Sozialrecht

Erfolglose Klage gegen Sanktionsbescheid

Aktenzeichen  L 7 AS 76/16

Datum:
9.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 115117
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 31 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 S. 2
SGB X § 39 Abs. 2
SGG § 96, § 193

 

Leitsatz

1 Werden keine rechtlich relevanten Gründe vorgetragen, weshalb ein ALG-II-Bezieher zum Meldetermin nicht erschienen ist, dürfen die Leistungen gemindert werden.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Werden die Pflichten aus einem rechtmäßigen Eingliederungsverwaltungsakt, wie zB die Erstellung einer Musterbewerbungsmappe nicht erfüllt, ist ebenfalls eine Leistungsminderung zulässig. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 16 AS 963/12 2015-10-21 Urt SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 10.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2012 betreffend die Minderung um 10%. Weiter ist Gegenstand des Berufungsverfahrens der Bescheid vom 09.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 betreffend die 30% Minderung.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 09.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 betreffend die vorläufige Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.11.2012 bis 30.04.2013. Insoweit hat das Sozialgericht übersehen, dass mit Bescheid vom 22.05.2013 eine endgültige Leistungsfestsetzung für diesen Zeitraum ergangen ist. Der endgültige Bescheid ersetzt den vorläufigen Bescheid, der sich gemäß § 39 Abs. 2 SGB X durch Erlass des endgültigen Bescheides erledigt hat (BSG, Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 17/15 R, Rz. 13).
Das Sozialgericht hat den endgültigen Bescheid vom 22.05.2012, der während des laufenden Klageverfahrens erlassen wurde, zwar nicht in seine Entscheidung einbezogen. Der endgültige Bescheid wurde dennoch gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSG Urteil 26.05.2011, B 10 EG 12/10 R Rz. 17). Der Senat kann im Rahmen der Berufung über den Bescheid inhaltlich entscheiden, und zwar ohne dass es einer zusätzlichen erstinstanzlichen Klageentscheidung bedarf (BSG Urteil 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R Rz. 18).
Statthafte Klageart ist bezüglich des Sanktionsbescheides vom 10.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2012 für die Monate September und Oktober 2012 die isolierte Anfechtungsklage (BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, Rz. 17; BayLSG, Beschluss vom 08.07.2015, L 16 AS 381/15 B ER unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R).
Statthafte Klageart ist für den Zeitraum der Bewilligung von Leistungen vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 im Hinblick auf die Minderungsbescheide um 10% und 30% für diesen Zeitraum und den Verwaltungsakt betreffend die Leistungsbewilligung in diesem Zeitraum die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 68/09 R, Rz. 9 und 10, vgl. den Hinweis bei dem Urteil des BSG vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, Rz.16).
1. Minderungsbescheid 10% vom 10.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2012.
Die Minderung um 10% für die Zeit vom 01.09.2012 bis einschließlich 30.11.2012 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keine rechtlich relevanten Gründe vorgetragen, warum er nicht zum Meldetermin erschienen ist. Selbst wenn er sich zu diesem Zeitpunkt unabkömmlich gefühlt hat, hätte er vorher dem Beklagten mitteilen müssen, dass er den Termin voraussichtlich nicht werde wahrnehmen können anstatt nicht zu erscheinen (vgl. zu einem solchen Pflichtverstoß BayLSG Beschluss vom 21.07.2014, L 7 AS 587/13 NZB Rz 23; BayLSG Urteil vom 23.09.2005, L 8 AL 4/05 Rz 23). Der Beklagte hat sein Ermessen im Hinblick auf die Festlegung des Meldetermins zutreffend ausgeübt (BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Minderung bestehen nicht, vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, Rz. 50 ff.
2. Bescheid vom 09.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 betreffend die 30%ige Minderung.
Die Minderung um 30% für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. In der Eingliederungsvereinbarung war die Erstellung einer Arbeitsmappe für Bewerbungen vorgesehen. Dieser Pflicht ist der Kläger nicht fristgemäß nachgekommen. Einen wichtigen Grund hierfür hat er nicht nachgewiesen. Die Eingliederungsvereinbarung war rechtmäßig. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Minderung bestehen nicht, vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, Rz. 50 ff.
3. Bescheid vom 22.05.2015 betreffend endgültige Leistungen für die Zeit vom 01.11.2012 bis 30.04.2013.
Die im Leistungsbescheid vom 22.05.2013 enthaltenden Minderungen sind aufgrund der rechtmäßigen Minderungsbescheide rechtmäßig. Die Minderungen sind vom Beklagten zutreffend umgesetzt worden.
Was den Betrag von monatlich 55,20 Euro anbetrifft, den der Kläger ursprünglich als vorläufige Leistung eingeklagt hatte, hat sich dieses Begehren durch den endgültigen Bescheid erledigt. Für die Monate November/Dezember 2012 und Januar bis April 2013 wurden dem Kläger monatlich 55,20 Euro nachbezahlt, so dass der Kläger den vollen Regelbedarf und die vollen KdUH für diesen Zeitraum erhalten hat (abgesehen von den rechtmäßigen Minderungen).
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


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