Verwaltungsrecht

Aufforderung zum Dienstantritt und zur amtsärztlichen Attestvorlage

Aktenzeichen  M 5 E 19.3624

Datum:
29.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46540
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1
BayBG Art. 95 Abs. 1
UrlMV § 16 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses ist kein Verwaltungsakt, sondern eine dienstliche Weisung ohne unmittelbare rechtliche Außenwirkung, gegen die Rechtsschutz mit der einstweiligen Anordnung erlangt werden kann. (Rn. 38 und 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die dienstlichen Weisung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ab dem ersten Krankheitstag setzt voraus, dass der Dienstherr auf Grund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der (Selbst-) Einschätzung des Beamten von der Erkankung hat.  (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die 1966 geborene Antragstellerin steht als Steueramtsrätin an einem Finanzamt in Diensten des Antragsgegners.
Weil sich die Antragstellerin seit … November 2017 durchgehend im Krankenstand befindet, veranlasste der Antragsgegner im Hinblick auf ihre Dienstfähigkeit mehrfach amtsärztliche Untersuchungen.
Die Regierung von Oberbayern – Medizinische Untersuchungsstelle (MUS) (Dr. E., Fachärztin für Neurologie; nachfolgend: Amtsärztin Dr. E.) kam in einem Gesundheitszeugnis vom … Juli 2018 zu dem Ergebnis, dass bei der Antragstellerin kein ausreichend positives Leistungsbild bestehe. Es bestünden derzeit und bis auf weiteres auch keine gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Verwendung im Rahmen einer begrenzten Dienstfähigkeit. Die Wiederherstellung einer vollen, tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb von sechs Monaten sei unwahrscheinlich. Zu einem späteren Zeitpunkt sei die Wiedererlangung einer Dienstfähigkeit durchaus realistisch. Dafür sei eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit HNOärztlichem und schmerzmedizinischem Schwerpunkt erforderlich. Die Frage nach einer dauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten wurde bejaht. Zur Frage anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten hieß es: „Die gesundheitlichen Einschränkungen lassen es auch nicht zu, dass in anderen Verwendungen eingesetzt wird“. Eine Nachuntersuchung solle in sechs bis neun Monaten erfolgen.
Mit Schreiben vom … August 2018 erteilte das Bayerische Landesamt für Steuern (Landesamt) der Antragstellerin die dienstliche Weisung, die von der MUS im Gesundheitszeugnis vom … Juli 2018 vorgeschlagene stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchzuführen. Die Antragstellerin befand sich daraufhin vom … Oktober 2018 bis … November 2018 in der S. Klinik in stationärer Behandlung.
Weil sich die Antragstellerin anschließend weiterhin durchgängig im privatärztlich attestierten Krankenstand befand, veranlasste das Landesamt ihre amtsärztliche Nachuntersuchung. Das Gesundheitszeugnis der MUS vom … April 2019 (Dr. K. – ohne Angabe einer medizinischen Fachrichtung; nachfolgend: Amtsärztin Dr. K.) kam zu dem Ergebnis, dass bei der Antragstellerin ein positives Leistungsbild bestehe. Zu fremdärztlichen Befunden wurde u.a. ausgeführt, dass dem Entlassbericht über die stationäre Rehabilitation in einer pneumologischen Fachklinik vom … Oktober 2018 bis zum … November 2018 das Vorliegen keiner pathologischen Befunde bezüglich der Atemwege und der Lungenfunktion sowie keine relevanten Beschwerden bezüglich der Neuralgie und der Kopfschmerzen, ein stabiler Allgemeinzustand und eine subjektive Zufriedenheit bei Entlassung zu entnehmen sei. Bezüglich der Trigeminusneuraligie werde durch die behandelnde Neurologin eine zuletzt am *. Januar 2019 erfolgte Medikamentenumstellung beschrieben. Weiter wurde unter „Wiederherstellungsaussichten der tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit“ ausgeführt, dass nach vorliegenden Arztberichten die subjektiven Beschwerden der Antragstellerin nicht nachvollzogen werden könnten. Gemäß Tätigkeitsprofil sei von einer uneingeschränkten Dienstfähigkeit auszugehen. Der genaue Diensteinsatz solle im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) mit ggf. Nutzen von BEM-Maßnahmen besprochen werden. Die Frage nach einer dauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten wurde verneint. Zur Frage anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten hieß es: „Gegebenenfalls ja“. Eine Nachuntersuchung sei nicht erforderlich (außer bei kompliziertem Verlauf einer evtl. operativen Behandlung des linken Fußes).
Deswegen erteilte das Landesamt der Antragstellerin mit Schreiben vom … April 2019 die dienstliche Weisung, am Montag, den … Mai 2019 beim Finanzamt ihren Dienst (ggf. im Rahmen einer Wiedereingliederung) zu beginnen. Zusätzlich wurde ihr die dienstliche Weisung erteilt, bereits ab dem ersten Tag des Eintretens einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ein amtsärztliches Zeugnis vorzulegen. Privatärztliche Krankschreibungen würden über den … Mai 2019 hinaus nicht weiter anerkannt. Für den Fall, dass ihr aktueller Gesundheitszustand sie am Dienstantritt hindere, sei dies durch einen örtlichen Amtsarzt bestätigen zu lassen. Fehlzeiten wegen Erkrankung ohne amtsärztliches Attest würden ab dem … Mai 2019 als unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst mit der gesetzlichen Folge des Verlusts der Dienstbezüge gelten. Darüber hinaus würde ein solches Fehlverhalten auch disziplinarrechtlich gewürdigt werden müssen.
Dagegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom … April 2019 Widerspruch. Da sie bereits seit Ende 2017 unter schweren, mittlerweile chronischen Schmerzzuständen leide, sei sie entgegen der mit Gesundheitszeugnis vom *. April 2019 getroffenen Feststellungen nicht mehr in der Lage, ordnungsgemäß ihre Dienstpflichten als Steueramtsrätin zu erfüllen. Im Rahmen ihrer persönlichen Vorsprache beim Gesundheitsamt B. am … April 2019 sei ihr nach Vorlage der Befunde dringend angeraten worden, die Notwendigkeit einer einstweiligen Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen klären zu lassen.
Hierzu fügte die Antragstellerin mehrere medizinische Unterlagen sowie einen Bescheid des Zentrums Bayern, Familie und Soziales vom … April 2019 mit der Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 ab dem … November 2018 bei.
Aus einer (von der Antragstellerin im vorliegenden Antragsverfahren vorgelegten, nicht in der Akte des Landesamts befindlichen) fachärztlich-neurologischen Stellungnahme einer Dr. med. N. K. (Fachärztin für Neurologie; nachfolgend: Neurologin) vom … Mai 2019 geht unter anderem hervor, dass bei der Antragstellerin mittlerweile als therapierefraktär zu bezeichnende, dauerhafte Kopf- und Gesichtsschmerzen vorlägen, die bekanntermaßen von der Schmerzintensität auf höchstem Niveau angesiedelt seien und daher sowohl die Lebensqualität als auch die körperliche und psychische Belastbarkeit massiv beeinflussten. Im erneut durchgeführten MRT des Schädels, allerdings mit Hirnstammdünnschichtung, habe sich ein neurovaskulärer Kontakt am Austritt des N. trigeminus gezeigt, „so dass auch eine Operation nach Janetta bereits diskutiert“ worden sei. Aus medizinischer Sicht sei eine Wiedereingliederung in die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Steueramtsrätin aktuell nicht vorstellbar. Mit der Antragstellerin sei besprochen worden, dass der einstweilige Ruhestand angestrebt werden solle.
Auf Veranlassung des Landesamts wurde die Antragstellerin von der MUS (wiederum von Amtsärztin Dr. K.) am *. Juli 2019 nochmals ärztlich untersucht und begutachtet. Das Gesundheitszeugnis vom *. Juli 2019 kommt zu dem Ergebnis, dass „ein gewisses Leistungsvermögen zu verzeichnen“ sei. Unter „2. Fremdärztliche Befunde“ wird unter anderem ausgeführt:
„Gemäß dem ophthalmologischen Facharztbericht vom …04.2019 wird nach Bildgebung ein möglicherweise für die Schmerzen ursächlicher Kontakt zwischen Trigeminus und einem Blutgefäß, ferner ein nicht richtig erklärbarer Gesichtsfelddefekt Auge links beschrieben sowie eine neurochirurgische Vorstellung angeraten.
Der behandelnde HNO-Facharzt bezweifelt laut Befundbericht vom …04.2019 aufgrund des Therapieverlaufes und der aktuellen Bilddiagnostik eine chronische Sinusitis allenfalls für den Sinus maxillares rechtsseitig, weiterhin empfiehlt dieser die Vorstellung bei einem Neurologen/Neurochirurgen.
Die behandelnde Fachärztin für Neurologie beschreibt am …06.2019 eine Reduktion der Schmerzsymptomatik nach erfolgter Medikamentenumstellung. (…)“.
Weiter wird ausgeführt, dass – wie bereits im Vorgutachten beschrieben – subjektive Funktionsstörungen durch vorgelegte Facharztbefunde nur teilweise hätten objektiviert werden können. Vorgeschlagen werde ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) mit zunächst betriebs-/arbeitsmedizinischer Überprüfung des Arbeitsplatzes, um gegebenenfalls unterstützende Maßnahmen insbesondere für Bildschirmarbeiten zu eruieren. Ferner werde das Prüfen von möglichen Tätigkeiten empfohlen, welche die beklagten gesundheitlichen Einschränkungen würdigen könnten. Aufgrund der angegebenen Reduktion der physischen und psychischen Belastbarkeit werde eine Teildienstfähigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden angeraten. Die Beamtin nutze Rehabilitationsmaßnahmen. Es bestehe ein anerkannter Grad der Behinderung von 30. Die Frage nach der dauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten wurde verneint. Zur Frage anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten hieß es: „Gegebenenfalls ja“. Eine Nachuntersuchung empfehle sich nach Ablauf von einem Jahr.
