Sozialrecht

Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Träger der Ausbildungsförderung bezüglich der Internatskosten von behinderten Auszubildenden

Aktenzeichen  12 BV 14.163

Datum:
31.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12011
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X § 44, § 104, § 107, § 111, § 113
SGB XII § 95
BAföG § 12, § 14a
HärteV § 6, § 7

 

Leitsatz

1. Hat der nachrangig verpflichtete Sozialhilfeträger einem Auszubildenden Eingliederungshilfe geleistet, stehen ihm zur Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem für Ausbildungsförderungsleistungen vorrangig Leistungsverpflichteten prozessual zwei grundsätzlich gleichwertige Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Der Sozialhilfeträger kann zunächst unmittelbar gegenüber dem vorrangig Leistungsverpflichteten einen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X im Wege einer Leistungsklage geltend machen oder als gesetzlicher Prozessstandschafter des Auszubildenden nach § 95 S. 1 SGB XII die Feststellung einer Sozialleistung betreiben und in diesem Rahmen ein sog. Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X anstrengen. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es obliegt dem Gericht, unter Berücksichtigung der Antragstellung sowie des gesamten Klägervorbringens das Rechtsschutzziel bzw. Klagebegehren von Amts wegen zu ermitteln. Es ist dabei an die Anträge in der Klageschrift nicht gebunden. Vielmehr kommt es auf das wirkliche Begehren des Klägers an, was beinhaltet, gegebenenfalls eine Klage ihrer Art nach umzudeuten bzw. die Anträge unter Rückgriff auf die Interessenlage nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zwar sind bei einer mit verwaltungsrechtlichem Sachverstand ausgestatteten Gebietskörperschaft an die Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit der Klageanträge strengere Anforderungen zu stellen als bei einer Privatperson. Jedoch darf wie bei einem anwaltlich vertretenen Kläger die Auslegung des Klagebegehrens dann vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X stellt insoweit ein gegenüber dem ursprünglichen Förderverfahren eigenständiges Verfahren zur nachträglichen Korrektur bestandskräftiger Sozialleistungsbescheide dar. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Möglichkeit, ein sog. Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X einzuleiten, steht dem betroffenen Leistungsempfänger in dem durch § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X gesetzten zeitlichen Rahmen grundsätzlich unbeschränkt zu. Ein Antrag nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X kann daher wiederholt, selbst nach einer durch gerichtliches Urteil bestätigten vorherigen Ablehnung, gestellt werden. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die von Amts wegen bestehende Pflicht zur Entscheidung über den Zugunstenantrag setzt nicht voraus, dass der Betroffene bei erneuter Antragstellung zugleich neue Tatsachen vorträgt; es reicht insoweit aus, dass er sich auf eine andere Rechtsauffassung hinsichtlich der Leistungspflicht beruft. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
7. Bei dem Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X handelt es sich um eine, speziell auf das Sozialrecht im Anwendungsbereich des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch zugeschnittene Regelung der Rücknahme von Verwaltungsakten. Der jeder Rücknahmeentscheidung innewohnende Gegensatz zwischen materieller Gerechtigkeit im Einzelfall und der Rechtsbeständigkeit von Verwaltungsentscheidungen wird durch die Regelung des § 44 Abs. 1 SGB X zugunsten der materiellen Richtigkeit der Ausgangsentscheidung aufgelöst. (Rn. 98) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 15 K 12.6242 2013-11-07 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bildet die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Ausbildungsförderung unter Einschluss der Internatskosten im Zeitraum August 2008 bis Juli 2010. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage für den Zeitraum August 2010 bis 11. Juni 2011 abgewiesen hat, hat der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt, sodass die Klageabweisung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet, da sich die Klage auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens als zulässig (1.) und begründet (2.) erweist.
1. Die Klage ist zulässig. Mit ihr hat der Kläger einen von zwei gleichermaßen statthaften prozessualen Wegen beschritten, um den Nachrang seiner Leistungsverpflichtung für den Auszubildenden S. R.-Z. gegenüber dem vorrangig leistungsverpflichteten Beklagten durchzusetzen (1.1). Bei der gegen die Ablehnung der Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X als Prozessstandschafter gerichteten Klage fehlt dem Kläger trotz der gegenüber dem Auszubildenden nach § 107 Abs. 1 SGB X eingetretenen Erfüllungswirkung gleichwohl nicht das Rechtsschutzbedürfnis (1.2). Auch greifen die vom Beklagten gegen die Zulässigkeit der Klage erhobenen Einwände der Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO (1.3) sowie der Nichteinhaltung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO (1.4) nicht durch.
1.1 Hat der nachrangig verpflichtete Sozialhilfeträger einem Auszubildenden Eingliederungshilfe geleistet, stehen ihm zur Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem für Ausbildungsförderungsleistungen vorrangig Leistungsverpflichteten prozessual zwei grundsätzlich gleichwertige Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung (Armbruster in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII Stand 18.1.2017, § 95 Rn. 17: Erstattungsansprüche und die Befugnis des § 95 SGB XII stehen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander). Er kann zunächst unmittelbar gegenüber dem vorrangig Leistungsverpflichteten einen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Wege einer Leistungsklage geltend machen (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom heutigen Tag im Verfahren 12 ZB 14.1513, der eine entsprechende Leistungsklage zum Gegenstand hat). Der Sozialhilfeträger kann darüber hinaus als gesetzlicher Prozessstandschafter des Auszubildenden nach § 95 Satz 1 SGB XII die Feststellung einer Sozialleistung betreiben und in diesem Rahmen ein sog. Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X anstrengen (vgl. Armbruster in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Stand 18.1.2017, § 95 Rn. 109; Kirchhoff in Hauck/Noftz, SGB XII Stand 03/2015, § 95 Rn. 5; ferner BSG, U.v. 25.9.2014 – B 8 SO 7/13 R – BSGE 117, 53 = BeckRS 2015, 66118 Rn. 13; U.v. 22.4.1998 – B 9 VG 6/96 R – BSGE 82, 112 = BeckRS 1998, 30012278 Rn. 22). Letzteres mündet angesichts der in § 107 Abs. 1 SGB X gegenüber dem Auszubildenden durchgreifenden Erfüllungswirkung (siehe dazu nachfolgend 1.2) in die Feststellung der Leistungspflicht des vorrangig verpflichtete Leistungsträgers (vgl. Armbruster in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII Stand 18.1.2017, § 95 Rn. 21) und schafft damit – gegebenenfalls unter Aufhebung entgegenstehender Bewilligungsbescheide – die Basis für ein nachfolgend durchzuführendes Erstattungsverfahren.
