Sozialrecht

SGB VIII, Kostenbeitragspflichtiger, Kostenbeitragsbescheid, Einkommensteuervorauszahlung, Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Oberlandesgerichte, Verwaltungsgerichte, Verfahrensbevollmächtigter, Besondere Härte, Unterhaltsansprüche, Weitere Unterhaltsverpflichtungen, Unterhaltsverpflichteter, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Weiteres Unterhaltspflicht, Unterhaltspflichtiger, Unterhaltspflichten, Eintritt der Volljährigkeit, Volljährigkeitsalter, Düsseldorfer Tabelle, Selbstbehalt, Rechtsschutzversicherung

Aktenzeichen  M 18 K 17.3084

Datum:
2.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43890
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII § 41
SGB VIII § 93
SGB VIII § 94

 

Leitsatz

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 28. Juni 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Zeitpunkt des Bescheidserlasses als (letzte) behördliche Entscheidung (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 – 12 C 12.1627 – juris Rn. 3; VG München, U.v. 9.7.2020 – 18 K 17.5881 – juris Rn. 45; VG Würzburg U. v. 28.2.2019 – W 3 K 17.1340 – juris Rn. 29).
Klagegegenständlich ist die Kostenerhebung für den Zeitraum … … … bis 31. Dezember 2017 mit Bescheid vom 28. Juni 2017. Der Kostenbeitragsbescheid vom 24. Januar 2019 für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Juli 2018 wurde nicht in das Klageverfahren einbezogen, sondern mit – alternativ statthaftem, vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGVwGO – Widerspruch angegriffen.
Auf der Grundlage von § 91 Abs. 1 Nr. 8, Nr. 5 Buchst. b i.V.m. §§ 41 Abs. 1, 34 Satz 1 SGB VIII und § 92 Abs. 1 Nr. 5 Halbs. 1, Abs. 2 SGB VIII hat der Beklagte den Kläger für diesen Zeitraum sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht durch Leistungsbescheid zu einem einkommensabhängigen Beitrag zu den Kosten für die vollstationäre Unterbringung seiner volljährigen Tochter N. herangezogen.
1. Die der Kostenerhebung zugrundeliegende Jugendhilfemaßnahme für N. war rechtmäßig.
a) Auch wenn die Rechtmäßigkeit der Hilfemaßnahme keine explizite Tatbestandsvoraussetzung für die Festsetzung eines Kostenbeitrags darstellt, ist sie nach ständiger Rechtsprechung aber jedenfalls dann zu prüfen, wenn dem Kostenpflichtigen kein Primärrechtsschutz gegen den Bewilligungsbescheid für die Maßnahme möglich war (NdsOVG, B. v. 27.8.2018 – 10 LA 7/18 – juris; OVG NW, B. v. 28.8.2014 – 12 A 1034/16 – juris; VG Augsburg, U. v. 20.12.2019 – Au 3 K 17.855 – juris Rn. 27, zuletzt VG München, U.v. 9.7.2020 – 18 K 17.5881 – juris Rn. 49).
Vorliegend wurde der Tochter des Klägers mit Bescheid vom 28. März 2017 Hilfe für junge Volljährige in Form der Kostenübernahme für ihre Unterbringung in der therapeutischen tiergestützten Mädchenwohngruppe des … … T. e. V. nach § 41 i.V.m. § 34 SGB VIII gewährt. Aufgrund der Volljährigkeit der Tochter wurde die Maßnahme ausschließlich dieser gegenüber bewilligt; dem Kläger stand somit kein Rechtsschutz gegen die Maßnahme zur Verfügung, so dass vorliegend die Inzidenzprüfung ihrer Rechtmäßigkeit geboten ist.
b) Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist.
Der vom Gesetzgeber bewusst weit formulierte Tatbestand des § 41 Abs. 1 SGB VIII setzt grundsätzlich voraus, dass Defizite im Hinblick auf die Entwicklung des jungen Volljährigen hin zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gegeben sind und es an der im Regelfall mit Erreichen des Volljährigkeitsalters gegebenen Selbstständigkeit in verschiedenen Lebensbereichen mangelt (vgl. von Koppenfels-Spies in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 41 SGB VIII Rn. 9 f.). Eine Hilfe ist etwa dann notwendig, wenn der junge Erwachsene angesichts individueller Beeinträchtigungen wie psychischer oder physischer Belastungen, Abhängigkeiten, Delinquenz, Behinderungen oder sozialer Benachteiligungen, v.a. fehlender schulischer oder beruflicher Ausbildung, nicht zu gesellschaftlicher Integration in der Lage ist oder ihm die Fähigkeit fehlt, die Anforderungen des täglichen Lebens zu bewältigen bzw. Konfliktsituationen in altersgemäß üblicher Art und Weise überwinden zu können (Berneiser in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar Sozialrechtsberatung, 2. Aufl. 2018, § 41 SGB VIII, Rn. 6 f.). Ob der junge Mensch zur eigenständigen Lebensführung in der Lage ist, beurteilt sich unter anderem an der Haushaltsführung, der Körperpflege, sozialen Kontakten, Verhalten in der Schule und am Arbeitsplatz, Freizeit- und Urlaubsgestaltung (Winkler in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Stand 1.9.2020, § 41 SGB VIII Rn. 7a).
Hinsichtlich der Ausgestaltung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige zu gewährenden Leistungen verweist § 41 Abs. 2 SGB VIII auf die verschiedenen Formen der Hilfe zur Erziehung sowie die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach den §§ 27 Abs. 3 und 4, 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 SGB VIII mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen jeweils der junge Volljährige tritt.
Bei der Festlegung, welche dieser Hilfeformen im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, kommt dem Jugendhilfeträger ein rechtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Er hat die Entscheidung über die konkrete Maßnahme im Rahmen eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung von Fachkräften sowie des Hilfeempfängers zu treffen, wobei diese Entscheidung nicht dem Anspruch objektiver Richtigkeit unterliegt, sondern vielmehr eine angemessene Lösung der festgestellten Belastungssituation enthalten muss, die ihrerseits fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss (sog. Maßstab der „sozialpädagogischen Fachlichkeit“, st. Rspr., vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.6.2016 – 12 ZB 15.1641 – juris Rn. 26; B.v. 30.1.2017 – 12 C 16.1693 – juris Rn. 7). Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung ist daher darauf beschränkt, ob allgemein gültige Maßstäbe beachtet sowie alle für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt wurden und keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2005 – 12 CE 04.3019 – juris Rn. 12).