Mit Widerspruchsbescheid vom … Juli 2019 half das Landesamt dem Widerspruch insoweit ab, als im amtsärztlichen Gutachten vom … Juli 2019 eine Teildienstfähigkeit von lediglich 50% der regelmäßigen Arbeitszeit (= 20 Wochenstunden) festgestellt worden sei. Der Bescheid vom … April 2019 wurde auch dahingehend aufgehoben, dass der Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Dienstes am Finanzamt abzuändern sei. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Feststellung der Dienstfähigkeit sei auf Grundlage des amtsärztlichen Zeugnisses vom *. April 2019 getroffen worden. Auch das aufgrund des Widerspruchs erstellte zusätzliche amtsärztliche Gutachten vom *. Juli 2019 sei keinen Zweifeln ausgesetzt und genieße Vorrang vor den diversen privatärztlichen Unterlagen. Beide amtsärztliche Zeugnisse attestierten im Ergebnis, dass die Antragstellerin ihren Dienstpflichten nachkommen könne und keine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege. Unerheblich sei dabei, ob die Gesundheitszeugnisse eine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit bescheinigten. Demnach sei die Antragstellerin verpflichtet, ihren Dienst am Finanzamt umgehend wieder aufzunehmen. Aufgrund des amtsärztlichen Zeugnisses vom *. Juli 2019 sei beabsichtigt, eine Teildienstfähigkeit im Umfang von 50% der regelmäßigen Arbeitszeit gesondert festzusetzen.
Der Antragstellerin werde daher – in Abänderung des Bescheids vom … April 2019 – die dienstliche Weisung erteilt, ihren Dienst am Montag, den *. August 2019 beim Finanzamt zu beginnen.
Die tatbestandliche Voraussetzung für die dienstliche Weisung zur Attestvorlage sei erfüllt, da die Antragstellerin nach eigener Einschätzung infolge Krankheit dienstunfähig sei und der Dienstherr aufgrund der vorliegenden amtsärztlichen Zeugnisse Zweifel an dieser (Selbst-) Einschätzung habe. Der Widerspruch zwischen den Feststellungen der MUS und den privatärztlichen Bescheinigungen gebe ausreichend Anlass dafür, an den privatärztlich bescheinigten Dienstunfähigkeiten zu zweifeln und den Nachweis der Dienstunfähigkeit durch die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses zu fordern. Dem Untersuchungsergebnis eines Amtsarztes komme ein eindeutig höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
Für die Antragstellerin sei aus dem Widerspruchsbescheid klar erkennbar, worauf der Dienstherr seine Zweifel stütze und sein Ermessen dahingehend ausübe, dass keine privatärztlichen Atteste über den *. August 2019 hinaus mehr anerkannt werden könnten.
Mit Schreiben ebenfalls vom … Juli 2019 wurde die Antragstellerin zur beabsichtigten Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit angehört.
Am 29. Juli 2019 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen die Weisungen zum Verwaltungsgericht München erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 19.3625). Zusätzlich hat er ebenfalls am 29. Juli 2019 beantragt,
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, die Antragstellerin wegen Dienstunfähigkeit vorläufig von der Dienstleistung freizustellen und ihm gleichermaßen untersagt, belastende Maßnahmen darauf zu stützen, dass die Antragstellerin einer etwaigen Dienstverpflichtung nicht nachkommt.
2. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig aufgegeben, die Weisung zur amtsärztlichen Attestvorlage ab dem ersten Krankheitstag auszusetzen.
Der Anordnungsgrund ergebe sich bereits aufgrund des durch das mit Verstreichen des Termins und Nichterscheinen der Antragstellerin auftretende Risiko der Sanktionierung des Fernbleibens vom Dienst. Selbiges gelte auch für die Verpflichtung zur Vorlage des amtsärztlichen Attestes ab dem ersten Krankheitstag. Aufgrund der bereits aufgetretenen anderweitigen Betrachtung durch die Amtsärztin Dr. K. stehe zu befürchten, dass diese in Verkennung der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin eine Dienstunfähigkeit ab dem ersten Krankheitstag nicht bestätige und die Antragstellerin für den Fall der Nichtaufnahme des Dienstes aufgrund der tatsächlich bestehenden Dienstunfähigkeit erneut das Risiko einer Sanktionierung bei Nichterscheinen trage.
