Verwaltungsrecht

Asylbewerber aus Jordanien, Antrag auf Zulassung der Berufung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, rechtliches Gehör, Religionsfreiheit (Apostasie, Atheismus), Klagefrist (unvollständiges Telefax u.a. ohne Unterschrift)

Aktenzeichen  15 ZB 20.32485

Datum:
27.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30881
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
AsylG § 3a
AsylG § 3b Abs. 1 Nr. 2, 4,
AsylG § 78 Abs. 3 Nrn. 1 und 3, Abs. 4
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
VwGO § 60
VwGO § 81
VwGO § 82
VwGO § 108 Abs. 2
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 11 K 19.30886 2020-10-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger – ein jordanischer Staatsangehöriger – wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Mai 2017, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde, ihm die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und ihm die Abschiebung nach Jordanien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies mit Urteil vom 28. Oktober 2020, das laut Empfangsbekenntnis der Klägerbevollmächtigten am 9. November 2020 zugestellt wurde, die Klage des Klägers mit dem Antrag, die Beklagte unter (teilweiser) Aufhebung des Bescheids vom 23. Mai 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Jordanien festzustellen, ab.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) sowie einen Verfahrensfehler wegen Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) geltend macht, verfolgt er sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er lässt über seine Bevollmächtigte (antragsbegründender Schriftsatz vom 4. Dezember 2020) im Zulassungsverfahren u.a. unter Berufung auf eine Anfragebeantwortung von ACCORD zu Jordanien vom 12. Oktober 2012 (https://www.ecoi.net/de/dokument/1014600.html) und sich hieraus ergebende weitere Quellen vortragen, im angegriffenen erstinstanzlichen Urteil werde nicht erörtert, ob Diskriminierungen gegenüber Apostaten wie die Verweigerung von Arbeit und Wohnung oder der Ausschluss aus der Familie und massive Schwierigkeiten, soziale oder freundschaftliche Kontakte zu pflegen, die Schwelle einer Verfolgung durch private Dritte gem. § 3c Nr. 3 AsylG überschreite. In einem vom Verwaltungsgericht als Erkenntnisquelle zitierten Kanadischen Bericht aus dem Jahr 2010 seien selektiv nur die für den Kläger ungünstigen Passagen zitiert worden. Tatsächlich werde dort nicht berichtet, dass nur einzelne Bürgerrechte aberkannt würden. Vielmehr heiße es dort, dass Fälle dokumentiert seien, in denen Ehen annulliert, Eigentum von Betroffenen konfisziert und andere zivile Rechte verweigert oder aberkannt worden seien. Damit gehe die zu erwartende rechtliche Diskriminierung aber deutlich weiter, als es das Erstgericht annehme und betreffe ihn – den Kläger – auch dann, wenn er weder heirate bzw. heiraten wolle noch eine Familie gründe bzw. gründen wolle. Zudem berufe er sich gerade auf die ihm drohende Einsamkeit durch soziale Ächtung, insbesondere darauf, dass er Schwierigkeiten haben werde, eine Partnerin zu finden. In einer Quelle in der Kanadischen Studie werde ein Wissenschaftler der juristischen Fakultät der Universität Grenoble zitiert, wonach zwar keine Fälle bekannt seien, in denen Apostaten strafrechtlich verfolgt worden seien, wonach aber Fälle bekannt seien, in denen rechtliche Schritte gegen Apostaten eingeleitet worden seien. Beachtlich in dieser Quelle sei insbesondere die Feststellung, dass der jordanische Staat bereits die Existenz konfessionsloser Personen negiere, da jeder Bürger eine Religionszugehörigkeit für einwohnermelderechtliche und andere rechtliche Belange anzugeben habe. Diese Quelle werde in dem Kanadischen Bericht aus dem Jahr 2010 auch damit zitiert, dass ehemals muslimische Personen, die öffentlich erklärten, dass sie nicht mehr an den Islam glaubten, einer Misshandlung durch die jordanische Gesellschaft ausgesetzt seien. Ferner seien weder in dieser Studie noch in anderen Erkenntnismitteln Belege dafür zu finden, dass Betroffene sich rechtlich gegen diese Diskriminierungen oder Misshandlungen effektiv zur Wehr setzen könnten. Es seien schon keine Hinweise ersichtlich, dass der Staat – wie das Verwaltungsgericht schlicht behaupte – gegen diese für Betroffene alltägliche Straftaten wie etwa Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen aus der breiten gesellschaftlichen Mitte tatsächlich (präventiv oder repressiv) effektiven Schutz biete. Da es sich nach den o.g. Erkenntnissen um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen handele und die Akteure ihr Verhalten sowohl für rechtens hielten als auch sich einer breiten öffentlichen Zustimmung sicher sein könnten, wäre hier ein gezieltes und öffentlichkeitswirksames politisches Gegensteuern des Staates notwendig. Hiervon sei aber nichts ersichtlich. Das sich aus dem Bericht von ACCORD vom 12. Oktober 2012 und den dort weiter in Bezug genommenen Quellen ergebende Risiko eines „bürgerlichen Todes“ aufgrund staatlicher gesetzlicher Grundlagen, die ein gesellschaftliches Klima ermöglichten, in dem die Betroffenen mit physischer Gewalt durch „Jedermann“ zu rechnen hätten und einer sozialen Isolation und Einsamkeit ausgesetzt seien (Verlust des Arbeitsplatzes und Wohnung bzw. Gefahr, beides erst gar nicht zu finden), stelle einen gravierenden Eingriff in das Recht auf Religionsausübung, Leib, Leben und Gesundheit dar. Es zwinge den Betroffenen dazu, ein Leben am Rande der Gesellschaft und unterhalb des Existenzminimums zu führen. Ein solcher Ausschluss erfülle auch die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 Nr. 1 Nr. 1 AsylG (gesellschaftliche Teilhabe bzw. Chance auf die Sicherung des Existenzminimums und Schutz vor Angriffen auf Leib und Leben als grundlegende Menschenrechte). Auch das Recht, keiner Religionsgemeinschaft anzugehören, nicht an Gott zu glauben und diese Überzeugung zu leben und kundzutun, sei ebenso ein grundlegendes Menschenrecht. Die Schwelle zur Verfolgung könne auch in einem kumulativen Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen liegen. Die Frage, ob Atheisten in Jordanien einer staatlichen und / oder gesellschaftlichen Verfolgung ausgesetzt seien bzw. ob Maßnahmen und Behandlungen, mit denen sie sich konfrontiert sähen, als unmenschlich und / oder erniedrigend anzusehen seien, stelle sich angesichts der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel sowie dem vom Verwaltungsgericht als wahr angenommenen klägerischen Vortrag für ihn selbst sowie für andere Apostaten. Dasselbe gelte für die Frage, ob diese staatlichen Schutz erlangen könnten und ob sich Betroffene der Verfolgung durch Umzug innerhalb des Landes entziehen könnten. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es Regionen in Jordanien gebe, in denen die gesellschaftliche und rechtliche Diskriminierung von Apostaten nicht gleichermaßen praktiziert werde. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe in einer vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung vom 8. November 2000 nur zur staatlichen Verfolgung, nicht aber zur Verfolgung durch private Dritte Stellung bezogen. Zudem sei die Entscheidung 20 Jahre alt, sodass sich auch eine aktuelle Neubewertung aufdränge. Über den Einzelfall hinaus relevant sei auch die Frage, ob sich Auswirkungen auf die Existenzsicherungsfähigkeit durch gesundheitliche Einschränkungen ergäben und ob der Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung ebenfalls für Apostaten erheblich aufgrund gesellschaftlicher und / oder institutioneller Diskriminierung erschwert sei. Die Fragen seien auch entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht der Klage hätte stattgeben müssen, wenn zugrunde gelegt worden sei, dass Apostaten in Jordanien rechtlich und gesellschaftlich in einer Weise diskriminiert würden, die ihnen sowohl die physische als auch die soziale Existenz unmöglich machten.
