Strafrecht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens

Aktenzeichen  Vf. 2-VI-15

Datum:
25.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 52503
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 86 Abs. 1 S. 2, Art. 91 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1
BayVfGHG Art. 27 Abs. 1 S. 2, Art. 51 Abs. 2 S. 2
StPO § 359
ZPO § 927

 

Leitsatz

1. Die Ansicht, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände gemäß § 927 ZPO nur Wirkung ex nunc hat, so dass sie einem Strafurteil – anders als bei einem Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 578 ff. ZPO – nicht die Grundlage entzieht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Gleiches gilt für die Annahme, dass die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO auch im Fall der Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 ZPO nur mit Wirkung ex nunc erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 Ws 550/14 2014-12-16 Bes OLGBAMBERG LG Würzburg

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen
– den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 4. September 2014 Az. 3 Ns 7 Js 12978/07, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme eines Strafverfahrens teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet verworfen wurde,
– den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 29. Oktober 2014 Az. 1 Ws 550/14, mit dem die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss vom 4. September 2014 mit der Maßgabe verworfen wurde, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens (insgesamt) als unzulässig verworfen wurde, sowie
– den einen Antrag nach § 33 a StPO verwerfenden Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16. Dezember 2014 Az. 1 Ws 550/14.
1. Der Beschwerdeführer unterhielt von 1994 bis 1997 eine Beziehung zu der Nebenklägerin des Strafverfahrens (im Folgenden: Nebenklägerin), dessen Wiederaufnahme er erstrebt. Nach der Trennung kam es zu Strafanzeigen sowie zu zivilrechtlichen Schritten der Nebenklägerin gegen den Beschwerdeführer. Ein auf eine Strafanzeige der Nebenklägerin im Jahr 1998 gegen den Beschwerdeführer eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit des Beschwerdeführers eingestellt. Am 4. November 1998 erließ das Amtsgericht Würzburg auf Antrag der Nebenklägerin eine einstweilige Verfügung gegen den Beschwerdeführer, die es mit Urteil vom 2. Dezember 2003 unter Vornahme inhaltlicher Änderungen bestätigte. Inhalt der einstweiligen Verfügung war im Wesentlichen, dass es dem Beschwerdeführer untersagt wurde, mit der Nebenklägerin telefonisch oder persönlich in Kontakt zu treten. Das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 wurde dem Beschwerdeführer im Parteibetrieb nicht zugestellt.
2. a) Mit Urteil des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 17. Juni 2009 wurde der Beschwerdeführer wegen Nachstellung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit 20-fachem Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
b) Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht Schweinfurt mit Urteil vom 23. Dezember 2009 das Urteil des Amtsgerichts Bad Kissingen dahin ab, dass der Beschwerdeführer wegen Nachstellung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Berufung des Beschwerdeführers wurde verworfen. Die Vorsitzende Richterin der Strafkammer hatte im Jahr 1999 als Staatsanwältin ein vom Beschwerdeführer gegen den jetzigen Ehemann der Nebenklägerin angestrengtes Ermittlungsverfahren wegen versuchter Körperverletzung und Beleidigung eingestellt. Die Strafkammer traf folgende Feststellungen: Die Nebenklägerin hielt sich im August 2007 für drei Wochen bei ihren Eltern in Z. auf. Der Beschwerdeführer, der dies in Erfahrung gebracht hatte, nutzte dies, um der Nebenklägerin durch sein Erscheinen und durch Telefonanrufe zu zeigen, dass er noch immer wisse, wo sie sich aufhalte. Am 12., 16. und 20. August 2007 kam es in Z. zu drei von ihm als Autofahrer herbeigeführten Begegnungen mit der Nebenklägerin im Straßenverkehr. Außerdem rief der Beschwerdeführer in der Zeit vom 17. bis zum 26. August 2007 91mal am Telefonanschluss der Eltern der Nebenklägerin an, wartete jeweils, bis eine Verbindung zustande kam, meldete sich jedoch nicht, wenn der Hörer abgenommen wurde. Die Nebenklägerin verließ aufgrund dieser Vorfälle abends nicht mehr alleine das Haus und gab das Spazierengehen auf, eine Freizeitbeschäftigung, die sie bis dahin gern ausgeübt hatte. Der Beschwerdeführer nahm nach den Feststellungen des Landgerichts all dies billigend in Kauf.
