Sozialrecht

Einkommens- und Vermögensanrechnung bei Eingliederungshilfeleistungen

Aktenzeichen  L 8 SO 227/15

Datum:
12.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11417
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 3 S. 2
SGB XII § 19 Abs. 3, § 20, § 53, § 85, § 87 Abs. 1
UN-BRK Art. 5, Art. 12, Art. 19a, Art. 27, Art. 28, Art. 30

 

Leitsatz

1. Eingliederungshilfe nach dem SGB XII wird nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nichtehelichen Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3, § 20 SGB XII). (Rn. 61 – 63)
2. Die grundsätzliche Abhängigkeit des Eingliederungshilfeanspruchs von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich zulässig und insbesondere mit dem Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar. (Rn. 62)
3. Aus den Vorschriften der UN-BRK ergibt sich kein Anspruch auf einkommens- und vermögensunabhängige Eingliederungshilfemaßnahmen. (Rn. 64 – 67)

Verfahrensgang

S 22 SO 599/13 2015-05-27 SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Mai 2015, S 22 SO 599/13, dahingehend geändert, dass der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 aufgehoben wird.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
III. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 5/9.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet, soweit der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 aufzuheben ist. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und die Klage abzuweisen.
Gegen die Entscheidung des SG vom 27. Mai 2015 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII bzw. die Rückerstattung bereits gezahlter Eigenbeteiligungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht vom Kläger am 29.10.2015 gegen das ihm am 02.10.2015 zugestellte Urteil des SG erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Mai 2015 ist begründet, soweit der Kläger sich gegen die vom Beklagten mit Bescheid vom 29.05.2015 erstmals verfügte Anrechnung des Einkommens seiner damaligen Lebenspartnerin ab September 2014 wendet. Im Übrigen erging das klageabweisende Urteil des SG zu Recht. Der Kläger hat für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.10.2014 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 19 Abs. 3, 53 ff SGB XII, als ihm der Beklagte bereits bewilligt hat. Insbesondere hat der Kläger aus seinem Erwerbseinkommen einen Kostenbeitrag in der Höhe zu leisten, wie es der Beklagte zuletzt in seinem Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 festgestellt hat und wie es der Kläger am 05.03.2018 angenommen hat (§ 101 Abs. 2 SGG).
Für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 hat der Kläger einen Anspruch auf Eingliederungshilfe unter Einsatz seines Erwerbseinkommens in Höhe von 494 € monatlich, wie der Beklagte mit rechtmäßigem Bescheid vom 18.02.2013 festgestellt hat.
Der Bescheid des Beklagten vom 30.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 30.10.2013 (§ 95 SGG) ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten – § 54 Abs. 1 SGG.
1. Richtige Klageart ist hier -ausnahmsweisedie reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG, weil sich der Kläger ausschließlich gegen die Verfügung einer Kostenbeteiligung aus seinem Erwerbseinkommen wendet. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 30.10.2012 enthielt insoweit zwei voneinander unabhängige Verfügungen i.S. § 31 S. 1 SGB X, als dass er einerseits die Eingliederungshilfe in Form der ISB für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015 nach §§ 53 ff SGB XII bewilligte und andererseits die Kostenbeteiligung durch Verweis auf den früheren Bescheid vom 04.05.2012 verfügte. Damit galt für die Zeit ab 01.07.2012 eine Kostenbeteiligung in Höhe von 491 € und ab 11/2012 in Höhe von 396 €. Der Kläger kann die Kostenbeteiligung isoliert mit der Anfechtungsklage angreifen, da er sein Klageziel (Eingliederungshilfe ohne Einsatz von eigenem Einkommen und Vermögen) erreichen würde, wenn die belastende Kostenbeteiligung aufgehoben würde.
Grundsätzlich wäre das Klageziel nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gerichtet auf höhere Eingliederungshilfeleistungen (ohne Kostenbeteiligung) zu erreichen. Allerdings spricht hier die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten (Beklagter zahlt an Leistungserbringer die Kosten der ISB ohne Leistungen der Pflegekasse und des Eigenanteils, Kläger zahlt den im voraus bestimmten Eigenanteil selbst an den Leistungserbringer und rechnet hinterher mit Beklagten außergewöhnliche Belastungen (z.B. Reisekosten, Betriebskostennachzahlungen etc) ab) dafür, dass der Kläger isoliert die Eigenbeteiligung, über die gesonderte Bescheide ergingen, angreift. Mit der reinen Anfechtungsklage (Kassation) der Bescheide über die Kostenbeteiligung erreicht der Kläger sein Klageziel, ohne dass es einer Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung der angerechneten Eigenanteile bedürfte. Die Rückzahlung ergäbe sich vielmehr als Rechtsreflex aus der Aufhebung der Bescheide über die Kostenbeteiligung.
