Medizinrecht

Rückforderung einer Zuwendung nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Aktenzeichen  23 O 942/18

Datum:
25.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53045
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 313, § 516, § 528, § 530, § 730, § 812
ZPO § 261 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB kann die Herausgabe einer Zuwendung verlangt werden, wenn der mit ihr bezweckte Erfolg – hier die Teilhabe an einer mit der Zuwendung erworbenen Wohnung – nicht eingetreten ist, soweit der andere Teil diesen verfolgten Zweck bei Entgegennahme der Leistung erkannt hat, ohne ihm zu widerzusprechen (so auch BGH BeckRS 2008, 17118). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 80.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Landgerichts Kempten folgt in sachlicher Hinsicht aus §§ 23, 71 GVG und in örtlicher Hinsicht aus §§ 12, 13 ZPO. Der nach Klagezustellung erfolgte Wohnsitzwechsel der Beklagten ist insoweit unbeachtlich (argumentum e § 261 Abs. 3 S. 2 ZPO).
II.
In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten. Im Einzelnen:
1. Grundsätzlich handelt es sich bei den klägerseits der Beklagten zugewendeten Geldbeträgen um Schenkungen im Sinne der §§ 516 ff. BGB. Eine Entgeltlichkeit der Hingabe des Geldes im Sinne eines Darlehens oder Ähnlichem wurde klägerseits weder behauptet noch unter Beweis noch ergeben sich hierfür irgendwelche Anhaltspunkte. Die Formnichtigkeit des Schenkungsversprechens ist jedenfalls durch die Hingabe des Geldes gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt worden.
Zu den Voraussetzungen eines Rückforderungs- oder Widerrufsrechts (§ 528 bzw. § 530 BGB) ist klägerseits nichts vorgetragen und auch sonst kein Anhaltspunkt ersichtlich.
2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (Zweckverfehlungskondiktion). Zwar hat der BGH seine frühere Rechtsprechung (siehe etwa NJW 2004, 58), wonach derartige Ansprüche bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht bestehen, mit der Entscheidung, welche in NZM 2008, 694 abgedruckt ist, mittlerweile aufgegeben. Die nunmehr zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen liegen aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.
Voraussetzung wäre nämlich zunächst, dass der Zuwendende mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung hinsichtlich des Zwecks der Zuwendung erzielt, bloß einseitige Vorstellungen genügen nicht, wobei es ausreichend ist, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne widerzusprechen (BGH NZM 2008, 694 (696)). Für die finale Ausrichtung der Leistung ist jedenfalls erforderlich, dass der leistende Teil das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können (BGH a.a.O.), wobei hierbei auch wiederum das „Einverständnis“ des empfangenden Teils im zuvor dargestellten Sinne gegeben sein müsste.
Genau hieran mangelt es im vorliegenden Fall. Bereits nach dem Vortrag des Klägers – gerade in der mündlichen Verhandlung – bleiben erhebliche Zweifel daran, dass er tatsächlich die Geldbeträge der Beklagten zuwendete in der festen Erwartung, er werde langfristig hieran partizipieren können und dies auch mit der Beklagten abgestimmt gewesen sei. Er ließ sich insoweit lediglich dahingehend ein, dass „für uns beide klar“ gewesen sei, „dass wir dann in der Zukunft, wenn die Trennung von meiner Frau abgeschlossen ist, gemeinsam in der gemeinsam erworbenen Wohnung leben wollten“ (Seite 3 des Protokolls). Über positive ausdrückliche Absprachen, insbesondere in Verknüpfung mit der Hingabe des Geldes, wusste er hingegen nichts zu berichten.
Es mag insofern gut sein, dass der Kläger – in der Theorie – dazu bereit gewesen wäre, irgendwann seine Ehefrau und seine Familie zu verlassen und zur Beklagten zu ziehen (dies erklärte er jedenfalls gegenüber der Zeugin …, Seite 7 des Protokolls, an deren Glaubwürdigkeit das Gericht keinen Zweifel hegt. Die Zeugin erklärte nicht nur, dass sie, obwohl sie das schleichende Auseinandersetzen bedrückte, ihm die notwendigen Freiheiten einräumen wollte und sich hiermit ohne Groll abgefunden hat, sondern vermittelte auch tatsächlich im Rahmen ihrer Einvernahme genau diesen Eindruck einer Frau, die mit sich selbst und ihrem Leben im Reinen ist und keinerlei Anlass hätte, unzutreffende Aussagen zu tätigen).
Die Zeugin konnte jedoch nichts dazu angeben, ob auch die Beklagte von dieser vermeintlich festen Planung des Klägers wusste (Seite 8 des Protokolls).