Im antragsbegründenden Schriftsatz vom 4. Dezember 2020 wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) für die folgenden sechs Fragen geltend gemacht:
– „Stellt die gesetzliche Verpflichtung, für administrative und rechtliche Zwecke eine Religionszugehörigkeit anzugeben bzw. das Fehlen der Möglichkeit, hier ‚konfessionslos‘ o.Ä. anzugeben, bereits eine asylrechtlich relevante Diskriminierung von Atheisten dar?“
– „Soweit voranstehende Frage zu verneinen ist: Verdichtet sich dies in Kombination mit der zivilrechtlichen Behandlung von Personen, die als ehemalige Muslime entsprechend dieser Pflicht ‚Moslem‘ als Konfession angeben müssen, demzufolge aber von den Religions- / Schariagerichten als Apostaten behandelt werden (müssen), woran der Verlust von Bürgerrechten, wie z.B. die Annullierung einer Ehe, Enteignung, Sorgerechtsentzug, Verlust des Erbrechts usw. zu einer Verfolgung i.S.v. § 3 AsylG*?“
* wohl gemeint: „anknüpfen kann“
– „Stellen die gesellschaftliche Isolation, infolge von sozialer Ächtung, einschließlich der alltäglichen Gefahr, Opfer von Übergriffen und Gewalt physischer und psychischer Natur zu werden, keine Arbeit und keine Wohnung zu finden, eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure i.S. von § 3c Abs. 3 AsylG bzw. eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. von § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG bzw. Art. 3 EMRK dar?“
– „Findet eine solche Behandlung von Atheisten in Jordanien, die sich als solche zu erkennen geben, aktuell statt? Kann insbesondere ein ‚bekennender, offen lebender Atheist‘ in Jordanien wirtschaftlich überleben bzw. das Existenzminimum sichern, wenn er seinen Lebensunterhalt mangels entsprechenden Vermögens durch regelmäßige Arbeit bestreiten muss und über kein eigenes Immobilienvermögen verfügt? Wenn ja, gilt dies auch dann, wenn der Betroffene in seiner Erwerbsfähigkeit infolge einer Suchterkrankung ganz oder teilweise eingeschränkt ist?“
– „Kann der jordanische Staat Atheisten wirksam präventiv vor physischer Gewalt durch private Dritte schützen und haben Betroffene Aussicht, dass die Täter ggf. strafrechtlich verfolgt werden? Gibt es Belege dafür, dass der jordanische Staat politisch gegen die gesellschaftliche Diskriminierung und Gewalt gegenüber Apostaten vorgeht?“
– „Werden Atheisten auch beim Zugang zu medizinischer Behandlung gesellschaftlich und / oder administrativ diskriminiert?“
Zudem macht der Kläger mit der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 4. Dezember 2020) eine Verletzung der Garantie des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) mit folgender Begründung geltend: Das Verwaltungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung getroffen. Es sei nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2020, mit dem ihm Prozesskostenhilfe gewährt worden sei, nicht zu erwarten gewesen, dass das Verwaltungsgericht im Urteil die Auffassung vertreten werde, dass Atheisten und Konvertiten in Jordanien grundsätzlich keiner relevanten Verfolgung unterlägen. Das Verwaltungsgericht habe zudem das rechtliche Gehör durch selektive Auswertung der zitierten Erkenntnisquellen – insbesondere der Kanadischen Quelle aus dem Jahr 2010 – verletzt. Des Weiteren habe das Verwaltungsgericht seinen Vortrag, er habe aufgrund seiner Glaubensentscheidung keine Arbeit und keine Wohnung finden, also physisch nicht existieren können und sei aus gesundheitlichen Gründen entsprechend eingeschränkt, nicht gehört. Das Gericht habe den als unwiderlegt seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt in seiner rechtlichen Relevanz für seine Entscheidung grundlegend verkannt. Das Verwaltungsgericht hätte sich mit dem Argument, dass der Kläger mittellos und aufgrund seiner Grunderkrankungen behandlungsbedürftig sei, mit der Auswirkung dieses Vortrags auf die Existenzsicherungsfähigkeit auseinandersetzen müssen bzw. jedenfalls zu erkennen geben müssen, dass es überhaupt das Problem oder die mögliche Relevanz des Vortrags für die Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägigen asylrechtlichen Tatbestände gesehen habe. Dies sei nicht geschehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Er ist zwar erst nach Ablauf der Antragsfrist gestellt worden. Dem Kläger ist aber auf seinen Antrag wegen der versäumten Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
a) Gem. § 78 Abs. 4 Sätze 1 bis 4 AsylG ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen, der Antrag, der das angefochtene Urteil zu bezeichnen hat, ist beim Verwaltungsgericht zu stellen und schließlich sind in dem Antrag auch die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Nachdem das erstinstanzliche Urteil der Bevollmächtigten des Klägers am 9. November 2020 zugestellt wurde, lief die einmonatige Antragsfrist am Mittwoch, 9. Dezember 2020, ab. Der schriftsätzliche, auf den 4. Dezember 2020 datierte Antrag der Bevollmächtigten des Klägers auf Zulassung der Berufung ging aber erst am 14. Dezember 2020 per Post beim Verwaltungsgericht Regensburg – und damit verfristet – ein.
b) Dem Kläger ist aber gemäß § 60 VwGO auf seinen rechtzeitigen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden verhindert war, die Frist des § 78 Abs. 4 AsylG einzuhalten. Insbesondere trifft auch seine Prozessbevollmächtigte kein Verschulden am Fristversäumnis, das dem Kläger als eigenes Verschulden zuzurechnen wäre (§ 173 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO; SächsOVG, B.v. 6.11.2019 – 3 A 866/19 – juris Rn. 12).
Unter dem 14. Dezember 2020 – eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am 15. Dezember 2020 (Telefax) und damit rechtzeitig innerhalb der in § 60 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Zweiwochenfrist – ließ der Kläger über seine Bevollmächtigte „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung des Berufungszulassungsantrags“ beantragen (zur Möglichkeit der diesbezüglichen Antragstellung beim Verwaltungsgericht, bei dem auch der Antrag auf Zulassung der Berufung gem. § 78 Abs. 4 Satz 2 AsylG zu stellen war, vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 60 Rn. 31). Mit dem Eingang des begründeten Antrags auf Zulassung der Berufung am 14. Dezember 2020 (Posteingangsstempel des Verwaltungsgerichts) hat der Kläger gem. 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO die versäumte Rechtshandlung auch rechtzeitig innerhalb der laufenden Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 VwGO nachgeholt.
Aus Sicht des Senats liegt auf der Klägerseite auch kein Verschulden für das Fristversäumnis vor. Ein Verfahrensbevollmächtigter muss zwar bei fristwahrenden Schriftsätzen für eine wirksame Ausgangskontrolle sorgen, insbesondere muss er bei der Übermittlung solcher Schriftsätze per Telefax sicherstellen, dass ein Einzelnachweis über den Sendevorgang erstellt und auf etwaige Fehler überprüft wird. Es gehört auch zu den Aufgaben eines Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bedient sich der Verfahrensbevollmächtigte für die Übersendung des Schriftsatzes eines Telefaxgeräts, hat er das seinerseits Erforderliche getan, wenn er bei Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekter Eingabe der Empfängernummer so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Übertragung bei Fristende zu rechnen ist (BVerfG. B.v. 1.8.1996 – 1 BvR 121/95 – NJW 1996, 2857 = juris Rn. 15; BGH, B.v. 1.2.2001 – V ZB 33/00 – NJW-RR 2001, 916 = juris Rn. 6; B.v. 11.12.2013 – XII ZB 229/13 – NJW-RR 2014, 316 = juris Rn. 5; SächsOVG, B.v. 3.12.2020 – 3 A 328/18.A – juris Rn. 7; Koehl, NVwZ 2017, 1089/1091). Andererseits ist es einem Kläger oder Antragsteller bzw. dessen Bevollmächtigten nicht als Verschulden zuzurechnen, wenn das Telefax-Empfangsgerät des zuständigen Gerichts technisch gestört oder aus sonstigen Gründen nicht funktionsfähig ist. Wird von einem Gericht für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze der Übermittlungsweg durch das Telefax eröffnet, so dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden; dies gilt insbesondere für einen in der Sphäre des Gerichts liegenden Umstand (zum Ganzen vgl. BVerfG, B.v. 1.8.1996 – 1 BvR 121/95 – NJW 1996, 2857 = juris Rn. 10, 13; OVG LSA, B.v. 16.3.2005 – 2 L 272/02 – juris Rn. 5).
Bei Anlegung dieses Maßstabs trifft vorliegend weder den Kläger noch dessen Prozessbevollmächtigte ein Verschulden an der Versäumnis der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Nach dem glaubhaften Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers, der durch von ihr vorgelegte, auf den 9. Dezember 2020 datierte Telefax-Sendeberichte ihres Faxgeräts bestätigt wird, sei der Antragsschriftschriftsatz am Tag des Fristablaufs (9. Dezember 2020) gegen 22.00 Uhr fertig gestellt worden. Die Übermittlung per Telefax sei aufgrund eines Fehlers am Empfangsgerät des Verwaltungsgerichts gescheitert. Auf den Übermittlungsprotokollen wiederholter Übermittlungsversuche sei jeweils zum „Übermittlungsstatus“ der Hinweis „keine Verbindung“ enthalten. Ein versehentlicher Übermittlungsversuch um 22.28 Uhr sei irrtümlich an das Verwaltungsgericht München erfolgt, technisch aber erfolgreich gewesen, was im diesbezüglichen Übermittlungsbericht bestätigt worden sei. Dies belege, dass das Faxgerät der Kanzlei der Klägerbevollmächtigten einwandfrei funktioniert habe. Obwohl hierzu keine Verpflichtung bestanden habe, habe sie zusätzlich versucht, den Schriftsatz über das Anwaltspostfach „beA“ digital zu übermitteln. Dies sei jedoch nicht gelungen, da in der Kanzlei bisher – entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung – Schriftsätze über das elektronische Postfach zwar empfangen würden, bislang die Versendefunktion jedoch noch nicht verwendet worden sei. Mit den Möglichkeiten der Versendung sei die Bevollmächtigte des Klägers nicht vertraut gewesen. Insbesondere sei ihr nicht bekannt gewesen, dass eine wirksame Übertragung mittels beA auch ohne zertifizierte Unterschrift möglich sei. Der Versuch der Bevollmächtigten, sich zwischen ca. 23:40 Uhr und 24:00 Uhr noch in die Materie einzuarbeiten, sei gescheitert. Die Klägerbevollmächtigte habe zusätzlich noch versucht, ein zertifiziertes De-E-Mail-Konto einzurichten, nachdem sie einen diesbezüglichen Hinweis auf der Homepage des Verwaltungsgerichtshofs entdeckt habe. Auch hierfür sei es zu spät gewesen, da die Identitätsprüfung um diese Uhrzeit nicht mehr habe durchgeführt werden können. Der frühestmögliche seitens des Anbieters angebotene Termin hierfür sei der 16. Dezember 2020 gewesen. Sie – die Klägerbevollmächtigte – habe noch versucht, die rechtzeitige Einreichung des Schriftsatzes per beA über eine andere Kollegin zu ermöglichen, die jedoch bereits auf dem Heimweg gewesen und nicht mehr zur Rückkehr in ihre Kanzlei bereit gewesen sei. Schließlich habe die Klägerbevollmächtigte noch versucht, eine Bekannte in Regensburg zu erreichen, der der Schriftsatz per Fax hätte übermittelt und dann noch persönlich beim Verwaltungsgericht Regensburg hätte eingeworfen werden können. Auch das sei nicht möglich gewesen, da die Bekannte nicht erreichbar gewesen sei. All dies werde anwaltlich versichert.