Die Antragstellerin könne auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen. Zwar solle regelmäßig amtsärztlichen Stellungnahmen der Vorrang vor solchen von privatärztlichen zukommen, allerdings könne dies nicht unbeschränkt gelten. Ungeachtet dieser Gewichtung im Allgemeinen müsse das amtsärztliche Zeugnis aus sich heraus verständlich und schlüssig sein. Bei etwaigen Zweifeln oder Unklarheiten sei es Sache des Dienstvorgesetzten, diese aufzuklären. Vorliegend ergäben sich erhebliche Zweifel aus der offenkundig fehlenden Sachkunde der Amtsärztin Dr. K. Hierbei sei zunächst anzumerken, dass Amtsärztin Dr. E., die das unmittelbar vorangehende Gutachten auf Seiten der medizinischen Untersuchungsstelle erstellt habe, Fachärztin für Neurologie und damit einschlägig befähigt gewesen sei, die Beschwerden der Antragstellerin nachzuvollziehen. Über entsprechende Sachkunde aufgrund der Facharztbefähigung verfüge Amtsärztin Dr. K. nicht. Diese führe sogar selbst aus, dass subjektive Funktionsstörungen nur teilweise objektiviert werden könnten. Sie spreche weiterhin von einem „gewissen Leistungsvermögen“, empfehle aber trotz ihrer abschließenden Feststellung einer Teildienstfähigkeit eine betriebliche Eingliederung und dem Dienstvorgesetzten eine Prüfung, welche Tätigkeiten denn überhaupt tatsächlich infrage kämen. Aus dem Kontext des Gutachtens und dessen Inhalt sei insgesamt zu folgern, dass eine hinreichende Sachkenntnis, die eine belastbare Einschätzung möglich mache, nicht vorhanden sei. Weshalb bei der verbliebenen Leistungsfähigkeit ein lediglich gewisses Leistungsvermögen festgestellt werde, ohne dies im Einzelnen näher auszugestalten, und im Übrigen eine Teildienstfähigkeit von 20 Wochenstunden angeraten werde, obschon der Amtsärztin Dr. K. bewusst gewesen zu sein scheint, dass es Einschränkungen gebe, auf die im Dienstbetrieb Rücksicht zu nehmen sei, für die sie dem Dienstvorgesetzten aber keinerlei Handhabung empfehle, mache erkennbar, dass ein Leistungsvermögen eben nicht hinreichend festgestellt werden könne. Dem entgegen stünden auch die eingereichten Atteste der die Antragstellerin behandelnden Neurologin. Diese beschreibe eindeutig, dass der Blutgefäßkontakt des Trigeminusnervs zu Schmerzen von höchster Intensität führe. Dazu fänden sich keine näheren Darlegungen im Gutachten der Amtsärztin Dr. K. Diese habe sich demzufolge nicht hinreichend mit den privatärztlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt, was aber erforderlich wäre, um der amtsärztlichen Feststellung den Vorrang einräumen zu können. Soweit die Amtsärztin Dr. K. eine Änderung der Medikation nenne, stelle sich die Frage, welche Schlussfolgerungen hieraus zu ziehen sein sollten. Von einer hiermit einhergehenden deutlichen Verbesserung der Situation spreche die Neurologin der Antragstellerin gerade nicht. Im Übrigen könne nicht von einer Dienstfähigkeit ausgegangen werden, wenn diese allein durch eine erhebliche Medikamenteneinnahme hergestellt werden könne. Der Beamte sei nicht verpflichtet, dauerhaft starke Schmerzmittel einzunehmen, um eine irgendwie geartete Dienstfähigkeit herzustellen. Auch dies verkenne die Amtsärztin Dr. K.
Aus diesen Gründen ergebe sich nicht nur der Anordnungsanspruch im Hinblick auf die Aufforderung zum Dienstantritt, sondern auch hinsichtlich der Verpflichtung zur amtsärztlichen Attestvorlage ab dem ersten Krankheitstag. Die Antragstellerin verkenne nicht, dass es durchaus im Ermessen des Dienstherrn stehe, die Attestvorlage ab dem ersten Krankheitstag zu verlangen bzw. sich gegebenenfalls privatärztliche Atteste, an denen Zweifel bestehen, amtsärztlich bestätigen zu lassen. Die vorliegende Entscheidung leide aber an Ermessensfehlern, da bereits die Tatsachengrundlage für eine diesbezügliche Entscheidung nicht gesichert sei. Es gebe schlicht keine amtsärztliche, sich hinreichend mit den privatärztlichen Attesten auseinandersetzende fachlich fundierte Stellungnahme, die Anlass zu Zweifeln an den privatärztlichen Attesten geben würde.
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2019 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Antragsverfahren noch eine fachärztliche Stellungnahme der Neurologin vom … Juli 2019 zum Gesundheitszeugnis der MUS vom … Juli 2019 vor. Dort heißt es unter anderem, dass die Trigeminusneuralgie, die in den vergangenen Jahren die Hauptursache der Arbeitsunfähigkeit gewesen sei, von der Amtsärztin Dr. K. – deren Fachgebiet nicht bekannt sei – lediglich unter „weiterhin“ erwähnt werde. Die Amtsärztin Dr. K. erwähne allerdings weiter unten, dass bei der Antragstellerin „eine Operation nach Janetta diskutiert“ worden sei, was nach Erachten der Neurologin die Dramatik der Schmerzsymptomatik verdeutlichen sollte. Ihres Erachtens werde das Gesundheitszeugnis der Antragstellerin nicht gerecht und solle geprüft werden. Ihrer Erfahrung nach komme „es bei Patienten mit gemischten Kopfschmerz-Syndromen immer wieder zu Fehleinschätzungen, die allerdings in den allermeisten Fällen durch neurologische (!) Fachgutachten vor Gericht revidiert werden“ müssten. Eine genauere neurologische Begutachtung durch die MUS solle nochmals die Dienstfähigkeit der Antragstellerin prüfen. Aus neurologischer Sicht sei die Antragstellerin weiterhin nicht dienstfähig.