Lehnt der Träger der Ausbildungsförderung in letzterem Fall die Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ab, besitzt der nachrangig verpflichtete Sozialhilfeträger nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung die Möglichkeit der Erhebung einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungs- bzw. Feststellungsklage als statthafte Klageart (vgl. BSG, U.v. 13.2.2014 – B 4 AS 22/13 R – BSGE 115, 126 = BeckRS 2014, 69905 Rn. 11; U.v. 12.10.2017 – B 11 AL 20/16 – BeckRS 2017, 137673 Rn. 11 f. für die Parallelbestimmung § 97 S. 1 SGB VIII; Baumeister in jurisPK SGB X, Stand 15.5.2019, § 44 Rn. 152 ff.; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 04/2018, § 44 Rn. 73; Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2019, § 44 SGB X Rn. 30). Dabei richtet sich das Anfechtungsbegehren gegen die Ablehnung der Durchführung des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Das Verpflichtungsbegehren zielt auf die Rücknahme der bestandskräftigen Leistungsbescheide, soweit sie sich nach der Überprüfung im Zugunstenverfahren als rechtswidrig erwiesen haben. An die Stelle der Erbringung der Leistung an den Leistungsempfänger im Rahmen der Leistungsklage tritt infolge des Handelns des Klägers als gesetzlicher Prozessstandschafter nach § 95 Satz 1 SGB XII sowie des Eintritts der Erfüllungswirkung nach § 107 Abs. 1 SGB X (siehe dazu nachfolgende 1.2) die Feststellung der Leistungsverpflichtung des beklagten Leistungsträgers.
Eine derart kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage hat der Kläger mit seiner Klageschrift vom 12. Dezember 2012, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 17. Dezember 2012, auch erhoben. Zwar beantragte er dem Wortlaut nach zunächst drei gegenüber dem Beklagten zu treffende „Feststellungen“, nämlich zunächst die Feststellung von dessen Verpflichtung, „dem Auszubildenden S. R.-Z. für den Besuch der C.-S.-Schule für die Zeit vom 4.8.2008 bis 31.7.2010 Ausbildungsförderung unter Berücksichtigung der tatsächlich entrichteten Kosten seiner Unterbringung im Internat der Deutschen Blindenstudienanstalt zu leisten“, ferner die Feststellung, „dass die Bescheide des Beklagten vom 11.11.2008 und 21.9.2009 rechtswidrig waren, soweit sie dem entgegenstehen“ und schließlich die Feststellung, „dass der Beklagte auch für die Zeit vom 1.8.2010 bis 11.6.2011 verpflichtet war, dem Auszubildenden S. R.-Z. für den Besuch der C.-S.-Schule Ausbildungsförderung unter Berücksichtigung der tatsächlich entrichteten Kosten seiner Unterbringung im Internat der deutschen Blindenstudienanstalt zu leisten“.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Verwaltungsgericht die Anträge in der Klageschrift vom 12. Dezember 2012 nach § 88 VwGO zutreffend ausgelegt. Insoweit obliegt es dem Gericht, unter Berücksichtigung der Antragstellung sowie des gesamten Klägervorbringens das Rechtsschutzziel bzw. Klagebegehren von Amts wegen zu ermitteln. Es ist dabei an die Anträge in der Klageschrift nicht gebunden. Vielmehr kommt es auf das wirkliche Begehren des Klägers an, was beinhaltet, gegebenenfalls eine Klage ihrer Art nach umzudeuten bzw. die Anträge unter Rückgriff auf die Interessenlage nach §§ 133, 157 BGB auszulegen (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238 [241]; BVerwG, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42.14 – BeckRS 2015, 41972 Rn. 12; BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 Rn. 9; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 8; Brink/Fertig in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2019, § 88 VwGO Rn. 6). Als maßgebliches Auslegungskriterium erweisen sich demnach die recht verstandenen Interessen des Klägers (so BVerwG, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42.14 – BeckRS 2015, 41972 Rn. 12).
Angesichts des Umstands, dass der Kläger im vorliegenden Fall gegenüber dem Beklagten auch nach dessen eigener Bewertung ein „Förderverfahren nach § 44 SGB X“ begehrt und der Beklagte die Durchführung eines derartigen Zugunstenverfahrens abgelehnt hat, wogegen sich der Kläger nunmehr gerichtlich wendet, ergibt sich unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB, dass die beantragten Feststellungen jedenfalls auch die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung des Beklagten zum Gegenstand haben müssen, das Aufhebungsverlangen daher implizit im Klageantrag enthalten ist. Soweit der Kläger anstelle der Verpflichtung zur (teilweisen) Rücknahme der Bescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 die Feststellung von deren (teilweiser) Rechtswidrigkeit beantragt hat, lässt sich dem Klageziel der Beseitigung der bestandskräftigen Leistungsbescheide zur Vorbereitung eines Erstattungsverfahrens das auf eine entsprechende Teilrücknahme gerichtete Rechtsschutzbegehren aus den Gesamtumständen des Verfahrens ebenfalls entnehmen.
