Sozialrecht

Keine Gewährung von Heilbehandlungskosten für verspätet gemeldete Dienstunfallfolgen – Schmerzsyndrom nach Unfall

Aktenzeichen  3 C 17.1650

Datum:
19.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 166
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 45, Art. 47 Abs. 2 S. 2, Art. 53 Abs. 1 S. 1
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 47 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Hinreichende Erfolgsaussicht für Rechtsverfolgung oder -verteidigung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 2 S. 2 BayBeamtVG gilt nicht nur für die erstmalige Meldung eines Dienstunfalles, sondern auch für die Folgen des Dienstunfalls (stRspr BVerwG BeckRS 2002, 21986). (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach den im Dienstunfallrecht geltenden Regeln trägt der Anspruchsteller die materielle Beweislast dafür, dass die jeweils entstandenen Behandlungskosten auf den anerkannten Dienstunfallfolgen beruhen (stRspr BayVGH BeckRS 2017, 107853). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 5 K 16.768 2017-07-31 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die im Jahr 1965 geborene Klägerin, die sich seit 1. Oktober 2013 im Ruhestand befindet, stand zuletzt als Verwaltungsobersekretärin der Besoldungsgruppe A 7 im Dienst der Beklagten. Sie erlitt am 6. Juli 2006 einen Dienstunfall, als sie auf dem Nachhauseweg an einer grünen Fußgängerampel von einem Rollerfahrer erfasst wurde und stürzte. In der Folgezeit erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2006 folgende Dienstunfallfolgen an: Monokelhämatom (S. 00.1), Tibiakopffraktur lateral linkes Knie (S. 82.18), Weichteilschaden Grad II bei offener Fraktur Unterschenkel links (S. 81.88), Gehirnerschütterung (S. 06.0), Knieplatzwunde links (T 14.1), IV.-gradiger Knorpelschaden linkes Kniegelenk mit Außenmeniskusteilruptur links. Mit Bescheid vom 1. August 2008 wurden ebenfalls eine posttraumatische Belastungsstörung mit einer dienstunfallbedingten Heilbehandlungsnotwendigkeit bis zum 23. April 2008 und ein Ekzem in der Narbenumgebung linker Unterschenkel und mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 ein IV.-gradiger Knorpelschaden linkes Kniegelenk mit Außenmeniskusteilruptur links, Gonathrose links anerkannt.
Mit Bescheid vom 9. April 2009 wurde der Klägerin bis zum 10. März 2008 Unfallausgleich auf der Grundlage der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gewährt.
Mit Ablauf des 30. September 2013 wurde die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Die Gewährung von Unfallruhegehalt gemäß Art. 53 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) wurde mit Bescheid vom 16. Juli 2014 abgelehnt. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass unfallbedingte psychische Erkrankungen nicht berücksichtigt worden seien, obwohl die Amtsärztin in ihrer Stellungnahme detaillierte Angaben zu psychiatrischen/psychologischen Beschwerden gemacht habe. Zugleich legte die Klägerin zum 27. Juni 2014 eine fachärztliche Bescheinigung ihres behandelnden Arztes Dr. S …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24. Juli 2013 vor, in der als Behandlungsdiagnosen eine schwere depressive Episode und ein Zustand nach Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) angegeben waren. Weiter wurde dort ausgeführt, dass sich die weitgehend abgeklungene posttraumatische Belastungsstörung in das Syndrom einer chronifizierten phasenhaften Depression verwandelt habe. Das Datum des Attests wurde nachträglich mit Schreiben vom 29. Juli 2014 auf den 4. Juni 2014 korrigiert. Mit gleichem Schreiben wies Dr. S … darauf hin, dass er erst bei der Exploration am 4. Juni 2014 den Zusammenhang zum Unfallgeschehnis vom 6. Juli 2006 entdeckt habe. Im ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 nahm die Beklagte auf das orthopädische Gutachten vom 16. Juni 2014 Bezug, in dem ausgeführt wurde, dass die Dienstunfähigkeit nicht wesentlich auf die noch bestehenden Unfallfolgen zurückzuführen sei. Neben den im amtsärztlichen Gutachten vom 8. Juli 2013 aufgeführten, nicht dienstunfallabhängigen gesundheitlichen Störungen aus dem orthopädischen und internistischen Fachbereich, welche den rechten Fuß, beide Schultergelenke, die Halswirbelsäule, den Kreislauf und den Stoffwechsel umfasst hätten bzw. gesundheitlichen Störungen aus dem nervenärztlichen Fachbereich, die durch den Dienstunfall eine vorübergehende Verschlimmerung bis zum 23. April 2008 erfahren hätten, stünden die dienstunfallbedingten Beeinträchtigungen von Seiten des linken Kniegelenks im