Steuerrecht

Höhere Ausbildungsförderung trotz Vermögens

Aktenzeichen  AN 2 K 16.00985

Datum:
8.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG BAföG § 27 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 3, § 48, § 50 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Bei Beträgen auf einem Konto ist grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Kontoinhaber Eigentümer bzw. Berechtigter an diesem Geldbetrag ist.(Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Steht der Besitz und die (wirtschaftliche) Berechtigung einer Person an einem Fahrzeug fest, ist es naheliegend, dass bei einem Schaden an diesem Fahrzeug, dieser von dieser Person finanziell zu tragen und ein eventueller Schadenersatz eines Schädigers ihm zufließen und zustehen soll, auch wenn Eigentümer und Halter des Fahrzeugs eine andere Person ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) zulässig, jedoch unbegründet und deshalb abzuweisen. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
Der Beklagte hat im angefochtenen Bescheid das allein in Frage stehende Vermögen korrekt gemäß §§ 27 ff. BAföG angesetzt. Hinsichtlich des Barvermögens und des Sparkontos bei der … hat der Beklagte die Angabe des Klägers aus seinem Formblattantrag vom 26. Februar 2015 übernommen. Korrekt und unstreitig zwischen den Parteien ist auch die Anrechnung des Depotvermögens bei der Union Investment in Höhe von 1.048,46 EUR, das der Kläger im ursprünglichen Antrag nicht angegeben, aber am 10. März 2015 nachgereicht hatte. Nach Ansicht des Gerichts zutreffend ist auch der Ansatz von 1.333,87 EUR auf dem Kontokorrentkonto, das der Kläger bei der Antragstellung zunächst ebenfalls nicht angegeben hatte. Insbesondere ist der in der Summe enthaltene Betrag in Höhe von 1.063,86 EUR über eine Gutschrift durch Herrn … zu Recht angesetzt worden.
Insoweit ist von dem Grundsatz auszugehen, dass bei Beträgen auf einem Konto davon auszugehen ist, dass der Kontoinhaber Eigentümer bzw. Berechtigter an diesem Geldbetrag ist. Der Kläger, dem bei einer Aufklärung eines davon abweichenden Umstandes, der allein aus seiner Sphäre kommt, eine besondere Mitwirkungspflicht trifft und im Fall der Nichterweislichkeit der Tatsache die materielle Beweislast trägt (Rothe/Blanke, Ausbildungsförderungsgesetz Bd. 2, Stand April 2016, § 27 Rn. 8.2), konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen und beweisen, dass ihm dieser Geldbetrag nicht zustand, sondern seinen Eltern. Weder lag ein treuhänderisches Verwalten des Geldes durch den Kläger vor, so dass als Forderungsinhaber die Eltern des Klägers anzusehen wären bzw. der Kläger gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG zur Verwertung rechtlich nicht befugt war, noch bestand insoweit ein Zahlungsanspruch der Eltern des Klägers diesem gegenüber etwa aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, der gemäß § 28 Abs. 3 BAföG vom Vermögen abzuziehen wäre.
Zwar geht das Gericht wie auch die Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Kläger formal, d.h. zivilrechtlich nicht Eigentümer des Pkws mit dem Kennzeichen … ist bzw. war, nachdem die Mutter des Klägers als Halterin und Eigentümerin in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist und die Anschaffung des PKW durch die Eltern finanziert worden ist. Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass das Fahrzeug dem Kläger zur Benutzung allein oder jedenfalls überwiegend zur Verfügung stand, er Besitzer des Fahrzeugs ist bzw. war und dieses ihm wirtschaftlich zuzurechnen ist. Hiervon geht das Gericht deshalb aus, weil der Kläger offensichtlich das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum, als nur für wenige Tage, nämlich nicht nur während des Urlaubs der Eltern, benutzt hat. Der vom Kläger vorgelegte Kontoauszug vom 19. Dezember 2014 weist für den 13. Dezember 2014 einen Tankvorgang für den PKW (Abbuchung vom Konto des Klägers am 15. Dezember 2015) aus sowie eine weitere Abbuchung aufgrund eines verkehrsrechtlichen Bußgeldes, so dass feststeht, dass der Kläger den PKW