Auch reicht insoweit grundsätzlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür aus, dass durch die Hilfe die Persönlichkeitsentwicklung des jungen Volljährigen und dessen Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Lebensführung gefördert werden können und sich diese innerhalb eines gewissen Zeitraums spürbar verbessern; lediglich wenn überhaupt keine Erfolgsaussicht besteht, also nicht einmal Teilerfolge zu erwarten sind und die Persönlichkeitsentwicklung erkennbar stagniert, scheidet ein Leistungsanspruch nach § 41 SGB VIII von vornherein aus (vgl. BVerwG v. 23.09.1999 – 5 C 26/98 – juris; von Koppenfels-Spies a.a.O. § 41 SGB VIII Rn. 12).
c) Nach diesen Maßgaben ist die Entscheidung des Beklagten, N. unmittelbar nach ihrer Entlassung aus der stationären jugendpsychiatrischer Behandlung im … in einer therapeutisch betreuten Mädchenwohngruppe unterzubringen, nicht zu beanstanden.
Vor dem Hintergrund ihrer familiären Situation, insbesondere der psychischen Erkrankung und des chronischen Alkoholismus ihrer Mutter und konkret wohl im Zusammenhang mit dem Auszug ihrer älteren Schwester, kam es bei N. im Verlauf des Schuljahres 2015/2016 neben einem drastischen schulischen Leistungsabfall zu massiven äußerlichen und psychischen Auffälligkeiten wie Vermeidungsverhalten, sozialem Rückzug und erheblichen Unterrichtsfehlzeiten. Dies veranlasste die Schulleiterin im Mai 2016 zu einem „Hilferuf“ an das Jugendamt des Beklagten und führte schließlich zu der offen-stationären Aufnahme von N. in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des … … am … … … Laut Gutachten der … vom … … … lagen bei N. angesichts einer hohen psychosozialen und sie völlig überfordernden Belastungssituation eine mittelgradige depressive Episode, eine soziale Phobie und ernsthafte soziale Beeinträchtigung sowie abnorme psychosoziale Umstände vor. Aus fachärztlicher Sicht wurde bei N. dringender Hilfebedarf für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gesehen und ihre Unterbringung in einer therapeutischen Wohngruppe für junge Erwachsene mit psychischen Erkrankungen empfohlen.
Dementsprechend wurde in der sozialpädagogischen Beurteilung durch eine Fachkraft des Beklagten vom 19. Januar 2017 die Heimunterbringung für N. ausdrücklich befürwortet, da für den Fall ihrer Rückkehr zur Mutter die Gefahr eines Rückfalls in die soziale Isolation befürchtet wurde und eine weitere therapeutische Begleitung sowie eine Unterstützung zur Bewältigung der anstehenden Entwicklungsaufgaben für erforderlich erachtet wurden.
Das Gericht hat keinen Zweifel an der fachlichen Vertretbarkeit dieser Entscheidung. Zum Zeitpunkt ihrer Entlassung aus der … hatte N. wegen ihres fortbestehenden Krankheitsbildes und wegen ihrer emotionalen und psychosozialen Schwierigkeiten einen hohen Therapie- und Betreuungsbedarf. Die Mutter war aufgrund ihrer eigenen schweren Probleme offensichtlich nicht in der Lage, die Mangelsituation bei N. aufzufangen. Auch war für N. keine Unterstützung durch den Kläger zu erwarten. Bei einer Rückkehr zur Mutter lag die Gefahr auf der Hand, dass N. in alte Verhaltensmuster zurückfallen und sich ihr Krankheitsbild wieder verschlechtern und verfestigen würde. Zu einem eigenständigen Leben war N. unter den gegebenen Umständen eindeutig noch nicht fähig. Zum einen litt sie unter der psychischen Erkrankung. Zum anderen hatte sie weder einen Schulabschluss noch Einkommen oder Vermögen. Die stationäre Unterbringung zielte gerade auf die Stärkung der eigenverantwortlichen Lebensführung und das Erreichen eines Schulabschlusses ab. Auch die Entscheidung für die therapeutische Mädchenwohngruppe S. ist nachvollziehbar. Nach ihrer Konzeption bietet diese Einrichtung für Mädchen und junge Frauen einen beschützten Rahmen, in dem sie mit ihren individuellen Biografien die Möglichkeit haben, ihre Stärken und Interessen kennen zu lernen und eine realistische Lebensperspektive zu entwickeln (vgl. https://www diakonie-traunstein.de/therapeutische-tiergestuetzte-maedchenwohngruppe-schlehberg/- Zugriff 4.12.2020).
