Verwaltungsrecht

Anspruch auf Unterlassung von Fragen nach sexueller Beziehung durch Vorgesetzten

Aktenzeichen  M 5 E 20.15

Datum:
17.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19523
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 44a, § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7500,– EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag vom … Januar 2020 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist in allen drei Bestandteilen ohne Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
1. Der Antrag Nr. I.,
der Antragsgegner habe es vorläufig zu unterlassen, den Antragsteller danach zu fragen, ob er mit Frau Dr. med. H. eine sexuelle Beziehung unterhalte,
hat keinen Erfolg, weil jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht wurde.
Der Antragsteller hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass ihn sein (damaliger) Vorgesetzter, EKHK Sch., im November 2019 im Auftrag des Antragsgegners („von oben“) gefragt hat, ob er mit Frau Dr. med. H. eine sexuelle Beziehung unterhalte.
Vielmehr erklärte der Antragsgegner hierzu mit Schriftsatz vom … Januar 2020, dass er dem Antragsteller auf eine – nicht erfolgte – außergerichtliche Anfrage diesbezüglich mitgeteilt hätte, dass er zu keiner Zeit durch einen seiner Beschäftigten beim Antragsteller nach einer sexuellen Beziehung mit Frau Dr. med. H. gefragt habe und dies auch in Zukunft nicht tun werde. Eine Sicherung der Rechte des Antragstellers durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher nicht erforderlich.
Diese Erklärung des Antragsgegners wird gestützt durch die Stellungnahme von EKHK Sch. vom … Januar 2020, er habe dem Antragsteller bereits am Tag nach seiner Frage, ob dieser ein Verhältnis mit Frau Dr. med. H. unterhalte, bestätigt, dass diese Frage ausschließlich von ihm ausgegangen sei. Es sei nicht richtig, dass er „von oben“ angewiesen worden sei, den Antragsteller nach einer solchen Beziehung zu fragen.
2. Der Antrag Nr. II.,
der Antragsgegner habe es vorläufig zu unterlassen, amtsärztliche Untersuchungstermine dadurch zu missbrauchen, dass aus Anlass eines solchen Termins und ohne Vorankündigung ein Personalgespräch mit dem Antragsteller geführt werde,
hat keinen Erfolg, weil kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde.
Der Antragsteller hat bislang den von ihm behaupteten Verlauf und Inhalt des „Personalgesprächs“ – der Antragsgegner spricht hingegen von einem Vorgespräch vor der polizeiärztlichen Untersuchung zur Klärung eventueller diesbezüglicher rechtlicher Fragen des Antragstellers – nicht glaubhaft gemacht. Ein – angebliches – Gedächtnisprotokoll von Frau Dr. med. H. wurde jedenfalls bis heute nicht vorgelegt, geschweige denn eine diesbezügliche eidesstattliche Versicherung.
Zwischenzeitlich ist auch mit Bescheid vom … März 2020 die Polizeidienstunfähigkeit des Antragstellers festgestellt worden. Dieser hat dagegen Widerspruch erhoben und bei Gericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, über den noch nicht entschieden ist (M 5 S 20.1070). Eine zeitnahe Wiederholung der vom Antragsteller beschriebenen Situation ist daher nicht (mehr) zu erwarten.
3. Der Antrag Nr. III.,
den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, den Untersuchungsauftrag an den ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei vom … August 2019 dahin einzuschränken, dass der Polizeiarzt dem Antragsteller keine inhaltlichen Fragen zu dem bei dem Gericht unter dem Aktenzeichen M 5 K 19.2687 anhängigen Hauptsacheverfahren stellen dürfe,
hat keinen Erfolg, weil er gemäß § 44a VwGO bereits unzulässig ist.
Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 26. Juli 2019 verwiesen, der im Verfahren M 5 E 19.2689 (u.a.) hinsichtlich einer Untersuchungsanordnung gegenüber dem Antragsteller vom 21. Mai 2019 erging (Gründe Nr. 1.). Die dortigen rechtlichen Ausführungen gelten hier entsprechend. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss hat der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. August 2019 zurückgewiesen (3 CE 19.1507).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist (Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rn. 14), hier allerdings für jeden der drei Anträge (vgl. VG München, B.v. 26.7.2019 – M 5 E 19.2689 – Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.8.2019 – 3 CE 19.1507 – Rn. 10).


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