Verwaltungsrecht

Antrag auf Erledigungsfeststellung – Aufhebung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen einen Drittschuldner

Aktenzeichen  4 B 15.878

Datum:
2.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2017, 740
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
ZPO § 840, §§ 829 ff.
BayVwZVG Art. 23 Abs. 1 Nr. 2, Art. 26 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1. Drittschuldner können grundsätzlich Rechtsschutz gegen eine behördliche Pfän-dungs- und Überweisungsverfügung in Anspruch nehmen, sich aber nicht darauf berufen, dass die gepfändete Forderung nicht besteht.
2. Im Fall der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung ist die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit jedenfalls dann zu prüfen, wenn der Beklagte über ein analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO zu bestimmendes berechtigtes Feststellungsinteresse verfügt (Verweis auf BVerwG BeckRS 2001 30174834 u.a., stRspr). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer Anfechtungsklage, deren Gegenstand gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ein belastender Verwaltungsakt ist, ist eine Hauptsacheerledigung immer dann anzunehmen, wenn die mit dem Verwaltungsakt verbundene rechtliche Beschwer nachträglich weggefallen ist (Verweis auf BayVGH BeckRS 1987, 111126). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine behördliche Pfändungs- und Überweisungsverfügung bleibt nicht schon deshalb von Anfang an ohne jede Wirkung, weil die von ihr betroffene Forderung nicht besteht (Anschluss an BFH BeckRS 1984, 22006948). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist grundsätzlich dann gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Beklagte aufgrund der von ihr begehrten Entscheidung gegebenenfalls künftig vor gleichen oder ähnlichen Klagen geschützt sein wird (Verweis auf BayVGH BeckRS 1987, 111126). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung hängt nicht davon ab, ob die von ihr betroffene Forderung tatsächlich besteht (Anschluss an OVG Münster BeckRS 2012, 58491). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 14.378 2014-10-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Oktober 2014 (RN 4 K 14.378) wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Oktober 2014, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO), hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Klägerin auf Erledigungsfeststellung zu Unrecht stattgegeben. Nach den für den Erledigungsrechtsstreit geltenden Maßstäben (1.) hätte das Verwaltungsgericht nicht die Erledigung der Hauptsache aussprechen dürfen. Zwar trifft es zu, dass sich das Verfahren durch Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in der Hauptsache erledigt hat (2.). Das Gericht hätte gleichwohl eine Entscheidung zur Sache treffen müssen, weil die Beklagte hieran ein schutzwürdiges Interesse hat (3.). Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Beklagten hatte von vornherein keinen Erfolg (4.).
1. Die prozessuale Behandlung der – von § 161 Abs. 2 VwGO nicht geregelten -einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Klägers ist umstritten (vgl. hierzu und zum Folgenden m.w.N. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 161 Rn. 20 ff.). Allgemein anerkannt ist, dass das Gericht jedenfalls das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses zu prüfen hat, wofür jede nach Rechtshängigkeit eingetretene außerpro-zessuale Veränderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht kommt. Hingegen ist in Rechtsprechung und Schrifttum nicht abschließend geklärt, ob neben dem erledigenden Ereignis stets die frühere Zulässigkeit und Begründetheit der Klage (sogenannter enger Erledigungsbegriff, vgl. etwa Manssen, NVwZ 1990, 1018/1019 ff. m.w.N.) oder zumindest deren frühere Zulässigkeit (vermittelnder Erledigungsbegriff, vgl. etwa BVerwG, U.v. 25.4.1989 – 9 C 61.88 – BVerwGE 82, 41/43 f.) geprüft wird, 14 oder ob es auf die ursprünglichen Erfolgsaussichten der Klage grundsätzlich nicht ankommt (weiter Erledigungsbegriff, vgl. etwa BVerwG, U.v. 14.1.1965 – I C 68.61 -BVerwGE 20, 146/150; U.v. 27.2.1969 – VIII C 37.67 u.a. – BVerwGE 31, 318/319 f.). Einer Entscheidung zwischen den verschiedenen Auffassungen bedarf es hier nicht, weil auch nach dem weiten Erledigungsbegriff die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit dann zu prüfen ist, wenn der Beklagte über ein analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu bestimmendes berechtigtes Feststellungsinteresse verfügt (vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1965 – I C 68.61 – BVerwGE 20, 146/154; U.v. 27.2.1969 – VIII C 37.67 u.a. – BVerwGE 31, 318/320; U.v. 12.4.2001 – 2 C 16.00 -BVerwGE 114, 149/154; BayVGH, U.v. 3.6.1987 – 4 B 86.00700 – VGH n.F. 41, 99/100 = BayVBl 1988, 48 f.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 161 Rn. 24 ff.). Dies ist hier aus den nachfolgend dargelegten Gründen (dazu 3.) der Fall.
2. Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache objektiv erledigt, weil ein nach Klageerhebung eingetretenes außerprozessuales Ereignis dem Klagebegehren die Grundlage entzogen hat und die Klage deshalb für die Klägerin gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2001 – 2 C 16.00 – BVerwGE 114, 149/151 f. m.w.N.). Bei einer Anfechtungsklage, deren Gegenstand gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ein belastender Verwaltungsakt ist, ist eine Hauptsacheerledigung immer dann anzunehmen, wenn die mit dem Verwaltungsakt verbundene rechtliche Beschwer nachträglich weggefallen ist (vgl. BayVGH, U.v. 3.6.1987 – 4 B 86.00700 -VGH n.F. 41, 99/100 = BayVBl 1988, 48 f. m.w.N.). Hier hat die Klägerin am 25. Februar 2014 Anfechtungsklage gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 19. Februar 2014 erhoben. Die Beklagte hat die streitgegenständliche Verfügung mit Schreiben vom 10. März 2014 zurückgenommen und dadurch ihre Unwirksamkeit herbeigeführt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Dadurch ist die nachträgliche Erledigung der Hauptsache eingetreten. Die zwischen den Beteiligten zivil-prozessual geführte Diskussion, ob die Pfändungs- und Überweisungsverfügung mangels Bestehens der gepfändeten Forderung „ins Leere“ gehe und deshalb von Anfang an wirkungslos bzw. nichtig gewesen sei (vgl. BGH, U.v. 12.12.2001 – IV ZR 47/01 – NJW 2002, 755/756 f.), führt in der hiesigen Konstellation nicht weiter. Eine behördliche Pfändungs- und Überweisungsverfügung bleibt nicht schon deshalb ohne jede Wirkung, weil die von ihr betroffene Forderung nicht besteht (vgl. BFH, U.v. 24.7.1984 – VII R 135/83 – BFHE 141, 482 = juris Rn. 20). Dies ergibt sich aus allgemeinen verwaltungsverfahrens- und verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Grundsätzen sowie daraus, dass durch das entsprechende Verlangen der Voll streckungsbehörde die in § 840 ZPO geregelten Erklärungspflichten der Drittschuldnerin ausgelöst werden.
3. Trotz der Erledigung der Hauptsache hätte das Verwaltungsgericht dem einseitigen Antrag der Klägerin auf Feststellung der Erledigung nicht stattgegeben dürfen, sondern eine Entscheidung zur Sache treffen müssen. Die Beklagte hat dies zu Recht beantragt, weil ihr analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung zusteht. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist grundsätzlich dann gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Beklagte aufgrund der von ihr begehrten Entscheidung gegebenenfalls künftig vor gleichen oder ähnlichen Klagen geschützt sein wird (vgl. BayVGH, U.v. 3.6.1987 – 4 B 86.00700 – VGH n.F. 41, 99/100 = BayVBl 1988, 48 f.). Dies ist hier zu bejahen, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob das Feststellungsinteresse gerade im Verhältnis zur Klägerin bestehen muss (vgl. dazu BVerwG, U.v. 3.6.1988 – 8 C 86.86 – NJW 1988, 2630/2631). Die Beklagte hat im zweitinstanzlichen Verfahren unwidersprochen vorgetragen, dass die bei der gemeindlichen Eigenvollstreckung eingetretene Situation – zunächst der Versuch, ohne längere Nachforschungen Forderungen zur Eintreibung von Steuerschulden zu pfänden, und anschließend das Abstandnehmen von der Vollstreckung wegen des Nichtbestehens der Forderung – auch gegenüber der Klägerin jederzeit wieder auftreten könne. Die Beklagte hat daher ein schutzwürdiges Interesse an einer -nicht nur summarisch im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO, sondern in der Hauptsacheentscheidung vorzunehmenden – Klärung, ob die Klage gegen sie zu Recht erhoben wurde.