Demgegenüber greifen die Einwendungen des Klägers nicht durch. Soweit er bemängelt, dass seit der Entlassung von N. aus der … keine gesicherte medizinische Diagnose mehr erstellt worden sei, die eine Jugendhilfemaßnahme weiterhin rechtfertigen würde, ist dem entgegenzuhalten, dass die Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII der Persönlichkeitsentwicklung und Verselbstständigung dient. Sie knüpft damit allein an in diesen Bereichen bestehende Defizite an, welche ihre Ursache zwar (auch) in psychischen oder physischen Belastungen haben können, jedoch kein (fortbestehendes) Krankheitsbild voraussetzen. Die mögliche „Heilung“ der depressiven Episode bei N. mag daher zwar – wohl auch als Erfolg der Maßnahme – eingetreten sein, hindert die Fortsetzung der Maßnahme jedoch nicht. Soweit der Kläger ferner rügt, dass seiner Tochter ein unnötiges, nicht zielführendes Wiederholen von zwei Schuljahren auf seine Kosten ermöglicht werde, ist er zunächst drauf hinzuweisen, dass die Hilfsmaßnahme in der Gesamtheit der Unterstützungsleistungen in der therapeutischen Wohngruppe besteht und das Erreichen eines Realschulabschlusses dabei nur einen – wenn auch sehr wichtigen – Baustein auf dem Weg der N. hin zur Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit darstellt. Selbst wenn N. also unmittelbar nach der Entlassung aus der … eine Ausbildung aufgenommen hätte, hätte die Ausbildungsvergütung nicht ansatzweise ausgereicht, um die Gesamtkosten ihrer vollstationären Unterbringung in Höhe von rund 7.000 EUR monatlich zu decken. Abgesehen davon kommt – im Rahmen der intellektuellen Eignung (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 21.2.2013 – 12 CE 12.2136 – BeckRS 2013,47782 Rn. 33 zu § 35a SGB VIII) – dem Erreichen eines möglichst qualifizierten Schulabschlusses eine herausragende Rolle für die weitere Entwicklung und berufliche Perspektive zu. Nach ihrem IQ war N. generell zum Besuch der Realschule geeignet und nicht – wie der Kläger meint – „lernschwach“; der Leistungseinbruch war allein auf die häusliche Situation und die damit zusammenhängende psychische Erkrankung zurückzuführen. Auch dass N. nicht unmittelbar in die Abschlussklasse eingestiegen ist, sondern nochmals die letzten fünf Monate der bereits bestandenen 9. Klasse wiederholt hat, ist angesichts der im Rahmen ihrer Krankheit entwickelten Schulangst, des langen …aufenthalts und der damit verbundenen Notwendigkeit der Stoffnacharbeitung und der Wiedereingliederung in den Schulalltag nachvollziehbar und kann ihr entgegen der Auffassung des Klägers nicht als fehlende Bereitschaft zur Aufnahme einer eigenverantwortlichen Lebensführung vorgeworfen werden. Schließlich geht auch der Hinweis des Klägers auf die aus seiner Sicht nicht bestehende Unterhaltsverpflichtung gegenüber N. fehl. Zum einen darf ein Kostenbeitrag nach den §§ 91 ff. SGB VIII nicht nur dann erhoben werden, wenn der Kostenbeitragspflichtige auch nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist; allenfalls können auftretende gravierende Wertungswidersprüche mit den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur Unterhaltspflicht über das Korrektiv der besonderen Härte in § 92 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII berücksichtigt werden (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 3.12.2019 – 8 K 7612/18 – juris Rn. 24, 26). Im Übrigen hat ein Kind gegenüber seinen Eltern grundsätzlich auch nach den zivilrechtlichen Vorschriften im Rahmen seiner Fähigkeiten, Begabungen und dem Leistungswillen unabhängig vom Eintritt der Volljährigkeit einen Anspruch auf Unterstützung bis zu einem angemessenen berufsqualifizierenden Abschluss (Ausbildung oder Studium), vgl. § 1610 Abs. 2 Halbs. 1 BGB. Soweit schließlich der Kläger dem Beklagten vorwirft, mit der Maßnahme einem überteuerten „Wunschkonzert“ der N. nachzukommen, sind für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Kosten der Maßnahme überteuert sind, vielmehr halten sie sich im üblichen Rahmen der Kosten von vergleichbaren vollstationären Maßnahmen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte den ganz überwiegenden Teil der Kosten selbst trägt und auch deshalb von einer angemessenen Kosten-Nutzen-Abwägung auszugehen ist.
Ungeachtet der bei der Rechtmäßigkeitsprüfung der Maßnahme vorzunehmenden ex-ante-Betrachtung ist hier abschließend festzuhalten, dass N. 2018 die mittlere Reife abgelegt hat und die ihr gewährte Hilfe im Ergebnis insoweit unstreitig erfolgreich war.
2. Auch die Heranziehung des Klägers zu dem festgesetzten Kostenbeitrag ist rechtmäßig.
a) Die vollstationäre Unterbringung der jungen Volljährigen N. in einer betreuten Wohnform i. S. v. § 41 Abs. 1, § 34 SGB VIII stellt eine beitragspflichtige Maßnahme i.S.v. § 91 Abs. 1 Nr. 5 b, Nr. 8 SGB VIII dar. Zwar wäre N. gemäß 94 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII vorrangig zur Finanzierung heranzuziehen; sie hatte jedoch außer ihrem Taschengeld weder Einkommen noch nach § 92 Abs. 1a SGB VIII einzusetzendes Vermögen. Zudem wurde die Mutter von N. gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu einem Kostenbeitrag in Höhe des von ihr bezogenen Kindergelds herangezogen.
b) Der Kläger wurde vor seiner Inanspruchnahme mit Schreiben des Beklagten vom 25. Januar 2017, ergänzt durch die Schreiben vom 9. Februar 2017 und 18. und 19. April 2017, auch entsprechend den Anforderungen des § 92 Abs. 3 SGB VIII über die Gewährung der Leistung sowie die Folgen für seine Unterhaltspflicht informiert.
Hierbei handelt es sich nicht nur um eine formelle, sondern um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Geltendmachung eines Kostenbeitrags (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2018 – 12 C 15.2631 – juris Rn. 6; Winkler in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Ud-sching, BeckOK Sozialrecht, Stand: 1.9.2020, § 92 SGB VIII Rn. 17; Kunkel/Kepert in Kunkel/Kepert/Pattar, LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 92 SGB VIII Rn. 17, jeweils m.w.N.). Der Barunterhaltspflichtige muss demnach über den Beginn, die Dauer und (sofern bereits bezifferbar) die voraussichtliche Höhe der Leistung informiert werden. Der Umfang der Informationspflicht bemisst sich entsprechend dem Schutzzweck der Norm nach den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten der Kostenbeitragspflichtigen. Vor allem sind den Betroffenen die für sie maßgeblichen Informationen zu vermitteln, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit der Entstehung der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Die Höhe des Kostenbeitrags selbst braucht indes noch nicht beziffert zu werden (BayVGH, B.v. 17.7.2018 – 12 C 15.2631 – BeckRS 2018, 16774 Rn. 6 f.).
Zwar war in den Schreiben des Beklagten vom 25. Januar 2017 und 9. Februar 2017 zunächst noch kein konkretes Datum für den Beginn der Hilfe genannt; dies war auch noch nicht möglich, da zumindest bis 13. Februar 20217 ein Termin für N.‘s Umzug noch nicht feststand (vgl. Bl. 42 der vorgelegten Behördenakten). Der Kläger wurde aber darauf hingewiesen, dass aktuell bereits nach einer geeigneten Unterkunft für N. gesucht werde und dass der Kostenbeitrag ab Beginn der Leistung erhoben werden sollte. Auch wenn der Hilfebeginn in den beiden Schreiben zunächst nicht datiert, sondern der Kläger erst unter dem 19. April 2017 (nachträglich) über den erfolgten Hilfebeginn am … … … informiert worden war, hat der Beklagte mit dieser Vorgehensweise der Informationspflicht insbesondere auch im Hinblick auf den der Regelung des § 92 Abs. 3 SGB VIII zugrundeliegenden Schutzzweck Genüge getan. Dem Kläger war im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten spätestens mit Erhalt des Schreibens vom 9. Februar 2017 vor Augen geführt worden, dass eine Kostenbeitragspflicht und deren mögliche Auswirkungen auf Unterhaltsverpflichtung unmittelbar bevorstanden und er dies bei seinen Vermögensdispositionen zu berücksichtigen hatte.