Soweit der Kläger zunächst sein Klagebegehren mit einer Klage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG auf Feststellung, dass die Erhebung des Kostenbeitrages aus dem Einkommen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG iVm Art. 5 Abs. 2 UN-BRK verstieße, geltend gemacht hatte, war dieser (nicht aufrecht erhaltene) Antrag wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Gestaltungsklage ohnehin unzulässig (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 12. Auflage, § 55 Rn. 19 ff).
2. Streitgegenständlich sind damit die geregelten sozialhilferechtlichen Kostenbeteiligungspflichten des Klägers in der Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Ausgangs-Bescheid vom 30.10.2012 damit auch der Änderungsbescheid vom 18.02.2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2013 (§ 95 SGG) sowie die Bescheide vom 28.10.2014 und vom 29.05.2015. Die beiden letztgenannten sind über § 96 SGG bzw. § 96 SGG entsprechend Gegenstand des seit 28.11.2013 rechtshängigen Sozialgerichtsverfahrens geworden, weil sie den ursprünglichen Bescheid vom 30.10.2012 abänderten. Gegenstand der Berufung über § 96 SGG ist auch der Teilabhilfebescheid vom 04.04.2018, mit dem der Beklagte die Eigenbeteiligungen für April, Juni, August, September und Oktober 2014 neu berechnet hat, wobei er für den Oktober 2014 zu einer Eigenbeteiligung von 198 € gekommen ist und sich für die zuvor genannten Monate ansonsten keine Änderungen zu dem Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 ergeben haben.
Zur besseren Übersichtlichkeit werden hier noch tabellarisch die Regelungsgegenstände der einzelnen Bescheide dargestellt:
Bescheid 30.10.2012; Kostenbeteiligung 07/12 – 06/15; mtl 491 €, ab 11/12: 396 €
Bescheid 18.02.2013; Kostenb. 02/12 – lfd: schwankend 02/12 – 10/12, ab 11/12: mtl 494 €
Bescheid 28.10.2014; Kostenb. 01/2013 – 08/2014; schwankend
Bescheid 29.05.2015; Kostenb. 04/14 – 04/15 neu, ab 06/2015 mtl. 1070 €; Schwankend, ab 09/14 mit Eink. Lebenspartnerin
Teilabhilfebescheid 04.04.2018; Kostenb. 04/06/08/09/10 – 2014; schwankend, bis auf 10/2014 wie Anerkenntnis v. 25.01.2016
Teilanerkenntnis 25.01.2016; Kostenb. 08/12 – 10/2014; schwankend
Somit ergaben sich nach den Verwaltungsentscheidungen des Beklagten folgende Kostenbeteiligungen im streitgegenständlichen Zeitraum Juli 2012 bis Juni 2015:
 
3. Soweit der Beklagte für einen Teil des streitgegenständlichen Zeitraumes ein Anerkenntnis erklärt (Schriftsatz vom 25.01.2016) und der Kläger dieses angenommen hat (Erklärung vom 05.03.2018 – „Das Teilanerkenntnis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 25.01.2016 nehme ich an.“), ist der Rechtsstreit einer weiteren gerichtlichen Überprüfung entzogen, weil er insoweit erledigt ist (§ 101 Abs. 2 SGG). Der Beklagte hat die vom Kläger unter Ziffer 3 des ursprünglichen Berufungsantrages vom 07.11.2015 genannten Monate 8/2012, 10/2012, 4/2013, 05/2023, 07/2013, 08/2013, 09/2013, 04/2014, 06/2014, 08/2014, 09/2014, 10/2014 neu berechnet und dabei entsprechend des Urteils des BSG vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R zunächst die Einkommensgrenze für Schwerstpflegebedürftige nach § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII und anschließend besondere Belastungen des Klägers nach § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII berücksichtigt.