Den diesbezüglichen Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers bewertet der Senat als glaubhaft, zumal durch die von ihr vorgelegten, auf dem 9. Dezember 2020 datierten Telefax-Sendeberichte ihres Faxgeräts die fehlgeschlagenen Sendeversuche bestätigt werden. Die Bevollmächtigte hat hiernach alles getan, um den Schriftsatz noch am 9. Dezember 2020 per Telefax als einem Versendungsweg, der vom Verwaltungsgericht selbst grundsätzlich bereitgehalten wird, an das Gericht zu übermitteln. Bei einem nach Fertigstellung des Schriftsatzes verbleibendem Zeithorizont von zwei Stunden hätte der Schriftsatz unter normalen Umständen noch rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eingehen müssen. Da eine Rechtsanwältin bzw. ein Rechtsanwalt derzeit noch nicht gesetzlich verpflichtet ist, Schriftsätze elektronisch einzureichen, folgt der Senat der Ansicht des Bundesgerichtshofs, wonach die Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nach gescheiterter Übermittlung per Telefax jedenfalls dann kein zumutbarer, nur geringfügigen Aufwand verursachender alternativer Übermittlungsweg ist, wenn der Prozessbevollmächtigte der Partei – wie vorliegend die Bevollmächtigte des Klägers nach ihrem glaubhaften Vortrag – das besondere elektronische Anwaltspostfach bisher nicht aktiv zum Versand von Schriftsätzen genutzt hat und mit seiner Nutzung nicht vertraut ist (BGH, B.v. 17.12.2020 – III ZB 31/20 – ZfBR 2021, 248 = juris Rn. 19 ff.). Vorliegend hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit ihrem schlüssigen Vortrag glaubhaft gemacht, dass sie mit der aktiven Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs am 9. Dezember 2020 noch nicht vertraut war und dieses bis dahin nicht zum Versand von Schriftsätzen verwendet hatte.
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist aber unbegründet.
Die vom Kläger mit seinem Zulassungsantrag geltend gemachten Berufungszulassungsgründe sind nicht einschlägig bzw. nicht gemäß den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG substantiiert dargelegt worden.
a) Die Berufung gegen das vom Kläger angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2020 ist nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
aa) Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu entscheiden sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2019 – 15 ZB 19.33299 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 2.10.2020 – 15 ZB 20.31851 – juris Rn. 3). Dabei genügt ein auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützter Zulassungsantrag den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nur dann, wenn durch Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür dargelegt wird, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsschrift zutreffend sind (BayVGH, B.v. 9.5.2019 – 14 ZB 18.32707 – juris Rn. 6 m.w.N.; OVG NW, B.v. 19.2.2020 – 6 A 1502/19.A – juris Rn. 5 m.w.N.).
bb) Einem Asylsuchenden ist gem. § 3 Abs. 1 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung u.a. wegen seiner Religion außerhalb seines Herkunftslands befindet. Der Religionsbegriff umfasst gem. § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG auch die nicht theistische und atheistische Glaubensüberzeugung, mithin auch areligiöse Weltanschauungen (OVG NW, B.v. 19.2.2020 – 6 A 1502/19.A – juris Rn. 17; OVG Bremen, B.v. 5.12.2018 – 2 LA 220/18- juris Rn. 12; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2021, zu § 3b AsylG Rn. 9). Mit Blick auf Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der RL 2011/95/EU fallen allerdings nur schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit unter den Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG; eine einfache Behinderung der Religionsausübung genügt für den Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Es muss ein qualifizierendes Element hinzukommen, mithin eine Verfolgungshandlung vorliegen bzw. nachgewiesen werden, die im Sinne der EU-Anerkennungs-RL eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt. Entscheidend ist, wie gravierend die Maßnahmen oder Sanktionen sind, die gegenüber dem Betroffenen ergriffen werden oder ergriffen werden können. Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Neben dem objektiven Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffs kommt dem subjektiven Gesichtspunkt, ob für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung der religiösen Identität besonders wichtig ist, eine Bedeutung für die Beurteilung der Schwere der Gefahr zu; maßgeblich ist die ernstliche Glaubensüberzeugung des Einzelnen hinsichtlich seiner religiösen Identität. Liegt in diesem Sinne eine ernsthafte öffentliche oder private Glaubensbetätigung vor, die die Gefahr einer Verfolgung im Falle einer Rückkehr begründet, kann die Begründetheit der Furcht vor Verfolgung nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, der Betroffene könne die Gefahr der Verfolgung dadurch vermeiden, dass er auf die betreffende religiöse Betätigung verzichtet (EuGH, U.v. 5.9.2012 – Rs. C-71/11 u.a. – NVwZ 2012, 1612 = Rn. 66, 70 f., 79; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 22 ff., insbes. Rn. 25 und 28 f.). Dieser vom EuGH entwickelte Maßstab, dass die Befolgung einer bestimmten religiösen Praxis zur Wahrung der religiösen Identität besonders wichtig ist, setzt zwar nicht voraus, dass der Betroffene innerlich zerbrechen oder jedenfalls schweren seelischen Schaden nehmen würde, wenn er auf eine entsprechende Praktizierung seines Glaubens verzichten müsste. Jedoch muss die konkrete Glaubenspraxis für den Einzelnen ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar sein. Es reicht nicht aus, dass der Asylsuchende eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen – jedenfalls im Aufnahmemitgliedstaat – nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten. Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (grundlegend BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 30; zur Vereinbarkeit mit der Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit vgl. BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – NVwZ 2020, 950 = juris Rn. 28 ff.; zum Ganzen auch BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – NVwZ 2015, 1678 = juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 9.4.2015 – 14 ZB 13.30120 – juris Rn. 6; SächsOVG, B.v. 17.1.2019 – 3 A 890/17.A – juris Rn. 7; OVG NW, U.v. 2.7.2019 – 1 A 4920/18.A – juris Rn. 26 ff.; VG Ansbach, U.v. 6.10.2020 – AN 17 K 17.33258 – juris Rn.32; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2021, zu § 3b AsylG Rn. 12 ff.). Ob eine Verfolgung in diesem Sinne droht, ist im Rahmen einer Gefahrenprognose anhand des Maßstabs der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zu prüfen (OVG NW, U.v. 2.7.2019 a.a.O. juris Rn. 48 unter Rekurs auf BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – BVerwGE 140, 22 = juris Rn. 22).