Die Feststellungen des Landgerichts zum äußeren Tatgeschehen beruhten auf dem Geständnis des Beschwerdeführers. Seine Einlassung, wonach die Begegnungen mit der Nebenklägerin Zufall gewesen seien und er nicht gewollt habe, dass jemand unter seinen Anrufen leide, sah das Landgericht als widerlegte Schutzbehauptung an. Aus dem von der Nebenklägerin angestrengten Strafverfahren sowie dem vor dem Amtsgericht Würzburg geführten Zivilverfahren sei dem Beschwerdeführer bewusst gewesen, dass die Nebenklägerin keinerlei Kontakt mit ihm wünsche und er sie durch die persönlichen Kontakte und die Telefonanrufe belästige. Dies folge auch aus der Art, in der der Beschwerdeführer die Anrufe durchgeführt habe, sowie daraus, dass er gewusst habe, dass die Nebenklägerin wegen eines vergleichbaren Verhaltens bereits einmal kurz nach der Trennung ihre Telefonnummer gewechselt und sich eine Geheimnummer habe zuteilen lassen. Der Beschwerdeführer habe auch gewusst, dass die Nebenklägerin 2002 weggezogen sei und ihre Adresse in der Folge bewusst vor ihm geheim gehalten habe. Auch aus der Aussage der Nebenklägerin folge, dass der Beschwerdeführer sich bewusst gewesen sei, dass sein Verhalten auf diese bedrängend wirke. Aufgrund dieser Gesamtumstände bestehe kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer zumindest damit gerechnet habe, die Nebenklägerin werde wegen seiner unerwünschten Kontaktaufnahmen Vorbeugemaßnahmen treffen und dadurch ihre Lebensgestaltung erheblich ändern.
c) Die Revision des Beschwerdeführers wurde vom Oberlandesgericht Bamberg mit Beschluss vom 20. Mai 2010 verworfen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 11. Juli 2014 wurde die Freiheitsstrafe gemäß § 56 g StGB erlassen, da sich der Verurteilte bewährt hatte und die Bewährungszeit abgelaufen war.
3. Mit Urteil vom 10. Juli 2013 hob das Landgericht Würzburg auf Antrag des Beschwerdeführers die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Würzburg aus dem Endurteil vom 2. Dezember 2003 (s. oben 1.) wegen veränderter Umstände nach den §§ 936, 927 ZPO auf, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen wurde.
4. a) Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Strafverfahrens.
Der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 3 StPO sei erfüllt, weil die an dem Berufungsurteil als Vorsitzende mitwirkende Richterin im Jahr 1999 als Staatsanwältin das vom Beschwerdeführer gegen den jetzigen Ehemann der Nebenklägerin angestrengte Ermittlungsverfahren eingestellt habe. Die Vorsitzende Richterin sei daher in derselben Sache bereits als Staatsanwältin tätig und deshalb nach § 22 Nr. 4 StPO vom Richteramt ausgeschlossen gewesen. Damit habe die Vorsitzende Richterin den objektiven Tatbestand der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) verwirklicht. Indem sie ihrer von Amts wegen bestehenden Pflicht zur Selbstanzeige des Ablehnungsgrunds nicht nachgekommen sei, habe sie sich bewusst und in schwerwiegender Weise vom Gesetz entfernt und ihr Handeln als Organ des Staates statt an Recht und Gesetz an ihren eigenen Maßstäben ausgerichtet.
Der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 4 StPO sei wegen der Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts Würzburg durch das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 erfüllt. Das Strafurteil sei auf die einstweilige Verfügung in Gestalt des Urteils des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 gegründet.
Als neue Tatsache und neues Beweismittel im Sinn des § 359 Nr. 5 StPO sei ein Attest vom 1. Oktober 1998 anzusehen, aus dem hervorgehe, dass die Nebenklägerin sich bereits zu Beginn ihrer Beziehung mit dem Beschwerdeführer wegen Arbeitsstörungen, sozialen Ängsten und Hemmungen sowie Selbstwertproblemen in psychotherapeutischer Behandlung befunden habe. Dies erschüttere die Feststellung des Landgerichts, dass das Verhalten des Beschwerdeführers die Ursache der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung der Nebenklägerin gewesen sei. Zudem begründe es Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin. Das Attest, das dem Landgericht Schweinfurt nicht bekannt gewesen sei, könne zum Freispruch des Beschwerdeführers führen.
b) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 4. September 2014 verwarf das Landgericht Würzburg den Wiederaufnahmeantrag teilweise als unzulässig, im Übrigen als unbegründet. Gegen den Beschluss legte der Beschwerdeführer am 19. September 2014 sofortige Beschwerde ein. Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg beantragte am 8. Oktober 2014, auf die sofortige Beschwerde den Beschluss des Landgerichts Würzburg aufzuheben und die Wiederaufnahme des Verfahrens anzuordnen. Sie hielt den Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 4 StPO für gegeben.
c) Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29. Oktober 2014 verwarf das Oberlandesgericht Bamberg die sofortige Beschwerde mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens insgesamt als unzulässig verworfen wurde. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 3 StPO sei schon nicht schlüssig geltend gemacht worden. Abgesehen davon, dass die Vorsitzende Richterin als Staatsanwältin nicht in derselben Sache im Sinn des § 22 Nr. 4 StPO tätig geworden sei, setze eine Wiederaufnahme nach § 359 Nr. 3 StPO eine voll verwirklichte Straftat voraus. Es fehle Sachvortrag dazu, dass sich die Vorsitzende Richterin im Sinn des § 339 StGB bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und insoweit vorsätzlich und schuldhaft gehandelt habe. Zudem fehle jeder Vortrag zu den Voraussetzungen des § 364 Satz 1 StPO.