Bei lebensnaher Betrachtungsweise wollten die Beteiligten damit den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.10.2014 „erledigen“, soweit es um die Berechnung der einzelnen Monatsbeiträge ging. Nachdem der Kläger selbst nachträglich eine Neuberechnung erst für die Zeit ab 01.08.2012 im Berufungsantrag vom 07.11.2015 geltend gemacht hat, weil er erst ab August 2012 weitere außergewöhnliche Belastungen hatte, die zu einer Reduzierung des Kostenbeitrages führen konnten, kann hier auch der Monat Juli 2012 als unstreitig angesehen werden. Aus dem Schreiben des Klägers vom 05.03.2018 ergibt sich jedoch, dass er unverändert die Anrechnung des Einkommens seiner Partnerin ab September 2014 zur gerichtlichen Überprüfung stellen wollte. Allerdings hat der Kläger seine Annahmeerklärung vom 05.03.2018 – anders noch als seinen ursprünglichen Berufungsantrag vom 07.11.2015 unter Ziffer 3 – nicht unter einer (grundsätzlich zulässigen) innerprozessualen Bedingung abgegeben. Eine Prozesshandlung muss eindeutig, klar und vorbehaltlos sein. Prozesshandlungen unter einer Bedingung sind, ebenso wie unter einer Befristung, grundsätzlich unzulässig. Zulässig sind dagegen grundsätzlich innerprozessuale Bedingungen, bei denen das ungewisse Ereignis ein Vorgang im Rahmen des Prozesses ist, über dessen Eintritt oder Nichteintritt der weitere Verlauf des Verfahrens Gewissheit bringt (BSG 23.3.10, B 8 SO 24/08 R). Prozesshandlungen, die sich unmittelbar auf die Einleitung oder Beendigung des Verfahrens beziehen, können aber grundsätzlich nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar 12. Auflage, vor § 60 Rn. 11; Greger in Zöller, Vorbem. § 128 ff. ZPO Rn. 20).
Hier hat der Kläger keine (unzulässige) Einschränkung der Annahmeerklärung erklärt, so dass nicht zu entscheiden ist, ob eine solche wegen der prozessbeendenden Wirkung des Anerkenntnisses ohnehin unzulässig wäre.
Damit ist der Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.10.2014 einer gerichtlichen Überprüfung entzogen.
Unabhängig von seinem (vom Kläger angenommenen) Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 hat der Beklagte mit dem Teilabhilfebescheid vom 04.04.2018 den Monat Oktober 2014 zu Gunsten des Klägers nochmals korrigiert und fordert nunmehr von ihm statt 661 € nur noch 198 €. Dies ist aber prozessual unbeachtlich, weil der Zeitraum bis Oktober 2014 der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Der Beklagte kann aber vom Kläger auch nur noch 198 € für Oktober 2014 fordern.
4. Soweit der Kläger für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 eine niedrigere Eigenbeteiligung geltend macht, ist seine Berufung erfolgreich, weil der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 04.04.2018 rechtswidrig und daher aufzuheben ist.
Wie der Beklagte selbst bereits mit internem Aktenvermerk vom 11.09.2015 festgestellt hat, ist der Bescheid vom 29.05.2015, der erstmals für die Zeit ab September 2014 auch das Erwerbseinkommen der Partnerin des Klägers berücksichtigt und insgesamt den Zeitraum vom April 2014 bis April 2015 und die künftige Kostenbeteiligung ab Juni 2015 in Höhe von 1070 € monatlich regelt, rechtswidrig, weil er weder der Lebensgefährtin des Klägers bekanntgegeben wurde, noch hinreichend bestimmt war – § 33 Abs. 1 SGB X.
Zutreffend hat die Widerspruchsstelle beim Beklagten bemerkt, dass der Kläger seit September 2014 in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, so dass das Einkommen der Partnerin bei der Berechnung des zumutbar einsetzbaren Einkommens zu berücksichtigen war (§§ 19 Abs. 3, 20 SGB XII). Der Partnerin war der Bescheid vom 29.05.2015 aber nicht bekanntgegeben worden, obwohl sie rechtlich von ihm betroffen war (§ 37 Abs. 1 SGB X). Auch wenn man darüber streiten könnte, ob sich der Kläger auf diesen Fehler/Mangel berufen konnte, schlägt hier daneben ein Bestimmtheitsmangel durch: der Kläger und seine Lebenspartnerin wurden zum Einkommenseinsatz herangezogen, ohne dass aus dem Bescheid vom 29.05.2015 oder aus dem Abhilfebescheid vom 04.04.2018 hervorgeht, ob der Kläger und seine Partnerin als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden sollten. Ermittlungen des Beklagten hinsichtlich der Einkommenssituation der ebenfalls behinderten Partnerin des Klägers und deren evt. Bedarfs an ebenfalls einkommensabhängigen eigenen Eingliederungshilfemaßnahmen unterblieben völlig.
Damit ist der Bescheid vom 29.05.2015 aufzuheben.
Der Kläger hat damit nur die Eigenbeteiligung zu leisten, die sich zuletzt aus dem rechtmäßigen Bescheid des Beklagten vom 18.02.2013 ergab (monatlich 494 € aus seinem eigenen Einkommen). Dies gilt für den noch rechtshängigen Zeitraum 01.11.2014 bis 30.06.2015.
5. Rechtsgrundlage der Eingliederungshilfe und des dortigen Einkommenseinsatzes sind die §§ 19 Abs. 3, 20, 53 ff, 85, 87 Abs. 1 SGB XII.
Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 SGB XII). § 20 SGB XII stellt die nichteheliche Lebensgemeinschaft den nicht getrennt – lebenden Ehepartnern gleich.
Damit ist schon der Grundanspruch auf Eingliederungshilfe an die Bedürftigkeit des Klägers – und seiner (im streitgegenständlichen Zeitraum noch) nicht – ehelichen Lebenspartnerin gebunden. Die genaue Einkommensanrechnung ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 85 und 87 SGB XII.
5.1. Eingliederungshilfe nach dem SGB XII wird nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nichtehelichen Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3, § 20 SGB XII).
Die grundsätzliche Abhängigkeit des Eingliederungshilfeanspruchs von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich zulässig und insbesondere mit dem Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“) vereinbar. Eine Benachteiligung in diesem Sinne kann zwar bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 -). Der Gesetzgeber hat allerdings bei der Umsetzung des sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ergebenden Förderauftrages einen erheblichen Spielraum und kann die Förderung unter Berücksichtigung organisatorischer, personeller und finanzieller Gesichtspunkte begrenzen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 5. April 2006 – 9 C 1/05 – juris Rn. 43).
Auch das Bundessozialgericht geht – ebenso wie das BVerwG zum BSHG (Urteil vom 26. Januar 1966 – V C 88/64) – davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu gewähren (BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 24/11 R – juris Rn. 20). Das SG hat schon zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Einkommenseinsatz vom BSG als rechtlich unbedenklich angesehen wird. Es hat auf die Entscheidungen vom 23.08.2013 (B 8 SO 24/11 R) vom 24. 04 2013 (B 8 SO 8/12 R) und vom 28.02.2013 (B 8 SO 1/12 R), die alle nach dem Inkrafttreten der UN-BRK in Deutschland ergangen sind und in denen die Rechtmäßigkeit eines Einkommenseinsatzes dem Grunde nach nicht bezweifelt wird, hingewiesen. Auch aus jüngeren Entscheidungen des BSG zur Eingliederungshilfe ergibt sich, dass das BSG grundsätzlich keine Bedenken gegen die Einkommensabhängigkeit der Leistungen hat (vgl. zuletzt BSG Beschluss vom 24.07.2017, B 8 SO 87/16 B, BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 18/12 R).
5.2. Die UN-BRK steht der grundsätzlichen Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ebenfalls nicht entgegen. Denn unabhängig davon, dass konkrete Leistungsansprüche aus der UN-BRK allenfalls in eingeschränktem Umfang abgeleitet werden können (siehe unten), stehen die sich aus der UN-BRK ergebenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten grundsätzlich unter dem Vorbehalt der verfügbaren Mittel (Art. 4 Abs. 2 UN-BRK), so dass Leistungseinschränkungen nicht von vornherein unzulässig sind (LSG Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.02.2016, L 8 SO 52/14, Rn 23).
5.3. Das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (Vertragsgesetz zur UN-BRK, BGBl II S. 1419) ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs. 2 UN-BRK ab dem 26. März 2009 zu (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Vertragsgesetz zur UN-BRK i.V.m. der Bekanntmachung über das Inkrafttreten der UN-BRK vom 5. Juni 2009, BGBl. II S. 812). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 – juris Rn. 52; BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 1 BvL 8/15 – juris Rn. 88; BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 20). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 – juris Rn. 32 zur Europäischen Menschenrechtskonvention; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 – juris Rdnr. 52; BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 – 1 BvR 53/14 – juris Rn. 4; BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 20).
5.4. Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK indes nur, soweit sie unmittelbar anwendbar („self-executing“) ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können (BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 1970 – 1 BvL 7/66 – juris Rn. 42). Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 24 m.w.N.). Ist eine Regelung – objektiv-rechtlich – unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 24 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rn. 59 m.w.N.). Gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl. II 1985 S. 926 und BGBl. II 1987 S. 757) erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 24).
5.5. Der Kläger kann unmittelbar aus den von ihm -schon erstinstanzlich – zitierten Vorschriften der UN-BRK (Art. 12 Abs. 5 – „gleiches Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen oder zu erben…-, Art. 27 Abs. 1 f -“ Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen“- Art. 30 Abs. 1 – „gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilnehmen“ und Art. 5 -Diskriminierungsverbot-) nicht einen unmittelbaren Anspruch auf eine einkommens- und vermögensunabhängige Eingliederungshilfemaßnahme ableiten.