cc) Vor diesem Hintergrund dürften die ersten drei vom Kläger in der Antragsbegründung gestellten Fragenkomplexe:
– „Stellt die gesetzliche Verpflichtung, für administrative und rechtliche Zwecke eine Religionszugehörigkeit anzugeben bzw. das Fehlen der Möglichkeit, hier ‚konfessionslos‘ o.Ä. anzugeben, bereits eine asylrechtlich relevante Diskriminierung von Atheisten dar?“
– „Soweit voranstehende Frage zu verneinen ist: Verdichtet sich dies in Kombination mit der zivilrechtlichen Behandlung von Personen, die als ehemalige Muslime entsprechend dieser Pflicht ‚Moslem‘ als Konfession angeben müssen, demzufolge aber von den Religions- / Schariagerichten als Apostaten behandelt werden (müssen), woran der Verlust von Bürgerrechten, wie z.B. die Annullierung einer Ehe, Enteignung, Sorgerechtsentzug, Verlust des Erbrechts usw. zu einer Verfolgung i.S.v. § 3 AsylG*?“
* wohl gemeint: „anknüpfen kann“
– „Stellen die gesellschaftliche Isolation, infolge von sozialer Ächtung, einschließlich der alltäglichen Gefahr, Opfer von Übergriffen und Gewalt physischer und psychischer Natur zu werden, keine Arbeit und keine Wohnung zu finden, eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure i.S. von § 3c Abs. 3 AsylG bzw. eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. von § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG bzw. Art. 3 EMRK dar?“
über die bereits erfolgten höchstrichterlichen Klärungen (s.o.) hinaus schon keiner aus der Antragsschrift ersichtlichen weiteren verallgemeinerungsfähigen Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich sein (vgl. auch OVG NW, B.v. 15.3.2018 – 4 A 172/16.A – juris Rn. 4 ff.; SächsOVG, B.v. 17.1.2019 a.a.O. juris Rn. 8). Insbesondere ist die Frage, nach welchen allgemeinen Maßstäben zu beurteilen ist, ob für den Einzelnen eine in die Öffentlichkeit hineinwirkende und verfolgungsträchtige Glaubenspraxis ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist und wann daher ein Zwang, seine religiöse Überzeugung zur Vermeidung von staatlichen Repressalien nicht „offenbaren“ zu müssen, die flüchtlingsrechtlich erhebliche Schwelle erreicht, mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 20.2.2013 a.a.O.) grundsätzlich höchstrichterlich geklärt. Welche Anforderungen an die Beurteilung eines inneren Konflikts bei Verzicht auf eine offene Glaubensbetätigung zu stellen sind, ist nach höchstrichterlicher Klärung gemessen an diesen Maßstäben stets eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Einzelfall. Diese allgemeinen Maßstäbe gelten auch für Apostaten und Atheisten. Es liegt auf der Hand und bedarf deshalb keiner Klärung in einem Berufungsverfahren, dass an die Annahme einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie aufgrund des Bekenntnisses zum Atheismus keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als bei einer Apostasie unter Aufnahme eines neuen Glaubens (Glaubenswechsel). Die oben zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts kann grundsätzlich auch auf Personen übertragen werden, die vom Islam abfallen, ohne sich einer anderen Religion zuzuwenden. Dementsprechend kommt es für die Frage einer Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat wegen Apostasie ohne Aufnahme eines neuen Glaubens (Atheismus) nach den vorgenannten Kriterien maßgeblich – einzelfallbezogen – darauf an, ob – sollten die vom Kläger vorgetragenen Beeinträchtigungen von Apostaten und Atheisten in Jordanien zutreffen [vgl. hierzu auch Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Jordanien (Stand 16.4.2020), S. 22 f.; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Haben Atheisten Probleme in Jordanien?“ v. 30.6.2017; ACCORD, „Anfragebeantwortung zu Jordanien: Apostasie oder Konversion einer ursprünglich muslimischen Frau (…)“ v. 14. Mai 2021] und einen offen bekennenden Apostaten / Atheisten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit treffen – die jeweils einzelne vom Glauben abgefallene Person ihre Religionslosigkeit für sich selbst als verpflichtend empfindet, um ihre nichtreligiöse Identität zu wahren, und ob deshalb im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat davon auszugehen ist, dass sie ihre Religionslosigkeit – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – dort aktiv ausüben oder nur erzwungenermaßen, unter dem Druck drohender Verfolgung, auf die ihr allein entsprechende Lebensform verzichten wird (BayVGH, B.v. 23.1.2019 – 14 ZB 17.31930 – juris Rn. 15, 16).
dd) Unabhängig davon hat der Kläger mit seiner Antragsbegründung jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit und damit die Klärungsfähigkeit der drei vorgenannten Fragen und damit auch den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht hinreichend gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
Im Bescheid vom 23. Mai 2017 stellt das Bundesamt und über § 77 Abs. 2 AsylG auch das Verwaltungsgericht entscheidungstragend darauf ab, dass der Vortrag des Klägers betreffend seine Abwendung von der muslimischen Religion insgesamt als nicht glaubhaft eingestuft wurde. Wörtlich heißt es auf Seiten 5 bis 7 des Bescheids (Hervorhebungen im Fettdruck nicht im Original):
„Er hat seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden jedoch nicht glaubhaft gemacht.
Für den Nachweis der objektiven Gefährdungslage genügt für Ereignisse außerhalb des Gastlandes mit Rücksicht auf die hier naturgemäß bestehenden Beweisschwierigkeiten grundsätzlich die bloße Glaubhaftmachung. Daher kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung besondere Bedeutung zu. Zur Anerkennung kann schon allein der Tatsachenvortrag des Asylantragstellers führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne glaubhaft sind, dass die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit – des behaupteten individuellen Schicksals, aus dem er seine Furcht vor Verfolgung herleitet, gewonnen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977, 1 C 33.71, BVerwGE 55, 82, BVerwG, Urteil vom 16.04.1985, 9 C 109.84, BVerwGE71, 180 und Beschluss vom 21.07.1989, 9 B 239.89, NVwZ 1990,171).
Die Glaubhaftmachung setzt, entsprechend der Mitwirkungspflicht im Asylverfahren, einen schlüssigen Sachvortrag voraus, d.h. unter Angaben genauer Einzelheiten muss der Ausländer einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung und verständiger Würdigung die Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ergibt. Hierzu gehört die lückenlose Schilderung der in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere der persönlichen Erlebnisse (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989, 9 B 405.89, NVwZ-RR 1990, 379 und Urteil vom 10.05.1994, 9 C 434.93, NVwZ 1994, 1123). Die wahrheitsgemäße Schilderung eines realen Vorganges ist dabei erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.
Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Ausländer nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.1988, 9 C 32.87, EZAR 630 Nr. 25 und Beschluss vom 21.07.1989, 9 C 109.84, NVwZ, 1990, 171).
Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Antragstellers nicht.
In Hinsicht auf seinen gesamten Vertrag erweisen sich die Aussagen des Antragstellers, insbesondere die Kernaussagen betreffend seine Abwendung von der Religion als oberflächlich, substanzarm und erscheinen nicht stichhaltig.
Der Umstand, dass die Bedrohungen und die Probleme durch Leute, unbekannte Personen und Dorfbewohner als so schwerwiegend dargestellt werden, dass ein Leben in Jordanien nicht denkbar wäre, steht im Widerspruch mit der Tatsache, dass (…) der Antragsteller noch bis April 2012 und damit mehrere Monate nach der Offenlegung seiner Abwendung vom Islam und dem Beginn der Probleme im gleichen Wohnort gelebt hat. Er muss auch wieder nach Jordanien zurückgekommen sein, da er selbst angibt, dass er aus Jordanien im Oktober 2013 das letzte Mal ausgereist sei. Dadurch liegt die Vermutung nahe, dass die Probleme und Bedrohungen nicht als so schwerwiegend und gravierend gewertet werden können, wie es asylrechtlich gefordert ist. Die geltend gemachte Verfolgung hat sich in ihrer Intensität vor der Ausreise nicht gesteigert. Zwar wurde der Antragsteller nach seinen Angaben im Jahr 2011 geschlagen und bedroht, das hat den Antragsteller nicht zum Verlassen seines Heimatlandes bewegt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller nicht direkt nach Bekanntwerden seiner Apostasie ausgereist ist, wenn ab diesem Zeitpunkt die Probleme angefangen haben. Außerdem widerspricht sich der Antragsteller mit seinen zeitlichen Angaben. So gab er an, im April 2012 Jordanien verlassen zu haben und nach Libyen gegangen zu sein, gleichzeitig habe er in Libyen von 2011 bis 2014 gearbeitet. Zuletzt habe er Jordanien im Oktober 2013 verlassen.
Der freie Vortrag über die Gründe, warum der Antragsteller Jordanien verlassen musste, erscheint sehr detailarm und genügt nicht den Anforderungen, die man an einen lebensnahen, aus der eigenen Erlebnissphäre erlebten Sachverhalt stellen kann. Die Ausführungen des Antragstellers was ihm genau von wem, wo und wann passiert ist, bleiben durchweg kurz und oberflächlich. Gerade bei eigenem Erleben hätte eine detailreiche Schilderung über die Gründe erwartet werden können, die dem Antragsteller ein Leben in Jordanien unmöglich machen. Die Drohung der Leute, der unbekannten Männer bzw. Dorfbewohner wurde nach den Angaben des Antragstellers allem Anschein nach nicht ernst genommen, da er nach der Drohung noch weitere Monate unter der gleichen Adresse gewohnt und gelebt hat. Zwar beschreibt der Antragsteller, dass die Brüder-Beziehung unter der Tatsache gelitten habe, dass sich der Antragsteller vom Islam abgewendet habe, jedoch geht er weder weiter auf die Drohung ein noch legt er dar, wie die Leute oder unbekannte Männer, welche er gefunden haben will, die mit ihm über den Islam reden wollten, ihn weiter persönlich angegriffen und sein Leben konkret bedroht haben. Offenbar haben die Leute, unbekannte Männer und Dorfbewohner die behauptete Drohung nicht umgesetzt und den Antragsteller auch sonst nicht in einer Weise behandelt, die einen ernsten Schaden im Sinne des § 4 AsylG darstellen könnte.