Auch der Sachvortrag zum Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 4 StPO sei unschlüssig. Es sei nicht das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 aufgehoben worden, sondern die einstweilige Verfügung aus dem Endurteil vom 2. Dezember 2003. Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 936, 927 ZPO wegen nachträglich veränderter Umstände falle nicht unter den Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 4 StPO. Dort sei nur die Aufhebung eines Zivilurteils im Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 578 ff. ZPO gemeint. Die Aufhebung nach § 927 ZPO entfalte nur Wirkung ex nunc, so dass sie dem Strafurteil -anders als ein Urteil im Wiederaufnahmeverfahren – nicht die Grundlage entziehe.
Der Umstand, dass das Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 nicht innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO im Parteibetrieb zugestellt worden sei, könne allerdings eine neue Tatsache im Sinn des § 359 Nr. 5 StPO darstellen. Es sei jedoch nicht erkennbar, inwieweit sie geeignet sei, eine Abänderung des Strafurteils herbeizuführen. Das Zivilverfahren und dessen Ausgang seien dem Beschwerdeführer bekannt gewesen. Die Strafkammer habe das Verfahren vor dem Amtsgericht Würzburg nur als Beweisargument dafür verwendet, dass dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sei, dass er die Geschädigte mit seinen Kontaktaufnahmen belästige. Diese Würdigung gerate durch den Umstand, dass die Zustellung der Entscheidung im Parteibetrieb unterblieben sei, nicht ins Wanken. Es sei lebensfremd, allein aus dem Umstand, dass die Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb unterblieben sei, zu schließen, dass die Nebenklägerin nicht mehr auf dem Kontaktverbot bestanden habe. Darüber hinaus habe das Landgericht die Vorsätzlichkeit der erheblichen Belästigung auch aus anderen Umständen gefolgert und hätte nach seinen Ausführungen auch diese allein für seine Überzeugungsbildung genügen lassen.
Das Attest aus dem Jahr 1998 sei nicht geeignet zu widerlegen, dass die schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung der Nebenklägerin im Sinn des § 238 Abs. 1 StGB durch das Verhalten des Beschwerdeführers verursacht worden sei. Das Attest vermöge keine Aussage zur Entwicklung der darin lediglich pauschal bestätigten Arbeitsstörungen, sozialen Ängste und Hemmungen sowie Selbstwertprobleme der Nebenklägerin zwischen dem Jahr 1998 und dem Jahr 2007 zu machen. Es ergebe keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass soziale Ängste und Hemmungen der Nebenklägerin unabhängig von ihrer Beziehung zum Beschwerdeführer bestanden hätten, sondern lege im Gegenteil nahe, dass schon damals das Verhalten des Beschwerdeführers die Ursache für das Störungsbild der Nebenklägerin gewesen sei. Insbesondere belege das Attest nicht, dass die Nebenklägerin schon damals ihr Freizeitverhalten so eingerichtet habe, wie es im Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 23. Dezember 2009 festgestellt worden sei, und dass sich ihre Ängste und Hemmungen auf andere Menschen als den Beschwerdeführer oder auf andere als Bedrohungen wahrgenommene Umstände bezögen.
d) Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts erhob der Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge nach § 33 a StPO, mit der er eine Gehörsverletzung durch eine Überraschungsentscheidung sowie durch die Nichtberücksichtigung seines Sachvortrags rügte. Hilfsweise erhob er eine Gegenvorstellung. Das Oberlandesgericht wies mit dem angegriffenen Beschluss vom 16. Dezember 2014, der dem Beschwerdeführer am 20. Dezember 2014 zuging, den Antrag nach § 33 a StPO und die Gegenvorstellung als unzulässig zurück.
II.
1. Mit der am 2. Januar 2015 eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, eingegangen am selben Tag, erweitert worden ist, rügt der Beschwerdeführer Verstöße gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) und das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) sowie eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz.
a) Sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie auf ein faires Verfahren sei durch eine Überraschungsentscheidung und die Nichtberücksichtigung seines Sachvortrags durch das Oberlandesgericht verletzt worden. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass das Oberlandesgericht ohne vorherigen Hinweis seinen Wiederaufnahmeantrag insgesamt als unzulässig ansehe, nachdem sowohl das Landgericht Würzburg als auch die Generalstaatsanwaltschaft ihn zumindest teilweise als zulässig bewertet hätten, die Generalstaatsanwaltschaft hinsichtlich des Wiederaufnahmegrunds des § 359 Nr. 4 StPO sogar als zulässig und begründet. Das Oberlandesgericht habe bei seiner Auffassung, dass es bezüglich § 359 Nr. 3 StPO an weiterem Vortrag dazu fehle, dass die Vorsitzende Richterin sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und insoweit vorsätzlich und schuldhaft gehandelt habe, seinen Sachvortrag auf Seite 90 des Wiederaufnahmeantrags nicht berücksichtigt, wo er eben dies dargelegt habe. Zudem hätte das Oberlandesgericht den zum Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 3 StPO erfolgten Vortrag von Amts wegen auch unter dem Aspekt des § 359 Nr. 5 StPO prüfen müssen. Das Oberlandesgericht habe den Sachverhalt verkannt, soweit es bei der Prüfung des Wiederaufnahmegrunds des § 359 Nr. 4 StPO annehme, durch das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 sei nicht das Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 als solches, sondern lediglich die einstweilige Verfügung aufgehoben worden. Dasselbe gelte für die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die einstweilige Verfügung nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben worden sei. Soweit es annehme, dass der Sachvortrag des Beschwerdeführers zum Attest von 1998 dessen Erheblichkeit für das Strafurteil nicht belege, habe es den Sachvortrag auf den Seiten 99 bis 102 des Wiederaufnahmeantrags nicht berücksichtigt. Auch der den Antrag nach § 33 a StPO verwerfende Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2014 sei unter Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör ergangen, weil das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer vor Erlass des Beschlusses keine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gegeben habe.
b) Die Annahme des Oberlandesgerichts, durch das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 sei nicht das Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 aufgehoben worden, sondern die einstweilige Verfügung, sei unter keinem sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar, unhaltbar und daher willkürlich. Dasselbe gelte für seine Ansicht, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß § 927 ZPO habe nur Wirkung ex nunc, so dass sie dem Strafurteil anders als ein Urteil im Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 578 ff. ZPO nicht die Grundlage entziehe. § 359 Nr. 4 StPO unterscheide nicht zwischen einer Aufhebung ex nunc und einer Aufhebung ex tunc. Das Strafgericht sei an das rechtskräftige zivilrechtliche Gestaltungsurteil gebunden. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, ein zivilrechtliches Aufhebungsurteil nach § 927 ZPO entfalte auch im Fall der Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nur Wirkung ex nunc, widerspreche der ganz herrschenden zivilrechtlichen Meinung, mit der sich das Oberlandesgericht in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Besonders schwer wiege dabei, dass das Oberlandesgericht seine fehlerhafte Rechtsansicht auch auf die Anhörungsrüge hin nicht korrigiert, sondern den Antrag nach § 33 a StPO als unzulässig verworfen habe. Bei der zusätzlich erfolgten Prüfung des § 359 Nr. 5 StPO habe das Oberlandesgericht verkannt, dass nicht nur das Aufhebungsurteil selbst eine neue Tatsache sei, sondern insbesondere die sich aus dem Urteil ergebende Versäumung der Vollziehungsfrist. Die Vollziehungsfrist sei bereits Anfang 2004 versäumt worden und nicht erst im Jahr der Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Auch die Annahme des Oberlandesgerichts, es sei lebensfremd, allein aus dem Umstand, dass die Zustellung der Verfügung im Parteibetrieb unterblieben sei, zu schließen, dass die Nebenklägerin nicht mehr auf dem Kontaktverbot bestanden habe, sei willkürlich. Dasselbe gelte für seine Ansicht, der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 StPO liege nicht vor, weil das Attest aus dem Jahr 1998 keinen Einfluss auf die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Vorfälle im Jahr 2007 haben könne.
c) Die angefochtenen Beschlüsse verletzten den Beschwerdeführer auch in seinen Grundrechten auf effektiven Rechtsschutz und auf den gesetzlichen Richter. Die Auslegung und Anwendung des § 359 Nrn. 4 und 5 StPO werde den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtsschutzgewährung im strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren nicht gerecht, sei sachlich nicht zu rechtfertigen und daher mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für teilweise unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
III.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich – unter Einbeziehung des Beschlusses des Landgerichts Würzburg vom 4. September 2014 – gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 29. Oktober 2014 richtet.