4. Die ursprüngliche Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung hatte von Anfang an keinen Erfolg, so dass sie abzuweisen gewesen wäre. Die Klage, für die nach Art. 26 Abs. 7 Satz 3 VwZVG der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, dürfte zwar wohl zulässig (dazu a), jedenfalls aber unbegründet (dazu b) gewesen sein.
a) Bei der behördlichen Pfändungs- und Überweisungsverfügung nach Art. 26 Abs. 7 Satz 1 VwZVG i.V.m. §§ 829 ff. ZPO handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt, den die Klägerin als Drittschuldnerin mit der Anfechtungsklage angreifen konnte (aa). Der Klägerin konnte wohl auch nicht die Klagebefugnis abgesprochen werden (bb).
aa) Drittschuldner können sich grundsätzlich gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung gerichtlich zur Wehr setzen (vgl. – jeweils m.w.N. – OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 14 B 948/12 – NWVBl 2013, 152 f.; OVG LSA, U.v. 24.3.1999 – A 3 S 46/97 – juris Rn. 43; Käß in Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, 40. EL Juni 2016, Art. 26 VwZVG Anm. VI.4. und XII. 1.). Bei der Pfändungs- und Überweisungsverfügung handelt es sich um einen Gesamtverwaltungsakt, der sich aus drei miteinander verbundenen Regelungen -der Pfändungsverfügung nach § 829 ZPO, der Aufforderung zur Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO und der Einziehungsverfügung nach § 835 ZPO – zusammensetzt, die für den Drittschuldner jeweils selbständig belastende Wirkungen entfalten. Die Pfändung erlegt dem Drittschuldner ein Zahlungsverbot auf (vgl. § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO), so dass er nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Vollstreckungsschuldner leisten und nur noch im Rahmen des § 392 BGB aufrechnen kann. Eine wirksame Pfändung löst zudem auf Verlangen des Gläubigers
– wie hier der Beklagten – die Erklärungspflicht des Drittschuldners aus (vgl. § 840 Abs. 1 ZPO). Diese erlegt dem Drittschuldner die mit der Auskunftserteilung verbundenen Aufwendungen in zeitlicher, personeller und sachlicher Hinsicht auf und belastet ihn bei Nichterfüllung mit einem Haftungsrisiko (vgl. § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Umstand, dass § 840 ZPO nicht das Bestehen der gepfändeten Forderung fingiert (vgl. Becker in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 840 Rn. 12) und dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung als solcher keinen Vermögensübergang bewirkt, ändert am Vorliegen eines belastenden Verwaltungsakts nichts. Gegen diesen war die Anfechtungsklage der Klägerin statthaft.
bb) Der Klägerin als Drittschuldnerin fehlte für die Pfändungs- und Überweisungsverfügung wohl auch nicht die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin war unmittelbare Adressatin der Pfändungs- und Überweisungsverfügung, die ihr
– ebenso wie dem Schuldner – förmlich zuzustellen war (vgl. § 829 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, § 835 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Insoweit lässt sich eine Parallele zur Anfechtbarkeit der Erteilung bzw. Versagung der Kündigungszustimmung des Integrationsamts als einem privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung ziehen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 10.9.1992 – 5 C 39.88 – BVerwGE 91, 7). Mit der Zustellung an den Drittschuldner sind Pfändung und Überweisung als bewirkt anzusehen (vgl. § 829 Abs. 3, § 835 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Schon aufgrund dieser Adressatenstellung dürfte die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten der Klägerin zu bejahen
– sein (so OVG LSA, U.v. 24.3.1999 – A 3 S 46/97 – juris Rn. 42 m.w.N.), ohne dass es auf das Vorliegen einer (gesonderten) drittschützenden Norm ankommen dürfte (so aber OVG RP, U.v. 13.12.2001 – 12 A 11109/01 – NVwZ-RR 2002, 903; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 421). Der Umstand, dass die Klägerin die von der Beklagten geforderte Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgeben kann, lässt die gerichtliche Anfechtungsmöglichkeit unberührt. Soweit in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass sich der Drittschuldner nicht auf das Nichtbestehen der gepfändeten Forderung berufen kann (vgl. Fachverband der Kommunalkassenverwalter e.V. [Hrsg.], Handbuch für das Verwaltungszwangsverfahren, Bd. I, Stand: 64. EL Dezember 2016, Abschnitt 43.5 Nr. 2), dürfte dies eher eine Frage der Begründetheit als der Zulässigkeit der Klage sein (vgl. OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 14 B 948/12 – NWVBl 2013, 152 f.; aus zivilprozessualer Sicht BGH, B.v. 20.12.2005 – VII ZB 50/05 – NJW 2006, 849; aus steuerrechtlicher Sicht BFH, U.v. 24.7.1984 – VII R 135/83 – BFHE 141, 482 = juris Rn. 17 ff.).