Der Antragsteller hat außerdem weder versucht, innerhalb seines Viertels umzuziehen noch ist er in eine entfernte Großstadt gegangen oder in eine andere Gegend in Jordanien gezogen. Es erscheint zweifelhaft, dass der Antragsteller keinen Versuch unternommen hat, von seiner Umgebung, den Dorfbewohner, oder den Menschen in dem Viertel Marka Aljanubiah wegzuziehen. Es erscheint äußerst fraglich, wie, wenn der Antragsteller den Kontakt zu seinen Familienmitgliedern abbrechen und in einen anderen Teil des Landes gehen würde, die Drohungen und die Probleme durch diese fortbestehen sollten. In Bezug auf einen Umzug innerhalb des Herkunftslandes erklärt der Antragsteller, dass er woanders erkannt wird und dass alle Menschen in Amman mit über 4.044.000 Einwohnern von ihm und seiner Abwendung zu Religion Beschied wussten. Von einer verfolgten Person, deren Wunsch es ist, in Freiheit und ohne Drohungen leben zu können, kann erwartet werden auch ohne Kontakte in einem anderen Teil des Landes Schutz zu suchen. Auch die Aussage des Antragstellers, dass er nicht nach Europa wollte und er versucht hatte, in andere arabische Länder zu gehen, ist sehr zweifelhaft (…).
Natürlich kann von einem Menschen mit Apostasie nicht erwartet werden, diese sein Leben lang geheim zu halten, jedoch erklärt der Antragsteller, dass er in seinem Wohnort blieb und nach seiner Reise nach Libyen wieder dorthin gegangen sei und letztendlich im Oktober 2013 aus Jordanien ausgereist sei. In Jordanien gibt es 12 Gouvernements, welche eine Fluchtalternative für den Antragsteller bieten, die er aber nicht in Betracht gezogen hat.
Indes erweist sich der Sachvortrag des Antragstellers zur behaupteten Apostasie im Kern als stereotyp und oberflächlich und untermauert die bestehenden Zweifel an der Glaubwürdigkeit.“
Es trifft entgegen der Behauptung in der Antragsbegründung (Seiten 5 unten / 6 oben sowie Seite 17 des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2020) nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Glaubwürdigkeit der klägerischen Angaben nicht anzweifelt bzw. den klägerischen Vortrag „als wahr angenommen“ hat. Der Kläger übersieht in seiner Antragsbegründung vom 4. Dezember 2020 – bzw. geht hierauf nicht weiter ein -, dass das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 28. Oktober 2020 den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bescheids des Bundesamts vom 23. Mai 2017 vollumfänglich gefolgt ist (vgl. Seite 5 des Urteils) und sich diese durch Bezugnahme gem. § 77 Abs. 2 AsylG im Ganzen – mithin auch zur mangelnden Glaubhaftigkeit der Apostasie – zu Eigen gemacht hat. Die weiteren Erwägungen ab Seiten 5 ff. Mitte des angegriffenen Urteils verstehen sich als lediglich ergänzende Ausführungen. Sowohl bezogen auf einen Glaubenswechsels als auch bezogen auf einen Glaubensabfall ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt und insoweit keiner weiteren grundsätzlichen Klärung zugänglich ist, auf welche Weise der Tatrichter versucht, sich die erforderliche Überzeugungsgewissheit vom Vorliegen der entscheidungserheblichen (inneren) Tatsache der Wahrung der religiösen Identität des Asylbewerbers zu verschaffen (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 a.a.O. juris Rn. 31; B.v. 25.8.2015 a.a.O. juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 23.1.2019 a.a.O. juris Rn. 16).
Damit kommt es auf den Umstand, dass das Bundesamt im Bescheid vom 23. Mai 2017 und damit über § 77 Abs. 2 AsylG auch das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2020 den Kläger nicht als überzeugten Apostaten angesehen hat, entscheidungserheblich an. Soweit der Kläger in der Sache vortragen lässt, dass er unter Berufung auf seine negative Religionsfreiheit in Jordanien nicht mehr leben möchte und insbesondere staatliche Formulare mangels ausreichender Ankreuzungsalternativen in Bezug auf den bei ihm vorliegenden Atheismus ohne Furcht auf staatliche Repressionen (maßgeblich in Bezug auf mögliche Beeinträchtigungen durch die Scharia-Gerichtsbarkeit) nicht auszufüllen vermag, ist ihm entgegenzuhalten, dass seine Berufung auf die negative Religionsfreiheit nur dann erfolgreich sein könnte, wenn diese bei einer Rückkehr in asylrechtlich relevanter Weise eingeschränkt wäre, was aber auch in subjektiver Hinsicht eine schwerwiegende Verletzung dieser Freiheit erfordert [s.o. bb) und cc) ]. Der Kläger hat sich aber mit seiner Antragsbegründung schon nicht mit der vom Bundesamt im Bescheid zugrunde gelegten Sachverhaltsbewertung, wonach seine Apostasie schon nicht glaubwürdig ist, auseinandergesetzt und hat auch die diesbezügliche Übernahme durch das angegriffene Urteil vom 28. Oktober 2020 über § 77 Abs. 2 AsylG nicht mit seinem Zulassungsantrag substantiiert angegriffen. Insofern vermochte er „erst Recht“ entgegen der grundsätzlichen Bewertung des Bundesamts und (über § 77 Abs. 2 AsylG) auch des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend substantiiert darzulegen, dass er seinen Glaubensabfall bzw. seine Religionslosigkeit innerlich / subjektiv selbst als derart wichtig und selbstverpflichtend empfindet, dass er diese in seinem Herkunftsstaat zur Wahrung seiner nichtreligiösen Identität aktiv ausleben muss bzw. nur erzwungenermaßen, unter dem Druck drohender Verfolgung, auf diese als eine für ihn wichtige Form der Lebensgestaltung und Lebensäußerung verzichten wird. Ist aber das Erstgericht schon nicht zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger ein ernstlicher „gelebter“ Glaubensabfall vorliegt, ist nicht ersichtlich, dass ihm die in den von ihm als grundsätzlich angesehenen Fragen beschriebenen Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen können.
ee) Da der Kläger die Prämissen des Bundesamtsbescheids vom 23. Mai 2017 und damit (über § 77 Abs. 2 AsylG) auch des erstinstanzlichen Urteils, dass seitens des Klägers keine glaubhafte Darlegung einer Apostasie und damit implizit auch keine glaubhafte Darlegung eines hinreichend relevanten inneren Konflikts bei Verzicht auf eine offene Glaubensbetätigung erfolgt ist, mit seinem Zulassungsantrag nicht erschüttert hat, vermochte er auch nicht die Entscheidungserheblichkeit der folgenden weiteren von ihm gestellten Fragen substantiiert darzulegen:
– „Findet eine solche Behandlung von Atheisten in Jordanien, die sich als solche zu erkennen geben, aktuell statt? Kann insbesondere ein ‚bekennender, offen lebender Atheist‘ in Jordanien wirtschaftlich überleben bzw. das Existenzminimum sichern, wenn er seinen Lebensunterhalt mangels entsprechenden Vermögens durch regelmäßige Arbeit bestreiten muss und über kein eigenes Immobilienvermögen verfügt? Wenn ja, gilt dies auch dann, wenn der Betroffene in seiner Erwerbsfähigkeit infolge einer Suchterkrankung ganz oder teilweise eingeschränkt ist?“
– „Kann der jordanische Staat Atheisten wirksam präventiv vor physischer Gewalt durch private Dritte schützen und haben Betroffene Aussicht, dass die Täter ggf. strafrechtlich verfolgt werden? Gibt es Belege dafür, dass der jordanische Staat politisch gegen die gesellschaftliche Diskriminierung und Gewalt gegenüber Apostaten vorgeht?“
– „Werden Atheisten auch beim Zugang zu medizinischer Behandlung gesellschaftlich und / oder administrativ diskriminiert?“
ff) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht substantiiert dargelegt hat, in seiner Erwerbsfähigkeit (weiterhin) krankheitsbedingt eingeschränkt zu sein. Soweit das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, sein Vorbringen, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, habe nicht den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung genügt, tritt die Antragsbegründung dem schon nicht substantiiert entgegen. Zwar trifft es nach Aktenlage zu, dass der Kläger vom 20. November 2019 bis 6. Januar 2020 in der Salus Klinik (Friedrichsdorf) wegen posttraumatischer Belastungsstörung, pathologischen Spielens, psychischer und Verhaltensstörungen durch Tabak und Cannabinoide sowie Splenomegalie stationär behandelt und „bei Entlassung“ als arbeitsunfähig eingestuft wurde. Im Folgenden finden sich in den Akten nur vorgelegte Bescheinigungen über ambulante Nachfolgebehandlungen (Bescheinigung der Caritas Regensburg vom 16. März 2020; Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 14. Juli 2020: Einverständnis mit der Verlängerung ambulanter Nachsorgeleistungen bis zum 6. Januar 2021 um bis zu 20 Gesprächseinheiten), ohne dass sich hieraus eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit ergibt. Im Zulassungsverfahren sind keine weiteren ärztlichen Unterlagen vorgelegt worden. Auf Seite 2 der Antragsbegründung vom 4. Dezember 2020 heißt es – ohne Klärung und Belegung der genauen Zeiträume -, dass er – der Kläger – „aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen 2019 u. 2020 längerfristig krankgeschrieben“ worden sei.
b) Die Berufung ist auch nicht wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Der durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (hierzu und zum Folgenden vgl. auch BayVGH, B.v. 3.12.2020 – 15 ZB 20.32306 – juris Rn. 18 ff. m.w.N.).
aa) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, soweit der Kläger vortragen lässt, eine Gehörsverletzung sei darin zu sehen, dass das Ergebnis des Verwaltungsgerichts, dass Atheisten in Jordanien weder staatlicher noch privater Verfolgung unterlägen und auch nicht unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt seien, eine Überraschungsentscheidung darstelle, die es ihm unmöglich gemacht habe, sich durch Beweisanträge zur Verfolgungslage von Atheisten selbst Gehör zu verschaffen.