a) Die Verfassungsbeschwerde wurde insbesondere fristgerecht eingelegt (Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG). Für den Fristbeginn ist nicht auf die Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 29. Oktober 2014 abzustellen, sondern auf die Bekanntgabe des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 im nachfolgenden Verfahren nach § 33 a StPO (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.8.2013 VerfGHE 66, 144/147; vom 23.9.2015 BayVBl 2016, 49 Rn. 27). Zwar ist die Entscheidung über die Anhörungsrüge für den Beginn der Verfassungsbeschwerdefrist dann nicht maßgeblich, wenn diese Rüge offensichtlich unzulässig war. Durch die Einlegung einer offensichtlich unzulässigen Anhörungsrüge und die darauf ergehende gerichtliche Entscheidung wird nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs keine neue Beschwerdefrist in Lauf gesetzt. Dies bewertet der Verfassungsgerichtshof ohne Bindung an die Entscheidung des Fachgerichts eigenständig (VerfGHE 66, 144/147 f.; VerfGH BayVBl 2016, 49 Rn. 28). Offensichtlich ist die Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs jedoch nur, wenn der Beschwerdeführer nach den konkreten Umständen des Falls davon ausgehen musste, dass sein Rechtsmittel als unzulässig verworfen würde. Daran fehlt es bereits dann, wenn der Beschwerdeführer berechtigterweise im Ungewissen sein konnte, ob der fragliche Rechtsbehelf nicht doch zulässig war, seine Zulässigkeit also zumindest nicht als völlig ausgeschlossen erschien (VerfGHE 66, 144/148). So verhält es sich hier. Der Beschwerdeführer hat in seiner Anhörungsrüge jedenfalls im Hinblick auf die Abweisung seines Wiederaufnahmeantrags als unzulässig nachvollziehbar dargelegt, warum er durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 29. Oktober 2014 sein Recht auf rechtliches Gehör unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Überraschungsentscheidung als verletzt ansieht. Die vom Oberlandesgericht angenommene Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs war deshalb jedenfalls nicht offensichtlich.
b) Die Entscheidung über die Anhörungsrüge hält die Verfassungsbeschwerdefrist nicht nur für die Rüge der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, sondern auch für weitere Grundrechtsrügen offen. Dies gilt auch dann, wenn die geltend gemachte Verletzung beispielsweise des Willkürverbots in keinem Zusammenhang mit der Gehörsrüge steht, sondern einen anderen Sachverhaltskomplex betrifft (VerfGH BayVBl 2016, 49 Rn. 27; BVerfG vom 25.4.2005 NJW 2005, 3059/3060; vom 23.4.2008 – 2 BvR 2144/07 – juris Rn. 34). Die Verfassungsbeschwerdefrist ist deshalb auch eingehalten, soweit der Beschwerdeführer mit am 18. Februar 2015 eingegangenem Schriftsatz und damit innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG weitere Verstöße gegen die Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und auf den gesetzlichen Richter rügt.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie rügt, auch der den Antrag nach § 33 a StPO verwerfende Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2014 verletze den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, ein faires Verfahren und eine willkürfreie Entscheidung. Die Entscheidung über die Anhörungsrüge schafft keine eigenständige Beschwer. Sie lässt allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt (VerfGHE 66, 144/149).
IV.
Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
1. Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 29. Oktober 2014.
a) Dies gilt zunächst, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör rügt, weil eventuelle Verstöße allein des Landgerichts gegen dieses Grundrecht durch das nachfolgende Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht geheilt worden wären (vgl. VerfGH vom 26.2.2007 VerfGHE 60, 45/49; vom 18.4.2012 BayVBl 2013, 412; O. Klein in Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2011, Rn. 552). Soweit der Beschwerdeführer ein und dieselbe Gehörsverletzung sowohl durch das Landgericht als auch durch das Oberlandesgericht rügt, kommt es wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung zunächst nur auf letztere an. Die Rüge, das Landgericht habe das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt, kann also nur Erfolg haben, wenn das Oberlandesgericht das Grundrecht in gleicher Weise verletzt hat.
b) Soweit der Beschwerdeführer sich mit Blick auf die als verletzt gerügten Grundrechte des Willkürverbots bzw. des Rechts auf effektiven Rechtsschutz gegen das inhaltliche Ergebnis des Ausgangsverfahrens wendet, ist diejenige im Instanzenzug letzte Entscheidung maßgeblich, die eine umfassende materielle Prüfung vornimmt und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält (VerfGH vom 9.2.2015 BayVBl 2015, 779 Rn. 55; vom 19.2.2015 BayVBl 2015, 410 Rn. 15; vom 27.1.2016 – Vf. 106-VI-14 – juris Rn. 21; vom 1.2.2016 – Vf. 75-VI-14 – juris Rn. 20; vom 12.7.2016 – Vf. 49-VI-15 – juris Rn. 22). Eine solche umfassende materielle Prüfung ist vorliegend durch das Oberlandesgericht erfolgt, weil es auf die sofortige Beschwerde nach den §§ 311, 309 StPO eine neue eigene Sachentscheidung über die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu treffen hatte (Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 309 Rn. 4; Matt in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2014, § 309 Rn. 7).
2. Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung – wie hier – unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (Art. 118 Abs. 1 BV). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV oder das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV, mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/96 ff. m. w. N.; vom 13.4.2015 BayVBl 2016, 193 Rn. 11; vom 27.1.2016 – Vf. 106-VI-14 – juris Rn. 24).
3. Unter Beachtung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs können Verfassungsverstöße nicht festgestellt werden. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg verstößt weder gegen den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) noch gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Er verletzt auch nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) oder sonstige Grundrechte.
a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör hat eine zweifache Ausprägung.