Der Senat weist insoweit die Berufung aus den überzeugenden Ausführungen des SG in seinem Urteil vom 27.05.2015 zurück und sieht von einer Wiederholung und weiteren Darstellung der Urteilsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
5.6. Auch aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren herangezogenen Art. 19 a UN-BRK ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch auf Eingliederungshilfe ohne Einkommenseinsatz. Dieser lautet unter der Überschrift „Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft“:
„Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben; ….“
Nach den oben genannten (5.4.) Maßstäben ist Art. 19 UN-BRK nicht unmittelbar anwendbar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2018, L 7 SO 3516/14, Rn. 66, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rn. 60 – auch zum Folgenden). Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll. Diese Deutung wird untermauert durch ein systematisches Argument: Die UN-BRK verwendet den Begriff „Anspruch“ dann, wenn subjektive Rechte der behinderten Menschen begründet werden sollen (z.B. in Art. 22 Abs. 1 UN-BRK: „Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen“, oder in Art. 30 Abs. 4 UN-BRK: „Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität“; vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rn. 25). Die Formulierung eines solchen „Anspruchs“ findet sich in Art. 19 UN-BRK jedoch gerade nicht.
Abgesehen davon begründet Art. 19 UN-BRK aber ohnehin keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen unabhängig von den Kosten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2011 – L 8 SO 24/09 B ER – juris Rn. 53; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rdnr. 57). Art. 19 UN-BRK ist keine sozialleistungsrechtliche Regelung, sondern erschöpft sich in einer abwehrrechtlichen Dimension. Indem sich dort die Vertragsstaaten unter anderem verpflichten zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben, wird lediglich eine Pflicht der Vertragsstaaten begründet, behinderte Menschen nicht durch rechtliche Vorgaben an der freien Wahl des Aufenthaltsortes und der Wohnform zu hindern. Art. 19 UN-BRK zielt auf eine unabhängige Lebensführung in Gestalt einer deinstitutionalisierten Einbeziehung der behinderten Menschen in die Gemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2016 – 1 BvR 53/14 – juris Rn. 4). Die Annahme, dass damit auch eine Pflicht der Vertragsstaaten verbunden wäre, jegliches faktische – insbesondere finanzielle – Hindernis für die Ausübung des Wahlrechts zu beseitigen – mit anderen Worten: Sozialleistungen in der nach den Wünschen des Betroffenen notwendigen Höhe zu gewähren -, ist nicht zuletzt mit Blick darauf fernliegend, dass sich die UN-BRK an alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen richtet und auf deren Unterzeichnung des Abkommens gerichtet ist und damit in der ganz überwiegenden Anzahl an Staaten, denen die sozialstaatliche bzw. sozialleistungsfreundliche Ausgestaltung der Rechtsordnung in dem in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Ausmaß fremd ist. Insofern ähnelt Art. 19 UN-BRK eher dem Freizügigkeitsrecht des Art. 11 GG, das sich auch im Wesentlichen in einer abwehrrechtlichen Dimension erschöpft, aber keinen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen begründet (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 12. April 2017 – B 13 R 12/15 R – juris Rr. 37 ff.).
Nachdem sich der Kläger ohnehin nur unter dem Gesichtspunkt des Wahlrechtes des behinderten Menschen, bestimmen zu können, mit wem er zusammenleben will, auf Art. 19 UN-BRK stützt, ist dieser für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 ohnehin nicht einschlägig, weil sich der Einkommenseinsatz des Klägers für diesen Zeitraum ausschließlich nach seinem Einkommen richtet und das Erwerbseinkommen seiner Partnerin aus den oben genannten Gründen (siehe 4.) hier nicht zu berücksichtigen ist.
5.7. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus Art. 28 Abs. 1 UN-BRK. Dieser lautet unter der Überschrift „Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz“:
„Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien, einschließlich angemessener Ernährung, Bekleidung und Wohnung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung.“
Auch bei dieser Norm handelt es sich nicht um eine unmittelbar anwendbare Norm, aus der sich ein Anspruch ableiten lässt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Adressaten („Die Vertragsstaaten…“) sowie aus dem Kontext.
6. Dem Kläger stehen auch nicht aus einer UN-BRK gemäßen Auslegung der anzuwendenden Normen der Einkommensanrechnung der §§ 85, 87 SGB XII Ansprüche auf Eingliederungshilfe ohne einen Einkommenseinsatz zu. Vielmehr beläuft sich die Kostenbeteiligung für den Kläger in der Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 auf monatlich 494 €, wie diese der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 18.02.2013 festgesetzt hat. Zugunsten des Klägers wirkt sich hier aus, dass sich durch eine Neubzw. Nachberechnung der Kostenbeteiligung keine Verböserung des Klägers über den mit Bescheid vom 18.02.2013 hinausgehenden Betrag von 494 € ergeben darf.
6.1. Zunächst ist die nach § 85 Abs. 1 SGB XII zu beachtende Einkommensgrenze zu ermitteln.
Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt-lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus
1.einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden (§ 85 SGB XII in der Fassung vom 21.12.2015).