Das Landesamt hat für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 9. August 2019 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Aufforderung zum Dienstantritt sei rechtmäßig, weil der Antragstellerin durch die MUS eine begrenzte Dienstfähigkeit attestiert worden sei. Die amtsärztliche Attestpflicht sei ebenfalls erforderlich und rechtmäßig, da im vorliegenden Fall eine abweichende medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes durch die Amtsärztin Dr. K. gegenüber der Beurteilung der behandelnden Neurologin vorliege. In solchen Fällen sei davon auszugehen, dass der Amtsarzt eine unbefangenere und unabhängigere Beurteilung vornehme.
Nachdem die Antragstellerin am … Juli 2019 in der MUS wiederholt zur Frage der (begrenzten) Dienstfähigkeit von Amtsärztin Dr. K. ärztlich untersucht und begutachtet worden sei, sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin die fachärztlich-neurologische Stellungnahme ihrer Neurologin vom … Mai 2019 vorgelegt habe und diese im ärztlichen Gutachten auch berücksichtigt worden sei. Die Äußerungen der Neurologin in ihrer aktuellen fachärztlichen Stellungnahme (vom …7.2019) seien im Ergebnis auch schon in den früheren Bescheinigungen angelegt. Denn dort habe die Neurologin bereits ausführlich zum Gesundheitszustand der Antragstellerin Stellung genommen.
Im ärztlichen Gutachten vom … Juli 2018 sei der Antragstellerin zwar bescheinigt worden, dass kein ausreichend positives Leistungsbild bestehe und sie den dienstlichen Anforderungen einer Dienstroutine bis auf weiteres nicht gerecht werden könne. Allerdings sei eine Nachuntersuchung in sechs bis neun Monaten für erforderlich gehalten worden, da eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit durchaus als realistisch eingestuft worden sei. Aus verwaltungsökonomischen Gründen habe der Dienstherr auf eine Ruhestandsversetzung (und eine mögliche Reaktivierung nach sechs Monaten) verzichtet, die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme angewiesen und die Nachuntersuchung zeitnah in Auftrag gegeben. Demnach sei ein Ermessensfehler der personalverwaltenden Stelle zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten im vorliegenden Antrags- und im Klageverfahren sowie die vom Landesamt vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat insgesamt keinen Erfolg, weil er in seiner Nr. 1 bereits unzulässig und in Nr. 2 zwar zulässig, aber unbegründet ist.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragspartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
2. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist sowohl hinsichtlich Nr. 1 als auch Nr. 2 statthaft. Denn weder bei der Aufforderung zum Dienstantritt (Antrag Nr. 1) noch bei der Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ab dem ersten Krankheitstag (Antrag Nr. 2) handelt es sich um Verwaltungsakte im Sinne des Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
a) Eine Aufforderung zum Dienstantritt stellt rechtlich lediglich einen Hinweis – hier im Gewand einer dienstlichen Weisung – auf die einer Beamtin bzw. einem Beamten ohnehin als Grundpflicht aus dem Beamtenverhältnis obliegenden Verpflichtung zur Verrichtung des Dienstes dar (VG München, U.v. 4.12.2007 – M 5 K 05.5665 – nicht veröffentlicht).
b) Bei einer Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine dienstliche Weisung ohne unmittelbare rechtliche Außenwirkung (BVerwG, B.v. 19.6.2000 – 1 DB 13/00 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 22.4.2005 – 15 CS 05.806 – juris Rn. 13; VG Augsburg, U.v. 1.2.2006 – Au 2 K 04.716 – juris Rn. 13; VG Bayreuth, B.v. 13.3.2015 – B 5 E 15.35 – juris Rn. 23; VG München, B.v. 10.8.2016 – M 5 E 16.2120 – juris Rn. 21; a.A. Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2019, Art. 95 BayBG, Rn. 33; VG Düsseldorf, B.v. 15.7.2014 – 2 L 951/14 – juris Rn. 5; VG Aachen, B.v. 24.2.2016 – 1 L 70/16 – juris Rn. 5).
3. Antrag Nr. 1 hinsichtlich der Aufforderung zum Dienstantritt ist jedoch deswegen unzulässig, weil insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Die Antragstellerin bedarf keines vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes im Wege einer einstweiligen Anordnung gegen die Aufforderung zum Dienstantritt. Denn eine solche stellt lediglich einen Hinweis auf die Regelung in Art. 95 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG), nach der Beamte und Beamtinnen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben dürfen, dar (s.o. Nr. 2. a)). Ihr kommt kein eigenständiger Regelungsgehalt zu, auch nicht im Hinblick auf das Datum des Dienstantritts (zunächst 6.5.2019, dann 5.8.2019). Sie steht vorliegend in untrennbarem Zusammenhang mit der Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses, also der dienstlichen Weisung, die Gegenstand des Antrags Nr. 2 ist. Allein diese ist insoweit maßgeblich, auch hinsichtlich vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes. Zudem wäre die Aufforderung zum Dienstantritt wiederum vorläufig suspendiert, wenn die Antragstellerin der Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses jeweils nachkommen würde.
