS selbst mit Hilfe ihrer Tochter und Pflegeperson erstellte „Gegengutachten“ vermag mangels Neutralität und entsprechender fachlicher Ausbildung der „Gutachter“ nicht zu überzeugen, vielmehr handelt es sich um die subjektiven Einschätzungen der AS und ihrer Pflegeperson, die es objektiv und neutral durch einen Fachgutachter zu überprüfen gilt. Dabei kann es dann durchaus vorkommen, dass die subjektiven Angaben der Betroffenen dazu, zu welchem Grade bestimmte Verrichtungen ihnen selbständig möglich sind, durch einen objektiven Dritten anders beurteilt werden. Entgegen der Auffassung der AS diskreditiert eine solche Konstellation einen Gutachter nicht, sie ist vielmehr Ergebnis seiner Aufgabenwahrnehmung. Zudem gilt es streng zu unterscheiden, wie selbständig Pflegebedürftige Verrichtungen tatsächlich vornehmen und wie selbständig sie sein könnten. Letzteres ist Ausdruck der Frage der objektiven Hilfsnotwendigkeit, auf die es einzig ankommt. Dies verkennen die AS möglicherweise bei ihrer Argumentation.
Nicht unberücksichtigt bleiben darf in diesem Zusammenhang auch, dass die beiden früheren Pflegegutachten des MDK aus den Jahren 2007 (AS1) und 2011 (AS2) ebenfalls nicht zu einer Pflegestufe nach altem Recht gekommen sind, sondern zu einer sogenannten Pflegestufe „0“.
Im günstigsten Fall für die AS stellt sich daher die Sachlage so dar, dass es einem neutralen, vom Gericht beauftragten Gutachter obliegen wird, die Richtigkeit der fraglichen MDK-Gutachten im Rahmen des parallel anhängigen Klageverfahrens zu prüfen. Der Ausgang dieser Prüfung ist jedoch völlig offen, so dass von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Obsiegens der AS im Klageverfahren unter diesem Aspekt keine Rede sein kann, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Pflegegeld bei den AS gegeben ist.
Auch wenn es aus Sicht des Gerichtes im konkreten Falle des Pflegegeldes durchaus fraglich ist, ob es sich dabei um eine existenzsichernde Leistung im eigentlichen Sinne handelt, so ergäbe auch eine Folgenabwägung im Hinblick auf mögliche, nicht mehr reversible Grundrechtseingriffe kein anderes Ergebnis:
Gerade solche Umstände haben die AS aber nicht vorgetragen. Aus ihren Ausführungen lässt sich entnehmen, dass die Versorgung durch die Pflegeperson, ihre eigene im Haushalt lebende Tochter, weiterhin über den 31.03.2017 hinaus sichergestellt worden ist. Zwar sei diese alleinerziehend, nur geringfügig selbständig tätig und durch die Einstellung des Pflegegeldes ein namhafter Teil des Haushaltseinkommens weggebrochen; dass daraus aber resultiere, dass die Versorgung durch die Tochter nicht mehr sichergestellt sei, ist nicht vorgetragen worden.
Dies entspricht auch dem Zweck der Leistung:
„Das Pflegegeld ist keine zweckbezogene Geldleistung, die zwangsläufig der Pflegeperson zufließen muss, und stellt auch kein Entgelt für erbrachte Pflegeleistungen, sondern eine Art Anerkennung für innerfamiliäre Unterstützungs- und Hilfeleistungen dar.“ (vgl. Wiegand in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 2. Aufl. 2017, § 37 SGB XI, RdNr. 20 m.w.N.).
Letztlich würden die AS durch das Pflegegeld dazu befähigt, der Pflegeperson und Tochter dadurch eine gewisse Anerkennung zukommen zu lassen, ohne jedoch ihrerseits hierzu verpflichtet zu sein im Rechtssinne. Dass die Tochter ihre im gleichen Haushalt lebenden Eltern ohne das Pflegegeld nicht mehr in gewohnter Weise unterstützen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, noch bis zur Stellung des Eilantrages der Fall gewesen.
Der durch die Einstellung des Pflegegeldes möglicherweise entstandene wirtschaftliche Engpass ließe sich jedoch durch eine Nachzahlung im Obsiegensfall nachträglich beheben. Jedenfalls ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass dadurch ein wirtschaftlicher Engpass entstünde, der den wirtschaftlichen Haushaltsfortbestand gefährden würde.