Unabhängig von der Frage der fehlenden Entscheidungserheblichkeit – s.o. a) dd) und ee) – gewährleistet die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs nicht, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist, sondern sie soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.). Der erhobene Vorwurf einer „selektiven Auswertung“ zitierter Erkenntnisquellen bewegt sich im Bereich des Vorwurfs einer falschen Sachverhaltsbewertung. Ein gerügter Aufklärungsmangel als solcher begründet aber – unabhängig davon, ob er berechtigt oder unberechtigt ist – grundsätzlich weder einen Gehörsverstoß, noch gehört er zu den sonstigen Verfahrensmängeln im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2020 – 15 ZB 20.30954 – juris Rn. 31 m.w.N.). Im Übrigen hätte es dem schon im erstinstanzlichen Verfahren und insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretenen Kläger offen gestanden, über seinen Bevollmächtigten einen förmlichen Beweisantrag in Bezug auf begehrte weitere Aufklärungsmaßnahmen (wie z.B. Zeugenvernehmungen) zu stellen, um sich selbst vor Gericht das rechtliche Gehör zu verschaffen (vgl. BayVGH, B.v. 20.2.2020 – 15 ZB 20.30194 – juris Rn. 18; B.v. 16.3.2020 – 15 ZB 20.293 – Rn. 12; B.v. 30.3.2020 – 15 ZB 20.30705 – juris Rn. 7; B.v. 18.6.2020 – 15 ZB 20.30954 – juris Rn. 31; SächsOVG, B.v. 7.2.2018 – 4 A 142/18.A – juris Rn. 6 m.w.N.). Hiervon hat er aber laut Protokoll des Verwaltungsgerichts über die öffentliche Einzelrichtersitzung am 28. Oktober 2020 keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere wäre es der Bevollmächtigten des Klägers unbenommen geblieben, in der mündlichen Verhandlung „sicherheitshalber“ (für den Fall, dass sie die Sachverhaltsbewertung durch das Erstgericht falsch eingeschätzt haben sollte) entsprechende förmliche Beweisanträge zu stellen.
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerseite vom Verwaltungsgericht darauf hätte hingewiesen werden müssen, dass es nach der Sachlage nicht von einem Anspruch gem. § 3, § 4 AsylG und / oder § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG ausgeht. Weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt, begründet das Recht auf rechtliches Gehör keine Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine (mögliche) Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Eine den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs konkretisierende gerichtliche Hinweispflicht – zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung – besteht nur dann, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mit einer bestimmten Bewertung seines Sachvortrags durch das Verwaltungsgericht zu rechnen braucht (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 23.1.2014 – 1 B 12.13 – juris Rn. 11 m.w.N.; BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.). Für eine unzulässige Überraschungsentscheidung in diesem Sinn wird in der Antragsbegründung nichts Relevantes aufgezeigt und ist auch sonst nichts ersichtlich. Das gilt auch hinsichtlich der mit Beschluss desselben Einzelrichters vom 22. Juli 2020 dem Kläger gewährte Prozesskostenhilfe. Denn für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist lediglich erforderlich, dass die Rechtsverfolgung im Zeitpunkt der Bewilligungsreife eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es genügt also auf Basis einer summarischen Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs, wobei die Anforderungen an die Erfolgsaussichten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden dürfen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der rechtlichen Maßstäbe für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe und für die Entscheidung über das Begehren in der Sache kann aus einer günstigen Prozesskostenhilfeentscheidung nicht auf die Begründetheit einer Asylklage geschlossen werden (BayVGH, B.v. 6.9.2018 – 1 ZB 17.30420 – juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 25.8.2020 – 9 A 2292/20.A – juris Rn. 9). Insbesondere ist auch mit der konkreten Prozesskostenhilfeentscheidung vom 22. Juli 2020 kein Vertrauenstatbestand in Bezug auf eine positive Bescheidung einzelner Klageanträge gesetzt worden. In der Beschlussbegründung heißt es insofern in Übereinstimmung mit den vorgenannten Maßstäben lediglich, dass die Rechtsverfolgung „hinreichende“ Aussicht auf Erfolg habe. Es sei „nicht auszuschließen, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht“. Die Erfolgsaussichten seien „zumindest als offen anzusehen“.
bb) Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann der Kläger auch nicht damit begründen, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag nicht gehört, er könne aufgrund seiner Glaubensentscheidung keine Arbeit und keine Wohnung finden und damit physisch nicht existieren und dass er zudem aus gesundheitlichen Gründen entsprechend eingeschränkt sei.
Im Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite 4) wird der Vortrag des Klägers hinsichtlich gesellschaftlicher Diskriminierungen, seiner vorgebrachten Erkrankungen und seiner vorgebrachten eingeschränkten Erwerbsfähigkeit als Klägervortrag dargestellt und damit grundsätzlich zur Kenntnis genommen. Im Übrigen brauchen sich die Gerichte nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich und im Detail auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas Anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 15 ZB 18.31366 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 30.10.2018 – 15 ZB 18.31200 – juris Rn. 14; B.v. 30.4.2019 – 15 ZB 19.31547 – juris Rn. 7; B.v. 19.6.2019 – 15 ZB 19.32197 – juris Rn. 5; B.v. 27.6.2019 – 15 ZB 19.32352- juris Rn. 6). Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder vom Kläger substantiiert vorgebracht worden noch sonst ersichtlich: Aufgrund der Bezugnahme über § 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausführungen des Bundesamtsbescheids vom 23. Mai 2017, wonach auch das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers hinsichtlich seine Apostasie nicht als glaubhaft eingestuft hat, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit des Vortrags, soweit der Kläger seine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit darauf stützt, gerade aufgrund seiner Apostasie bzw. aufgrund seiner inneren Haltung, die ihn zu einem offenen Bekenntnis zur Apostasie anhalte, keine Arbeit finden zu können, vgl. oben a), dd) und ee). Zudem hat sich das Verwaltungsgericht auch in den Entscheidungsgründen hinreichend mit den vorgetragenen Krankheiten des Klägers auseinandergesetzt. Hinsichtlich der vorgebrachten posttraumatischen Belastungsstörung ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das diesbezügliche Vorbringen nicht den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung genügt habe (Entscheidungsgründe, Seite 11). Ferner wird im Urteil ausgeführt, dass diverse sonstige, vom Kläger durch Atteste belegte Krankheiten (pathologisches Spielen, psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak und Cannabinoide, Splenomegalie) ohne weiteres in Jordanien behandelt werden können (Entscheidungsgründe, Seite 10). Ist dem aber so, ist nicht ersichtlich, warum hinsichtlich dieser Krankheiten mangels Behandelbarkeit wieder Erwerbsunfähigkeit eintreten sollte, zumal [s.o. a) ff) ] der Kläger nach Aktenlage zwar vom 20. November 2019 bis 6. Januar 2020 ambulant behandelt und am 6. Januar 2020 zunächst als arbeitsunfähig entlassen wurde, er aber im Folgenden nur Bescheinigungen über ambulante Nachfolgebehandlungen (Bescheinigung der Caritas Regensburg vom 16. März 2020; Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 14. Juli 2020: Einverständnis mit der Verlängerung ambulanter Nachsorgeleistungen bis zum 6. Januar 2021 um bis zu 20 Gesprächseinheiten) vorgelegt hat, aus denen sich eine fortbestehende Erwerbsunfähigkeit gerade nicht ergibt.
3. Der Senat weist ferner – ohne dass dies vorliegend einer abschließenden Klärung bedarf – darauf hin, dass im vorliegenden Fall bereits Zweifel an der Zulässigkeit der beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage bestehen.