Dass als Kläger vorliegend keine Privatperson, sondern eine mit verwaltungsrechtlichem Sachverstand ausgestattete Gebietskörperschaft agiert, hebt entgegen der Auffassung des Beklagten die gerichtliche Auslegungskompetenz bezüglich der Anträge in der Klageschrift vom 12. Dezember 2012 nicht auf. Zwar sind in diesem Fall an die Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit der Klageanträge strengere Anforderungen zu stellen (vgl. Porz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 88 VwGO Rn. 6; Peters/Kujath in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 88 Rn. 26). Jedoch darf wie bei einem anwaltlich vertretenen Kläger die Auslegung des Klagebegehrens dann vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht (BVerwG, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42.14 – BeckRS 2015, 41972 Rn. 12; B.v. 12.3.2012 – 9 B 7.12 – BeckRS 2012, 48920 Rn. 6). Dies ist vorliegend, wie bereits dargestellt, der Fall.
Folglich enthält die Neuformulierung bzw. „Präzisierung“ der Klageanträge in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2013 lediglich eine Klarstellung des bereits mit Klageerhebung verfolgten Rechtsschutzbegehrens, nicht hingegen, wie der Beklagte meint, die erstmalige Erhebung einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage. Der Kläger hat folglich – nach zulässiger Auslegung seiner Klageanträge in der Klageschrift vom 12. Dezember 2012 – eine in der vorliegenden Fallkonstellation statthafte Klage erhoben.
1.2 Dieser Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
Zwar tritt der Kläger hier nach § 95 Satz 1 SGB XII als gesetzlicher Prozessstandschafter des Auszubildenden S. R.-Z. auf, d.h. er macht gegenüber dem Beklagten dessen Recht auf Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X in eigenem Namen geltend. Aus dem Wesen der gesetzlichen Prozessstandschaft folgt zugleich, dass der Kläger in diesem Fall nicht die Leistung von Ausbildungsförderung an sich selbst verlangen kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.2008 – 12 B 06.3207 – BeckRS 2008, 27919 Rn. 19; Armbruster in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Stand 18.1.2017, § 95 Rn. 89). Der Auszubildende S. R.-Z. hat indes vom Kläger als nachrangigem Träger der Sozialhilfe die vorliegend streitgegenständlichen Leistungen – nämlich die tatsächlich für die Unterbringung im Internat der Deutschen Blindenstudienanstalt angefallenen Kosten – bereits im Rahmen der Eingliederungshilfe vollständig erhalten. Nach § 107 Abs. 1 SGB X tritt damit gegenüber dem Auszubildenden – zur Vermeidung von Doppelleistungen – im Verhältnis zum Beklagten die sog. Erfüllungswirkung ein. Dies hat für die vom Kläger nach § 95 Satz 1 SGB XII betriebene „Feststellung einer Sozialleistung“ zur Folge, dass er über das Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vom Beklagten nicht mehr die Leistung an den Auszubildenden verlangen kann. Zur Vermeidung eines systemwidrigen Zirkelschlusses tritt vielmehr an Stelle der Leistung an den Auszubildenden die Feststellung einer entsprechenden Leistungspflicht des Beklagten gegenüber dem Auszubildenden (so ausdrücklich bezüglich der Vorgängervorschrift des § 95 SGB XII – § 91a BSHG – BVerwG, U.v. 7.7.2005 – 5 C 13.03 – BVerwGE 124, 75 = NVwZ 2005, 1428 ff. [1428]; BSG, U.v. 26.1.2000 – B 13 RJ 37/98 R – FEVS 54, 481 = BeckRS 2000, 40672; U.v. 22.4.1998 – B 9 VG 6/96 R – BSGE 82, 112 = BeckRS 1998, 30012278 Rn. 23; für die Parallelbestimmung § 97 Satz 1 SGB VIII vgl. BSG, U.v. 12.10.2017 – B 11 AL 20/16 – BeckRS 2017, 137673 Rn.13 f.; vgl. ferner Kirchhoff in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 03/2015, § 95 Rn. 20). Während für eine nochmalige Leistung von Ausbildungsförderung an den Auszubildenden ersichtlich kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, kommt dem Kläger demnach für die Feststellung einer entsprechenden Leistungspflicht gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis zu, weil letztere die Grundlage für ein nachfolgendes Erstattungsbegehren wie auch – im vorliegenden Fall nicht einschlägig – für die zukünftige Leistungserbringung durch den vorrangig verpflichteten Leistungsträger bildet. Die von § 107 Abs. 1 SGB X angeordnete Erfüllungswirkung beseitigt entgegen der Auffassung des Beklagten das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die streitgegenständliche Klage daher nicht.
1.3 Der Zulässigkeit der Klage steht – anders als der Beklagte meint – auch nicht die Subsidiarität der Feststellungklage nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen.
Der Beklagte ordnet insoweit den Klagegegenstand unzutreffend ein. Denn die vorliegende Klage richtet sich nicht gegen die bestandskräftigen Förderbescheide des Beklagten vom 11. November 2008 und 21. September 2009. Vielmehr hat der Kläger beim Beklagten als gesetzlicher Prozessstandschafter nach § 95 Satz 1 SGB XII die Feststellung einer Sozialleistung, nämlich im konkreten Fall die Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, mit der die bestandskräftigen Bescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 einer erneuten Prüfung unterzogen werden sollen, beantragt. Das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X stellt insoweit ein gegenüber dem ursprünglichen Förderverfahren eigenständiges Verfahren zur nachträglichen Korrektur bestandskräftiger Sozialleistungsbescheide dar.