Die Aufforderung zum Dienstantritt ist auch keine notwendige Vorstufe für weitere Maßnahmen des Dienstherrn. Eine Feststellung des Verlusts der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst nach Art. 9 Abs. 1 Satz 3 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) setzt eine solche Aufforderung nicht voraus. Die Rechtsfolge des Verlusts der Besoldung ergibt sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayBesG. Weitergehende Regelungen des Bayerischen Disziplinargesetzes bleiben daneben unberührt (Art. 9 Abs. 1 Satz 4 BayBesG; vgl. auch Art. 95 Abs. 2 BayBG) und bedürfen ebenfalls keiner vorherigen dienstlichen Weisung mit einer Aufforderung zum Dienstantritt.
Überdies ist die wörtliche Fassung des Antrags Nr. 1 rechtlich problematisch. Denn sie würde darauf hinauslaufen, dass die Frage der Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit der Antragstellerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache gänzlich ungeprüft bliebe. Der Antragstellerin kann aber unter keinem Gesichtspunkt ein Recht dahingehend zukommen, vom Antragsgegner unabhängig von jeglicher medizinischen Einschätzung ihrer Dienstfähigkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von ihrer Dienstpflicht „freigestellt zu werden“. Wie sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin im Laufe des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens (M 5 K 19.3625) entwickeln wird, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht prognostiziert werden.
4. Antrag Nr. 2 hinsichtlich der dienstlichen Weisung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ab dem ersten Krankheitstag ist hingegen auch sonst zulässig.
a) Insbesondere ist auf solch eine dienstliche Weisung die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens als behördliche Verfahrenshandlung gem. § 44a VwGO nicht isoliert gerichtlich angreifbar ist (B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18 – juris Rn. 16 ff.), nicht anwendbar. Denn sie ergeht nicht als ein Schritt in einem gestuften Verfahren, sondern hat für sich eigenständige Bedeutung. Sie ist gegenüber einer Untersuchungsanordnung ein „aliud“.
b) Auch eine Erledigung durch Zeitablauf ist nicht eingetreten, weil ein unentschuldigtes Fernbleiben der Antragstellerin vom Dienst seit dem zuletzt gesetzten Termin … August 2019 im Raum steht.
5. Der zulässige Antrag Nr. 2 ist jedoch unbegründet.
a) Die Antragstellerin kann zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft machen, weil der Antragsgegner ausweislich des Schriftsatzes des Landesamts vom 31. Juli 2019 derzeit nur bis zur Entscheidung des Gerichts über den vorliegenden Antrag von Maßnahmen gegen die Antragstellerin absieht.
b) Die Antragstellerin hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil die streitgegenständliche dienstliche Weisung voraussichtlich rechtmäßig ergangen ist. Der Antragsgegner durfte nach den vorliegenden amtsärztlichen Gesundheitszeugnissen davon ausgehen, dass die Antragstellerin grundsätzlich dienstfähig ist und das nur durch eine qualifizierte – amtsärztliche – Dienstunfähigkeitsbescheinigung zu widerlegen ist.
aa) Rechtsgrundlagen für die Anordnung, bei einem krankheitsbedingten Fernbleiben vom Dienst bereits ab dem ersten Krankheitstag ein die Dienstunfähigkeit bestätigendes amtsärztliches Zeugnis beizubringen, sind Art. 95 BayBG und § 16 Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV). Nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist eine Dienstunfähigkeit wegen Krankheit auf Verlangen nachzuweisen. Sind Beamte mehr als drei Kalendertage dienstunfähig erkrankt, ist spätestens am darauffolgenden Arbeitstag ein ärztliches Zeugnis vorzulegen, wenn die Dienstunfähigkeit fortbesteht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UrlMV). Der Dienstvorgesetzte kann die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses auch früher verlangen oder die Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses anordnen, § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV. Sowohl das Verlangen der Vorlage eines Attests zu einem früheren Zeitpunkt als auch die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses stehen im Ermessen des Dienstherrn (Baßlsperger, a.a.O., Art. 95 BayBG Rn. 33).
bb) Tatbestandlich setzt die Weisung zur Attestvorlage bzw. Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses voraus, dass der Beamte nach eigener Einschätzung infolge Krankheit dienstunfähig ist und dass der Dienstherr Zweifel an dieser (Selbst-) Einschätzung hat. Diese Zweifel dürfen nicht aus der Luft gegriffen, sondern müssen durch konkrete Umstände veranlasst sein (BVerwG, B.v. 23.3.2006 – 2 A 12/04 – juris Rn. 3; B.v. 28.5.1984 – 2 B 205.82 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.7.2008 – 3 ZB 07.2138 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 10.8.2016 – M 5 E 16.2120 – juris Rn. 23).
cc) Solch eine Weisung liegt hier vor. Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom … April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2019 angewiesen, beginnend mit dem … August 2019 ab dem ersten Tag des Eintretens einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen.