b) Letztlich bedarf diese Frage jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Die Anfechtungsklage war jedenfalls unbegründet, weil die Pfändungs- und Überweisungsverfügung nicht rechtswidrig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt hat (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat die Pfändungs- und Überweisungsverfügung mit dem alleinigen Argument angriffen, dass die gepfändete Forderung nicht bestanden habe. Die Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung hängt aber nicht davon ab, ob die von ihr betroffene Forderung tatsächlich besteht (vgl. OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 14 B 948/12 – NWVBl 2013, 152 f.). Wie das Wörtchen „soll“ in § 829 ZPO zum Ausdruck bringt, wird nur die angebliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet; ob diese tatsächlich existiert, ist gegebenenfalls im Einziehungsprozess festzustellen (BGH, B.v. 20.12.2005 – VII ZB 50/05 – NJW 2006, 849; zu den vergleichbaren Regeln bei Forderungspfändungen nach der Abgabenordnung vgl. BFH, U.v. 24.7.1984 – VII R 135/83 – BFHE 141, 482 = juris Rn. 17 ff.; B.v. 19.3.1998 – VII B 175/97 – BFH/NV 1998, 1447 = juris Rn. 34). Der Drittschuldner erleidet hierdurch keine Rechtsnachteile. Er kann seine Rechte gegen eine Inanspruchnahme wahren, wenn die Vollstreckungsbehörde zur Verwirklichung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung von ihm Zahlung verlangt (OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 14 B 948/12 – NWVBl 2013, 152 f. unter Hinweis auf BFH, U.v. 24.7.1984 – VII R 135/83 – BFHE 141, 482 = juris Rn. 22).
Diese Erwägungen gelten entsprechend für die gemeindliche Eigenvollstreckung nach Art. 26 Abs. 5 VwZVG, die weder zu einer Bessernoch zu einer Schlechterstellung des Drittschuldners gegenüber der Vollstreckung unter Zuhilfenahme der ordentlichen Gerichte nach Art. 26 Abs. 2 VwZVG führen darf (vgl. zu dieser Zweispurigkeit Harrer u.a., Verwaltungsrecht in Bayern, Stand 111. EL Oktober 2016, Art. 26 VwZVG Erl. 9). Bestreitet die Klägerin als Drittschuldnerin die Existenz der gepfändeten Forderung, ist die Beklagte auf deren Geltendmachung vor dem zuständigen Prozessgericht im jeweiligen Rechtsweg, hier also in einem etwaigen Zivilprozess, verwiesen. Würde man hingegen im hiesigen Rechtsstreit – gleichsam im Rahmen einer negativen Feststellungsklage – den Bestand bzw. die Rechtmäßigkeit der gepfändeten Forderung prüfen (vgl. dazu BGH, U.v. 22.6.1977 – VIII ZR 5/76 -BGHZ 69, 144 = juris Rn. 18 ff.), führte dies in der Sache zu einer Verschiebung der in Art. 26 Abs. 2, 5 und 7 VwZVG vorgegebenen Rechtswegabgrenzung. Die materiell-rechtliche Einwendung der Klägerin greift daher nicht durch.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
III.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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