Die Beklagte ist der klägerischen Darstellung in diesem Punkt entschieden entgegengetreten. Sie erklärte, dass der Kläger im Zuge der Übergabe des. ersten Geldbetrages ihr gesagt habe „fühle dich frei“ und es keinerlei Absprachen dahingehend gegeben habe, dass diese Zahlung im Hinblick auf das zukünftige gemeinsame Zusammenleben erfolgen würde.
Letztlich spricht gegen die klägerische Darstellung in entscheidender Hinsicht der äußerst wechselvolle Verlauf der Beziehung zwischen den Parteien. Wie aus den zahlreichen von beiden Seiten vorgelegten E-Mails hervorgeht, war das Verhältnis der Parteien von heftigen emotionalen Schwankungen geprägt, die insbesondere seitens der Beklagten, aber zuweilen auch seitens des Klägers in Aussagen hinsichtlich einer endgültigen Beendigung der Beziehung mündeten (siehe etwa die Mail vom 25.01.2015, Seite 11 der Klageerwiderung, Bl. 29 der Akte) oder auch vom 11.01.2017 – also zwischen den beiden Geldzahlungen – (Seite 12 der Klageerwiderung, Bl. 30 der Akte). Der von beiden Parteien vorgelegte Verlauf der Kommunikation zwischen beiden Parteien – bezeichnenderweise in erheblichen Teilen per E-Mail – zeigt, dass sich beide nicht über einen längeren, zusammenhängenden Zeitraum sicher waren, was tatsächlich aus ihnen und den zwischen ihnen bestehenden Gefühlen werden würde.
Ein ganz entscheidender Auslöser hierfür war – und dies räumt auch der Kläger ein -, dass er zu keinem Zeitpunkt sich dazu durchringen konnte, die Trennung von seiner Frau zu vollziehen. Er mag hierfür seine Gründe gehabt haben (die jedenfalls für die Zeit ab Januar 2017 mit der Krebsdiagnose für die Ehefrau auch nachvollziehbar sind), allerdings ist auch klar zu sehen, dass vor diesem Hintergrund die Wahrnehmung der Beklagtenseite, dass sie sich nie sicher sein konnte, ob die Trennung und Scheidung tatsächlich irgendwann einmal passieren würde, absolut berechtigt war. Im Übrigen zeigt sich im weiteren Verlauf bis zum heutigen Tage, dass diese „Befürchtung“ der Beklagten keineswegs unberechtigt war. Auch wenn die Zeugin … angab, weiterhin körperlich noch nicht ganz in einem guten Zustand zu sein (Seite 7 des Protokolls), machte sie doch im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme den mehr als deutlichen Eindruck, das Auseinanderleben mit ihrem Mann gut verkraftet zu haben und nunmehr das Leben zu genießen (so die Zeugin selbst, Seite 7 des Protokolls). Ein wirklicher Grund für ein weiteres Zuwarten mit einer vermeintlich klägerseits beabsichtigten Scheidung ist somit nicht ersichtlich.
Im Übrigen wird auch daraus, dass, wie der Kläger selber angibt und auch die Zeugin … bestätigte, ihm bewusst war, dass die Zeugin seine Kontoabrechnungen kannte und ihr somit auch klar war, dass der Kläger Geld für Kinderbücher und Ähnliches ausgab, ersichtlich, dass der wirkliche Hinderungsgrund für die unterbliebene Trennung (und auch bis November 2016 überhaupt das „Geständnis“ eines anderweitigen Verhältnisses zu einer anderen Frau) nicht in der klägerseits behaupteten schlechten Verfassung seiner Ehefrau lag, sondern darin, dass er sich nicht zu diesem Schritt durchringen konnte. Das Wissen um das anderweitige Verhältnis des Klägers hatte seine Ehefrau ohnehin schon, sodass in der offiziellen „Bekanntmachung“ dieses Umstandes kein weiter verletzender, sondern letztlich die Situation bereinigender Umstand gelegen wäre.