Hintergrund. Weitere Körperschäden, insbesondere solche aus dem psychiatrischen Fachbereich, seien weder bei der Einschätzung der MdE noch im Rahmen der Prüfung der dienstunfallbedingten Dienstunfähigkeit zu berücksichtigen gewesen, da der Heilbehandlungszeitraum der mit Bescheid vom 1. August 2008 als Unfallfolge festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung bestandskräftig auf den 23. April 2008 beschränkt worden sei. Die damals noch bestehende Symptomatik sei vom Amtsarzt nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt worden. Die Amtsärztin Dr. F … habe zwar im Rahmen der Prüfung der dienstunfallbedingten MdE im Schreiben vom 8. Juli 2013 das Vorliegen gesundheitlicher Störungen auf nervenärztlichem Fachgebiet benannt, allerdings ausdrücklich als unfallfremd. Es sei auch bestätigt worden, dass die unfallbedingte psychische Erkrankung nicht mehr bestünde. Das ärztliche Attest vom 24. Juli 2013 (korrigiert auf 4. Juni 2014) stehe im Hinblick auf die diagnostizierte schwere depressive Episode im Widerspruch zu den Feststellungen des ärztlichen Gutachtens zum Antrag nach dem SGB IX (vom 6. Februar 2014). Im Rahmen der Untersuchung dort habe Anfang 2014 allenfalls eine subdepressive bis leicht depressive Grundstimmung festgestellt werden können. Ein Antrag auf Erweiterung der Dienstunfallfolgen, insbesondere im Hinblick auf die Anerkennung einer Depression, sei zudem nach Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG als verfristet anzusehen, da sich die Klägerin gemäß des vorgelegten Attestes mindestens seit dem 14. März 2014 wegen einer ängstlich-agitierten Depression bei Herrn Dr. S … in Behandlung befunden habe, und daher eine Meldung am 27. Juni 2014 nicht innerhalb der 3-Monatsregelung des Art. 47 Abs. 2 BeamtVG erfolgt sei. Die hiergegen gerichtete Klage wurde als unzulässig abgewiesen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe des Urteils vom 25. Oktober 2016 führte das Verwaltungsgericht ergänzend aus, dass die Klage im Übrigen auch unbegründet sei, da die Klägerin im Hinblick auf die Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG keinen Anspruch auf Anerkennung einer Depression als Dienstunfallfolge mehr geltend machen könne. Entscheidend für den Fristanlauf sei, dass die Klägerin, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung bereits seit ihrer amtsärztlichen Untersuchung am 13. Mai 2013 Kenntnis von einer möglichen Depression gehabt habe, schon zu diesem Zeitpunkt mit einem Körperschaden habe rechnen können. Dennoch sei die Meldung erst am 27. Juni 2014 erfolgt. Spätestens ab dem Zeitpunkt des Beginns der ärztlichen Behandlung am 14. März 2014 habe die Klägerin sicher Kenntnis von ihrer Erkrankung gehabt und mit einem Kausalzusammenhang zum Dienstunfall rechnen müssen. Darauf, dass der behandelnde Arzt die notwendige Kausalität erst später bemerkt habe, komme es nicht an.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. April 2016 die Anträge der Klägerin vom 2. September 2015 (für eine Rechnung vom 24. Juli 2015 in Höhe von 88,17 Euro), vom 22. Oktober 2015 (für Rechnungen vom 19. Oktober 2015 in Höhe von 135,95 und vom 22. Oktober 2015 in Höhe von 26,10 Euro), vom 1. Dezember 2015 (für eine Rechnung vom 5. November 2015 in Höhe von 21,44 Euro) und vom 26. Januar 2016 (für eine Rechnung vom 12. Januar 2016 in Höhe von 282,62 Euro) auf Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen ab, soweit sie die Behandlung durch Herrn Dr. S … mit Diagnose „Schmerzsyndrom nach Unfall“ und „Behandlungen auf dem psychiatrischen Gebiet“ beinhalteten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Diagnose und die darauf beruhenden Behandlungen nicht ohne weiteres dem anerkannten Dienstunfall zugeordnet werden könnten. Einer in diesem Zusammenhang gestellten Anfrage der Beklagten vom 17. September 2015 mit der Bitte um eine ausführliche Darstellung des Zusammenhangs der Behandlung mit den anerkannten Folgen des Unfalls vom 6. Juli 2006 kam Dr. S … trotz mehrfacher Erinnerungen vom 4. November 2015, 16. Dezember 2015 und 8. März 2016 (mit Fristsetzung zum 8. April 2016) nicht nach.
Ein gegen den ablehnenden Bescheid vom 28. April 2016 eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2016 mit der Begründung zurückgewiesen, dass weder im Ausgangsverfahren noch im Widerspruchsverfahren der Nachweis habe erbracht werden können, dass die auf der Diagnose „Schmerzsyndrom nach Unfall“ beruhenden Behandlungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem anerkannten Dienstunfall der Klägerin vom 6. Juli 2006 zuzuordnen seien.