Die Heranziehung des Klägers ab dem … … … war daher dem Grunde nach möglich.
c) Darüber hinaus ist auch der monatlich festgesetzte Betrag in Höhe von 342 EUR im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die Kostenbeitragspflichtigen aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Berechnung des Einkommens richtet sich dabei nach § 93 SGB VIII. So legt § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zunächst fest, welche Einnahmen bei der Ermittlung des Kostenbeitrags als Einkommen anzusehen sind. Von diesem sind die in Abs. 2 der Vorschrift genannten Beträge abzusetzen. Das so ermittelte Nettoeinkommen ist schließlich gemäß § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII um weitere individuelle Belastungen zu bereinigen, was nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII in der Regel durch eine Kürzung des errechneten Betrags um pauschal 25% erfolgt. Maßgeblich ist dabei gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII stets das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Der genaue Umfang der Heranziehung bemisst sich sodann nach § 94 Abs. 5 SGB VIII entsprechend der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung – KostenbeitragsV). Dabei richtet sich die Höhe des Kostenbeitrags nach der Einordnung in eine der Einkommensgruppen in Spalte 1 der Anlage der KostenbeitragsV. Schließlich muss der Kostenbeitrag gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII angemessen sein.
Nach Maßgabe dieser Systematik hat der Beklagte den Kläger auf der Grundlage seiner Einkommensermittlung i.S.v. § 93 SGB VIII im Ergebnis zutreffend in die Einkommensgruppe 8 der Anlage zur KostenbeitragsV eingruppiert.
aa) Zutreffend und insoweit unstreitig ist der Beklagte auf der Grundlage der vom Kläger zu seiner Arbeitnehmertätigkeit vorgelegten Gehaltsabrechnungen im maßgeblichen Kalenderjahr 2016 von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen – d.h. nach Abzug von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag sowie der Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung – gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII in Höhe von 2.928,62 EUR ausgegangen.
Insoweit hat der Beklagte zutreffend die Einkommensteuervorauszahlung für 2016 aus dem finanzamtlichen Einkommensteuerbescheid vom 13. September 2016 i.H.v. insgesamt 455 EUR (je Monat anteilig 37,92 EUR) nicht schon bei der Ermittlung des Nettoeinkommens gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII abgesetzt.
Zwar können insbesondere bei Selbstständigen und Freiberuflern, bei denen keine Lohnsteuer einbehalten wird, unter den Begriff der auf das Einkommen gezahlten Steuern nach dem Zweck des § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII auch tatsächlich geleistete Einkommenssteuervorauszahlungen eines kostenbeitragspflichtigen Elternteils fallen, sofern sie sich auf das im maßgeblichen Jahr erwirtschaftete Einkommen beziehen, die Steuervorauszahlung also seinen Einnahmen sachlich zuordenbar sind (BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 5 C 22/11 – BVerwGE 144, 313 Rn. 24; U.v. 19.3.2013 – 5 C 16/12 – juris Rn. 28).
Vorliegend hat der Kläger aber nicht dargelegt, dass es sich um Steuervorauszahlungen (allein) auf seine Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gehandelt hat; dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Lohnsteuerabzüge in seiner Steuerklasse nicht ausgereicht hätten, die isoliert aus diesen, kostenbeitragsrechtlich allein maßgeblichen Einnahmen voraussichtlich zu erwartende Steuerlast abzudecken (vgl. dazu OVG NRW, U.v. 16.4.2013 – 12 A 1292/09 – BeckRS 2013, 51469).
Dass der Beklagte die Einkommensteuervorauszahlung insoweit als Belastung (Schuldverpflichtung i.S.v. §§ 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII) berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden.
Auch war es richtig, dass der Beklagte die vom Kläger über die Pflichtversicherungsbeiträge hinaus gezahlten monatlichen Beiträge zu privaten Versicherungen nicht nach § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII abgesetzt, sondern „nur“ als Belastungen im Rahmen von § 93 Abs. 3 SGB VIII berücksichtigt hat. Dies gilt insbesondere für die Lebensversicherung.
Die Aufzählung der abzugsfähigen Versicherungsleistungen in § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ist im Hinblick auf die versicherten Risiken abschließender Natur. Insbesondere dient insoweit eine Kapitallebensversicherung nicht wie die gesetzliche Rentenversicherung der Absicherung des Risikos „Alter“, sondern führt zur Vermögensbildung und zur Ausschüttung des gebildeten Kapitals am Ende der Vertragslaufzeit, das dann zwar auch für die Altersvorsorge, aber ebenso auch für andere Zwecke nach Belieben eingesetzt werden kann (st. Rspr., vgl. z.B. OVG Berlin-Bbg, B.v. 25.9.2012 – OVG 6 S 24.12 – juris Rn. 11 ff.; NdsOVG, B.v. 2.8.2012 – 4 LA 113/11 – juris Rn. 15; vgl. auch Krome in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand: 22.12.2020, § 93 SGB VIII Rn. 37 m.w.N.). Etwas Anderes kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Lebensversicherung nicht schon vor Erreichen der Altersgrenze in Anspruch genommen werden kann (NdsOVG, B.v. 2.8.2012 a.a.O. Rn. 18; OVG Bbg, B.v. 25.9.2012 a.a.O. juris Rn. 11; VG München, U.v. 12.11.2008 – M 18 K 07.4595 – BeckRS 2008, 46172; Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 22). Dies ist hier nicht der Fall, denn die Ausschüttung der Versicherungssumme an den Kläger wird laut Vertag bereits am 1. März 2021 fällig.
bb) Der Beklagte hat im Folgenden im Ergebnis zu Recht nach § 93 Abs. 3 SGB VIII von dem Einkommen einen Pauschalbertrag in Höhe von 25% abgezogen, da höhere Belastungen nicht nachgewiesen wurden.