Das Zweifache der im Jahr 2014 zu beachtenden Regelbedarfsstufe 1 (391 €) beträgt 782 €. Unbeachtlich ist, dass der Beklagte im Bescheid vom 18.02.2013 nur 768 € berücksichtigt hat.
Die zu beachtenden angemessenen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft betragen die Hälfte von 1580 € = 790 €. Dabei berücksichtigt der Senat den hälftigen Kopfanteil für die gemeinsam mit der Lebenspartnerin bewohnte Wohnung des Klägers.
Unberücksichtigt bleibt hier aber ein Familienzuschlag nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII für die damals noch nicht-eheliche Lebensgefährtin des Klägers. Es kann dahinstehen, ob man hier der in der Literatur vertretenen Auffassung folgt, wonach § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII wegen des eindeutigen Wortlauts nicht auf eheähnliche Partner anzuwenden ist (so: Conradis in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 85 Rn. 3; a.A. aber Wahrendorf In Grube-Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 5. Auflage, § 85 Rn. 6, Hohm in Schellhorn, Hohm, Scheider, SGB XII Kommentar, § 19. Auflage, § 85 Rn. 16, jeweils unter Hinweis auf § 20 SGB XII). Die damalige eheähnliche Partnerin des Klägers wurde nicht vom Kläger überwiegend unterhalten, weil sie sich aus ihrem eigenen Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 1.924,22 € netto allein unterhalten konnte. Der Kläger wird für die Berechnung des Kostenbeitrags „fiktiv“ so behandelt, als wenn er in dem hier zu entscheidenden Zeitraum noch alleinstehend gewesen wäre, nachdem das Erwerbseinkommen der nicht -ehelichen Partnerin auch nicht berücksichtigt werden kann. Eine entsprechende Verwaltungsentscheidung des Beklagten hierzu fehlt (nachdem der Bescheid vom 29.05.2015 aufzuheben ist (siehe oben unter 4.).
Damit ergibt sich eine Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII in Höhe von 1572 € monatlich.
6.2. Der Kläger hat ein monatliches Netto-Erwerbseinkommen in Höhe von 3.180,31 € erzielt, das um die geltend gemachten Kosten der Hausratversicherung (3,49 €), der Haftpflichtversicherung (9,23 €), der Arbeitsmittelpauschale (5,20 €) und dem Riester Bausparvertrag (162,16 €) zu bereinigen ist (§ 82 Abs. 2 SGB XII). Der Senat übernimmt an dieser Stelle die Berechnungen des Beklagten aus der Anlage zum Teil-Abhilfebescheid vom 04.04.2018 und legt seiner weiteren Berechnung ein bereinigtes Einkommen des Klägers in Höhe von 3.000,23 € monatlich zugrunde.
6.3. Dem Kläger ist als schwerstpflegebedürftigem Menschen nach § 64 Abs. 3 SGB XI i.d.F. bis 31.12.2016 die Berücksichtigung seines Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.
§ 87 Abs. 1 SGB XII i.d.F. bis 31.12.2016 lautet:
(1) Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Bei schwerstpflegebedürftigen Menschen nach § 64 Abs. 3 und blinden Menschen nach § 72 ist ein Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.
Aus § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII ergibt sich somit ein zumutbarer Kostenbeitrag in Höhe von 571,29 € monatlich, gedeckelt durch den vom Beklagten mit Bescheid vom 18.02.2013 festgestellten Kostenbeitrag in Höhe von 494 €. Besondere Belastungen i.S. § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII hat der Kläger nicht geltend gemacht für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015, so dass sich keine andere Kostenbeteiligung als die von 40% über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens ergibt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R) ist die Einkommensgrenze des § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII für schwerstpflegebedürftige Menschen vorrangig zu berücksichtigen und erst nach der Bestimmung derselben sind nach Absatz 1 Satz 2 bei der Prüfung, welcher Umfang der Einsatz dieses Einkommens nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB XII angemessen ist, insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Allerdings können dann im Rahmen der Abzugsposten nach Absatz 1 Satz 2 zum einen keine Umstände mehr berücksichtigt werden, die bereits Gegenstand anderer Sozialhilfeleistungen sind, zum anderen sind Belastungen nicht abzusetzen, die nach der gesetzgeberischen Wertung bereits mit dem freizulassenden Einkommen abzudecken sind, weil sie gleichermaßen bei allen nachfragenden Personen vorkommen (dann keine „besondere“ Belastung). Schließlich können nicht solche Belastungen Berücksichtigung finden, die bereits mit dem Mindestbedarf nach Absatz 1 Satz 3 abgegolten sind, also Belastungen im Zusammenhang mit der Schwerstpflegebedürftigkeit.