Zum einen untersagt es dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 4.12.2012 VerfGHE 65, 262/265; vom 30.5.2016 – Vf. 58-VI-15 – juris Rn. 49). Das Gericht ist allerdings verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die Rechtslage mit den Beteiligten zu erörtern, sie auf alle möglicherweise maßgeblichen Umstände hinzuweisen oder vor Erlass seiner Entscheidung darzulegen, welchen Sachverhalt oder welche Rechtsmeinung es seiner Entscheidung zugrunde legen wird. Unter dem Gesichtspunkt des Verbots von Überraschungsentscheidungen ist Art. 91 Abs. 1 BV nur dann verletzt, wenn das Gericht dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.11.2005 VerfGHE 58, 266/269 f.; vom 17.2.2012 VerfGHE 65, 35/41 f.; vom 17.11.2015 – Vf. 12-VI-15 – juris Rn. 25).
Zum anderen gibt das Grundrecht auf rechtliches Gehör den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass das Gericht ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; VerfGHE 65, 262/265; vom 7.10.2014 – Vf. 110-VI-13 – juris Rn. 17; vom 17.11.2015 – Vf. 12-VI-15 – juris Rn. 25). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag einer Partei auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht wird durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht dazu verpflichtet, auf alle Ausführungen oder Anliegen eines Beteiligten einzugehen. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 16.5.2011 VerfGHE 64, 52/58; vom 7.7.2015 BayVBl 2015, 853 Rn. 18).
Nach diesen Maßstäben liegt ein Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht vor.
aa) Es stellt keine Überraschungsentscheidung dar, dass das Oberlandesgericht vor Erlass seines Beschlusses vom 29. Oktober 2014 nicht darauf hingewiesen hat, dass es den Wiederaufnahmeantrag entgegen der Ansicht des Landgerichts Würzburg und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg insgesamt als unzulässig ansieht. Wie bereits ausgeführt worden ist (s. oben IV. 1. b), trifft das Beschwerdegericht eine neue eigene Sachentscheidung über die Zulässigkeit und die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach § 368 Abs. 1 StPO werden neben den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen auch das Vorliegen der vorgebrachten Wiederaufnahmegründe und der Ausschlussgründe sowie die Geeignetheit der Beweismittel geprüft. Von der Begründetheitsprüfung gemäß § 370 StPO unterscheidet sich die Prüfung nach § 368 StPO nur dadurch, dass die Richtigkeit des schlüssig vorgetragenen Wiederaufnahmevorbringens nicht untersucht, sondern unterstellt wird (Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 368 Rn. 1; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 368 Rn. 9). Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht mit seiner Abweisung des Wiederaufnahmeantrags als unzulässig dem Verfahren keine Wendung gegeben, mit der die Parteien nach dessen bisherigen Verlauf nicht rechnen konnten, zumal bereits das Landgericht das Wiederaufnahmegesuch teilweise als unzulässig behandelt hatte.
bb) Es trifft auch nicht zu, dass das Oberlandesgericht bei der Prüfung des Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 3 StPO den Sachvortrag des Beschwerdeführers auf Seite 90 seines Wiederaufnahmeantrags nicht zur Kenntnis genommen hätte. Es hat lediglich die dort vom Beschwerdeführer gezogene Schlussfolgerung nicht geteilt, wonach aus der Tatsache, dass die Vorsitzende Richterin eine Selbstanzeige unterlassen habe, folge, dass sie sich bewusst und in schwerwiegender Weise vom Gesetz entfernt und insoweit vorsätzlich und schuldhaft gehandelt habe. Aus Art. 91 Abs. 1 BV kann kein Anspruch darauf hergeleitet werden, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“ (VerfGH vom 17.7.2013 – Vf. 65-VI-12 – juris Rn. 37; vom 2.7.2014 Vf. 58-VI-13 – juris Rn. 48). Es kommt hinzu, dass – wie die Verfassungsbeschwerde selbst ausführt – das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat, dass auch die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes des § 364 Satz 1 StPO vorliegen, so dass eine unterstellte Gehörsverletzung für die angegriffene Entscheidung nicht kausal wäre.
cc) Mit der Rüge, das Oberlandesgericht hätte den zum Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 3 StPO erfolgten Sachvortrag von Amts wegen auch unter dem Gesichtspunkt des § 359 Nr. 5 StPO prüfen müssen, wird kein Übergehen von Parteivortrag, sondern eine unrichtige Rechtsanwendung behauptet. Die Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör kann indessen nicht damit begründet werden, die Auffassung des Gerichts sei fehlerhaft (VerfGH vom 7.5.2012 -Vf. 103-VI-11 – juris Rn. 25).
dd) Soweit die Verfassungsbeschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe bei der Prüfung des Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 4 StPO den Sachverhalt verkannt, indem es annehme, durch das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 sei nicht das Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003, sondern die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Würzburg aus diesem Urteil aufgehoben worden, trifft dies nicht zu. Das Oberlandesgericht hat sich insoweit auf einen von ihm wörtlich wiedergegebenen Teil des Tenors im Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 gestützt. In der Sache vertritt die Beschwerde wiederum nur eine andere Rechtsansicht als das Oberlandesgericht, was einen Gehörsverstoß nicht begründen kann.