(1) In formaler Hinsicht wurden Bedenken weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich. In der Finanzverwaltung stellt das Landesamt die Mittelinstanz (sog. „höherer Dienstvorgesetzter“, vgl. Baßlsperger, a.a.O., Art. 3 BayBG, Rn. 6) über der Ebene der Finanzämter (Leiter des Finanzamts als „unmittelbarer Dienstvorgesetzter“) dar.
(2) Die Weisung entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. Der Dienstherr hat berechtigte Zweifel an der – auf privatärztliche Atteste gestützten – (Selbst-) Einschätzung der Antragstellerin hinsichtlich ihrer Dienstunfähigkeit.
Denn die Antragstellerin befindet sich zwar seit … November 2017 durchgehend im Krankenstand. Mit Gesundheitszeugnis der MUS (Amtsärztin Dr. E.) vom … Juli 2019 wurde auch ihre damalige Dienstunfähigkeit attestiert. Nach Durchführung der in diesem Gesundheitszeugnis für erforderlich gehaltenen stationären Rehabilitationsmaßnahme vom … Oktober 2018 bis … November 2018 kam aber Amtsärztin Dr. K. zunächst im Gesundheitszeugnis vom … April 2019 zu der Einschätzung, bei der Antragstellerin bestehe ein positives Leistungsbild und damit keine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten. Unter Einbeziehung der von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen kam Amtsärztin Dr. K. im Gesundheitszeugnis vom *. Juli 2019 schließlich immerhin zu der Beurteilung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin dahingehend, dass ein gewisses Leistungsvermögen zu verzeichnen sei und – bei Teildienstfähigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden – keine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten bestehe. Dabei ist es rechtlich unerheblich, wenn ein Gesundheitszeugnis keine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit bescheinigt (VG München, B.v. 10.8.2016 – M 5 E 16.2120 – juris Rn. 29).
Somit besteht ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dieser amtsärztlichen Bescheinigung der Dienstfähigkeit und den dennoch erfolgten privatärztlichen Krankschreibungen. Dieser Widerspruch zwischen der aktuellen amtsärztlichen Feststellung und privatärztlichen Bescheinigungen gibt auch ausreichend Anlass, an einer privatärztlich bescheinigten Dienstunfähigkeit zu zweifeln und einen Nachweis in entsprechender Form zu fordern (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2006 a.a.O., Rn. 3).
Einer aus diesem Grund angeordneten amtsärztlichen Beurteilung der Dienstfähigkeit kommt in der Regel ein höherer Beweiswert zu als einer privatärztlichen Bescheinigung. Denn der Amtsarzt ist verpflichtet, seine Feststellungen nur unter ärztlichen Gesichtspunkten, wahrheitsgemäß und unparteiisch zu treffen. Neben dem speziellen Sachverstand bei der Beurteilung dienstlicher Anforderungen verleiht diese Neutralität und Unabhängigkeit der Beurteilung durch den Amtsarzt ein höheres Gewicht (BVerwG, B.v. 17.11.1998 – 1 DB 14.98 – juris Rn. 10; B.v. 23.3.2006 – 2 A 12/04 – juris Rn. 6; U.v. 11.10.2006 – 1 D 10/05 – NVwZ-RR 2008, 190).
Der Beurteilung des Amtsarztes kommt zwar kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang vor der Beurteilung des behandelnden Privatarztes zu, wenn beide Beurteilungen zum selben Krankheitsbild des Beamten voneinander abweichen. Der Dienstherr kann sich aber im Konfliktfall dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt (BVerwG, B.v. 28.12.2012 – 2 B 105/11 – juris Rn. 8; VG Gelsenkirchen, U.v. 30.1.2019 – 1 K 3571/15 – juris Rn. 38).
Vorliegend sind diese Voraussetzungen jedoch erfüllt.
Es wurden keine durchgreifenden Bedenken gegen die Qualifikation von Amtsärztin Dr. K. vorgetragen. Als Ärztin im öffentlichen Gesundheitsdienst muss ihre medizinische Fachrichtung nicht zwingend auf dem Fachgebiet der zu untersuchenden Beamtinnen oder Beamten liegen. Vorliegend ist also nicht – wie von der Antragstellerin geschehen – zu fordern, dass die begutachtende Amtsärztin Fachärztin für Neurologie sein müsste. Es wäre dem öffentlichen Gesundheitsdienst auch nicht möglich, so viele Amtsärzte vorzuhalten, dass alle denkbaren medizinischen Fachrichtungen abgedeckt wären. Ansonsten gründen die Zweifel der Antragstellerin an der Qualifikation darauf, dass die Amtsärztin Dr. K. zu einer anderen Beurteilung ihres (insbesondere neurologischen) Gesundheitszustandes kommt als ihre behandelnde Neurologin. Das reicht jedoch nicht aus.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Amtsärztin Dr. K. von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen wäre. Sie bewertet diese lediglich anders.