Bei der Berechnung hat der Beklagte zwar einige Belastungen dem Grunde nach zu Unrecht berücksichtigt bzw. fälschlich nicht berücksichtigt und andere der Höhe nach fehlerhaft angesetzt. Dies wirkt sich im Ergebnis aber nicht aus, da die fehlerhaften Ansätze ganz überwiegend zu Gunsten des Klägers erfolgten und die tatsächlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen in der Summe nicht höher sind als die Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII i.H.v. 732,15 EUR (25/100 x 2.928,62 EUR).
Der pauschale Abzug der Belastungen nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII erfolgt unabhängig davon, ob die Höhe von 25 Prozent tatsächlich erreicht wird (Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 24). Höhere Belastungen können nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie vom Kostenschuldner nachgewiesen werden (§ 93 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII) und sie außerdem dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind und einer wirtschaftlichen Lebensführung entsprechen (§ 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII). Als abzugsfähige Belastungen kommen nach § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII insbesondere in Betracht (1.) Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherung oder ähnlichen Einrichtungen, (2.) die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben sowie (3.) Schuldverpflichtungen.
aaa) Soweit der Kläger monatliche Beiträge zu Versicherungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 und 4 Nr. 1 SGB VIII geltend macht, gilt Folgendes:
Zutreffend hat der Beklagte die nachgewiesenen monatlichen Beiträge für die Privathaftpflicht- und die Hausratsversicherung i.H.v. zusammen 11,24 EUR und für die nach heutigen Maßstäben als üblich und angemessen zu betrachtende (vgl. dazu VG München, U. v. 9.12.2009 – M 18 K 08.6205 – juris; VG Würzburg, U.v. 10.7.2014 – W 3 K 13.607 – BeckRS 2014, 56055; a.A. OVG NRW, B.v. 17.3.2009 – 12 A 3019/08 – juris, unter Verweis auf die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe) Rechtsschutzversicherung i.H.v. 26,50 EUR berücksichtigt.
Dies gilt auch für die Berücksichtigung der Beiträge für die Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung i.H.v. monatlich 31,04 EUR; jedenfalls mit Blick auf die mitversicherte Erwerbsunfähigkeit erscheint die Kapitallebensversicherung nicht unangemessen, selbst wenn sie hier vorzeitig ausgezahlt werden kann (vgl. OVG NRW, U.v. 12.1.2010 – 6 K 1854/08 – BeckRS 2010, 45881; VG München, U.v. 9.12.2009 a.a.O.; insoweit einschränkend: Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 23; zur isolierten BUV vgl. auch VG München, U.v. 9.7.2020 – M 18 K 17.5881 – juris Rn. 71).
Nicht angezeigt – im Rahmen des Pauschalabzugs nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII aber letztlich folgenlos – war dagegen die vom Beklagten zu Gunsten des Klägers vorgenommene Berücksichtigung der Beiträge für die PKW-Haftpflichtversicherung in Höhe von 57,47 EUR monatlich. Denn werden – wie auch vorliegend der Fall, dazu nachfolgend unter bbb) – berufsbedingte Fahrtkosten nach § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB VIII berücksichtigt, sollen damit nach ganz überwiegender Rechtsprechung auch die Kosten für die Kfz-Versicherung abgegolten sein (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 27.11.2003 – 4 A 220/03 – BeckRS 2003, 18247; OVG NRW, U.v. 20.6.2000 – 22 A 207/99 – NVwZ-RR 2001, 244f; VGH BW, U.v. 12.6.1991 – 6 S 1182/90 – FEVS 43, 200; VG Würzburg, U.v. 10.7.2014 – W 3 K 13.607- BeckRS 2014, 56055; vgl. auch Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 23; a.A.: NdsOVG, U.v. 29.11.1989 – 4 A 205/88 – FEVS 42, 104; Geiger in LPK-SGB XII, 12. Aufl. 2020, § 82 SGB XII Rn. 116; Krome a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 41).
bbb) Soweit der Kläger mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben nach § 93 Abs. 3 Satz 3 und 4 Nr. 2 SGB VIII geltend macht, gilt:
Zutreffend hat der Beklagte hier die Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von 27 EUR monatlich angesetzt.
Dem Grunde nach richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig ist auch die Berücksichtigungsfähigkeit der berufsbedingten Fahrtkosten des Klägers zu seiner Arbeitsstelle. Allerdings ist in der (ober) gerichtlichen Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, ob die Fahrtkosten insoweit nach sozialhilferechtlichen, unterhaltsrechtlichen oder – wie der Kläger meint – steuerrechtlichen Maßgaben zu ermitteln sind.
Der Beklagte hat auf die sozialrechtliche Regelung in § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (DV zu § 82 SGB XII) zurückgegriffen, wonach bei Benutzung eines Kraftwagens eine monatliche Pauschale von 5,20 EUR für jeden vollen Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt wird, und ist so unter Zugrundelegung von 17 Entfernungskilometern beim Kläger zu monatlichen Ausgaben von 88,40 EUR gekommen.
Dies ist nicht zu beanstanden. Zwar enthält § 93 SGB VIII seit der Gesetzesänderung durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK – zum 1. Oktober 2005 (BGBl I S. 2729) keinen direkten Verweis mehr auf die §§ 82 bis 84 SGB XII (anders noch § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII i.d.F.v. 27.12.2003). Gleichwohl ist angesichts des in § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII und § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII identischen Wortlauts („die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben“) sowie des Verweises in § 90 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 SGB VIII auf die Regelungen der §§ 82 ff. SGB XII hinsichtlich der zumutbaren Belastungen eine sozialrechtliche Betrachtung angezeigt und der allgemein im Sozialleistungsrecht anerkannte Einkommensbegriff auch hier zu Grunde zu legen (so auch BayVGH, B.v. 25.10. 2012 – 12 ZB 11.501 – juris Rn. 18; B.v. 10. 2. 2010 – 12 ZB 08.3290 – BeckRS 2010, 11828; OVG NRW, B.v. 17.3.2009 – 12 A 3019/08 – BeckRS 2009, 35683; vgl. auch Loos in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015 Rn. 24, § 93 SGB VIII Rn. 24; offengelassen: BVerwG, U.v. 9.8.2010 – 5 C 10/09 – BVerwGE 137, 357 Rn. 27; vgl. aber auch nachfolgend BVerwG, U.v.19.3.2013 – 5 C 16/12 – juris Rn. 21).
Richtig war die Nichtberücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Kontoführungsgebühren (7,50 EUR je Monat), bei denen es sich nicht um mit der Einkommenserzielung verbundene notwendige Ausgaben, sondern um Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt.