Mit Bescheid vom 14. September 2016 wurden als weitere Folgen des Dienstunfalls festgestellt: Zustand nach Implantation einer zementierten Knietotalendoprothese links, vorübergehende Beschwerden an der (Lenden-)Wirbelsäule (behandlungsbedürftig im Juni 2016).
Mit Bescheid der Beklagten vom 15. September 2016 wurde ab 14. Juli 2015 132,- Euro, ab 1. Juli 2016 138,- Euro Unfallausgleich gewährt.
Mit Bescheid vom 27. September 2016 lehnte die Beklagte einen weiteren Antrag der Klägerin vom 22. Juli 2016 auf Erstattung der Behandlungskosten durch Herrn Dr. S … (Rechnung vom 14. Juli 2016 in Höhe von 282,62 Euro und Medikamentenverordnung vom 23. Mai 2016 in Höhe von 30,18 Euro) im Rahmen der Dienstunfallfürsorge ab. Zur Begründung wurde auf den Widerspruchsbescheid vom 20. September 2016 verwiesen.
Mit Klage vom 7. November 2016 beantragte die Klägerin, die ablehnenden Bescheide vom 28. April 2016 (in der Form des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 20. September 2016) und den Bescheid vom 27. September 2016 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, Heilbehandlungskosten in Höhe von 312,80 Euro zu gewähren. Der Klageschrift war eine weitere fachärztliche Bescheinigung Dr. S … vom 24. Oktober 2016 mit der Diagnose einer „Posttraumatischen Belastungsstörung nach Unfall vom 6. Juli 2006“ (ICD-10 F43.1) sowie „rezidivierende depressive Störung, mittelgradig“ (ICD-10 F33.1) beigefügt. Des Weiteren wurde beantragt, Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. M … beizuordnen.
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2017 wurde die Klage im Hinblick auf eine weitere Verpflichtung zur Gewährung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 637,57 Euro (Rechnung vom 7. März 2017), erweitert, nachdem ein entsprechender Antrag auf Erstattung mit Bescheid der Beklagten vom 26. April 2017 unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid vom 20. September 2016 abgelehnt worden war.
Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 31. Juli 2017 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage ab.
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 2017 bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie auf Beiordnung seines Bevollmächtigten nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO für die am 7. November 2016 erhobene Klage zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Hinreichende Erfolgsaussicht für Rechtsverfolgung oder –verteidigung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sach-darstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller, ZPO 31. Auflage 2016, § 114 Rdnr. 19 m.w.N.).
Die Klage, mit der die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung weiterer Heilbehandlungskosten nach einem Dienstunfall begehrt, erweist sich nach summarischer Prüfung als unbegründet. Zu Recht ist vorliegend das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Unfallfürsorge nach Art. 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG, Art. 50 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 4 BayBeamtVG i.V.m. § 1 der Verordnung über das Heilverfahren nach Dienstunfällen (Bayerische Heilverfahrensverordnung – BayHeilvfV) für die Behandlungskosten einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer depressiven Störung zusteht. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen Kosten auf anerkannten Dienstunfallfolgen beruhen.
Zwar ist die Klägerin grundsätzlich nicht daran gehindert, das Vorliegen einzelner Körperschäden, insbesondere auch später zu Tage getretener Unfallfolgen jeweils bei Beantragung einzelner Unfallfürsorgeleistungen im Rahmen der Fristen des Art. 47 BayBeamtVG geltend zu machen bzw. in der Folgezeit anzuzeigen.
Gemäß Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG sind Leistungen der Unfallfürsorge ausgeschlossen, die mit Rücksicht auf einen Körperschaden verlangt werden, der auf einem mehr als zehn Jahre zurückliegenden Ereignis beruht. Das ist der Fall, wenn nach Ablauf der Ausschlussfrist von zehn Jahren das Dienstunfallgeschehen als solches oder auch ein weiterer Körperschaden aufgrund eines solchen Ereignisses gemeldet wird. Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG hindert nicht die Leistung von Unfallfürsorge über mehr als zehn Jahre. Vielmehr sollen nach zehn Jahren nur Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (st. Rspr. z.B. BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5/01 – juris Rn. 18 zu § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Gemäß Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG muss die Meldung innerhalb von drei Monaten erfolgen, nachdem mit dem Körperschaden gerechnet werden konnte.