Auch ansonsten ist das hier maßgebliche letzte Gesundheitszeugnis vom 3. Juli 2019 in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Dass Amtsärztin Dr. K. gegenüber dem Gesundheitszeugnis vom … April 2019 nur noch von einer „gewissen Leistungsfähigkeit“ bei Teildienstfähigkeit ausgeht, beruht auf der zwischenzeitlichen Prüfung der von der Antragstellerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgelegten medizinischen Unterlagen. Es spricht gerade für die Unvoreingenommenheit der Amtsärztin Dr. K., dass sie ihre vorherige Beurteilung modifiziert hat. Eine detailliertere Auseinandersetzung mit den fremdärztlichen Befunden im Gesundheitszeugnis vom *. Juli 2019 hätte einer Entbindung der Amtsärztin Dr. K. von der ärztlichen Schweigepflicht bedurft, für die nichts vorgetragen wurde. Ohne eine solche dürfen in einem Gesundheitszeugnis nur die tragenden Gründe mitgeteilt werden, die für die Entscheidung des Dienstherrn unerlässlich sind.
Dass der Amtsärztin nicht alle Unterlagen – wie beispielsweise die fachärztlich-neurologische Stellungnahme der Neurologin vom … Mai 2019 oder andere, aktuellere Stellungnahmen der Neurologin vorgelegen hätten, ist nicht ersichtlich. Zum einen erwähnt sie im Gesundheitszeugnis vom … Juli 2019 eine Stellungnahme der Neurologin vom … Juni 2019. Zum anderen wäre es an der Antragstellerin gewesen, zur Untersuchung am *. Juli 2019 alle von ihr für relevant gehaltenen Unterlagen mitzubringen.
Es stellt auch keinen rechtlichen Fehler dar, dass das Landesamt die auf nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2019 datierende weitere Stellungnahme der Neurologin vom … Juli 2019 zum Gesundheitszeugnis vom *. Juli 2019 der Amtsärztin Dr. K. nicht nochmals vorgelegt hat. Denn inhaltlich enthält diese nichts, was der Amtsärztin nicht zuvor bereits bekannt gewesen wäre. Sie enthält nur nochmals Wertungen der Neurologin. Dabei fällt auf, dass die Neurologin die ihrer Ansicht nach falsche Einschätzung der Amtsärztin Dr. K. auch damit begründet, dass diese erwähnt habe, dass bei der Antragstellerin eine „Operation nach Janetta diskutiert“ worden sei, was „die Dramatik der Schmerzsymptomatik“ verdeutliche. Solche eine Aussage findet sich jedoch an keiner Stelle des Gesundheitszeugnisses vom *. Juli 2019, sondern – in den dem Verwaltungsgericht vorliegenden Unterlagen – allein in der o.g. fachärztlich-neurologischen Stellungnahme vom … Mai 2019 der Neurologin selbst.
(3) Als Ermessensentscheidung ist die Weisung nach § 114 Satz 1 VwGO durch das Gericht nur eingeschränkt auf Ermessensfehler hin überprüfbar, welche vorliegend nicht ersichtlich sind. Der Dienstherr ging – wie oben dargestellt – entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Er hat die Weisung unter Darstellung seiner Zweifel begründet und ausweislich des Widerspruchsbescheids sein Ermessen erkannt und auch ausgeübt.
c) Auch eine dem Verwaltungsgericht im Rahmen einer Entscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO zustehende übergreifende Interessenabwägung fällt vorliegend nicht zu Gunsten der Antragstellerin aus. Der Weisung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses ab dem ersten Krankheitstag bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nachzukommen, stellt keine für die Antragstellerin unzumutbare Belastung dar. Ohne diese Weisung hätte sie auch weiterhin jeweils lückenlos fortlaufende weitere privatärztliche Zeugnisse über ihre Dienstunfähigkeit – insbesondere ihrer behandelnden Neurologin – vorlegen müssen, wie sie es bisher auch getan hat. Für das von ihr verlangte jeweils amtsärztliche Zeugnis der Dienstunfähigkeit ist der örtliche Amtsarzt zuständig (so ausdrücklich im Schreiben vom …4.2019, Seite 2 oben, erster Absatz a. E.; der Widerspruchsbescheid sagt insoweit nichts anderes aus). Deswegen greifen auch die Bedenken der Antragstellerin nicht durch, die Amtsärztin Dr. K. habe eine vorgefasste Meinung, von der sie im jeweiligen Einzelfall nicht abrücken werde. Denn diese soll die verlangten jeweiligen Zeugnisse gar nicht erstellen, was im Übrigen so auch gar nicht Aufgabe der MUS wäre. Zudem ergibt sich aus der Begründung des Widerspruchs vom … April 2019 durch die Antragstellerin selbst (Seite 1 ganz unten), dass ihre gesundheitliche Problematik im Gesundheitsamt B. durchaus ernst genommen wurde. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum sich daran etwas geändert haben sollte. Schließlich ist der Weg zum für die Antragstellerin örtlich zuständigen Gesundheitsamt im Landratsamt B. mit Dienstsitz in B. sogar kürzer als der zu ihrer behandelnden Neurologin.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
7. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist, hier allerdings gesondert für jeden der beiden Anträge.


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