Darüber hinaus ist auch das Betreiben der „Feststellung“ einer Sozialleistung als Prozessstandschafter nach § 95 Satz 1 SGB XII in einem weiten Sinne zu verstehen (vgl. Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 95 Rn. 11). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass im Falle einer ablehnenden Entscheidung über die Feststellung einer Sozialleistung nach § 95 SGB XII eine Anfechtungsklage verbunden mit der „Feststellung“ der beanspruchten Sozialleistung zu erheben ist (vgl. BSG, U.v. 12.10.2017 – B 11 AL 20/16 R – juris Rn. 11 f. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 97 Satz 1 SGB VIII). Dies entspricht im vorliegenden Verfahren der (letzten) Antragstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Demnach liegt bei der hier gegebenen Fallkonstellation entgegen der Auffassung des Beklagten keine Feststellungsklage im eigentlichen Sinne vor. Darüber hinaus ließe sich einer Feststellungsklage aufgrund des maßgeblichen Streitgegenstands – nämlich der Beanspruchung eines Zugunstenverfahrens im Rahmen gesetzlicher Prozessstandschaft – auch nicht der Vorrang der Leistungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegenhalten, da die vom Beklagten hierfür herangezogene Klage auf Leistung von Ausbildungsförderung unter Aufhebung der Bescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 einem anderen als dem vorliegenden Streitgegenstand zuzurechnen wäre. Die Klage ist daher nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig.
1.4 Der Kläger hat im vorliegenden Fall auch die Klagefrist gewahrt. Dies gilt unabhängig davon, ob man den Schreiben des Beklagten vom 14. November 2011, 20. Dezember 2011 und 20. Januar 2012 im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X Verwaltungsaktscharakter zubilligt oder nicht.
Denn handelte es sich bei den genannten Schreiben, wie der Beklagte selbst im Schreiben vom 20. Dezember 2011 offenbar meint, nicht um Entscheidungen mit Regelungswirkung, sondern um reine „Informationsschreiben“, fehlte es zugleich an einer Verbescheidung der Anträge des Klägers vom 22. Dezember 2010 und 8. Dezember 2011 auf Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sodass die Klage vorliegend nach § 75 Satz 1 VwGO als Untätigkeitsklage abweichend von § 68 VwGO zulässig wäre, da der Beklagte in diesem Fall über die Anträge des Klägers ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entscheiden hätte.
Misst man dagegen den Schreiben vom 14. November 2011 und 20. Januar 2012 – das Schreiben vom 20. Dezember 2011 erläutert lediglich das Schreiben vom 14. November 2011 und ordnet es als „Informationsschreiben“ ein – Regelungswirkung in dem Sinne zu, dass damit die Anträge des Klägers auf Durchführung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vom 22. Dezember 2010 und 8. Dezember 2011 abgelehnt werden, so liegen jeweils Verwaltungsakte im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X vor.
Weiter handelt es sich bei dem Schreiben vom 20. Januar 2012 auch nicht, wie der Beklagte meint, um eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungscharakter. Die Möglichkeit, ein sog. Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X einzuleiten, steht dem betroffenen Leistungsempfänger bzw. im vorliegenden Fall dem Kläger als dessen gesetzlichem Prozessstandschafter in dem durch § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X gesetzten zeitlichen Rahmen grundsätzlich unbeschränkt zu. Ein Antrag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann daher wiederholt, selbst nach einer durch gerichtliches Urteil bestätigten vorherigen Ablehnung, gestellt werden (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 38a ff.; BSG, U.v. 11.11.2003 – B 2 U 32/02 R – BeckRS 2004, 40316). Die von Amts wegen bestehende Pflicht zur Entscheidung über den Zugunstenantrag setzt auch nicht voraus, dass der Betroffene bei erneuter Antragstellung zugleich neue Tatsachen vorträgt; es reicht insoweit aus, dass er sich auf eine andere Rechtsauffassung hinsichtlich der Leistungspflicht beruft (vgl. BSG, U.v. 5.9.2006 – B 2 U 24/05 R – BSGE 97, 54 = BeckRS 2007, 40679 Ls. 1). Die erneute Antragstellung zeitigt daher – je nach dem Vorbringen des Betroffenen – Auswirkungen auf die Begründungsdichte einer Ablehnung, insbesondere wenn der Betroffene lediglich sein bisheriges Vorbringen wiederholt; sie entbindet die zuständige Behörde jedoch nicht davon, erneut eine Sachentscheidung über den Zugunstenantrag zu treffen. Diese erneute Entscheidung über den Zugunstenantrag kann wiederum mit Rechtsmitteln angegriffen werden.
Angesichts dessen ist das Schreiben des Beklagten vom 20. Januar 2012 als gegenüber dem Schreiben vom 14. November 2011 eigenständige Entscheidung über den Zugunstenantrag des Klägers vom 8. Dezember 2011 zu qualifizieren, nicht hingegen, wie der Beklagte meint, als sog. Zweitbescheid ohne eigene Regelungswirkung. Da dem Schreiben vom 20. Januar 2012 keine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt war, galt nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Klageerhebung die Jahresfrist. Diese hat der Kläger mit Eingang seines Klageschriftsatzes beim Verwaltungsgericht München am 17. Dezember 2012 gewahrt.
Die Klage erweist sich mithin insgesamt als zulässig.
2. Die Klage ist ferner auch begründet.
2.1 Was die Bemessung des Anspruchs des Auszubildenden S. R.-Z. auf Ausbildungsförderungsleistungen unter Einschluss der Kosten seiner Unterbringung im Internat der Deutschen Blindenstudienanstalt nach §§ 12, 14a BAföG in Verbindung mit §§ 6, 7 HärteV sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X und der Möglichkeit von dessen prozessstandschaftlicher Geltendmachung durch den Kläger nach § 95 Satz 1 SGB XII betrifft, macht der Senat von der Möglichkeit des § 130b Satz 2 VwGO Gebrauch und sieht unter Bezugnahme auf die für zutreffend erachteten Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, zumal der Beklagte im Berufungsverfahren hiergegen auch keine substantiellen Einwände erhoben hat.
2.2 Darüber hinaus lässt sich dem Anspruch des Klägers auf Feststellung der Leistungsverpflichtung des Beklagten hinsichtlich Ausbildungsförderungsleistungen unter Berücksichtigung der Kosten der Unterbringung von S. R.-Z. im Internat der Deutschen Blindenstudienanstalt im Zeitraum September 2008 bis Juli 2010 sowie dessen Verpflichtung, die Bescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 zurückzunehmen, soweit sie dieser Feststellung entgegenstehen, weder die vom Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bindungswirkung der Ablehnung einer Leistung im Leistungsverhältnis für das Erstattungsverhältnis (BSG, U.v. 12.5.1999 – B 7 AL 74/98 R – BSGE 84, 80) noch der allgemeine Rechtsgrundsatz eines Verbots des „venire contra factum proprium“ entgegenhalten.