Vorliegend wurde aus dem psychiatrischen Bereich als Dienstunfallfolge eine posttraumatische Belastungsstörung mit Behandlungsnotwendigkeit bis 23. April 2008 anerkannt. Eine weitergehende Anerkennung von Dienstunfallfolgen aus diesem Bereich liegt nicht vor. Zu Recht verweist die Beklagte auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in den Entscheidungsgründen der Urteile vom 25. Oktober 2016, wonach die Klägerin weder einen Anspruch auf Anerkennung einer Depression als Dienstunfallfolge (B 5 K 14.595) noch einen Anspruch auf Gewährung von Unfallruhegehalt (B 5 K 15.85) geltend machen könne. Sie habe seit ihrer im Rahmen der vorzeitigen Ruhestandsversetzung erfolgten amtsärztlichen Untersuchung am 13. Mai 2013 Kenntnis von einer möglichen Depression gehabt und sich laut Attest vom 4. Juni 2014 seit dem 14. März 2014 wegen einer ängstlich-agitierenden Depression in Behandlung befunden. Aufgrund der Äußerungen der Amtsärztin hätte sie spätestens ab diesem Zeitpunkt mit einem Zusammenhang zum Dienstunfall rechnen müssen, so dass die Meldefrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG gemäß § 187 Abs. 1, § 193 BGB spätestens mit Ablauf des 16. Juni 2014 endete. Die Meldung sei aber tatsächlich erst am 27. Juni 2014 erfolgt und deshalb verfristet. Hieran muss sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren festhalten lassen.
Auch die Vorlage einer Bescheinigung des behandelnden Arztes vom 24. Oktober 2016, mit der der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung nach Unfall vom 6. Juli 2006 sowie eine rezidivierende depressive Störung, mittelgradig, attestiert wird, führt nicht zu einer Anerkennung dieser Unfallfolgen durch den Dienstherrn. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gilt die Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG nicht nur für die erstmalige Meldung eines Dienstunfalles, sondern auch für die Folgen des Dienstunfalls (BVerwG, U.v. 28.2.2002 a.a.O. Rn. 18). Die von Seiten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts festgestellte Verfristung für die Anerkennung einer Depression als Dienstunfallfolge wurde von der Klägerin auch nicht bestritten. Auf den erstinstanzlichen Beschluss wird insoweit Bezug genommen.
Soweit die Klägerin im Rahmen der Beschwerde vorbringt, die streitgegenständlichen ärztlichen Behandlungen beträfen das aus dem Dienstunfall mit seinen anerkannten Körperverletzungen einhergehende ausgeprägte Schmerzsyndrom und nicht eine vom Verwaltungsgericht inmitten gestellte Depression, so führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn die Beklagte der Klägerin seit 2006 auf ihre eingereichten ärztlichen Medikamentenrezepte hin regelmäßig die Kosten der entsprechend verordneten Schmerzmittel erstattet hat und die bei der Klägerin anerkannten Körperschäden Momentschmerzen und Folgeschmerzen hervorrufen können, die – wie die Klägerin vorträgt – auch geeignet sind, depressiven Begleiterscheinungen zu verursachen, so trägt nach den im Dienstunfallrecht geltenden Regeln die Klägerin die materielle Beweislast dafür, dass die jeweils entstandenen Behandlungskosten auf den anerkannten Dienstunfallfolgen beruhen (BVerwG, B.v. 4.4.2011 – 2 B 7.10 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 24.3.2017 – 3 C 16.859 – juris Rn. 8; B.v. 4.12.2014 – 14 ZB 12.2449 – juris Rn. 7).
Soweit in den Bescheiden vom 28. April 2016, 27. September 2016 und 26. April 20172017 die Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen deshalb abgelehnt wird, weil sie Behandlungen von Dr. S … mit Diagnose „Schmerzsyndrom nach Unfall“ betreffen, die nicht ohne weiteres dem anerkannten Dienstunfall zugeordnet werden können, ist dies nicht zu beanstanden.
Unabhängig von der Frage, inwieweit das jeweilige Auftreten von Schmerzen als eigene Dienstunfallfolge dem Dienstherrn anzuzeigen ist, lassen sich vorliegend weder die in Rechnung gestellten Behandlungen noch die Medikamentenverordnung unmittelbar mit der Diagnose „Schmerzsyndrom nach Unfall“ in Einklang bringen. Auch eine Zuordnung, welche Schmerzen aufgrund welcher Körperschäden Anlass für welche vorgenommenen Behandlungen waren, ist den vorgelegten Rechnungen nicht zu entnehmen. Der mehrfachen Aufforderung des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle Regensburg, zum Zusammenhang der jeweiligen Behandlung mit den anerkannten Dienstunfallfolgen Stellung zu nehmen, ist der behandelnde Arzt nicht nachgekommen. Soweit es der Klägerin deshalb nicht gelungen ist, die Kausalität zwischen Behandlungskosten und Dienstunfallfolgen schlüssig darzulegen, geht dies zu ihren Lasten.
Dementsprechend war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO). Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es im Hinblick auf § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)


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