keineswegs nur Mitte November 2015, sondern eben auch Mitte Dezember 2015 und damit über einen längeren Zeitraum benutzt hat. Für eine Dauernutzung durch den Kläger spricht auch die Formulierung des Schädigers in seinem Schuldanerkenntnis, dass der Kläger „eingetragener Fahrer“ des PKW sei und der PKW auf dem „Privatpark Platz von …“ gestanden habe. Auch das Autokennzeichen … mit den Initialen und dem Geburtsjahr des Klägers deuten darauf hin, dass das Fahrzeug, das nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2016 für seine Eltern ein Zweitwagen ist, von vorneherein für diesen vorgesehen worden ist. Letztlich spricht auch die Tatsache, dass der Kläger die Schadensabwicklung mit dem Schädiger und die Begutachtung des Fahrzeugs in der Werkstatt selbst in die Wege geleitet hat und bis zum Ende durchgeführt hat, für diese Einschätzung. Im Zeitpunkt der Schadensersatzzahlung am 15. Dezember 2015 waren die Eltern von ihrem Urlaub jedenfalls zurückgekehrt, sodass eine Abwesenheit der Eltern die direkte Überweisung des Schadensersatzbetrags an den Kläger nicht plausibel erklären kann.
Steht der Besitz und die (wirtschaftliche) Berechtigung des Klägers am Fahrzeug fest, ist es naheliegend, dass bei einem Schaden an diesem Fahrzeug, dieser vom Kläger finanziell zu tragen und ein eventueller Schadenersatz eines Schädigers – aus Sicht des Klägers und seiner Eltern – ihm zufließen und zustehen soll. Es kann angenommen werden, dass die Entscheidung, ob ein beschädigtes Fahrzeug repariert wird oder mit Beschädigungen weiter genutzt und der Schadensersatz auf Gutachtensbasis abgerechnet wird, regelmäßig vom Benutzer getroffen wird, da dieser von dieser Entscheidung unmittelbar betroffen ist. Auch dass dem Besitzer und wirtschaftlich Berechtigten durch den Eigentümer der Schadensersatzbetrag im Falle, dass auf eine Reparatur verzichtet wird, belassen wird, erscheint nicht fernliegend und wurde im vorliegenden Fall nach Überzeugung des Gerichts so gehandhabt. Letztlich wurde der Betrag durch den Schädiger nämlich auf das Konto des Klägers gezahlt und verblieb dort nahezu drei Monate, nämlich bis zu dem Zeitpunkt, als der Kläger seinen Antrag auf Ausbildungsförderung stellte. Die tatsächliche Abwicklung, der lange Verbleib auf dem Konto und der enge Zusammenhang der Abbuchung mit der BAföG-Antragstellung (die wohl nur aus BAföG-taktischen Gründen vorgenommen worden ist), sprechen deutlich für diesen Sachverhalt. Die Erklärung des Klägers, dass er den Betrag aufgrund von Prüfungen, Feiertagen und Erholungsbedürfnis auf seinem Konto vergessen habe, kann hingegen nicht überzeugen. Es erscheint unglaubwürdig und lebensfremd, dass der Kläger über einen Zeitraum von über zweieinhalb Monaten seinen Kontostand nicht kontrolliert und offenbar niemals einen Kontoauszug abgerufen hat und auch die Eltern des Klägers den Betrag offenbar über diesen Zeitraum nicht eingefordert haben, obwohl diese – wie der Kläger geltend macht – finanziell nicht in einer Situation sind, dass sie auf den Betrag verzichten könnten.
Der Kläger hat auch im Übrigen zunächst keine vollständigen Angaben über sein Vermögen gemacht, nämlich sein Kontokorrentkonto zunächst gänzlich nicht benannt und auch die Sparanlage bei der Union Investment nicht angegeben, sodass auch deshalb Zweifel an einer durchgehend ehrlichen Sachverhaltsmitteilung bestehen.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Schadensersatzzahlung beim Kläger auch aus Sicht seiner Eltern verbleiben sollte und demzufolge seinem Vermögen zuzurechnen war.
Der Bescheid des Beklagten begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Als Bewilligungszeitraum konnte und musste abweichend von § 50 Abs. 3 BAföG nur ein Zeitraum von sechs Monaten angesetzt werden, da die Bewilligungsvoraussetzungen für das Folgesemester (5. Fachsemester) mangels Vorlage der Leistungsnachweise nach § 48 BAföG noch nicht vorlagen.
Die Kostenentscheidung der erfolglosen Klage beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.


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