2.2.1 Soweit sich der Beklagte in der Berufungsbegründung auf eine in einem Erstattungsverfahren nach § 104 SGB X ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, a.a.O.) bezieht und deren Übertragung auf die vorliegende Fallkonstellation postuliert, mit der Konsequenz, dass dem Kläger, da er die Bescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 nicht angefochten hat und sie demzufolge in Bestandskraft erwachsen sind, kein Anspruch auf Feststellung einer Leistungsverpflichtung des Beklagten zukommen soll, stehen dieser Auffassung zunächst systematische Gründe entgegen. Des Weiteren zeigt eine Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozial- und des Bundesverwaltungsgerichts, dass jedenfalls für den Bereich des Ausbildungsförderungsrechts eine Bindungswirkung der Leistungsablehnung für das Erstattungsverfahren nicht angenommen werden kann.
2.2.1.1 Eine Übertragung der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, a.a.O.) auf die Fallkonstellation eines im Wege der Prozessstandschaft betriebenen Zugunstenverfahrens scheidet bereits aus systematischen Gründen aus. Denn dieses, dem unmittelbaren Geltendmachen eines Erstattungsanspruchs gleichwertige prozessuale Vorgehen zielt konkret auf die Beseitigung der bestandskräftigen Leistungsablehnung gegenüber dem Leistungsberechtigten, die nach der vom Beklagten in Anspruch genommenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einem Erstattungsanspruch des nachrangig leistungsverpflichteten Sozialhilfeträgers gerade entgegenstehen soll. Unter Nutzung der vom Gesetzgeber ausdrücklich mit dem Ziel der Realisierung der nachrangigen Leistungsverpflichtung geschaffenen Möglichkeit des prozessstandschaftlichen Vorgehens für den Auszubildenden soll dem Sozialhilfeträger folglich gerade die Möglichkeit eröffnet werden, die einem Erstattungsanspruch möglicherweise entgegenstehende, bestandskräftige Leistungsablehnung zu beseitigen und so – über die Feststellung der Leistungsverpflichtung des vorrangig Leistungsverpflichteten – die Durchführung eines Erstattungsverfahrens zu ermöglichen. Ließe man die Argumentation des Beklagten durchgreifen, wäre dem nachrangig Leistungsverpflichteten diese gesetzlich vorgesehene Handlungsmöglichkeit genommen. Dies erweist sich mithin als systemwidrig.
2.2.1.2 Weiterhin ergibt sich unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozial- und des Bundesverwaltungsgerichts entgegen der Ansicht des Beklagten für den Bereich des Ausbildungsförderungsrechts keine Bindungswirkung einer Leistungsablehnung für das Erstattungsverfahren.
Während einzelne Senate des Bundessozialgerichts die Auffassung einer Begrenzung des Erstattungsanspruchs des nachrangig verpflichteten Sozialleistungsträgers durch die Ablehnung der Leistung durch den vorrangig verpflichteten Sozialleistungsträger vertreten, mithin das Leistungsverhältnis auf das Erstattungsverhältnis gewissermaßen „durchschlagen“ lassen, treten andere Senate des Bundessozialgerichts dieser Rechtsansicht ausdrücklich entgegen. Darüber hinaus bestehen gegen die Annahme einer Bindung des Erstattungsberechtigten an die Antragsablehnung des Erstattungsverpflichteten im Leistungsverhältnis in der Literatur durchgreifende Bedenken. Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. Januar 2014 (5 C 8.13 – NJW 2014, 1979) ausdrücklich davon aus, dass das Leistungsverhältnis vom Erstattungsverhältnis zu trennen ist, und hat, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, folgerichtig das Bestehen eines Erstattungsanspruchs auch für den Fall angenommen, dass weder der nachrangig verpflichtete Sozialhilfeträger noch der Auszubildende selbst einen Antrag auf Ausbildungsförderungsleistungen gestellt haben. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs durch die Ablehnung der Leistung im Leistungsverhältnis jedenfalls für das Ausbildungsförderungsrecht nicht besteht. Eine auf die vorliegende Fallkonstellation des prozessstandschaftlichen Betreibens eines Zugunstenverfahrens übertragbare höchstrichterliche Rechtsprechung lässt sich daher entgegen der Auffassung des Beklagten nicht identifizieren, wie sich im Einzelnen aus Folgendem ergibt:
Die vom Beklagten in der Berufungsbegründung aufgeworfene Frage, ob die Ablehnung eines Antrags auf Ausbildungsförderungsleistungen im Rahmen des (ursprünglichen) Leistungsverfahrens im Sinne einer Tatbestands- bzw. Bindungswirkung auf das Erstattungsverfahren „durchschlägt“, mit der Folge, dass im Umfang der Ablehnung der Erstattungsanspruch erlischt, wird – wie bereits eingangs ausgeführt – in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – anders, als es der Beklagte darzustellen versucht – unterschiedlich beantwortet (vgl. hierzu ausführlich BSG, U.v. 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R – juris Rn. 14 f.; ferner die Übersicht bei Krasney, KV 2014, S. 1 ff.).