In den Fällen des § 87 Abs. 1 SGB XII ist eine Kostenbeteiligung, soweit eine solche angemessen ist, zwingend vorzunehmen. Für den Träger der Sozialhilfe besteht kein Ermessen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach § 19 Abs. 3 SGB XII Leistungen überhaupt nur insoweit gewährt werden, als den dort genannten Personen ein Einsatz ihres Einkommens oder Vermögens nicht zuzumuten ist, was § 87 Abs. 1 SGB XII gerade regelt (Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 87 SGB XII, Rn. 50,51).
Entgegen der Ansicht des Klägers ist Ermessen bei der Ermittlung des Eigenanteils nach § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII von der Behörde nicht auszuüben, da es sich bei der Entscheidung über den angemessenen Eigenanteil nach § 87 Abs. 1 SGB XII nach der Fassung der Norm (insbesondere im Vergleich zu § 87 Abs. 2 und 3 SGB XII) um eine ge-bundene Entscheidung handelt. Die gerichtliche Kontrolle richtet sich hierbei darauf, ob die sich aus dem Charakter der jeweiligen Bedarfssituation ergebenden individuellen Umstände und typischen Bewertungsgesichtspunkte, wie sie in § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, zutreffend erkannt und angewandt worden sind (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 87, Rn. 8, 9).
Nach dem in § 87 Abs. 1 SGB XII zum Ausdruck kommenden Individualisierungsgrundsatz muss der Begriff des „angemessenen“ Eigenanteils vielmehr unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Einzelfalls festgelegt werden (vgl. Wahrendorf in: Gru-be/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 87, Rn. 4, so auch Urteil des Senats vom 16.11.2017, L 8 SO 154/15 -, juris). Bei dem Tatbestandsmerkmal „angemessen“ in § 87 Abs. 1 S. 1 SGB XII handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum, der gerichtlich voll überprüfbar ist (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf a.a.O. § 87 Rn. 9, Schoch in LPK SGB XII, a.a.O. § 87 Rn. 3, Hohm in Schellhorn, Hohm, Schieder, a.a.O. § 87 Rn. 8). Abzustellen ist dabei auf die Verhältnisse des Einzelfalles.
Angemessen kann im Einzelfall grundsätzlich sowohl die volle Heranziehung des Einkommens über der Einkommensgrenze als auch – in engen Grenzen – die volle Freilassung sein (Hohm a.a.O. § 87 Rn. 8), wobei bei Schwerstpflegebedürftigen und Blinden § 67 Abs. 1 S. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist und damit bei diesem Personenkreis von vornherein eine volle Heranziehung des Einkommens über der Einkommensgrenze ausscheidet.
Zu berücksichtigen ist damit beim schwerstpflegebedürftigen Kläger zunächst eine Kostenbeteiligung in Höhe von 40% des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens nach § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII. Dies ist hier ein zumutbarer Kostenbeitrag in angemessenem Umfang in Höhe von 571,29 € monatlich. Nachdem der Kläger für die Zeit ab 01.11.2014 bis 30.06.2015 keine besonderen (individuellen und personenzentrierte) Belastungen geltend gemacht hat und weder die Art des Bedarfs (Eingliederungshilfe ISB), die Art oder Schwere der Behinderung (fortschreitende Muskeldystrophie) oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen (dauerhafte Eingliederungshilfe seit 2007 als ISB) eine abweichende Feststellung bedingen, verbleibt es bei einem Kostenbeitrag in Höhe von 40%.
Auch besondere Belastungen der ebenfalls körperbehinderten Partnerin des Klägers liegen nicht vor. Das BSG hat in dem Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R, unter Rn. 28 in sozialgerichtsbarkeit.de dazu in einem vergleichbaren Fall bereits ausgeführt, dass der Umstand, dass die Familie insgesamt sowohl durch die Schwerstpflegebedürftigkeit der dortigen Klägerin als auch durch die gravierende Behinderung des dortigen Ehemannes in besonderer Weise belastet ist, nicht zu einer generellen Freistellung des über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens führe. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der in § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorgesehenen pauschalen Verschonung des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens in Höhe von 60 v.H. derartigen Gesichtspunkten bereits Rechnung getragen. Mit dieser Vorschrift habe er typisierend einen behinderungsbedingten Mindestbetrag angesetzt, der nicht zumutbar zur Finanzierung der Pflege bzw. Eingliederungshilfe einzusetzen sei.
Etwas anders ergab sich z.B. für den Monat Oktober 2014, in dem der Kläger infolge des Umzugs in eine andere Wohnung und wegen der Anschlusskosten für die Küche besondere Belastungen nach § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII geltend machen konnte. Der dann festgesetzte Kostenbeitrag in Höhe von 198,76 € (vgl. Anlage zum Bescheid des Beklagten vom 04.04.2018) entsprach nur noch 9% des über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII liegenden bereinigten Gesamt-Einkommens über der Einkommensgrenze von 2.283,25 €.