Die pflegerischen Handreichungen und Hilfen wurden auch seit dem 01.04.2017 bis laufend durch die im Haushalt lebende Tochter der AS weiterhin durchgeführt, auch ohne dass Pflegegeld tatsächlich zur Verfügung gestanden hat. Dass sich insbesondere auch ab Stellung des Eilantrages am 23.04.2019 bis zur Entscheidung in der Hauptsache etwas ändern wird, wenn das Gericht nicht im Wege der einstweiligen die vorläufige Zahlung eines Pflegegeldes anordnet, ist weder vorgetragen, noch aus Sicht des Gerichtes, eingedenk des Zeitraumes vom 01.04.2017 bis 22.04.2019, ersichtlich bzw. für die Zeit ab dem 23.04.2019 bis zur Hauptsacheentscheidung zu erwarten. Es ist daher nicht mit einer schlechteren Versorgung der AS durch ihre Tochter zu rechnen. Sollte doch ein Anspruch auf Pflegegeld bestehen, so könnten die AS dessen Nachzahlung dazu verwenden, der Tochter dies als Anerkennung ganz oder teilweise zukommen zu lassen.
Es sind daher auch ohne einstweilige Anordnung keine nicht wiedergutzumachenden Grundrechtsbeeinträchtigungen bei den AS zu erwarten.
Auch vor diesem Hintergrund scheidet ein Anordnungsanspruch für die Zeit ab dem 01.07.2017 bis laufend aus.
2. Ein Anordnungsgrund ist vorliegend auch nur für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.07.2017 gegeben.
Bei der hier in Betracht kommenden Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund („Eilbedürftigkeit“) die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Vermieden werden soll, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann.
Unterstellt man (s.o.), dass es sich bei den von der AS begehrten Pflegegeldleistungen um solche existenzsichernder Art geht, wäre in aller Regel grundsätzlich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen.
Aufgrund des bereits erwähnten Zwecks des Pflegegeldes sind jedoch, ähnlich wie bei der vorstehenden, grundrechtsorientierten Folgenabwägung, durchaus Zweifel angebracht, ob insbesondere Eilbedürftigkeit für dessen einstweilige Auszahlung gegeben ist.
Ferner bestehen gewisse Zweifel hinsichtlich der Eilbedürftigkeit, weil die AS eine einstweilige Anordnung bereits ab dem 01.04.2017 und damit auch Leistungen für die Vergangenheit begehrt. An sich gilt der Grundsatz, dass in aller Regel eine einstweilige Anordnung für vergangene Zeiträume nicht geboten ist, sondern in der Regel nur ab Stellung des Eilantrages bei Gericht, also ab dem 23.04.2019. Gründe von diesem Grundsatz abzuweichen, sind nicht ersichtlich, insbesondere ist nicht von einem Nachholbedarf auszugehen, der die Unterstützung durch die Tochter in Zukunft gefährdet erscheinen ließe. Selbst für die Zeit ab Antragstellung ist eine Eilbedürftigkeit des Pflegegeldes höchst fraglich, aber im Zweifel wohl im Ergebnis zu bejahen, wenn man den existenzsichernden Charakter des Pflegegeldes unterstellt.
Ausnahmsweise ist jedoch eine Eilbedürftigkeit für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ab dem 01.04.2017 bis 31.07.2017 gegeben, weil Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wie schon erwähnt, nicht beziehungslos nebeneinander stehen: Da vorliegend für diesen Zeitraum eine evidente Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 22.03.2017 gegeben ist, erscheint unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ein Abwarten der Hauptsache unzumutbar, insofern dürfen die Anforderungen an den Anordnungsgrund vor diesem Hintergrund nicht hoch sein. Da es sich um evident zustehende Leistungen handelt, die nicht zuletzt dazu dienen, die Situation der AS zu erleichtern, so ist diesbezüglich zumindest ein Mindestmaß an Eilbedürftigkeit gegeben.
3. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass hinsichtlich des Zeitraums vom 01.04.2017 bis 31.07.2017 sowohl Anordnungsgrund als auch Anordnungsanspruch gegeben sind. Für die Zeit ab dem 01.08.2017 bis zum 22.04.2019 fehlt es an beidem und für die Zeit ab dem 23.042019 weiterhin zumindest am erforderlichen Anordnungsanspruch.
Es war daher wie geschehen zu entscheiden, und zwar nach § 86b Abs. 4 SGG durch Beschluss.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 193, 183 SGG und § 64 SGB X. Hierbei ist insbesondere der zeitlich unbegrenzte Eilantrag der AS, der so nur zu einem geringen Anteil zum Erfolg führte, als Kostenquote zu berücksichtigen. Nach pflichtgemäßem Ermessen hält das Gericht eine Kostenquote von einem Zehntel zu Lasten der AG für angemessen.
III.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten die Vorschriften der über die Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend.
Danach erhält ein Kläger nach § 114 ZPO auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, und wenn die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Wie oben dargestellt, hat der Eilantrag teilweise Erfolg. Er war von Anfang an nicht mutwillig und bot hinreichende Aussichten auf Erfolg.
Die AS ist auch nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung im Sinne des § 115 ZPO aufzubringen. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.
Allerdings wird den AS aufgegeben, jede Änderung in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen dem Gericht unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen.
Eine Beiordnung entsprechend § 121 Abs. 2 ZPO erfolgt nicht, weil die AS dem Gericht trotz mehrfacher Nachfrage nicht den Namen des beizuordnenden Rechtsanwaltes genannt haben.


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