Mehrere Senate des Bundessozialgerichts (Übersicht in BSG, U.v. 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R – juris Rn. 14 f.; ferner Krasney, KV 2014, 1 ff. [3 ff.]) vertreten für die ihnen jeweils zugewiesenen Rechtsgebiete die Auffassung, dass der nachrangige (oder unzuständige) Leistungsträger bei der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs die bestandskräftige Entscheidung des vorrangigen (oder zuständigen) Leistungsträgers im Leistungsverhältnis zu beachten habe (so beispielsweise der 10. Senat, BSG, U.v. 10.7.2014 – B 10 SF 1/14 R – juris Rn. 20 ff. für einen Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Jugendhilfeträger; 7. Senat: BSG, U.v. 12.5.1999 – B 7 AL 74/98 R – BSGE 84, 80 LS 1 für einen Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Träger der Arbeitslosenhilfe). Dem korrespondiere das Recht des auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträgers, sich auf seine eigenen, bindenden Verwaltungsakte zu berufen. Aus der dergestalt umschriebenen Tatbestandswirkung (Drittbindungswirkung) von Verwaltungsakten folge, dass Behörden und Gerichte die in einem bindenden Bescheid getroffene Regelung als verbindlich hinzunehmen und ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit ihren Entscheidungen zugrunde zu legen hätten. Dies erfordere die Funktionsfähigkeit des auf dem Prinzip der Aufgabenteilung beruhenden gegliederten Sozialleistungssystems sowie die Pflicht der Sozialleistungsträger zur Zusammenarbeit nach § 86 SGB X. Eine Bindungswirkung im Erstattungsstreit solle grundsätzlich selbst dann bestehen, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt fehlerhaft sei. Der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger dürfe sich nur dann nicht auf die Bindungswirkung seiner Entscheidung berufen, wenn diese sich als offensichtlich fehlerhaft erweise und sich dies zum Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirke (BSG, U.v. 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R – juris Rn. 14: Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Träger der Unfallversicherung). Diese Möglichkeit bestehe wiederum dann nicht, wenn der Erstattungsberechtigte selbst das ursprüngliche Verwaltungsverfahren betrieben und die Ablehnungsbescheide habe bestandskräftig werden lassen (BSG, U.v. 10.7.2014 – B 10 SF 1/14 R – juris Rn. 21: Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Träger der Kinder- und Jugendhilfe; U.v. 12.5.1999 – B 7 AL 74/98 R – BSGE 84, 80 LS 1). Eine weitere Ausnahme von der „Bindungswirkung“ solle dann gelten, wenn der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger die Leistung nicht aus Gründen des besonderen Leistungsrechts, sondern gerade wegen der Leistungsverpflichtung eines anderen Sozialleistungsträgers abgelehnt habe (BSG, U.v. 12.5.1999 – B 7 AL 74/98 R – BSGE 84, 80 Rn. 16).
Demgegenüber haben namentlich der 1. und 2. Senat des Bundessozialgerichts die Berechtigung des auf Erstattung in Anspruch genommenen Sozialleistungsträgers, dem Erstattungsgläubiger seine gegenüber dem Leistungsberechtigten ergangenen bindenden Verwaltungsakte entgegenzuhalten, im Rahmen der ihnen durch die Geschäftsverteilung zugewiesenen Rechtsmaterien bislang stets verneint (vgl. hierzu unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstands BSG, U.v. 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R – juris, Rn. 12 ff., ferner BSG, U.v. 13.12.2016 – B 1 KR 29/15 R – BSGE 122, 162 Rn. 11 ff.: Erstattungsverfahren einer Berufsgenossenschaft gegen eine Krankenkasse; vgl. ferner Krasney, KV 2014, 1 ff. [2 f.]). Sie gehen zu Recht davon aus, dass es sich bei den Erstattungsansprüchen der §§ 102 ff. SGB X um eigenständige, originäre Ansprüche handelt, die nicht von der Position des Leistungsberechtigten abgeleitet sind.
Darauf, dass es sich bei Erstattungsansprüchen gegenüber Leistungsansprüchen um eigenständige, originäre Ansprüche handelt, die nicht von Entscheidungen im Leistungsverhältnis abhängen, verweisen überzeugend aktuelle Stimmen in der Literatur (vgl. insbesondere Kater in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrechts, Stand März 2018, § 105 SGB X Rn. 41 ff. sowie Rn. 48 ff. „Kritik an der Begründung der Gegenmeinung“; Krasney, KV 2014, 1 ff.). Darüber hinaus soll es für die Annahme einer Tatbestands- bzw. Bindungswirkung einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, die nicht besteht. Schließlich ist auch nicht erkennbar, weshalb die in § 86 SGB X normierte Verpflichtung der Sozialleistungsträger zur engen Zusammenarbeit eine Beschränkung des Erstattungsanspruchs durch die im Leistungsverhältnis ergangenen Verwaltungsakte des Erstattungsverpflichteten gebieten soll.
Mit Urteil vom 23. Januar 2014 (BVerwG, U.v. 23.1.2014 – 5 C 8.13 – juris) hat deshalb das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Erstattungsstreits dem klagenden Sozialhilfeträger nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Recht einen Erstattungsanspruch für Internatskosten eines Auszubildenden für den Fall zugebilligt, dass weder der Sozialhilfeträger über § 95 Satz 1 SGB XII noch der Auszubildende selbst einen Antrag auf Ausbildungsförderungsleistungen gestellt haben, was zur Folge hatte, dass ein Anspruch auf Leistung von Ausbildungsförderung für den entsprechenden Bewilligungszeitraum nicht entstanden war. Im Einzelnen führt das Bundesverwaltungsgericht hierzu Folgendes aus (Rn. 14 ff.):
„Der Leistungsanspruch des Berechtigten und der Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Sozialleistungsträgers nach § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X sind jeweils rechtlich selbständige Ansprüche (BSG, Urteile vom 1. Dezember 1983 – 4 RJ 91/82 – BSGE 56, 69 , vom 22. Juli 1987 – RA 63/85 – SozR 1300 § 105 SGB X Nr. 5 S. 12 und vom 28. April 1999 – B 9 V 8/98 – BSGE 84, 61 ). Die Entstehung des Erstattungsanspruchs gründet nicht auf einem Übergang des Leistungsanspruchs auf den erstattungsberechtigten Träger, sondern allein auf der Erfüllung der Voraussetzungen des § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X. Soweit der Erstattungsanspruch inhaltlich abhängig von und untrennbar verbunden mit dem Anspruch des Leistungsberechtigten ist, genügt es, dass in der Person des Berechtigten die wesentlichen und unverzichtbaren Grundvoraussetzungen des Anspruchs auf eine Leistung gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen Träger vorliegen. Dazu zählt ein Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28. April 1999 a.a.O.).