Dasselbe gilt, soweit die Verfassungsbeschwerde die Auffassung des Oberlandesgerichts rügt, dass die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nur Wirkung ex nunc entfalte.
ee) Schließlich wird auch die Rüge, das Oberlandesgericht habe bei der Prüfung des Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 5 StPO das Gehör des Beschwerdeführers verletzt, ausschließlich damit begründet, dass das Oberlandesgericht den Ausführungen des Beschwerdeführers zur Bedeutung des ärztlichen Attests aus dem Jahr 1998 in der Sache nicht gefolgt sei. Das Oberlandesgericht hat sich jedoch ausführlich mit dem Attest und seiner Bedeutung auseinandergesetzt. Dass es dabei zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als der Beschwerdeführer, begründet keinen Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör.
b) Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor.
Willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV wäre eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet deshalb für sich allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.1.2005 VerfGHE 58, 37/41; vom 9.6.2015 – Vf. 77-VI-14 – juris Rn. 29; vom 20.7.2016 -Vf. 74-VI-15 – juris Rn. 26). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
aa) Es kann dahinstehen, ob im Rahmen der Prüfung des Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 4 StPO das Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2003 gedanklich und begrifflich von seinem Inhalt – der angeordneten einstweiligen Verfügung – zu unterscheiden ist. Allein tragend ist insoweit nämlich die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die Aufhebung des Urteils bzw. der einstweiligen Verfügung dem Strafurteil vom 23. Dezember 2009 nicht die Grundlage entzogen hat (s. nachfolgend unter bb).
bb) Die Ansicht des Oberlandesgerichts, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände gemäß § 927 ZPO habe nur Wirkung ex nunc, so dass sie dem Strafurteil – anders als bei einem Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 578 ff. ZPO – nicht die Grundlage entziehe, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass das Oberlandesgericht die zivilrechtliche Frage geprüft hat, ob die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 927 ZPO auf den Zeitpunkt der Anordnung zurückwirkt. Das Oberlandesgericht hat dabei nicht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2013 infrage gestellt, sondern nur die Wirkung dieser Entscheidung geprüft. Auch bei Gestaltungsurteilen stellt sich die Frage, ob diese nur für die Zukunft wirken (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 300 Rn. 9). Das Landgericht Würzburg hat diese Frage nicht für das Oberlandesgericht bindend entschieden, geht aber in seinem Urteil vom 10. Juli 2013 offensichtlich davon aus, dass die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nur mit Wirkung ex nunc erfolgt. Dies ergibt sich aus seinen Ausführungen zur Kostenentscheidung, in der es der Beklagten mit ausführlicher Begründung lediglich die Kosten des Aufhebungsverfahrens, nicht aber die des Anordnungsverfahrens auferlegt und ausdrücklich ausgeführt hat, dass die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen war.
(2) Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass es bei der Prüfung des § 359 Nr. 4 StPO darauf ankomme, ob dem Strafurteil wie bei einer Aufhebung im Wiederaufnahmeverfahren gemäß §§ 578 ff. ZPO rückwirkend die Grundlage entzogen wird, stützt sich auf Aussagen in der gängigen Kommentarliteratur (Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 359 Rn. 18; vgl. auch Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, § 359 Rn. 48). Selbst wenn das Oberlandesgericht – wie die Verfassungsbeschwerde ausführt – diese Kommentarstellen miss- oder fehlverstanden hätte, läge darin nach den dargelegten Grundsätzen keine Willkür. Zudem enthält der Beschluss des Oberlandesgerichts über die Anhörungsrüge vom 16. Dezember 2014 hierzu weitere nachvollziehbare und sachbezogene Ausführungen.
(3) Es ist auch nicht willkürlich, dass das Oberlandesgericht angenommen hat, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO erfolge auch im Fall der Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nur mit Wirkung ex nunc.