Zu Unrecht – im Ergebnis aber mit Blick auf den Pauschalabzug ebenfalls folgenlos – hat der Beklagte zu Gunsten des Klägers die Kosten für Arbeitskleidung in Höhe von 30 EUR je Monat angesetzt. Für diese Ausgaben liegt kein geeigneter Nachweis vor. Die vom Kläger beigebrachte Rechnung des Fachgeschäfts für Berufsbekleidung über 376,80 EUR datiert auf den 13. Februar 2017 und betrifft damit schon nicht das hier nach § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII maßgebliche Kalenderjahr 2016. Im Übrigen umfasst die Rechnung neben Arbeitsbekleidung (Sicherheitsschuhe, Berufshose, zwei Berufsjacken) auch grundsätzlich nicht zu berücksichtigende Alltagskleidung.
Soweit der Kläger ferner – von dem Beklagten nicht berücksichtigte – Kosten i.H.v. 69 EUR monatlich für die Betreuung und Verpflegung seines 2008 geborenen Sohnes R. als zur Erzielung des Einkommens notwendige Ausgaben geltend macht und hierzu einen Betreuungsvertrag nebst Buchungsformular über eine Anmeldung von R. zur Mittagsbetreuung durch die AWO zu einem monatlichen Beitrag von 27 EUR sowie einen Bescheid des kommunalen Schulträgers vom 2. August 2016 über monatliche Zahlungen für die Schülerverpflegung in Höhe von 42 EUR vorgelegt, ist zu differenzieren: Anders als die der allgemeinen Lebensführung zuzurechnenden Schülerverpflegung können Kosten für eine Kinderbetreuung während der Arbeitszeit grundsätzlich notwendige Ausgaben i.S.v. § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB VIII darstellen (Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 VIII Rn. 23 m.w.N.).
Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen war R. hier ab September 2016 jeweils freitags von 11:20 Uhr bis 14:00 Uhr für monatlich 27 EUR zur Betreuung angemeldet. Unterstellt, dieser Buchungsrahmen diente notwendig (auch) der Erwerbstätigkeit des Klägers, kommt eine Berücksichtigung der Aufwendungen allerdings allenfalls anteilig (zur Hälfte oder höchstens im Verhältnis zum jeweiligen Arbeitseinkommen) in Betracht, da der Betreuungsvertrag gemeinsam mit der Ehefrau des Klägers abgeschlossen wurde; aber selbst wenn man die Ehefrau unberücksichtigt lässt, konnten hier beim Kläger für die vier Monate in 2016 höchstens 108 EUR, mithin 9 EUR monatlich, berücksichtigt werden.
ccc) Soweit der Kläger schließlich Schuldverpflichtungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 und 4 Nr. 3 SGB VIII aus zwei Wohnbaudarlehen bei der Sparkasse R. i.H.v. insgesamt 1.047,60 EUR geltend macht, gilt nach den von ihm hierzu vorgelegten Unterlagen Folgendes:
Darlehensnehmer sind sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau. Die gesamten Darlehensleistungen aus den beiden Verträgen umfassen 400 EUR bzw. 647,60 EUR monatlich. Nach den Jahreskontoauszügen für 2016 belief sich dabei der darin enthaltene durchschnittliche Zinsanteil in 2016 auf monatlich 51,20 EUR bzw. 370,71 EUR (Saldo zum 31.12.2016 von 29.590,65 EUR bzw. 84.050,97 EUR).
Der Beklagte hat hier im Rahmen des § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII insoweit nicht, wie vom Kläger geltend gemacht, die gesamten Beträge aus den Darlehensverpflichtungen, sondern jeweils nur einen Teilbetrag, namentlich den Zinsanteil von zusammen 421,91 EUR berücksichtigt.
Aber auch dies ist im Ansatz bereits überhöht.
Richtigerweise hätte der Beklagte nämlich nur die Differenz aus der Darlehensverpflichtung zu dem Wohnwert der finanzierten Immobilie in Höhe der fiktiven Mietkosten ansetzen dürfen, was vorliegend maximal einen zu berücksichtigenden Betrag in Höhe von 407,60 EUR ergibt.
Denn nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Auffassung auch in der einschlägigen Literatur stellen Schuldverpflichtungen, die zur Finanzierung selbstgenutzten Wohnungseigentums eingegangen worden sind, nur insoweit Belastungen im Sinne des § 93 Abs. 3 SGB VIII dar, als sie über den Betrag hinausgehen, der für den durch die Nutzung des Eigentums erzielten Wohnwert anzusetzen ist (vgl. NdsOVG., B.v. 26.1.2010 – 4 ME 2/10 – BeckRS 2010, 47902 amtl. LS; B.v. 18.7.2012 – 4 LA 90/11 – BeckRS 2012, 55545 amtl. LS; vgl. auch OVG NRW, B.v. 12.8.2020 – 12 E 553/19 – juris Rn. 17; B.v. 18.12.2008 – 12 E 1458/08 – BeckRS 2010, 52065 Rn. 8; VG Ansbach, U.v. 1.12.2011 – 14 K 11.00992 – BeckRS 2012, 47908; vgl. ferner Krome a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 52; Winkler a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 12; Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 23; Loos in Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Aufl. 2015, § 93 SGB VIII Rn. 25; weiter einschränkend: hinsichtlich der den Wohnwert übersteigenden Belastungen soll – sofern diese im konkreten Fall niedriger ist – dann lediglich die Zinsleistung, aber nicht die Tilgungsleistung berücksichtigungsfähig sein, vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.12.2019 – 9 K 20080/17 – juris Rn. 25 m.w.N.).
Als Grund hierfür wird angeführt, dass die Wohnungsmiete nicht zu den anerkennungsfähigen Belastungen gehört, weil in den Kostenbeitragstabellen bereits Ausgaben für eine angemessene Unterkunft berücksichtigt seien; zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei es daher erforderlich, Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie nur nach Abzug eines angemessenen Wohnwertes zu berücksichtigen (Krome a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 52; Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 24 m.w.N.; Loos a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 25 m.w.N.).
Zur Ermittlung des jeweiligen Wohnwertes ist, sofern vorhanden, der örtliche Mietspiegel (Nettokaltmiete) heranzuziehen.