Während sich die Entstehungsgeschichte des § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X als unergiebig darstellt, sprechen Sinn und Zweck der §§ 102 ff. SGB X entscheidend dafür, das Bestehen eines Erstattungsanspruchs nach § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X gegen den Träger der Ausbildungsförderung nicht davon abhängig zu machen, dass ein Antrag im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 1 BAföG gestellt worden ist. Die §§ 102 ff. SGB X dienen der Sicherstellung des Nachrangs einer bereits erbrachten Sozialleistung und der Finanzierungsverantwortung des vorrangig verpflichteten Sozialleistungsträgers im Erstattungsrechtsverhältnis. Die Realisierung dieser gesetzlich vorgegebenen Lastenverteilung sollte erkennbar nicht von der Antragstellung im Leistungsverhältnis abhängig sein und in das Belieben des Leistungsberechtigten gestellt werden. Anderenfalls hätte es dieser in der Hand, die gesetzlich vorgesehene Finanzierungsverantwortung dadurch zu korrigieren, dass er es unterlässt, einen Leistungsantrag zu stellen (BSG, Urteil vom 28. April 1999 a.a.O. S. 64 f.). Dem steht nicht entgegen, dass § 95 Satz 1 SGB XII den erstattungsberechtigten Träger der Sozialhilfe ermächtigt, die Feststellung einer Sozialleistung zu betreiben sowie Rechtsmittel einzulegen und damit den an sich dem Leistungsberechtigten zustehenden Anspruch auf Bewilligung der Sozialleistung im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft behördlich und gerichtlich geltend zu machen, ohne dass es dessen Mitwirkung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 1998 – B 9 VG 6/96 R – BSGE 82, 112 ). Genauso wie der Erstattungsanspruch nach § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X verfolgt das Feststellungsverfahren im Sinne des § 95 Satz 1 SGB XII den Zweck, der gesetzlich vorgesehenen Finanzierungslast im vielfältig gegliederten Sozialleistungssystem Geltung zu verschaffen. Diese Gemeinsamkeit rechtfertigt es hingegen nicht, unter Hinweis auf die Möglichkeit der Durchführung des Feststellungsverfahrens den Erstattungsanspruch von einem Antrag des Leistungsberechtigten abhängig zu machen. Denn der Zweck des Erstattungsanspruchs besteht – wie aufgezeigt – darin, dass der Verteilung der Finanzierungsverantwortung gerade durch ein vom Willen des Leistungsberechtigten unabhängiges Erstattungsverfahren Rechnung getragen wird.
Auch Schutzrichtung und Wirkung des § 95 SGB XII widerstreiten der Annahme, das Antragserfordernis sei deshalb unbedenklich, weil der nachrangig verpflichtete Leistungsträger im Falle des Unterlassens eines Antrags des Leistungsberechtigten das Feststellungsverfahren betreiben und auf diesem Weg einen Leistungsantrag stellen könne. § 95 SGB XII ist eine Schutzvorschrift zugunsten des subsidiär verpflichteten Trägers. Diesem wird insbesondere das Recht verliehen, sich von nachrangig zu erbringenden Leistungen gegenüber dem Hilfeempfänger zu befreien. Zwar dient der Erstattungsanspruch ebenfalls dem Schutz der Interessen des nachrangig zuständigen Trägers. Das Recht aus § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X ist hingegen auf die Erstattung tatsächlich bereits erbrachter Leistungen und damit auf die Vergangenheit bezogen, während das Recht aus § 95 SGB XII auf die Feststellung des Anspruchs gerichtet ist und auch in die Zukunft reicht. Bereits dieser strukturelle Unterschied spricht dagegen, das hier in Rede stehende Antragserfordernis wegen der Möglichkeit der Durchführung eines Feststellungsverfahrens als unbedenklich zu erachten. Hinzu kommt, dass der Anspruch auf Erstattung und derjenige auf Feststellung nebeneinander bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 1998 a.a.O. S. 116). Auch dies streitet dagegen, das Erfordernis eines Leistungsantrags für den Erstattungsanspruch (auch) mit der Möglichkeit der Durchführung eines Feststellungsverfahrens bei Fehlen eines solchen Antrags zu begründen und auf diese Weise beide Verfahren miteinander zu verknüpfen. Dem Feststellungsverfahren würde dadurch eine Bedeutung beigemessen, die ihm nicht zukommt. Schließlich liefe es dem Charakter des § 95 SGB XII als Schutzvorschrift zuwider, im Fall eines vom Leistungsberechtigten nicht gestellten Antrags die Erstattung von Leistungen davon abhängig zu machen, dass der nachrangig verpflichtete Träger den Leistungsantrag im Rahmen des Feststellungsverfahrens stellt. Dies gilt umso mehr, als es der nachrangig verpflichtete Leistungsträger regelmäßig nicht in der Hand hat, rechtzeitig entweder den Leistungsberechtigten zur Stellung eines weiteren Antrags bei einem anderen Träger zu bewegen oder anderenfalls das Feststellungsverfahren zu betreiben. Faktisch führte die Annahme einer Beachtlichkeit des Antragserfordernisses des § 46 Absatz 1 Satz 1 BAföG zu der ungewollten Konsequenz, dass der nachrangig verpflichtete Träger zur Sicherstellung einer umfassenden Erstattungsleistung gehalten wäre, zeitgleich mit der Beantragung der nachrangigen Sozialleistung durch den Berechtigten – im Sozialhilferecht auf Grund des Kenntnisgrundsatzes des § 18 SGB XII bereits mit Bekanntwerden des Hilfebedarfs – die Feststellung der vorrangigen Sozialleistung zu betreiben.“
Das Bundesverwaltungsgericht geht hier, wie aufgezeigt, mit einem Teil der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für den Bereich des Ausbildungsförderungsrechts ausdrücklich davon aus, dass es sich bei Erstattungsansprüchen um jeweils eigenständige, originäre und vom Leistungsverhältnis unabhängige Ansprüche handelt, die dazu dienen, die in der gesetzgeberischen Systematik angelegte Finanzierungsverantwortung der jeweiligen Sozialleistungsträger im Nachhinein sicherzustellen. Die Annahme einer Beschränkung des Erstattungsanspruchs durch die für bindend erachtete Ablehnung von Leistungsansprüchen durch den Erstattungsverpflichteten ist hiermit – jedenfalls für das hier allein streitgegenständliche Ausbildungsförderungsrecht – unter keinem Gesichtspunkt vereinbar. Eine Einschränkung der prozessstandschaftlichen Geltendmachung eines Zugunstenverfahrens durch die Annahme einer Bindungswirkung der Ablehnung des Leistungsanspruchs durch den Erstattungsverpflichteten findet daher in der gesetzlichen Systematik, wie sie das Bundesverwaltungsgericht aufgezeigt hat, keine Stütze. Dem hiervon abweichenden Ansatz des Beklagten kann daher nicht gefolgt werden. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die – für das Ausbildungsförderungsrecht allein maßgebliche – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt.