Bei § 927 ZPO handelt es sich um einen Rechtsbehelf, der die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Anordnung der einstweiligen Verfügung ungeprüft lässt und grundsätzlich nur zur Verneinung der Rechtmäßigkeit für die Zukunft führt (vgl. OLG Frankfurt vom 28.3.2011 NJW-RR 2011, 1290/1291; Vollkommer in Zöller, ZPO, § 927 Rn. 1 und 11; Drescher in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 927 Rn. 3; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 927 Rn. 1 und 6; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 927 Rn. 12). Dass im Fall der Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, ist in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur, anders als die Verfassungsbeschwerde angibt, nicht einhellige Meinung; vielmehr ist die Rechtsfrage umstritten. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher nicht entschieden. Die von der Verfassungsbeschwerde zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1988 (NJW 1989, 106 f.) und vom 1. April 1993 (BGHZ 122, 172 ff.) äußern sich hierzu nicht. Ein nicht unbedeutender Teil der gängigen Kommentarliteratur und Teile der Rechtsprechung vertreten insoweit die Auffassung, dass die Aufhebung der einstweiligen Verfügung auch im Fall der Versäumung der Vollziehungsfrist nicht auf den Zeitpunkt der Anordnung zurückwirkt (vgl. OLG München vom 4.4.1986 NJW-RR 1986, 998/999 f.; Huber in Mu-sielak/Voit, ZPO, § 927 Rn. 12; Vollkommer in Zöller, ZPO, § 927 Rn. 12; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl. 2016, § 927 ZPO Rn. 33 und 37; a. A. OLG Hamm vom 10.6.2008 – 4 U 56/08 – juris Rn. 14; wohl auch Drescher in Münchener Kommentar zur ZPO, § 927 Rn. 17; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 927 Rn. 16; Thümmel in Wieczo-rek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 927 Rn. 17). Unter diesen Umständen ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts jedenfalls rechtlich vertretbar und deshalb nicht willkürlich.
cc) Auch die Ausführungen des Oberlandesgerichts dazu, dass die unterbliebene Vollziehung der einstweiligen Verfügung eine Wiederaufnahme unter dem Gesichtspunkt des § 359 Nr. 5 StPO nicht begründe, begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht hat dabei insbesondere nicht verkannt, dass die neue Tatsache im Sinn des § 359 Nr. 5 StPO nicht das Aufhebungsurteil vom 10. Juli 2013 ist, sondern die Nichtvollziehung der einstweiligen Verfügung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO. Es hat vielmehr gerade darauf abgestellt, dass die einstweilige Verfügung vom 2. Dezember 2003 nicht innerhalb der Monatsfrist und damit Anfang des Jahres 2004 vollzogen worden ist (vgl. Seite 5, 1. Absatz des Beschlusses vom 29. Oktober 2014). Weshalb es diese Tatsache nicht für geeignet hält, allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Beschwerdeführers oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen, hat das Oberlandesgericht ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Seine Auffassung, es sei lebensfremd, allein aus dem Umstand, dass die Zustellung der Verfügung im Parteibetrieb unterblieben ist, zu schließen, dass die Nebenklägerin nicht mehr auf dem Kontaktverbot bestanden habe, mag nicht zwingend sein; sie ist aber jedenfalls nicht schlechthin unhaltbar.
dd) Schließlich hat das Oberlandesgericht auch das Attest von 1998 als neue Tatsache in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als ungeeignet für eine Wiederaufnahme nach § 359 Nr. 5 StPO angesehen.
(1) Der vom Oberlandesgericht angelegte Prüfungsmaßstab (vgl. Seite 6, 4. Absatz und Seite 7, 1. Absatz des Beschlusses vom 29. Oktober 2014) entspricht dem, den das Bundesverfassungsgericht in dem von der Verfassungsbeschwerde zitierten Beschluss vom 16. Mai 2007 (2 BvR 93/07 – juris Rn. 45) angelegt hat.
(2) Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Prognoseentscheidung ist nachvollziehbar und lässt keine willkürlichen Erwägungen erkennen. Dass der Beschwerdeführer zur Bedeutung des Attests eine andere Auffassung vertritt als das Oberlandesgericht, begründet nicht die Willkür der angegriffenen Entscheidung. Das Oberlandesgericht konnte ohne Verfassungsverstoß auch davon ausgehen, dass die Bewertung der Beweiskraft des Attests nicht im Rahmen einer neuen Hauptverhandlung erfolgen müsse. Es ist insbesondere nicht von einem alternativen Tathergang ausgegangen bzw. hat nicht eine den Schuldspruch begründende Tatsache durch eine andere ersetzt.
c) Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV wird durch ein Gericht nur dann verletzt, wenn einer Partei der gesetzliche Richter durch eine willkürliche, offensichtlich unhaltbare Entscheidung entzogen wird (VerfGH vom 8.7.2009 VerfGHE 62, 134/148). Dies ist nach dem oben unter b) Ausgeführten nicht der Fall.
d) Ob die Verfassungsbeschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof auch darauf gestützt werden kann, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein
faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz verletzt sei, hat der Verfassungsgerichtshof bisher offengelassen (vgl. VerfGH vom 17.7.2007 – Vf. 96-VI-05 – juris Rn. 69; VerfGHE 66, 144/152; vom 29.1.2014 BayVBl 2014, 448 Rn. 44; vom 9.6.2015 – Vf. 77-VI-14 – juris Rn. 43; VerfGH BayVBl 2016, 49 Rn. 56). Auch im vorliegenden Fall bedarf diese Frage nicht der Entscheidung, weil hierzu nur Gesichtspunkte ausgeführt werden, die bereits im Zusammenhang mit Art. 118 Abs. 1 BV geprüft worden sind.
V.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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