Laut der Mietpreisentwicklung für den Wohnort K. des Klägers lag die Nettokaltmiete für eine 60 m²-Mietwohnung 2013 bei etwa 6,70 EUR und 2019 bei etwa 11,80 EUR; für eine 100 m²-Mietwohnung lag sie 2013 bei etwa 8,10 EUR und 2018 bei 10,70 EUR (https://www.wohnungsboerse.net/mietspiegel-K./; aufgerufen am 2.12.20). Für die relativ zentral gelegene, 87 m² große Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung der Familie des Klägers ist daher im maßgeblichen Jahr 2016 jedenfalls mindestens von einer geschätzten Nettokaltmiete von 7,40 EUR/m² (Durchschnitt aus 2013), also von einem Wohnwert von jedenfalls mindestens rund 640 EUR auszugehen. Als Belastungen sind daher insoweit höchstens 407,60 EUR (1.047,60 EUR abzügl. 640 EUR) ansetzbar.
Offenbleiben kann, ob und ggf. in welchem Umfang hier zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass neben dem Kläger in Person seiner Ehefrau eine weitere Darlehensschuldnerin und Wohnungsnutzerin existierte und deshalb auch die Belastungen entsprechend aufzuteilen waren (so Krome a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 52; vgl. dazu auch ausführlich NdsOVG, B.v. 18.7.2012 – 4 LA 90/11 – juris Rn. 5, juris, zur Zurechnung des Wohnwerts und der Darlehensverpflichtung bei Eheleuten zur Hälfte bzw. anteilig entsprechend ihrem Anteil am Gesamteinkommen), da selbst bei ungeteilter Einbeziehung der Schuldbelastung i.H.v. 407,60 EUR die Pauschale i.S.v. § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII nicht überschritten wäre.
Denn es ergeben sich auch unter Berücksichtigung des insoweit vollen Betrags insgesamt lediglich berücksichtigungsfähige Belastungen i.H.v. 638,70 EUR (Versicherungsbeiträge ohne Kfz-Haftpflicht: 68,78 EUR; notwendige erwerbsbedingte Aufwendungen ohne Arbeitskleidung: Gewerkschaftsbeitrag 27 EUR, „sozialrechtlich“ berechnete Fahrtkosten 88,40 EUR, Kinderbetreuungskosten 9 EUR; Schuldverpflichtungen: Einkommensteuervorauszahlung 37,92 EUR, Darlehensverpflichtungen, soweit den Wohnwert überschreitend, 407,60 EUR), die somit hinter der 25%-Pauschale von 732,16 EUR zurückbleiben; dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn man die vom Beklagten zu Unrecht zu Gunsten des Klägers angesetzten Beträge für die Kfz-Haftpflicht (57,47 EUR) und Arbeitsbekleidung (30 EUR) hinzurechnet.
cc) Damit ergibt sich – wie auch vom Beklagten angesetzt – ein bereinigtes durchschnittliches Monatseinkommen i.H.v. 2.196,46 EUR mit der Folge einer Eingruppierung in die Einkommensgruppe 8 gemäß Spalte 1 der Anlage zur KostenbeitragsV (Einkommensrahmen 2.001,00 EUR bis 2.200,99 EUR).
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass es bei dieser Eingruppierung auch dann bleibt, wenn man mit dem Kläger die Auffassung vertritt, dass bei der Ermittlung der berufsbedingten Fahrtkosten ein steuerrechtlicher Maßstab anzulegen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG eine Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer zu berücksichtigen ist (so OVG Lüneburg, B.v. 9.3.2011 – 4 PA 275/10 – BeckRS 2011, 51587; vgl. auch Krome in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand: 22.12.2020, § 93 SGB VIII Rn. 46) oder auch der weiter vertretenen Meinung folgt, wonach die Fahrtkosten entsprechend den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte bestimmt werden (so OVG Schleswig, U.v. 28.4.2009 – 2 LB 7/09 – juris Rn. 28; vgl. auch Kunkel/Kepert a.a.O. § 93 SGB VIII Rn. 23; nach Ziffer 10.2.2 Satz 1 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland – SüdL -, Stand 1.1.2017, hier 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer).
Denn selbst wenn man die sich nach diesen Maßgaben jeweils ergebende Fahrtkostenpauschale – wie auch vom Kläger berechnet – mit 212,50 EUR (statt der berücksichtigten 88,40 EUR) ansetzen würde und damit die 25%-Pauschale überschritten wäre, verbliebe es im Weiteren bei der Einordnung in die Einkommensgruppe 8.
dd) Bei der Festsetzung des Beitrags hat der Beklagte zutreffend weitere Unterhaltspflichten des Klägers durch seine Herabstufung in der Einkommensgruppe gemäß § 94 Abs. SGB VIII i.V.m. § 4 KostenbeitragsV berücksichtigt. Durch eine solche Herabstufung wird gewährleistet, dass Unterhaltsansprüche mindestens gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden (vgl. Loos in Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Aufl. 2015, § 94 SGB VIII Rn. 17; vgl. auch VG Augsburg, U.v. 4.6.2013 – Au 3 K 12.948 – juris Rn. 41).
Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 KostenbeitragsV war der Kläger wegen der bestehenden Unterhaltspflicht gegenüber seinem minderjährigen Sohn R. (geb. 2008) einer um eine Stufe niedrigeren Einkommensgruppe (d.h. Gruppe 7) zuzuordnen.
Entgegen der klägerischen Ansicht konnten seine Ehefrau und sein 1994 geborener Sohn M. hier nicht berücksichtigt werden, da sie – anders als R. – nicht nach § 1609 BGB im mindestens gleichen Rang wie N. unterhaltsberechtigt, sondern insoweit nachrangig waren.