2.2.2 Der Kläger verhält sich dadurch, dass er nach Herausbildung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang der ausbildungsförderungsrechtlichen Leistungen nach §§ 12, 14a BAföG in Verbindung mit §§ 6, 7 HärteV gegenüber dem Beklagten in Prozessstandschaft ein Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X angestrengt hat, auch nicht im Sinne eines „venire contra factum proprium“ rechtsmissbräuchlich, nachdem er zuvor die Leistungsbescheide des Beklagten vom 11. November 2008 und 21. September 2009 nicht angefochten hat.
Denn bei dem sog. Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X handelt es sich um eine, speziell auf das Sozialrecht im Anwendungsbereich des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch zugeschnittene Regelung der Rücknahme von Verwaltungsakten. Der jeder Rücknahmeentscheidung innewohnende Gegensatz zwischen materieller Gerechtigkeit im Einzelfall und der Rechtsbeständigkeit von Verwaltungsentscheidungen wird durch die Regelung des § 44 Abs. 1 SGB X zugunsten der materiellen Richtigkeit der Ausgangsentscheidung aufgelöst (BSG, U.v. 13.2.2014 – B 4 AS 22/13 R – BSGE 115, 126 = BeckRS 2014, 69905 Rn. 19; U.v. 11.11.2003 – B 2 U 32/02 R – BeckRS 2004, 40316; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 2). Auch bei durch bestandskräftigen Verwaltungsakt abgeschlossenen Verfahren ist der Bürger gegen Rechtsverluste deshalb nahezu umfassend geschützt. Innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 44 Abs. 4 SGB X steht einer Rücknahmeentscheidung selbst die vorherige Ablehnung der Durchführung eines Zugunstenverfahrens und dessen gerichtliche Bestätigung nicht entgegen. Eine Grenze setzt der Durchführung eines Zugunstenverfahrens lediglich § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X für den Fall, dass der ganz oder teilweise zurückzunehmende Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Über diesen gesetzlich geregelten Ausschlusstatbestand hinaus steht dem Betreiben des Zugunstenverfahrens ein wie auch immer geartetes „Verschulden“ des Betroffenen nicht entgegen. Selbst derjenige, der verschuldet eine Rechtsbehelfsfrist verstreichen lässt, kann im Rahmen des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ohne Rücksicht auf dessen eingetretene Bindungswirkung erwirken (so ausdrücklich BSG, U.v. 2.2.2006 – B 10 EG 9/05 R – BSGE 96, 44 = BeckRS 2006, 41300 Rn. 25).
Gemessen hieran liegt im Verhalten des Klägers, der zunächst gegen die Bewilligungsbescheide vom 11. November 2008 und 21. September 2009 keine Rechtsmittel eingelegt, dann aber prozessstandschaftlich ein Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X anstrengt hat, entgegen der Auffassung des Beklagten kein Rechtsmissbrauch. Vielmehr erweist sich umgekehrt das Vorgehen des Beklagten als grundsätzlich fragwürdig. Denn nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 44 SGB X wäre der Beklagte auch ohne Antrag des Klägers bereits von Amts wegen verpflichtet gewesen, in die Prüfung eines Zugunstenverfahrens einzutreten, sobald er einen Hinweis darauf erhalten hatte, dass aufgrund unrichtiger Rechtsanwendung Sozialleistungen im Einzelfall nicht erbracht worden sind (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 39; BSG, U.v. 13.2.2014 – B 4 AS 22/13 R – BSGE 115, 126 = BeckRS 2014, 69905 Rn. 19). Dem mehrfachen Hinweis des Klägers auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 2.12.2009 – 5 C 33.08 – BVerwGE 135, 310) ist der Beklagte indes nicht nachgegangen, sondern hat stattdessen versucht, sich seiner evidenten Leistungspflicht zu entziehen. Gegen den Kläger lässt sich bei der gegebenen Fallkonstellation daher der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht erheben.
Die Klage ist daher auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Beklagten begründet. Die Berufung war deshalb vollumfänglich zurückzuweisen.
3. Der Beklagte trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Ein Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern nach § 188 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
4. Gründe, nach § 132 VwGO die Revision gegen die vorliegende Entscheidung zuzulassen, liegen nicht vor. Lässt sich eine aufgeworfene Rechtsfrage – wie hier – ohne Weiteres aus dem Gesetz bzw. anhand des bislang erreichten Klärungsstands in Rechtsprechung und Schrifttum beantworten, kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu (BVerwG, B.v. 3.6.2008 – 9 B 3.08 – juris Rn. 6).


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