Hinzu kommt als weiterer Aspekt, dass die Beziehung der Parteien im Zeitraum 2014 bis Ende 2017 keineswegs dem entsprach, was unter Lebensgemeinschaft verstanden werden könnte. Der Kläger räumte selbst ein, dass er nur „selten“ über Nacht geblieben sei und 2-3 Mal die Woche in der Wohnung der Beklagten in den Jahren 2014 bis 2016 war, sodass auch er nicht von einem gemeinsamen Wohnen sprechen wollte. Derartige kurze „Besuche“ haben tatsächlich nichts mit dem gemein, was in einer festen, auf Dauer angelegten Partnerschaft zu erwarten wäre, selbst wenn man die Richtigkeit der klägerischen Angaben, dass tatsächlich jede Woche 2-3 „Besuche“ stattfanden, woran das Gericht erhebliche Zweifel hegt, unterstellen würde. Vollends unverständlich wird dieses Vorgehen in einer vermeintlich festen Partnerschaft, wenn man berücksichtigt, dass die Zeugin …, wie sie absolut glaubhaft angeben konnte, bereits ab Februar 2014 sich ganz überwiegend in Kroatien aufgehalten hat. Auch wenn es richtig sein mag, dass beide Parteien (insbesondere der Kläger) beruflich und privat auch anderweitig sehr eingespannt waren, stünde doch einem regelmäßigen Zusammentreffen der Parteien als vermeintliche feste Partner mit gesicherter Zukunftsbindung kein „Hindernis“ in Form der Ehefrau des Klägers entgegen. Ebenso bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auch – unstreitig – keinerlei Familienfeste oder Ähnliches gemeinsam begangen wurden. Man kann diese Form der Beziehung der Parteien mit den Worten der Beklagten mit Recht als eine Form des doppelten Lebens bezeichnen, „eines mit Michael und eines mit meinen Kindern“ (Seite 5 des Protokolls). Dies entspricht aber nicht im Ansatzpunkt einem Zusammenleben im Sinne einer dauerhaften Lebensgemeinschaft.
3. Der Kläger hat auch keinen Ausgleichsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).
Hierunter fallen Fälle, in denen ein Partner der nichtehelichen (oder sonstigen) Lebensgemeinschaft gemeinschaftsbezogene Zuwendungen erbringt, denen die Vorstellung oder Erwartung dient, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. Auch in diesem Zusammenhang ist aber stets erforderlich, dass es sich insoweit um eine übereinstimmende Willensbildung beider Partner handelt (sogenannter familienrechtlicher Vertrag sui generis, siehe hierzu grundlegend BGH FamRZ 1982, 910 (911), zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch BGH NZM 2008, 694 (697) und OLG. Bremen, NZG 2013, 134 (135 f.)).
Genau hieraus scheitert es auf Grund der oben bereits dargelegten Erwägungen.
4. Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen (§§ 730 ff. BGB).
Auch im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können – wie in der Ehe – ein Ausgleichsanspruch zwischen den Parteien bestehen, wenn beide – etwa zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes – einen konkludenten Gesellschaftsvertrag hinsichtlich dieses Gegenstandes geschlossen haben (BGH NZM 2008, 694; NJW 1986, 51, NJW 1982, 2863).
Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn die Parteien die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, etwa einer Immobilie, einen Vermögensgegenstand zu erwerben, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (BGH NZM 2008, 694). Diesbezüglich mangelt es vorliegend an mehreren Tatbestandsmerkmalen.
Zunächst ist zu sehen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass es sich bei der Beziehung der Parteien zu keinem Zeitpunkt um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft in dem Sinne einer festen, auf Dauer angelegten Partnerschaft gehandelt hat (siehe oben). Ferner ist auch nicht nachweisbar, dass der Vermögensgegenstand (die Eigentumswohnung der Beklagten) von beiden Parteien gemeinsam genutzt werden sollte (eine gemeinsame Nutzung in erheblichem Umfang fand tatsächlich ohnehin nicht statt) und schon gar nicht, dass diese Wohnung nach Vorstellung beider Parteien auch ihnen gemeinsam gehören sollte. Das Gericht hat insoweit keine Zweifel an der Richtigkeit der Einlassung der Beklagten, wonach der Kläger ihr ausdrücklich im Zuge der ersten Geldübergabe sagte, sie entscheide, ob sie die Wohnung kaufen wolle und sie sei frei (Seite 4 f. des Protokolls). Diese Wortwahl deckt sich mit dem, was der Kläger der Beklagten auch in anderem Zusammenhang mitteilte (siehe E-Mail des Klägers vom 16.10.2015, Seite 6 der Klageerwiderung = Bl. 24 der Akte). Im Nachgang zum „Einwurf“ des zweiten Geldbetrages bei der Beklagten führte der Kläger auch eindeutig aus, dass er das Geld „für dich“ (die Beklagte) gesammelt hat (E-Mail vom 27.07.2017, Seite 19 der Klageerwiderung = Bl. 37 der Akte). Von einer gemeinsamen Investition ist auch insoweit nicht ansatzweise die Rede.
5. Nachdem bereits dem Grunde nach kein Rückzahlungsanspruch besteht, kommt es auf die Höhe der klägerseits tatsächlich erbrachten Leistungen nicht an. Ebensowenig bestehen Ansprüche auf Zinszahlung, gleich aus welchem Rechtsgrund.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 2 ZPO.


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