Es spricht Einiges dafür, dass die Klage in der gem. § 81, § 82 VwGO erforderlichen Form erst am 9. Juni 2017 (Freitag) und damit – nachdem der Bundesamtsbescheid vom 23. Mai 2017 dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 24. Mai 2017 zugestellt worden war – zwei Tage nach Ablauf der zweiwöchigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 AsylG) beim Verwaltungsgericht eingegangen ist. Innerhalb der Klagefrist ging beim Verwaltungsgericht am 7. Juni 2017 – dem Tag, an dessen Ablauf (24.00 Uhr) die zweiwöchige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 AsylG) ablief – nur ein unvollständiges Telefax ein das u.a. die zweite Seite des Original-Schriftsatzes mit der Antragstellung und der Unterschrift des vormaligen Bevollmächtigten des Klägers nicht enthielt. Ebenfalls ist der angegriffene Bescheid des Bundesamts vom 23. Mai 2017 nur unvollständig per Telefax übermittelt; es fehlten die ersten vier Seiten mit dem Bescheiddatum, dem Bescheidadressaten und dem Bescheidtenor. Am 16. Juni 2017 stellten die (damaligen) Bevollmächtigten „vorsorglich“ einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Fehler sei bei der Übertragung nicht registriert worden, weil der Übersendungsbericht „Übertragung ok“ ausgewiesen habe. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Verwaltungsgericht, das die Klage als unbegründet abgewiesen hat, ohne weitere Problematisierung der Frage der Einhaltung der Klagefrist nicht entschieden.
a) Die Klagefrist kann durch ein Telefax grundsätzlich nur dann gewahrt werden, wenn schon dieses allen formellen Anforderungen, denen eine Rechtsmittelschrift für ihre Wirksamkeit unterliegt, erfüllt (§ 80, § 81 VwGO). Dazu gehört regelmäßig auch die Wiedergabe einer Unterschrift. Wird eine Rechtsmittelschrift durch Telefax nur unvollständig übertragen, ist für den Eintritt der fristwahrenden Wirkung nicht der Inhalt des Originalschriftsatzes, sondern der Inhalt des per Telefax nur übermittelten Teils maßgeblich (im Fall einer per Telefax eingereichten Klageschrift, der die Seite mit der Unterschrift fehlt, vgl. NdsOVG, B.v. 15.6.1999 – 4 L 2232/99 – juris Rn 4 f. m.w.N., u.a. unter Rekurs auf BGH, B.v. 4.5.1994 – XII ZB 21/94 – NJW 1994, 2097 = juris Rn. 10; VG Greifswald, U.v. 23.11.1999 – 2 A 2170/97 – juris Rn. 26).
Ein bestimmender Schriftsatz – und damit auch ein Telefax – muss grundsätzlich die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Mit dem Erfordernis der Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers einer Prozesshandlung ermöglicht werden. Ferner soll ausgeschlossen werden, dass es sich bei einem dem Gericht zugeleiteten Schriftstück bloß um einen nicht autorisierten Entwurf handelt. Die Unterschrift unter dem Schriftsatz belegt insofern den unbedingten Willen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes und seine Einreichung bei Gericht zu übernehmen (BVerfG, B.v. 18.4.2007 – 1 BvR 110/07 – NJW 2007, 3117 = juris Rn. 13; für Rechtsmittelschriften vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2011 – 10 BV 11.2045 – juris Rn. 8; B.v. 28.11.2019 – 11 BV 19.1848 – juris Rn. 2; vgl. auch SächsOVG, B.v. 6.11.2019 – 3 A 866/19 – juris Rn. 3 ff.). Das Erfordernis der Unterschrift entfällt auch dann nicht, wenn der bestimmende Schriftsatz in zulässiger Weise durch Telefax übermittelt wird. In einem solchen Fall verzichtet die Rechtsprechung lediglich darauf, dass das bei Gericht eingehende Schriftstück eigenhändig unterschrieben sein muss. Erforderlich ist in einem solchen Fall aber grundsätzlich, dass die Kopiervorlage unterschrieben ist und dass diese Unterschrift auf der Fernkopie wiedergegeben wird (BGH, B.v. 4.5.1994 – XII ZB 21/94 – NJW 1994, 2097 = juris Rn. 9, m. w. N.; BayVGH, B.v. 8.11.2011 – 10 BV 11.2045 – juris Rn. 8; SächsOVG, B.v. 18.12.2017 – 5 A 955/17.A – juris Rn. 3). Ausnahmsweise ist eine eigenhändige Unterschrift dann entbehrlich, wenn sich bei Eingang des Schriftsatzes oder bis zum Ablauf der Frist, hier der Frist zur Einlegung der Klage, aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, ergibt, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste. Gewährleistet sein muss dabei, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt und dass diese Erklärung von einer bestimmten Person herrührt, die die Verantwortung für den Inhalt übernimmt (BVerwG, B.v. 19.12.2001 – 3 B 33.01 – juris Rn. 2; B.v. 27.1.2003 – 1 B 92.02, 1 PKH12.02 – NJW 2003, 1544 = juris Rn. 5; B.v. 30.3.2006 – 8 B 8.06 – NJW 2006, 1989 = juris Rn. 5; U.v. 25.1.2021 – 9 C 8.19 – NVwZ 2021, 1061 = juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 11 BV 19.1848 – juris Rn. 2; B.v. 5.1.2021 – 4 ZB 20.644 – juris Rn. 11; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 81 Rn. 6). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist bekannt gewordenen Umstände abgestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2006 a.a.O.; B.v. 27.1.2003, a.a.O.; SächsOVG, B.v. 25.9.2006 – A 2 B 724/05 – juris Rn. 3).
Zum Teil wird die Übermittlung einer Vollmacht als Umstand gesehen, der nach den Umständen des Einzelfalls eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür bieten können soll, dass das betroffene Schriftstück vom Prozessbevollmächtigten mit dessen Willen in den Verkehr gebracht worden ist (so z.B. OVG NW, B.v. 16.8.2007 – 18 E 787/07 – NVwZ 2008, 344 = juris Rn. 6 f.; mit Einschränkungen, insbes. nur bei eindeutiger speziell auf Klageerhebung ausgerichteter Vollmacht: VG Ansbach, U.v. 10.9.2015 – AN 2 K 14.00481 – juris Rn. 24). Ebenso soll bereits die im Telefax erkennbare Verwendung des Briefkopfs bzw. des Briefpapiers der Anwaltskanzlei sowie die Übereinstimmung der Telefax-Nr. in der Fax-Empfangszeile des Gerichts mit der im Briefkopf / Briefpapier der Rechtsanwaltskanzlei angegebenen Fax-Nummer für eine entsprechende Gewähr sprechen (VGH BW, U.v. 3.11.2020 – 1 S 581/18 – VBlBW 2021, 243 = juris Rn. 34). Unabhängig davon, ob man dem grundsätzlich folgt oder nicht (enger z.B. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auf. 2019, § 81 Rn. 6; enger wohl auch SächsOVG, B.v. 25.9.2006 – A 2 B 724/05 – juris Rn. 4; B.v. 6.11.2019 – 3 A 866/19 – juris Rn. 3; NdsOVG, B.v. 15.6.1999 – 4 L 2232/99 – juris Rn 4 f. m.w.N.; BGH, B.v. 4.5.1994 – XII ZB 21/94 – NJW 1994, 2097; VG Greifswald, U.v. 23.11.1999 – 2 A 2170/97 – juris Rn. 26 f.; VG Schwerin, U.v. 3.9.2018 – 16 A 4446/17 As SN – juris Rn. 19 ff.; VG Hamburg, U.v. 19.8.2010 – 10 K 562/10 – juris Rn. 20 ff.), spricht im vorliegenden Fall gegen eine für sich selbst sprechende (keines Beweises bedürfende), der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, sowie gegen eine zudem gem. § 82 VwGO formgemäße Klageerhebung der Umstand, dass die fehlende Seite 2 der Klageschrift auch den Klageantrag enthielt und zudem auch der als Anlage beigefügte Bescheid nur derart auszugsweise vorgelegt wurde, dass allein aus den gefaxten Unterlagen wohl nicht hinreichend klar wird, was eigentlich Gegenstand der Klage sein sollte (anders als z.B. in den Fallgestaltungen bei BayVGH, B.v. 5.1.2021 – 4 ZB 20.644 – juris Rn. 12; VG Ansbach, U.v. 10.9.2015 – AN 2 K 14.00481 – juris Rn. 24). Zwar ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur geregelt, dass die Klage einen bestimmten Antrag enthalten „soll“, sodass die nähere Bestimmung des Streitgegenstands und die Konkretisierung des Antrags im weiteren gerichtlichen Verfahren erfolgen kann. Es kann daher für die form- und fristgemäße Klageerhebung ausreichen, wenn aus dem rechtzeitig eingegangen (unvollständigen) Telefax auch bei fehlender Seite mit dem Klageantrag der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, hinreichend hervorgeht (vgl. VGH BW, U.v. 3.11.2020 – 1 S 581/18 – VBlBW 2021, 243 = juris Rn. 36). Das Klagebegehren ist aber nur dann hinreichend bezeichnet, wenn sich aus dem Schriftsatz oder aus den diesem beigefügten Unterlagen oder anderen genau bezeichneten Schriftstücken erkennen lässt, um was es dem Kläger geht. So genügt etwa der Hinweis, dass ein bestimmter (nach Datum, erlassender Behörde und Verfahrensgegenstand umschriebener oder in Abschrift anliegender) Verwaltungsakt angegriffen werden soll. Ob der Kläger mit dem Telefax seines vormaligen Bevollmächtigten vom 7. Juni 2017 diesen Anforderungen gerecht wurde, erscheint zweifelhaft. Zwar ist auf der bereits per Telefax vorgelegten Vollmacht das Aktenzeichen des Bundesamts als „Gegenstand des Mandats“ aufgeführt, das sich so auch in der Kopfzeile der mitgefaxten Einzelblätter des Bescheids wiederfindet. Da aber die Vollmacht keine weiteren Informationen enthält und gerade die ersten vier Seiten des Bescheids mit Tenor, bescheidadressat und Bescheiddatum fehlen, dürfte allein anhand der per Telefax übermittelten Seiten nicht aus sich heraus klar sein, welcher genaue Bescheid (Datum, Adressat, Inhalt) Gegenstand der Klage sein sollte und damit worauf die Klage konkret abzielen sollte. Neben dem mangelnden Formerfordernis gem. § 82 VwGO ist hier zudem die Erfüllung des Schriftformerfordernisses (§ 81 VwGO) fraglich, weil – gerade auch unter Berücksichtigung der unvollständigen Anlagen – nach dem Erscheinungsbild des Telefaxes (s.o.: ohne Unterschrift) wohl die nicht auszuschließende Möglichkeit bleibt, dass sich lediglich um einen Entwurf handelte, der ohne Wissen und Wollen des verantwortlichen Rechtsanwalts in den Rechtsverkehr gekommen ist.
b) Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber die Klage ohne nähere Problematisierung offenbar als zulässig angesehen und hat auch keine Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand getroffen, die den Senat gem. § 60 Abs. 4, Abs. 5 VwGO binden könnte. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf im gerichtlichen Verfahren aus Gründen der Rechtssicherheit – gerade wegen der weitreichenden Folgen der Unanfechtbarkeit der Wiedereinsetzung gem. § 60 Abs. 5 VwGO, die nicht durch ein „Schweigen“ des Gerichts ausgelöst werden kann – einer ausdrücklichen, erkennbar vom Willen der Gerichts getragenen Entscheidung. Aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht ohne Weiteres von der Zulässigkeit der Klage ausging, kann nicht auf eine konkludente Wiedereinsetzung geschlossen werden (BVerwG, U.v. 17.1.1980 – 5 C 32.79 – BVerwGE 59, 302 = juris Rn. 12 ff.; U.v. 22.2.1985 – 8 C 123.83 – NVwZ 1985, 484 = juris Rn. 8; U.v. 15.1.1991 – 9 C 96.89 – NVwZ-RR 1991, 443 = juris Rn. 18; B.v. 22.11.1994 -6 B 29.94 – NVwZ-RR 1995, 232 = juris Rn. 2 ff.; BSG, B.v. 2.7.2007 – B 2 U 41/07 B – juris Rn. 3; NdsOVG, U.v. 21.1.1991 – 21 L 324/89 – juris Rn. 32; ThürOVG, B.v. 13.11.2002 – 3 ZKO 259/99 – juris Rn. 6).
Weil aber grundsätzlich der judex a quo mit Bindung gegenüber der nächsten Instanz zu entscheiden hat, ist bei einem in der Vorinstanz gestellten, dort aber übergangenen Wiedereinsetzungsgesuch die Rechtsmittelinstanz grundsätzlich nicht (erst-) entscheidungsbefugt, wenn dem Betroffenen hierdurch die rechtlich gesicherte Chance entgeht, dass das an sich nach § 60 Abs. 4 VwGO zuständige Gericht ihm endgültig Wiedereinsetzung gewährt (BVerwG, U.v. 22.2.1985 – 8 C 123/83 – NVwZ 1985, 484 = juris Rn. 9). Das demnach bestehende Gebot, insoweit eine Entscheidung des zunächst zur Entscheidung berufenen Gerichts (durch Zurückverweisung der Sache) herbeizuführen, gilt jedoch nur als Grundsatz und vermag ausnahmsweise dann nicht durchzugreifen, wenn aus Rechtsgründen die Möglichkeit einer positiven Bescheidung des Wiedereinsetzungsgesuchs von vornherein ausscheidet (BVerwG, U.v. 22.2.1985 a.a.O. juris Rn. 9). Da im Asylrecht in einem Berufungsverfahren gem. § 79 Abs. 2 AsylG eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht gem. § 130 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist, wäre zudem vorliegend nunmehr der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsmittelgericht auch aus formalen Gründen für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung zuständig (NdsOVG, U.v. 21.1.1991 a.a.O. juris Rn. 32; vgl. auch BayLSG, U.v. 5.12.2002 – L 14 RJ 132/01 – juris Rn. 18; U.v. 1.12.2004 – L 16 RJ 249/03 – juris Rn. 32).
c) Nach Aktenlage ist vorliegend nicht ersichtlich, dass dem Kläger wegen der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Die Versäumung dürfte auf einem Verschulden des vormaligen Bevollmächtigten des Klägers beruhen (§ 60 Abs. 1 VwGO), das sich Letzterer wie eigenes Verschulden zurechnen lassen muss (§ 173 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO). Wer den grundsätzlich zulässigen Weg der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax wählt, muss die ordnungsgemäße Absendung anhand des automatisch ausgedruckten Sendeberichts kontrollieren und dabei nicht nur die Verwendung der richtigen Fax-Nr., sondern auch überprüfen, ob die im Sendebericht protokollierte A n z a h l d e r ü b e r m i t t e l t e n S e i t e n mit dem Original übereinstimmt. Bei der Übermittlung eines Schreibens per Telefax darf der Übermittlungsvorgang mithin erst dann als abgeschlossen angesehen werden, wenn sich der Absender von der ordnungsgemäßen, insbesondere v o l l s t ä n d i g e n Übermittlung überzeugt hat. Es gehört bei Faxgeräten zu den typischen Fehlern, dass gerade nicht alle eingegebenen Seiten tatsächlich einzeln eingezogen bzw. kopiert und auch an den Adressaten übertragen werden. Gerade deswegen geben Fax-Geräte im Sendeprotokoll in der Regel auch an, wie viele Seiten übertragen worden sind. Deswegen gehört es zu den Sorgfaltspflichten desjenigen, der sich eines solchen Geräts zur Übermittlung fristwahrender Schriftsätze im Rechtsverkehr bedient, das Sendeprotokoll zu überprüfen, also auch zu kontrollieren, ob die im Sendeprotokoll angegebene Zahl der übermittelten Seiten mit der des zu übermittelnden Schriftstücks übereinstimmt (zum Ganzen vgl. BVerwG, B.v. 4.8.2000 – 3 B 75.00 – Buchholz310 § 60 VwGO Nr. 235 = juris Rn. 5; BGH, B.v. 29.4.1994 – V ZR 62/93 – NJW 1994, 1879 = juris Rn. 10; B.v. 13.6.1996 – VII ZB 13/96 – NJW 1996, 2513 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 24.2.2005 a.a.O. juris Rn. 18 ff.; NdsOVG, B.v. 15.6.1999 – 4 L 2232/99 – juris Rn. 9; OVG RhPf, B.v. 21.12.1993 – 11 A 12565/93 – NJW 1994, 1815 = juris Rn. 3; SächsOVG, B.v. 21.4.2015 – 4 E 139/14 – juris Rn. 5; OVG SH, B.v. 14.5.2020 – 5 LA 162/20 juris Rn.3; VG Greifswald, U.v. 23.11.1999 – 2 A 2170/97 – juris Rn. 30; Bier/Steinbeiß-Winkelmann in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 60 Rn. 39; zum Organisationsverschulden, wenn der Faxvorgang in der Verantwortung des Büropersonals lag und wenn dieses nicht angewiesen worden war, die Übersendung anhand des Sendeberichts auf Vollständigkeit zu überprüfen: BVerwG, B.v. 4.8.2000 a.a.O.; BGH, B.v. 13.6.1996 a.a.O.; OVG SH, B.v. 14.5.2020 – 5 LA 162/20 – juris Rn. 3; VG Greifswald, U.v. 23.11.1999 a.a.O. juris Rn. 30 ff.). Diese Sorgfaltspflicht hat der vormalige Bevollmächtigte des Klägers nach Aktenlage verletzt. Aus dem in den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen Sendebericht ergibt sich, dass nur 16 Seiten übermittelt wurden, also fünf Seiten des mit Anlage 21 Seiten umfassenden Originalschriftsatzes fehlten. Wäre dies überprüft worden, wäre bemerkt worden, dass der Schriftsatz nicht mit der vollständigen Anzahl von Seiten übermittelt wurde. Bei einer ordnungsgemäßen Kontrolle des Sendeberichts hätte mithin dem vormaligen Klägerbevollmächtigten die Unvollständigkeit der Faxversendung auffallen müssen, sodass ihn dies hätte veranlassen müssen, den Faxvorgang zu wiederholen.
Ob der Antrag auf Zulassung der Berufung entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO deshalb unabhängig vom Vortrag in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 14. Dezember 2020) wegen Ergebnisrichtigkeit (Klageabweisung wegen Unzulässigkeit) hätte abgelehnt werden können (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2019 – 15 ZB 18.979 – BayVBl 2020, 375 = juris Rn. 7; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 124a Rn. 125; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 101), muss vorliegend aber nicht abschließend geklärt werden, weil es hierauf i.E. wegen der Ausführungen zu 2. nicht mehr ankommt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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