Nach § 1609 Nr. 1 BGB gehen neben minderjährigen Kinder auch Kinder i.S.v. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB Ehegatten (vgl. § 1609 Nr. 2 und 3 BGB) und sonstigen Kindern (vgl. § 1609 Nr. 4 BGB) im Rang vor. Sog. „privilegierte“ volljährige Kinder i.S.v. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sind volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Mit dem Verweis auf § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber den besonderen Schutz über das Alter der Minderjährigkeit hinaus bis zur Vollendung des 21. Lebensjahr auch auf Kinder erstreckt, die ausbildungsbedingt noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben (vgl. Haidl in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, GK BGB, Stand: 1.11.2020, § 1603 BGB Rn. 318 m.w.N.). Bei N. handelt es sich um ein volljähriges Kind i.S.v. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, da sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der Hilfemaßnahme im Haushalt ihrer Mutter lebte – das Abstellen auf einen späteren Zeitpunkt würde bei stationären Maßnahmen den Verweis auf § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB leerlaufen lassen – und sich noch in der allgemeinen Schulausbildung (Abschlussklasse der Realschule) befand. Mit dem krankheitsbedingt vorangegangenen vorübergehenden Aufenthalt in der … in W. hatte N. ihren allgemeinen Lebensmittelpunkt im Haushalt der Mutter auch nicht aufgegeben. Dagegen hatte der ältere Sohn des Klägers M. bereits 2015 das 21. Lebensjahr vollendet und fiel allein deshalb schon nicht unter die in Regelung § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Auf Grund der Einkommensgruppe 7 ergibt sich nach Spalte 2 (Beitragsstufe 1 – vollstationär erste Person) der Anlage zur KostenbeitragsV ein Kostenbeitrag i.H.v. 342 EUR. Ein weiterer Umgruppierungstatbestand nach § 6 KostenbeitragsV (Heranziehung der Eltern bei Leistungen für junge Volljährige) ist nicht erfüllt.
ee) Die Heranziehung des Klägers in diesem Umfang war auch angemessen i.S.v. § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag nur dann im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII angemessen, wenn dem (erwerbstätigen) Beitragspflichtigen zumindest der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird. Für die Konkretisierung der Zumutbarkeitsgrenze auch der kostenbeitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit ist es jedenfalls verfassungsrechtlich statthaft – sofern nicht Besonderheiten des Einzelfalles eine Abweichung bedingen -, auf die in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien festgelegten (an der sog. Düsseldorfer Tabelle orientierten) und grundsätzlich (etwas) über dem Sozialhilfebedarf liegenden Selbstbehaltsätze abzustellen (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 5 C 10/09 – juris Rn. 16, 22).
Welcher Kostenbeitrag als angemessen anzusehen ist, wird durch die nach Einkommensgruppen gestaffelten Pauschalbeträge der Kostenbeitragsverordnung in der Fassung vom 5. Dezember 2013 vorgegeben, so dass regelmäßig keine Klärung im Einzelfall erforderlich sein sollte, außer wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die Erhebung des Kostenbeitrags zu einer besonderen Härte für den Kostenbeitragspflichtigen führen würde (vgl. Schindler in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, § 94 Rn. 4).
Denn mit der Änderung der Kostenbeitragsverordnung durch das Gesetz vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4040) hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BVerwG zur Begrenzung der Heranziehung mit dem unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt reagiert und dem Bedarf einer Anpassung der KostenbeitragsV an die wirtschaftlichen Verhältnisse entsprochen. Die grundlegende Überarbeitung der Kostentabelle hatte dabei insbesondere das Ziel, die Kostenbeiträge dem Erfordernis der Gewährung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltes anzupassen und insoweit dafür Sorge zu tragen, dass der Anstieg der Beiträge in den unteren Einkommensgruppen langsamer als in den höheren Einkommensgruppen verläuft (vgl. die Gesetzesbegründung BR-Drs. 119/13, Seite 10 Nr. 9; so auch VG Stuttgart, U.v. 20.12.2019 – 9 K 20080/17 – juris Rn. 33; vgl. auch Schindler a.a.O. § 94 SGB VIII Rn. 4; Krome in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand: 22.12.2020, § 94 SGB VIII Rn. 9 und 43 m.w.N.). Dabei ist die unterste Einkommensgruppe so gewählt, dass die Kostenbeitragspflicht den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nach der Düsseldorfer Tabelle nicht schmälert (vgl. Loos in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 94 Rn. 12; Böcherer in LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 94 Rn. 12).
Der Tatsache, dass im Einzelfall ausnahmsweise auch bei einer niedrigeren Einstufung für die Kostenbeitragspflicht die Schmälerung vorrangiger Unterhaltsansprüche nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann, wird durch die Regelung in § 94 Abs. 5 SGB VIII i.V.m. § 4 Abs. 2 KostenbeitragsV Rechnung getragen. Denkbar erscheint dies jedoch nur in den Fällen, in denen bei der Heranziehung zu den Kosten der Unterbringung eines jungen Volljährigen eine Konkurrenz mit Ehegattenunterhalt besteht; bei Ehegattenunterhalt findet eine Pauschalierung – wie bei dem Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle – nicht statt. Aus diesem Grund kann eine Unterhaltspflicht vorliegen, die mit den Möglichkeiten der KostenbeitragsV nicht angemessen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass ausnahmsweise eine Vergleichsberechnung und Reduzierung des Kostenbeitrags nach § 4 Abs. 2 KostenbeitragsV erforderlich ist (vgl. Schindler in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, Anhang zu § 94 – KostenbeitragsV Rn. 10).
Ein besonderer Einzelfall, der ausnahmsweise zu einer weiteren Angemessenheitsprüfung Anlass geben könnte, liegt hier jedoch nicht vor.
ff) Schließlich stellt die Heranziehung des Klägers zu dem Kostenbeitrag auch im Übrigen keine besondere Härte i.S.v. § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII dar.
Der Begriff der besonderen Härte ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt und voraussetzt, dass eine atypische Situation des Kostenschuldners nicht ausreichend im Rahmen der Ermittlung des Kostenbeitrages Berücksichtigung finden kann und seine Erhebung den Leitvorstellungen der §§ 91 ff. SGB VIII nicht entspricht (vgl. Krome a.a.O. § 92 SGB VIII § 92 Rn. 52 m.w.N.). Ausgehend hiervon kann eine vom Gesetzgeber gewollte Belastung, die aufgrund gesetzlicher Regelung in einer Vielzahl von Einzelfällen einschlägig ist, in der Regel keine besondere Härte begründen. So können insbesondere Schuldverpflichtungen, welche im Rahmen des § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII keine Berücksichtigung finden konnten, auch nicht zu einer besonderen Härte im Sinne des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII führen (vgl. Krome a.a.O. § 92 Rn. 53 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 28.2.2019 – W 3 K 17.1340 – juris Rn. 36).
Soweit der Kläger sich hier finanziell „ausgenutzt“ fühlt, weil aus seiner Sicht die Hilfe nicht erforderlich war, sondern damit allein dem „Wunschkonzert“ seiner Tochter N. gefolgt werde, vermag dies – wie ausgeführt – weder die Rechtswidrigkeit der Maßnahme noch eine besondere Härte seiner Inanspruchnahme begründen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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