Allerdings ist die vom Kläger zu fordernde Eigenbeteiligung in der Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 begrenzt auf die vom Beklagten mit Bescheid vom 18.02.2013 festgesetzte Kostenbeteiligung in Höhe von 494 €, weil der Kläger auf seine Anfechtungsklage hin nicht durch das Urteil gegenüber der Verwaltungsentscheidung des Beklagten zu verbösern ist.
6.3.1. Der Kläger kann auch aus der UN-BRK keine abweichende Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs (zumutbarer Kostenbeitrag im angemessenen Umfang) verlangen.
Zum einen reklamiert der Kläger für sich keine besonderen Belastungen (i.S. eines individuellen und personenzentrierten Maßstabes) i.S. § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII, sondern weist generell auf die Problematik der körperbehinderten Akademiker hin, die ein Einkommen über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII erzielen und bei der benötigten Eingliederungshilfe deswegen überhaupt zum Einkommenseinsatz nach § 87 SGB XII herangezogen werden. Die damit verbundene Problematik des Einkommenseinsatzes und der Unmöglichkeit, Vermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze des § 90 SGB XII zu bilden, stellt sich bei allen nachfragenden Personen im Lebenszuschnitt des Klägers. Hier ist erneut auf § 19 Abs. 3 SGB XII hinzuweisen, der einen sozialhilfe-rechtlichen Anspruch auf Eingliederungshilfe nur dann vermittelt, wenn dem leistungsberechtigten behinderten Menschen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten ist. Im Übrigen ist allen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe nach § 53 SGB Abs. 1 XII gemein, dass sie die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, also wegen einer Behinderung i.S. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind.
Der Gesetzgeber hat diese Problematik im Bundesteilhabegesetz aufgegriffen und sich mit dem in vier Stufen in Kraft tretenden Bundesteilhabegesetz auf den – wie die schwierigen Beratungen zeigten, langen – Weg gemacht, die Eingliederungshilfe aus der (einkommens- und vermögensabhängigen) Sozialhilfe herauszulösen. Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG), ist ein in der ersten von vier Reformstufen in Kraft getretenes Bundesgesetz, mit dem der Gesetzgeber sich das Ziel gesetzt hatte, auch im Hinblick auf die UN-BRK eine zeitgemäßere Gestaltung mit besserer Nutzerorientierung und Zugänglichkeit sowie eine höhere Effizienz der deutschen Eingliederungshilfe zu erreichen. Nach dem 2017 in Kraft getretenen ersten Teil des BTHG ist die Eingliederungshilfe noch Teil des SGB XII, es gibt aber deutlich höhere Freibeträge, sowohl beim Einkommen als auch beim Vermögen.
Der Kläger kann aber nicht für sich reklamieren, dass die gesetzgeberischen Überlegungen zum BTHG und auch zum Zeitpunkt von dessen zeitlich gestuften Inkrafttretens über die Wertungen des § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII in seinem Einzelfall dazu führen, schon vor dem „offiziellen Inkrafttreten“ zu einer gänzlichen Freilassung seines Einkommens führen. Dies widerspräche der klaren gesetzgeberischen Entscheidung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BTHG, für das gerade keine echte Rückwirkung vorgesehen ist.
Im Übrigen sind Belastungen nicht abzusetzen, die nach der gesetzgeberischen Wertung bereits mit dem freizulassenden Einkommen abzudecken sind, weil sie gleichermaßen bei allen nachfragenden Personen vorkommen (dann keine „besondere“ Belastung). Schließlich können nicht solche Belastungen Berücksichtigung finden, die bereits mit dem Mindestbedarf nach Absatz 1 Satz 3 abgegolten sind, also Belastungen im Zusammenhang mit der Schwerstpflegebedürftigkeit, für die eine generelle Verschonung in Höhe von mindestens 60% des über der Einkommensgrenze liegenden bereinigten Einkommens gilt.
Die Berufung ist demnach für den Zeitraum vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 teilweise begründet, weil der Kläger für diesen Zeitraum nur eine Kostenbeteiligung in Höhe von 494 € schuldet.
Soweit sich der Kläger auch gegen den nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils ergangenen Bescheid vom 04.04.2018 wendet, ist die Klage abzuweisen.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, S. 1 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers. Streitgegenständlich waren 36 Monate, in 20 Monaten (8/2012, 10/2012, 4/2013, 05/2023, 07/2013, 08/2013, 09/2013, 04/2014, 06/2014, 08/2014, 09/2014, 10/2014 und 11/2014 bis 6/2015) wurde die Berechnung des Eigenanteils zu Gunsten des Klägers geändert.
8. Gründe zur Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.


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